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Das erste Zusammentreffen


Barfuss rannte sie durch den strömenden Regen, nichts ahnend wohin sie ihre Beine trugen. Lief sie vor jemandem davon? Sie vermochte es nicht zu sagen, sie lief einfach nur immer weiter. Durch einen dunklen Wald, der so finster war, dass sie nicht einmal den Boden unter ihren Füßen sehen konnte. Und doch, sie rannte um ihr Leben. Aber warum? Wer war hinter hier her? Plötzlich vernahm sie schnelle Schritte hinter sich, sah einen Schatten zwischen den Bäumen hin durch gleiten. Jetzt blieb sie stehen, horchte in den tiefen Wald und in die finstere Nacht hinein. Die Schritte kamen immer näher. Verzweifelt schaute sie sich um, wollte heraus finden aus welcher Richtung sie kamen. Doch alles was sie sah, war die Finsternis, die sie gefährlich gefangen nahm. Ihr das Gefühl gab, verloren zu sein. Ihr Atem ging schnell. Ihr Herz raste. Jetzt konnte sie die Schritte deutlicher vernehmen, sie kamen immer nähe. Näherten sich mit jedem Schritt, den sie taten. Sie rannte wieder los, wollte nur raus aus diesem Wald. Lief los ohne auf den Weg zu achten, schnitt sich ihre Beine an den dornigen Zweigen auf. Stolperte über das dichte Unterholz. Auf einmal fiel sie zu Boden. Versuchte wieder auf zu stehen. Doch der Boden schien sie magisch fest zu halten. Ihre Beine gehorchten ihr nicht mehr. Doch plötzlich verstummten die Schritte. Und dann konnte sie es spüren. Sie spürte einen heißen Atem in ihrem Nacken. Hörte immer wieder wie er laut ein uns aus atmete. Dann vernahm sie eine lautlose und doch angsteinflössende Stimme.

“Wach auf, der du schläfst. Sei auf der Hut, denn sie wittern dein Geblüt!”


Tränen und nasser Angstschweiß klebten Mika ihre schwarzen, langen Haare ins Gesicht. Noch außer Atem schaute sie sich in ihrem Zimmer um, wollte sicher sein, dass es nur ein Traum war. Doch das war nicht mehr nötig gewesen. Wusste sie es doch längst. Dieser Traum quälte sie schon seit mehreren Monaten. Immer dann wenn der Vollmond die dunkle Nacht erhellte. Jetzt aber , da sie erwacht war, ließ sie sich von den Strahlen der Sonnen wärmen. Weil das Gefühl, der Angst immer noch an ihr nagte, stand sie auf und öffnete das Fenster. Holte tief Luft. Versuchte ihre Benommenheit los zu werden.

“Schatz, dein Frühstück! Beeil dich, sonst kommst du wieder zu spät zur Schule!”, die Stimme ihrer Mutter hallte hinauf in ihr Zimmer. Noch ein wenig Benommen betrachtete sie sich im Spiegel. Ihre Augen waren vom Weinen ganz rot und angeschwollen. Das Mädchen ging ins Bad, ließ sich kaltes Wasser über das Gesicht laufen. Schloss die Augen, genoss das kalte Nass auf ihrer Haut. Schnell zog sie ihre Uniform an, rannte in die Küche und schnappte sich schnell den Toast, der auf einem Teller lag und mit Marmelade bestrichen war.

“Ach, Kind! Du sollst doch Ordentlich essen!”, Mikas Mutter klang besorgt. Schell drückte sie ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange, bevor sie den Toast in ihrem Mund verschwinden ließ.

“Mach dir keine Sorgen, Mum“, brachte sie mit vollem Mund heraus, “Ich esse gleich in der Schule etwas!”

Mit diesen Worten lief sie aus dem Haus.


Es war angenehm warm an diesem Frühlingsmorgen als sie zur Schule eilte, damit sie nicht zu spät kam. In ihrer hast, sah sie den Riesen nicht, der plötzlich vor ihr stand und sich wie eine Wand vor ihr aufbaute. Zu spät sah sie ihn. So spät, dass sie ihm nicht mehr ausweichen oder anhalten konnte. Und so prallte sie gegen diese riesige, in schwarz gekleidete, Person. Der Aufprall warf sie so stark zurück, dass sie hingefallen wäre, doch auf einmal schnellten seine Arme nach vorne. Seine Bewegungen waren dabei so schnell, dass Mika keine Chance hatte auszuweichen, stattdessen schloss sie die Augen, da sie befürchtete, er würde sie gleich Schlagen. Doch dies war nicht der Fall. Stattdessen hielt er das Mädchen nun in seinen starken Armen und wiegte es, wie ein kleines Kind, hin und her.

“ Dass es mir zu Teil wird, dich noch einmal sehen zu dürfen. Doch sag, bist du nur ein Traum? Aber selbst wenn: Werde ich selbst dafür dankbar sein.”, flüsterte er ihr ins Ohr.

Verwirrt ließ Mika zu, dass der Fremde ihr sanft über die Haare fuhr. Dass seine Umarmung immer fester wurde, so als befürchtete er, sie würde sich in Luft auflösen. Als wolle er sie nie wieder los lassen.


“Ich weiß nicht, wen Sie meinen. Ich, jeden Falls, bin es nicht! Ich habe Sie noch nie in meinem Leben gesehen!”, gestand Mika schließlich, als sie ihre Stimme wieder gefunden hatte.

“Aber, du bist es… du musst es einfach sein!”, er schien sich nicht von seiner Meinung abbringen zu lassen. Trotz allem, Mika tat es in der Seele weh, diesen Mann enttäuschen zu müssen. Auch wenn dieser nichts weiter als ein Fremder für sie war. Gleichwohl, sie konnte spüren, dass dieser Mann glaubte, jemanden wieder gefunden zu haben, den er schon für vermisst hielt und das er diese Person, wer immer das auch sein mochte, einst sehr geliebt haben musste. Doch auch wenn dies so war, sie war nicht die Person, die er suchte. Und das musste sie ihm irgendwie klar machen.

“Ich kenne Sie wirklich nicht. Bitte, glauben Sie mir doch.”, zu ihrem Erstaunen stellte sie fest, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Aber nicht, weil sie Angst vor dem Mann hatte, sondern weil sie unglücklich darüber war, nicht die Person zu sein, die er sich so sehnsuchtsvoll herbei wünschte.

Schließlich gab er Mika aus seiner Umarmung frei, doch hielt er sie noch immer an den Schultern fest. Mika versuchte ihre Tränen zu verstecken in dem sie zu Boden starrte.

“Sie mich an!”, wies der Mann sie sanft an.

Mika hob den Kopf nur langsam. Nun konnte sie den Fremden das erste Mal, seit sie ihm begegnet war, richtig betrachten.

Er musste ungefähr fünf Köpfe größer als sie gewesen sein. Ein Europäer? Außerdem hatte er schwarze Haare, die gerade so lang waren, dass er sie mit einer Schleife fest binden konnte. Nun erwiderte Mika seinen Blick, so blickte sie direkt in seine Augen. Die Augen… wenn es stimmte, dass Augen die Fenster der Seele waren, so waren es seine. Er hatte die bildschönsten, eindrucksvollsten Grünen Augen, die sie je gesehen hatte. Nun steifte er dem Mädchen über die Wangen, strich eine einzelne Träne aus ihrem Gesicht und schaute sie dabei mit einem Blick an, der ihr Herz schneller schlagen und ihr gleichzeitig die Röte ins Gesicht stiegen ließ. Sie betete inständig, er möge nicht erkennen, was er bei ihr auslöste. Doch wenn er es gemerkt haben sollte, dann verstand er es wirklich sich nichts anmerken zu lassen. Stattdessen unterbrach er das Schweigen.

“Was meinst du? Erkennst du mich etwa nicht? Ich bin es doch, Davion”

“Es tut mir leid, aber ich habe Ihren Namen noch nie gehört!”, Mika schüttelte leicht den Kopf, “Und gesehen habe ich Sie genau so wenig!”

Der Fremde, der sich Davion nannte, schaute Mika nur an, schwieg und schüttelte dann merklich den Kopf.

“Ich weiß nicht was gesehen ist, warum du mich vergessen hast…!”, er stockte und atmete hörbar aus, “Doch ich weiß, dass ich dich… verloren hatte, du aber jetzt wieder vor mir stehst. Ich möchte einfach nicht glauben, dass ich mir das alles nur einbilde.”

Er fuhr ihr abermals über die Wange. Seine Berührung ließ sie zusammen zucken.

“Es ist unglaublich! Diese Augen können nur von Madeleine sein. Jene Augen, die es immer wieder schafften, mich mein Schicksal vergessen zu lassen. “

Mika war sich nicht sicher von wem dieser Davion sprach. Madeleine? Sie hatte diesen Namen noch nie zu vor gehört. Dies sagte sie auch dem Fremden und betonte dabei noch einmal, dass sie nicht das Mädchen sein, nach dem er suchte.

“Aber, ich habe deine Rufe vernommen…. du schriest immer wieder des Nachts nach mir.”

“Wie soll ich Sie gerufen haben? Bis vor einigen Minuten kannte ich ja noch nicht einmal Ihren Namen!”

Diesmal schwieg der Mann, schloss die Augen, so als müsse er darüber nach denken, was sie gerade gesagt hatte.

Erst als sich Mika räusperte, öffnete er sie wieder und sagte dann etwas merkwürdiges.

"Du bist es wirklich nicht!", sagte der Mann, mit so einer Verzweiflung und Trauer in der Stimme, dass es Mika schier das Herz zu schnürte.

Dennoch, sie wurde das Gefühl nicht los, dass er in ihr inneres gesehen hatte. Denn woher sollte sonst jählings diese Eingebung kommen?

Aber das ist doch unmöglich!

Ich muss mich irren!

“Nein Kind, das tust du nicht!”

Mika zog hörbar die Luft ein. Betrachtete ihren Gegenüber misstrauisch. Hatte sie es gerade laut ausgesprochen? Oder sollte ihr Verdacht richtig sein? War der Mann wirklich im Stande ihre Gedanken zu lesen?

Unsinn!

Oder etwa doch?

Zu ihrem Erstaunen hob der Fremde ihr Kinn und zwang sie so, ihn anzusehen.

“Schau mich an, dann wirst du es verstehen!”

Erst vermochte sie seinen Blick, mit dem er sie anschaute, nicht zu deuten. Da war etwas in seinen Augen, das ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Er hielt sie immer noch fest als eine Stimme zu ihr vorrückte.

Du rufst mich jede Nacht… jede Nacht dringt deine Verzweifelte und Angsterfüllte Stimme zu mir. Sie ruft um Hilfe und… meinen Namen!

Hatte sie diese Stimme, die in ihrem Kopf herum geisterte, wirklich vernommen?

Oder spinn ich jetzt total?

Sag mir, was bringt dich so zur Verzweiflung? Was macht dir so eine Angst?

Hallte die Stimme wieder in ihrem Kopf, während der Mann ihr unbeirrt in die Augen sah. Sie vernahm seinen Geist, er durch vorstete sich durch den ihren.

Im Moment Sie, dachte Mika.

So als hätte er sich an dem Mädchen verbrannt, ließ er sie wieder los.

“Entschuldige, das wollte ich nicht!”

“Dann stimmt es also? Sie… sie können wirklich meine Gedanken lesen!?”

Doch bevor Mika seine Antwort abwarten konnte, spürte sie unerwartet eine schwarze Gestalt hinter sich. .Doch Mika war sich sicher, sie hatte ihn schon früher spüren können. Sie hatte spüren können wie sich etwas näherte. Jetzt stand dieses Etwas hinter ihr, wie ein Schatten. Tauchte plötzlich aus dem Nichts auf. Seine Anwesenheit jagte ihr abermals einen Schauer über den Rücken. Instinktiv ging sie einen Schritt auf Davion zu. Nein, nicht instinktiv. Er hatte es ihr befohlen. Der Fremde war wieder in ihren Geist eingetaucht. Befahl ihr, zu ihm zu kommen. Jetzt standen sie sich so nah, dass gerade mal ein Atemhauch zwischen ihnen passte. Davion packte Mika um ihre Taille und zog sie ganz nah an sich heran. So nah, dass sie eigentlich seinen Herzschlag vernehmen musste, doch konnte sie es nicht. Irritiert schaute sie den Fremden an. Doch was sie sah, ließ sie erstarren. Sie wollte auf schreien, doch aus ihrer Kehle drang nur ein heiser, gequälter Ton. Mikas Blick ruhte auf zwei riesigen Fangzähne, die bedrohlich aus seinem Mund ragten. Sie blickte in Augen, deren Blick alles sagten. Verlangen! Aber wonach? Doch Mika kannte die Antwort bereits. Hatte sie gekannt, als sie seine riesigen Zähne gesehen hatte. Im dürstete nach Blut! Verängstigt versuchte Mika sich aus seinem Griff zu befreien. Vergebens. Er drückte sie so fest an sich, dass ihre Rippen begannen weh zutun.

“Was willst du hier, Sarphargon?, Davions, vor Wut knurrende, Stimme ließ sie wieder auf schauen. Seine einst so sanftmütige Miene, hatte sich vor brodelndem Zorn verzerrt. Fixierte die fremde, schwarze Gestalt an. Mika konnte spüren, wie Davion seine Wut im Zaum zu halten versuchte. Spürte, dass es ihm schwer viel, nicht auf ihn los zu stürmen und ihn gleich hier an Ort und Stelle in Stücke zu reißen.

Die schwarze Gestalt lachte auf. Es war ein gleichgültiges, liebloses Lachen. Jetzt trat er aus dem Schatten. Seinen leblosen, boshaften und zugleich gierigen Blick unentwegt auf Mika gerichtet. Was zur Folge hatte, dass sie von Davion noch fester an sich gedrückt wurde. Sarphargon, wie er von Davion genannt wurde, war ungefähr so groß wie dieser. Hatte schulterlanges, silbernes Haar, das sich in feinen Wellen über seinen Rücken ergoss. Eine einzelne Strähne hing ihm ins Gesicht und es schien ihn nicht zu stören. Seine Augen, waren wie die von Davion. Nur, dass in ihnen keine Liebe ruhten. Stattdessen pure Feindseligkeit.

“War die Frage wirklich ernst gemeint?, fragte er seinen Gegenüber, seinen Blick nicht von Mika lassend. Das war wohl seine Art zu antworten. Er wollte das Mädchen. Das hatte wohl auch Davion gemerkt, denn er stellte sich jetzt beschützend vor Mika. Fletschte seine Fangzähne.

Und dann sprang dieser Sarphargon auf Davion zu. Seine Bewegungen waren dabei so schnell, dass Mika ihn für einen Bruchteil der Sekunde aus den Augen verlor. Nur um ihn dann wieder ganz nah bei sich zu sehen. Mit ängstlichem Blick schaute sie den ungefähr zwei Meter großen Vampir an. Zitterte am ganzen Leib. Unfähig auch nur einen Schritt zu tun. Seine großen Hände fuhren nach vorne, umklammerten ihren zierlichen Hals. Dabei leckte er sich über die Lippen.

“Wie köstlich du riechst!”, sagte er dann mit einer rauen und flüsternden Stimme. Mika wusste, sie hatte keine Chance seinem festen Griff zu entkommen. Doch plötzlich verharrte Sarphargon und seine Aufmerksamkeit lag auf ihrem Hals. Ungläubig strich er über einen Muttermal.

“Das ist unmöglich… du kannst unmöglich….!”, doch er konnte seinen Satz nicht zu ende bringen, denn Davion packte ihn am Kragen, schleuderte ihn ohne eine einzige Anstrengen gegen eine Wand. Zornig schnellte Davion zu Sarphargon, packte ihn an seinen langen Haaren.

“Du wirst sie nicht noch einmal mit deinen dreckigen Händen berühren!”, er spuckte es förmlich heraus. Seine Stimme brodelte vor überschäumender Wüt. In seinen, nun rot glühenden, Augen brannte eine Flamme, deren Bedeutung Mika nicht einzuordnen vermochte.

Sarphargon spuckte etwas Blut , grinste dabei spöttisch.

“Denk nicht, du könntest dieses Mädchen beschützen… mir magst du überlegen sein, aber was ist mit der Night Alliance?”, blitzschnell befreite sich der massige Vampir aus Davions Griff, es ging so schnell, dass Mika ihn erst wieder sehen konnte, als er ganz nah bei Davion verharrte, “ Ich bin mir sicher, du hast ebenfalls das Mal an ihr entdeckt?!”, es war viel mehr eine Feststellung als eine Frage. “Lass das mal meine Sorge sein, Apostat !”, Davions Stimme klang ruhig und doch duldete es keine weiteren Widerworte.

“Ich trage also immer noch diesen Namen?! Doch ich frage dich, wer von uns beiden ist hier ein Verräter? Dieses Mädchen hat dir damals den Kopf verdr…”, der Satz blieb ihm im Halse stecken, als Davion seine große Hand um seinen Hals legte.

“Wage es nicht noch einmal, sie zu erwähnen!”

Es war unglaublich. Davion hob Sarphargon einfach am Hals hoch, drückte so fest zu, dass dem Vampir eigentlich das Leben aus dem Leib gequetscht werden musste. Doch dieser schaute unbeirrt auf seinen Peiniger.

“Immer mit der ruhe, ich wollte dich nur davor warnen wieder unüberlegt zu handeln!”

Davions Griff wurde fester. Jetzt drang ein Keuchen aus Sarphargons Kehle.

“Lass ihn los!”, Davion wandte den Kopf um. Mika hatte sich endlich aus ihrer Erstarrung gelöst und rannte nun auf die Beiden zu, "Du bringst ihn noch um!"

Als Davion sie erblickte lockerte er augenblicklich seinen festen Griff. Er würde diesen Abtrünnigen nicht vor ihren Augen töten. Wollte ihr nicht noch mehr Angst einjagen, als es so wie so schon der Fall gewesen war. Sarphargon nutzte die Unachtsamkeit seines Gegners, zog zwei, aus Silber gefertigte, Wurfsterne unter seinem schwarzen, langen Mantel hervor und schleuderte sie mit voller Wucht auf Davion. Sie bahnten sich präzise einen Weg zu dem unaufmerksamen Vampir.

“Pass auf!”, schrie Mika aus vollem Hals, schaute dabei fortwährend auf die Sternförmigen Geschosse. Es geschah alles wie in Zeitlupe, als die Waffen Davion an der Schulter trafen. Wäre dieser nicht so schnell ausgeweicht, hätten sie sich mitten in sein Rücken gebohrt. Davion blickte wieder zu dem Blutsauger. Seinem Gesicht war nicht an zu sehen, ob er Schmerzen hatte.

“Musst du immer noch zu so feigen Mitteln greifen? Du hast dich nicht verändert!” , presste er zwischen seinen Zähnen hervor, und zog gleichzeitig die Shuriken aus seiner Schulter, “Versuch es wieder, wenn du stärker bist”, Mika meinte aus Davion Stimme Sarkasmus raus hören zu können und das er dabei lachte, verstärkte diesen Eindruck noch zusätzlich.

“Dein größter Fehler ist es…!”, langsam lies Sarphargon seine Zunge über seine Unterlippe fahren. Entblößte dabei seine riesigen Hauer. “…mich… zu… unterschätzen!”, sowie das letzte Wort über seine Lippen kam, schnellte er los, nahm ein weiteres Shuriken aus seinem Mantel und… nahte sich nun rasant dem erstarrten Mädchen.

Mika sah entsetzt zu, wie der Vampir ihr immer näher kam. Auch wenn er sich rassendschnell bewegte, in ihren Augen geschah alles wie in Zeitlupe. Die Waffe in seiner Hand blitzte gefährlich auf. Als Sarphargon ihr den Shuriken in den Magen stach, vernahm Mika einen erstickten Schrei aus der tiefen Finsternis, die sie umhüllt hatte- ihren Schrei.

“Nein!”, drang jetzt auch Davions Stimme zu ihr. Wie hypnotisiert faste sich das Mädchen an den Magen, betrachtetet das Blut an ihrer Hand, dann wurde alles um sie herum schwarz. Ihre Beine gaben nach Das letzte was sie hören konnte, ehe sie kraftlos zu Boden ging, war Sarphargons selbstzufriedene zugleich seelenlose Stimme.

“Ihr alle solltet mich nicht unterschätzen!”

Bevor er im Schatten der Gebäude verschwand.


Davion roch Blut. Ihr Blut. Dieser metallische Geruch, der diesen ungezähmten Vampir zum Vorschein zu bringen drohte, hing in der ganzen Luft. Mit ganzer Kraft versuchte er seinem Verlangen Einheit zu gebieten. Das Mädchen brauchte dringend Hilfe- seine Hilfe.

Langsam näherte er sich Mika, darauf bedacht nicht zu sehr an ihr Blut zu denken, das so angenehm nach Lilien duftete.

Davion kniete sich neben sie. Die hälfte ihres Lebenssanftes breitete sich vor ihm aus. Er konnte spüren, wie Mika vor Kälte zitterte. Er zog seinen Mantel aus. Fürsorglich deckte er das zarte Mädchen damit zu . Jetzt nahm er sie behutsam auf seine Arme und stand auf. Er würde nicht zulassen, dass sie vor seinen Augen starb. Nicht noch einmal sollte jemand durch seine Unachtsamkeit sterben. Das Mädchen stöhnte, wandte sich seiner starken Brust zu. Vergrub ihr Gesicht.

“Ich… will… nach… Hause!”, murmelte sie leise in den Stoff seines Hemdes.

Davion beugte sich über Mika, hauchte ihr einen Kuss auf die Wange.

“Das wirst du schon bald sein!”, flüsterte der Vampir ihr ins Ohr.

Auch er verschwand in den Schatten der Häuser, mit dem Mädchen auf seinen Armen.

Die furchtbare Offenbarung


Mika lief durch einen engen, dunklen Gang. Immer wieder vernahm sie hinter sich schwere, langsame Schritte. Das Mädchen lief immer schneller. Schaute sich währenddessen unentwegt über die Schulter. Doch was sie sah, war nur die Finsternis. Doch die Person, der die Schritte gehörten, konnte sie nicht erblicken. Panik ergriff das junge Mädchen, als die Schritte immer näher kamen. Sie hastete durch die engen Gänge, und doch, sie konnte ihnen nicht entfliehen. Plötzlich spürte sie einen eisigen Atem in ihrem Nacken und etwas kaltes auf ihrer Schulter. Mika erblickte eine knochige, fahle Hand, die ihre Schulter umklammert hielt. Das Mädchen schrie erschrocken auf, versuchte sich aus ihrer Umklammerung zu befreien. Doch vergebens. In dem Augenblick hörte sie eine Stimme, die genauso kalt war, wie die Hand zu der sie gehörte.

“Warte es nur ab... sie werden kommen! Kommen werden die dunklen Schatten in der Finsternis um dich zu holen!”


Mika riss die Augen auf. Ihr Atem ging schwer. Ihre Lunge brannte, als sei sie erst gerade einen Marathon gelaufen. Das Mädchen versuchte sich zu beruhigen., indem sie sich in ihr weiches Kissen vergrub.

Etwas stimmte hier nicht.

Schließlich ließ sie ihren Blick durch das Zwielicht des Raumes gleiten. Nur um sofort hoch zu fahren.

Sie war nicht in ihrem Zimmer!

Und mit dieser Erkenntnis kam auch die Erinnerung an den gestrigen Tag zurück. Diese fürchterlichen Erinnerungen an Davion und an diesem Sarphargon und schließlich wie sie...

Blitzschnell stand sie auf, fuhr sich über ihren Bauch. Sie wurde mit einem Verband verarztet. Doch sie spürte immer noch diese spitzen Waffen in ihrer Haut. Doch anscheinend hatte die Blutung aufgehört. Just in diesem Moment vernahm sie gedämpfte Stimmen. Da ihr leicht schwindelig war bewegte sie sich nur langsam auf die Tür zu. Vorsichtig öffnete sie diese und blickte auf einen langen, schmalen Flur. Überall an den Wänden hingen seltsame Gemälde von düster aussehende Männern, die bedrohlich lächelten und dabei ihre langen Hauer entblößten. Es waren alles Vampire. Jetzt wusste Mika, dass es sich um keinen Traum gehandelt haben musste. Hätte sie keine Verletzung davon getragen, hätte sie es dafür halten können. Nun horchte sie in die Stille hinein, damit sie die Stimmen ordern konnte. Sie waren jetzt lauter als zuvor, aber immer noch weit weg. Mika ging den langen Flur entlang, bis sie vor einer Treppe stehen blieb. Die Stimmen kamen aus dem Keller.


Langsam schritt das Mädchen nun die Stufen hinunter. Den Stimmen entgegen. Die Treppen bestanden, wie auch die Balustraden, aus massiven, groben Gestein. Hier und da zogen sich dünne Risse über die Stufen. Auf der rechten Seite erblickte sie alte Schränke und noch einige andere Gegenstände. Vorsichtig schritt Mika die Treppen herunter, während sie sich am Geländer festhielt, da ihr noch immer leicht schwindelig war. Am ende der Treppen führte ein schmaler, mit Steinen ausgelegter Weg zu einer riesigen massiven, hölzernen Tür. Achtsam ging das Mädchen nun zu dieser gewaltigen Tür. Die Stimmen kamen von der anderen Seite. Mika öffnete die Türe einen spaltbreit. Das reichte aus um Davion zu erkennen. Er stand leicht gebeugt da und unterhielt sich angestrengt mit jemandem in einem großen, bordeauxroten Sessel. Wer es war, konnte sie nicht sehen, da die Person mit dem Rücken zu ihr saß. Nur an seiner Stimme, könnte sie erkennen, dass es sich um einen Mann handeln musste. Seine eiskalte Stimme jagte dem Mädchen einen Schauer über den Rücken. Fröstelt zog sie ihre Jacke enger um ihren Körper. Interessiert öffnete Mika nun die Türe noch einen Spalt breiter, damit sie einen Überblick über den gesamten Raum hatte. Für einen Augenblick hielt sie erschrocken die Luft an, als die morschen Scharniere der Tür einen leisen Laut von sich gaben. Doch anscheinend waren die Männer so in ihrem Gespräche vertieft, dass sie dies nicht hörten. Erleichtert machte sie sich jetzt daran, den großen Raum zu betrachten. Überall im ganzen Zimmer waren Kerzen verteilt, die dem Raum eine erstickende Hitze verschaffte, die Mika sogar von draußen verspüren konnte. Aber die größte Wärme gab wohl der riesige Kamin ab, in dem eine Flamme loderte, die dem Raum eine beängstigte Atmosphäre verschaffte. Der Mann in dem Sessel war dem Kamin zu gewandt, genoss anscheinend die drückende Wärme.


“Und du hast dieses Mädchen hier hin gebracht? Gerade hier? Oh, Davion… ich dachte wirklich, du seiest schlauer!”, die raue Stimme des Mannes ließ Mika aufhorchen.

“Glaub mir, es war das einzig Richtige!”

“Das ist schwer zu glauben, immerhin hättest du einfach ihre Erinnerungen löschen können… du bist ein Vampir… es dürfte für dich also kein weiteres Problem darstellen. Es sei denn… Davion, du hast doch nicht…?!”, der Mann stockte, als habe er gerade einen schlimmen Verdacht gehabt.

Davion wandte sich von seinem Gegenüber ab, lehnte sich gegen den Kamin.

“Sag, dass es nicht wahr ist!”, Mika konnte die Spannung in diesem Raum förmlich spüren.

“Es ging nicht anders… sie wäre sonst verblutet!”, als Davion sprach, sah er wieder zu dem Mann. Die Flamme im Kamin ließ seine Augen dabei rot aufleuchten.

“Du hast ihr wirklich dein Blut gegeben?”, fragte er ungläubig, “Weißt du was das heißt?”

Aus Mikas Kehle drang ein ersticktes Keuchen. Worauf sie erschrocken die Hände vor ihren Mund drückte.

“Natürlich weiß ich das!”, schrie Davion, sah erneut zu dem Kamin und senkte schließlich seine Stimme, “Ich konnte nicht anders!”

“Tu nicht so, als hättest du keine andere Wahl gehabt, nur damit du deine Entscheidung recht fertigen kannst. “

“Hätte ich sie etwa verbluten lassen sollen?”


“Ja! Davion, sie ist ein Mensch… wir sind Vampire! Was machen wir sonst mit Menschen?”

“Sie ist aber kein normaler Mensch!”, gab Davion zu, “Sie hat das Mal!”

Das Mal?

Mika fasste sich an den Hals. Genau an die Stelle, an der sie schon Sarphargon berührt hatte.

“Was sagst du da? “

“Ich habe es gesehen. Sie ist es!”

Nun stand der Mann, aus dem Sessel, auf.

Er ging auf Davion zu, legte seine große Hand auf seine breite Schulter.

Nun konnte das Mädchen den Mann, der etwa genau so groß wie Davion sein musste, besser betrachten. Er hatte samtige glatte und lange Aschblonde Haare, die leicht gewellt über seinen massigen Rücken herunter flossen.

Durch seinen weinroten Anzug könnte man ihn durchaus als verschroben bezeichnen. Seine langsamen Bewegungen taten dadurch keinen Abbruch. Mit seiner anderen Hand hielt er ein Weinglas mit roter Flüssigkeit- Mika hielt es zuerst für Rotwein- und schwenkte es leicht hin und her, während er immer wieder leicht daran nippte.

“Davion…!”, sprach er nun, in seiner Stimme schwang etwas vorwurfsvolles mit, “Weißt du was das bedeutet? Hast du überhaupt die leiseste Ahnung, was das für unsere Rasse heißt?”

“Natürlich bin ich mir darüber im klaren! Aber du weißt auch, dass ich nicht einfach so tun kann, als sei sie ein ganz normaler Mensch!”

Mika wurde es langsam zu viel, sie sprachen über sie und sie wusste noch nicht einmal worüber.

Wenn ich kein normaler Mensch bin, was bitte bin ich dann sonst? Fragte sich das Mädchen.

Sie wurde einfach nicht schlau daraus. Mika hatte das Gefühl, noch immer in einem Traum gefangen zu sein. Und hoffte bald wieder auf zu wachen- doch das tat sie einfach nicht!

Der Mann lachte leicht.

“Darüber bin ich mir durchaus bewusst… aber denkst du nicht, du solltest es mit dem Mädchen selbst bereden?” Der Mann blickte zur riesigen Tür. Mika hatte das Gefühl, er würde genau in ihre Augen blicken. Aber das war natürlich unmöglich.

Ich war leise und hinter der großen Tür…. unmöglich, dass er mich bemerkt ha…

Die Tür schwang überraschend mit einem lauten Krachen auf. Nun stand Mika völlig reglos und schutzlos in der großen Türschwelle.

“Mika?!”, Davion war anscheinend genauso verblüfft wie sie selbst auch, “Was zum Teufel machst du hier… du solltest im Bett liegen und dich ausruhen!”

Davions schroffe Stimme ließ das Mädchen zusammen zucken, worauf der Vampir nun langsam auf sie zu kam.

“Es tut mir leid!”, begann er, seine Stimme war jetzt wieder ruhiger, “Geht es dir schon besser?”

Mika nickte.

Der Mann am Feuer räusperte leicht, kam jetzt ebenfalls auf Mika zu. Betrachtete sie mit Argwohn, währenddessen ließ er seine Zunge über den Rand seines Glases wandern. Das Mädchen fühlte sich mit jeder Sekunde unbehaglicher in ihrer Haut. Spürte seinen unangennehmen Blick auf ihrer Haut, die zu prickeln anfing.

Unschlüssig blieb Mika einfach in der großen Türumrundung des Zimmers stehen.

“Contessa!”, der Mann verbeugte sich feierlich und doch in seiner Stimme erkannte Mika auch etwas ironisches, “Es ist mir eine Ehre sie kennen lernen zu dürfen!”

Der Mann hielt nun Mikas Hand in seiner. Es war so schnell geschehen, dass Mika es nicht hatte kommen sehen. Nun führte er ihre Hand zu seinem Mund und hauchte ihr einen leichten Kuss auf den Handrücken.

“Mika, nicht Contessa!”, korrigierte sie ihn schließlich, als sie sich wieder gefangen hatte, “Und wie bitte lautet deiner?”, Mika ließ ihre Hand aus seiner gleiten.

Amüsiert schaute der Mann zu Davion. Dieser grinste nur.

“Oh entschuldigt Con…!”, Mika schaute ihn ermahnend an, worauf er wieder lachte, “Man nannte mich einst Xarer Ven'Gyr. Doch nun trage ich den Namen Xavier Sterling!”

“Soll das heißen, du bist auch ein… Vampir?”, noch immer wollte ihr das Wort nicht über die Lippen. Es war einfach zu abwegig.

Abermals blickte Xavier zu Davion, der bis dahin geschwiegen hatte aber dem Mädchen allein mit seinen Blicken gezeigt hatte, dass sie keine Angst zu haben brauchte.

“Sie merkt ja schnell, was?”, er schnalzte mit seiner Zunge, “Aber was habe ich auch anderes von einem Menschenweib zu erwarte?”

“Sehr viel!”, antwortete Davion knapp, “Mika! Ich weiß, das ist etwas schwer zu verstehen, aber…!”

“Etwas schwer?!”, das Mädchen lachte leicht, “Ihr seid Vampire! Vampire!”

Sie sagte es so, als müsse sie sich über die Tatsache erst einmal bewusst werden.

“Wesen die nachts in Särgen schlafen, vor Knoblauch oder Kruzifixen zurück schrecken!”, sie sagte es mehr zu sich selbst, "Die Blut...trinken!", fügte sie ihn Gedanken dazu.

Xavier lachte verächtlich, was Mika dazu veranlasste diesen wieder an zu schauen.

“Ihr Menschen seid doch alle gleich… glaubt diese lächerlichen Geschichten, die über uns erzähl werden!”

Davion brachte seinen Freund mit einer kurzen Handbewegung zum Schweigen.

“Mika!”, Davion sah seinen Freund etwas säuerlich an, schaute dann aber wieder zu dem Mädchen, die sich ihm auch wieder zu wandte, “Diese lächerlichen Geschichten- wie sie von meinem Freund hier genannt werden- stimmen in kleinster Weise mit der Wahrheit überein. Das wir vor Knoblauch oder Weihwasser zurück weichen stimmt genau so wenig, als das wir uns vor Kruzifixen verhalten würden.”

“Sie wurden eins von irgendeinem Idioten in die Welt gesetzt!”, fügte Xavier noch dazu, was ihm auch erneut einen vernichtenden Blick von Davion einbrachte.

“Allerdings…”, sprach dieser nun weiter, “…stimmt es, dass uns Silber, oder ein Pflog ins Herz töten kann!”

“Und, was ist mit Sonnenlicht? Ist das auch nur eine Vermutung? Schließlich, haben wir uns gestern bei Tag… getroffen!”

“Wir gehören zu einer Rasse, die schon seid längerem als Ausgestorben gilt, da wir uns gerne bedeckt halten- die Lamia! Wir sind Vampire, denen das Sonnenlicht nicht töten kann, dafür schwinden aber fast all unsere Fähigkeiten!”

“Und was ist mit Blut? Ernährt ihr euch davon?”, Mika erschauderte bei dem Gedanken.

Davion nickte.

“Dann seid ihr also auch Bestien, genau so wie die anderen?!”

“Wage es nicht noch einmal uns mit diesen minderwertigen Geschöpfe zu vergleichen!”, zischte Xavier.

“Es ist besser, du lässt uns jetzt allein!”, sagte Davion zu seinem Freund, ohne seinen Blick von Mika zu wenden.

“Aber warum…?”

“Xavier!”, knurrte Davion ungeduldig.

“Ist ja schon gut!”, beschwichtigte dieser und gab sich geschlagen. Bevor er über die Schwelle nach draußen trat, blieb er noch ein einziges Mal vor dem Mädchen stehen und beugte sich zu ihr ans Ohr.

“Pass in Zukunft lieber auf, was über deinen hübschen Mund dringt… sonst wird es für dich keine Zukunft geben!”

Sollte das etwa eine Drohung sein?

Ohne Davion oder ihr noch eines Blickes zu würdigen, verließ er schließlich den Raum.

“Du musst ihn entschuldigen…!”, meinte er schließlich und verschränkte seine Arme hinter seinen Rücken, bevor er langsam zum großen Kamin schlenderte und sein Weinglass auf dem Sims betrachtete, “Er reagiert bei diesem Thema immer sehr… nun ja… empfindlich!”

“Ist schon gut!”, beschwichtigte das Mädchen, das nun näher an Davion heran trat. Dort auf der Türschwelle überkam sie plötzlich ein Gefühl der Furcht.

“Aber weißt du,….!”, der Vampir blickte nun wieder zu Mika,” Du kannst uns nicht mit diesen primitiven Vampiren vergleichen… sie töten Menschen… trinken ihr Blut, weil es ihnen Spaß macht! Wir dagegen brauchen ihr Blut zum Überleben! Ohne ihren Lebenssanft können wir nicht überleben, unsere Kräfte schwinden und sind so eine Leichte Beute für die Etemuu!”

Das Mädchen sah in fragend an.

“Ete… muu?

Davion nickte leicht. Fuhr dann mit seiner Erklärung fort.

“Sie gehören zu den meist gefürchteten und bösartigsten Kreaturen. Halb Geist, halb Vampir entstehen sie durch eine nicht ordnungsgemäße Beerdigung, einen gewaltsamen Tod, durch Tod bei der Geburt, Tod bevor sie Liebe fanden, oder durch verhungern oder ertrinken. Sie sind von Natur aus unsichtbar und sind in der Lage, andere Menschen zu kontrollieren. Zerstört werden können sie durch hölzerne Waffen oder durch Exorzismus….!”, er stoppte. Denn, als er in das Gesicht des Mädchen sah, erblickte er eine Träne die über ihr Gesicht kullerte. Sofort war er bei Mika, schaute sie besorgt an.

“Warum weinst du?”, fragte er, scheinbar unsicher, was er in so einer Situation tun oder sagen konnte.

Erstaunt blickte das Mädchen zu dem Hünen. Strich sich ihre Träne von der Wange.

“Ich hatte gar nicht gemerkt, das… es ist einfach traurig!”, gab sie schließlich zu.

“Was meinst du?”

“Das diese… Wesen anscheinend nie Liebe empfunden haben… das finde ich traurig!”

Davions Arme schnellten nach vorne, umarmten die zierliche Gestalt, wieder einmal mehr, war sie erstaunt. Und wieder einmal mehr lag sie in seinen starken Armen.

“Deswegen habe ich dich so geliebt!”, flüsterte er ihr liebevoll in das Ohr, “Dein Herz war… ist einfach zu selbstlos!”

Mikas Herz fing an wie wild zu schlagen. Bald so laut, das sie befürchtete er könnte es hören.

Das Mädchen konnte es nicht länger leugnen sie fühlte sich in seinen Armen behaglich. Seine Stimme, seine Augen, seine vollen Lippen einfach alles an ihm verschafften dem Mädchen einen wohliges Gefühl in der Magengegend. Was sie noch mehr erschreckte, als die Drohung von diesem Xavier. Sollte sie sich wirklich in diesen Mann… einen Vampir verlieben? Verwirrt über ihre eigenen Gedanken löste sie sich leicht aus seinem Griff. Sie stand nun da, ihre Hände an seiner Brust, ihren Blick gen Boden gerichtet, nicht fähig in seine Augen zu blicken.

“Habe ich was falsch gemacht?”, fragte der Vampir sogleich mit sanfter Stimme. Mika schüttelte kaum merklich den Kopf. Gleichmäßig Atmete sie ein und aus, so als müsse sie ihr rasendes Herz zur Ruhe zwingen.

Doch schon wurden sie jäh von Xavier gestört.

“Was gibt es?”, knurrte Davion, der alles andere als erfreut zu sein schien.

“Es tut mir leid…!”, sein Blick wanderte zu dem Mädchen, die vor Davion stand und ihn jetzt mit erstauntem Blick musterte.

“Raus mit der Sprache!”, zischte Davion ungeduldig.

Ohne den Blick von dem Mädchen zu wenden, sprach er nun weiter.

“Es geschah alles so schnell… wir konnten nichts mehr tun!”, nun endlich schaute er zu Davion, “Es gab noch einen Toten!”

Toten? Erschrocken krallte sich Mika an Davion Ärmeln.

“Wen?”, wollte dieser auch gleich wissen.

Xavier stockte kurz, so als würde er erst noch überlegen müssen, ob er ihm antworten sollte.

“Die Mutter dieses Kindes!”, er nickte kurz zu Mika hinüber, deren Beine weich zu werden drohten.

“Ist das dein Ernst?”, Mika vernahm seine Stimme nur noch aus der ferne.

Ihr Griff um Davions Ärmel wurde noch fester. Plötzlich spürte sie, wie ihr Schwindelig wurde. Davion sah aus seinem Augenwinkel, wie Mika leicht wankte. Schnell reagierte er und umfasste ihre Taille, bevor sie zu Boden gehen konnte.

“Mika!”, schrie er erschrocken auf. Doch dann wurde seine Stimme wieder sanfter, “Es tut mir so leid!”

“Es… es geht mir nicht gut!! Ich glaube, das war alles ein bisschen viel auf einmal!”, gestand Mika nun, mehr zu sich selbst. Wie sehr wünschte sie sich dies alles wäre nur ein böser Traum, aus dem sie bald erwachen würde. Ihre Mutter ist tot? Das war doch unmöglich! Sie schloss die Augen, biss sich leicht auf ihre Unterlippe. Befahl sich selbst, endlich auf zu wachen. Doch als das Mädchen die Augen wieder öffnete, stand sie noch immer in diesem riesige, warmen Raum. Vor ihr der Mann, der sich ihr als Vampir vorgestellt hatte. Und dort in der Türschwelle Xavier, der ihr diese schmerzhafte Nachricht überbracht hatte. Konnte dies alles gerade wirklich passieren? Sie hatte ihre Mutter ja noch nicht einmal richtig verabschiedet, als sie so überstürzt aus dem Haus gerannt war.

Tränen schossen ihr in die Augen. Sie war nicht mehr fähig ihre Gefühle, die schon länger in ihr brodelten und raus wollten, zurück zu halten. Mika schrie fast schon hysterisch auf, schlug mit ihren Fäusten auf Davion’s Brust ein. Ihre Trauer, ihre Verzweiflung und schließlich auch ihre Angst, dies alles bahnte sich jetzt ihren Weg nach draußen. Während sie immer wieder gegen seine Brust schlug, flossen ihr Tränen über die Wangen. Davion stand nur da, ließ sie gewähren. Wie gerne würde er sie jetzt in den Arm nehmen, ihr sagen, dass alles wieder gut werden würde. Doch, und das wusste er genauso gut wie sie, würde nicht mehr geschehen. Er hatte dieses Mädchen, welches so sehr Madelein glich, mit hier hineingezogen. In seine Dunkle und finstere Welt ohne Liebe und Glück. Wie sehr er sich dafür hasste. Der Vampir verabscheute sich und seines Gleichen. ER wollte nie mehr jemanden leiden sehen. Und jetzt war ihre Mutter tot. War das seine Schuld? Hätte er einfach nur die Finger von Mika lassen sollen? Sie einfach wie bisher weiter leben sollen? Doch so oder so, es war ihr gemeinsames Schicksal sich zu begegnen, das war ihm klar gewesen, als sie ihn mit diesen wunderschönen Augen beobachtet hatte. Schließlich hörte Mika auf zu schreien, da sie von dem Schmerzensruf, keine Luft mehr bekam. Sie atmete schwer.

Mika war unfähig etwas zu spüren. So merkte sie auch nicht, wie sie von Davion mühelos hoch gehoben und von ihm in den großen Sessel gesetzt wurde. Das Mädchen schaute unentwegt auf ihre Hände. Sie wollte einfach nur vergessen. Wie sehr sie sich doch nach ihrem normalen, langweiligen Leben zurück sehnte.

Der Vampir kniete sich zu ihr hinunter, legte seine Hände auf den ihren und wies Xavier gleichzeitig mit einem Kopfnicken auf, das er jetzt gehen sollte. Dieser tat es auch.

“Mika!”, sagte er ruhig, “Schau mich an!”

Das Mädchen gehorchte, blickte in seine tiefen Augen. Davion erschrak leicht. Ihre Augen hatten ihren Glanz verloren. Stattdessen fand sich nun tiefe Dunkelheit darin wieder. Er könnte sich dafür Ohrfeigen. Was hatte er diesem Mädchen angetan?

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Tag der Veröffentlichung: 10.02.2012

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