Im Netz ohne doppelten Boden
Max Oppermann
DAS FREMDE
hat uns im Netz,
die Vergänglichkeit greift
ratlos durch uns hindurch,
zähl meinen Puls, auch ihn,
in dich hinein,
dann kommen wir auf,
gegen dich, gegen mich,
etwas kleidet uns ein,
in Taghaut, in Nachthaut,
fürs Spiel mit dem obersten, fall-
süchtigen Ernst.
-Paul Celan-
Null
Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, was verachtenswerter, niederträchtiger und heimtückischer ist als ein Versicherungsfachmann bei der Arbeit. Diese Spezies aus verschwendeten Zellen und unerfüllten Hoffnungen zeichnet sich nunmehr auch noch dadurch aus, dass sie ständig bei der Arbeit ist. Gleichsam einem General oder dem Papst sind sie niemals außer Dienst, was ihre Existenz noch unerträglicher macht, als sie sowieso schon ist. Es ist egal, unter welchen Namen sie auftauchen: Unternehmensberater, Versicherungsmakler, Fachmann, Finanzwirt, Bezirksbeauftragter, Hanswurst, Dämlack. Immer ist es der gleiche Typus, der sich hinter solchen Fantasienamen verbirgt, als stünden sie für eine besondere Leistung in der Menschheitsgeschichte. Wenn Raskolnikow nach seiner Tat in fiebriger Trance Tage voller Schuld dahindämmerte, so reiben die heutigen Raskolnikows sich nach erfolgreichem Werk diebisch die Hände. Wo es keine Strafe gibt, da gibt es auch kein Verbrechen. Dies ist die zugrunde liegende Logik, die durch ihre Klarheit besticht. Wenigstens das ist offensichtlich.
Doch was tue ich denn gerade hier?
Bin ich nicht derjenige, der in den Abgründen der Menschheit wühlt, sich im moralischen Schmutz suhlt und voller mies gespielter Überzeugung unsinniges Zeug daherredet, das nur einem Zweck dient? Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Noch nie hat ein dusseliger Spruch, der sich reimt, auch durch seinen Inhalt überzeugt. Wenn das Leben nur so einfach wäre! Doch lassen wir das Leben selbst reden und hören zu, was es uns zu sagen hat:
„Haben Sie Interesse an einer Optimierung Ihrer Finanzen? Die Hochmuth-Versicherungs-AG bietet für Sie, Frau Huber, und das ist ganz neu!, eine hundertprozentig kostenfreie Beratung zur Optimierung Ihrer Finanzen. Warum mehr ausgeben, wenn Sie gleiche Leistungen für weniger Geld haben können? Die Hochmuth-Versicherungs-AG hat deshalb die Möglichkeit, ein individuell auf Sie abgestimmtes Paket zusammenzustellen, das Ihren ganz individuellen Bedürfnissen gerecht wird. Ganz individuell! Ja, und liebe Frau Huber, habe ich schon erwähnt, dass dies alles für Sie absolut kostenfrei ist? Nein, nicht umsonst, sondern kostenfrei! Das ist doch toll. Ich würde vorschlagen, Frau Huber, ich komme einfach mal bei Ihnen vorbei, dann reden wir darüber, wie wir Ihr vorhandenes Einkommen optimaler verteilen können, damit Sie mehr von Ihrem Geld haben, Frau Huber. Denken Sie deshalb daran, Frau Huber, der Stichtag, ist bald. Der Gesetzgeber, das wissen Sie sicher Frau Huber, bietet nur noch dieses Jahr die Möglichkeiten, um Ihre Finanzen zu optimieren. Weshalb Geld dem Staat schenken, wo Sie doch so schwer dafür arbeiten, Frau Huber? Wir sollten uns deshalb schnellstens zusammenfinden. Wann passt es Ihnen am besten, Frau Huber? Achtzehn Uhr? Das klingt doch toll, Frau Huber. Richten Sie unbekannterweise Grüße an Ihren Gatten aus, Frau Huber. Tschüss, Frau Huber, und noch einen wunderschönen Tag, Frau Huber.“
Willkommen in meinem Kopf. Ich muss Sie vorwarnen, auch wenn Sie es sich selbst ausgesucht haben. Es wird keine angenehme Begegnung mit dem, was meine Gedanken sind. Sie sind das Konglomerat jahrtausendealter Fehlentwicklungen in der Geschichte der so genannten Zivilisation. Der Gipfel der Infamie, der Schlechtigkeit der modernen Gesellschaft – dies sind sie. Nichts weniger als das haben Sie eben schon zu spüren bekommen. Das Aufflackern der einzelnen Synapsen, die chemischen Reaktionen, das Bilden und das Abtöten von Nervenzellen. Sie sind allein dafür verantwortlich, was danach in Ihrem Kopf vorgeht. Aber vielleicht wollen Sie das? Vielleicht sind Sie nur eine weitere Spielart unseres Menschseins, das sich am Leid, am Zweifel und an der Sehnsucht des anderen ergötzt? Wenn es so ist, dann seien Sie willkommen. Sie sind in bester Gesellschaft.
Es gibt keinen einleuchtenden Grund, warum man so etwas, wie das eben geführte Telefonat, machen sollte. Kommen Sie mir ja nicht mit Geld, Freude oder sonstigen Ausreden. Glauben Sie mir, jedwede Ausredenkonstellation habe ich bereits durchexerziert, bis mir schlecht wurde. Nein, es gibt keinen ersichtlichen Grund, weshalb der Ursprung meines Entschlusses, das obige Telefonat zu führen, mehr als schändlich ist. Doch gibt es in unserer verdorbenen Welt überhaupt jemanden, der solche Verkommenheiten noch spürt, wie ein Seismograf das leichte Beben spürt? Sind wir nicht schon so versaut, dass wir jegliche Ablehnungshaltung der Bequemlichkeit in die Schuhe schieben? Wäre es nicht zu oberflächlich, zu sagen, man mache dies oder das, weil man es bequemer findet, als es zu unterlassen? So kommen wir zur Furcht, die jedoch nicht das Thema sein wird, da sie bereits von diesem oder jenen breit getrampelt wurde.
Ich habe keine Ahnung, was mit mir passieren wird. Genau genommen liegt es auch an Ihnen, da Sie jederzeit aus meinem Kopf aussteigen können, wenn Ihnen die Fahrt zu rasant wird. Leider kann ich das nicht. Ich kann kurzzeitig abbremsen, meinen Ekel betäuben oder die Reise beschleunigen. Aussteigen kann ich nur einmal.
Wie steht es mit Ihnen und Ihrem Kopf?
Wenn Sie annehmen, ich komme Ihnen entgegen, indem ich mich vorstelle, erkläre, was ich tue, darlege, warum ich etwas tue, haben Sie sich getäuscht. Es wird keinerlei Entgegenkommen meinerseits geben. Es würde keinen Sinn für Sie ergeben, was für mich Sinn macht. Erwarten Sie deshalb nicht zu viel. Auf keinen Fall werde ich Ihnen reißerisch versprechen, an den Grundfesten der menschlichen Existenz zu rütteln, dem Sein eine Bedeutung zu verleihen oder einen Gehalt abzusprechen, schon gar nicht werde ich Ihnen behilflich sein. Wir sollten niemals vergessen, dass diejenigen, die uns behilflich sein wollen, auch nur arme Schweine sind, in deren Kopf elektrische Blitze zucken, Blut durch brüchige Adern fließt und deren Freiheit des Willens aus jener gräulichen Grauzone stammt, aus der wir alle unser Streben beziehen. Doch dies ist leichter gesagt als getan.
Eins
Es beginnt mit einem Pickel im Nacken. Genau dort, wo sich die Speckfalten des hinteren Halses in den Hinterkopf schieben. Dort sitzt das blöde Ding, die Ausgeburt an Nichtigkeit und vor allem die Fleischwerdung der Unästhetik. Wenn ich meinen Kopf nach vorne beuge oder ihn nach rechts drehe (nach links passiert irgendwie nichts?!), merke ich das kleine eitrige Ding. Es scheint mit jeder Sekunde, in der ich mit meinen schmutzigen, Bakterien verseuchten Händen daran herumdoktore, zu wachsen, die Haut weiter zu spannen und zu reizen, doch von einem erlösenden Ausbruch des Eiterkraters ist nichts zu spüren. In der hehren und vor allem heroischen Zeit des Mittelalters wäre ich zum Barbier oder zum Scharfrichter gegangen, der mir jenes Problemchen mit einem kleinen Aderlass oder dem Ansetzen von Blutegeln kuriert hätte. Im modernen Gesundheitswesen aber schäme ich mich und traue mich nicht so recht, einen studierten Medizinmann (oder Frau) mit solch einer Bagatelle zu belästigen. So drücke und reibe ich weiter mit meinen schmutzigen Händen in meinem Nacken herum, was bestimmt noch weniger sinnvoll ist, als einen altgermanischen Zauberspruch aufzusagen, der mich erlöste.
Schlimmer als das unangenehme Gefühl und der leichte Schmerz an sich ist jedoch die Ahnung, warum ich diesen Pickel bekommen habe. Es ist Freitagabend, eine Woche voller hirnloser Betätigung für Geld liegt hinter mir. Wieder mal habe ich mich prostituiert, damit ich mir meine Wohnung, mein Essen und meine Kloschüssel leisten kann. Wieder mal habe ich die Woche geschafft. Doch statt dass es mir ein Gefühl der Freiheit gibt, der ungehemmten Findung zu einem selbst, bricht es aus meinen Nacken als eitriges Etwas hervor, das mir zuflüstert bei jeder Kopfbewegung (außer eben nach links), bald ist wieder Montag, bald ist wieder Montag. Ich drücke wieder fester daran herum, doch ich werde mit einem leichten Stechen verspottet. Nur zwei Tage, du Tölpel, nur zwei Tage, du Trottel.
Wissen Sie, wenn man in solchen Momenten zur Flasche greift, ist dies die größte Niederlage vor dem Leben selbst. Genauso ist es aber auch die vernünftigste Kapitulation, um mehr Schaden zu vermeiden. Bevor alles an Verstand vor die Hunde geht, betäube ich etwas die aufmüpfigen Gedanken in der Hoffnung, dass diese durch den leichten Rausch und den folgenden Kater nicht mehr ganz so vehement mich martern. Deshalb nehme ich jetzt einen kräftigen Schluck.
Als Urgrund steht die Sorge um den Verstand. Denn der Verstand bedeutet mir das Dasein. Alles weitere, seien es die Gefühle, seien es die körperlichen Unzulänglichkeiten sind zu vernachlässigen. Aber die Ahnung, langsam verrückt zu werden, weil die Gesellschaft es so möchte, quält wie nichts anderes auf der Welt. Wohl dem, der schon verrückt ist, und davon nichts mitbekommen hat.
Die Moral liegt in Trümmern, jeden Tag zu jeder Zeit. Wenn ich aufstehe, muss ich wie die Frauen anno fünfundvierzig erst einmal einen Haufen Schutt abtragen, um irgendwo eine zart sprießende Knospe der Hoffnung zu entdecken. Dies gelingt mir nicht immer; eigentlich immer seltener. Deswegen habe ich jene Sorge um meinen Verstand, um mich.
Es ist ja nicht so, dass ich nicht vieles versucht hätte. Ich ging zu Fußballspielen, ich übte mich in allerlei Geselligkeit und ich war sogar sozial engagiert, wenngleich in bescheidenem Rahmen. Doch all dies führte dazu, dass meine Sorge, meine Furcht vor dem Verlust des ICH immer größer wurde. Nur dann, wenn ich bar jeden Inhaltes und vor allem jeder Moral mich in die ewige Gleichheit des Rausches flüchtete, empfand ich eine Art von Frieden mit mir und der Welt. Nur wo die Langeweile mich einlullte und hegte wie eine fürsorgliche Amme, spürte ich eine Art Einheit und Geborgenheit. Dabei weiß ich gar nicht, wann ich mich das letzte Mal so gefühlt habe. Ist es eine Ewigkeit her oder war es gestern?
Ich drücke am Samstagmorgen am Pickel herum. Plötzlich gibt er nach und ich merke wie sich eine wässrige Mischung aus Blut und Eiter über meine Finger ergießt. Augenscheinlich kann ich nun etwas das Wochenende genießen. Nur mit was oder wem?
Ich gehe mir erst einmal die Hände waschen.
*
Es wird Regen geben. Ich kann es förmlich riechen. Wenn ich nachts durch die Straßen Hohenauenstätts wandere, entwickele ich anscheinend solch tierische Fähigkeiten. Vielleicht liegt es an dem kühlen Duft, den die Bäume verbreiten, denn Hohenauenstätt ist eine romantisierte Mischung aus Dorf und Stadt. Als ob ein unbekannter Stadtplaner des frühen 19. Jahrhunderts alle Klischees, denen er habhaft werden konnte, in einen Topf warf. Dementsprechend treffen zwei Welten aufeinander, die ich beide verabscheue. Von der Stadt hat Hohenauenstätt den Asphalt der Anonymität und das stumpfe Grau, von dem Dorf das Grüne und die freien Flächen. Beides interessiert mich nicht. Vielmehr habe ich das Gefühl, dass mich jedwede Empfindung, die die Stadt, das Dorf, die Dorfstadt in mir anregt, maßlos anwidert. Im Grunde ist es egal, wie es aussieht, wie es riecht, wie die Menschen sind; ich hasse einfach alles. Mich scheint alles dermaßen abzustumpfen, dass ich mich wundere, wie ich es schaffen, mich in der Gesellschaft der Bewohner überhaupt zurecht zu finden. Als ob meine gesamten Empfindungen verkümmerten, wenn ich auch nur einen Menschen auf der Straße treffe, auch nur ein Haus anschaue. Alles verschwindet in einem abenteuerlichen Gemisch aus Ekel, Sehnsucht und Selbstmitleid. Und dennoch bin ich der Überzeugung, dass es bald regnen wird.
Es ist Spätherbst oder Frühwinter. Ich sehe eines dieser kleinen Felder kahl und leer vor mir liegen. Wahrscheinlich ist der Boden schon im Innern, wohin man nur mit dem Spaten käme, steif gefroren. Oben ist er wie immer. Ein einzelner Baum steht da, noch wenige braune Blätter künden vom einstigen Grün, das wieder kommt, was genauso sicher wie bedeutungslos für das Jetzt ist. Die Äste hängen schlaff herab und lassen sich vom Wind bewegen. Die Ahnung, es würde alles besser werden, überkommt mich.
Ich muss verächtlich lachen, als ich dies sehe, ein unbegabteres Gleichnis hätte der einfältigste Hobbyphilosoph nicht erdichten können. Doch genau dies tut die Natur mir gerade an und ich muss mich plötzlich fragen: Bin ich so geistig minderbemittelt, dass ich allen Ernstes in Betracht ziehe, mich mit dem Baum zu vergleichen?
Dabei habe ich noch gar nicht angefangen, mich richtig für diesen Quatsch zu schämen, als es zu regnen anfängt. Es berührt mich gerade mehr, dass die Schönheit des Regens und eines einsam dastehenden Baumes zur tiefsten Nacht von mir für die blödesten Vergleiche und Metaphern herangezogen wird, als dass mich das Nasswerden störte. Weder der Baum noch der Regen können etwas für die Einfallslosigkeit der Menschheit respektive meine Einfallslosigkeit.
Ich gehe zu dem Baum und fühle währenddessen, wie sich einzelne Regentropfen ihren Weg an meinem Körper entlang bahnen, doch ich verbiete es mir, mich dagegen schützen zu wollen.
Dafür habe ich einen triftigen Grund: Ich hoffe sehr, dass ich mich erkälte, denn immerhin ist es bereits mitten im Herbst und nicht mehr allzu warm. Eine körperliche Schwächung, wie es die Erkältung mit sich bringt, erlaubt mir, mich geistig von der Blödheit zu erholen, der ich tagtäglich ausgesetzt bin. Wenn ich nicht müsste, würde ich niemals mein Bett verlassen. Nun, zu dieser Stunde ist es genau anders herum: Ich kann mich kaum noch ins Bett legen; ich deute dies als geistige Unzulänglichkeit par excellence.
Vor dem Baum, einem Ahorn, gehe ich in die Hocke und betrachte ein welkes Blatt, das wohl schon vor Tagen abgefallen sein muss. Irgendwie sieht es danach aus, auch wenn ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen würde. Ich bin nun mal kein Botaniker. Der Trichter, den das gekrümmte Blatt bildet, beginnt sich mit Wasser zu füllen. Jeder einzelne Tropfen, der aus dem Firmament nieder stürzt und in die Mündung fällt, bringt das Ahornblatt zum schwanken. Nach kurzer Zeit krümmen sich die Wände der Kuhle, ächzen lautlos und beugen sich letztlich dem Unvermeidlichen. Ein kleiner Strom geht in dem großen Nass auf, das sich vor meinen Füßen gebildet hat. Das welke Blatt konnte es nicht verhindern.
Ich stehe wieder auf und überlege mir, ob ich auch wie das Blatt bin.
Lächerlich!
Mir wird plötzlich schlecht, denn ein übler Gedanke schießt mir durch den Kopf.
Kurz schaue ich mich um, ob mich keiner gesehen hat, wie ich so vor dem Baum gekniet habe. Das ist nicht minder lächerlich wie alles, was ich bis dahin gedacht habe. Wenn ich nun ein Aufschneider wäre oder sagen wir mal Dichter, würde ich behaupten, ich ginge aus dem Grund zurück, da das welke Blatt mir die Unmöglichkeit meines Strebens nach was auch immer gezeigt habe. Erstens würde es mir sowieso keiner glauben, der auch nur halbwegs bei Verstand ist, und zweitens möchte ich ungern als Dichter gesehen werden. Dafür spricht bereits der Umstand, dass ich meine Geschichte mit Regen beginnen lasse. Das machen Dichter schon lange nicht mehr, habe ich gesagt bekommen. Bücher, die so beginnen, werden vom vernünftigen Leser sofort wieder aus der Hand gelegt.
Ich gehe zurück durch die Stadt in meine Wohnung und verschlafe den folgenden Tag, so nehme ich es mir vor. Was sollte ich auch sonst morgen tun? Es ist Wochenende, niemand zwingt mich, aufzustehen und wenn ich wach bin, langweile ich mich meist und bin sehr traurig. Sonntag – der Tag der Trauer.
*
Es ist der Sonntag der Welt. Mein Sonntag, der mir von Gott beziehungsweise Karl dem Großen geschenkt wurde, um über meine Existenz auf die schmerzlichste Art Klarheit zu gewinnen. Das Infragestellung erlebt seine Messe, findet Anbetung in der Verzweiflung des Ichs, das sich nicht entscheiden kann, ob es sich aus dem Bett räkelt oder ob es einfach liegen bleibt. Nur die brennende Ahnung, dass diese Entscheidung morgen nicht mehr getroffen zu werden braucht, tröstet auf die bitterste Art. Den ganzen Tag über begleitet mich dieses Ende der (wie lächerlich!) Freiheit des Sonntages, da der Montag wie ein Henker stets hinter mir stet und das Beil schwingt. Ich liege auf dem Schafott und versuche mich mit allerlei Unwichtigkeiten abzulenken. Zunächst einmal ist da die Erbärmlichkeit des deutschen Fernsehens. Dann die weitaus größere, weil ungehemmtere des weltweiten Internets. Dort finde ich bestimmt irgendetwas, das mich ablenkt vom Kummer um den morgigen Tag. Doch weil ich daran denke, dass es mich ablenken soll, lenkt es mich nicht ab, weil ich an morgen denke. So etwas nennt man Teufelskreis, doch ich habe die dumpfe Ahnung, dass solche eine Fiesheit sich nicht einmal der Pferdefuß höchstselbst hätte ausdenken können. Dies konnte nur der Mensch.
Ist es der Gedanke an den Tod oder an die Geburt, die mir die größten Sorgenfalten auf die Stirn zaubert? Ehrlicherweise muss ich annehmen, dass es die Zeit dazwischen ist, die mich maßlos bekümmert. Die Depression des erwachenden Geistes, der sich seiner Existenz bewusst wurde und die Sorge vor der Verlöschung. Die Christen nennen dies die Erbschuld. Dies macht mir die christliche Religion sympathisch, dass der Mensch ein widerlicher Sünder ist, nur weil er geboren wurde. Natürlich dichteten die Kirchenlehrer eine Gnade hinzu, die sich aus dem Kreuzestod Jesu speist, doch dies halte ich für Schabernack. Der Mensch hat Gottes Sohn getötet. Daraus eine Botschaft der Hoffnung zu machen, ist wahrscheinlich die schändlichste Tat, die in der Welt des Geistes jemals begangen wurde. Wir haben Gottes Sohn getötet aus den niedrigsten Beweggründen und nun müssen wir dafür mit der Leere des Sonntags leiden. In diese platzen die herrlichsten Kapriolen in meinem Kopf. Sie vertragen sich schlecht mit dem, was mir der fürsorgliche Staat oder die zynische Gesellschaft als Ablenkung anbieten. Weder Fußballspiele, noch Gottesdienste, schon gar nicht sonntägliche Ausflüge vermögen mich aufzuheitern. Doch - wie gesagt – das Problem liegt woanders. Es liegt in der Herkunft. Ich fahre zu Opa.
*
Ich muss nochmals auf den Ort zurückkommen, den ich als siebter Kreis und dritter Ring des Danteschen Infernos empfinde. Natürlich ohne dass mir so interessante Gestalten wie Pier delle Vigne begegnen. Doch wo begegnen einem heute generell noch interessante Menschen?
Hohenauenstätt ist ein kleines Städtchen, dessen Provinzialität durch die Geschichte bestätigt wird. Von vielen Regionen spricht man abfällig, manchmal werden jene gescholtenen Landstriche gar zu Allgemeinplätzen stilisiert, die als Charakteristikum stets mit negativer Konnotation herhalten müssen. Mit Hohenauenstätt und dem umliegenden Land verhielt es sich im Grunde noch schlimmer: Man kannte diese Gegend kaum im übrigen Europa. Selbst im eigenen Land schienen jene Breiten kaum eine Reise wert; für was auch? Diese vollständige Außenseiterrolle hatte man über die Jahrhunderte (oder waren es nur Jahrzehnte?) verfeinert, indem sich eine Mundart herausbildete, deren Singsang außerhalb jener Provinz weder zu hören noch zu verstehen war. Am Ende jedes Wortes ging man mit der Betonung weit weniger großzügig um, als es der Rest des Landes tat. Ja, man ging soweit und negierte die hochdeutsche Lautverschiebung noch vehementer als üblich – dieses „üblich“ bezieht sich auf verwandte Dialekte, welche in den Übergangsregionen zu finden sind! – so dass jene Affrikaten, also die Verbindung der Verschlusslaute mit den Reibelauten, mit einer Beharrlichkeit verweigert werden, die selbst manchen Alteingesessenen, aber mithin Zugezogenen zur Verzweiflung zu bringen vermag. Dazu gesellen sich noch weitere Ausnahmen, wie der im vorderen Mund gebildete „ch“-Laut, der jedoch dank der Unbehauchtheit nicht den zischenden Grad des hochdeutschen „sch“ erreicht, und derlei mehr. Als Beweis mögen die eben genannten sprachlichen Attraktionen dafür genügen, dass man sich in einer Region befindet, deren Einzigartigkeit mit einer Eigenartigkeit korrespondiert, die sich leider, wie erwähnt, nicht in der Landkarte des Durchschnittseuropäers, ja nicht einmal des gemeinen Deutschen niederschlug. Vielleicht war das auch besser so.
Ginge man zu weit, wenn man behauptete, die Wälder um Hohenauenstätt seien in der Menschheitsgeschichte ein rasch zu überbrückendes Hindernis gewesen? Die historischen Ereignisse scheinen dieser Behauptung Recht zu geben, wenn man die mannigfaltigen Heere bedenkt, die von Gallien aus gen Rhein strebten, oder von jenseits des großen Kulturstromes gen Gallien. Bezeichnenderweise finden sich im Hohenauenstätter Landkreis zwar spärliche Siedlungsreste aus Gallorömischer Zeit, die jedoch, so die Experten, nach der Aufgabe des Rheines als Grenze des Imperiums für Jahrhunderte aufgegeben wurden. Nur die Ost-West-Straße, welche aus keltischer Zeit stammend von den Römern ausgebaut worden war, beherbergt die ein oder andere archäologische Fundgrube, in der man gemeinhin Reste einer, heute würde man sagen, Poststation ausmachen kann. Jene Rasthöfe der Altvorderen galten nur dem einen Zweck: Den Reitenden so rasch wie möglich durch die Hohenauenstätter Lande zu bringen. Dass sich letztlich doch noch Menschen fanden, die diese unwirtliche Gegend zu kultivieren suchten (inwieweit dies tatsächlich gelungen sein mag, steht auf einem anderen Blatt!) ist der staufischen Revindiktionspolitik des zwölften Jahrhunderts zu verdanken. Bereits unter den Saliern war es zu Rückerwerbungen vor allem im östlichen Bergland gekommen, von dem indes die Hohenauenstätter Talsenke mit seinem Buntsandsteingebiet noch ausgespart blieb. Warum jedoch ausgerechnet der letzte salische Kaiser auf eben jenes Gebiet verzichtete, das sich sein entfernter Verwandter aus Schwaben und späterer Kaiser und Kreuzfahrer unter den Nagel riss, hatte bereits im vorvorigen Jahrhundert zu hitzigen Disputen unter den Hohenauenstätter Historikern geführt. Gottlieb Adolf Tuckermann hatte jenen Streit, der als „Hohenauenstätter Historizismuseklat“ in die Stadtchronik (leider nicht darüber hinaus!) eingegangen war, auf den Höhepunkt getrieben, indem er Karl dem Dicken einen Ausspruch bei der Vergabe des Novalzehnten für den Großraum Hohenauenstätts zuschusterte. Tuckermann behauptete, der karolingische Kaiser mit der Namen gebenden Körperfülle habe nach der genannten Vergabe zu Frankfurt gestöhnt:
„Trostet hiu, gisellion, Mine notstallon!“
Laut Gottlieb Adolf Tuckermann beziehe sich jener Ausruf explizit auf die geplante Abgabeforderung, die zu richten an die Hohenauenstätter Klöster er gedachte. Dass der Freizeithistoriker daraus die Liebe des Kaisers und seinen daraus resultierenden Gram ob der für jene Region harte Abgabe drehte, war selbst gestanden Hohenauenstätter Patrioten zu viel. Doch Konsequenzen zog man aus dem Vorfall nicht, schon gar nicht im Hinblick auf den Urheber dieser Theorie, deren Falsifizierbarkeit jeder Beschreibung spottete! Gottlieb Adolf Tuckermann starb hochbetagt und durch den Stadtrat geehrt (er erhielt die „Pater Patriae“-Medaille der Stadt Hohenauenstätt!) kurz nach Gründung des Zweiten Deutschen Kaiserreiches, das er maßgeblich propagiert, jedoch keineswegs beeinflusst hatte, wie im Übrigen die gesamte Stadt und die Region nicht. Im so genannten Einigungskrieg gegen den Erzrivalen fielen ganze drei Hohenauenstätter an der Front, davon zwei bei Mars-la-Tour und einer bei Sedan. Für deutsch-monarchistische Verhältnisse ein mehr als bescheidener Blutzoll. Trotz dieser fragwürdigen Leistung – es nahmen immerhin dreihundertfünfzig Hohenauenstätter am Feldzuge teil, davon der größte Teil im I. Königlich Bayrischen Armeecorps, vor allem in der 1. Infanterie-Division – scheute man sich nicht, im Zuge der nationalen Begeisterung ein Denkmal zu stiften, dessen Einweihung der selige Tuckermann nur wenige Wochen überleben sollte.
*
Woher ich das alles weiß?
Mein Großvater hatte mir vor einiger Zeit mit stolzem Gebären die Stadtchronik, welche er als eines von verdammt wenigen Büchern in seinem Wandschrank stehen hat, überreicht. Natürlich mit dem Hinweis versehen, ich solle ja keine Flecken oder Eselsohren rein machen. Nun, dachte ich mir, die Gefahr besteht nicht, da ich keinen einzigen Blick rein werfen werde. Doch es kam ganz anders: Ich wollte unbedingt wissen, warum ich die ganze Stadt und alle seine Einwohner so sehr verabscheute. Was war der historische Grund, die Ursuppe meiner Abneigung? Ein winzig kleiner unscheinbarer Blick hätte genügt, um herauszufinden, dass eben dieses Buch dafür am allerwenigsten geeignet war. Der Verfasser ist nämlich ein ehemaliger Bürgermeister aus den Fünfzigern oder Vierzigern oder was weiß ich von wann, dessen Führertreue selbst von der bedingungslosen Kapitulation keinen Knacks erfuhr. Ich blättere darin herum und lese etwas vom „stolzen germanischen Volk“ aus dem „die Deutsche Nation“ erwachte, dem „heldenhaften Ringen an allen Fronten“, dem „Terror durch alliierte Flieger“ und so weiter. Also beschließe ich, da es Opa allem Anschein nach so gewollt hatte, diesen aufs Geradewohl zu fragen:
„Du warst doch auch in der Wehrmacht! Was hast du so getrieben?“
Opa antwortet nur: „Ich warf das Gewehr fort und wurde für eineinhalb Jahre in der Normandie interniert.“
„Aha“, stoße ich ungläubig aus. „Wie kam´s?“
„Ich war in der HJ“, fährt er fort, ohne mich dabei anzusehen, „und wurde in der zweiten Jahreshälfte vierundvierzig zur Wehrmacht eingezogen. Wir sollten später bei unserem ersten richtigen Einsatz den Ruhrkessel freikämpfen. Vorher wurden wir mal dahin, dann dorthin verlegt als Reserve, bis man sich den Luxus der Reserve nicht mehr erlauben konnte und selbst so unwissende Tollpatsche wie uns in die Schlacht warf.“
„Wassen Quatsch!“, sage ich, meine es aber anders, als er es versteht.
„Genau das war es für jeden, der auch nur halbwegs denken konnte. Aber es gab auch Ausnahmen!“
„Ach nee“, sage ich voller Überdruss.
„Doch, doch!“, beharrt er auf der Richtigkeit seiner Aussage, ohne mein gelangweiltes Gesicht zu bemerken. Das ist mal wieder so ein Moment, in dem ich mich ehrlich hasse für das, was ich tue.
„Ein Hüther oder Flüter, was weiß ich! Der war der Schlimmste“, spricht Großvater weiter. Der Name sei nicht sonderlich wichtig, nur der Typus, der hinter jenem Namen sich verbirgt dafür umso mehr. Diese typische Melange von Obrigkeitsdenken und im Zeichen einer vorgegebenen Parole gezeigten Eigeninitiative, sei die Grundstruktur dieses Menschenschlages gewesen, die, so ist sich Opa sicher, man zu jeder Zeit überall finden könne. Was spielte es dabei für eine Rolle, wo und wie und in welchem Anzug diese marschierten? Mit diesem Knilch habe er kurzen Prozess machen wollen, so sehr hatte er sich über dessen Dummgläubigkeit geärgert. „Wenn eine deutsche Armee“, er spricht dieses „deutsch“ dermaßen feierlich aus, dass mir ein Schauer über den Rücken läuft, „nach sechs Jahren Krieg, in denen sie tausende Kilometer entfernt gekämpft hatte, plötzlich im Ruhrgebiet eingekesselt wurde, musste man schon ziemlich behämmert in der Birne sein, wenn man noch an einen Sieg glaubte.“
„Im Grunde logisch!“, antwortete ich überflüssigerweise und wieder steigt dieser Selbsthass in mir auf.
„Als wir auf die Front zumarschierten“, erzählt er weiter, „begann ein heftiges Blitzen und Donnern und Krachen, ein Lärm, der uns zitternd zu Boden warf. Wir waren siebzehn Jahre alt! Der Anführer dieser hehren Truppe, an der, so wurde uns gesagt, das Schicksal des Reiches hing, forderte Panzerunterstützung an. Nun – sie kam. So ein kleiner flacher mit einer Stummelkanone ratterte an uns vorüber. Aber nur vierzig Meter weit, dann machte es WUMMS und seine Kette war kaputt. Unmittelbar danach ging die Luke auf, eine handvoll Soldaten sprangen heraus und liefen wieder dahin, von wo sie gekommen waren. Was sollten wir nun tun? Nachdem wir den bereits erwähnten Flüter-Schnüther niedergebrüllt hatten - er faselte noch etwas von Sterben für den Führer – suchten wir denjenigen aus, der noch das sauberste Unterhemd hatte und begannen es über unseren Köpfen hin und her zu schwenken. Das war`s mit dem Krieg für mich!“
Nun habe ich es geschafft; endlich halte ich meine verdammte Klappe und schaue nur blöde drein. Wahrscheinlich schaue ich so blöde drein, dass es selbst meinem Großvater unangenehm wird, weshalb er weiter redet.
„Die Amerikaner transportierten uns ab. Es waren Texaner, die unablässig etwas kauten und den Eindruck machten, als sähen sie den ganzen Krieg sportlich. Das war natürlich bevor sie die Lager entdeckten. Wir wurden in Waggons in die Normandie gefahren, hatten jedoch dabei die größte Gefahr zu meistern. Die Franzosen standen auf den Brücken oberhalb der Gleise und warfen Steine und Baumstämme auf uns, denn wir fuhren in offenen Waggons. Viele starben, bis die Amerikaner sich mit ihren Gewehren auf die Ecken setzten und auf jeden schossen, der sich auf den Brücken zeigte. Es waren wiederum Texaner und schienen die Sache ziemlich stressfrei anzugehen. Take it easy, Kraut!“
*
Noch nie habe ich einen plausiblen Grund für irgendetwas gefunden. So war es heute Vormittag bei Opa und so wird es wohl immer sein. Es sei denn, ich finde mich selbst.
Es ist ein beschissener Sonntag; graue Wolken, es nieselt ständig und ein kalter Wind weht. Glückliche Menschen finden solch ein Wetter „kuschelig“ oder „gemütlich“; beides Begriffe, die in meinem Wortschatz nicht vorkommen. Nun, ich muss diesen Sonntag wieder irgendwie nach dem Besuch rum bekommen, damit ich wieder einen Grund zum Aufstehen habe, nämlich die Arbeit. Gibt es eigentlich etwas Erbärmlicheres? Ich weiß doch ganz genau, dass ich mich morgen wieder nach Heute zurücksehne und mir wünschen werde, es wäre bald wieder Sonntag oder Samstag. Genau in den Momenten, in denen ich total übermüdet mich krampfhaft versuche, auf meinem Bürostuhl aufrecht zu halten. Wieder nach einer dieser Nächte, in denen ich stundenlang wach gelegen bin und mich gefragt habe: Warum? Mehr nicht. Einfach nur: Warum?
Dem müsste normalerweise eine Begründung folgen; ein Grund. Der kommt aber nicht.
Auch wenn ich jetzt hier auf meinem Sessel sitze und mir überlege, warum ich auf diesem Sessel sitze, fällt mir keiner ein. Vielleicht weil ich zu faul zum Stehen oder zum Gehen bin. Aber kann das ein Grund sein? Egal für was? Etwas, das man nicht gerne tut, sein zu lassen, um das andere, das Bequemere zu tun? Vielleicht habe ich auch eine Art zerebrales Defizit, das verhindert, einen Grund zu erkennen? Wäre es ratsam, ein MRT von meinem Hirn machen zu lassen, um dies herauszufinden? Jetzt aber erst einmal der Reihe nach.
Ich sollte zunächst aufstehen, ich weiß, und die Annahme, ich könnte nicht aufstehen, mit den Muskeln meiner Beine widerlegen. Leider gelingt es mir nicht. Zugegeben, ernsthaft versucht habe ich es eh nicht, denn es liegt mir einfach zu wenig daran, meine eigenen Thesen zu beweisen. Vor allem vor mir.
Ich frage mich oft, und gerade jetzt, warum man nicht einfach aufgeben kann? Simpel, mühelos und unkompliziert könnte es sein. Doch auf einem Stuhl sitzend, die Wand anstarrend, im Hintergrund dudelt irgendeine Musik, so hat wohl noch nie irgendjemand aufgegeben. Das falsche Ambiente. Eher die Umgebung, sich eine Flasche Wein in den Schädel zu jagen und Zigaretten zu rauchen, bis man entweder aufhört, ans Aufgeben zu denken, oder die Metastasen, die sich als Folge jenes Lebensstils bilden, das Problem erledigen. Nur ist genau dies das Verhängnis. Das Naheliegende ist immer das Unglück des Denkenden, gerade weil es sich uns anbietet wie eine Straßennutte. Mit so etwas sollte man vorsichtig sein, denn man gerät in die Falle, unpassende Vergleiche zu ziehen. Vielleicht sollte ich doch eine Flasche Wein aufmachen, um mich einer falschen Geborgenheit hinzugeben und mich deswegen weniger zu hassen. Leider ist da noch das Problem mit dem Gehen, vor dem ich mich gerade so herrlich gedrückt habe. Nun hätte ich eigentlich einen plausiblen Grund, um aufzustehen - die Flasche Wein auf dem Kühlschrank. Zumindest oberflächlich gesehen.
In Momenten wie diesen würde ich gerne in virtuelle Welten flüchten und virtuelle Menschen töten. Pro Toten bekäme ich dann drei Bonuspunkte und einen Zaubergegenstand, der mir hilft, in der Hierarchie der Arschgeigen, die Gleiches tun, aufzusteigen. In eine heilige Raserei würde ich verfallen, meine Freunde, die ich nur unter bescheuerten Namen, wie Orkus34 oder Magic Roadrunner, kennen würde, täten mir alle Ehrbekundungen dieser Welt an, Tage würde vergehen, Wochen, scheißen, fressen, ballern, töten, Blut vergießen… Wer bin ich? … Der starke Krieger … muskelbepackt … ein Maschinengewehr mit einer Hand tragend … barbusige Schönheiten in meinen Armen … Immer mehr Blitze durchzucken meinen Kopf … vor den Augen … Blutspritzer … Ist es noch Tag? … Ist es Nacht? … Welch Stakkato der feuernden Waffen … Und jetzt … Helligkeit … die Menschen haben Respekt vor mir … grüßen mich, den Kriegshelden … Sie jubeln mir zu … auch die anderen Schüler, Studenten, Lehrer, alle … nun wissen sie, was ich kann … Irgendetwas ist gefallen … Ich bin gefallen … Doch warum? … eine
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 12.05.2015
ISBN: 978-3-7368-9452-5
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