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Pressetext:



Eine Frau im Sturm der Zeiten

Leni ist der Fels in der Brandung, der ruhende Pol in ihrer großen und lauten Familie. Um sie dreht sich alles und an sie klammern sich alle und zehren von ihren Kräften. Mit Mutterwitz und Tatkraft versucht die Protagonistin von "Zwischen Rüstringen und Bant. Eine Wilhelmshavener Familienchronik" (BoD Norderstedt) von Renate Kronberg, ihre stetig wachsende Familie über die schweren Zeiten der Inflation, der hohen Arbeitslosigkeit und schließlich über den Zweiten Weltkrieg zu bringen. Sie strauchelt manchmal und steht doch immer wieder auf. Ihr Humor und ihre Wärme gibt auch jenen, die sich in ihrem Fahrwasser tummeln, Kraft.
Ein eifersüchtiger Mann, der die Arbeit verliert und nach einem gescheiterten Selbstmordversuch verschwindet, endlose Arbeit, so schwer, daß sie eine Fehlgeburt erleidet und Kinder, deren Hunger in den Zeiten von Krieg und Inflation gestillt werden will - das sind die Herausforderungen, denen diese Frau tagtäglich begegnet.
Was Leni auszeichnet, ist ihr unermüdlicher Mut und oft fragt sich der erstaunnte Leser, woher diese Frau immer wieder die Kraft nimmt, weiter zu machen. Selbst vollkommen allein und auf sich gestellt, meistert sie jede Herausforderung und bewahrt - manchmal kaum noch sichtbar und doch immer vorhanden -ihre Lebensfreude, die sie sogar noch an ihre Sprößlinge weiterzugeben vermag.
Eine Hommage an Leni und alle Frauen, die in schweren Zeiten ihren "Mann" gestanden haben.
Der Autorin gelingt es, ein farbenfrohes und authentisches Bild dieser schweren Zeit zu zeichnen und den gebannten Leser an den Höhen und Tiefen einer wohl typischen norddeutschen Familie teilhaben zu lassen. Ohne jemals in Kitsch abzugleiten, stellt Renate Kronberg uns eine Frau vor, die wir nach wenigen Seiten lieb gewonnen haben. Es sind im Gegenteil ihre Menschlichkeit und ihre natürlichen Verhaltensweisen, die den Eindruck vermitteln, es hier mit einem real existierenden Menschen aus Fleisch und Blut zu tun zu haben.
Heiter und traurig zugleich, wie das Leben selbst, präsentiert sich auch dieser packende Roman. Ohne falsche Sentimentalitäten oder artifizielle Effekte - zwischen diesen Buchdeckeln ist das Leben zuhause!


Renate Kronberg "Zwischen Rüstringen und Bant. Eine Wilhelmshavener Familienchronik" Books on Demand, Norderstedt 2001, ISBN 3-8311-2785-9.

Wer dieses Buch liest, sollte auch "Laß die Tauben fliegen" von Renate Kronberg lesen, da die Familiengeschichte in beiden Büchern sich überschneiden und schließlich durch Heirat auch verwandschaftlich miteinander verbunden sind.
(Die Autorin)




Interview mit Renate Kronberg, der Autorin der Wilhelmshavener Familienchronik "Zwischen Rüstringen und Bant".

A.B. Hallo, Frau Kronberg, Ihre Stimme am Telefon klang so unglaublich jung, ich dachte, ich hätte es mit einer Vierzigjährigen zu tun.
Kronberg: Ja, so kiann man sich täuschen. Ich würde sagen, mein gefühltes Alter ist fünfzig, wenn man von Äußerlichkeiten einmal absieht.

Dann sind sie ja erst im Alter mit dem Schreiben angefangen?

Na, ja, das ist relativ. Geschrieben habe ich schon immer, nur nichts veröffentlicht. Außerdem war ich beruflich so angespannt, daß ich zu wenig Zeit hatte, um einen Roman zu schreiben. Da hätte es beim Schreiben zu große Pausen gegeben.

Was hat sie veranlaßt, gerade dieses Buch zu schreiben?

Wut!

Wie bitte?

Ja! Es ärgerte mich mit der Zeit immer mehr, immer und immer wieder zu hören, daß wir Deutschen an allem Schuld seien. Wir haben den Österreicher in den Sattel gehoben, wir haben alle "Heil dir, mein Führer" geschrien, wir waren ein Volk von Antisemiten, Rassisten, Mitwissern, Mittätern, Helfeshelfern und Denunzianten, fehlt noch was?
Und wir selbst sind am schlimmsten. Wir rennen ständig in Sack und Asche herum, klopfen uns auf die Brust und jammern mea culpa, mea maxima culpa und wir sind so frustriert, daß, wenn auch nur einer einen Juden schief ansieht, er sofort als Antisemit gebrandmarkt wird. Was wir gleich nach dem Krieg mit so viel Erfolg verdrängt hatten, damit schütten wir uns jetzt bis zum Hals zu. Es rächt sich eben immer, wenn man nicht sofort mit der Aufarbeitung seiner dunklen Vergangenheit beginnt.

Und was hat Ihre Wut mit Ihrem Buch zu tun?

Nun ja, ich wollte in meinem Buch aufzeigen, wie der kleine Mann gepeinigt von Hunger, Not und Hoffnungslosigkeit das Heraufdämmern des 'tausendjährigen Reiches' erlebt hat, wie es ihn aufgesogen, in seinen Netzen eingefangen, das Rückgrat gebrochen und zum Schluß stigmatisiert wieder ausgespuckt hat. Zum Beispiel hätte Adolf Hitler niemals die entscheidenden Wahlen gewonnen - die Ergebnisse davor waren doch äußerst mickrig -, wenn es den Menschen in den zwanziger Jahren auch nur einen Deut besser gegangen wäre und sie auch nur einen Funken Hoffnung gehabt hätten, daß es mit der Wirtschaft und damit mit ihrem Leben wieder aufwärts geht.
Die Österreicher hätten ihren 'Adolf' behalten können, vielleicht wäre er ja als Kulissenschieber bei Winnefred Wagner in Bayreuth untergekommen, wir würden vielleicht immer noch singen: "Wir wollen unser'n alten Kaiser Wilhelm wieder haben", es hätte keinen Rassenwahn gegeben und die Palestinenser brauchten ihr Land heute nur mit ein paar kleinen wenigen jüdischen Kibuzzim zu teilen, weil das Gros der Juden immer noch 'in aller Welt verstreut' wäre.

Interessant!

Nicht wahr! Und was uns und der Welt alles erspart geblieben wäre. Die Atombomben, der kalte Krieg nach dem heißen Krieg, der zwangsläufig auch nicht stattgefunden hätte, der eiserne Vorhang und der Mauerbau, die sich ja Gott sei Dank inzwischen von selbst zerbröselt haben. England hätte vermutlich immer noch sein Commonwealth, Frankreich und Holland ihre umfangreichen Kolonien und wir hätten unsere Finger wahrscheinlich noch in Südwestafrika.

Ja, und unser Ansehen in der Welt wäre nicht so demoliert.
Dann hätten Sie aber keinen Grund gehabt, Ihr Buch zu schreiben.

Nun ja, es gab ja auch noch einen zweiten Grund zum Schreiben. Ich wollte den jungen gestreßten Frauen von heute mit ihren anderthalb Kindern einmal zeigen, wie die Generationen vor mir ihr Leben gemeistert haben vor der 'Pille' und vor den technischen Errungenschaften von Waschmaschinen, Trockenautomaten, Elektroherden, Staubsaugern etc., dafür mit sechs, acht oder gar zwölf Kindern, die in schöner Regelmäßigkeit auf die Welt kamen und sozusagen in Handarbeit versorgt wurden, und das unter wirtschaftlich härtesten Bedingungen. Da gab es auch kein Müttergenesungswerk für die kinderreichen und ausgepowerten Frauen und sich auf eine vorgetäuschte Migräne in einem abgedunkelten ruhigen Zimmer zurückziehen und die störende Welt draußen lassen, das konnten sich nur die wohlhabenden Gattinnen von wohlhabenden Ehemännern leisten, die sowieso ihr Personal fürs Grobe hatten.

Schön, aber um auf Ihr Buch zurückzukommen. Ihre Protagonistin Leni wirkt so lebensecht, als würde sie gleich um die Ecke kommen und uns lächelnd 'guten Tag' sagen. Ist sie eine erdachte Figur?

Nein, ich habe einen biografischen Romen geschrieben, in dem meine über alles geschätzte und geliebte Tante die Hauptrolle spielt. Ich habe immer ihren Lebensmut, ihre Tatkraft, ihre Herzenswärme und ihren unerschöpflichen Humor bewundert, und wie sie mit den kleinen und großen Katastrophen ihres Lebens fertig wurde, ohne daran zu zerbrechen. Ich wollte ihr sozusagen posthum ein literarisches Denkmal setzen. Und ich bin sicher, wenn sie noch leben würde und das Buch hätte lesen können, sie hätte einen Riesenspaß gehabt. Sie würde es mit einem lachenden und einem weinenden Auge verschlungen haben.

Ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

Es war mir ein Vergnügen.


Das Interview führte Renate Kronberg mit Renate Kronberg.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 11.09.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Allen toughen Frauen und ganz besonders meiner Tante gewidmet.

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