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Soulmate -Seelenverwandte Das Geheimnis um Lill

Soulmate- Seelenverwandte

 

 

Das Geheimnis um Lill

1. Karottenbrei

 

Aufstehen. Du kommst zu spät zur Schule“, rief meine Mutter und zog mir die Decke weg. „Hmm“, knurrte ich und wollte mir die Decke zurückholen, doch meine Mutter hatte aus den Erfahrungen der vorigen Jahre gelernt. Nun fiel das helle Licht durch mein Fenster auf mein Gesicht. „Hier, deine Schuluniform ist gebügelt und liegt auf deinem Stuhl.“ Müde hob ich mich aus dem Bett, nachdem meine Mutter das Zimmer verlassen hatte. Eigentlich hatte ich nichts gegen Schule, nur etwas gegen das frühe Aufstehen. Jeden Morgen musste ich schon um fünf Uhr aufstehen, obwohl die Schule erst um sieben anfing, nur weil wir uns keine Busfahrkarte leisten konnten. Meine Mutter und ich wohnten nämlich in einem schönen Holzhaus in der Nähe des Dorfes. Im Sommer fuhr ich immer mit dem Rad zur Schule, aber im Schnee ging das schlecht.

Meine Schuluniform bestand aus einem typisch blauen Ton. Der Rock war dunkelblau, dazu trug ich eine weiße Bluse und im Winter einen blauen Pullover darüber, dass die Beine keinen Kälteschock erlitten, zog ich eine warme Strumpfhose und Stulpen an. Als Schuhe wählte ich meine neuen schwarzen Stiefel. Mein langes feuerrotes Haar band ich heute zusammen und zog mir eine Mütze auf. „Frühstückst du heute?“, wollte meine Mutter wissen. „Ja.“ „Was möchtest du mit in die Schule?“ „Ich esse mit Kate in der Kantine“, antwortete ich. „In Ordnung.“

Nach dem Frühstück zog ich meinen Wintermantel und den blauen Wollschal an, den Oma mir zu meinem 13. Geburtstag geschenkt hatte. Meine lederne Schultasche war heute mal wieder besonders schwer. Als ich die Haustür geöffnet hatte, stieg mir die kalte Luft in die Lungen. Mit der Schneeschaufel schob ich den Schnee von gestern Nacht von dem Gehweg. Da wir außerhalb des Dorfes wohnten, bekamen wir auch nicht oft Besuch, doch wenn, sollte alles ordentlich sein. Der Einzige, der uns gelegentlich aufsuchte, war der Postbote, der uns dann aber nur etwas in den blauen Kasten am Zaun warf.

Hinter unserem Haus erstreckte sich ein langer, dunkler Wald. Früher waren wir oft darin spazieren gegangen, doch aus irgendeinem Grund, den Mum mir nicht sagen wollte, taten wir das nicht mehr.

Am Tor angekommen lugte ich noch schnell in den Briefkasten, bevor ich dann über die Landstraße ging. Unser Haus lag so abgelegen, dass noch nicht einmal eine ausgebaute Straße dort hin führte.

Nach einer halben Stunde erreichte ich das kleine Dorf. „Huhu“, rief meine Freundin Kate aus dem Elternhaus heraus. Das Haus war blassgelb gestrichen und hatte im Sommer immer Blumenranken getragen. Kate kam durch den Schnee im Vorgarten zu mir gerannt und zusammen gingen wir, wie jeden Morgen zur Schule.

Vor dem riesigen Tor blieben wir kurz stehen. Ein Tor aus Eisengittern, das die Schule wie ein Gefängnis wirken ließ. Einmal hatten wir nur so aus Spaß eine Pyjamaparty veranstaltet. Alle hatten zum Schluss Angst bekommen und ließen sich von ihren Eltern abholen, denn das Gebäude war schon mehrere Jahrhunderte alt und irgendwie unheimlich.

Wir betraten das riesige Gebäude, indem wir die meiste Zeit unseres Lebens verbrachten.

Schnell hüpften wir die Holztreppen hinunter und rannten einen langen mit Mustern bedeckten Gang entlang und schlüpften in unseren Klassenraum. Schön warm war es darin. Die meisten Schüler saßen schon auf ihren Plätzen. Kate saß neben mir und las sich noch schnell das Königshaus von England durch. „Aufstehen, begrüßen, setzen. Schon sechs Jahre geht ihr nun auf unsere Schule und ihr wisst es immernoch nicht“, ertönte von vorne eine laute Stimme. Ich sah auf und entdeckte eine Frau vor uns. Sie hatte ungefähr die gleiche Größe, wie ein paar Mädchen aus unserer Klasse, deshalb hatte sie wahrscheinlich keiner bemerkt. Nun standen alle auf und begrüßten die Frau. „Wollen wir mal sehen, wer heute fehlt“, murmelte die Lehrerin und setzte sich. „Isabelle Anne.“ „Hier“, meldete sich ein blondes Mädchen. Das konnte ja schrecklich langweilig werden, wenn sie jetzt alle Namen vorlesen würde. „Elisabeth Baker, Jack Drake, Millie Evans, Kathrin Harris“, meine Freundin meldete sich. Dann musste ich wohl noch warten. In der Zeit, wo Frau... (sie hatte ihren Namen gar nicht erwähnt), die Klassenliste weiter durch ging, malte ich auf meinem Block. „Lillian Lowe?“ „Lill. Du bist dran“, flüsterte Kate mir zu. „Hier ich“, meldete ich mich. Nach fünf bunten Blättern, war die Lehrerin endlich fertig. Nur mussten wir jetzt Mathe machen. Ich hasste Mathe so früh. Mein Kopf schlief da immernoch. „Lill. Wie lautet die Antwortet?“, wollte die Lehrerin wissen. „Ich weiß nicht“, gab ich zu. „Ja? Nun was machen wir denn jetzt?“ „Wie wäre es, wenn sie uns ihren Namen verraten?“, fragte ich. „Der steht bereits an der Tafel.“ Nahm mein Gesicht etwa gerade die Farbe meiner Haare an? Nach dieser Panne musste ich eine ganze Schulstunde vor der Tür verbringen.

Endlich klingelte die Schulglocke. Pause. Meine Freundin brachte mir meine Jacke mit und gemeinsam gingen wir auf die Toilette. Dort ließ ich meinem Ärger Luft. „Das ist so gemein. Ich kann doch nichts dafür, wenn ich die Lösung nicht weiß.“ „Aber du hättest wissen können, wie die Lehrerin heißt“, bemerkte meine Freundin. Auf dem Schulhof holten wir uns dann einen kühlen Kopf und nasse Füße. Kein Wunder. Meine Stiefel waren wie mir scheint nicht wasserdicht.

Bimbam. Die Pause war vorbei und der Unterricht wurde nicht besser. Meine Füße erfroren und aus meinen Schuhen lief das Wasser in Strömen und bildete eine Pfütze unter meinem Stuhl.

In der zweiten Pause betraten wir die Kantine, wo wir jeden zweiten Tag eine warme Mahlzeit bekamen. Heute gab es Karottenbrei. Ganz schlimm orangefarbener Brei, den jeder essen musste. Dazu gab es noch Multivitaminsaft und einen Butterkeks. Normalerweise aß ich Karottenbrei gerne, aber nicht, wenn die Schulkantine ihn zubereitete. Kate, die bei dem Anblick von Karottenbrei oft ein Würgegefühl bekam, musste sich heute mal wieder zusammennehmen. Die Kantine war heute nicht so voll wie sonst. Wir bekamen sogar einen Platz am Fenster. Draußen hatte es wieder zu schneien angefangen und alle Kinder drängten sich durch das Tor, um nicht all zu kalt zu bekommen.

Als die Schule endlich vorbei war, schneite es immer noch. Kate und ich stapften durch den Schnee, der uns bis zu den Schienbeinen reichte und bei jedem Schritt in meine Schuhe eindrang. „Wollen wir heute rodeln gehen?“, fragte Kate. „Ja. Gerne. Ich muss nur noch den versäumten Stoff von heute Morgen nacharbeiten.“ „Wir telefonieren.“ Mit diesen Worten bog Kate in den Vorgarten des kleinen Hauses ein, indem sie mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder lebte. Nach einer halben Stunde war auch ich zu Hause. Unser Haus stand im Schein der Sonne. Der Schnee glitzerte und tauchte das Haus in einen Märchenzauber. An der Haustür wartete Mum schon ungeduldig. „Es wird kalt Lill“, rief sie. Die letzten paar Meter rannte ich von unserem Gartentor bis ins Haus. Drinnen roch es nach Zimt und Karotten. Außerdem war der Raum mit Wärme erfüllt. „Wie war die Schule?“, wollte meine Mum wissen. „Erzähle ich dir später.“ Ich zog die Stiefel aus und schob sie unter den Heizkörper, dann rannte ich in mein Zimmer, schlüpfte aus meinen Kleidern, zog an den Strümpfen, die an meinen Füßen klebten, bis ich sie herunter bekam und zog mir meinen Wollpullover, meine Jogginghose und meine Wollstrümpfe an. Nun hüpfte ich die Stufen hinunter und setzte mich an den Küchentisch. „Was gibt es zu Essen?“ „Karottenbrei. Den magst du ja so gerne.“ Ich stöhnte. „Was ist los?“, wollte meine Mutter wissen. „Nichts, den hatte ich nur heute in der Schule schon.“ Mum machte eine bedauernde Miene und stellte den Herd aus. „Ich esse ihn aber trotzdem. Deiner schmeckt sowieso besser.“ „Dann hol schon mal die Teller.“

Aus dem kleinen Holzschrank im Wohnzimmer nahm ich zwei Suppenteller. In unserem Wohnzimmer brannte ein Feuer im Kamin. Vor dem Kamin befand sich ein rotes Sofa und davor ein Holztisch. „Liebling wo bleibt das Besteck?“, rief Mum aus der Küche. „Ich komme.“ Wir setzten uns und aßen den Karottenbrei. Mum machte einfach den besten der Welt. Ich fragte sie, ob ich nachher noch mit Kate rodeln gehen könne und sie erlaubte es mir, meinte jedoch übervorsorglich, wie immer, : "Aber zieh dich warm an!“

Nach dem Essen half ich Mama noch in der Küche und rief anschließend bei Kate an. Diese erklärte mir, wie die Aufgaben zu lösen waren und wenig später schon zog ich meinen Schneeanzug an und nahm meinen Schlitten aus dem Schrank. Kate wartete vor unserem Tor auf mich und gemeinsam gingen wir zu einem kleinen Berg. Doch bald wurde der Berg Kate zu langweilig und sie wollte mit mir in den Wald hinter unserem Haus. Ich hielt sie auf, denn dort durften wir nicht hin. „Was gab es heute eigentlich bei euch zum Essen?“, wollte ich wissen. „Karottenbrei und bei dir?“ „Auch.“ Nach zwei Stunden gingen wir zu mir und sahen uns in meinem Zimmer noch ein paar Zeitschriften an und tauschten Poster.  Es klopfte.  Mum streckte den Kopf durch die Tür. „Kate. Ich wusste gar nicht, dass du hier bist.“ „Entschuldigung Ms. Lowe.“ „Schon ok. Lill kommst du? Es gibt Abendessen.“ „Ja.“ Ich beschloss, dass Kate heute bei uns Essen durfte, doch wie sich herausstellte wollte keine von uns etwas essen. Es gab Brot mit Karottenbrei. „Mum, der Brei kommt mir noch die Ohren raus.“ „Tut mir ja leid, aber ich hatte noch von heute Mittag übrig.“ Auch Kate war nicht sehr begeistert, doch nach einem

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 30.10.2014
ISBN: 978-3-7438-6072-8

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An alle, die gerne Mysterien lesen. An meine Schule, die meine Bücher zu schätzen weiß.

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