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Vorwort

Der Hexenwaldacker ist ein historischer Kurzroman, der in der Zeit des sogenannten "Interregium" spielt - zwischen 1252 - 1254. Die Handlungsorte sind in der Region Nidderau / Bruchköbel / Hanau.

Ich verwende eine reale historische Begebenheit und reale Figuren. Auch wenn Einiges vielleicht märchenhaft wirken mag - so hat es sich zugetragen. Die Sprache ist teilweise modern, aber die Orte und Namensgebung habe ich bewusst historisch gewählt.

Alle diese genannten Gruppen waren in der Region organisiert und engagiert. Die Pläne und Motivationen sind historisch in Chroniken überliefert.

Langfristig haben die Antoniter einen riesigen Einfluss auf diese Region entwickeln und ausüben können. Tatsächlich war das Kloster in Roßdorf das erste seiner Art in Deutschland.

Es ist überhaupt witzig, wie viele heute sehr kleine Dörfer und teilweise Gehöfte in der Vergangenheit zentrale Rollen spielten und wie unwichtig heutige Großstädte wie Hanau, Offenbach oder Frankfurt in der Region waren.

Wenn Ihr Euch fragt, warum die "kleinen Bauern" so am aktiven Weltgeschehen teilnahmen => hier kreuzten sich mehrere wichtige Handelstraßen und in der Tat war es ein Schmelztigel unterschiedlichster Interessen und eine Region unter der Einflussnahme unterschiedlichster Gruppen.

Die Chroniken zeigen, dass zumindest hier alle recht gut informiert waren.

Legenden

 

Köbel - Kebele => heute der Krebsbach ein für die Landwirtschaft sehr wichtiger Bach... daher stammen heutige Ortsnamen wie Markköbel oder Bruchköbel

Bruche => Mühle (Brucher = Müller) daher der Name Bruchköbel => die Mühle an der Köbel

Hostheim => Ostheim, ein Teil von Nidderau

Minor Chevela => aus römischen Zeiten - "kleine Mühle" => später Bruchköbel (s.o.)

Ohsenkeim => Niederissigheim

Hircispach=> Hierzheimer Höfe, Teil von Markköbel, Standort eines großen Römerkastells mit Ziegelmauern, das als Steinbruch in der Region für den Häuserbau genutzt wurde (die Region hat viele Tongruben mit extrem hochwertigen Ton)

Detzelheim => Windecken Stitz der Motte Wonneke spätere Burg Windecken (namensgebend)

Rostroff => Roßdorf, der Name kommt von einem Erdtyp (Torf) nicht von Pferden

Bodderstadt => Butterstadt, auch Welsche Höfe (bei den Völkerwanderungen ist hier ein Teilstamm der Welschen hängen geblieben. Die "alten" Butterstädter unterschieden sich wesentlich in Dialekt und Aussehen von den anderen Dörfern - heute nicht mehr so stark, wie in früheren Tagen.

Helidiberga => Heldenbergen, lange Zeit noch bis ins 14. Jhd. Zentrum der "alten Religion"

Turinfelde=> Burg Dorfelden = Niederdorffelden = Twinfelden

Rudenkeim => Rüdigheim und Neuberg

Markivele => Markköbel

Rode => Beiersröder Höfe

Hagenowe, auch Hagenouwa => Hanau

Namen der Handelnden:

Ursell Bäuerin, Heckenwingerthof, Hostheim

MerteinEnkel von Ursell (=> Maik => Sabine)

Margred Enkelin von Ursell, Erbin des Hofs

Maik Brucher oder Müller in Ohsenkeim

Adele Tochter von Maik, dem Brucher

Sabine Zweite Tochter von Maik (=> Mertein)

Luther Geselle von Maik, später Knecht

Reinhard II Stauferanhänger, u.a. Burg Dorffelden

Reinhard I Sohn Reinhard II, 1. Graf von Hanau

Simon von Arras Abt (Antoniter) und Erzpriester

Prior Markus Stellvertreter und Verwalter Simons

Willin Waldbauer, später Vogt in Hostheim

Sebolt Waldbauer von Helidiberga

Jorg Waldbauer in Kebilo, Teil von Bruchköbel

Kai Waldbauer von Rudenkeim

Gutzhold von IlbenstadtRitter und 1. Burgherr der Wonneke, Vertreter Reinhard I, Richtherr

Prior RalphRitter und Mönch vom Orden des heiligen Johannes, sehr wichtiger Prior mehrerer Klöster und Komtureien

Jobst Wirt und Brauer in Detzelheim

Fronicka Schankmagd, später für Willin arbeitend

Marx und Ott Landsknechte im Dienste Reinhards I und Willins

1. Das Kloster

 

„Ich widerspreche dir hier Pater Markus."

Simon von Arras war seit knapp einem Jahr Abt der 1254 neu gegründeten Antoniter Abtei in Rostroff.

Prior Markus, seinem Stellvertreter, oblag die Aufsicht aller Bereiche ihres gerade entstehenden Klosters.

„Vater Abt, wir sinken sehr tief im Ansehen unserer Mitbrüder, der Mutter Kirche und aller Christen hier, wenn wir Heiden in den Bau unseres Klosters miteinbinden."

Markus vertrat die allgemeine Doktrin der Kirche und fand gegenüber seinem Abt immer offene Worte, wenn er mit Simon allein war.

Er wusste, dass Simon seinen Rat schätzte, ihm aber nicht immer folgte.

Obwohl er manches Mal eine andere Meinung als sein Abt hatte und diese ihm gegenüber auch vertrat, war er ein loyaler Prior, der Simons Entscheidungen befolgte und sie auch gegenüber Dritten vertrat.

„Pater Markus, unsere Aufgaben hier sind sehr vielfältig. Und wenn du meinst, dass der Anteil der Anhänger des alten Glaubens in der Region immer noch zu hoch ist, gebe ich dir uneingeschränkt Recht. Es braucht nur einfach seine Zeit."

Simon atmete tief durch. Er war geduldig.

Aber er hatte manchmal bei Markus einfach das Gefühl, dass dieser nicht immer verstand, was die Menschen in ihrem Inneren bewegte. Sein Prior war bereits als junger Waisenknabe im Antoniter Kloster Ranvers aufgenommen worden, wuchs dort auf und wurde von den französischen Mitbrüdern sehr dogmatisch erzogen.

„Pater Markus, noch einmal -- die Zeit arbeitet für die Mutter Kirche.

Die Menschen hier haben eine schlimme Pestwelle überstanden. Vier dunkle und kalte Jahre mit sehr viel Regen haben Missernten und den Mutterkornbrand gebracht. Den Menschen geht es insgesamt nicht allzu gut.

Wenn wir Arbeit und Brot für alle bieten können, der Handel wieder zu blühen beginnt... Wenn die Menschen wieder wissen, wofür sie arbeiten sollen... wenn sie nicht mehr an Krankheit und Tod denken müssen und wenn neben all dem Mühsal auch wieder Freude in ihr Leben einkehrt... dann wird das „die Schafe zu ihrem wahren Hirten treiben."

„Ich denke nach wie vor, dass wir mit Heiden nicht zusammenarbeiten dürfen. Im Gegenteil! Wir sollten ihre Geschäfte einschränken, behindern und wenn möglich auch unterbinden. Ich rede nicht von Verfolgung und auch nicht von Knute und Richtschwert.

Aber wenn es ihnen schlecht geht und den Christen gut, wenn sie immer mehr in ihren Dorfgemeinschaften isoliert werden, dann werden sie sich schon zum wahren Glauben bekennen."

„Bekennen und taufen lassen -- ja Markus. Aber wirklich „Glauben" und sich zu dem Einzigen und Wahren hinwenden, das werden sie nicht.

Pater Markus, ihr wisst, dass ich als viertgeborener Adelsspross erst sehr spät den Ruf der Kirche erhört habe. Ehrlicherweise war es meinem Vater wichtig, dass mein Bruder und ich in der Kirchenhierarchie auch im Interesse der Familie gute Positionen einnehmen konnten.

Ich kenne das Leben und ich kenne die Menschen.

Du -- und das meine ich keineswegs böse -- kennst eher die Strukturen der Kirche, das Klosterleben, dessen Hierarchie und all die Eigenheiten. Du lebst die Regeln und die Tradition mit einer Disziplin, die ihresgleichen sucht. Das ist ein wirklich großes Lob an dich. Du bist der beste Prior, den man sich als Abt wünschen kann."

Simon atmete kurz durch.

„Aber ich versuche als Abt die Menschen zu verstehen und auf sie zuzugehen -- Einfache, wie Reiche; auf Menschen von Stand und auch auf die Unfreien.

Wir nehmen Einfluss dadurch, dass es den Menschen besser gehen wird. Ich bin kein Vertreter von Gewalt und Druck.

Thomas von Aquin sagt, dass Bekehrung auf Basis des Wunsches und der Überzeugung erfolgen müsse. Er ist Philosoph.

Ich bin ein Viertgeborener und jetzt bin ich Abt. Ich sage pragmatisch: „Wess Brot ich ess, dess Lied ich sing"...

Das wird mehr Erfolg haben, als Furcht und Zwang. Davon bin ich überzeugt."

„Gut Vater Abt. Ich werde es so an die Mitbrüder weiter geben. Ihr habt Recht. Es gibt viele Heiden hier und sie offen anzugehen, kann zu ernstem Unfrieden führen. Ich werde die Priester anweisen, in den Predigten eher darauf hinzuwirken, auf die Angehörigen des alten Glaubens zuzugehen."

„Genau das meine ich. Bruder Markus. Wir haben hier mehr als genug Aufgaben und es gibt hier auch schon mehr als genug bestehende Konflikte."

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Konflikte - genau deswegen wurde er von seinem Orden mit dieser Mission beauftragt. Es war ein erklärtes Ziel des Bistums in Mainz, dem all diese Liegenschaften gehörten, ein kirchliches Gegengewicht zu dem Groß Vogt, Reinhard II zu setzen, der auf Seiten der Staufer stand.

Mit den eigentlich in Frankreich ansässigen Antonitern luden die Mainzer Domherren nun gezielt einen Mönchsorden ein, der zum einen das Recht hatte, Waffen zu tragen und zum anderen als Hospitalorden mit der Bekämpfung unterschiedlichster Krankheiten große Erfahrung aufweisen konnte.

Reinhard II hielt unter anderem in Kaichen, Helidiberga und Turinfelden das Banner von Manfred von Staufen hoch. Sein Einfluss ging bis nach Münzenberg. Er kontrollierte mehrere Knotenpunkte der wichtigsten Handelsstraßen.

Und er hatte überall Männer unter Waffen.

Simon machte sich große Sorgen um die Sicherung und Befestigung der Besitzungen der Mainzer Domherren, denn der neue Papst Alexander IV und der exkommunizierte Manfred von Staufen führten in Italien einen offenen Krieg gegeneinander und dieser wurde nicht nur in Italien sondern mehr oder weniger offen auch in allen anderen Regionen und so auch hier ausgetragen.

Wilhelm von Holland, der päpstliche Gegenkaiser war zwar in Aachen gekrönt worden, doch nur die wenigsten der hiesigen kaiserlichen Lehensherren leisteten ihm oder der Kirche Gefolgschaft.

Umgekehrt verhielten sich viele der Adelshäuser auffällig neutral und warteten ab.

Und wer konnte schon sagen, was passieren würde?

Nur Gott selbst wusste das...

Sorgen über Sorgen.

Simon von Arras verließ seinen Gedanken nachhängend das neue Verwaltungsgebäude und ging langsam in Richtung des Dorfplatzes.

Die Baufortschritte an seinem neuen Amtssitz sprachen eine deutliche Sprache.

Zum ersten Mal seit Langem verspürte er einen kurzen Moment der Zufriedenheit und des Stolzes.

Unter dem Schutz der Vorbedachung der kleinen Klosterkapelle stand ein Tisch auf dem verschiedene Modelle und Pläne ausgebreitet lagen.

Simon betrachtete sie mit warmen Blick.

Die Klosteranlage bestand aus sechs einstöckigen Gebäuden. Die zuerst gebaute Holzkapelle war ein wahres Schmuckstück und wurde nicht nur von den Mönchen genutzt.

Das Verwaltungsgebäude, welches er gerade verlassen hatte, würde wahrscheinlich heute komplett fertig gestellt werden. Hier war nur noch der kleine Anbau für kleine Bibliothek zu beenden.

Er würde hier bald als für die Region ernannter Erzpriester des Bistums zu Mainz Gericht halten.

Auch die anderen Gebäude, der Speicher für den Zehnten, die Küche mit angegliedertem Speisesaal, das Haus zum Schlafen und natürlich auch das Hospital seiner Komturei wuchsen beständig.

Die Handwerker leisteten sehr gute und schnelle Arbeit.

Und nicht nur die Handwerker.

Simon betrachtete, wie der Siechenmeister mit zwei Novizen nahe des Hospitals den Kräutergarten für das kommende Frühjahr vorbereitete.

Alle drei waren so vertieft in die Arbeit, dass sie sein Kommen nicht bemerkten.

„Gott zum Gruße Pater Jacob. Wie ich sehe triffst du schon deine Vorbereitungen für das Frühjahr?"

„Das ist bitter nötig Vater Abt. Vom Hospital stehen nicht einmal die Mauern und heute sind schon wieder Erkrankte eingetroffen. Meine Vorräte an Kräutern gehen langsam zur Neige."

„Ich habe gestern den Boten aus Mainz bereits informiert und deine Liste weiter geleitet."

„Ich danke euch Vater Abt."

Pater Jacob nickte.

„Sag -- was haben die Kranken?"

„Das Übliche. Kalte, blasse Glieder, kein Gefühl... einer hat sogar schon Lähmungen. Der Brand hat aber noch nicht eingesetzt. Doch das heilige Feuer kann bei allen dreien noch kommen und ihnen die Glieder rauben."

„Antoniusfeuer? Schon wieder? Wir haben doch mit allen hiesigen Müllern gesprochen."

„Vier Jahre Regen -- es war das Korn von den Händlern. Wahrscheinlich Schwarzes. Aber keine Sorge. Man sagt doch gemeinhin, dass dem Antoniusfeuer nur die Antoniter Herr werden können. Wir werden auch diese hier heilen. Aber es wird dauern."

„Ich vertraue dir da Pater Jacob. Du bist ein guter Infirmar und deine Novizen können sich glücklich schätzen, von einem der besten zu lernen."

Simon nickte zum Abschied allen zu und ging langsam weiter.

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Der Abt verweilte einen Moment bei der großen alten Linde. Es hatte wieder zu nieseln angefangen und der kurze Moment seiner Freude war wieder den bohrenden Gedanken gewichen, die ihn schon seit dem Anfang dieser Mission begleiteten.

Rostroff war fast schon ein ungewöhnlicher Sitz für die erste Niederlassung des Antoniterordens außerhalb Frankreichs. Der Ort war nur eine unbedeutende Ansammlung von etwa 35 Gehöften, mit zwei Gasthäusern und einer kleinen Kirche.

Doch Rostroff lag an drei verschiedenen wichtigen Handelsstraßen und damit war es zugleich mitten im Schmelztiegel aus miteinander um die Vorherrschaft konkurrierenden Parteien.

Sein Bischof war der Vertreter einer dieser Fraktionen und die unumstrittene Stimme des Papstes in der Region.

Simon entschloss sich weiter zu gehen -- tristes Wetter, triste Gedanken.

Er sah den Zimmerermeister, der seinen Handwerkern gerade etwas zu demonstrieren schien und steuerte seine Schritte auf die Gruppe zu. Auch hier wurde das Kommen des Abtes nicht bemerkt.

Meister Albrecht war ein Zimmerermeister und kein Baumeister. Den Bau oder die Konstruktion mehrstöckiger Häuser oder Gewölbe durfte man von ihm deswegen auch nicht erwarten. Simon verlangte das aber auch gar nicht von dem Mann.

Außerdem gab es seitens des Klosters dafür weder die Möglichkeiten, noch die Mittel -- zumindest im Moment. Simon hatte für die Zukunft sehr viele Ideen.

Meister Albrecht war zuverlässig, arbeitete sehr gründlich und konnte etwas lesen und schreiben. Auch vermochte er Pläne zu lesen und einfache Pläne selbst zu zeichnen. Das war selten in diesen Gegenden. Und er war ein wahrer Meister darin, zu Dinge organisieren und aufeinander abzustimmen. Er war zudem bei Handwerkern, wie Tagelöhnern überaus angesehen und beliebt.

Simon trat näher heran.

„Gott zum Gruße Meister Albrecht. Ich bin immer aufs Neue erstaunt, wie schnell der Bau voranschreitet."

Der Angesprochene fuhr überrascht herum.

„Herzlichen Dank Vater Abt. Gott zum Gruße"

„Wie ist der neue Buntsandstein aus Hagenowe?"

„Vater Abt, er hat eine sehr gute Qualität. Ich zeige gerade den anderen, wie ich mir die ideale Anordnung zum Grundmauerwerk für den neuen Zehntspeicher vorstelle."

Albrecht nahm einige Ziegel zur Hand und fuhr fort:

„Auf das Grundmauerwerk schichten wir dann die Ziegel aus dem alten abgebrochenen Römerkastell in Markivele und machen mit den abgelagerten Fichtenstämmen den Dachstuhl. Es wird ein großer und guter Speicher. Er wird eine gute Durchlüftung haben."

„Meister Albrecht. Ihr leistet hier wirklich eine sehr gute Arbeit. Ebenso alle anderen hier."

Simon bezog mit ausholender Geste alle mit ein.

„Das Kloster ist wirklich sehr zufrieden mit euch."

Meister Albrecht richtete sich zur vollen Größe auf und fühlte sich wegen des Lobes sichtlich geschmeichelt.

Sein Thorhammer baumelte an seinem Hals und Simon von Arras musste unwillkürlich darüber lächeln.

„Ich habe Bruder Samuel, Meister der Pitanzen, angewiesen für heute Abend eine Sau schlachten und zubereiten zu lassen. Für reichlich Brot, Kohl und Bier für euch und eure Familien ist auch gesorgt. Das Kloster ist wirklich sehr angetan mit der hier geleisteten Arbeit, die Gott zu großer Ehre gereicht."

Die Handwerker jubelten und der Abt ging weiter.

Albrecht war nur einer von vielen hier in dieser Gegend die dem alten Glauben anhingen und eher die „heiligen Bäume" als die Gottesdienste aufsuchten -- noch!

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Simon war erneut in seinen Gedanken versunken und schlug wieder die Richtung der alten Rostroffer Michaels Kirche ein.

Bald würden sie wieder kommen... All die Gläubigen aus den Nachbardörfern.

Die Lehensherren von Manfred dem Staufer lagen alle unter dem offiziellen Kirchenbann. Es wurden auf deren Grund keine Messen gelesen, keine Taufen durchgeführt, keine Beichte abgenommen und auch keine Absolution erteilt.

Dennoch hielt die Mehrzahl der Bischöfe Manfred die Treue, waren sie doch durch ihn, seinen Onkel Konrad oder durch Friedrich Barbarossa in ihr jeweiliges Amt gekommen.

Doch der Kirchenbann kam vom Papst höchst selbst und es war Einfallsreichtum gefragt in diesen Tagen -- ebenso wie Langerprobtes

Und „Not macht erfinderisch" -- Der Begriff „Erfindungsgrabe" schien in dieser Gegend hier erfunden worden zu sein, denn die Christen aus Reinhards Lehen besuchten einfach die Kirchen in den Gebieten, die nicht unter dem Kirchenbann standen und damit die Kirchen auch in Simons Kapitel.

Der vergrößerte Simons Einfluss. Er war zufrieden.

Abt Simon hatte seine Priester angewiesen, niemanden abzuweisen. Alles andere hätte auch offene Konflikte mit den „Kaiserlichen" und den Vormarsch von Häresie zu Folge gehabt.

Die heilige Mutter Kirche hatte mit den Auswüchsen und der Abwehr der Waldenser und Katharer -- überall wachsende „vorgeblich christliche" Glaubensströmungen, die aber von der Kirche als Ketzer angesehen wurden -- schon mehr als genug zu tun.

Simon von Arras fühlte immer mehr die Verantwortung, die ihm als Erzpriester oder Archipresbyter auf den Schultern lastete. Er war für die Kirchengerichtsbarkeit in der ganzen Wetterau verantwortlich und nur dem Bischofskolleg zu Mainz Rechnung schuldig.

In Zeiten wo viele der Adelsleute keine Partei ergriffen und auch kein Recht sprachen, war ein Erzpriester oft die einzige Instanz, die gemeinhin Recht sprach und deren Schlichtspruch allgemein akzeptiert wurde.

Aber mehrere Rechtssysteme nebeneinander -- das würde auch irgendwann zu Konflikten führen.

Im Januar war er ernannt worden und seitdem konnte er bereits einige Erfolge verbuchen. 1254 war ein wirklich sehr ereignisreiches Jahr, das sich nun gemächlich seinem Ende zuneigte.

Es regnete jetzt wieder stärker. Simon schüttelte seinen Kopf und zog die Kapuze seines Habits tiefer über das Gesicht.

Dann erreichte er die Kirche.

2. Willin

 

Wieder einmal war es nicht sein Tag und das Würfelglück war Willin alles andere als hold. Er hatte mehr verloren als sonst und deutlich mehr, als ihm gut tat.

„Goddverdammich ..."

Er knallte seinen Holzkrug auf den schweren Eichentisch. Im Schankraum hielten sich neben ihnen ein paar Fuhrknechte auf, die Schankmagd und Jobst, der Wirt.

Kai, Sebolt und Willin waren Waldbauern und Waldbauern ging es in den kalten Wintertagen immer sehr gut. Der Winter brachte immer klingende Münzen in den Beutel der drei Waldbauern, denn nur ihnen war es gestattet, Holz zu schlagen und damit Handel zu treiben.

Holz war eben das universellen Heiz- und Baumittel -- der Stoff aus dem nahezu alles hergestellt werden konnte.

Und gebaut wurde neuerdings wieder recht viel -- Krieg lag in der Luft.

„Goddverdammich!"

„Ist ja gut Willin. Haben jetzt ja alle gehört ..."

Mit zufriedener Mine strich Sebolt seinen Gewinn ein. Er hatte heute wirklich Glück und er konnte sich einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen.

„Pech im Spiel, Glück in der Liebe ..."

Kai, Jobst und die Schankmagd brachen in schallendes Gelächter aus.

„Wer den Schaden hat, muss für den Spott ...", Willin war zerknirscht und sauer.

„Ist kein Grund gleich unter die Gürtellinie zu schlagen. Ich werd´s euch noch heimzahlen."

Er stand abrupt auf und sein Stuhl fiel um. Leicht schwankend ging er in Richtung des Ausgangs und verließ das Schankhaus.

„Glück in der Liebe ..."

Kai gluckste noch immer in sich hinein.

„Der doch nie. So wie der aussieht? Trägt die Kleidung bis sie abfällt ... Man riecht ihn zehn Schritt gegen den Wind ..."

„Und wie der erst aus dem Maul riecht. Hat ja auch keinen heilen Zahn mehr drin."

Die Schankmagd mischte sich flachsend mit ein.

„Ach Fronicka, ein Küsschen würdest du ihm aber doch trotzdem geben."

„Ach Jobst! Nur dann wenn er gut zahlt."

„Und von der Bettkante würdest du ihn auch nicht stoßen."

„Doch Jobst. Das würde ich sofort. Selbst ein Schankweib hat noch einen Rest an Würde und Anstand. Auch wenn der Willin gutes Geld gibt ... Willin ist kein guter Mensch. Er säuft! Er wäscht weder sich, noch seine Kleider. Er spielt. Er betrügt! Er ist feige und er ist hässlich, wie die Nacht und sein Schwanz verlässt die Büx wahrscheinlich nicht mal zum Pissen."

Der Rest ging im allgemeinen Gelächter unter.

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Willin hatte draußen vor der Tür alles mitbekommen. Und er war nüchtern genug, um den tieferen

Sinn zu erfassen. Was er hörte, traf ihn schwer.

Er wusste, dass Fronicka recht mit dem hatte was sie da sagte.

Kein Respekt, keine Achtung, keine Liebe -- nur seine Münzen machten ihn zu dem, der er war.

Er lebte in seinem heruntergekommenen alten Hof mit ein paar Nebengebäuden. Seine vier Grundhörigen hatten nur Respekt vor der Peitsche. Er wusste das. Nur Härte, aber keine Liebe.

Alles, was sein Vater und dessen Vater vor ihm aufgebaut und erarbeitet hatten, zerrann Jahr für Jahr mehr unter seinen Händen.

Er war weder ein wirklich guter Gutsherr noch ein guter Waldbauer.

Und genau deswegen schmerzten ihn die Worte der anderen. Wegen der darin enthaltenen Wahrheit.

Aber Willin verstand es immer wieder seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und irgendwo Geld aufzutreiben oder irgendetwas zu Geld zu machen.

Hass loderte kurz in seinen Augen.

Ja, niemand hatte ihm je eine Chance gegeben, sich zu beweisen.

Deswegen eben auch keine Achtung, kein Respekt, keine Würdigung seines Rangs und seiner Person.

Im Gegenteil.

Sie verspotteten ihn hinter seinem Rücken -- allesamt!

Er schmeckte kurz die Säure, die vom Magen her hochstieg. Mehr Bier, mehr Essen.

Aber vorher musste er sein Wasser abschlagen.

Er hasste sie alle.

Er war besser als sie!

Das würde er ihnen alsbald schon beweisen.

Alle mochten sehen, was sie davon hatten ihn zu verspotten.

Irgendwann!

Er brauchte ein Weib. Ein junges hübsches Weib.

Und er war Waldbauer. Wer konnte das schon von sich behaupten. Nur vier hatten hier dieses Privileg.

Kaum hatte er sich erleichtert, spürte er auch schon wieder diesen brennenden Durst. Er brauchte noch mehr Bier.

Er kehrte zurück in den Schankraum -- zu seinen Freunden und zu „Seinesgleichen", den Ärger herunterschluckend.

Sie würden alle schon sehen, was sie davon hatten ...

3. Die alte Ursell

 

Mehr schlecht als recht bewegte sich die alte Ursell durch den Regen. Für einen Adelheitstag, wie der sechzehnte Dezember auch genannt wurde, war es überraschend warm und es hatte schon die ganze Woche über geregnet und gestürmt.

Sie wollte für die Seelen ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes beten und das Fest der Heiligen Adelheid war ihr sehr wichtig.

„Die Adelheid liebt weiße Flocken, da bleibt die Erde selten trocken ..."

Leise summte sie das Liedchen vor sich hin.

„Um Adelheid, da kommt der Schnee, der tut der Wintersaat nicht weh ..."

Ursell lächelte schmerzerfüllt.

Heute vor sechsunddreißig Jahren hatte sie ihrer Tochter Grete das Licht der Welt geschenkt. An dem Tag legte Adelheid ihrem Patronat Ehre ein. Es war ein wahrer Wintersturm -- so ganz anders, als das heutige Wetter.

Eigentlich rechneten Ursell und ihr Mann damals auch gar nicht mehr damit, dass Gott ihnen neben ihrem Sohn Thomen noch ein weiteres Kind schenken könnte. Ursell hatte bei der Geburt immerhin schon fünfundvierzig Winter gesehen.

Ihr gemeinsamer Hof war groß. Groß genug, um neben Thomens Familie und dem Gesinde auch Grete, ihrem Mann und den Kindern Platz und Nahrung zu bieten.

Aber dann kam vor drei Jahren der schwarze Tod ...

Und das große Sterben begann.

Der Schnitter machte keinen Unterschied zwischen Reichen und Armen ... zwischen Jungen und Alten... zwischen Bauern, Steinmetzen, Tagelöhnern und selbst der Klerus wurde nicht verschont.

Sie schüttelte sachte den Kopf und Tränen rannen ihre Wangen herunter -- Tränen, die sie niemanden zeigen wollte.

Aber sie war allein unterwegs -- alleine mit ihrem krumm gewordenen Rücken, geformt von der Last der Verantwortung und dem Alter. Verantwortung hatte sie wahrlich mehr als genug und sie war sich dessen nur allzu bewusst.

Verantwortung für Mertein und Margred, ihre beiden Enkel ...

Verantwortung für den Hof und die letzten beiden verbliebenen Knechte.

Jetzt war wieder sie die Bäuerin, denn Mertein war erst elf und Margred zwölf.

„Ja, die alte Ursell wird´s wohl richten. Ich werde es immer irgendwie richten."

Sie fühlte sich alt. Und sie hatte das Gefühl, dass ihr die Zeit weglief. So viel zu tun. So viel zu organisieren.

Heftig schüttelte sie erneut ihrem Kopf um diese Gedanken zu vertreiben.

Der Eschbach, dem sie folgte, führte im Moment sehr viel Wasser. Sie musste die Flutwiesen umgehen. Doch als Bäuerin haderte sie nicht damit, denn das Hochwasser brachte Fruchtbarkeit. Stetig näherte sie sich der Hirzbacher Ansiedlung, in der die Marienkirche mit dem alten Bildnis der heiligen Adelheid stand.

Anders als in Hostheim war die Marien -- Kirche für jedermann geöffnet. Die Antoniter lasen hier die Messe und begannen auch mit dem Ausbau.

Sie konnte schon von weitem das Baugerüst sehen, welches die kleine karolingische Holzkirche seit Kurzem umgab.

Seit sich hier die Antoniter vor knappen 15 Jahren niedergelassen hatten, bewegten sie sehr viel in dieser Gegend -- selbst an diesem kleinen Klostergehöft. Es wurde überall gebaut.

4. Die Waldbauern und das Holz

 

„Abt Simon, bei allem Respekt, den ich für Euch empfinde und all dem guten Handel, den ich mit Eurem Kloster zusammen betreibe..."

Kopfschüttelnd und zugleich regelrecht sprachlos saß Selbolt am Tisch. Das Vorhaben war gewaltig, nie dagewesen und es barg ein sehr großes Potential für offene Konflikte. Ein aus Selbolts Sicht unerhörtes Wagnis für alle Anwesenden!

Mit Selbolt, Kai und Willin war auch Jorg, der vierte Waldbauer dieser Region, auf Einladung Abt Simons in die klösterliche Verwaltung gekommen.

Neben Simon von Arras saßen auf der klösterlichen Seite Prior Markus und Pater Reginald, der mit der Verwaltung und den Finanzen beauftragte Cellear. Alle warteten gespannt darauf, dass Sebolt fortfuhr.

„Abt Simon, mit nur sehr wenigen Ausnahmen sind die hier dafür geeigneten Wälder kaiserlicher Besitz. Wir Waldbauern haben das alleinige kaiserliche Privileg, diese zu bewirtschaften. Für jeden gefällten Baum, müssen wir Sorge tragen, dass zwei neue heranwachsen."

Selbolt sah in die Runde. Die anderen Waldbauern nickten zustimmend. Er wusste, er erzählte den Mönchen nichts Neues. Aber er brauchte einen Einstieg.

„Größere Rodungen, zum Beispiel für den Bau von Siedlungen oder das Anlegen zusätzlicher Äcker oder Weideflächen müssen durch die kaiserliche Verwaltung genehmigt oder angeordnet und somit für uns legitimiert werden.

Wenn wir das, was Ihr braucht und das, was Ihr damit vorhabt...", Selbolt musste unwillkürlich tief durchatmen bevor er weiter fortfuhr.

„Wenn wir das in Angriff nehmen, wird der kaiserliche Statthalter Reinhard, dies sicher nicht so einfach hinnehmen und in der einen oder anderen Art offen einschreiten."

Prior Markus war sichtlich fassungslos. Er schüttelte energisch den Kopf und antwortete anstelle Simons.

„Manfred der Staufer ist als Kaiser durch den Papst abgesetzt und exkommuniziert. Reinhard ist als ein Anhänger Manfreds ebenso mit dem Bann der Kirche belegt.

Wie könnt ihr so daherreden? Reinhard hat kein Legat mehr. Er ist nicht länger kaiserlicher Vogt und Rechtswahrer. Ihr dagegen steht unter dem Schutz der Kirche und des kirchlichen Rechtswahrer Erzpriester Simon von Arras.

Macht Euch deutlich: es ist gutes Gotteswerk, das ihr hier vollbringen dürft."

Markus war ungehalten und alle realisierten, dass der Prior mit Widerspruch nicht gut umgehen konnte.

Selbolt runzelte seine Stirn.

„Kein Legat? Reinhard hat etwa fünfzig Hussmänner ständig unter Waffen. Ihm folgen in der hiesigen Region allein zwölf Ritter mit ihrem Gefolge. Das ist eine Hausmacht, der wir uns als Waldbauern nicht entgegenstellen können und ehrlicherweise auch wollen."

„Das sehe ich genauso." Jorg unterstützte Selbolts Einwand und auch Kai nickte zustimmend. Willin wirkte nachdenklich.

Markus merkte, dass er hier so nicht weiter kam. Der Prior zwang sich mühsam zur Ruhe und wiederholte seinen Standpunkt:

„Reinhard hat kein Legat. Er hat eine Hausmacht. Ja ... Aber Wilhelm von Holland ist der wahre Kaiser. Manfred ist dagegen abgesetzt und in Sizilien. Der Papst hat ihn exkommuniziert und das Erzbistum in Mainz ist die hiesige Schutzmacht und wir vertreten hier derzeit alleinig die kaiserlichen Interessen."

Prior Markus ließ seine Worte einen Moment wirken, bevor er weiter fortfuhr:

„Abt Simon spricht hier also nur teilweise zu euch in seiner Funktion als Abt unseres Antoniterkonvents. Er spricht jetzt vielmehr in seiner Funktion als Archipresbyter, als Erzpriester und damit als der oberste kirchliche Gerichtsherr und Statthalter des Erzbischofs zu Mainz. Das hier sind zudem Liegenschaften des Erzbistums ... Wir handeln auf direkte Weisung des Domkapitels und zuletzt vertritt der Erzbischof direkt die Interessen Wilhelms, des rechtmäßigen Kaisers!"

Die Stimme des Priors hatte einen höhnisch schneidenden Unterton bekommen:

„Ihr wollt ein neues Legat, dass zu tun, was wir euch nicht länger bitten, sondern euch befehlen zu tun? Pater Reginald hat für euch alle die passenden Ernennungsurkunden, ausgestellt vom Domkapitel zu Mainz und gesiegelt vom Erzbischof persönlich."

Willin räusperte sich vernehmlich. Es reichte ihm. Er mochte den Prior und sein selbstgerechtes Auftreten nicht. Er hatte sich zurückgehalten. Doch nun bezog er Position.

„Der Mainzer Erzbischof muss dem Papst Folge leisten und Alexander ist es erst seit einem Monat.

Wenn die Händler es recht berichten, ist Alexander nicht bei bester Gesundheit. Er musste vor Manfred aus Rom nach Viterbo fliehen.

Wieviel Gebiet haben die päpstlichen Truppen in Italien eingebüßt? Und wie lange wird Alexander noch Papst sein? Und wenn er abgelöst wird? Dann wird ein anderer Papst eingesetzt. Wie viele Bischöfe werden dem Staufer als Sieger folgen?

Wie viele Bischöfe in deutschen Landen folgen dem Staufer?

Wer wird dann die Macht haben?

Wem wird der Erzbischof zu Mainz dann folgen, wenn der nächste Papst aus dem Stauferlager käme?

Was wird dann mit denen, die sich Kaiser Manfred entgegengestellt haben?"

Willin unterbrach kurz seinen Monolog und Simon betrachte Willin etwas eingehender. Für einen, der nicht Lesen und schreiben konnte, war dieser verblüffend gut informiert und gab sich viel zu selbstsicher. Simon fragte sich selbst, warum?

Der Waldbauer setzte erneut an: „Ich für meinen Teil lebe direkt in Reinhards Gebiet und möchte meine Privilegien nicht ohne weiteres aufs Spiel setzen. Mein Vater war Waldbauer, dessen Vater war Waldbauer und meine Kinder sollen es auch mal irgendwann sein. Das will ich nicht einfach so für „ein paar kleine Priesterlein" riskieren."

Markus war aufgebracht. „Ein paar kleine Priesterlein" -- Willin hegte offensichtlich keinen Respekt vor der Kirche.

Markus widersprach ihm mit unüberhörbarer ärgerlicher Stimme:

„Willin! Auch wenn Ihr ein freier Waldbauer seid, möchte ich doch um den nötigen Respekt vor Simon und seiner Funktion als Abt und als Erzpriester bitten!"

Der Waldbauer blickte sich kurz um und antwortete dem Prior:

„Mein Hof liegt auf Reinhards Gebiet, nicht auf dem eurem. Reinhard hat auch Priester. Ja, die Kirchen sind noch geschlossen ... Noch.

Reinhard hat dem Bistum Bamberg gerade einige Schenkungen gemacht und der Bischof von Bamberg wurde vom vorherigen Kaiser Konrad dem Staufer höchst selbst eingesetzt.

Ihr könnt euch vorstellen, dass dies auch zu etwas führen wird.

Prior? Habt ihr euch überlegt, was ihr da eigentlich von uns verlangt?"

Simon dachte über Willin nach. Der Waldbauer mochte ungepflegt und dem eher leichten Leben zugetan sein ... es war gemeinhin bekannt, dass er verschwenderisch und ein Spieler war. Aber er hörte wahrscheinlich in der Schänke immer zu, wenn über Wesentliches gesprochen wurde. Boten und Händler aus dem ganzen Reich zogen durch die Gegend.

Und Politik und das richtige Positionieren war in diesen Tagen nicht nur wesentlich, sondern auch überlebensnotwendig. Auch gehörten die Waldbauern gehören zur Elite der ländlichen Gesellschaft.

Aber dieser Willin verhielt sich nicht wie ein Waldbauer. Er trug sein Wissen mit Stolz zur Schau.

Der Abt wurde nicht schlau aus diesem Kerl. Noch nicht!

Instinktiv wusste er, dass Willin Probleme machen würde.

Der Waldbauer hob erneut an:

„Ihr wollt in Hostheim, Reinhards Grund, eine Ziegelei errichten und den Ort mit einem Wall umgeben -- zum Schutz gegen die Kaiserlichen.

Ihr wollt in Detzelheim die Motte Wonnecke zur Burg ausbauen. Als Gegengewicht zu Reinhard wird wahrscheinlich ein Mann der Mainzer Domherren zum Burgherrn eingesetzt.

Aber die Wonnecke wurde von Reinhards Vater schon an den Bischof zu Bamberg verschenkt.

Ihr wollt die Straßen nach Hanau und nach Friedberg ausbauen und damit einen Gegengewicht zu den alten Handelsstraßen setzen, die im kaiserlichen Gebiet sind. Damit würden den Kaiserlichen die Zölle wegbrechen.

Und als Erzpriester sprecht ihr Recht in den Mainzer Gebieten, doch ihr wollt Euren Einfluss weiter ausdehnen."

Willin hielt kurz inne. Er hatte einen Moment überlegt, sich die Zusammenhänge zusammengereimt und wie er es beim Spiel zu tun pflegte, setzte er alles auf eine Karte. Seine Stimme war schneidend und höhnisch.

„Prior, ich bin mir sehr bewusst, dass ich vielleicht nicht gerade respektvoll rede. Ich bin ein einfacher Mann. Aber das was ihr wollt frisst Unmengen von Holz. Allein der Bedarf einer Ziegelei würde beispielsweise Jorg komplett auslasten.

Mit den vier Familien meiner Grundhörigen bringe ich es auf neun Arbeiter. Sebolt hat elf, Kai sechs und Jorg kann fünf aufbieten.

Unsere Gutshöfe wollen aber auch bewirtschaftet sein.

Von Gold allein kann man nicht leben.

Für solch ein Vorhaben braucht es deutlich mehr Arbeiter und Tagelöhner. Ihr vergesst, dass die Pest hier gewütet hat und durch das Wetter hat sich das Korn verändert. In vielen Menschen brennt nach wie vor das Antoniusfeuer. Aber daran muss ich euch nicht erinnern. Deswegen ist euer Orden hier -- und meines Wissens ... nur deswegen!

Und sagt ehrlich: Wie viele konntet ihr mit Euren Gebeten schon vom Feuer befreien?! Viel häufiger „befreit" ihr sie von ihren Gliedmaßen und macht sie zu Krüppeln.

Wenn alle für Euch in den Wäldern arbeiten, wer soll dann noch wirtschaften? Schon jetzt herrscht Mangel an Händen überall. Sogar die Weiber treiben heuer schon Männerwerk -- weil sonst niemand mehr da ist, dies zu tun.

Und denkt ihr ernsthaft, dass Reinhard sich das so bieten lassen wird?

Er hat nichts dagegen, wenn wir mit Euch Handel treiben und ihr dadurch zum Beispiel ein Spital bauen oder Eure Kirchen erweitern könnt. Aber wenn ihr zur Gefahr werdet, seine Interessen oder die des Kaisers zu kreuzen, wird das zu einem offenen Krieg führen.

Nicht in Italien -- hier!

Wir reden von Reinhards Bäumen.

Wenn wir wirklich das Risiko eingehen sollen, müsst ihr uns extrem gut bezahlen, mehr Arbeiter stellen -- Unfreie, Gefangene oder Sklaven ... da muss euch Mainz behilflich sein.

Und Arbeiter wollen auch ernährt werden."

Markus war drauf und dran aufzustehen. Abt Simon beschwichtigte seinen Prior mit einem eindeutigen Handzeichen.

Simon war sich bewusst, dass hier gerade ein sehr kritischer Punkt in den Verhandlungen erreicht war, bei dem Druck an der falschen Stelle oder unnötige Konfrontation schnell zu einem unnötigen einseitigen Abbruch des Handels führen konnte.

Simon beschloss, dass er diesen Willin nicht sonderlich mochte.

Der Mann war dreckig, er hatte keinen Respekt, er war arrogant und er besaß kein Rückgrat. Simon wusste, Willin behandelte seine Arbeiter schlecht und wenn er von Kindern redete -- er hatte nicht einmal eine Frau. Und dabei war er knappe vierzig Jahre. Bier Wein und Met; Schankweiber und Spiel -- dieser Mann kannte keine Werte, außer einem wohlgefüllten Goldfuchs.

Aber der Mann wusste, das Kloster war auf jeden einzelnen der Waldbauern angewiesen. Nur deswegen hatte er es gewagt dergleichen Reden -- frei jeglichen Respekts -- den Mönchen gegenüber zu führen.

Willin hatte sein Hofgut auf dem Gebiet, über das Reinhard herrschte. Er ließ sich also auch nicht mal eben so gegen einen willfährigen anderen Waldbauern austauschen.

Zudem bestand auch die Gefahr, dass Willin oder einer der anderen, wenn diese Unterredung für sie unbefriedigend ausfiele, Reinhard aufsuchen könnten.

So ungepflegt und ungebildet Willin war ... der Kerl war schlau. Das musste ihm Simon zubilligen. Er hatte alle Vorhaben in den richtigen Zusammenhang gesetzt und das war gefährlich. Insbesondere auch, weil er die Pläne des Erzbischofs eben mal so erraten und vor allen hier Anwesenden ausgebreitet hatte.

Dass die alte Burg -- Motte Wonneke in Detzelheim möglichst vor Inbesitznahme durch einen Bamberger ausgebaut und zu seinem Amtssitz als Mainzer Erzpriester werden sollte, hatte Willin sicherlich auch schon längst erraten.

Die Antoniter waren als ein Hospitalorden gegründet worden, der die Pilger und Kreuzfahrer betreuen sollte. Aber der Orden hatte damit das ausdrückliche Recht, Waffen zu tragen, wie die Templer, die Hospitaliter und der deutsche Orden.

Simons eigentlicher Auftrag bestand eben auch darin, die notwendigen Strukturen zu schaffen, um eine stehende Truppe von waffentragenden Mönchen unterhalten zu können.

Der Orden wollte dann seinen Einfluss schleichend auch auf andere Regionen Deutschlands ausweiten.

Endlose Stunden in den Schänken der Region brachten leider eben nicht nur Rausch und Geschlechtserkrankungen mit sich -- Willins Gesicht sah wirklich nicht schön aus. Der Kerl war verblüffend gut informiert.

Simon dachte weiter nach.

Dass der Papst nach Viterbo flüchten musste, hatte er selbst erst gestern vom Erzbischof erfahren. Auch war das Legat von Kaiser Wilhelm von Holland wirklich schwach in der Wetterau. Die Truppen des Erzbistums Mainz konnten zwar mit Reinhard fertig werden, aber das würde Zeit in Anspruch nehmen und zugleich barg ein Kampf mit Reinhard die Gefahr, dass sich andere Gefolgsleute der Staufer, wie die Wormser über das nunmehr von Truppen entblößte Mainz hermachten.

Wie auch immer -- dieser Mann hatte keine Werte, außer einem wohlgefüllten Goldfuchs.

„Was ist euer Preis Willin?"

Direkte Worte mussten mit direkten Worten beantwortet werden. Der Mann war ein Verschwender, Münzen rannen durch seine Hände und solche Menschen waren immer auf der Suche, nach schnellem Gewinn.

Simon von Arras atmete tief durch.

Willin lächelte, als er zu seiner Antwort ansetzte:

„Wenn ich mich offen auf eure Seite stelle, riskiere ich mein Gut und mein Legat, Waldbauer zu sein. Ich brauche einen guten Gutshof in eurem Gebiet -- in „sicherem" Gebiet. Das Gut muss größer sein, als mein jetziges."

Willin kreuzte kurz seinen Blick mit Selbolt, Kai und Jorg.

„Das gilt auch für Selbolt.

Ihr müsst alle zusätzlichen Arbeiter stellen, deren Versorgung sicherstellen und bezahlen.

Wir brauchen Landsknechte zu unserem Schutz.

Wir wollen vom Zehnten befreit werden, jetzt und in Zukunft.

Wir nehmen den doppelten Lohn, weil wir das Risiko eingehen, mit den Kaiserlichen..."

Prior Markus konnte sich nicht länger beherrschen und sprang auf.

„Wilhelm ist Kaiser, nicht Manfred, auf Reinhard und den Seinen lastet der Bann der Kirche und was maßt ihr euch an von uns etwas Derartiges zu verlangen!?!"

Willin fixierte den Prior verächtlich.

„Euer Abt fragte offen. Ihr habt uns hergebeten. Ihr seid auf uns angewiesen. Wir nicht auf euch. Nicht jeder Wald hat geeignetes Bauholz. Euer Einfluss erstreckt sich überwiegend auf ungeeignete Hölzer und das wisst ihr, Pfaffe! Ihr und euer Kloster seid nichts ohne unser Holz. Und ihr wisst auch -- Holz schlagen kann jeder. Aber Holz so zu schlagen, dass man damit bauen kann ... Das braucht Erfahrung. Man merkt, dass ihr keine Ahnung vom wirklichen Leben habt einfältiger Braunrock. Geht besser raus zum Beten, als hier mitreden zu wollen."

Willins Worte hatten einen zu lauten, zu respektlosen und zu scharfen Tonfall.

Simon atmete tief durch und warf Markus einen kurzen vernichtenden Blick zu. Aber was gesagt worden war, war nun einmal gesagt.

Markus war ein guter Prior, aber beileibe kein Diplomat. Simon ärgerte sich. Ihm war der Disput regelrecht entglitten. Er hätte Markus schon früher zurückhalten müssen. Aber Simon wusste, dass er wieder einmal zu oft seinen eigenen Gedanken nachgehangen hatte.

Markus fehlte es eben an Geduld und auch etwas an dem Verständnis der Menschen außerhalb der strikten Hierarchie eines Klosters. Das wusste er. Er hatte als Gastgeber des Handels nicht aufgepasst.

Markus hatte Willin sicherlich provoziert ... Aber auch wenn sie so schmerzhaft, wie wahr waren, Willins Worte durften ihrerseits nicht unsanktioniert im Raum stehen bleiben.

Simons Stimme war mit einem Mal kalt, leise aber dennoch durchdringend.

„Willin, unsere Kirche und unser Kloster sind mehr als eine Summe aus Steinen und Holz. Aber ich spreche hier jetzt als Richtherr und nicht als Abt.

Ihr befindet euch in meinem Gebiet, dem Gebiet in dem ich Recht spreche!"

Er bemerkte, dass Willin sichtbar erblasste.

„Ihr habt die Kirche, die euch um Hilfe bat, beleidigt und respektlos behandelt. Prior Markus mag zwar einen Ton angeschlagen haben, wie er unter Mönchen bei einem offenen Meinungsaustausch nicht unüblich ist, aber ihn als „einfältigen Pfaffen und Braunrock" -- als ahnungslos zu bezeichnen und eines Raumes zu verweisen, der zu der Kirche gehört, in der er selbst Hausherr ist ... das war ein Schritt zu viel. Prior Markus ist ein treuer Diener Gottes und ihn zu schmähen, bedeutet Gott zu schmähen."

Simon zog seine linke Braue hoch und machte eine kleine Pause, um seinen Worten mehr Wirkung zu verleihen.

„Willin! Ihr seid auf meine Einladung auf meinem Gebiet. Ich gestatte es euch, es unversehrt verlassen und zu eurem Gut zurückkehren.

Wir werden keine Geschäfte mehr mit euch machen.

Ab morgen gilt für euch der Ausschluss aus der Gemeinschaft der Gläubigen für eine Jahreszeit.

Keine Sakramente!

Keine Gottesdienste!

Keine Beichte!

Keine Absolution!

Keine Ehe!

Keine Taufe!

Und es bedeutet auch, dass kein Christ mehr mit euch Handel betreiben oder für euch arbeiten darf. Sterbt ihr während dieser Zeit, so wird eure Seele im Höllenfeuer schmoren bis zum jüngsten Tage.

Ihr werdet die Auswirkungen dieser Exkommunikation schon alsbald merken.

Heute in einem Jahr sei es euch gestattet, zu uns zurückzukehren und uns darzulegen, wie ihr uns gegenüber Buße zu tun gedenkt. Denn nur dann werde ich diese Exkommunikation wieder aufheben und euch gestatten, sich der Gemeinde der Gläubigen wieder anzuschließen.

Willin zitterte am ganzen Körper. Simon sah es mit Genugtuung und fuhr fort:

„Und nun empfehle ich Euch schleunigst zu verabschieden Willin. Wir haben hier noch wirkliche Geschäfte zu besprechen."

Willin erhob sich, aber auch Selbolt stand auf.

Selbolt verbeugte sich vor Simon und den Mönchen:

„Abt Simon, mit gebotenem Respekt... Ich liefere weiterhin Bauholz hier für den Klosterbau, auch für eure direkten Klostergüter und das zu den alten Bedingungen. Das hat uns Reinhard ausdrücklich erlaubt. Aber ich kann hier keinen Schritt weiter gehen. Ich habe mich euch gegenüber zwar bestimmt, jedoch nicht respektlos verhalten."

Simon unterbrach Selbolt mit sanfter und beruhigender Stimme: „... Und deswegen mein lieber Selbolt sollt ihr in Frieden und mit meinem Segen gehen und wir werden weiterhin unsere Geschäfte miteinander tätigen, so wie zuvor."

Selbolt und Willin verließen den Raum.

Kai und Jorg blieben dagegen zurück.

5. Ein großzügiges Angebot

 

Es war der letzte Sonntag vor dem Weihnachtsfest. Ursell war mit ihren beiden Enkeln Mertein und Margred aus Hostheim zum Gottesdienst nach Rostroff gekommen. Wie jeden Sonntag waren wieder viele Menschen aus der hiesigen Region gekommen. Mehr Menschen, als die Michaelskirche Plätze zum Stehen hatte.

Es war gut, dass die Antoniter ihre kleine Klosterkapelle ebenfalls öffneten und so zwei Gottesdienste zur gleichen Zeit abgehalten werden konnten. Man arrangierte sich irgendwie mit dem Kirchenbann, der auch auf Hostheim lastete.

Da sie mit ihren Enkeln etwas später dran war, musste sie zu dem Gottesdienst in der St. Antonis Kapelle ausweichen. Aber das war ihr sowieso lieber. Die Mönche sangen viel schöner und vom in Latein gehaltenen Gottesdienst verstand man eh nicht so viel.

Ursell konnte weder lesen, noch schreiben und schon gar kein Latein.

Aber der Dorfpriester in Hostheim hatte durch den Bann gerade auch nicht sehr viele Möglichkeiten seinen Unterhalt zu bestreiten und so unterrichtete er drei Mal in der Woche Mertein und Margred in Lesen, Schreiben und Rechnen. Ihre Enkel sollten es später einmal besser haben.

Der Gottesdienst begann etwas später und so hatte Ursell noch die Gelegenheit, zwei Kerzen zu stiften -- eine für ihren verstorbenen Sohn Thomen und dessen Familie und eine für ihre tote Tochter Grete und deren Mann.

Wieder einmal standen ihr die Tränen in den Augen. Fünf Menschen dahingerafft vom schwarzen Tod. Gerne hätte sie ihr eigenes Leben dafür gegeben, dass Thomen oder Grete hätten an ihrer statt leben können.

Sie war alt. Einmal mehr fühlte sie die Last von ihrem Alter und der Verantwortung für den Hof und die Enkel.

Auch die Klosterkapelle war nun gut gefüllt und der Gottesdienst startete

Der Chor der Mönche setzte ein und sie mochte den Gesang. Sie fühlte sich mit einem Mal wieder friedlich und frei.

Ursell warf einen langen Seitenblick auf ihre beiden Enkel.

Mertein und Margred waren ebenso entspannt. Sie war stolz auf die Beiden.

Wenn er auch erst elf war -- Mertein hatte den kräftigen Wuchs seines Vaters. Er hatte offene Augen und einen wachen Verstand. Der Priester sagte, dass er sehr schnell lernte, auf dem Hof packte er schon gut mit an.

Ursell war sich sehr sicher, Mertein würde einmal ein sehr guter Bauer werden.

Seine Schwester war mit ihren zwölf dagegen eher zierlich und zartgliedrig. Sie hatte feines langes goldenes Haar und grüne Augen, ganz wie ihre Mutter.

Sie war immer freundlich, hatte ein „Händchen" für Näharbeiten und sie konnte schon jetzt sehr gut mit Zahlen umgehen und planen.

Margred war keine typische Bäuerin, wie sie selbst. Aber Ursell wusste, dass ihre Margred selbst einen sehr großen Haushalt vorbildlich führen können und damit eine wirklich gute Partie abgeben würde.

Obendrein entwickelte sich Margred zu einer wahren Schönheit.

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Der Gottesdienst war sehr beeindruckend -- auch wenn sie mal wieder nichts verstanden hatte und als die Predigt vorüber war, trafen sich die meisten der Besucher der Messe auf dem Kirchplatz bei St. Michael.

Dort hatten die Mönche wie immer etwas Speis und Trank gegen eine kleine Spende vorbereitet. Die Kinder freuten sich schon, denn etwas Honigkuchen und andere süße Leckereien gehörten auch immer dazu.

Ursell gesellte sich zu den anderen Bauern. Aber sie war eine der Ältesten in der Region. Bucklig, mit ihren längst nicht mehr gleichmäßig wachsenden schlohweißen Haaren fiel die auf. Zum Gehen nutzte sie einen Stock.

Ursell war bekannt und als Gutsherrin sehr geachtet.

Wenn sie etwas sagte -- und das tat sie nicht oft -- hörte man im Allgemeinen auch zu. Es war den Zeiten geschuldet und bei den anderen Gutsherren akzeptiert, dass sie als Frau den Hof und die Geschäfte führte, bis ihr Enkel alt genug dafür war.

Ihre beiden Enkel hatten sich etwas abseits mit anderen Kindern um ein paar Bänke gruppiert. Einer der alten Mönche erzählte für sie die Geschichte von der Geburt Jesu und ein paar andere Mönche spielten das Ganze mit Handpuppen nach.

Die Kinder waren begeistert.

Und Ursell nutzte die Zeit, um sich mit Ihresgleichen auszutauschen. Es war immer wichtig zu wissen, welche Krankheiten gerade unter dem Vieh grassierten, wie sie am besten zu behandeln waren und welche Ackerfrüchte unter welchen Umständen am ertragreichsten gediehen.

Sie war froh, dass alle offen miteinander redeten. Die Zeiten waren nicht einfach und umso wichtiger wurde es dann, sich gegenseitig zu helfen und gute Beziehungen miteinander zu pflegen. Man wusste nie, wann man den jeweils anderen brauchen konnte oder umgekehrt gebraucht wurde.

Das war vor der Pest ganz anders.

Aber der Schnitter hatte in den letzten Jahren reiche Ernte eingefahren und keine der Familien, war verschont worden. Man musste zusammenarbeiten.

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„Hallo Ursell ..."

Sie drehte sich um. Maik, der Brucher oder Müller, kam auf sie zu und reichte ihr einen heißen Trunk.

„Kräutertee... Ursell, lass uns mal ein wenig zur Seite gehen. Was ich mit dir zu besprechen habe, muss nicht unbedingt jeder gleich hören."

„Gern. Wenn du auf meine einundachtzig Winter Rücksicht nimmst und nicht ganz so schnell gehst."

Lachend gab sie dem Müller, der bereits einige Schritte vor ihr herlief, mit ihrem Stock einen kleinen „Seitenhieb".

Sie kannte Maik schon seit seiner Geburt.

„Verzeih Ursell. Das war nicht böse von mir gemeint."

Sie gingen etwas langsamer in Richtung der Kinder und Maik hakte sich bei ihr ein.

„Ursell? Siehst du die beiden Mädchen da hinten rechts?"

„Ja. Sind das deine Töchter? Ich habe sie seit mindestens sechs Jahren nicht mehr gesehen. Sie sind groß geworden und bildhübsch."

„Das sind sie und du hast Recht Ursell. Du warst schon mindestens acht Jahre nicht mehr bei mir auf der Bruche. Viel zu lange. Die Mühle ist seitdem gewachsen."

„Denk an mein Alter. Das war Thomens Aufgabe und jetzt machen´s die Knechte und mein Mertein."

„Ein tüchtiger, guter und kluger Junge. Noch jung, aber schon sehr klug. Als er mit der letzten Kornfuhre Sommerroggen und Hirse von Eurem Hof kam, hab ich mich mal ein wenig länger mit ihm unterhalten.

Er kann lesen und schreiben. Das ist schon selten. Und er kann nach der neuen Art rechnen... mit diesen morgenländischen Zahlen. Er war viel schneller als ich mit der römischen Technik. Auch beim Umrechnen der Gewichte."

„Das hat er von unserem Dorfpriester. Der war auf Pilgerfahrt Navarra und hat es in Torres del Rio gelernt. Ich kann ihn gerne auch einmal fragen, ob er bei dir vorbei kommt, um es dir zu zeigen. Ich kann es nicht und versteh es auch nicht mehr. Aber ich habe zugesehen, wenn es Mertein und Margred tun. Es ist sehr praktisch. Es geht mehr als doppelt so schnell als mit all diesen Zeichen und du kannst lange Kolonnen zusammenrechnen.

Der Priester wird auch glücklich sein, etwas für dich tun zu können. Mit dem Bann, hat er Probleme seinen Unterhalt zu bestreiten."

„Kann ich verstehen. Eine üble Sache. Aber ich dachte da eher an etwas anderes.

Ursell, du weißt, dass mir die Pest meine Frau und meine beiden Söhne genommen hat."

„Ja... und das tut mir leid. Der Schnitter hat seine Ernte wohl in jedem Haus eingebracht."

„Leider."

Maik seufzte und man merkte, dass ihm der Tod von Frau und Söhnen immer noch nachhing. Ursell kannte ihn als lebensfrohen und humorvollen Menschen. Jetzt bemerkte sie die tiefen Falten um seine Augen.

„Ursell, ich habe keinen männlichen Erben mehr. Ich habe zwar zwei tüchtige junge Gesellen. Aber von denen hat keiner das Potential, später die Bruche zu führen. Ich wollte dich ganz offen fragen, was du davon hältst, wenn du mir Mertein im neuen Jahr schickst, mein Geselle zu werden und dann in einigen Jahren die Mühle zu übernehmen. Adele und Sabine sind beide in seinem Alter. Er kann eine zur Frau nehmen.

Und dein Priester soll trotzdem kommen. Mertein kann ruhig weiter lernen. Das neue Zeug ist gut. Auch das Latein."

Ursell war selten sprachlos, doch jetzt war sie es eindeutig. Das war ein wirklich großzügiges Angebot. Sie kannte Maik gut genug. Er hatte lange darüber nachgedacht und potentielle Kandidaten sorgfältig miteinander verglichen.

Brucher zu sein, war ein Privileg und Müller gehörten zu der Spitze der nichtadeligen Gesellschaft. Es wurden immer nur wenige Privilegien verliehen, Mühlen zu bauen. Brucher hatten deswegen immer Macht, Einfluss und ein garantiertes Auskommen. Als freier Gutsbesitzer hatte Mertein schon Zukunft, aber als Müller... das war ein unerhörter gesellschaftlicher Aufstieg.

Aber was wurde dann aus ihr, aus Margred und dem Hof. Auch wenn Mertein noch ein Knabe war --er würde schon jetzt an allen Ecken und Enden fehlen.

„Maik, dein Angebot überrascht mich. Es ist überaus großzügig. Ich werde mit Mertein sprechen. Ehrlicherweise muss ich etwas nachdenken, bevor ich entscheide."

„Ich weiß. Und ich finde es gut, dass du es schnell entscheidest. Ich habe sehr lange darüber nachgedacht, bevor ich dich gefragt habe. Mertein ist wirklich die ideale Wahl. Und ich glaube er mag auch meine Sabine.

Aber ich weiß auch, dass er eine schmerzhafte Lücke auf eurem Hof hinterlassen werden wird. Ich würde gern im Austausch meinen Gesellen Luther schicken, bis deine Margred heiratet und deren Mann übernehmen kann.

Ich zahle für ihn und Luther weiß, dass er danach zurückkommen, seine Lehre bei mir beenden kann... er weiß, es wird sein Schaden nicht sein."

„Maik, mir fehlen beinahe die Worte. Genau das war gerade auch meine Sorge. Mertein wird fehlen. Die Arbeit ist schon jetzt zu viel. Wir sind zu wenige.

Und doch ist es ein Risiko, einen weiteren Knecht anzuwerben. Diejenigen die in diesen Tagen noch Arbeit suchen, sind meist selbst am Ende und beinahe immer nicht allzu zuverlässig.

Es ist gut, jemanden zu bekommen, dem man erwiesenermaßen vertrauen kann.

Die Zeiten sind schlecht."

„Aber sie werden wieder besser Ursell. Was hältst du davon, wenn wir uns am siebzehnten Jänner, dem Antoniustag hier wieder treffen und alle einmal zusammensetzen. Ich werde auch den Luther mitbringen. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass ihm die Arbeit auf eurem Hof besser liegt, als das Brucher -- Handwerk."

Maik reichte Ursell die Hand und die Alte schlug ein. Warm und herzlich umarmten sich beide, wohlwissend, dass dies ein wichtiger Schritt in beider Familien Zukunft war.

6. Ehrgeizige Pläne und mehr

 

Die Waldbauern hatten sich wieder in der Schankstube getroffen. Dieses Mal nicht zum Würfeln. Es gab zu viel Wichtiges zu besprechen.

„Und wie genau hat Abt Simon reagiert, als wir gegangen waren?" Selbolt war sehr neugierig. Aber er wusste, dass es besser war zu warten, bis Jobst und Fronicka außer Hörweite waren.

Kai antwortete: „Nun, der Abt bemerkte sarkastisch, dass es jetzt Sinn machen würde, für einen schweren Wintersturm zu beten. Dann gäbe es Holz im Überfluss. Aber das meinte er nicht ernst. Ist ja dann kaum noch für den Bau verwendbar."

Jorg nahm den Faden auf: „Er war sehr ungehalten und dass nur noch Kai und ich übrig waren, macht sein Vorhaben nicht einfacher. Er wird sich wegen zusätzlichem Holz an Rukkingin und Dyppach wenden müssen. Aber das verursacht höhere Kosten und er braucht zusätzliche Leute für den Transport und ..."

Jorg nahm einen tiefen Schluck. Das Bier war heute dünn.

„Er wird auch einen Boten nach Mainz senden, mit der Bitte um Unterstützung. Wir bekommen Arbeiter zugeteilt und Landsknechte, die uns schützen. Kai und ich machen das. Wir haben ein zusätzliches Legat aus Mainz im Namen vom Papstkaiser. Und wenn wir vor Herrn Reinhard und den Kaiserlichen fliehen müssen, bekommen wir mit unseren Familien jeweils einen der großen Klosterhöfe am Lennerbergwald, nahe Mainz als Erbhof zum Ausgleich."

„Könnt ihr ihm vertrauen?"

Willin stellte diese Frage und man merkte, dass er seine Exkommunikation noch nicht richtig verdaut hatte. Eine gehörige Portion Hass schwang in seiner Stimme für alle deutlich vernehmbar mit.

Jorg nickte: „Ich traue den Priestern. Und Reinhard hat in den letzten Wochen auch keine Konfrontation gesucht. Er scheint abzuwarten.

Wir werden in jedem Fall gut verdienen und Holz wird hier insgesamt etwas knapper werden.

Das ist auch gut für euch. Reinhard wird im Gegenzug eher mit euch Geschäfte machen, da wir schon fürs Kloster arbeiten. Und die Preise werden steigen."

Kai hatte sich die gleichen Gedanken gemacht, wie der Rest. Der Markt war jetzt regelrecht zwischen den Papstanhängern und den Kaiserlichen aufgeteilt.

Willin lächelte wissend: „Reinhard wird sich aber nicht mehr lange ruhig verhalten. Ich habe ihn gestern besucht und wir hatten ein längeres Gespräch", setzte er bedeutungsvoll nach.

„Jetzt lass dir aber nicht alles aus der Nase ziehen", warf Selbolt ungeduldig ein. Er mochte diese Seite bei Willin ganz und gar nicht.

Willin grinste wissend in die Runde: „Ich habe ihm alles von den Plänen des Klosters erzählt. In den nächsten Tagen wird eine Abordnung aus Bamberg kommen und die Wonneke in Besitz nehmen. Das wird Abt Simon eine Warnung sein.

Kai. Jorg. Ihr braucht euch beide keine Sorgen zu machen. Ich habe mit Reinhard auch über euer Dilemma gesprochen. Er hatte ein offenes Ohr.

Seiner Meinung nach, braucht es eine Weile, Tagelöhner so auszubilden, um im Wald gute Arbeit zu leisten.

Sein Wunsch an euch lautet - seid damit nicht zu eilig und steigert den Ertrag nur sachte. Reinhard setzt auf Zeit.

Dann wird er euch nicht persönlich bedrohen oder eurer Geschäft einschränken ... oder euch gar das Privileg entziehen. Reinhard arbeitet mit anderen Mitteln.

Er setzt auf Bamberg und den dortigen Bischof. Mainz wird zudem Probleme bekommen, da auch der Erzbischof zu Fulda gegen Mainz Ansprüche geltend machen werden wird. Und Fulda folgt wie Bamberg auch den Staufern."

Alle drei hingen so sprachlos, wie gebannt an Willins Lippen. So unsympathisch, schleimig und arrogant dieser Mann auch war ... Er hatte wirklich vieles bewegt ... Im Interesse aller vier.

„Hostheim... Simon will dort seine Ziegelei errichten und den Ort einfrieden. Der Ort wird eingefriedet und es gibt auch eine Ziegelei.

Nur wird das nicht durch Abt Simon und das Antoniterkloster geschehen. Darum kümmert sich im Auftrag des Erzbistums Fulda Reinhards Sohn als Vertreter des Rechts."

„Hostheim war doch durch Mainz verwaltet wurde dann durch Reinhard besetzt?!"

Selbolts Einwurf war logisch.

„Du hast Recht Selbolt", Willin führte seine Erklärungen weiter aus:

„Hostheim gehört nur zum kirchlichen Landkapitel in Roßdorf. Dadurch dass dort ein stauferischer Vogt residiert, ist es kaiserlich und unter Kirchenbann.

Aber nach alten Urkunden waren Hostheim und Ohsenkeim kaiserliche Schenkungen an Fulda. Und Fulda wird Reinhards Sohn -- den jungen Reinhard -- damit beauftragen, das Amt des Vogts zu übernehmen."

Willin ließ die Worte kurz wirken.

„Reinhard wird sich dem Schein nach zu seinem Vater in Opposition begeben und sich dem päpstlichen Lager und Wilhelm von Holland anschließen. Aber jeder wird natürlich wissen, wem seine wirkliche Treue wirklich gilt.

Je nachdem, welche Seite sich durchsetzen wird, muss dann aber nur einer der beiden Reinhards Abbitte leisten.

Und jetzt ratet mal, wer Reinhards Vertreter in Hostheim werden wird ..."

Willin streckte sich stolz durch: „Ich werde über vier Landsknechte gebieten und als Waldbauer meine eigene Ziegelei beliefern."

Willin hob die Hand ...

„Jobst. Bring noch vier Krüge!"

Willin lachte beinahe hysterisch und seine Stimme überschlug sich förmlich.

„Simons Pläne sind durchkreuzt. Er hat nur die Hälfte des Bauholzes. Er hat keine Lehmgrube und keine Ziegelei und die Motte kann er auch nicht mehr in Besitz nehmen.

Aber das Beste kommt noch. Hostheim und Ohsenkeim werden dann nicht mehr „kaiserlich" sein. Sie sind es zwar faktisch immer noch, aber Reinhards Sohn ergreift ja „für Wilhelm Partei" und der Kirchenbann wird aufgehoben werden müssen. Mit meiner Berufung hebt der Erzbischof zu Fulda auch meine Exkommunikation wieder auf.

Und ich werde alsbald heiraten und am Rande Hostheims einen riesigen Hof haben. Und ich weiß auch schon, wen ich heiraten werde ..."

„Wen?"

„Sie ist bildhübsch und blutjung. Und sie weiß noch nichts von ihrem „Glück".

Aber bald.

Sehr bald.

Ich kann es kaum noch erwarten, wieder was Warmes, Unverbrauchtes in meinem Bett zu haben."

Willin verschluckte sich am Bier, das Jobst gerade vor ihnen abgestellt hatte und prustete quer über den Tisch.

 

7. Das Sankt Antonius Fest

 

Abt Simon trat zu dem Tisch auf dem Kirchplatz an dem Maik mit seinen beiden Töchtern, Luther, Ursell, Mertein und Margred zusammensaßen.

„Friede sei mit euch, Maik. Es ist schön euch hier heute anzutreffen. Das sind eure beiden Töchter? Wer von Euch beiden ist Adele und wer Sabine?"

Simon von Arras konnte an den Minen der Teilnehmer ablesen -- Gewichtige Themen wurden besprochen und er konnte sich schon denken, worum es ging.

Es war sehr gut, wenn Maik sich schon so früh Gedanken um seine Nachfolge machte. Die Zeiten waren unsicher und hart und die Position des Müllers war für seine Arbeit gegen das Antoniusfeuer, den Mutterkornbrand, zentral und wichtig. Selbst für ihn als Abt war es erheblich, sich mit dem Müller gut zu stellen.

„Gott zum Gruße, Vater Abt. Das sind meine beiden Töchter. Das ist Adele", Maik wies auf ein schlankes hochgeschossenes Mädchen von etwa vierzehn Lenzen, die Simon respektvoll zunickte und ihre Augen schloss.

„... Und das ist meine Sabine."

---

Sabine stand noch unter dem Eindruck dessen, was sie gerade gehört hatte. Mertein sollte zu ihnen auf die Mühle kommen und bei ihrem Vater lernen. Und dann vielleicht eine von ihnen beiden zur Frau nehmen.

Im Gegensatz zu ihrem Vater wusste sie, dass Adele längst ein Auge auf Jorgens Sohn Michael geworfen hatte -- so wie sie eben auf Mertein.

Glücklich und überschwänglich erwiderte sie den Blick des Abtes mit glänzenden Augen.

„Ich grüße euch recht herzlich Vater Abt."

Der Abt hatte die Blicke zwischen Mertein und Sabine bemerkt und lächelte unwillkürlich.

„Und wenn ich den Beschreibungen Glauben schenken darf, müsst ihr die legendäre Ursell sein, die noch mit über achtzig Wintern ihrem Hof vorbildlich vorsteht. Wir haben uns zwar schon ein paar Mal bei den Gottesdiensten gesehen, aber verzeiht, dass sich bislang meinerseits noch nicht die Gelegenheit ergeben hat euch persönlich kennen zu lernen."

Ursell hatte einen ziemlich großen Hof, den sie aber wie so viele andere Bauern auch, nach der Pest in Ermangelung von Arbeitern nicht voll bewirtschaften konnte.

Bauern waren wichtig und alte Bauern, wie Ursell, waren auch immer gut vernetzt.

Sie kam aus Hostheim und dort Menschen zu wissen, die ihm und den Antonitern wohlgesonnen waren, war sehr wichtig -- auch für seine eigenen Pläne.

Simon lächelte sie warm an.

„Vater Abt, es ist uns eine Ehre. Möchtet ihr euch ein wenig zu uns setzen und uns Gesellschaft leisten?"

Ursell gab Mertein ein Zeichen, der enger zu seiner Schwester, Luther und Adele aufrückte, sodass ein großzügiger Platz auf der Bank für Simon entstand.

„Sehr gerne. Ich freue mich immer nach dem Gottesdienst mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen und mich auszutauschen. Sind dies eure Enkel?"

„Ja Vater Abt. Das sind meine Enkel Mertein und Margred."

„Ihr könnt stolz auf die beiden sein."

„Wir hatte eben gerade besprochen, dass Mertein wird nächsten Monat als Geselle zu mir wechseln. Im Gegenzug wird mein Geselle Luther bei Ursell helfen, bis ihre Margred unter die Haube kommt ..."

Maik war sichtbar stolz und zufrieden, dass nun das Abkommen unter der Haube war.

„Ah, ich verstehe schon. Zwei Töchter und ein potentieller Nachfolger mit wachem Blick. Ich finde auch, dass das ist eine sehr gute Idee ist", sagte Simon mit humorvollem Unterton und zwinkerte Mertein zu. Simon legte bewusst Wert darauf, möglichst ungezwungen und natürlich mit den Menschen umzugehen.

„Wenn es irgendwann mal soweit sein sollte, stehen euch unsere Tore offen und es wäre mir eine Freude, selbst den Bund zu schließen."

Er warf Sabine einen Blick kurzen Blick zu. Diesmal schlug sie errötend die Augenlider nieder.

Es war alles so schön offensichtlich. Simon von Arras hatte eine ausgesprochen gute Laune.

„Wir danken euch sehr herzlich Vater Abt. Es wird zwar noch etwas dauern, aber wir sind unser der Ehre durchaus sehr bewusst, die ihr uns damit erweist."

Maik war überrascht, aber er wusste auch, dass er seinerseits irgendwann dem Abt oder dem Kloster zu Diensten sein musste. Ein derartiger Gefallen bedeutete immer auch zugleich einen Gegengefallen.

Prior Markus näherte sich rasch beugte sich zu Simon und flüsterte ihm für die anderen am Tisch unhörbar ins Ohr: „Willin der Waldbauer ist soeben eingetroffen. Er ist nicht allein gekommen. Er wird durch einen Sondergesandten des Bamberger Bischofs Heinrich von Bilversheim und von vier „kaiserlichen" Landsknechten begleitet."

„Ich bitte um Entschuldigung. Dringende klösterliche Angelegenheiten warten auf mich. Ich bedauere mein Aufbrechen und wünsche noch viel Spaß beim Fest des heiligen Antonius."

Abt Simon erhob sich würdevoll.

„Prior Markus, seid doch bitte so gut und führt diese Gäste ins Kloster."

8. Verkehrte Welten

 

„Gott zum Gruße Vater Abt. Mein Name ist Ralph und ich bin durch Bischof Heinrich von Bilversheim beauftragt, seine Interessen in der Region zu wahren."

Die Gäste hatten bereits am Tisch Platz genommen, als Simon eintrat. Willin, der sehr selbstzufrieden lächelte, ein niederer Ritter, der die drei Landsknechte anführte, die vor dem Raum im Eingangsbereich standen und Ralph.

Ralph war gekleidet in die Kluft der Hospitaliter vom heiligen Johannes und er trug Langschwert und Dolch. Wenn auch nicht offen, waren die Hospitaliter eher dem stauferischen Lager zugeneigt. Es war also nur folgerichtig, dass sich die Bamberger Domherren der Johanniter bedienten.

Simon war sich nur nicht sicher, welchen Rang Ralph bekleidete. Ralph nutzte in der Begrüßung weder Titel, noch Rang oder Funktion. Das zeugte eher davon, dass er ein hoher Gesandter mit weitreichenden Befugnissen war.

Simon wusste dass er vorsichtig sein musste.

„Was verschafft mir die Ehre eures Besuches?"

„Mein Bischof hat beschlossen, dass es wichtig sei, ein Gegengewicht zu der stauferischen Expansion zu schaffen. Zu viele wichtige Straßen verlaufen in dieser Region und es ist unabdingbar, dass eine Kontrolle im Sinne der Mutter Kirche erfolgt."

„Aha. Das ist aber sehr löblich, dass Bamberg uns in unseren Bemühungen und Anstrengungen nunmehr zu unterstützen beabsichtigt."

Abt Simon witterte die Falle und sah seinen Prior bedeutungsvoll an.

Bruder Ralph nickte dem ihn gegenübersitzenden Ritter freundlich zu, der aber weiterhin schwieg und nur beobachtete und fuhr fort:

„Herr Gutzold von Ilbenstadt ist als Burgherr durch den Bischof mit der Verwaltung, dem Ausbau und der Befestigung der Wonneke beauftragt.

Jedoch wird im Kürze Reinhards Sohn, der junge Reinhard, als Vogt die Wonneke belehnen und mit umfangreichen Schenkungen und Befugnissen versehen."

„Reinhards Sohn?"

Trotz Simons unauffälliger Warnung, rutschte Markus Bemerkung geradezu heraus.

Ralph lächelte den Prior an: „Ja, Pater Prior. Er hat Wilhelm die Treue gelobt und sich von den Staufern und seinem Vater im Dom zu Bamberg öffentlich losgesagt. Das macht ihn zugleich zu einem idealen Gegengewicht zu seinem Vater und seinem Onkel. Ein weiterer Vorteil -- es ist sehr unwahrscheinlich, dass es in der hiesigen Region deswegen zu irgendwelchen Kampfhandlungen kommen werden wird."

Dann wandte sich Ralph erneut Simon zu: „Und Abt Simon, ein aktiver Landvogt wäre letztlich auch eine wirkliche Entlastung für euch als hiesiger Rechtswahrer der Kirche. Faktisch wart ihr in den letzten Monaten der Einzige, der für das Recht in dieser Region gestanden hat.

Nun könnt ihr euch wieder vermehrt der Mission und dem Ausbau von Kloster und Orden widmen."

Simon war überrumpelt. Er antwortete vorsichtig: „Es passiert sehr viel in diesen Tagen. Ich werde mich mit dem Domkapitel in Mainz kurzschließen und beraten müssen."

Nicht nur Markus, auch Simon hatte begriffen, dass soeben die meisten der Vorhaben von Mainz und dem Kloster durchkreuzt worden waren.

Auch Ralph merkte, dass er Simon in die Ecke getrieben hatte: „Abt Simon, niemand möchte euch, euren Orden, eure Funktion als Archipresbyter oder die hiesige Mission einschränken oder angreifen.

Ebenso wenig liegt es im Interesse meines Bischofs, einen Konflikt mit seinen Mitbrüdern in Mainz zu schüren.

Tatsache aber ist, dass in der hiesigen Region sowohl Bamberg, als auch Mainz und Fulda Interessen haben. Und auch mein Orden verfügt mit Rudenkeim und Langenselbold über umfangreiche Schenkungen in der Nähe."

Ralph legte eine kleine Pause ein und trank einen Schluck heißen Honigwein, den ein Frater für aller herbeigebracht hatte.

„Zugleich haben wir noch den Konflikt zwischen den Stauferischen, den Herren, die eher Wilhelm oder der Kirche zugetan sind und denen, die ihr eigenes Süppchen zu kochen versuchen und in dieser Zeit ohne Führung versuchen, alle Parteien gegeneinander auszuspielen."

Prior Markus schien das letzte Argument als kleinen Seitenhieb zu verstehen, was man seinem Gesicht deutlich ansah.

„Pater Prior, damit meine ich keinesfalls euch oder euren Orden. Ich beziehe mich vielmehr auf lokale Ritter und Herren. Es gibt hier zu wenig wirkliche „Führung" und das müssen wir jetzt für diese Region selbst in die Hand nehmen. Ich sage ausdrücklich „wir", denn das kann nur gemeinsam geschehen.

Die Pest und das Antoniusfeuer haben zu viele Opfer gekostet. Die Orte sind entvölkert. Konflikte bringen niemandem etwas.

Wir müssen uns regelmäßig alle treffen, an einen Tisch setzen und sehen, wie wir Aufgaben und Gebiete so verteilen, dass allen gedient ist."

„Bruder Ralph. Versteht meine Frage bitte nicht falsch. Darf ich euch nach eurer Funktion und eurem Rang befragen?"

Prior Markus hatte Mut gefasst und gefragt. Simon von Arras war erleichtert, wollte er sich selbst diese Blöße nicht geben.

„Aber gern. Ich habe es schlichtweg vergessen. Ich bin Prior der Komtureien meines Ordens in Franken und päpstlicher Sonderlegat."

„Kann ich euer Kommen so verstehen, dass ihr ..."

Prior Ralph unterbrach Markus lächelnd und mit sanfter Geste.

„Es sitzen noch andere an diesem Tisch und nicht für jedermann sind derartige Themen bestimmt."

Er nickte Willin zu, der die gesamte Zeit interessiert zugehört hatte.

„Dennoch möchte ich euch so viel verraten, dass ich mit jedem und mit jeder Seite Gespräche führe und ich gehe davon aus, dass selbst der unsägliche Bann unserer Mutter Kirche, der auf diesen Landen lastet, alsbald ein Teil der Geschichte sein dürfte."

Simon von Arras nickte zustimmend.

„Darf ich euch fragen Prior Ralph, warum ihr Willin zu diesem Treffen mitgenommen habt? Ich habe ihn erst kürzlich für die Dauer eines Jahres von der Gemeinschaft der Gläubigen ausgeschlossen."

„Und das mit Recht. Was er mir geschildert hat -- ihr wart sehr geduldig mit ihm. Aber alles was wir hier gleich zu besprechen haben, verbraucht Unmengen von Holz und Reinhard möchte deswegen Willin als Waldbauern mit der Vertretung seiner Interessen in Hostheim beauftragen."

Ralph ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Zunächst zu Prior Markus, dann zu Abt Simon und zuletzt zu Willin, den er lange zu taxieren schien.

Dann sah er wieder Simon von Arras an.

„Ihr habt ihn zu Recht aus der Gemeinschaft der Gläubigen ausgeschlossen und da ihr den Richtspruch gefällt habt, würde ich euch gerne bitten, diesen wieder aufzuheben. Wir brauchen ihn -- leider -- in seinen beiden Funktionen.

Ich bin zuversichtlich, dass wir einen anderen Weg für ihn finden werden, Reue zu zeigen und etwas Wesentliches für das Wohl der Gemeinde und der Mutter Kirche beizusteuern."

Ralph fixierte Willin förmlich mit seinem nunmehr sehr harten Blick. Abt Simon verstand sofort, warum dieser Mönch seinen hohen Rang bekleidete. Dies war ein Mensch, mit dem man sich besser nicht anlegte.

Willin hustete und begann etwas unsicher: „Ich wollte mich bei Euch für meine Worte und für mein respektloses Verhalten entschuldigen Prior Markus... Abt Simon. Es tut mir leid.

Ich wäre bereit, Euch als Wiedergutmachung und Buße einen meiner Knechte für ein Jahr zu überlassen und obendrein zwanzig Klafter guten Bauholzes."

Simon spürte nun seinerseits den aber nun wieder weicheren Blick des Mönchritters auf sich ruhen. Willins Stimme und sein Verhalten zeigten seinen Worten zum Trotze keinerlei Reue -- nur etwas Angst und Unsicherheit.

Die angebotene Wiedergutmachung war aber dennoch sehr großzügig. Das Holz und die Arbeitskraft waren hochwillkommen. Doch eigentlich wollte er Willin nicht so einfach davon kommen und sich loskaufen lassen.

Er wusste, dass ein Großteil der aktuellen Entwicklungen darauf zurückzuführen waren, dass dieser Waldbauer mit den richtigen Leuten zur richtigen Zeit gesprochen hatte.

Doch das was Willin nun losgetreten hatte, war viel größer, als er selbst vermutete. Prior Ralph hatte in der Tat eine große Vision.

Und ehrlicherweise war Willin ein Mensch, der sich schon bald wieder selbst in Schwierigkeiten bringen würde. Sollten sich dann doch andere darum kümmern.

Zögernd nickte der Archipresbyter.

„Na dann wäre das ja auch geklärt.

Willin, ich würde euch bitten uns jetzt zu verlassen. Geht in die Kirche und betet zu Gott, dass er euch die Gnade einer zweiten Chance erweist. Abt Simon, Prior Markus, Herr Gutzold von Ilbenstadt und ich haben noch Vieles zu besprechen."

„Findet euch nächsten Sonntag zum Gottesdienst hier ein. Ich werde es öffentlich für alle verkünden, dass unser Bann nunmehr aufgehoben ist."

Simon wollte zumindest das letzte Wort in dieser Angelegenheit behalten.

9. Der Eklat

 

Während draußen noch das Fest im Gange war, hatte sich Ursell in die Michaels Kirche zum Beten zurückgezogen.

Alles schien sich zu einem Guten zu fügen.

Mertein blickte einer sorgenfreien und glücklichen Zukunft entgegen und auch Maiks Geselle Luther machte einen sehr guten Eindruck auf sie.

Es war offensichtlich. Er war nicht der Klügste, aber er war groß, stark und hatte offensichtlich ein gutes Herz. Sie fand ihn sympathisch.

Jetzt musste sie nur noch zwei, drei weitere Sommer den Hof führen, dann würde sich schon ein passender Gatte für ihre Margred finden, der dann mit ihr zusammen den Hof übernehmen konnte.

Sie hatte zu Gott und der Jungfrau gebetet, ihr diese Zeit noch zu vergönnen. Sie spürte, dass immer weniger Kraft in ihrem Körper war. Unbeugsamen Willen und ihr inneres Feuer -- das konnte sie entgegen setzen. Sie wollte noch nicht gehen. Nicht so lange nicht alles geregelt war.

Und doch fühlte sie sich müde -- unsäglich müde und ausgezehrt. Sie konnte und durfte es nur niemandem zeigen. Sie musste stark sein. Nur das schützte sie alle.

Langsam ging sie in Richtung der Seitentür. Gerade als ihre Hand den Türriegel erreichte, wurde dieser von außen betätigt, die Türe öffnete sich und Willin stand vor ihr.

„Gott zum Gruße Willin. Ihr hier?"

Ursell war verblüfft und überrascht. War er nicht durch Abt Simon höchst selbst für ein Jahr aus der Kirche ausgeschlossen worden. Nun war das aber ein Ort zum Beten. Und das Beten war ja jedem gestattet.

„Ja Ursell. Ich bin mit Prior Ralph von den Hospitalitern hierhergekommen. Prior Simon hat mich wieder in die Kirche aufgenommen. Nächsten Sonntag wird es verkündet."

„Ich gratuliere euch Willin."

Sie mochte ihn nicht sonderlich. Aber ihre beiden Familien waren seit Generationen nicht nur in Hostheim bedeutend und einflussreich.

Nur wurde in der Vergangenheit Willin dieser Verantwortung nicht mehr gerecht.

Ursell wusste, es war sehr schwer, gegen den Schatten seines Vaters oder Großvaters zu bestehen. Beides waren bedeutende Waldbauern, die Ursell von Kindesbeinen auf her kannte. Sie erinnerte sich kurz.

„Danke Ursell. Ich wollte mich mit euch unterhalten."

„Gut. Wir können gern ein paar Schritte miteinander gehen."

„Es muss nicht direkt jeder mitbekommen, was wir zu besprechen haben."

„So bedeutend, wie geheimnisvoll Willin? So seid ihr doch sonst nicht."

„Was soll das denn wieder heißen", Willin lachte kurz auf.

„Ursell, ich wollte euch erst einmal zu eurem Glück gratulieren, Mertein bei Maik untergebracht zu haben. Als Brucher wird sich der Junge sehr gut machen. Ich bin mir da sehr sicher. Er ist schlau und Maik hat zwei hübsche Töchter."

„Meinen aufrichtigen Dank Willin."

Ursells Stimme klang weich und warm.

„Ursell, ich weiß nicht ob ihr bereits gehört habt, dass Reinhard, Reinhards Sohn als Vogt für die Bamberger eingesetzt werden soll und die Wonneke bezieht. Die Bamberger erneuern auch ihren Anspruch auf Hostheim und ich soll Reinhards Interessen in Hostheim vertreten."

„Das ist mir in der Tat neu. Es erklärt auch, warum der Bann gegen Euch so schnell fallen gelassen wurde."

„Ihr seid schlau Ursell. Das wart ihr schon immer."

„Das meinen viele. Aber ich bin nur alt und habe vieles gesehen."

Willin grinste: „Weshalb ich mit Euch reden wollte -- nicht nur Maik hat zwei hübsche Töchter. Auch eure Margred ist sehr hübsch und wenn wir unsere Höfe und unseren Einfluss zusammentun, wäre das eine sichere Zukunft für euch und eure Enkelin und unsere beiden Familien."

Willin war dicht an Ursell herangetreten. Sein schlechter Atem ekelte sie beinahe so stark an, wie seine unverschämte Offerte.

„Willin, ich danke euch für Eure Worte. Doch ihr werdet in Zukunft mit eurem Hof und der Wahrung der Interessen Reinhards eine Menge zu tun haben. Wenn das alles stimmt, was man so hört, wird viel Holz in den nächsten Jahren benötigt werden. Aus Wäldern werden Äcker -- ihr werdet sehr viel zu tun haben.

Ein Hof wie der meine erfordert sehr viel Zeit und Muße. Auch ist Margred noch nicht alt genug für die Ehe. Sie trägt zudem noch nicht die Schärpe des Frauentums."

Ursell sah Willin durchdringend an: "Umgekehrt -- ich bin offen -- seid ihr schon sehr alt."

„Wie meint ihr das?"

Willin sah ihren Blick und wusste instinktiv, dass er hier mit Reden nicht mehr weiter kommen würde. Sie hatte ihren Entschluss bereits gefasst und zugleich zeigten ihm ihre Worte, dass sie ihm nicht sonderlich viel zutraute.

Willins Maske der Freundlichkeit fiel schnell: „Meint ihr damit, ich wäre zu alt, es ihr richtig zu besorgen?

Oder meint ihr, ich wäre nicht in der Lage, einen großen Hof ordentlich zu bestellen?"

Willins Stimme gewann mit einem Mal eine gefährliche Schärfe.

„Das habt ihr gesagt und ich glaube in der Tat, dass ihr Eurem Erbe nicht gerecht werdet. Zwei große Höfe werden es trotz aller unserer Knechte und deren Familien nicht besser machen."

Ursell sah ihn offen an: „Ihr wärt kein guter Mann für meine Margred. Sie braucht einen in ihrem Alter oder einen, der nur etwas älter ist und erfahren genug, den Hof mit ihr zu führen.

Willin, ihr habt schon um Margreds Mutter Grete geworben und sie hatte euch abgelehnt.

Seht euch doch nur einmal selbst an - Eure Kleidung?!

Wann habt Ihr Euch das letzte Mal gewaschen?!

Margred braucht vor allem einen zuverlässigen und fleißigen Mann, der anpackt und mehr Zeit auf den Feldern, als in den Braustuben verbringt. Ich weiß, dass ihr dort auch wichtige Geschäfte tätigt. Aber ihr trinkt, ihr spielt und ihr beehrt die Schankweiber. Und wenn man deren Worten Glauben schenken würde, dann habt Ihr schon jetzt Probleme, selbst dort Euren Mann zu stehen."

Willin, wir reden hier unter vier Augen. Meint Ihr Euer Anliegen ernst?

Seid ehrlich zu Euch selbst!"

Willin war betroffen. Ursell hatte ruhig und beinahe emotionslos all das dargelegt, wofür er sich selbst hasste. Wie konnte sie ihm und seinem Rang nur so wenig Respekt entgegenbringen. Mit seinem Zorn stieg auch die Galle in ihm hoch und brannte scharf.

Seine Stimme überschlug sich beinahe: „Ich kann Euren Hof mitbestellen und das werde ich. Und ich werde Eure Margred noch dieses Jahr in mein Bett legen. Und ich werde sie hart ran nehmen und zu meinem Weib machen. Und ich werde meinen Mann stehen und dabei über deine Worte lachen. Und du altes Weib wirst nichts dagegen tun können. Mitansehen sollst du es und mit diesem Wissen zu den deinen gehen!"

Ursell war bestürzt. Sie wusste, dass Willin mitunter unbeherrscht war, aber sie war fassungslos über das Ausmaß an Hass und Frustration, dass ihr hier entgegenschlug.

„Meinst du das wirklich ernst?"

„Das meine ich. Der Vogt wird feststellen, dass du deinen Hof nicht mehr regelgerecht bestellen kannst und wird jemanden seines Vertrauens einsetzen. Und das werde ich sein. Ich hätte mich gut um dich gekümmert. Jetzt habe ich nur noch Verachtung für dich übrig Ursell. Verrotten sollst du alte Hexe!"

Bebend vor Wut ließ Willin Ursell einfach stehen und eilte von dannen.

Kopfschüttelnd blieb Ursell zunächst stehen und suchte dann Maik auf, um sich mit ihm zu beraten. Sie wusste, sie hatte einen Fehler gemacht.

Zwar war Willin bei Weitem nicht so mächtig, wie er ihr gegenüber tat. Aber er war eben auch nicht ohne Macht. Er konnte wirklichen Ärger machen.

Ihr Fehler war im Augenblick des Glücks offen darüber zu sprechen, was sie wirklich von Willin hielt. Sie war abgelenkt und bar jeder Vorsicht, die ihr sonst zu Eigen war -- Willin dagegen ein nachtragender und gefährlicher Gegner.

Das wusste sie jetzt.

Sie musste vorsichtig sein und versuchen, Willins nächste Schritte voraus zu ahnen. Dass diese kommen würden, dessen war sie sich sicher.

Sie hatte großen einen Fehler begangen.

Sie sah Maik schon von weitem. Es saß noch mit den anderen am Tisch und feierte den Antoniustag.

10. Eine böse Idee

 

Willin war wieder einmal in seiner Stammschänke und in ein Gespräch mit dem Wirt Jobst vertieft. Die anderen waren noch nicht eingetroffen.

„Und wie willst du das anstellen Willin?"

„Jobst, sie ist ein uraltes Weib. Niemand ist so alt wie sie. Man muss sie nur ansehen, um zu wissen, dass sie eine Hexe ist."

„Willin, viele sehen sie an -- mit Achtung und Respekt. Aber ist sie deswegen gleich eine Hexe? Die alte Ursell war schon immer da. Sie wird geschätzt. Sie ist hart zu sich selbst. Und sie gibt den Armen. Ursell besucht den Gottesdienst und sie hatte sogar etwas Arbeit für den Priester, als noch der Bann über Hostheim lag."

„Die Pest und das Antoniusfeuer..."

„Hat auch den Hof der alten Ursell ergriffen und ihren Sohn und dessen Familie aber auch ihre Tochter und ihren Schwiegersohn hinweggerafft. Wäre sie eine Hexe, wäre die Familie wohl eher verschont geblieben."

Willin lenkte ein, da er merkte, dass er hier nicht weiter kam.

„Du hast ja Recht Jobst."

„Willin, ein gut gemeinter Rat -- sei vorsichtig, wenn du die alte Ursell angehen willst. Viele schätzen sie hier in der Gegend und ihren Rat."

„Und mich etwa nicht?"

„Du bist jetzt nicht mehr nur Waldbauer. Du bist auch der Vertreter des Vogts. Die Leute bewerten immer eine Person nach ihren Taten und ihrem Einfluss", Jobst versuchte immer noch Willin von seiner Idee abzubringen.

Fronicka, die Schankmagd kam dazu und mischte sich in das Gespräch ein.

„Willin, sammele Beispiele und Beweise für Hexenwerk und deine Vorwürfe. Etwas passiert immer irgendwo. Der Teufel ist unter uns. Und vergiss nicht, der Schwarzblutweiher zählt zu Ursells Hofgrund.

Aber mein Rat ist derselbe, wie der von Jobst -- lass es besser sein. Den Hof und Margred bekommst du auch durch Zuwarten. Ursell ist nicht die Gesundheit in Person. Sie hat mehr Winter erlebt ..."

„Danke für den Hinweis Fronicka. Warum hilfst du mir?"

„Weil Du es mir mit klingender Münze entlohnen wirst. Ich werde nicht jünger. Und ich habe zwei Kinder satt zu bekommen."

„Klingende Münze -- das werde ich, wenn du mehr lieferst und dich umhörst. Du hast Recht Fronicka. Ich brauche „Beweise", sonst werde ich nicht erfolgreich sein."

„Ich werde mich umhören Willin."

Jobst schüttelte missbilligend den Kopf.

„Ich halte nach wie vor nichts von der Idee. Willin, du hast genug und du wirst durch die Holzgeschäfte noch mehr haben. Wenn auch nur ein Teil dessen stimmt, was du sagst und was die hier alle vorhaben, wird es hier bald kaum noch Wald und nur noch Äcker und Wiesen geben. Lass die alte Ursell und ihren Hof."

„Es geht mir nicht nur um die alte Ursell und ihren Hof."

„Du willst die Kleine? Ja sie ist hübsch. Aber sie ist blutjung. Ist sie überhaupt schon bei den Frauen."

„Noch nicht. Aber das ist mir egal. Ich konnte schon ihre Mutter nicht haben und das ist jetzt auch was Persönliches.

Ich will sie besitzen.

Ich brauche eine junge Frau und ich brauche Kinder.

Mit den beiden Höfen -- vielleicht ist irgendwann auch ein Ritterschlag drin."

Jobst betrachtete Willin lange und nachdenklich. Willin hatte zweifelsfrei sehr gute Eigenschaften. Er setzte sich auch für seinesgleichen ein und tat anderen auch mal Gefallen. Aber Willin sah darin dann immer auch eine sich daraus ergebende Verpflichtung der anderen ihm selbst gegenüber.

Jobst hatte immer gewusst, dass sein Stammgast rücksichtslos seine Ziele verfolgen konnte.

Und genau damit wollte er rein gar nichts zu tun haben.

„Willin, ich finde es trotzdem nicht gut."

Jobst stellte einen neuen Krug vor Willin ab und betrachtete auch Fronicka nachdenklich, die wieder anfing, Willin zu umgarnen.

Jobst ging zurück zu seinem Tresen und dachte dabei über seine Schankmagd nach.

Fronicka hatte keinerlei Selbstachtung.

Ja, sie spottete über Willin und sie schimpfte über ihn.

Doch jetzt, wo er mehr Macht und Einfluss hatte, verschoben sich offensichtlich ihre Werte.

Wollte sie ihn einfangen? Oder wollte sie ihn melken. Das konnte sie getrost vergessen. Er würde sich ihrer nur bedienen.

Jobst wurde sich genau in diesem Moment darüber klar, wie wenig er sie jetzt noch mochte. Fronicka war alt geworden. Und hässlich. Nicht hässlich von ihrem Aussehen -- eher von ihrem Wesen. Eine hässliche Schankmagd konnte sehr beliebt sein, wenn sie ein guter und offener Mensch war. Fronicka war verderbt geworden, wie auch er selbst. Er würde sich nach einer neuen Schankmagd umsehen müssen.

In diesem Moment kamen Jorg und Kai. Selbolt würde dann wohl auch gleich kommen.

Jobst hoffte, die drei würden Willin seine Idee austreiben.

11. Der Handel

 

„Und wie wollt Ihr das anstellen, Willin?"

Gutzhold von Ilbenstadt saß mit Willin zusammen im gerade fertig gestellten großen Saal der Burg Wonneke.

„Gutzhold, ich habe hier eine Liste von Anschuldigungen. Einige sind bezeugt, aber ehrlicherweise würde ich mich mit denen nicht zu intensiv auseinandersetzen. Für eine Anklage sollte es aber in jedem Fall reichen. Die üblichen Punkte ... Sauer gewordene Milch, Säuglinge, die an der Mutterbrust gestorben sind, missgestaltet geborene Kinder und Tiere, das Antoniusfeuer, die alten Riten am Schwarzblutweiher, der auf Ursells Grund liegt und natürlich, dass Ursell als Hexe ein widernatürlich langes Leben hat. Vielleicht hat sie es ja mit den Seelen ihrer eigenen Kinder erkauft? In jedem Fall müssen wir deren Nachkommen davor schützen, das gleiche Schicksal zu erleiden."

Gutzhold nickte zustimmend.

„Damit werdet ihr aber kaum zu den Antonitern gehen können. Ich glaube Simon von Arras wäre euch nicht nur in dieser Hinsicht alles andere als wohlgesonnen."

„Das muss ich auch gar nicht. Reinhard kann das genauso gut entscheiden -- oder ihr in seinem Namen."

„Hexenwerk ist Kirchenrecht."

„Ich kann zwar nicht lesen, aber mein neuer Vorarbeiter kann es. Er war mal ein Mönch, ist aber von den Dominikanern rausgeschmissen worden. Er steht auf kleine Jungs. Ist mir persönlich egal, weil er gute Arbeit leistet.

Er hat mir gesagt, dass Papst Alexander an alle größeren Klöster geschrieben hätte, dass sich die Kirche mehr der Häresie und weniger mit Wahrsagern, Hexen und Zauberern auseinandersetzen soll. Für Letztere wären die weltlichen Gerichte eingesetzt."

„Also wir?"

„Genau. Ihr seid zuständig."

„Und wenn ich den Prozess gegen Ursell anstrenge?"

„Bekommt ihr von Selbolt und mir das Holz, das ihr braucht, um die Motte einzufrieden und doppelt gebrannte Ziegel aus Hostheim."

„Ihr müsst mir das doch sowieso liefern."

„Ihr bekommt aber alles so schnell, dass ihr vor Reinhard auch mit großen Erfolgen aufwarten könnt."

„Und wenn euch diese Margred als Mündel zugesprochen wird und ihr damit direkten Zugriff auf die Jungfer und den Hof erhaltet?"

„Werden ein Fuchs mit Silber sowie der Heckenwingert in euren persönlichen Besitz übergehen."

„Ich sehe, wir sind uns einig Willin. Man kann sehr gut mit Euch Geschäfte machen. Lasst Reinhard mein Problem sein und bewahrt über unsere Übereinkunft Stillschweigen."

12. Entscheidungen

 

Reinhard, Gutzhold, Prior Ralph und Abt Simon saßen nun schon fast einen ganzen Vormittag zusammen.

Die Besprechungen waren sehr produktiv und tatsächlich fand man eine Reihe von Lösungen, um Gebietsstreitigkeiten durch gleichwertigen Tausch dauerhaft beizulegen.

Reinhard und Ralph waren guter Dinge und auch Simon war erleichtert. Reinhard trat die Welschen Höfe an die Antoniter ab, wenn diese im Gegenzug ihre ohnehin schwachen Ansprüche auf Hostheim aufgaben.

Damit konnte Simon von Arras sehr gut leben.

Dann besprach man das Tagesgeschehen und auftretende Probleme.

„Ich habe gehört, ihr hättet in Hostheim eine Hexe dingfest gemacht und eingekerkert."

Gutzhold für Ilbenstadt antwortete sehr beiläufig: „Ja Abt Simon. Das haben wir. Es gibt umfangreiche Anschuldigungen vieler Bürger gegen die alte Ursell wegen Hexerei. Wir haben vor, in einer Woche über sie Gericht zu sitzen."

Der Burgmann wusste, dass sich Reinhard für diese Art von Tagesgeschäft im Moment so gut wie gar nicht interessierte.

Reinhard traf sich insgeheim mit seinem Onkel und mit seinem Vater, um sich mit beiden abzustimmen. Das Ziel der drei war es, langsam und stetig die Einflusssphäre an Kinzig und Main auszudehnen. Besonders hatte Reinhard das Dorf Hagennouwa am Main ins Auge gefasst.

Mit diesem kleinen Ort hatte er die Option, einen Hafen an einem der wichtigsten schiffbaren Flüsse und damit eine Aufwertung der von ihm kontrollierten Handelsstraßen unter Umgehung von Offenbach oder Frankfurt zu errichten.

Gutzold wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Simon erstaunt seine Stimme hob und nachsetzte: „Ursell? Eine Hexe? Ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich da nicht dran glaube."

Simon von Arras äußerte sich offen. Er hatte insbesondere Prior Ralph und Reinhard in den letzten Wochen wertschätzen gelernt.

Gutzold von Ilbenstadt dagegen mochte er nicht besonders. Dieser Mann war jemand, der seine Fahne nach dem Wind ausrichtete.

Simon wandte sich direkt an Reimund: „Fallen Hexen jetzt eigentlich in meinen oder in Euren Zuständigkeitsbereich Reimund?"

„Das ist mir egal. Gutzhold ist mein Burgherr und er kümmert sich an meiner Stelle um solcherlei Dinge."

Prior Ralph mischte sich ein: „Ich gebe Abt Simon Recht, dass wir solche Fragen auch gemeinsam regeln sollten. Auch ich sehe solche Vergehen eher in seinem Zuständigkeitsbereich als Erzpriester."

„Hatte nicht Papst Alexander kürzlich genau deswegen die großen Klöster angeschrieben?"

„Ihr seid sehr gut informiert Gutzhold von Ilbenstadt. In der Tat gibt es ein solches Schreiben. Jedoch meinte der Heilige Vater damit die Dominikaner und deren Bestreben, Hexen und Zauberwerk gezielt ausfindig zu machen und auszumerzen. Ihm ging es eher darum, unsere Mitbrüder daran zu erinnern, dass eher Waldenser oder Katharer und andere gotteslästerliche Häretiker in unseren Fokus rücken sollten."

Prior Ralph argumentierte in Simons Richtung, was dieser wohlwollend aufnahm. Reinhard war es offensichtlich egal. Aber Gutzhold schien die Fragestellung, wer Recht sprechen sollte, sehr wichtig zu sein.

„Ich schlage vor Reinhard, wir sitzen in solchen Fragen künftig gemeinsam zu Gericht."

Prior Ralph platzierte sich damit selbst - unauffällig aber für Simon durchaus wahrnehmbar -- ebenfalls im Bereich der Rechtsprechenden.

„Ich finde an der Idee nichts auszusetzen. Wir können gerne die Wonneke als gemeinsamen Richtsitz bei Fällen nutzen an denen alle Parteien ein Interesse haben. Damit wäre für jedermann sichtbar, dass weltliches und kirchliches Recht gemeinsam Hand in Hand gehen."

„Dann machen wir das so. Herr Gutzhold, ist die alte Ursell denn bereits einer „Unterfragung" unterzogen worden."

Abt Simon beschloss zum Thema zurückzukommen. Maik der Brucher hatte ihn darum gebeten.

„Nein. Sie ist zu schwach. Der Kerker bekommt ihr nicht sonderlich gut."

„Dann schlage ich vor, machen wir das auch nicht. Wie wolltet Ihr mit ihr verfahren, um herauszubekommen, ob sie eine Hexe ist?"

„Läuterung in den Flammen oder Schwimmprobe -- das Übliche, was die Dominikaner empfehlen."

Gutzhold gab sich pragmatisch, liefen für ihn und Willin beide Alternativen letztendlich auf das gleiche hinaus.

„Für einen Unschuldigen ist das Läuternde der Flammen der direkte Weg in das Paradies", zitierte Reinhard lakonisch Papst Gregor IX, als er Simons angewiderten Blick bemerkte.

„Ich denke, dass die Schwimmprobe wahrscheinlich humaner ist und zumindest auch die Wahrscheinlichkeit in sich birgt, dass jemand der wirklich unschuldig ist, sie auch überlebt", setzte Reinhard nach.

„Es ist dennoch barbarisch. Wir müssen sicherstellen, dass sie nicht nur an Armen und Beinen gebunden, sondern auch mit einem Seil zu ihrer Rettung gesichert wird."

Auch der Hospitaliter schien nicht viel von solcherlei Praktiken zu halten.

„Ich werde mich persönlich darum kümmern."

Gutzhold war verbindlich und hatte damit - wenn auch über Umwege - sogar sein Ziel erreicht.„Dann ist es beschlossen und wir treffen uns heute in einer Woche auf der Wonneke um uns auszutauschen und Gericht zu sitzen."

13. Das Gericht

 

„Ursell, und ihr bestreitet zauberkundig zu sein und dunkle Künste einzusetzen, um das Schicksal von Menschen und Tieren in Eurer Umgebung zu beeinflussen und zu verderben?"

Gutzhold von Ilbenstadt verstand sein Handwerk.

„Ursell, wir haben hier sehr viele Aussagen von rechtschaffenden Bürgern, die aber genau das nahe legen."

Demonstrativ legte er seine Hand auf einen Stapel Pergamente, wobei ein großer Teil ganz andere Aufzeichnungen enthielten.

„Herr Gutzhold, ich war mein Leben lang eine gute Christin und viele der hiesigen Priester und Mönche werden bestätigen können, dass ich regelmäßig Kirchen und Kapellen aufsuche um zu beten und an der heiligen Messe teilzuhaben und das sogar, obwohl unser Dorf sehr lange unter dem Bann lag."

Viele der Anwesenden nickten zustimmend.

„Das muss ich aus eigener Beobachtung bestätigen. Die alte Ursell ist auch bekannt dafür, großzügig unser Hospital zu unterstützen."

Prior Markus machte diesen Einwand, weil sein Abt Simon als Richter fungierte. Doch dies war zwischen den Beiden abgesprochen.

„Das Böse kann in vielen Masken auftreten und es ist unbestreitbar, dass seitdem ihr lebt Ursell, in dieser Region viele schlimme Dinge passiert sind ... Missernten, Regen, plötzliche Wintereinbrüche, die Sonne hatte allzu oft gar nicht die Kraft, die Wolken zu durchbrechen. Dann die Pest, das Antoniusfeuer, die Mäuseplage vor vier Jahren, missgestaltete Kinder, die geboren werden ...

Betrachtet man sich die alten Aufzeichnungen, gab es all dies früher hier nicht.

Und Ihr seid widernatürlich alt."

„Dass ich sehr, sehr alt bin, dafür kann ich nichts. In dieser Spanne ist vieles passiert, was gut war, aber auch vieles, das sich als sehr schlimm für alle Menschen erwiesen hat. Gott schenkte mir ein langes Leben. Ich hätte es gern dafür hergegeben, wenn dafür mein Sohn oder meine Tochter noch leben könnten."

„Und welche Erklärung habt ihr für all dies Ursell, wenn das nicht das Werk dunkler Künste und einer Hexe sein soll?"

„Ich habe für das was ihr da aufzählt keine Erklärung. Wohl aber warum ich heute hier vor euch stehe..."

„Und warum steht ihr vor uns?"

„Weil Willin mich zu Unrecht beschuldigt hat, um sich so an mir zu rächen. Er will den Hof und er will meine Enkelin Margred zum Weib. Er will mehr Macht und Einfluss. Aber ich akzeptiere ihn nicht als Mann meiner Margred und das habe ich ihm so gesagt."

„In der Bibel steht, du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen."

„Das sagt nicht mir Burgherr. Sagt das zu Willin, den Waldbauern."

„Ich sagte das zu euch Weib, weil Willin ein allgemein respektierter und wertgeschätzter Waldbauer ist und zudem ein Vertreter Reinhards in Hostheim und somit ein Wahrer des Rechts, wie ich selbst.

Verleumdungen über ihn zu hören sind wir hier nicht zusammengekommen.

Ich sage, Ihr versucht damit vielmehr von Euren eigenen Verfehlungen abzulenken und die Saat des Zweifels in unsere Herzen zu setzen."

„Die Wahrheit werden alle sehen können, wenn Willin den Hof übernimmt und Margred gegen ihren Willen zwingt, mit ihm das Lager zu teilen, um ihm Kinder zu schenken. Damit wird er Margred erniedrigen, um mich zu treffen. Und er wird damit auch seine Rache an meiner toten Tochter ausleben, die ihn vor langer Zeit ebenso zurückgewiesen hatte."

Ursells Stimme klang krächzend. Ihr Hals war trocken und sie hatte längere Zeit kein Wasser zu trinken bekommen. Sie wusste warum. Sie sollte so klingen, wie eine Hexe.

Dennoch fuhr sie fort: „Herr Gutzhold, ihr habt die Bibel zitiert. Es heißt doch auch, du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen und du sollst nicht das Haus deines Nächsten begehren, nicht sein Feld, seinen Sklaven oder seine Sklavin, sein Rind oder seinen Esel, nichts, was deinem Nächsten gehört.

Willin begehrt dies alles.

Bald sehen alle, dass nicht Hexenwerk sondern vielmehr gekränkte Eitelkeiten und Habgier die Krankheit war, die dieses Unheil heraufbeschworen haben.

Aber dann werde ich wahrscheinlich schon tot sein und Willin triumphiert."

„Schweig altes Weib. Du beleidigst Willin, der nicht hier ist und sich nicht gegen dich erwehren kann. Du beleidigst einen Rechtswahrer und somit beleidigst du auch nicht nur mich selbst, sondern auch den hier anwesenden Fürsten Reimund, den Vogt dieser Region."

Reimund hörte regungslos und emotionslos zu. Es war schwierig an seinem Gesicht abzulesen, was er dachte.

Simon wusste, dass Ursell mit ihren Vorwürfen recht hatte. Das aber hier vor allen so zu sagen, würde Reinhard unter Druck setzen. Simon befand sich in einer Falle. Er wollte zum einen Ursell helfen -- nicht nur, weil Maik ihn darum gebeten hatte.

Es war einfach auch eine Frage des Gerechtigkeitsempfindens.

Aber gleichzeitig wollte er die jüngsten Erfolge und die Beziehung zu Reinhard nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.

Und so schwieg Abt Simon, wissend, dass er damit vieles verriet, wofür er den Habit genommen hatte.

„Ob schuldig oder nicht, wird ein Gottesurteil erweisen. Wir sind zum Schluss gekommen, dich der Schwimmprobe zu unterziehen.

Du wirst an Beinen und Armen gebunden. Das Wasser des Schwarzblutweihers wird geweiht werden. Du wirst in das Wasser gelegt. Bist du mit dem Bösen im Bunde, so wird dich das Wasser abstoßen und du wirst oben schwimmen. Dann ist es offenbar und die Flammen der Läuterung erwarten dich.

Ist es dagegen so, wie du sagst, dann wirst du versinken auf den Grund des Weihers und ein jeder weiß, dass du die Wahrheit gesprochen hast und keine Hexe bist.

Nach angemessener Zeit wird dich der Richtgehilfe mit einem Seil wieder an Land ziehen. So Gott will, wirst du dann wieder unter uns weilen und voll rehabilitiert und bar des Verdachtes sein."

„Ihr wisst, dass dies mein Tod sein wird?!"

Gutzhold hatte Schwierigkeiten sein Lächeln zu unterdrücken.

„Herr Gutzhold ich wiederhole es noch einmal. Ich bin keine Hexe. Doch wenn ich sterbe, dann flehe ich zu Gott, dass meine Seele nicht in den Himmel auffahren soll. Sie soll stattdessen in die Erde fahren.

Ihr habt euch beschwert, es regne zu viel und die Sonne sei mit Wolken umhüllt?

Die Sonne soll für euch scheinen. Und es soll heiß sein. Und kein Regen soll mehr die Äcker und den Wald benetzen, den Willin oder ihr Herr Gutzhold von Ilbenstadt, euer Eigen nennt."

Gutzhold kreuzte abwehrend seine Finger.

„Du sollst nicht fluchen Weib. Dein Hexenwerk wird hier kein Erfolg haben."

„Das ist nicht mein Fluch, sondern mein Wunsch an Gott.

Nur einen Fluch habe ich und der trifft Willin. Er soll nie wieder „seinen Mann" stehen können. Er wollte mich brennen sehen, das soll ihm selbst widerfahren."

„Schweig Hexe!"

14. Erntezeit

 

Gutzhold von Ilbenstadt wog den wohlgefüllten Silberfuchs zufrieden in seiner Hand. Willin saß ihm gegenüber am Tisch.

Braten, Brot und Bier standen vor ihnen und sie warteten beide, bis Jobst wieder weitergegangen war.

„Willin, es war gut, dass du nicht dabei warst. Aber viele Menschen konnten hören, was die Alte zu sagen hatte. Und ihr Fluch -- es ging mir durch Mark und Bein."

„Aber jetzt ist sie nicht mehr."

„Ja, unerfreulicher Weise hatte sich das Seil verhakt, mit dem wir sie herausziehen wollten. Sie war einfach zu lange unter Wasser ... Sie wird eine gute Beerdigung erhalten."

„In der Tat bedauerlich, Herr Gutzhold!"

„Und eine Tragödie für den Hof. Mertein ist bei Maik und irgendjemand muss sich doch um den Hof kümmern, bis Margred alt genug ist und heiratet."

„Genau. Wir müssen daran denken ihr zu helfen", Willin lächelte wissend.

„Abt Simon hat vorgeschlagen, dass er dies tun wolle..."

Willin wurde leichenblass und Gutzhold genoss es sichtlich.

„Aber ich habe zu Reinhard gesagt, dass dann die Antoniter direkt in seinem Vorgarten wären. Zwei, drei weitere Schenkungen an das Antoniterkloster und seine reale Machtbasis in Hostheim wäre dahin."

Gutzhold trank einen tüchtigen Zug.

„Es hat eine Weile gedauert. Nach den von Ursell geäußerten Vorwürfen zögerte Reinhard nachvollziehbarerweise dir die Verwaltung zu übertragen. Aber ich sagte, dass er damit aller Welt zeige, wie schwach er sei, sich durch ein totes altes Weib vorschreiben zu lassen, was er tun oder lassen solle.

Ich dachte schon, zu weit gegangen zu sein, aber er dachte kurz nach und sagte „Warum nicht"... Und so Willin, sind Hof und Maid Euer."

„Ich danke herzlich. Da wird noch etwas nachkommen zu dem Füchslein."

„Hhhmm. Gut. Du solltest noch etwas warten, bis du sie zu deiner Frau machst und sie sollte dabei zumindest nicht allzu unglücklich dreinblicken.

Weißt du schon, wie du es anstellen wirst... Das mit dem Hof?"

„Ich werde zwei meiner Landsknechte dort einquartieren. Sie können dort helfen und mitanpacken. Die alten Hofknechte sind ganz gut. Auch dieser Luther. Ich dachte eigentlich schon, dass Maik seinen Schüler wieder abzieht, nachdem die alte Ursell nicht mehr ist. Aber dem ist nicht so.

Und ich werde Fronicka dort unterbringen. Sie hat einen Jungen und ein Mädel. Die sind zwar ein paar Jahre jünger als Margred, aber es wird es ihr leichter machen.

Fronicka kann sich im Schwerpunkt um das Essen für die Knechte und Tagelöhner kümmern. Ich habe jetzt mehr Leute eingestellt, um dem Bedarf an Holz gerecht zu werden. Auch die Ziegelei will gebaut und unterhalten sein."

„Klingt nach einem vernünftigen Plan."

Willin wirkte stolz. Das Lob war wie Balsam. Er hatte lange nachgedacht: „Ich spiele einfach nur etwas auf Zeit. Jetzt habe ich Geduld. Sie kann mir nicht weglaufen. Sie ist jetzt mein Mündel."

Willin lachte und Jobst der gerade die nächste Ladung Bier gebracht hatte, drehte sich offensichtlich schaudernd um.

„Jetzt ist es an der Zeit zu ernten. Das Holz und demnächst eine andere Frucht. Und die muss nicht allzu reif sein."

Willin und Gutzhold prosteten sich gegenseitig zu.

„Aber eins musst du mir noch verraten Willin... Hast du es mal probiert... Steht er noch gut?"

„Klar. Die Fronicka ist zufrieden. Ich besorge es ihr täglich."

„Dann ist der Fluch an dir vorbei gegangen."

„Ich bin ein Mann und kann..."

Willin trank einen tiefen Schluck und wischte sich zufrieden mit dem Handrücken den Schaum vom Mund.

Dass es gerade nicht mehr so „klappte", musste niemand wissen.

15. Eine heiße Herbstnacht

 

Es war unerträglich heiß -- nicht nur in dieser Nacht. Nein die ganzen letzten Monate. Seit dem Frühjahr hatte es so gut wie nicht mehr geregnet und die Sonne brannte beinahe jeden Tag vom Himmel. Selbst jetzt im Spätherbst.

Die Bäche ringsum waren schon seit dem Frühsommer ausgetrocknet und die Ernte war ein einziges Desaster. Auch viele Bäume hatten ihre Blätter schon lange vor der Zeit abgeworfen.

Nach den Jahren des vielen Regens, der allgegenwärtigen Nässe und des dauerhaft diesig, trüben Wetters waren die Menschen im Frühjahr zunächst sehr froh, dass nun die wieder Sonne schien, es wärmer wurde und die Natur zu neuem Leben erwachte.

Aber die Sonne schien und schien ... und wollte gar nicht mehr aufhören zu scheinen.

So ging es den Menschen abermals schlecht und nicht wenigen von ihnen waren die letzten Worte der alten Ursell noch in den Ohren.

Vor allem Willin spürte abschätzenden die Blicke der Menschen, die immer auf ihm lagen, wenn er irgendwo einen Raum betrat oder er sich in der Öffentlichkeit bewegte.

Und diese Blicke brannten sich förmlich in seine Seele ein und als ohnehin unsicherer und verbitterter Mensch wurde nur noch verunsicherter und aggressiver.

Willin mied immer mehr die Öffentlichkeit und besuchte auch kaum noch die Schankstuben. Nur wenn es sein musste, ging er zu Gottesdiensten oder zu Geschäftspartnern.

Im Juni verließ er den eigenen Hof und zog in den Heckenwingerthof um.

Seine Geschäfte liefen bis Oktober recht gut -- noch!

Willin war klar, dass die Qualität des Holzes mit der Trockenheit litt und würde es jetzt nicht endlich regnen, wären viele der Bäume im Winter verloren.

Schon jetzt hatten viele Äste kaum noch die nötige Elastizität, sich mit dem Wind zu biegen und sie brachen schon bei leisen Böen.

Die ersten Winterstürme und der erste Frost würden eine harte Ernte einfahren.

Die Wälder würden Jahre brauchen, sich davon richtig zu erholen und das Holz wäre als gutes Bauholz auch erst in drei vier Jahren wieder brauchbar.

Ernte war überhaupt ein gutes Stichwort. Die Ernte aller Bauern ringsum war schlecht. Die größeren Siedlungen und die Städte im Umland verlangten nach Nahrung. Man spürte den wachsenden Druck und auch die Preise und Tauschquoten erhöhten sich schnell.

Und dennoch war dies ein eher regionales Phänomen. Eins, zwei Tagesreisen entfernt, sah es vollkommen anders aus.

Es war wirklich so, als ob der Regen einen Bogen um diese Ländereien machen würde.

Die Geschichte der alten Ursell machte die Runde.

In der Tat war das die einfachste Erklärung für das alles.

Und die Menschen machten Willin direkt für alles verantwortlich.

Er spürte ihre Blicke in seinem Nacken brennen, wenn er des Hof verließ.

---

Willin saß mit Fronicka zusammen vor dem Wohnhaus. Die Nacht war bereits vorangeschritten und sie waren allein. Die Kinder, die Knechte und deren Familien und natürlich auch Margred waren alle in ihren Betten und Kammern.

Es war heiß und sehr schwül. Seit mehr als einer Stunde sah man am Himmel starkes Wetterleuchten und im Wetterleuchten wurde deutlich, dass sich dichte, dunkle Wolken zusammenzuballen begannen.

Ein starkes Unwetter kündigte sich an und nicht nur Willin hoffte, dass es dieses Mal nicht wie schon so oft in diesem Jahr, einfach wieder vorbei ziehen würde.

Man sah Willin seine Sorgen an. Aber auch diese unbestimmte und latente Wut, die in ihm arbeitete. Er wirkte abgehärmt und alt.

Beinahe gegen seine Erwartungen war Fronicka in den letzten Monaten zu einer wirklichen Hilfe und Vertraute geworden. Sie hatte wohl verstanden, dass dies hier vielleicht ihre letzte Chance war...

Sie zielte nicht darauf ab, ihn zu heiraten. Das wussten sie beide. Sie wusste aber, dass sie und ihre Kinder nun verlässlich versorgt waren.

Willin wollte Margred. Das war wie eine fixe Idee in seinem Kopf.

Und er wollte nicht ihre Liebe.

Er wollte sie brechen und leiden lassen, stellvertretend für alle, die ihn hatten leiden lassen.

Er wollte sie leiden lassen, für das, was ihm die alte Ursell angetan hatte.

Und er wollte sie dafür leiden lassen, dass ihre Mutter Grete ihn zurückgewiesen und ihn für alle anderen bloß gestellt hatte.

Fronicka gab nur zu bedenken, dass Margred ja fast noch ein Kind sei. Aber eigentlich war es ihr egal. Sie meinte tatsächlich sogar, dass es vielleicht besser sei, sie gleich und vollständig zu brechen, weil dann auch kein Widerstand mehr ihrerseits gegen die vollständige Übernahme vom Hof zu erwarten sei -- auch in Zukunft.

So gesehen, war es für Willin gut, Fronicka und ihren Rat an seiner Seite zu wissen. Auch in anderen Bereichen halfen ihm ihre gemeinsamen Gespräche weiter.

Aber im Bett lief so gut wie gar nichts mehr.

Fronicka beschrieb Willin nach außen hin als fleischgewordenen Eros, sodass niemand wusste, wie es wirklich für ihn aussah. Auch nach innen zeigte sie sich ihm gegenüber verständnis- und überraschend taktvoll. Sie zeigte Respekt vor ihm.

Willin war nicht klar, ob sein Versagen im Bett an dem Fluch lag oder einfach nur daran, dass er sich einredete, verflucht zu sein.

Aber er wusste für sich selbst -- wenn sein Hass nur groß genug wäre, würde er den Fluch überwinden.

Und nach altem Recht wurde der Bund geschlossen, wenn er Margred beiwohnte und mit ihr schlief. Als erster bezeugter Mann, wäre er automatisch ihr Ehemann und sie sein Weib. Er würde den Hof nicht länger für sein Mündel verwalten.

Als Mann und Frau wäre es automatisch sein Hof, nicht länger der ihre.

Die kirchliche Hochzeit wäre nichts anderes als eine nachträgliche Legitimation.

Er hatte an diesem Abend schon eine Menge getrunken -- wie so oft. Aber die Gedanken jagten nach wie vor in seinem Kopf herum.

„Willin, ich denke es gibt einen Zweifel mehr. Margred versucht es zwar vor mir zu verbergen, aber sie hat vor ein paar Tagen mindestens jetzt das dritte Mal geblutet. Sie ist langsam so weit."

Willin wirkte zufrieden.

„Das ist gut. Sie versucht es zu verbergen ... Vertraut sie dir nicht?"

„Ich glaube sie weiß, dass ich dir in die Hände spiele."

„Sie ist jung, aber sie ist nicht dumm."

„Nein, dumm ist sie wirklich nicht. Der Priester, der ihr Lesen, Schreiben und Rechnen beibringt, wird demnächst nach Ohsenkeim in die neue gebaute Kirche übersiedeln.

Er hat in der letzten Zeit viel mit Maik zu tun und unterhält sich nicht nur mit Margred, sondern auch mit Luther.

Und sowohl Luther als auch der Priester weichen in der letzten Zeit meinem Blick aus."

„Denkst du da läuft etwas im Hintergrund Fronicka?"

Willin war mit einem Mal vorsichtig. Er nahm einen großen Schluck Met. Das was Fronicka andeutete, deckte sich mit seinen eigenen Beobachtungen.

„Luther und Margred ... Vielleicht keine Liebe. Vielleicht doch? Auch wenn Luther eine große Hilfe ist -- ich denke, du solltest ihn zurück zu Maik schicken. Und du solltest auch darüber nachdenken, den neuen Priester von Hostheim -- diesen Markus -- als Lehrer für Margred einzusetzen... oder vielleicht den Unterricht ganz einzustellen."

„Ich hatte auch schon darüber nachgedacht"

Willin rülpste vernehmlich.

„Wendel kann lesen schreiben und rechnen. Ist ja ehemaliger Mönch. Ich werde ihm sagen, dass er hierher kommen soll. Meinen Hof kann er auch von hier aus im Auge behalten.

Lesen Schreiben und Rechnen -- Margred braucht das alles nicht. Die soll Kinder bekommen und gut. Je weniger sie vom eigentlichen Geschäft weiß, desto weniger kann sie sich einmischen."

„Wendel? Dann musst du ihm sagen Willin, dass mein Sohn tabu ist. Und du musst auch hier auf die Familien der Knechte achten."

„Meinerseits schon berücksichtigt. Wendel hat sein eigenes „Spielzeug". Ich habe es ihm einen Jungen geschenkt und damit ist er im Moment recht zufrieden. Das sichert mir seine Loyalität und seine Motivation. Es leistet auf meinem Hof eine herausragende Arbeit als Verwalter.

Die Gebäude erstrahlen wieder im alten Glanz.

Dass die Geschäfte der heißen und trockenen Witterung geschuldet jetzt immer mehr einbrechen, ist definitiv nicht seine Schuld.

Er holt aus den Böden und dem Höfen heraus, was er kann..."

„Das bestreite ich auch nicht. Aber ich habe gehört, was man sich über ihn erzählt und ich habe seine Blicke bemerkt, die er meinem Sohn zugeworfen hat.

Und das mag ich nicht. Ich schütze meinen Sohn.

Die Kinder anderer sind mir egal.

Du sagst, ich wäre hier für den Hof vordergründig verantwortlich..."

„Und daran wird sich auch nichts ändern, wenn Wendel käme..."

„Deswegen ist es mir wichtig, dass er auch bei den anderen Jungs hier seine Finger bei sich lässt. Ich bin weniger an den Jungs interessiert... aber es wird zu Spannungen und Unruhe mit den anderen kommen, wenn er seine Neigungen zu offensiv auslebt, weil er denkt, er wäre „Jemand"...

Wenn du ihn weiter „nutzen" willst Willin, musst du ihn eine Spur weit auch vor sich selbst schützen. Bringt er sich in Schwierigkeiten, kann es sein, dass sein Fall sehr schnell vor Reinhard oder Abt Simon landet.

Beides ist definitiv nicht in deinem Interesse -- egal wie das entschieden wird.

Dafür weiß Wendel zu viel von deinen Geschäften."

„Wie auch du Fronicka..."

„Wendel ist der Typ, der sich feige freizukaufen versuchen wird. Und es kann sein, dass er irgendwann Forderungen an dich stellen wird.

Aber ich mache nicht den Fehler, zu viel zu wollen oder für irgendjemanden angreifbar zu sein. Du hast mich aus der Schankstube geholt -- Jobst wollte mich loswerden. Ich hätte mit meinen Kindern auf der Straße gesessen.

Ich will deinen Schutz und Einfluss und dein Geld. Ich bin nicht gierig. Ich spare für eine gute Aussteuer... und vielleicht kann ich mir dann auch irgendwann einen guten Ehemann aussuchen und noch ein oder zwei Kinder bekommen."

„Fronicka, an dir hat mir immer schon gefallen, dass du im Grunde weißt, was du willst. Und dem stellst du alles nach. du bist loyal und du hast immer einen Rat.

Und du bist -- wenn es um andere geht -- auch frei von jedweder Scheu oder falsch verstandenem Gewissen."

„In der Vergangenheit hat sich niemand wirklich um mich gekümmert. Ich musste halt lernen, dass sich jeder selbst am Nächsten ist."

„Was würdest du mir mit Margred raten?"

„Trinke noch ein Glas Met. Dann wasch dich und geh in ihre Kammer. Schicke deine beiden Landsknechte in den Flur. Egal ob sie will oder nicht... vögele sie noch heute Nacht und lass uns das blutige Laken bezeugen. Dann ist klar, dass du dir dein dir zustehendes Recht genommen und Margred zur Frau gemacht hast.

Sie wird eher nicht wollen, weil sie dich nicht leiden kann. Aber was soll das zarte Mädchen an Widerstand leisten können? Körperlich? Und wenn sie schreit? Niemand wird zur Hilfe eilen und wenn doch, sind da deine Landsknechte.

Willin, so wie ich dich einschätze, es noch eher deine Lust anfachen, wenn sie sich zu wehren versucht. Und ein bisschen Feuer tut dir gut. Ein bisschen Gewalt zeigt ihr schon, wer der Herr im Haus ist und das es für sie zwecklos ist, sich dir zu verweigern.

Vielleicht musst du sie dann nur noch einige weitere Nächte besuchen und glaub mir. Sie wird ganz schnell sehr fügsam sein und dir zum Altar folgen. Wer will sie denn dann noch?

Und obendrein... Es ist eine Sturmnacht. Das ist immer ein sehr starkes Omen."

„Du bist eine kleine Succuba!"

„Bin ich?"

„Bist du ..."

„Und was wirst du jetzt machen Willin?"

Willin schenke sich einen weiteren Becher Met ein.

„Ich werde deinem Rat folgen Fronicka."

„Dann werde ich mal meine beiden Lütten aus ihrer Kammer holen und in die Stube umquartieren. Ihr seid völlig ungestört. Die Knechte und ihre Familien schlafen im Anbau. Dann werde ich die beiden Landsknechte wecken und wir werden auf euch in der Stube warten. Rufe uns, wenn du mit ihr fertig bist und wir werden kommen und deine Tat bezeugen."

16. Die Flucht

 

Jemand rüttelte an seiner Schulter. Langsam wurde Luther wach und öffnete die Augen. Es war mitten in der Nacht. Die Tiere im Stall wurden etwas unruhig. Es war ungewöhnlich, dass um diese Zeit Menschen hektisch unterwegs waren.

Das Licht der Laterne, die Luther nachts immer brennen ließ erhellte die Umgebung.

Es war Margred. Ihre Augen hatten einen panischen Ausdruck!

Ruckartig setzte sich Luther auf und war wach.

„Was ist passiert?"

„Er hat es getan?"

„Wer?"

„Willin!"

„Was hat er getan?"

Luther war noch völlig verschlafen.

„Na ja. Er hat es nicht getan. Aber versucht! Ich habe ihn getreten und er ist mit dem Hinterkopf gegen dem Bettpfosten geknallt. Er ist nicht tot, aber er schnarcht tief."

Margred unterstich ihre Worte mit wildem Gestikulieren. Dabei fiel der zerrissene Träger ihres Gewandes und entblößte ihre rechte Brust.

Ich Nachtgewand war völlig zerfetzt und mit einem Mal verstand Luther, was da gerade passiert war. Er umarmte das Mädchen, das jetzt ihren Tränen freien Lauf ließ und schluchzend die Umarmung erwiderte.

„Sccchhhhh... Ich werde dir helfen."

Schluchzend ließ Margred ihren Tränen freien Lauf.

„Ich habe geschlafen, als ich seine Hand auf meinem Mund spürte und seinen Atem an meinem Gesicht. Da war er auch schon über mir. Er hatte ein Messer. Er hat mit das Kleid zerschnitten."

Margred hatte an ihrem Arm und ihrer Hand zwei leicht blutende kleine Schnittwunden.

„Was ist dann passiert?"

„Ich weiß nicht. Ich hatte Angst. Ich habe mich gewehrt. Er war sehr schwer. Als er seine Hose herunterlassen wollte, habe ich ihn getreten."

Margred wurde langsam etwas ruhiger.

„Und er ist gegen den Bettpfosten gefallen?"

„Ja."

„Ein Glück, Kleines."

Luther war aufrichtig froh, wusste er doch, welches Schicksal ihr gedroht hatte.

„Was ist dann passiert?"

„Ich wollte aus dem Zimmer raus. Aber ich habe im Gang die Fronicka, den Ott und den Marx warten sehen. Dann bin ich direkt aus dem Fenster raus."

„Das war gut. Wir haben nicht viel Zeit Kleines."

Luther sprang auf, ging zu seiner Truhe und holte ein paar seiner Kleidungsstücke heraus und reichte sie Margred

„Ich sattele jetzt den Noriker, nehme ein großes Strohbündel und reite für alle sichtbar in Richtung Markivele. Sie werden mir folgen.

Du aber wirfst dir das schnell über und rennst nach Rostroff und verlangst nach Abt Simon. Er wird dir helfen.

Achte darauf, dass dich keiner sieht."

Margred sah Luther ungläubig an.

„Glaub mir Margred. Das ist der einzige Weg. Du musst jetzt flüchten. Du musst weg von hier und zwar schnell.

Die anderen werden Willin finden und dann wirst du bluten -- wortwörtlich. Der Willin und die Fronicka meinen es nicht gut mit dir.

Nicht umsonst hat Maik mich gebeten hier zu bleiben und auf dich zu achten."

Margred warf sich dankbar die dargebotenen Kleidungsstücke über. Sie waren zwar viel zu groß, aber um das Aussehen machte sie sich jetzt keinerlei Gedanken. Sie war auch dankbar, auch jetzt wieder ihre Blöße verhüllen zu dürfen.

Aber sie hatte was das und Luther anbelangte auch keinerlei Vorbehalte.

„Du hast Recht Luther. Ich werde besser sofort gehen."

„Ja. Wir werden uns bald wieder sehen. Ich glaube, dass jetzt auch meine Tage hier gezählt sind."

Luther ergriff ein großes Bündel Stroh und begann es in eine Pferdedecke einzuschlagen, als er Margreds fragenden Blick sah.

„Das bist du Kleines zumindest werden das alle denken, die mich gleich sehen. Sie werden mich verfolgen. Nicht dich."

Er begann den schwarzen Noriker zu satteln. Im Haupthaus hörte man Unruhe und Bewegungen. Wahrscheinlich würden sie bald kommen.

Sie mussten sich etwas sputen.

In der Ferne war Donner zu hören und starkes Wetterleuchten kündete von einem nahenden Unwetter.

Die Luft roch jetzt nach Regen. Es war eine feuchte, drückende Schüle, die in der Luft lag.

Margred schlüpfte aus dem Nebeneingang und verließ den Stall.

Einen kurzen Moment später öffnete Luther den großen Hauptflügel und wie erhofft, stürmten Willin und die beiden Landsknechte aus dem Haupthaus und sahen ihn „mit Margred" davonreiten.

17. „Willins End"

 

Willin hatte fürchterliche Kopfschmerzen. Er fühlte sich schlecht und hatte sich bereits übergeben. Fronicka hatte ihm geholfen sich anzukleiden.

Die beiden Landsknechte hatten bereits ihr Lederrüstzeug angelegt und sich, wie auch er selbst, bewaffnet.

Einer der normalen Knechte war auf dem Weg zu Wendel, um ihn und die beiden anderen Landsknechte zu verständigen, die Willin unterstellt waren. Er wollte alle Möglichkeiten ausschöpfen, um bei der Suche nach Margred und Luther zum Erfolg zu kommen.

Mittlerweile waren die drei Pferde gesattelt. Sie hatten acht bayrische Warmblüter im Stall. Willin konnte immer noch nicht verstehen, warum Luther den Noriker genommen hatte. Ja, der Hengst war ausdauernd und kräftig. Er würde die Beiden gut tragen. Er war auch eher ruhig, als temperamentvoll. Aber das Kaltblut war zum Ziehen von Holz geeignet und alles, nur nicht schnell.

Das erhöhte beträchtlich ihre Chancen Luther einzuholen.

Luther hatte die Richtung Markivele eingeschlagen. Willin meinte sich daran zu erinnern, dass dort irgendwo dessen Eltern lebten.

Wahrscheinlich erhoffte er sich deren Hilfe oder Zuflucht.

Glücklicherweise gehörte Markivele ebenfalls zu der Gerichtsbarkeit von Reinhard oder Simon. Der Weg führte durch Willins Wald. Er kannte sich hier im Gegensatz zu Luther sehr gut aus. Es kamen nur drei Wege in Frage.

Einen sollte Wendel abreiten. Das andere schied deswegen aus, da er viel über freie Fläche führte und Luther und Margred weithin sichtbar gewesen wären.

Es war unwahrscheinlich, dass sich Luther für diesen Weg entschieden hatte. So kam für Willin nur der dritte Weg in Frage... der über Rode nach Markivele durch den Wald führte.

Da Rode zu Ilbenstadt gehörte, konnte Willin auch Hilfe für die Suche im Namen Gutzholds in Anspruch nehmen.

Sie ritten los.

In der Ferne hörten sie das erste Donnern, welches schnell näher kam.

Fronicka ging zurück in das Haus. Sie machte sich Sorgen. Das Wetter passte nicht.

---

Die Verfolger kamen gut voran und sie konnten in der Ferne immer wieder das Licht der Fackel ausmachen, das wohl von Luther stammte.

Klar, Luthers Pferd musste zwei Personen tragen und es war ein Kaltblüter. Er würde nur Vorteile haben, wenn er über Tage auf der Flucht war.

Erste starke Windböen fegten durch den Wald und die Bäume knarrten bedrohlich. Die ersten Äste brachen.

„Herr?"

Marx wandte sich an Willin.

„Herr, ich halte das heute Nacht für keine gute Idee. Lasst uns umkehren. Der Sturm wird hier im Wald hier zu gefährlich."

„Herr, Marx hat Recht."

Ein großer Ast fiel auf den Weg und Willins Pferd scheute.

Der Donner kam näher und es blitzte zwei Mal blendend auf und es krachte infernalisch. Auch das Pferd von Ott scheute und das Pferd von Marx ging mit ihm durch und fiel in unkontrollierten Galopp.

Ein weiterer Blitz schlug direkt in einen der benachbarten Bäume ein und setzte ihn in Brand. Der Donner war extrem laut.

Willin wurde abgeworfen und fiel unglücklich.

Ott konnte nur sehr mühsam sein Pferd im Zaum halten. Er stieg ab und befestigte es an einem Ast.

Eine Windböe fuhr in den brennenden Baum und fachte das Feuer weiter an. Die Flammen sprangen schnell auf die benachbarten Bäume über.

Willins Pferd war geflüchtet und Otts Fuchs wieherte panisch.

„Herr?"

Ott beugte sich über Willin.

„Verdammt. Ich spüre meine Beine nicht mehr. Ich kann mich nicht bewegen."

„Herr... wir müssen hier raus. Ich helfe euch auf das Pferd."

Der Brand hatte sich schon zu einer regelrechten Flammenwand ausgeweitet. Willin war hysterisch. Der Fluch der alten Ursell kam ihm in den Sinn ...

„Er wollte mich brennen sehen, das soll ihm selbst widerfahren", schrie Willin die Worte aus sich heraus.

Ott versuchte Willin zu bewegen, doch der war zu schwer und Willin konnte Ott kaum in seinen Bemühungen unterstützen.

„Ich kann nicht mehr aufstehen Ott. Ich spüre meine Beine nicht mehr. Ich kann meine Beine nicht mehr bewegen."

Ein weiterer Blitz schlug in der Nähe ein und Otts Pferd riss sich los und rannte ebenfalls weg.

„Herr. Ich kann euch nicht mehr helfen. Herr vergib mir bitte."

Ott rannte weg und ließ Willin zurück.

Die Flammen breiteten sich weiter um Willin herum aus und die Hitze wurde immer unerträglicher.

Willin fing an zu schreien.

Doch niemand hörte ihn mehr.

Irgendwann brachen seine Schreie ab...

Und der Regen setzte ein...

Erst wenig, dann mehr!

18. Nachwort:

 

Die Stadt Nidderau rühmt sich auf ihrer Homepage, die sonnenreichste Stadt in Hessen zu sein. Nun, dies ist wohl die Geschichte und die passende Erklärung.

Manfred der Staufer unterlag letztendlich dem Papst Alexander III, der dessen Güter den Franzosen versprach. Diese töteten ihn in einer Feldschlacht.

Wilhelm von Holland schaffte es nicht, seine Ansprüche als Deutscher Gegenkaiser bei den regionalen Fürsten durchzusetzen. Er wurde in Norddeutschland bei einer Feldschlacht getötet.

In Deutschland kam es in Folge zu einem Machtvakuum, dass die Kirchen und die Klöster in Hinblick auf die Rechtsprechung ausnutzten, die eigene Macht zu erweitern. In Folge gab es die ersten Kirchenfürstentümer und eine Vermischung kirchlicher und weltlicher Interessen und Belange.

Reinhard I baute in dieser Zeit durch geschicktes Taktieren Hanau zur Stadt auf und aus. Er begründete das Geschlecht der Hanauer Grafen und später der Kurfürsten zu Hanau.

Er wurde mit umfangreichen Gütern belehnt oder kaufte diese den Bischöfen in Fulda, Bamberg und Mainz ab. Zusammen mit den Antonitern und den Hospitalitern schaffte er es Ruhe und Stabilität in die Region zu bringen und ein eigenes Geschlecht zu begründen.

Sein Vater Reinhard II und sein Onkel Heinrich II von Dorfelden starben friedlich. Er vereinigte -- wie lange vorab geplant -- deren Besitztümer zu einer großen Einflusssphäre, dem späteren Altkreis Hanau.

Simon von Arras schaffte es durch gute Arbeit die Antoniter in der Region zu etablieren und von dort aus auch in anderen Regionen Deutschlands.

1298 wurde der Antoniter Orden in einen sogenannten Chorherrenorden umgewandelt, musste seine Waffen abgeben und den Ritterorden auflösen. Dem Adel wurde die militärische Macht der waffentragenden Mönchsorden zunehmend zu groß.

Die Antoniter waren sehr erfolgreich und sie gründeten unter anderem auch die Universitäten und die medizinischen Fakultäten in Marburg und Gießen (die Universität Gießen trägt heute noch das Antoniterkreuz im Wappen). Mit der Reformation wurde der Orden „zerschlagen" und dessen Reste in Deutschland mit den Maltesern fusioniert.

Die Hospitaliter zum Orden des heiligen Johannes war ein Mönchsorden, der ursprünglich zur Betreuung und dem Schutz der Pilger im Heiligen Land gegründet worden war. Der in späteren Jahren auch „Johanniter" genannte Orden, war einer der wenigen waffentragenden Mönchsorden, der aber auch einen „freien" Ritteroden unterhielt und mehrere im Mittelalter autarke Staaten und Stadtstaaten gründete.

Während der Reformation wurde der Orden zunächst geteilt in einen katholischen Teil (Hauptsitz: Malta) -- die „Malteser" und einen evangelischen Teil -- die „Johanniter".

Rüdigheim / Neuberg wurde nach 1250 zu einer der wichtigsten Kommenden in Deutschland ausgebaut.

Prior Kai kehrte 1256 wieder nach Anagni, dem Sitz von Papst Alexander zurück und plante dort den siebten Kreuzzug zur Befreiung Jerusalems und Tunis.

Mertein heiratete Sabine, die Tochter Maiks und übernahm die Mühle (Bruche), die später namensgebend für die künftige Stadt „Bruchköbel" (Bruche an der Köbele = Mühle am Krebsbach) war.

Der Namen hat sich über die Jahrhunderte in „Bruck" geändert. Die Nachfahren leben nach wie vor in Bruchköbel.

Margred wurde anders als in der Geschichte dargestellt, von Willin mit Gewalt genommen. Man erklärte sie in einem feierlichen Akt 1255 erneut zur „Jungfrau". Sie heiratete später Luther, mit dem sie zusammen ihren angestammten Heckenwingerthof übernahm.

Die Spuren der Beiden und deren Nachkommen verlieren sich in den Jahrhunderten.

Willin starb bei dem Brand, der auch große Teile des Waldes vernichtete. Den Höhenzug, den man heute „Eicher Berg" nennt, ist heute Ackerland und unter dem alternativen Namen „Willins End" bekannt.

Wo heute in Ostheim der „Dreieichen Hof" und der „Höhenhof" liegen, war der Heckenwingerthof lokalisiert, der der daneben liegenden Anhöhe „Heckenwingert" den Namen gab. Der alternative Name ist der „Hexenwaldacker".

Impressum

Texte: Nimmermehr
Tag der Veröffentlichung: 11.07.2022

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Diese Geschichte wurde von Nimmermehr auf literotica.com veröffentlicht

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