EVA IST AN ALLEM SCHULD
IST SIE DAS?
Als Adam einst am Apfel naschte
Und Gott der Herr ihn überraschte,
da blieb dem armen Kerl vor Schrecken
der Apfel in der Kehle stecken.
Seit dieser Zeit trägt Adams Stamm
Den Adamsapfel ‚Pommes D’adame‘.
Nur Eva trägt versteckt und Stramm
Zwei solcher Äpfel ‚d’adame, d’adame‘.
(unbekannter Verfasser)
So Schluss mit lustig! Lustig war es nämlich ganz und gar nicht.
O, arme Eva, statt Dir postmortem den Pour le Mérite für Deine Leistungen zum Aufbau eines inzwischen aus allen Nähten platzenden Volksaufkommens zu verleihen, wurdest Du von Anfang an geschmäht als wärest Du die Wurzel allen Übels. Die Sache mit dem süßen Apfel wurde Dir angehängt, obwohl doch jeder weiß, dass ein Mann, der nicht raucht und nicht trinkt, ständig einen Jipper auf Süßes hat. Außerdem hattest Du es doch gar nicht nötig, ihn mit einem Apfel zu verführen, wo Du doch viel wirksamere Waffen zur Verfügung hattest.
Du warst das erste Mobbingopfer der Geschichte. Durch einen schwachen Adam, der sich im entscheidenden Moment nicht getraute, Dir mannhaft zur Seite zu stehen und „ich war es, Herr Lehrer“, zu bekennen, sondern auch noch hinter deinem Rücken mit Unschuldsblick mit dem Finger auf Dich zeigte und dieser falschen Schlange, dieser Hinterhof-Tratschtante, die ihre perfiden Spielchen mit Adam trieb.
An Dich hätte die sich doch gar nicht heran gewagt, weil sie genau wusste, dass Du ihr sofort den Kopf gespalten, sie gehäutet hättest, um Dir daraus ein feines Handtäschchen zu basteln und ein paar kleidsame Mokassins und aus dem Fleisch hättest Du ein schmackhaftes Ragout gezaubert, um damit Deinen Adam zu füttern, damit er endlich zu Kräften kommt und seine ehelichen Pflichten erfüllt, dieser Trottel.
Man muss sich sowieso wundern, wie so eine schöne und begehrenswerte Frau aus Adams Rippe geschaffen wurde. Hatte unser Schöpfer nichts Passendes mehr zur Hand, als ausgerechnet Adams Rippe? Dadurch sind doch Adam und Eva Geschwister und alle Abkömmlinge dieses inzestuösen Paares sind damit auch irgendwie verschwippt und verschwägert. Was hatte der Herr sich nur dabei gedacht, vermutlich nichts.
Und der sinnige Auftrag, den er Euch erteilte: „Seid fruchtbar und wachset und mehret euch und macht euch die Erde untertan“ war ja wohl auch ein Schuss in den Ofen. Wie sollten denn aus dieser Inzucht erdbevölkernde und kraftvolle Alphamännchen, genannt Homo Sapiens entstehen, von denen ein Teil schwul, der andere Teil lesbisch und der Rest geistig minderbemittelt oder desinteressiert ist. Das kann doch wohl nicht gut gehen.
Auf jeden Fall schlängelte die Giftnatter sich sofort durch’s Unterholz und weckte den diensthabenden Erzengel aus seinen süßen Träumen, aus denen er ungnädig erwachte und zischelte ihm genussvoll die soeben gesehene Untat zu wohl wissend, dass es jetzt ein schönes Theater geben wird, das den langweiligen Tagesablauf mal ein wenig aufmischt.
Der Erzengel kam denn auch wie das dräuende Ungewitter angerauscht und baute sich drohend vor den beiden Sündern auf. Wie gesagt, Adam wusch seine Hände in Unschuld, wie das später noch viele nach ihm taten, und schob alles auf Eva.
Du hautest wütend Adam Deinen Ellenbogen in die Rippen und drängtest Dich vor ihn und verlangtest mit fester Stimme, Deinen Anwalt, den weisen Marabu hinzu zu ziehen. „Nichts da!“ brüllte der Erzengel. Dies hier ist ein Kapitalverbrechen und gehört vor ein Standgericht. Da sind keine Anwälte zugelassen. Du kannst Dir Deinen Marabu sonst wo hinstecken. Daraufhin verlangtest Du, Deinen allergnädigsten Schöpfer zu sprechen, was Dir auch verweigert wurde, denn der hatte sich inzwischen bereits trauervoll unsichtbar gemacht, in dem er sich einen grauen Trauerflor um sein greises Haupt gewickelt hatte und vor sich hin murmelte: „Mea culpa, mea maxima culpa.“ Denn wer ist Schuld? Derjenige, der jemanden in Versuchung führt oder derjenige, der der Versuchung erliegt. Welch ein Dilemma. Auf jeden Fall perfide.
Also war der Erzengel der Urteilsverkünder und Vollstrecker in einem. Er ließ das Tor weit öffnen und schmiss Euch im hohen Bogen hinaus.
Angesichts des Anblicks, der sich Euch nun bot, ging Adam der Arsch auf Grundeis und Dir fiel auch nichts mehr ein. Weit und breit, soweit das Auge reichte, nur Ödnis und Leere. Eine karge und äußerst dürftige Vegetation, die höchstens bis zu den Knöcheln reichte, keine schattenspenden Bäume, keine wasserführenden Bäche, nicht mal ein Rinnsal. Diese Tundra war ein Ort zum Sterben aber nicht zum Leben.
Als Ihr Euch umdrehtet, um zu sehen, ob Ihr nicht doch noch ein Schlupfloch ins Paradies zurück finden könntet, war es verschwunden.
Das Paradies ist futsch, der graue Alltag beginnt. Und Adam warf sich sofort greinend und heulend in die nächste Ackerfurche, beschuldigte Dich, dass Du den ganzen Schlamassel angerichtet hast und nun gefälligst dafür sorgen solltest, dass Ihr da wieder raus kommt.
Nachdem er sich ausgeheult hatte, verkündete Adam seinen Beschluss. Er wolle die Bitte seines Schöpfers nach „Wachset und mehret Euch“ erfüllen. Vielleicht darf er ja dann wieder ins
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: by Renate Kronberg
Tag der Veröffentlichung: 02.06.2014
ISBN: 978-3-7368-1710-4
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Dieses Buch widme ich allen Frauen, die durch die Macht der Männer, Väter oder Brüder unterdrückt und an der eigenen Selbstverwirklichung gehindert wurden, wenn nicht Schlimmers mit ihnen geschah.