Cover

Strafe

Ich sehe mich stumm in der düsteren Umgebung um und lausche angespannt nach den Geräuschen. Mein Herz hämmert heftig gegen meine Brust, mein Atem geht stoßweiße und zitternd. Es ist ziemlich Kalt, auch die Anderen, von denen ich größtenteils nur wimmern und stöhnen vernehme, scheinen zu frieren. Es ist ein kahler, feuchter Raum in dem wir zusammen gezwängt sitzen. An den Kalten Backsteinen lehnen wir uns an, mit den Händen auf dem Rücken gefesselt. Meine Augen suchen gekonnt den kleinen Raum mit den 18 Personen ab um einen möglichen Ausweg zu finden. Doch das einzige was ich sehe ist das kleine Loch ganz oben, fast an der Decke, welches ein paar Lichtstrahlen zu uns durchlässt. Die Tür, das habe ich bei unserer Ankunft gesehen, ist kein Ausweg, massiver Stahl. Mein Kopf arbeitet auf Hochtouren, meine Hände versuche ich von dem scheuerndem Seil zu befreien. Von draußen dringen entfernte Schüsse zu uns. Wie weit wir wohl vom Schlachtfeld entfernt sind? Eine Frage die mich doch sehr Quält. Seitdem der Krieg ausgebrochen ist, ist man kaum noch irgendwo sicher, lange hat es meine Familie geschafft in einer Kriegsfreien Zone zu bleiben. Wo sie jetzt wohl sind, hier im Raum, in dem Verlies sind nur mir Unbekannte Personen. Keiner wagt sich etwas zu sagen, selbst ich nicht obwohl ich eigentlich immer sage was ich denke. Mein loses Mundwerk hat mir schon so manchen Ärger eingehandelt, aber dieses eine Mal kann ich nichts für meine Situation.

 

Flashback

Ich spiele mit meinem kleinen Bruder Fußball auf einer der wenigen freien Wiesen der Stadt. Er strahlt regelrecht vor Freude. Zu lange konnte er seinen geliebten Ball nicht mehr Kicken. Wir waren eine ganze Weile gelaufen bevor wir dieses kleine Fleckchen gefunden haben. In weiter Fernen hören wir noch die Schüsse der schweren Kanonen, aber stören uns nicht dran. Einige Andere Kinder wollen mitspielen und sind Willkommen. So können wir schnell zwei Mannschaften bilden und gegeneinander Spielen. Irgendwann ziehe ich mich etwas zurück und sehe den kleineren viel lieber zu. Sie mussten schon so viel Leid ertragen, da ist es ein Herzzerreißendes Gefühl sie mal Lachen zu sehen. Einige besorgte Eltern suchen schon nach den Kinder und ich winke sie heran. Aufgebracht wollen sie ihre Kleinsten zusammen Pfeifen, doch ich springe dazwischen, mit dem Versprechen besonders gut auf sie aufzupassen. Ich lasse mir von den Eltern Wohnungs- und Zeltnummern geben, damit ich die Kids später zu Hauser abliefern kann. Etwas Misstrauisch und Ängstlich lassen die Erwachsenen ihre Sprösslinge bei mir und gehen wieder. Glücklich sehe ich ihnen weiter zu. Als es dann langsam Dunkel wird rufe ich die Kinder zusammen, erkläre ihnen das ich ihren Eltern versprochen habe sie zurück nach Hause zu bringen und mache mich mit ihnen auf den Weg. Schnell findet sich in meinen Sortiertem Nummernhaufen das erste Zelt. Schon drei Zelte weiter verlässt uns der nächste Junge. So geht es schnell weiter, bis ich mit meinem Bruder an der Hand zurück nach Hause laufe. Wir konnten uns eine kleine Wohnung sichern und haben damit mehr Luxus als die meisten anderen Familien. Mama hat mal wieder versucht aus den wenigen Nahrungsmitteln etwas schönes zu Zaubern. So sitzen wir schließlich zusammen mit meinem Vater, der vom Krieg ein verstümmeltes Bein hat am Tisch und Essen zufrieden. In der Nacht kommt mein Bruder zu mir geschlichen, kuschelt sich eng an mich heran und schläft wieder ein. Das letzte was ich von ihm vernehme ist ein zufriedenes stöhnen. Es knallt laut….

 

Der Gedanke an meinem Bruder zerreißt mir mein Herz, schwer Schluckend unterdrücke ich die aufkommenden Tränen. Nein ich werde nicht weinen, ich werde stark bleiben für meine Familie, für meinen kleinen Bruder. Neben mir stöhnt ein Mädchen schmerzvoll auf, meine Augen suchen einen Grund dafür, doch kann ich keinen Ausmachen. Ich bin müde und meine Augen fallen immer wieder zu. Das Denken fällt mir schwerer, von Zeit zu Zeit verlässt mich meine Konzentration. Ich will nicht schlafen, aber mein Körper wird ihn sich holen. Also schließe ich lieber jetzt meine Augen, noch ist es nicht lange her das Sie nach uns geschaut haben. Weswegen uns noch etwas Zeit blieb. In den Drei Tagen in denen wir schon hier sind habe ich gemerkt, dass einige Zeit zwischen Ihren Kontrollen verstreicht. Mein Kopf sackt an die Mauer hinter mir, meine Augenlider schließen sich mit einem Brennen, mein Denken fällt aus.

 

Wie viel Zeit vergangen ist kann ich nicht sagen, aber draußen ist es Dunkel und still, was mich vermuten lässt das es bereits Nacht ist. Geweckt hat mich das Rasseln an der Tür, welche Geräuschvoll nach innen auf geht. Zwei große Männer in Beiger Kleidung kommen viel sagend herein. An der Haltung der beiden Muskelprotze, deren Gesicht durch eine Maske verborgen ist, Verrät sofort das wieder jemand von uns geholt wird. So geht es schon die ganze Zeit. Sie kommen rein, sehen sich um und nehmen jemanden von uns mit. Ängstlich rutschen alle Gefangenen dicht zusammen, wollen nicht der oder die Nächste sein. Auch ich habe ein wenig Angst, lasse sie mir aber nicht anmerken. Ich will nicht schwach wirken, auch wenn mein Körper mir etwas anderes sagt in dem er fürchterlich Zittert. Die dunklen Augen des größeren sehen sich im Raum um, sein Blick schweift über uns entlang. Schließlich bleiben seine Augen an einem kleinen Jungen, er ist ungefähr 10 oder 11, hängen. Mit großen schweren Schritten geht der Kerl auf den Jungen zu, packt ihn grob am Arm, sodass dieser schmerzhaft aufheult und hievt ihn auf die Beine. Der Kerl packt dem Jungen feste ins Haar, drückt seinen Kopf nach hinten und sieht ihm Forschend ins Gesicht. Der Junge weint, nässt sich vor Angst ein, wimmert. Ich kann es nicht ertragen den kleinen so Leiden zu sehen. Wie kann man nur so scheiße mit einem Kind umgehen? Ich beiße meine Zähne fest zusammen, Schlucke schwer und nehme all meinen nicht mehr Vorhandenen Mut zusammen. Er soll den Jungen los lassen und gehen. Ich stehe auf, klettere ungeschickt und wackelig über die Anderen Gefangen.

„Lass den Jungen in Ruhe!“

Erschrocken über meine Raue und Heisere Stimme blicke ich auf das Geschehen vor mir. Langsam richtet der Kerl sich zu seiner kompletten Größe auf, starrt mich stumm an. Mit einer schnellen Bewegung schubst er den Jungen zu dem Anderen Mann und baut sich weiter vor mir auf. Seine Hand schnellt hervor, umschließt meinen Hals. Sein Gesicht kommt meinem immer Näher, während der Druck auf meinem Hals immer größer wird. Ich spüre den heißen Atem auf meinem Gesicht und fange an zu Zittern. Auch wenn ich jetzt leiden muss, ich bereue nicht es wenigstens versucht zu haben. Der Junge ist doch noch viel Jünger als ich und ich habe gelernt die Jüngeren zu beschützen. In meinem Kopf fängt es an zu Stechen, Sternchen tanzen vor meinen Augen.

„Wage es dich nie wieder.“ Flüstert der Kerl der mich so unsanft gegen die Mauer drückt.

Seine freie Hand schnellt hervor in die Höhe, kommt Geräuschlos auf mich zu und trifft mit voller Stärke mein Gesicht. Die dünne Haut an meiner Unterlippe reißt schmerzhaft auf, fängt an zu bluten. Tränen schießen mir in die Augen doch die Genugtuung werde ich ihm jetzt nicht gönnen. Der Griff um meinen Hals wird lockerer, lässt wieder Luft in meine Lunge. Schon trifft mich ein weiterer Schlag. Dieses Mal in die Magengegend, was mir sofort Übelkeit bereitet. Der Mann lässt mich los, packt den wimmernden Jungen am Arm und verlässt das Verlies. Der Andere blickt noch einmal Prüfend in die Runde ehe er die Tür hinter sich schließt. Nun sind wir nur noch 17. Mit schmerzen lasse ich mich auf den Boden sinken, schmecke das Blut von der Lippe und würde mich am Liebsten übergeben, doch da nichts in meinem Magen ist, kann auch nichts kommen. Die Anderen sehen mich nicht an, zu viel Angst haben sie. Stumm gebe ich mich meinen Schmerzen hin, schließe die Augen und wünschte mir nichts Sehnlicher als bei meiner Familie zu sein.

Aufgabe

 

Flashback

Ich mache meine Hausaufgaben an unserem Gemütlichen Esstisch während Mama mal wieder in der Küche steht und kocht. Sie kocht irgendwie immer, wenn sie zu Hause ist. Papa schaut im Wohnzimmer Fernsehen. Ich höre dem Nachrichtensprecher nicht zu da ich voll und ganz auf Mathe fixiert bin. Ich mag Mathe gern, aber die Aufgabe hat es in sich. Mein Bruder spielt in seinem Zimmer mit einem Freund. Ich lese mir gerade zum 80.000ten Mal die Aufgabe durch als es Neben mir laut klirrt und eine Schüssel zu Bruch geht. Erschrocken schaue ich zu Mama, die aber Leichenblass zu Papa starrt. Was ist nun los? Langsam erhebe ich mich, gehe zu Mama und frage sie was los ist doch sie gibt mir keine Antwort. Also mache ich mich auf ins Wohnzimmer wo Papa entsetzt auf den Bildschirm schaut. Ich folge seinem Blick, lese den Text im Bild und erstarre zu einer Statue. Der Fernseher verkündet in Roter, dicker, warnender Schrift „Dritter Weltkrieg ausgebrochen.“ Der schrille Ton des Telefons reißt uns aus unserer Trance. Papa greift neben sich, drückt auf den grünen Hörer und brummt in den Sprecher. Stumm legt er auf. Papa musste zu seiner Kaserne, er musste sich bereit machen, auch er wird in den Krieg ziehen das ist mir bewusst.

 

Nass geschwitzt schrecke ich auf. Ein einsamer Sonnenstrahl scheint in unser Verlies und lässt es schauerlich aussehen. Mein Hals ist unglaublich trocken und ich sehne mich nach etwas zu Trinken, doch ich glaube nicht das wir so schnell etwas bekommen. Ich sehe mich wieder in dem kleinen Raum um. Hier sind viele kleiner Kinder. Zehn von ihnen sind vielleicht gerade mal 10 – 14 Jahre alt. Die Anderen, darunter ich, sind ab 16 Aufwärts so wie es aussieht. Die Gesichter der Anderen sind völlig verdreckt, verweint. Sie sehen schwach und ausgemergelt aus, nicht sonderlich Gesund. Ihre Augen sind leer und sie scheinen im Geiste ganz weit wo anders zu sein. Dieser Anblick macht mich unglaublich Wütend. Ich kenne es nicht von mir, aber in mir steigt richtiger Hass auf, macht mich Gefühlt stärker auch wenn ich weiß ich bin immer noch die Alte. Ich bin sogar entkräftet durch diese Tortur die wir hier durchmachen. Doch ich würde diesen Leuten dennoch gerne ins Gesicht Springen und ihnen die Augen auskratzen. Klar ich habe nicht den Hauch einer Chance gegen gut Trainierte… Ja was und wer sind sie eigentlich? Das ist eine Frage der ich mit Sicherheit nicht auf dem Grund gehen werde. Nicht weil ich es nicht möchte sonder weil ich es nicht kann. Es frustriert mich, denn ich bin von Natur aus ein Neugieriger Mensch und möchte immer alles wissen, aber hier sind mit die Hände gebunden. Von draußen kommen erschreckende Schreie und lässt fast alle Ängstlich zusammen zucken. Die Meisten fangen an zu wimmern oder stumm zu weinen. Es Rasselt mal wieder an der Tür, ehe sie Geräuschvoll aufgedrückt wird. Kaum einer schaut zur Tür aus Angst, ich jedoch schon. Es sind mehr als sonst, heute sind es fünf Männer die eintreten. Allesamt in Beige Angezogen, Gesicht bis auf die Augen verhüllt, groß wie Bären. Der Erste Tritt in den Raum genau vor uns, prüfend blickt er auf die am Boden sitzenden herab.

„Du, du, du und du aufstehen.“ Befiehlt er.

Er hat auf Vier der kleinsten gezeigt und mir rutscht das Herz in die Hose. Was haben sie vor? Warum so viele? Warum gerade die kleinen? Ich kann es nicht zu lassen. Nein es geht einfach nicht. Doch habe ich den Mut ihnen wieder zu wiedersprechen? Halte ich eine weitere Tracht Prügel aus? Werden sie wieder so Nachgiebig sein wie letzte Nacht? Ich sehe in die Panischen Gesichter… Ohne darüber Nach zu denken stehe ich auf wackeligen Beinen und schreie den Mann an. Dieser starrt mich nur völlig Lustlos an, rührt sich nicht. Dafür aber einer der Vier an der Tür. Der Mann, an die Zwei Meter groß mit fast schwarzen Augen, kommt auf mich zu, packt mich an den gefesselten Händen und drückt mich mit voller Wucht gegen die Mauer. Angst. Ich habe Angst. Aber nicht um mich sondern um die Kleinen. Ich fange an mich zu wehren, werde fester gegen die Wand gedrückt, die Luft aus meinen Lungen wird heraus gequetscht. Im Augenwinkel sehe ich wie die Kinder mit einem Seil aneinander gebunden werden. Dann verlässt der Mann mit den Vier kleineren den Raum und der nächste sucht sich wieder Vier von uns aus. So geht die Prozedur weiter, bis schließlich nur ich und der Mann hinter mir übrig sind. Es ruckt einmal unangenehm und der Mann hält mich unsanft in den Haaren und am Arm. So führt er mich aus dem Verlies raus. Wir betreten ein Kellergewölbe mit niedrigen Decken. Die Männer laufen meist schon leicht Gebückt um nicht gegen die Röhre zu knallen die unter der Decke an gebracht sind. Der Gang in dem wir sind scheint endlos lang zu sein und ist gesäumt mit Türen. Die Meisten der Türen stehen offen. Die Räume hinter ihnen sind leer. Ich stolpere über meine eigenen Füße, werde aber schmerzhaft an meinen Haaren auf den Beinen gehalten. Am liebsten würde ich laut los schreien, lasse es aber und trete dem Mann hinter mir ans Schienbein. Dieser reagiert aber überhaupt nicht, schiebt mich weiter bis zu einer Treppe. Mit meinem ganzen Gewicht stemme ich mich gegen eine Stufe, versuche es ihm nicht einfach zu machen. Fest schubst er mich von sich, sodass ich auf die Stufen lande und mir den Schädel an haue. Sofort packt er mich wieder, schmeißt mich über seine Schulter und trägt mich kurzerhand die Stufen hinauf. Es wird hell und es schmerzt in den Augen ungemein. Mein wehren hat nachgelassen, habe ja sowieso keine Chance. Wir verlassen das Gebäude in dem wir gerade noch waren, so wie es aussieht eine der Alten Burgen, und treten in den Sandigen Hof. Mit einem Schwung wirft der Mann mich von seiner Schulter auf den Boden. Gemein lande ich auf meinem Rücken, verziehe das Gesicht und werde wieder auf die Beine gehievt. Ich stehe in einer Ansammlung von Kindern und Jugendlichen. Einige erkenne ich aus unserer kleinen Stadt, Andere sind mir völlig unbekannt. Ein Mann an die 40 steht auf einer Erhöhung vor uns, blickt abwertend auf uns hinab. Sein Gesicht ist übersät mit Narben, im Gegensatz zu den anderen verhüllt er sein Gesicht nicht. Mit den Armen auf dem Rücken steht er da, scheint hier das Sagen zu haben, denn er versprüht Macht mit seiner Aura. Nach mir folgt einer weitere Gruppe von Kinder und Jugendlichen, ich habe keinen Überblick darüber wie viele wir eigentlich sind, dann beginnt der Mann auf der Erhöhung zu sprechen.

„Meine Lieben Kinderlein. Ihr fragt euch sicher warum ihr hier seit? Was wir von euch wollen? Was wir mit euch machen? Ich kann es euch sagen! Ihr meine Lieben seit unser Druckmittel und unser Schutz. Eure Lieben Eltern werden ja wohl kaum versuchen uns Anzugreifen, wenn ihre Kinder bei uns sind. Jetzt fragt ihr euch sicher warum ihr jetzt alle hier draußen steht. Das kann ich euch auch sagen. Wir werden euch jetzt was zu Essen uns zu Trinken geben. Wenn ihr dann alle durch seid, setzt ihr euch in Bewegung. Ihr Lauft schön vor uns zum Nächsten Lager unserer Feinde. Sie werden ja wohl Kaum auf Kinder schießen, nicht wahr?“

Das Planen sie also! Sie wollen uns als Schutzschilde benutzen. Na dann hoffen wir mal, das dieser Mann recht behält und sie nicht auf uns Schießen werden. Noch möchte ich eigentlich nicht sterben. Ich blicke um mich, die kleinen sind völlig verwirrt und ängstlich. Sie werden gescheucht zu einem langen Tisch. Dort bekommt jeder die Fesseln durchgeschnitten und ein Tablett mit Nahrung und die Hand gedrückt. Ich jedoch werde wieder von einem Mann festgehalten. Dieser führt mich etwas an die Seite. Aber ich bin nicht die Einzige der es so ergeht. Vier weitere, in meinem Alter ungefähr, ergeht es genauso. Der Mann von der Erhöhung kommt zu uns und stellt sich breit grinsend vor uns.

„So so, ihr macht also ärger ja? Name und alter!“ fordert er.

„Mike Harris, 17.“ Presst der Junge ganz links von mir zwischen den Zähnen durch.

„ Alina Juwnok, 17.“ Faucht das nächste Mädchen.

„Pedro Frirez, 16.“ Meint der Junge daneben gelangweilt.

„ Erat Onur, 16.“ Sagt der Junge Rechts von mir.

„Nicole Carruzzo, 15.“ Gebe ich fest von mir.

„Ihr fünf werdet jetzt mal unsere Spezialbehandlung bekommen. Danach könnt ihr euch zu den Anderen Gesellen.“

Laut lachend dreht der Mann um. Ich ahne nichts gutes, als wir zurück in das Gebäude gebracht werden.

Schmerzen

 

Wir werden alle fünf gegen eine Mauer gedrückt. Jemand kommt von hinten auf uns zu und schneidet die Seile um unsere Handgelenke durch. Der Druck von hinten verschwindet und vorsichtig drehen wir uns alle um. Vor uns stehen nun 10 Männer in Beiger Uniform und Maskiertem Gesicht. Sie sind Angriffsbereit, das sieht man ihnen an. Schnell wechsle ich einen Blick mit meinen Vier Mitgefangenen. Was auch immer hier gleich geschieht, es wird nichts Gutes sein. Unsicher was wir machen sollen und dürfen, bleiben wir an Ort und Stelle stehen. Auch die Männer bleiben da stehen wo sie gerade sind, rühren sich nicht einen Zentimeter. Unschlüssig macht Erat einen Schritt nach vorne und schaut wartend zu den Männern. Nichts geschieht. Wieder ein Schritt, dieses Mal Richtung Ausgang. Wieder nichts von den Männern. Misstrauisch schaut Erat zu uns, erwartet Hilfe, doch was sollen wir machen? Ich hasse solche Situationen mehr als alles andere. Forschend blicke ich in die Runde und versuche zu erahnen was die Männer eigentlich wollen. Das einzige was auffällt ist wie sie uns beobachten. Sie achten genau auf jede Bewegung von uns. Ein Kalter Schauer läuft über meinen Rücken, ein ungutes Gefühl macht sich in mir breit. Die feinen Haare in meinem Nacken stellen sich auf, was bei mir immer bedeutet es herrscht höchste Gefahr. Irgendwas wird hier gleich passieren. Noch während ich in meinem Gedankengang bin machen die Männer einen Schritt auf uns zu. Direkt folgt noch einer. In mir steigt wieder dieser Hass auf, gepaart mit einer Ordentlichen Portion Mut die völlig fehl am Platz ist. Ich sehe wieder zu meinen Mitstreitern. In ihren Gesichtern sehe ich Entschlossenheit. Erat rennt plötzlich los, zur Tür, doch er kommt nicht weit. Zwei Männer stürzen sich sofort auf ihn. Erat wehrt sich, Laut und Heftig, doch er bekommt einen Schlag nach dem Anderen. Wir Anderen blicken uns einmal an, nicken leicht, stürzen uns auf den Knäul um Erat, wollen ihm Helfen. Sofort entfacht ein kleiner Kampf. Pedro reißt einen der Männer zu Boden, schlägt diesen immer wieder mit der Faust ins Gesicht. Alina tritt dem Anderen Gegen den Bauch, ohne Rücksicht. Erat richtet sich schwer Atmend auf, wird aber direkt wieder zu Boden gerissen. Mike reißt einen heran nahenden Mann zu Boden, rangelt mit ihm. Zwei weitere Mischen sich schnell dazu, wollen ihren Kollegen helfen. Ich stürze ich auf die Kämpfende Masse zu, werde aber vor erreichen von einem Mann von hinten Gepackt. Er schlingt seine Arme um meinen Oberkörper, so kann ich auch nicht meine Arme bewegen. Ein Zweiter kommt von vorne auf mich zu, doch ich springe hoch und trete mit beiden Füßen zu. Der Mann von vorne Taumelt zurück, Ich und der Mann hinter mir stürzen zu Boden. Der Mann hält mich erbittert fest, locker seinen Griff nicht ein bisschen. Der Mann den ich Kurz zuvor getreten habe beugt sich über mich, schlägt mit der Faust in mein Gesicht. Sternchen tanzen vor meinen Augen, ich bin unfähig etwas zu machen und spüre schon den nächsten Schlag. Alinas Schmerzensschrei lässt mich meine Augen öffnen. Auch sie wird von zwei Männern bearbeitet, genauso wie die Jungs.

Wie lange diese Prozedur geht, kann ich nicht sagen, nur das sie sehr schmerzhaft ist. Ich spüre meinen Körper kaum noch, als die Männer endlich von mir lassen. Meine Tränen kann ich nicht zurück halten, sie kullern in großen Kugeln mein Gesicht hinunter. Ich wünschte mir es würde Enden, hier und jetzt. Doch so wie die Männer auf mich hinab sehen, denken sie nicht im Traum daran mir ein Ende zu bereiten. Mit vernebelten Augen blicke ich zu den Anderen. Sie hocken wie ich, über und über mit Wunden und Blutergüssen auf dem Boden. Einzig Mike wird gegen eine der Wände gedrückt. Der Mann von der Erhöhung kommt in den Raum, grinst breit und wartet bis wir ordentlich vor ihm gesetzt wurden.

„Na wie sieht es aus? Wollt ihr weiterhin Ärger machen?“

„Ich mache weiter bis zum Tod du Wichser!“ brüllt Mike.

„Das lässt sich einrichten.“ Meint der Mann kalt, zieht eine Pistole, zielt auf Mike und drückt ab.

Ich wende mein Blick ab, sehe zu Boden und unterdrücke einen Aufschrei. Wie kann man nur so Kalt und Gefühllos sein? Mike liegt nun Leblos neben mir auf dem Boden, sein Blut breitet sich schnell um uns aus, hinterlässt eine große Rote Pfütze.

„Und wie ist es mit euch?“ fragt der Mann.

Keiner von uns antwortet ihm. Ich kann nicht, zu tief sitzt die Angst und die Trauer. Zufrieden grinsend dreht der Mann sich um, befiehlt uns ihm zu folgen, was wir vier dann auch letzt endlich stillschweigend machen. Draußen sollen wir uns nun auch etwas zu Essen und zu Trinken holen, was wir auch ohne wiederworte machen. Keiner von uns ist in der Lage anders zu Reagieren wie billige kleine Marionetten. Jemand drückt mir ein Tablett in die Hand, schickt mich zu einem kleinen Tisch. Ich setze mich, sehe angeekelt auf die Graue Pampe und entscheide mich nur etwas zu Trinken. Mein Körper fühlt sich merkwürdig Taub und verkehrt an. Geschunden und voller Wunden, die ich kaum spüre. Mir ist heiß und Kalt zugleich. Ein dicker Kloß sitzt in meinem Hals, am liebsten würde ich vor lauter Verzweiflung laut schreien, aber ich kann es nicht.

 

Flashback

Gelangweilt spiele ich mit meinem Bruder ein Brettspiel. Raus dürfen wir nicht mehr. Der Krieg ist zwar noch nicht zu uns durch gedrungen, trotzdem ist es zu Gefährlich. Papa ist nun schon seit drei Monaten weg, ohne Nachricht. Bis vor zwei Wochen. Da hieß es dann er käme nach Hause, er wurde schwer Verletzt. Ich musste Mama trösten und sagte ihr immer wieder, das Papa wiederkommt. Er ist zwar Verletzt, aber er lebt. Besser als wenn er Tot wäre oder nicht? Somit warten wir also gespannt darauf wann Papa endlich auftaucht. Als es dann am Nachmittag klingelt rennen mein Bruder und ich zur Tür und warten auf unseren geliebten Papa. Schwer Schnaubend kommt er nach einigen Minuten in der zweiten Etage an, auf Krücken. Mein Blick wandert zu seinen Beinen, doch sein linkes fehlt zur Hälfte. Im Gedanken schüttele ich meinen Kopf, lächle Papa an und nehme ihm seine schwere Tasche ab die er zusätzlich mit sich schleppt.

 

Ein fester Schlag trifft mich am Hinterkopf und holt mich aus meinen Gedanken. Böse funkelt mich ein Mann an, deutet mir an mich hinzustellen, was ich auch sofort mache. Ich will nicht schon wieder einen drauf bekommen. Der Mann packt mich schmerzhaft an den Arm und zieht mich zu einer Ordentlich aufgereihten Kinderschar. Ich stehe in der Letzten Reihe, ganz vorne läuft der Mann von der Erhöhung hin und her, blickt uns gelegentlich an.

„Jetzt gleich geht es los. Keinen Kilometer von hier ist ein Feindliches Lager. Ihr Lauft Stur geradeaus. Wir werden uns zwischen euch verteilen. Wenn einer von euch versucht abzuhauen oder die Feinde zu warnen, erschießen wir euch. Und nun los!“

Still setzt sich die große Gruppe in Bewegung. Überall zwischen uns laufen bewaffnete Männer und Frauen mit. Die Kinder und Jugendlichen werden immer wieder angetrieben, etwas Tempo zu zulegen. Ich sehe wie die kleineren immer Ängstlicher werden, los laufen möchten, doch ihre Instinkte Arbeiten gegen sie. Recht Bald taucht in einiger Entfernung ein Lager auf. Das Lager ist Umzäunt mit Maschendrahtzaun. Es scheint ein großes Lager zu sein und sie haben uns bereits gesehen. Sie machen sich bereit, stellen sich auf und kommen langsam auf uns zu, schießen aber nicht. Ein kleiner Junge bleibt stehen, sieht sich Panisch um und rennt los. Von irgendwo in meiner Nähe ertönt ein Schuss und der Junge fällt mit dem Gesicht voran in den Rasen. Tränen steigen in mir auf, ich kann sie kaum zurück halten. Dann wird es mit einem Mal hektisch um mich herum. Etwas weiter vorne fällt ein Mann leblos in sich zusammen, gefolgt von einem Mädchen. Panik bricht aus, alle rennen los, versuchen sich in Sicherheit zu bringen. Mein Instinkt sagt auch ich sollte rennen, doch das wäre nicht klug meint mein Verstand. Gehetzt sehe ich mir das Chaos an, laufe etwas schneller nach links. Ein lauter Knall, er reißt mich von den Füßen, hinterlässt schmerzende Stellen an meinem Gesamten Körper. Es muss eine Granate gewesen sein. Mit verschwommener Sicht nehme ich die vielen Tote um mich herum wahr. So viele Kinder liegen Leblos in meiner Nähe. Stumm laufen die Tränen über mein Gesicht. Verzweiflung macht sich in mir breit und ich wünschte es wäre endlich vorbei. Ich bleibe still liegen, unfähig mich auch nur einen Millimeter zu Bewegen. Mein Körper macht nicht das was ich will. Schreie, Schüsse, Dumpfe Geräusche, alles wird regelrecht ausgeblendet. Ich fühle mich leer und Kraftlos. Betäubt von der Angst liege ich Tot dar und nehme nicht wahr das es langsam Stiller wird. Erst als mich jemand auf den Rücken dreht und mir ins Gesicht blickt kommt neues Leben in mir. Der Mann sieht mich ernst mit seinen Blauen Augen an. Er hat sein Gesicht nicht verhüllt und trägt eine normale Uniform. Es ist keiner meiner Entführer. Dennoch kann ich nicht anders, sehe ihn voller Panik an. Mein Atem beschleunigt sich unweigerlich.

„Hab keine Angst, dir passiert jetzt nichts mehr. HIER LEBT NOCH EINE! Wie heißt du kleine?“ fragt der Mann mit einer tiefen Stimme.

Er hockt sich neben mich, will nicht so bedrohlich wirken, aber die Panik breitet sich immer weiter aus. Meine Schmerzen ignorierend setze ich mich schnelle auf, doch kann ich mich nicht halten und lande unsanft zurück auf den Boden.

„Was haben sie nur mit dir gemacht? Wir tun dir nichts.“

„Das haben Sie auch gesagt….“ Ich klinge ängstlich und weinerlich.

„Wir kümmern uns jetzt um dich. Magst du mir nicht deinen Namen verraten?“

Ich sehe mich hecktisch um, mein Herz schlägt mir bis zum Hals, immer noch regiert die Panik in mir. Zwei weitere Männer kommen auf uns zu gelaufen. Sie sind schnell, machen mir damit nur mehr Angst. Mein Atem wird schneller, unkontrollierbar. Die Panik schnürt mir die Luft ab, um mich dreht sich alles. Meine Sicht Flackert, eine befreiende Dunkelheit legt sich um mich. Ich lasse mich in sie fallen….

Neue Wege

 

Mein Kopf dröhnt erbärmlich und schreit nach mehr schlaf, doch das stöhnen welches um mich herum herrscht lässt keinen weiteren Schlaf zu. Ich liege auf etwas weichem, es ist warm um mich herum. Eine Decke liegt auf mir, wärmt mich zusätzlich. Es riecht nach Desinfektionsmittel und Blut. Schlagartig öffne ich die Augen und setze mich hin. Sofort kommt eine junge Frau zu mir, bittet mich, mich wieder hinzulegen. Mein Atem beschleunigt sofort wieder, die Panik kommt hoch, mein Fluchtinstinkt ist geweckt. Ich sehe mehrere Betten, mit vielen Verletzten… Soldaten. Ich liege in einem Zelt, einem weißen Sanitätszelt. Es ändert aber nichts an meiner Angst, an meiner Verzweiflung. Sanft versucht die junge Frau mich wieder auf das Bett zu drücken, doch ich schüttele ihre Hand ab, springe auf. Die Frau ruft nach Jemanden, was mir gar nicht gefällt. Wo bin ich hier nur? Ich bin Verwirrt, Ängstlich. Meine Augen huschen schnell hin und her, suchen nach einer Fluchtmöglichkeit. Hier ist so viel los, hektische Bewegungen, Leidvolles stöhnen. Ich will hier nur weg, weg von diesen Traumatisierenden Bildern. Ein Soldat kommt auf mich zu, blickt mich vertraut an. Die blauen Augen, ich erkenne sie. Es ist der Mann der mich gefunden hat, er ist hier.

„Hab keine Angst, wir wollen dir nur helfen.“ Sagt er vorsichtig.

„Was habt ihr mit mir gemacht?“

„Wir haben deine Wunden versorgt.“ Antwortet die junge Frau.

Ich blicke auf meine Arme, taste an meinen Kopf und spüre überall Verbänder und Pflaster. Tränen steigen in mir auf, ich kann mich nicht auf den Beinen halten lasse mich auf die Knie fallen. All die schrecklichen Bilder blitzen vor meinem Inneren Auge auf. Die vielen Kinder und Jugendlichen… Der Mann mit den blauen Augen hockt sich vor mich, er hält Abstand, scheint zu wissen wie Panisch ich bin.

„Ich denke dir ist schlimmes wiederfahren. Ich würde gerne wissen was mit dir passiert ist, aber ich will dich auch nicht dazu drängen. Übrigens ich bin Blasius. Darf ich erfahren wie du heißt?“

„Nicole.“

„Okay. Na komm Nicole, setz dich hier aufs Bett. Ich hol dir etwas zu Trinken. Keiner wird dir etwas tun.“

Ich will nicht das er geht. Nicht jetzt da ich ihm ein wenig vertraue im Gegensatz zu all den Anderen hier. Er darf mich einfach nicht allein lassen, doch über meine Lippen kommt kein Ton. Meine Stimmbänder wollen einfach nicht auf meinen Sprachbefehl hören und verstummen. Zitternd setze ich mich auf das Bett ziehe meine Beine an und beobachte meine Umgebung mit Argusaugen. Kurz flüstert Blasius der jungen Frau etwas zu und geht dann. Auch die junge Frau dreht sich um und kümmert sich um jemand anderes. Forschend sehe ich an mir runter. Das sind nicht meine Klamotten die ich hier trage. Es ist ein einfaches Krankenhaus Nachthemd. Überall kleben Pflaster oder spannen sich Verbänder. Mein Körper fühlt sich tatsächlich sehr geschunden an, jetzt wo ich darüber nachdenke spüre ich jede Wunde und jeden Bluterguss. Lange warte ich nicht bis Blasius wieder kommt, doch er kommt nicht allein. Ein weiterer, noch recht junger Mann ist bei ihm. Der Neuankömmling bleibt in einiger Entfernung stehen und beobachtet uns still.

„Hier hast du etwas Wasser. Ich habe mir erlaubt dir etwas zum Anziehen zu besorgen. Ich denke du möchtest nicht länger hier bleiben oder?“

Blasius lächelt mich an und reicht mir eine Flasche Wasser, diese Trinke ich gierig leer und trockne meinen Mund mit dem Handrücken ab. Er reicht mir einfache Schwarze Anziehsachen, so wie er sagt hoffentlich in meiner Größe. Als erstes Schlüpfe ich in die Hose, die mir tatsächlich passt, wie angegossen. Hinter einem Vorhang entledige ich mich des Nachthemds und streife mir das zu große T-Shirt über. Auch den Pullover ziehe ich mir sofort an. Nun fehlen noch die Schwarzen einfachen Sneakers. So fühle ich mich schon Tausendmal wohler als vorher. Ich habe immer noch Angst, erschrecke bei jedem Ungewöhnlichem Geräusch, aber mit Blasius in meiner Nähe hält es sich in Grenzen. Still wartet er bis ich mich fertig angezogen habe. Doch statt aus dem Zelt raus zu gehen, setze ich mich wieder auf das Bett und starre zu Blasius Begleitung.

„Das ist Enrico. Mach dir keine Sorgen, er begleitet mich immer und überall. Er ist ein Netter Kerl auch wenn er nicht immer so aussieht.“ Blasius grinst mich breit an.

Von Enrico höre ich ein leises >Arschloch<. Na die gehen ja sehr nett miteinander um. Langsam und Achtsam stehe ich auf und folge Blasius aus dem Zelt raus. Die Sonne blendet mich im ersten Moment, was mich die Augen schließen lässt. Eine leichte Brise weht mir um die Ohren und ich Atme tief durch. Die Frische Luft in meiner Lunge tut unglaublich gut und ich genieße den kleinen Moment in dem ich mich Frei fühle. Meine beiden Begleiter scheinen mir diesen Moment geben zu wollen, denn sie sagen nicht ein Wort. Nach nur wenigen Momenten öffne ich die Augen wieder und sehe in zwei verständnisvolle Gesichter. Hektisch umher blickend laufe ich hinter den Beiden her, versuche mir jedes Detail einzuprägen. Immer wieder Atme ich tief durch um die Aufsteigende Panik in Schach zu halten. Es fällt mir sehr schwer, mein Herz pocht immer Wilder gegen meine Brust. So kenne ich mich gar nicht. Ich war früher immer Mutig und habe mich nicht Unterkriegen lassen. Und nun war ich ein kleines elendes Wrack. Immer wieder kommen die Bilder hoch, wie sie zu zweit auf mich einschlagen. Wie sie die Kinder einfach erschiessen. Ich kann nicht weiter gehen, bleibe mitten in der Bewegung stehen. Meine Hände schlingen sich um mich, versuchen meinen Atem zu kontrollieren, doch es hilft nichts. Ich unterdrücke die Tränen, nein weinen will ich jetzt wirklich nicht.

„Hey kleine alles okay?“ fragt eine mir fast fremde Stimme.

Ich weiß es muss Enrico gewesen sein, aber er hat mich im falschen Moment erwischt. Ich habe mich erschrocken, die Panik bricht aus und ich schubse ihn ungewollt weg. Ich kauere mich auf den Boden, mache mich klein, will nicht wieder so eine Bestrafung bekommen. Um meinen Schrei zu Unterdrücken presse ich eine Hand auf meinen Mund. Die Andere krallt sich tief in meinen Oberschenkel ein. Mein Atem geht schnell, mein Herz schlägt wild und ich befürchte jeden Moment einen Herzinfarkt zu bekommen. Enrico macht einen Schritt auf mich zu. Schützend hebe ich meinen Arm über den Kopf.

„Bitte es tut mir leid.“ Wimmere ich leise.

„Keine Sorge, niemand tut dir etwas.“ Flüstert Blasius dicht an meinem Ohr.

Die Panik lässt im Schneckentempo nach, doch ich bin unfähig mich zu Bewegen. Zaghaft schiebt Blasius einen Arm unter meine Kniekehlen, den Anderen legt er Sanft an meinen Rücken. Vorsichtig hebt er mich hoch und trägt mich fort. Eine wohlige Wärme geht von Blasius Körper aus. Das sanfte Wippen beruhigt mich ungemein. Ich lasse meinen Kopf an seine Schulter sinken und versuche weiterhin meine Atmung zu Kontrollieren. Wir betreten ein Zelt, es ist wesentlich Gemütlicher als das Sanitätszelt. Hier stehen sechs Betten, ein kleiner Tisch improvisiert aus einer Holzkiste. Hier und da liegen Klamotten herum oder Rucksäcke. Vorsichtig setzt Blasius mich auf eines der Betten, reicht mir eine Flasche Wasser und setzt sich auf das Bett direkt gegenüber. Enrico setzt sich neben seinen Freund und sieht mich forschend an. Zitternd öffne ich die Flasche, trinke einen Schluck, versuche die Angst zu unterdrücken. Gedankenverloren spiele ich mit der Flasche bis meine Atmung und mein Herzschlag sich Normalisiert haben.

„Geht es wieder Nicole?“ fragt Blasius.

Ich nicke nur und sehe die Beiden Entschuldigend an. Ich sehe an ihren Augen das sie Verständnis für mein Verhalten haben. Ich vermute sie ahnen was mir wiederfahren ist.

„Was ist mit dir passiert?“ fragt Enrico plötzlich und erntet einen angenervten Blick von Blasius.

„Sie haben uns Entführt… Meinen Bruder und mich…“

Ich kann direkt nicht weiter reden. Sofort schießen die Bilder hoch. Es tut so unglaublich weh.

 

Flashback

Mein Bruder hat sich gerade an mich gekuschelt als es laut knallt. Jemand schreit laut, dumpfe Schläge. Mein Bruder beginnt zu schreien. Ich halte ihm den Mund zu, drücke ihn fest an mich. Jemand stürmt in das Zimmer, packt uns fest, entreißt mir meinen Bruder. Ich werde gegen jemanden geschleudert. Mein Bruder schreit, wehrt sich. Eine dunkle Gestalt holt aus, schlägt meinen Bruder ins Gesicht. Ich sehe wie dieser zu Boden geht, lauter schreit. Die dunkle Gestalt zieht ihn hoch, schreit ihn an er solle still sein, doch mein Bruder kann nicht aufhören. Die Dunkle Gestalt fasst mit beiden Händen den Kopf von meinem Bruder, schreit ihn noch mal an. Eine große Hand legt sich auf meine Augen zieht mich raus. Ich höre ein Knacken und stille. Es ist eine stille die Niemand gerne hören möchte. Ich entwinde mich dem Griff der Person hinter mir, springe zu meinem Bruder, aber sein Kopf ist merkwürdig verdreht, er Atmet nicht. Etwas hartes trifft mich am Hinterkopf. Dunkelheit…

 

Ich weine stumm vor mich hin, lasse dem Schmerz freien Lauf. Keiner sagt etwas, neue Leute kommen ins Zelt geben aber keinen Ton von sich. Ich spüre ihre Blicke auf mir ruhen, doch muss ich mich erst einmal beruhigen. Immer wieder kommen neue Tränen und ich befürchte so schnell enden sie nicht. Also werde ich so weiter erzählen. Ist doch sowie so egal ob sie es wissen oder nicht. Entweder es ist danach endlich vorbei oder ich habe es mir endlich von der Seele geredet.

„Sie kamen in der Nacht… Wir waren in einer der Sicherheitszonen. Eddie kam zu mir, konnte alleine nicht Schlafen. Ich hab mit ihm gekuschelt. Es knallte Laut und plötzlich waren da nur noch Dunkle Gestalten. Sie rissen uns hoch, entzogen mir meinen Bruder. Einer hielt mich fest, ein Anderer schrie Eddie an, er soll aufhören zu heulen. Er… er war… doch erst acht! Er wollte nicht aufhören, es wurde schlimmer… Man hat Eddie das Genick gebrochen….“

Ich schluchze immer wieder auf, versuche dennoch so deutlich wie möglich zu erzählen. Ich blicke mich kurz im Zelt um. Blasius und Enrico sitzen immer noch an Ort und Stelle, doch es sind noch drei weitere Personen dazu gekommen die Still zu hören. Ich muss mich kurz fangen, Trinke noch einen Schluck, Atme nochmal tief durch.

„Als ich das nächste mal meine Augen aufgemacht habe, saß ich in einem Verlies, kleiner als das Zelt hier, zusammen mit 20 anderen Kindern und Jugendlichen…. Alle paar Stunden kam jemand rein, holte einen von uns, der nicht wieder kam. Ab und an kamen sie auch einfach um einen von uns fragen zu stellen, die wir ihnen aber nicht beantworten konnten. Sie holten sich immer die kleinsten… Ich konnte es nicht… Es ging einfach nicht… Ich bin aufgesprungen trotz der Fesseln, habe sie angeschrien… Sie haben die kleinen trotzdem mitgenommen… zusätzlich habe ich immer eine drauf bekommen. Es war mir Egal… Sie sollten einfach die kleineren in Ruhe lassen.“

Ich schlucke schwer bei dem Gedanken den kleinen nicht geholfen zu haben. Ich fühle mich so Schuldig und wünsche mir ich hätte mehr tun können. Ich spüre die forschenden Blicke, doch immer noch sagt keiner ein Wort. Ich kämpfe noch mal gegen die Tränen an ehe ich weiter erzähle.

„Schließlich wurden wir alle rausgeholt. 17 waren wir noch. Immer vier und ich einzeln. Ich habe versucht mich zu wehren, musste dafür natürlich auch büßen. Dann standen wir da im Hof, vor uns dieser Mann mit den Narben und den fast schwarzen Augen. Er sagte uns, wir sollten in Richtung Lager laufen wenn wir gegessen und getrunken haben. Sie hoffen das ihre Feinde dann nicht auf sie schießen… Die Anderen wurden zum Essen geschickt, doch ich musste etwas abseits warten mit vier anderen. Dieser Mann mit den Narben kam zu uns, meinte wir würden nur Ärger machen… Er grinste bösartig, fragte uns nach Namen und Alter. Wir fünf wurden wieder in das Gebäude geschickt und standen dann 10 Leuten gegenüber. Unsicher was man von uns wollte standen wir rum, gingen ein oder zwei Schritte… Dann ging alles ganz schnell. Erat rannte zum Ausgang, wurde aufgehalten, sie schlugen auf ihn ein. Wir anderen wollten ihm Helfen… Sie waren so viele… Zu stark… Sie wussten was sie taten… Immer wieder schlugen sie auf uns ein… Solange bis wir nur noch kleine Häufchen Elend waren… Der Mann mit den Narben kam zu uns, fragte ob wir jetzt Artig wären. Mike brüllte ihn an, er macht weiter bis zu seinem Tot… Ich konnte nicht hinsehen, ich habe nur den Schuss gehört…“

Ich schlucke schwer, doch die Tränen sind versiegt. Mein Blick geht in weite Ferne, es tut weh an all das zu denken und kommt mir vor wie vor einer Ewigkeit, doch liegt es nur Stunden zurück. Hass steigt wieder in mir auf und verdrängt die Angst. Einzig die Leere bleibt bestehen.

„Wir Anderen wurde wieder rausgebracht. Wir tranken ein Schluck und los ging es. Nachdem es bei uns so hektisch geworden ist, explodierte in meiner Nähe eine Granate und riss mich von den Füßen. Ich habe keine Ahnung was alles passiert ist. Ich weiß nur das die Kinder….“

Ich breche ab. Ich will diesen Gedanken nicht zu ende führen und kaue lieber nachdenklich auf meiner Lippe herum. Immer noch Quält mich die Frage wie man nur so Kaltblütig sein kann und Kinder sowie Jugendliche in den Tot befördern kann.

„Sie haben euch nur benutzt. Ab einem Gewissen Punkt sind sie stehen geblieben und haben Angefangen auf euch zu schießen und Granaten zu werfen.“ Meint eine Frau.

Erschrocken blicke ich zu ihr. Die Frau hat kurze, Feuerrote Haare, einen stechenden Blick und sieht eher aus wie eine dürre Ballerina als wie eine Soldatin.

„Nicole, dir wird hier nichts mehr passieren. Werde wieder Fit, bald kommen wir an einer Sicherheitszone an, da werden wir dich dann absetzen.“ Meint ein Mann neben der Rothaarigen.

„Gibt es überhaupt noch eine Zone die wirklich sicher ist? Ich wurde aus einer Entführt.“

Alle sehen mich schweigend an und Erwidern kein Wort. Das hatte ich mir Gedacht! Wahrscheinlich ist keine Zone mehr Sicher. Ich werde mir was Anderes einfallen lassen. Vielleicht laufe ich ja alleine durch die Gegenden und versuche zu Überleben. Oder ich bringe mir das Kämpfen bei und werde die Töten die es verdienen. Oder ich schließe mich den Soldaten an, muss doch eh bald jeder kämpfen.

Keith

 

Seit einiger Zeit sitze ich schweigend auf einem der Betten. Die Rothaarige und Enrico haben das Zelt verlassen. Still hänge ich in meinen Gedanken während Blasius mit mir zwei Unbekannten Männern spricht. Ich höre nicht zu, denn ich habe mitbekommen sie überlegen wer der Mann mit den Narben ist. Ich fühle mich schwach und gedemütigt. Angst und Hass stehen in einem stätigen wechsel in meinem Inneren. Bei jedem Geräusch zucke ich kaum merklich zusammen. Meine Augen werden schwer und ich rutsche immer wieder in einen Dämmer zustand. Nach einer ganzen weile kommen die Rothaarige und Enrico wieder, sie drücken Blasius einen Ordner in die Hand und setzen sich wieder an ihre Plätze. Ich nehme all das nur am Rande wahr und versuche weiterhin meine Gedanken zu Ordnen. Blasius blättert in dem Ordner rum, was mich dann doch aufschauen lässt. Seine Stirn liegt in sanften Falten, er sieht Nachdenklich aus, scheint etwas zu suchen.

„Nicole in welcher Sicherheitszone warst du?“ fragt Blasius Nachdenklich.

„Zone 13.“ Antworte ich leise.

Überrascht schaut Blasius von dem Ordner hoch direkt in mein Gesicht. Ihm scheint einiges durch den Kopf zu gehen. Ich sehe mich um und auch die Anderen sehen Überrascht aus. Ein Merkwürdiges Gefühl überkommt mich, irgendwas Stimmt hier nicht. Blasius schüttelt einmal den Kopf und blättert dann in dem Ordner, bis zu einer bestimmten Seite. Leise liest er vor.

„Nicole Carruzzo, 15 Jahre, Wohnung 2537?“

„Ja…“ meine Antwort ist leise und leicht Zitternd.

„Nicole… Kannst du dich nur an die wenigen Tage erinnern?“ fragt Blasius.

„Was? Warum fragst du….“

Wieder steigt Panik in mir auf, schneller als zuvor. Warum fragt Blasius mich so etwas merkwürdiges? Was hat das zu Bedeuten? Mein Atem beschleunigt sich unnormal schnell und auch mein Herz springt mir jeden Moment aus der Brust. Hektisch sehe ich mich um, alle Augen liegen Misstrauisch auf mir.

„Die Zone 13 wurde bereits vor drei Monaten überfallen. Erinnerst du dich nicht?“ fragt Blasius.

„Was? Nein das kann nicht… Wie ist das Möglich? Es waren doch nur wenige Tage…“

Die Panikattacke kommt näher, wird jeden Augenblick ausbrechen. Das ist doch nicht möglich! Ich war doch nur drei oder vier Tage in dem Verlies. Sie müssen sich irren.

„Ganz ruhig, Nicole. Manchmal verdrängt unser Gehirn Informationen um sich selbst zu schützen. Ich denke irgendwann kommen die Erinnerungen zurück.“ Meint Blasius vorsichtig.

„Ich muss raus!“

Mit einem Satz springe ich auf die Bein und laufe in die Dunkelheit nach draußen. Es ist deutlich kühler als am Tag, der Wind bläst etwas stärker. Ich sehe auf zu den Sternen mit schmerzender Lunge sauge ich die kalte Luft ein. Drei Monate? Ist das Wahr? Tränen stehlen sich aus meinen Augen, ziehen eine warme Spur auf meinen Wangen bis zu Kinn. Ich bin so Verwirrt, Verzweifelt. Was ist nur geschehen, das ich mich nicht Erinnere. Warum weiß ich nur von wenigen Tagen, wenn es doch so eine lange Zeit war? Mir ist Kalt und ich drücke meine Arme fest gegen meinen Oberkörper. Die Zeltplane hinter mir Raschelt leise, jemand kommt heraus. Warum muss das alles passieren? Was hat man mir angetan? Nur schwer lässt sich mein Atem beruhigen. Mein Herz schlägt immer noch als wäre ich gerade einen Marathon gelaufen, mein Körper zittert. Stumm kommt jemand auf mich zu, berührt mich zaghaft mit einer Hand am Rücken. Sofort zucke ich zusammen, Angst macht sich breit. Panisch blicke ich mich um und stelle fest die Hand gehört zu Blasius. Verständnisvoll blickt er mir in die Augen, sagt nicht ein Wort. Ängstlich und Entschuldigend sehe ich zurück in seine Augen. Warum ist er nicht im geringsten böse auf mich? Wo ich doch immer wieder zusammen zucke oder abstand nehme. Wieder kommt die Verzweiflung in mir auf. Ich fühle mich leer, einsam und verlassen. Sanft streicht Blasius eine Träne mit seinem Daumen aus meinem Gesicht. Es fühlt sich vertraut an. Er zieht mich in seine Arme, drückt mich sanft an seine Brust. Es tut so unglaublich gut, die Wärme die von ihm ausgeht. Nun brechen dann alle Dämme. Ich kann es nicht zurückhalten, schluchze los, lasse meinen Tränen freien Lauf.

„Warum bist du so nett zu mir?“

„Warum sollte ich nicht? Du hast mir nichts getan. Du bist nur ein Opfer unserer Gegner.“

Mein Körper zittert heftig vom weinen, meine Tränen tränken den Pullover von Blasius mit Salziger Flüssigkeit. Es scheint ihn nicht zu stören, immer noch drückt er mich schützend an sich. Sanft streicht er mir immer wieder über meine kurzen braunen Haare, über meinen Rücken, spendet mir Trost. Lange Zeit stehen wir einfach still dar, sagen kein Wort. Mein Atem beruhigt sich nur langsam, die Angst versiegt.

„Ich hatte auch mal eine kleine Schwester. Sie lebte auch in einer Sicherheitszone und wurde Entführt. Als wir die Gruppe befreit haben, waren alle sehr verstört, kaum ansprechbar. Sie haben schreckliche Dinge mit den Kindern und Jugendlichen angestellt. Sie konnten und wollten sich auch an nichts Erinnern. Sie hatten allesamt immer wieder Anfälle, dabei Erinnerten sie sich an das was passiert war. Keiner von ihnen Lebt heute noch. Sie haben sich das Leben genommen, oder sind bei Panikattacken gestorben. Du bist die erste Überlebende und wir werden versuchen dich wieder aufzubauen. Wir möchten verhindern das du dasselbe Schicksal wie all die Anderen Kinder erleidest.“

Nun verstummt die mich beruhigende tiefe Stimme von Blasius, sein Herz klopft schnell, er trauert um seine kleine Schwester. Meine Angst ist in diesem Moment wie verflogen. Ich fühle trauer und Mitleid.

„Wie hieß deine Schwester?“

„Beryll.“ Flüstert Blasius liebevoll.

„Erzähl mir bitte von ihr.“ Fordere ich leise.

„Sie war auch erst 15, so wie du. Sie hatte die gleichen schwarzen Haare wie ich, die blauen Augen. Sie war lebhaft, konnte immer Lachen. Sie war genauso klein und sportlich wie du. Du erinnerst mich sehr an Beryll.“

Mir wird klar, das ich seinen großen Bruder Instinkt geweckt habe. Wenn ich seiner Schwester wirklich so ähnelte, wie er sagt, wird er wohl nun mich als seine Schwester ansehen. Zumindest flüstert mir das mein Bauchgefühl und das irrt sich sehr selten. Ich habe damit kein Problem, vielleicht tut es ja sogar gut, wenn sich jemand um mich kümmert.

„Können wir noch eine Runde laufen?“ frage ich zaghaft.

Blasius löst sich langsam von mir, lächelt mich an und Nickt. Stumm gehen wir nebeneinander her, über den vollen Platz. Überall stehen Zelte und Transporter, Kisten und Rucksäcke. Es ist still im Lager, aus einigen Zelten kommt ein sanftes Schnarchen und verleiht mir ein Gefühl des Friedens. Doch Frieden gibt es in diesen Zeiten nicht und dennoch herrscht sie hier. Die Männer und Frauen hier strahlen Vertrauen aus und Freundschaft. Sie halten zusammen. Einige Patrouillen sind Unterwegs, sehen überall nach dem Rechten, nicken uns freundlich zu. Meine Panik ist wie verflogen, auch die Angst hat deutlich nachgelassen. Langsam laufen wir am Zaun entlang. Dahinter ist alles ruhig und dunkel. Blasius sieht immer mal wieder besorgt zu mir, will sich wohl versichern das ich nicht wieder durchdrehe. In einer Ecke, hinter einem der Zelte regt sich etwas und ich bleibe sofort still stehen. Blasius scheint es nicht bemerkt zu haben, denn er geht zwei Schritte weiter, sieht mich dann fragend an.

„Da ist jemand!“ zische ich vorsichtig.

Blasius schaut in die Ecke, zieht die Augenbrauen zusammen, versucht etwas zu erkennen. Da! Da war es wieder! Jemand läuft langsam auf uns zu. Es ist ein junger Mann, vielleicht 20, vermute ich anhand seiner Augen. Er ist komplett Schwarz gekleidet, sein Gesicht verhüllt wie das meiner Entführer. Ein frösteln überkommt mich, ängstlich verstecke ich mich hinter Blasius. Er ist wachsam, starrt Kampfbereit zu der Dunklen Gestalt. Plötzlich lockert sich Blasius Haltung, er ist sehr viel entspannter.

„Keith! Was machst du hier?“ fragt Blasius überrascht.

„Ich wollte euch bloß warnen. Die Blows planen einen Angriff. In zwei Tagen. Außerdem wollte ich mich mal Umsehen. Ich habe gehört ein Opfer von Ignatius hat Überlebt?“

„Ja eine hat Überlebt.“

„Ist sie das? Warum versteckt sie sich?“

„Keith! Sie musste einiges Durchmachen. Sie ist Verwirrt, hat immer mal wieder Panikattacken. Dann schleichst du auch noch so hier herum.“

„Verzeihung. Ich werde jetzt aber wieder gehen. Ich wollte den Grounds noch einige Verluste bescheren. Gute Nacht meine Freunde.“

So leise wie dieser Keith aufgetaucht ist, verschwindet er auch wieder. Verwirrt sehe ich ihm hinterher und frage mich, was für ein merkwürdiger Mann er ist. Schnaufend dreht Blasius sich zu mir um, sieht mich Entschuldigend an. Ich jedoch schüttele nur den Kopf und frage mich was dieser Keith meinte mit seinen Worten.

„Wir sollten zum Zelt zurück. Du wirst bei uns bleiben, wenn es dich nicht stört.“

„Nein es ist mir sogar Lieber als im Sanitätszelt.“

„Na dann bin ich ja zufrieden. Dann komm, wir müssen die Anderen Informieren.“

Still und etwas schneller machen wir uns auf den Weg zu den Anderen. Blasius wirkt besorgt, Nachdenklich. Und doch blickt er immer wieder bedacht zu mir, anscheinend ist er sich nicht sicher um die Stabilität meiner Verfassung. Doch jetzt gerade ist da keine Angst, keiner Panik, auch Verwirrung und Verzweiflung sind kaum noch anwesend. Nun bin ich Verwundert über diesen Keith, er scheint ein einsamer Mann zu sein, ein einsamer Kämpfer. Doch in seinen Augen habe ich Trauer, Wut und Verletzlichkeit erkannt. Was hatte er wohl durchgemacht. Gedankenverloren betrete ich hinter Blasius das Zelt, setze mich schweigend auf das Bett auf dem ich zuvor schon gesessen habe. Ich achte nicht auf die Anderen, die mich fragend und interessiert ansehen, auch achte ich nicht auf meine Umgebung. Stumm lege ich mich auf das Platte Kissen, ziehe die dünne Wolldecke über meine Beine bis zum Bauch, rolle mich auf die Seite. Mein Blick ist vermutlich leer und in weiter Ferne, meine Sicht ist getrübt. Mein Körper und mein Kopf verlangen nach Schlaf, also schließe ich die Augen und blende die Stimmen und Geräusche um mich herum aus.

Flucht

Flashback

Wir stehen an einem Abgrund, unter mir nichts als Dunkelheit. Angst und Panik. JA Angst und Panik spüre ich. Auch die Anderen Kinder und Jugendlichen zittern, wimmern. Die Männer und Frauen hinter uns verheißen nichts Gutes. Ganz im Gegenteil, sie lassen meine Häärchen im Nacken aufstehen und bedeuten Gefahr. Es ist sehr Windig. Stoßweise Atme ich aus, versuche so ruhig wie möglich zu bleiben. Meine Hände sind vor meinem Bauch zusammen geschnürt mit einem rauen Seil. Ich höre Wellen an einer Brandung schlagen. Unter uns scheint ein See oder Meer wütend zu Toben. Ein Pfiff ertönt und durchbricht die Stille der Nacht. Die Männer und Frauen treten genau hinter uns. Ich versteife mich. Was wird gleich geschehen? Ich hoffe nicht das, was ich zu erahnen glaube. Wieder ein Pfiff, ein harter Stoß in meinem Rücken. Kopfüber fliege ich von der Klippe in das Ungewisse. Panisch versuche ich im Flug das Seil los zu werden, doch schon treffe ich Hart auf eine sich bewegende Oberfläche. Wasser! Hier ist Wasser! Doch wo ist Oben und wo Unten? Ich habe keine Luft! Panik! Alles ist schwarz! Etwas Hartes trifft mich, geschockt versuche ich einzuatmen, doch alles was in meine Lunge dringt ist Wasser. Es wird schwarz vor meinen Augen, mein Bewusstsein entgleitet mir…

 

Mit einem ersticktem Schrei werde ich schweißgebadet wach. Panisch setze ich mich hin, versuche Luft zu holen, doch mein Hals ist wie zugeschnürt. Ich kann nicht Atmen, mein Persönlicher Überlebenskampf beginnt. Ein kleines Licht geht an, doch ich kann nicht hinsehen. Immer noch versuche ich wieder Luft zu bekommen, die Panik runter zu würgen, mein Herz zu Beruhigen. Ich zittere und verkrampfe mich. Jemand kommt zu mir, drückt mich zurück auf das Kissen, redet beruhigend auf mich ein. Ich sehe Rote Haare, ein besorgtes Gesicht. Sie tritt gegen etwas in der Nähe, hektisch raschelt es, Blasius taucht in meinem Blickfeld auf.

„Brooke, was ist passiert?“

„Ich weiß nicht, sie hat die ganze Zeit schon wild um sich geschlagen. Als sie dann in die Höhe geschossen ist, habe ich nur noch ihre Panik gesehen. Sie lässt sich nicht beruhigen.“

Beide scheinen sehr besorgt zu sein und doch vergeht meine Panik einfach nicht. Es war so Real, sodass ich mich frage, ob dies wirklich passiert ist. Blasius zieht mich hoch, in seine Arme. Er drückt mich an sich, versucht mich zu beruhigen.

„Es war nur ein Traum. Atme ganz ruhig. Ein und aus. Komm schon kleine du kannst das, ich weiß es. Du bist in Sicherheit bei uns.“

Seine Stimme beruhigt mich, Luft dringt in meine Lunge. Sofort ebbt die Panik ab, wird weniger. Ich lausche seinem Herzschlag, er ist so beruhigend, so friedlich. Ich passe meinen Atem seinen Zügen an. Ein, aus, ein aus. Immer noch zitternd löse ich mich von Blasius, lege mich zurück in das Kissen, sehe verstört in seine Augen. Ich sehe Besorgnis, Angst. Warum hat Blasius Angst?

„Das war kein Traum oder?“ fragt Blasius vorsichtig.

Mein Blick muss ihm mehr sagen als ich es erahnen kann. Denn seine Augen flackern Hasserfüllt auf. Dieser Hass gilt nicht mir, sondern den Leuten die uns gequält haben.

„Magst du uns davon erzählen?“

„Sie haben uns gefesselt von einer Klippe in Wasser gestoßen. Ich weiß nicht wann es war, aber es ist passiert. Ich… ich war kurz tot, glaube ich. Ich habe Wasser eingeatmet.“

Ich kann nicht weiter erzählen denn die Tränen laufen ungehemmt über mein Gesicht. Ich kann sie nicht zurück halten, zu tief sitzt die Angst, so etwas wieder zu erleben. Zu tief sitzt die Erkenntnis, das jemand so grausam sein kann. Warum werden Kinder dazu gezwungen für ihr Überleben zu Kämpfen? Wie kann man nur so blindlings einem Menschen folgen der solche taten befiehlt?

Brooke hält mir eine Flasche Wasser und eine Tablette hin. Ich sehe fragend auf die kleine weiße Tablette auf ihre Hand und bin unschlüssig ob ich sie wirklich nehmen soll. Ist es ungefährlich? Kann ich ihr trauen? Blasius nimmt Brooke beides ab, bedankt sie bei ihr.

„Das ist eine Schlaftablette. Damit kannst du ruhig schlafen. Nimm sie. Es ist völlig ungefährlich. Jeder von uns braucht sie mal und hat sie auch schon genommen. Lass dir damit helfen.“

Stumm und ängstlich gehe ich seiner bitte nach. Ich setze mich hin, nehme die kleine Tablette von seiner Hand, stecke sie in den Mund und spüle sie mit einem großen Schluck runter. Nach wenigen Minuten legt sich eine Unnatürliche schwere über meine Glieder, mein Denken setzt aus und ich schlafe ein.

 

Ein lauter Knall weckt mich unsanft. Leicht Panisch springe ich auf und sehe das auch die Anderen unsanft geweckt wurden. Brooke und ein fremder Mann stürmen nach draußen, brüllen rum während ich versuche meine Gedanken zu Ordnen. Grinsend und doch genervt kommen sie wieder rein, geben Entwarnung. Draußen seien zwei Transporter aneinander geknallt. Völlig verspannt strecke ich meine Arme und Beine, beobachte die Anderen still. Sie machen sich nur Oberflächlich frisch, Ordnen ihre Kleidung, reiben sich den Schlaf aus den Augen. Langsam begeben sich alle nach draußen, deuten mir an ihnen zu Folgen. Es herrscht reges Treiben vor den Zelten, Unruhe überkommt mich, macht mich Nervös. Meine Begleiter merken dies, nehmen mich schützend in ihre Mitte, sagen aber nicht ein Wort dazu. Ich bin dankbar für diese unausgesprochene Hilfe. Nur langsam geht es voran, auf eine Masse an sitzenden Soldaten zu. Sie Frühstücken alle Gemeinsam, Lachen. Ein Wohliges Gefühl durchströmt mich, ich habe es schon ewig nicht mehr gespürt und ersetzt ein Stück weit die Verzweiflung. Wir Reihen uns Gemeinsam in eine Schlange ein. Warten auf die Essensausgabe, suchen uns einen Platz und Genießen ein Frühstücksei. Lange habe ich solch ein Frühstück nicht mehr genossen. Doch schnell stelle ich fest das mein Magen nicht mehr wirklich an Essen gewöhnt ist. Schmerzhaft zieht er sich zusammen, protestiert gegen die Nahrung. Doch ich lasse mir nichts anmerken, möchte nicht noch schwächer wirken. Der Tag vergeht relativ schnell, nachdem Blasius mit einem Ranghohen Soldaten gesprochen hat. An allen Ecken und Enden werden Kisten verschoben, Waffen gesäubert und Transporter umgestellt. Sie machen sich bereit auf den Angriff den Keith angekündigt hat. Ein Durcheinander an Gefühlen durchströmt mich.

Angst vor dem Bevorstehenden.

Sorge um die Leute die mir Helfen wollen.

Verzweiflung darüber das ich keine Hilfe sein werde.

Hass gegenüber den Angreifern.

Trauer über das herannahende Leid.

Nun liege ich auf dem Feldbett, versuche trotz des Gefühlschaos ein wenig zu Schlafen. Ich konzentriere mich auf meine Atmung um sie ruhig zu Halten. Ich versuche an schöne Zeiten zu denken, doch es fällt mir schwer ein Ereignis in den Kopf zu bekommen. Blasius sitzt auf meiner Bettkante, weicht nicht von meiner Seite, versucht beruhigend zu wirken. Auch meine stätigen Begleiter versuchen die Stimmung mit Makaberen Scherzen aufzulockern. Sie sind Nervös, Beunruhigt. Doch irgendwann holt mich die Müdigkeit ein, überwindet meinen Willen nicht zu schlafen und reißt mich in die Schutzlosigkeit.

 

Ich schlage die Augen auf, stürze mit allen aus dem Zelt. Schreie, Chaos, Schüsse… Der Angriff hat mitten in der Nacht begonnen. Panik ergreift mich, meine Beine bewegen sich weg von dem geschehen. Blasius erfasst meine Hand, läuft mit mir weg, weg von der Gefahr. Ohne zu denken, ohne mich umzudrehen tragen mich meine Beine bis zum Zaun auf der Anderen Seite des Geländes. Hier ist kein Ausgang, wir sitzen in der Falle, die Angreifer kommen näher. Ich fühle mich wie ein in die Enge getriebenes Tier, Ängstlich, Panisch, Totgesagt. Ich sehe sie immer näher kommen, versuche einen letzten schönen Gedanken in mein Gedächtnis zu rufen. Blasius bittet mich im Schutze der Dunkelheit zu warten, mich zu verstecken, er will mich alleine lassen. Das kann er doch nicht tun. Mein einziger Halt kann mich doch nicht allein und Schutzlos zurück lassen. Doch er lädt seine Waffe durch, drückt mich noch einmal liebevoll an sich und entfernt sich. Mein Atem beschleunigt sich, mein Herz schlägt viel zu schnell, ich muss einen Ausweg suchen. Hier schlich Keith doch herum, also muss es hier irgendwo einen Weg heraus geben. Schnell, ängstlich, zitternd taste ich mich am Zaun lang, drücke dagegen, ziehe. Eine lose Stelle verrät sich, lässt Hoffnung in mir aufkommen. Ich drücke den Zaun nach Außen und klettere ungeschickt durch den kleinen Spalt der dort entstanden ist. Wehmütig Blasius nun zu verlassen laufe ich einfach los. Einfach weg von dem Leid, den Schreien. Ich achte nicht auf meinen Weg, laufe einfach über einen Rasen in einen Wald hinein. Mein Herz ist schwer, voll mit Schuld und Angst. Doch was kann ich schon groß machen, ich bin doch selbst nur ein 15 Jähriges Mädchen. Meine Schritte werden langsamer als ich eine Ruine erblicke. Vorsichtig laufe ich darauf zu, bedacht kein Geräusch zu machen, wer weiß was dort auf mich lauert. Zitternd vor Angst und Kälte klettere ich über Schotter und Geröll, in die verschluckende Dunkelheit hinein. Ich setzte Mechanisch ein Fuß vor den Anderen, mache mich bereit auf einen Angriff der jederzeit kommen könnte. Mein ganzer Körper steht unter Spannung, jeder Muskel brennt vor Anstrengung, doch kann ich einfach nicht anhalten. Meine Hand legt sich vorsichtig an die Wand als ich die Ruine betrete, tastet sich voran. Plötzlich packt mich eine Hand, drückt mich gegen die Wand, hält mir den Mund zu. Ich Versuche mich zu Befreien. Panische Tränen verlassen meine Augen, ich habe Angst um mein Leben.

„Psch ich tu dir nichts!“ haucht mir mein Gegenüber zu.

Die Stimme, ich habe sie schon einmal gehört. Es ist noch gar nicht lange her, erst zwei Nächte. Keith! Mein wehren endet abrupt, meine Augen weiten sich bei der Erkenntnis. Meine Angst verpufft, löst sich in Rauch auf. Der Druck auf meiner Brust wird weniger, verschwindet aber nicht gänzlich. Es ist nicht unangenehm. Nein, es ist eher beruhigend.

Gefühlschaos

Keith drückt mich immer noch sanft gegen die Wand, scheint nicht daran zu denken mich los zu lassen. Es macht mir weniger Angst als befürchtet, seine Nähe beruhigt mich, obwohl ich ihn nicht kenne. Stumm lauschen wir auf die Entfernten Geräusche, nichts deutet daraufhin das jemand in der Nähe sein könnte.

„Was machst du hier?“ fragt Keith merkwürdig.

„Ich habe Panik bekommen, bin abgehauen.“ Antworte ich Monoton.

Was ist das? Ich habe keine Angst vor Keith und doch ist da eine Menge Respekt vor diesem jungen Mann. Ich habe das Gefühl ihm antworten zu müssen. Er hat eine seltsame Aura. Sie besteht aus Stärke, Respekt, Wut, Trauer, Einsamkeit, Intelligenz. Ich kann es nicht richtig einordnen, es Verwirrt mich mehr als alles andere, vor allem der Hauch von Mitgefühl in seiner Stimme.

„Wie heißt du?“

„Nicole… Aber sag bitte Nico.“

„Gut. Nico nimm das Messer und folge mir leise. Machst du eine Falsche Bewegung in meine Richtung tu ich dir weh!“

Der Druck auf meinem Oberkörper verschwindet, ein Griff eines Messers findet den Weg in meine Hand. Langsam, Forschend folge ich den Umrissen von Keith der etwa drei Meter vor mir läuft. Er beobachtet seine Gegend sehr genau, achtet auf jedes Geräusch. In mir entfacht das Gefühl der Sicherheit. Ich weiß in seiner Nähe kann mir nichts passieren. Er strahlt unglaublich viel Ruhe aus und Erfahrung. Wir laufen aus dem Wald heraus, auf ein kleines zerstörtes Dorf zu. Keith ist schnell und mir fällt es schwer Schritt zu halten. Je weiter er sich von mir Entfernt, desto schwerer wird die Angst, die Panik. Bald erreichen wir ein noch fast intaktes Haus, klettern hinein. Etwas bewegt sich, über uns, schnell. Ich sehe drei Gestalten auf uns zu kommen, Angst, Hass, Panik, Wut alles strömt auf mich ein. Keith rempelt einen der Gestalten um, springt auf eine zweite drauf, sticht mit dem Messer zu. Die dritte Gestalt hält auf mich zu, mir wird Kalt, mein Körper Taub. Was soll ich bloß machen? Ich will nicht leiden, nicht sterben, nicht wieder Gefangen genommen werden. Mein Körper spannt sich an, macht sich bereit sich zu wehren. Die Gestalt kommt näher, ist eine Armlänge entfernt. Ruckartig stelle ich mich Seitlich zu ihm, Trete ihm gegen den Bauch. Er taumelt Rückwärts, ich fasse den Griff des Messers fest, schalte das Denken aus, gehe auf den Mann zu. Gebückt steht er vor mir, brummt Bedrohlich, doch ich will stark bleiben. Meine freie Hand packt an den Hinterkopf der Gestalt, drückt den Kopf nach unten. Die Andere Hand schnellt nach Oben, mit der Klinge voran, in das Gesicht des Angreifers. Die Gestalt schreit Markerschütternd, hat schmerzen, lässt mich Schuldig zusammen fahren. Was habe ich nur getan? Bin ich dieses Monster gewesen? Keith hat seine Angreifer schon längst unter Kontrolle, sieht erstaunt zu mir. Langsam kommt er auf mich und die am Boden liegende Gestalt zu, zückt sein Messer und beendet das wimmern zu meinen Füßen.

„Was habe ich getan?“ frage ich zitternd.

„Dein Leben verteidigt. Komm mit.“

Keith ergreift meine Hand, zieht mich hinter sich her. Ich fühle mich taub und leer. Ich bin Schuldig, ich habe einen Menschen schwer Verletzt. Hatte ich das Recht dazu? Ich habe gar nicht darüber Nachgedacht. In dem Moment war es Richtig. Keith steigt mit mir die Treppen nach Oben, drückt mich dort sanft auf ein verlassenes Bett, hockt sich vor mich. Der Mond scheint Hell, erleuchtet das kleine Zimmer seicht. Keith zwingt mich in seine strahlend grünen Augen zu schauen.

„Du hast das Richtige gemacht. Du hast keine Schuld daran! Hättest du nicht so gehandelt, wärst du jetzt tot.“

Ich sehe Keith in seine Unendlich tiefen Augen. Sie sagen so viel. Vieles was ich nicht verstehe, nicht erahne. Er steht auf, setzt sich nah zu mir auf das Bett und schaut mich einfach nur an. Ich fühle mich unwohl und wohl zur gleichen Zeit. Es ist merkwürdig, raubt einem leicht den Atem, beruhigt aber auch ungemein.

„Du bist also eine Überlebende von Ignatius?“

„Ich weiß nicht… Ich habe Überlebt… Aber ich weiß nicht wer dieser Ignatius ist…“

„Ignatius ist der mit der Narbe im Gesicht. Der Mann der immer böse grinst.“

Ich starre Keith dümmlich an. Woher weiß er wie der Mann aussieht? Woher weiß er von dem bösen Grinsen?

„Ja ich kenne ihn. Ich habe auch überlebt.“

Langsam zieht Keith seine Maske und die Mütze herunter. Sein braunes kurzes Haar steht ihm wild vom Kopf, lässt ihn jünger wirken. An seiner linken Wange ziert eine lange unebene Narbe die Haut. Er hat eine frische Platzwunde an der Lippe, die leicht Blutet. Gedankenverloren starre ich den jungen Mann vor mir an, suche nach Worten, will nichts falsches sagen oder machen.

„Was ist passiert?“ frage ich leise.

„Ich habe mich zu sehr gewehrt. Als Strafe musste ich mich Misshandeln lassen. Als sie uns dann Vorführen wollten, bin ich geflüchtet. Seitdem bin ich allein Unterwegs, suche mich selbst. Ich versuche Leuten wie Ignatius zu schaden, immer hin hat er auch versucht uns zu Kampfmaschinen zu machen. Ich denke du kannst dich nicht daran Erinnern. Noch nicht, aber es wird wieder kommen, glaub mir.“

„Ich weiß. Langsam und schmerzhaft.“

„Nico, wie alt bist du?“

„15, Bald 16. Wie alt bist du Keith?“

„Du hast dir meinen Namen gemerkt?“

„Ich weiß nicht, er ist geblieben ja…“

„Ich bin 18.“

„Was machen wir hier?“

„Wir warten bis der Angriff vorbei ist. Dahinten tobt der Kampf, solange bleibst du bei mir, dann bringe ich dich zurück.“

„Warum?“

Mich wundert seine Aussage. Warum will er mich zurück bringen? Warum soll ich zurück? Er hat ja noch nicht einmal gefragt ob ich das überhaupt möchte. Außerdem habe ich das Gefühl ich brauche Keith in meiner Nähe. Ohne es zu wollen spendet er mir Vertrauen und Ruhe. Ich kenne diese Gefühle nicht so Stark und ausgeprägt und schon gar nicht so plötzlich. Seine Augen, sie sprechen zu mir, es würde mir fehlen.

„Weil du dort besser aufgehoben bist als allein hier draußen. Sie kümmern sich um dich, dort hast du eine bessere Überlebenschance. Verschwende dein Leben nicht Nico, es wurde dir gerade erst wieder geschenkt.“

Er spricht bitter und es macht mich Wütend. Ich mag es nicht wie er das Ausspricht. Es beunruhigt mich, warum auch immer.

„Kann ich nicht bei dir bleiben?“

„Nein, ich bleibe allein.“

Die Trauer ist nicht zu überhören und tut mir in der Seele weh. Wie kann ein Mensch so viele Gefühle in einer fremden Person auslösen. Unwohl beiße ich mir auf die Lippe, versuche mich wieder zu beruhigen. Ich habe Angst, wovor kann ich nicht mal sagen, aber die Angst ist da. Keith steht auf, geht an das Loch wo einst ein Fenster war und sieht zum Schlachtfeld in einiger Entfernung. Vorsichtig und Zaghaft stehe ich auf, gehe zu Keith und stelle mich auf an das Loch. Achtsam beobachte ich jede Bewegung, sehe einmal kurz zum Schlachtfeld, dann wieder zu seiner etwas größeren Gestalt. Er wirft mir einen Seitenblick zu, leicht belustigt. Fasziniert sehe ich mir seine Markanten Gesichtszüge an. Er beobachtet mich, genauso wie ich ihn.

„Weißt du Nico, mir ergeht es wohl kaum anders als dir. Schnell bekommen wir mal Panik und Angst. Vertrauen wenigen Menschen, lassen uns selten Anfassen, sind verwirrt. Ich lasse mich auch eigentlich nicht gerne Beobachten.“

Völlig vertieft sehe ich mir weiterhin sein Gesicht an, das trotz der Narbe sehr Anziehend ist. Ich kann einfach nicht weg sehen, warum weiß ich nicht. Ich fühle mich unglaublich wohl in seiner Gegenwart und wieder lächelt er zu mir herüber und ich… ich erwidere es. Ich blicke wieder zu dem Schlachtfeld, hoffe das alle Heile daraus kommen. Nach einigen Minuten bewegt Keith sich etwas in meine Richtung, nur eine kleine Drehung mit seinem Oberkörper, doch ich nehme es war. Wieder sehe ich ihm in die Augen.

„Leg dich etwas hin, ich wecke dich dann.“

Ich nicke stumm und frage mich warum er plötzlich so kalt klingt. Langsam gehe ich zu dem Bett, lasse mich darauf nieder, rolle mich auf die Seite, habe Keith im Blick. Sein Gesicht ist zum Schlachtfeld gerichtet, doch seine Augen huschen immer wieder zu mir. Ungewöhnlich schnell fallen mir die Augen zu.

 

Ein sanftes rütteln an meiner Schulter weckt mich. Nur langsam bekomme ich meine Augen auf, es ist immer noch Dunkel, aber die Geräusche aus der Ferne sind verstummt. Ich erblicke Keith vor mir hockend, er hat seine Maske wieder aufgesetzt. Kalt und Warm zu gleich Ruhen seine Augen auf mir. Ein Kribbeln durchzuckt mich bei seinem Anblick. Ich bin Traurig nicht nochmal sein Gesicht unverhüllt zu sehen. Ich stehe auf, nehme das Messer entgegen welches er mir vor die Nase hält und folge ihm still die Treppen runter. Mein Blick haftet fest auf Keith Hinterkopf, ich will die Leichen nicht sehen. Doch ich kann mein Blick nicht halten wo ich es wollte, sehe zu Boden und bin Überrascht. Da liegen keine Leichen mehr! Keith muss sie weggeschafft haben als ich geschlafen habe. Mit derselben Geschwindigkeit wie Stunden zuvor laufen wir zur Ruine zurück. Von dort ist es nicht mehr weit bis zum Lager und mein Herz wird unglaublich schwer. Keith sagt kein Wort, hat seine Umgebung genau im Blick, achtet auf jedes Geräusch. Im Schutze des Waldes bleibt er plötzlich stehen, dreht sich zu mir rum. Ich bleibe überrascht stehen, gehe vorsichtig auf ihn zu.

„Sie werden schon überall suchen. Ich bringe dich jetzt zurück. Aber wir werden uns wieder sehen. Ich werde bald wieder kommen und ich wünsche mir sehr, dich dann lebend wieder zu sehen. Versprichst du mir das?“

Ich kann nicht Anders und Nicke einfach nur, dabei heften meine Augen an seinen. Keith kommt einen Schritt auf mich zu, zieht seine Maske ein Stück herunter und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. Ein Vulkan aus Gefühlen bricht aus. Angst, Verzweiflung, Trauer, Vertrauen, Ruhe, alles auf einmal explodiert eine Bombe in mir. Die Stelle an der seine Lippen liegen Kribbelt angenehm, doch viel zu schnell löst er sich von mir, zieht seine Maske wieder hoch. Wieder folge ich ihm Stumm, traurig und schwer. Schon in einiger Entfernung erblicke ich Enrico, er ruft meinen Namen in die Dunkelheit, immer wieder. Kaum erblickt er uns ruft er nach Blasius, der auch wenige Sekunden später angerannt kommt. Kaum erreicht er uns, etwas außer Atem, bläst Keith belustigt die Luft aus seiner Lunge.

„Ich habe da mal auf jemanden geachtet, während ihr euch Verteidigt habt.“

„Oh Gott, danke Keith, wir dachten schon jemand hätte sie verschleppt.“ Sagt Blasius erleichtert.

„Ja ich. Na dann ich werde mich dann mal auf den Weg machen. Nico, denk an dein Versprechen!“

Damit dreht Keith um und verschwindet schnell wieder im Wald.

„Wie geht es dir Nicole? Ist alles okay mit dir?“ fragt Blasius besorgt.

„Geht schon. Ich habe Panik bekommen und bin dann abgehauen. Es tut mir leid.“

„Alles okay. Ist ja noch mal alles gut gelaufen. Was für ein Versprechen meint Keith?“ fragt Enrico.

„Nicht so wichtig.“

Gemeinsam machen wir uns auf den Weg ins Lager zurück. Meine Schritte sind schwer und gleichzeitig Federleicht. Ich weiß er wird wieder kommen, die Frage ist nur wann?

 

Persönlichkeit

 

Flashback

Ich stehe mit Verbundenen Augen irgendwo im nirgendwo. Ich weiß nicht was um mich herum passiert, nur das einige wie immer Wimmern. Mein Körper ist auf alles gefasst, jeder Muskel bis aufs äußerste gespannt. Ich lausche auf meine Umgebung, versuche jede Bewegung aus zu machen. Doch mit den Anderen Kindern und Jugendlichen ist es extrem schwer. Ein Schmerzensschrei in meiner Nähe reißt mich aus meiner Konzentration. Schnell ermahne ich mich in Gedanken auf meine Umgebung zu achten. Gerade wieder meine angespannte Haltung angenommen trifft mich ein Stock oder ähnliches Hart im Kreuz. Ich unterdrücke einen Schrei, gehe in die Knie, stütze mich auf meinen Händen ab. Schnell stehe ich wieder auf, bevor der nächste Schlag kommt. Mein Kopf möchte bersten vor Anstrengung. Ich höre leise Schritte, sie kommen auf mich zu. Die Luft wird durchschnitten von einem sich hebendem Objekt. Es kommt auf mich zu, ich reiße meine Hände hoch. Ein harter Schmerz durchzieht meine Handflächen, trotzdem schließe ich schnell meine Hände, ziehe an dem Stab. Überrascht stelle ich fest das mein Gegenüber den Halt verloren hat, hole aus und schlage zurück. Sofort werde ich von zwei schweren Körpern von den Füßen gerissen und auf dem Boden geschleudert.

 

Ich fühle mich merkwürdig ausgeruht als ich wieder wach werde. Die Soldaten schlafen noch tief, verarbeiten den Kampf der Nacht. Die Sonne steht schon hoch am Himmel, reges Treiben herrscht vor dem Zelt. Leise stehe ich auf und gehe nach draußen, darauf bedacht keinen zu wecken. Selbst die Hektik die hier draußen herrscht kann mich an diesem Morgen nicht aus der Ruhe bringen. Immer wieder denke ich an mein Versprechen gegenüber Keith. Warum auch immer, aber es ist mir verdammt wichtig es zu halten. Ich will mein altes ich zurück und werde nun dafür kämpfen. Dennoch erschrecke ich fürchterlich als Blasius sich hinter mir Räuspert.

„Entschuldige. Was machst du hier draußen?“

„Ich wollte an die frische Luft und euch schlafen lassen.“

„Du brauchst keine Rücksicht auf uns zu nehmen. Außerdem ist es höchste Zeit zum Aufstehen. Warte bitte eben.“

Blasius sieht mich belustigt an, geht Rückwärts ins Zelt zurück. Ich gehe ein Schritt nach hinten als ich ihn das Wort >Aufstehen< brüllen höre. Mehrere Flüche ertönen Lautstark und ich kann mir ein Grinsen nicht unterdrücken. Blasius kommt Lachend aus dem Zelt und bleibt überrascht stehen als er mich sieht. Ihm folgen die Anderen und auch sie sehen mich an als wäre ich ein Außerirdischer.

„Lächelt sie?“ fragt jemand.

„Ja sie lächelt Gail.“ Antwortet Enrico selbst ungläubig.

„Nein ich habe es nicht verlernt.“

Nachdem sich die fünf aus ihrer Schockstarre gelöst haben gehen wir Frühstücken. Etwas unruhig sehe ich mich noch um, aber es hält sich alles in Grenzen. Ich bemerke die Besorgten Blicke der Anderen, blende sie aber aus. Vermutlich machen sie sich ernsthaft Gedanken um meine Geistige Gesundheit, wegen meiner plötzlichen Wesensänderung. Nachdem Frühstück geht es ins Sanitätszelt. Man hat mir aufgetragen mal die Verbände wechseln zu lassen. Eigentlich will ich mich darum drücken, doch als meine Begleiter dies bemerken, wirken sie dagegen. Gemeinsam mit Enrico, der mich kurzerhand über seine Schulter geworfen hat und Blasius betrete ich das Zelt. Wie schon beim ersten Mal riecht es nach Blut und Desinfektionsmittel. Sofort wird mir schlecht und ein panisches Gefühl steigt auf. Dieser Ort gefällt mir überhaupt nicht. Schnell lasse ich die Anstehende Behandlung über mich ergehen, muss aber definitiv danach etwas zur Abreaktion machen. Kaum bin ich an einigen Stellen neu Verbunden, entschuldige ich mich bei Enrico und Blasius und laufe los. Wie von einer Hummel gestochen laufe ich Runde um Runde, immer innen am Zaun lang. Ich brauche die Anstrengung, sie zeigt mir das ich Lebe, das ich noch alles Spüre, das ich Ich sein kann. Enrico läuft noch mit mir, Blasius hingegen hat schon aufgegeben. Doch zwei Runden später muss ich auch Kapitulieren und bleibe bei den Wartenden stehen.

„Mein Gott, die kleine hat Feuer im Hintern!“ japst Enrico.

„Heul nicht! Ich könnte noch weiter machen.“ Ziehe ich ihn auf.

Mein loses Mundwerk kehrt zurück und zieht sofort erschrockene Blicke auf sich. Sie kennen mich so nicht, für mich ist es Teil meines Normalen Ichs und es ist ein wunderbar Befreiendes Gefühl zu wissen, dass es noch in mir Schlummert. Ich lächle meine Begleiter an, fühle mich wohl, muss aber die leere in die hinterste Ecke drängen.

„Da grinst du auch noch frech vor dich hin. Na warte, wenn ich dich kriege, jage ich dich durch mein Trainingsprogramm.“ Grummelt Enrico.

„Dafür musst du mich erst mal kriegen.“ Lache ich und laufe los.

Sofort werde ich von Enrico verfolgt, er ist schnell, schneller als ich, aber er braucht eine Weile bis er mich in die Finger bekommt. Sofort schickt er mich zu Boden Liegestütze machen. Trotz meiner brennenden Lunge mache ich einfach weiter. Es ist ein guter Schmerz, ein Schmerz der mich Stärkt, der mich Leben lässt. Noch während ich darüber Nachdenke geht es an die Sit-Ups. Wobei ich doch feststelle, dass meine Bauchmuskeln mehr Training vertragen könnten. Aber ich lasse es mir nicht nehmen und ärgere Enrico immer wieder mit ein paar Sprüchen. Nicht wissend wie er reagieren soll halst er mir mehr Übungen auf. Das geht solange bis die Sonne sich mit einem roten Himmel verabschiedet und Blasius meint es wäre Zeit etwas zu Abend zu Essen. Geschafft rappele ich mich auf, teste die Standfestigkeit meiner Überlasteten Beine und folge ihm. Gemeinsam sitzen wir am späten Abend im Zelt, reden über die Vergangenheit, über die Zeit vor dem Krieg. Ich habe gerade von einem meiner frechsten Aktionen erzählt.

„So wie du es erzählst biste ja ganz schön dreist.“ Erwähnt Brooke.

„Was heißt dreist? Ich habe nur ein Problem mit meiner Zurückhaltung und sage gerne was ich denke.“

„So gefällst du mir schon viel besser. Was ist passiert? Das du dich so verändert hast?“ fragt Blasius.

„Ganz ehrlich ich weiß es nicht…“

Ich weiß es wirklich nicht, aber ich habe eine Vermutung. Dieser Vermutung kann ich aber zurzeit nicht nachgehen und wird noch einige Zeit warten müssen. Nun lege ich mich hin, versuche mir ein schönes Bild in den Kopf zu rufen, was mir überraschender Weise sofort auch in den Sinn kommt und mache die Augen zu. Mit einem wohligen, friedlichen und warmen Gefühl schlafe ich dann ein und drifte in einen Traum.

Rückschlag

 

Ich liege schon eine Weile wach und starre die Zeltdecke an. Draußen wird es allmählich heller, die Sonne geht auf. Gail bewegt sich immer mehr, scheint bald wach zu werden. Brooke setzt sich stumm hin, sie braucht wohl keine Aufwachphase. Leben erwacht überall, braucht nicht lang um viel Lärm zu verursachen. Meine Bauchmuskeln protestieren Schmerzhaft als ich mich aufsetzen möchte. Ja sie brauchen wirklich mehr Training. Brooke steht auf, deutet mir an ihr zu Folgen was ich stumm mache. Reichlich verschlafen läuft sie vor mich her, Zielsicher hält sie auf einen der Transporter zu. Sie klettert hoch, sucht kurz etwas und wird bald darauf fündig. Sie drückt mir frische Anziehsachen in die Hand und behält für sich auch eine Montur. Dann führt sie mich zu einer kleinen Hütte, laut ihrer Erklärung sind dort die Duschen drin. Es liegen Handtücher und Duschgel bereit.

Angenehm prasselt das lauwarme Wasser auf mich nieder, löst ein paar wenige Verspannungen. Ich genieße diese erste Dusche seit langem, lasse das Wasser über mein Gesicht laufen. So angenehm…

Gemeinsam gehen wir zurück zum Zelt, welches komplett verlassen ist, vermutlich gehen die Männer nun auch Duschen. Somit wollen Brooke und ich Frühstücken gehen. Auf dem Weg laufen wir an unzähligen Zelten vorbei, aus einem brüllt ein Mann, er beschwert sich. Ich bleibe stehen, die Stimme, sie ist mir bekannt. Aber woher?

„Brooke, was ist da in dem Zelt?“

„Da werden Gefangene eingesperrt.“

Brooke legt einen fragenden und verwirrten Blick auf, doch ich sehe stur zum Zelt, gehe ein paar Schritte darauf zu. Mein Herz pocht schnell, wird immer fester als die Stimme lauter wird. Ich habe keine Angst, auch Panik ist keine da, nein es ist Interesse und Neugierde. Vor Brooke betrete ich ungefragt das Zelt, stehe vor einem Käfig aus Metallstangen. Nachdenkend blicke ich auf dem Mann der am Boden sitzt und Überlege immer noch woher ich ihn kennen könnte. Der Mann sieht mich, baut sich zu seinen fast zwei Metern Größe auf, sieht mich Hasserfüllt mit seinen dunklen Augen an. Die Narbe an seinem rechten Auge lässt mich Intensiver Nachdenken. Meinen Kopf lege ich schief, gehe einen weiteren Schritt auf ihn zu, halte jedoch Sicherheitsabstand. Plötzlich wirkt der Mann Panisch, Aggressiv und Aufgebracht.

„Wieso bist du hier? Das ist nicht richtig du solltest Tot sein!“

Überrascht weiten sich meine Augen, Wut kocht in mir Hoch. Jetzt weiß ich wer er ist, es wird mir gerade klar. Dieser Mann hatte mich Entführt. Er ist Schuld an dem Tod meines Bruders.

„Komm näher dann beende ich dein Erbärmliches Leben!“

„Du hast mich Entführt… Wegen dir ist mein kleiner Bruder tot!“ stottere ich.

Einige Augenpaare beobachten den Mann und mich, hören Aufmerksam zu, doch ich blende sie aus, will dem Mann im Käfig die Meinung sagen.

„Dein Bruder ist tot wegen Dir! Du bist schuld! Du hättest ihn Ruhig halten müssen!“ lacht der Mann böse.

„Er war acht! Du hast mich festgehalten… Du hast es zugelassen. Nicht ich bin schuld. Du und deine Kumpane sind schuld. Ihr habt so viele Leben auf dem Gewissen.“

Ich spreche leise, leicht Verletzt aber Verachtend. Der Mann hört mich durchaus deutlich, zuckt vor den Worten kaum merklich zurück, versucht seine bröckelnde Fassade aufrecht zu Halten.

„Du dürftest gar nicht hier sein! Du müsstest schon längst Tot sein.“

„Du hast kein existenzrecht. Ich habe überlebt und nun erfahren alle hier was für ein Monster du bist.“

Meine Stimme wird fester, hasserfüllter, provokanter. Würde dieser Mann nicht in einem Käfig sitzen, würde er mich vermutlich versuchen zu töten. Doch ich würde mich wehren, würde versuchen ihn meinerseits das Leben zu nehmen. Wegen Männern wie ihm sind so viele Kinder und Jugendliche gefoltert und geopfert worden.

„Sie werden dich zurückholen und dich leiden lassen. So sehr wie du es dir nie im Leben vorstellen kannst.“

Ich kann mir durchaus Vorstellen was die Leute machen würden, wie sehr sie mir Schmerzen bereiten würden. Unweigerlich zucke ich zusammen, etwas in mir zerreißt, lässt die Angst frei. Ein Kampf in meinem Inneren entsteht. Mein Hass will die Angst nicht Stärker werden lassen, drückt sie immer wieder in den Hintergrund. Leer blicke ich den Mann an, frage mich wie er in dieser Situation noch so Mutig sein kann. Er drückt sich mit einem Mann gegen die Metallstreben, hangelt mit seinen Armen nach mir, doch ich trete nur einen Schritt zurück, stoße dabei gegen Blasius, der sich unbemerkt hinter mich gestellt hat.

Seine Augen ruhen Hasserfüllt auf dem Mann im Käfig. Ich sehe seine Mordgelüste, weiß er verachtet solche Menschen mehr als alles andere.

„Habt ihr von dem Gefangenen alles was ihr braucht?“ fragt Blasius merkwürdig leer und bitter.

„Nein, er redet nicht, wehrt sich nur.“ Antwortet ein Mann in der Nähe.

„Er wird nicht reden… Er hat gelernt seinen Mund zu halten, bis in den Tot…“

 

Flashback

Ich sitze auf einem Holzstuhl, kann mich nicht bewegen, bin gefesselt. Schreie von anderen dringen zu mir, sie Leiden. Zwei Männer stehen vor mir, sehen mich belustigt und zu allem bereit an. Einer fragt mich etwas, doch ich höre nicht zu, schweige lieber. Da ich nicht die erste bin, weiß ich was diese Männer wollen. Sie wollen das ich schweige, komme was wolle. Mein Kopf wird nach hinten gerissen, wieder kommt eine Frage, wieder bleibe ich stumm. Eine Hand wandert zu meinem Hals, ruht dort, wartet auf die Wiederholung der Frage, doch weiterhin schweige ich. Nein ich werde nichts sagen, ich will nicht bestraft werden, ich will nicht wieder leiden müssen. Eine Hand trifft meine Wange, hart und schmerzhaft, doch kein Ton kommt über meine Lippen. So geht es weiter, es ist Schmerzhaft, doch ich werde nicht Nachgeben. Ich habe gesehen was sie mit denjenigen machen die Reden. Sie bestrafen diese mit härteren Schlägen oder Verletzungen mit Messern oder Stöcken. Nein das will ich auf keinen Fall, ich will nicht noch mehr Schmerzen haben.

 

Mein Blick klart wieder auf, ich bin auf den Boden gesackt, Blasius sieht besorgt auf mich herab. Ich zittere, die Erinnerung hat mich panisch werden lassen. Mein Atem geht Stoßweise, lässt mich fast ersticken. Der Mann im Käfig lacht wieder böse, doch bekommt er keine Beachtung. Er wird nicht reden, kennt keine Schuld. Blasius hilft mir auf, führt mich an die frische Luft. Doch die vielen Leute hier draußen machen mich Nervös. Ich muss hier weg, es ist zu viel. Schnell laufe ich los, gefolgt von meinen Begleitern. Meine Schritte beschleunigen sich, halte auch nicht an als Blasius ruft und bittet stehen zu bleiben. Es geht einfach nicht, ich versuche zu fliehen, vor mir selbst und vor der Gesamten Situation. Tränen steigen auf, bahnen sich ihren Weg über mein Gesicht. Ich knicke ein, lande auf den Knien. Blasius hockt sich vor mich, sieht mich Schmerzverzerrt an, zieht mich in seine Arme. Meine Hand greift nach seinem Shirt, mein Gesicht versteckt sich an seiner Schulter. Ich hasse die Erinnerungen, ich hasse das was mir wiederfahren ist. Warum musste es passieren? Mein Körper zittert heftig, die Angst und die Verzweiflung haben den Kampf gewonnen und übermannen mich vollends. Unfähig mich aus eigenen Kräften zu bewegen hebt Blasius mich in seine Arme und trägt mich weg.

Wiedersehen

 

Abwesend starre ich einfach in der Luft und liege auf dem Bett. Die Begegnung mit meinem Entführer hat mir mehr zugesetzt als ich erwartet habe. Um mich herum herrscht reges Treiben, von dem ich kaum etwas mitbekomme. Zwischenzeitlich war sogar ein Arzt bei mir, hat meinen Blutdruck gemessen, mir irgendwelche Medikamente gegeben. Stumm habe ich alles über mich ergehen lassen. Blasius und Enrico sitzen die ganze Zeit bei mir, versuchen mit mir zu reden, doch ich kann nicht. Ich kämpfe gegen diese ganzen Gefühle an, will nicht so leiden. Ich wollte doch nicht mehr so Schwach sein, wieder Stärker werden. Immerhin habe ich doch ein Versprechen abgegeben.

Das Versprechen! Keith! Wie sehr wünsche ich mir er wäre jetzt hier. Allein seine Anwesenheit hat mich beim letzten Mal ruhiger werden lassen. Ich war so beruhigt und zufrieden. Mein Herz wird schwer, warum ist er nicht bei mir? Leise Tränen stehlen sich wieder aus meinen Augenwinkeln. Sofort spricht jemand beruhigend auf mich ein. Ich nehme nicht ein Wort wahr, alles geht in einem dicken Nebel unter. Langsam und forschend setze ich mich auf. Mein Körper möchte in tausende Teile zerspringen, die Leere macht sich deutlich bemerkbar. Achtsam stehe ich auf, bewege mich Richtung Ausgang. Automatisch laufen die Schritte ab, ich kann nicht denken, es würde zu sehr schmerzen. Die Sonne verabschiedet sich schon mit einem Farbenspiel, macht Platz für die erlösende Dunkelheit. Ich spüre meine Verfolger im Nacken, aber es ist mir egal was passiert. Es ist egal ob ich Lebe oder Sterbe. Was hat mein Leben noch für einen Sinn? Ich bin kaputt, am Ende, leide vor mich hin. Schweigend laufe ich Schritt um Schritt, nicht Ahnend wohin mich meine Füße tragen. Schon kurz nachdem ich das Zelt verlassen habe, wird es schon richtig Dunkel. Es hat nur wenige Minuten gedauert ehe die Sonne gänzlich verschwunden ist. Die Dunkelheit ist befreiend, fühlt sich für mich besser an als der Helle Tag. Meine Füße haben mich zum Zaun getragen, lassen mich in die Ferne blicken. Es ist so still, so friedlich und trügt. Jemand stellt sich stumm neben mich. Er ist etwas größer als ich. Sein Blick liegt auch in der trügerischen Ruhe hinein. Seine Augen huschen immer wieder zu mir, doch sein Körper bewegt sich nicht ein Stück. Eine Ruhe erfüllt mich, die Angst rückt in den Hintergrund. Als hätte er es gespürt, steht er nun hier bei mir. Keith! Er sagt kein Wort, ist einfach da. Ich nehme Enrico und Blasius kaum wahr, die etwas abseits stehen und uns beobachten.

„Du hast dein Versprechen gehalten.“ Bemerkt Keith leise.

„Nur das Versprechen hat mich am Leben gehalten.“ Gebe ich zu.

„Ich hatte das Gefühl das du mich brauchst, deshalb bin ich hier. Nico du darfst nicht aufgeben, egal wie sehr dich die Erinnerungen versuchen zu zerstören.“

„Ich gebe mir Mühe, aber sie überrennen mich einfach.“

„Ich weiß wie du dich fühlst… Es wird dir nicht helfen, das weiß ich. Verspreche mir bitte einfach, das wir uns auch nach diesem Treffen wieder sehen werden.“

„Ich weiß nicht ob ich es schaffe. Ich kann meine Gefühle kaum unter Kontrolle halten…“

Ich breche ab. Ich kann ihm doch nicht sagen was ich ihm Gegenüber fühle. Wie sehr er mich beruhigt und mir Kraft spendet. Wir kennen uns doch kaum, er ist ein fast Fremder für mich. Und dennoch brauche ich seine Gegenwart um Überleben zu können. Um die Erinnerungen und meine Vergangenheit nicht Gewinnen zu lassen. Warum hat gerade dieser Einsame Kämpfer so eine große Auswirkung auf mich? Warum gerade Keith, der Lieber alleine sein möchte?

„Was denkst du Nico? Was geht dir durch den Kopf?“

„Ich frage mich warum gerade du so eine Beruhigende Auswirkung auf mich hast…“

Nun ist es raus obwohl ich es nicht sagen wollte. Nun habe ich nicht mal mehr meine Gedanken unter Kontrolle. Verstohlen blicke ich zu Keith, der seine Maske unter sein Kinn gezogen hat. Er lächelt und erwärmt damit mein Innerstes.

„Weil ich dasselbe durchgemacht habe wie du und dennoch hier neben dir stehe.“

„Keith… musst du wirklich wieder gehen?“

„Ja ich muss wieder gehen, aber ich Verspreche dir sobald wie möglich zurück zu kehren. Doch noch haben wir etwas Zeit.“

„Du bleibst noch?“

„Ein wenig… Für dich.“

Ich danke ihm stumm und lächle. Er macht es nur für mich, es macht mich Glücklich. Seine Nähe beruhigt mich immer mehr, verdrängt all die schlechten Gefühle der letzten Stunden. Nur mein Zittern bleibt, dies jedoch auch nur weil mir Kalt ist. Sanft legt Keith einen Arm um meine Schultern, zieht mich zu sich, spendet mir Wärme. Es fühlt sich so Vertraut an, so richtig. Ich genieße jeden Augenblick in seiner Nähe, erzähle ihm von meiner letzten Erinnerung, die zurück gekommen ist. Er hört zu, sagt nichts, versteht meine Panik. Immer wieder sieht er in mein Gesicht hinab, lächelt. Es lässt mich schwerelos und friedlich werden. Keith riecht unwahrscheinlich gut, nach Natur. Es ist Doppelt so beruhigend, das hätte ich mir nie erträumen lassen. Nach einer ganzen Zeit regt Keith sich, versteift sich. Ich weiß es wird Zeit für einen Abschied. Er ist nicht von Dauer das weiß ich und doch fällt es mir schwer Keith einfach ziehen zu lassen. Er schenkt mir eines seiner wenigen strahlenden Augenblicken, lächelt mich. Wieder legen sich seine Lippen auf meine Stirn, hinterlassen ein schönes Kribbeln.

„Versprich mir Durchzuhalten.“ Fordert Keith nah an meinem Ohr.

Ich spüre seinen warmen Atem an meinem Hals, er lässt mich glücklich Lächeln. Ich nicke nur leicht, doch er nimmt es wahr, seine Augen strahlen vor Freude. Dann zieht er sich die Maske zu Recht, nickt Enrico und Blasius zu und verschwindet in die Dunkelheit. Langsam gehe ich zu den wartenden Männern, die mich fragend ansehen.

„Geht es dir wieder besser?“ fragt Blasius.

„Ja es geht mir besser.“

Mehr brauche ich nicht zu sagen, er spürt es. Liebevoll zieht er mich in seine Arme, drückt mich einmal an sich und führt mich dann zurück zum Zelt. Zufrieden lege ich mich wieder auf das Bett, denke an Keith und den Kuss auf die Stirn. Allein die Erinnerung an diese kurze Berührung spendet mir Ruhe und Zufriedenheit, lässt mich mit unglaublicher Wärme einschlafen.

 

Flashback

Ich halte ein Mädchen in meinen Armen, versuche sie zu Trösten, für sie da zu sein. Sie hat mir verraten das sie Mary heißt und zehn Jahre alt ist. Unsere Entführer haben sie übelst zugerichtet, sie sieht sehr geschunden aus. Ihr Kopf ruht auf meiner Brust, sie weint bitterlich, wünscht sich immer wieder das Ende. Ich rede ihr gut zu, versuche sie vom Gegenteil zu überzeugen, sie zu beruhigen. Irgendwann erschlafft ihr zierlicher Körper. Ängstlich und Vorsichtig überprüfe ich ihre Atmung. Sie lebt! Sie ist eingeschlafen und ich spende ihr die Nähe die sie jetzt so dringend braucht. Ich drücke sie etwas fester an mich, schließe auch die Augen, will mich etwas ausruhen. Ich muss eingeschlafen sein, denn ich werde durch einen Ruck wach. Mary wird mir aus den Armen gerissen. Ein Mann zieht sie am Bein durch das kleine Verlies zur Tür. Ich schreie hinterher, versuche ihre Hand zu erfassen, doch die Tür knallt vor meiner Nase zu. Das war das letzte Mal das ich Mary gesehen habe.

Erneute Entführung

 

Die Sonne scheint warm auf uns hinab, wärmt den Boden unter unseren Füßen auf eine Angenehme Temperatur. Mir geht es wesentlich besser als am Vortag, was auch meine Begleiter erleichter feststellen. Sie gehen ihrem Training nach, wobei ich allerdings nur zu schaue, zu groß ist die Angst das eine unerwartete Erinnerung hoch kommt. Sie Trainieren hart ihren Nahkampf, schmeißen sich immer wieder zu Boden, ringen miteinander. Es sieht alles so Flüssig und Automatisiert aus. Sie wissen sich zu wehren, soviel steht fest. Enrico fragt immer wieder ob ich nicht doch mit machen möchte, aber ich lehne jedes Mal ab. Nein Danke das brauche ich nun wirklich nicht, schließlich verheilen meine Wunden gerade erst alle. Die Zeit vergeht rasend schnell und der Sonnenuntergang kündigt sich an. Ich rufe mir Keith Duft in Gedanken, sein Lächeln, seine Nähe. Es fühlt sich einfach nur gut an. Keith geht mir nicht aus dem Kopf, die Gefühle die in mir aufkommen sind völlig neu für mich. Bevor das alles hier begann habe ich kein Interesse am Anderen Geschlecht gehabt. Klar ich hatte Freunde, Jung sowie Mädchen, aber diese Gefühle die ich nun habe, habe ich bei keinem Anderen je verspürt. In nicht weiter Entfernung knallt es, hört sich an wie eine Granate. Erschrocken springe ich auf, schaue mich Panisch um. Schreie, Schüsse, wir werden Angegriffen. Blasius und Enrico schieben mich hinter sich, laufen mit mir in eine hoffentlich Sicheren Ecke. Alles geht so schnell, so Laut. Hass kommt zu der Panik, lässt mich Wild und hektisch die Umgebung absuchen. Maskierte Leute rennen schwer bewaffnet auf uns zu. Ich höre nur wie mir jemand zu ruft ich solle Rennen und mich in Sicherheit bringen. Meine Beine reagieren voll Automatisch, setzen sich gehetzt in Bewegung. Weg, ich muss weg von diesem Chaos. Ich achte nicht darauf wohin ich laufe, alles was ich sehe sind Kämpfe, Schmerzen und leid. Etwas trifft mich Hart gegen die Brust, schleudert mich zu Boden, raubt mir den Atem. Stöhnend öffne ich meine Augen, suche den Grund für meine Schmerzende Brust und Erschauere. Grinsend über mir starrt mich mein Entführer an. Er wird mir Weh tun, das ist mir klar. Er wird mich Leiden lassen, das hatte er mir schon angekündigt. Panisch versuche ich von ihm Abstand zu nehmen, zu flüchten. Doch er packt mich am Arm, reißt mich nach Oben und drückt mir seinen Arm auf den Hals. Die Luft bleibt mir weg, ich bekomme Panik, mein Überlebenskampf beginnt. Ich schlage um mich, versuche aus dem Griff zu entkommen, aber der Mann ist viel Stärker als ich. Er schleift mich mit sich, zieht mich zu einem klaffendem Loch im Zaun. Wo will er hin? Was hat er mit mir vor? Bitte er soll mich nicht wieder in meine Persönliche Hölle bringen. Ich wehre mich mit aller Kraft die ich aufbringen kann. Ich höre Schreie und rufe, doch es nützt nichts. Der Mann lässt mich nicht los, zerrt mich mit sich, will mir Schmerzen bereiten. Innerlich mache ich mich auf die Kommende Zeit gefasst. Bitter gestehe ich mir ein, das dies wohl mein Ende sein wird. Sie werden mich leiden lassen, langsam, schmerzhaft bis zum Tod. Sie werden keine Gnade zeigen. Mein Herz wird schwer, ich will nicht sterben, nicht jetzt wo es da jemanden gibt, der mir so viel Bedeutet. Dem ich etwas Versprochen habe. Ich werde Keith wohl nie wieder sehen. Traurig und leer schließe ich meine Augen, nehme mein Schicksal an und Akzeptiere es. Traurig lege ich meine Gefühle ab, schalte sie aus. Ich möchte sie nicht mehr Spüren. Es macht alles einfacher. Gleichgültigkeit legt sich schwer über meine Glieder, mein wehren endet langsam. Schneller als zuvor geht es voran. Ich verbiete mir jeden Gedanken an Blasius und Keith, an Enrico und Brooke. Es würde zu viele Gefühle hervorrufen. Es ist schwer, doch versuche ich nur das hier und jetzt wahr zu nehmen. Die Kampfgeräusche werden immer leiser, verstummen mit der Zeit. Ein kleines Haus taucht vor uns auf. Es sieht kaputt aus, zumindest ist es das was ich in der Dunkelheit erkenne. Ich werde dort hinein geschleppt. Keine Regung, kein Geräusch kommt von mir. Der Mann sucht etwas in den Trümmern, schaut sich im Dunkeln um. Er geht in die Hocke, zieht mich mit sich nach unten. Er hebt etwas auf, mir ist egal was es ist, es wird mir nur Schaden. Der Mann sucht wieder etwas, geht durch die Räume, gibt ein leises >Endlich< von sich, als er ein Bett findet. Ruckartig wirft er mich darauf, ein Spielzeug bohrt sich in meinen Rücken, doch ich lasse es mir nicht anmerken. Das Gewicht des Mannes lagert sich auf meinen Bauch, er hat sich auf mich gesetzt, reißt meine Hände zusammen. Fest bindet der Mann Klebeband um meine Handgelenke und Arme. Wieder mal bin ich gefesselt, Schutzlos ausgeliefert einem Irren Mann, der gerne Schmerzen zufügt. Er zieht meine Arme über den Kopf, verbindet das Klebeband mit dem Rahmen des Bettes, fixiert mich somit darauf. Grob fasst er mich ans Kinn, drückt meinen Kopf leicht nach Oben. Er kommt mit seinem Gesicht sehr nahe, streicht mit seiner Nase an meinem Hals entlang.

„Du riechst so Verführerisch… Ich werde dich Leiden lassen, meine kleine. Du hast es nicht anders Verdient.“

Gleichgültig nehme ich es hin, sage nichts, wehre mich nicht. Es ist sowieso Zwecklos. Der Mann lässt wieder von mir ab, läuft aus dem Zimmer raus. Stumm blicke ich zur Zimmerdecke, versuche weiterhin jedes Gefühl zu verdrängen. Es ist schwer, tut weh, aber ich werde ihm nicht die Genugtuung geben und ihm mein Leid zeigen. Es würde ihn nur noch mehr Anstacheln, ihm mehr Spaß bereiten. Der Mann kommt lautstark zurück, bleibt vor dem Bett stehen grinst mich Bösartig an. Ich schließe die Augen, Atme tief durch und mache mich bereit auf den Kommenden Schmerz. Die Matratze senkt sich neben mich, der Mann beugt sich zu mir. Sein Gesicht ist nur wenige Zentimeter von meinem Entfernt.

„Was hast du denen alles Erzählt?“

Ich schweige, sage kein Wort. Eine Faust trifft auf mein Kinn. Schmerz durchströmt mich, ich muss mich zusammenreißen nicht doch zu Schreien.

„Du willst also schweigen?“

Ich antworte wieder nicht, ich werde ihm keinen Gefallen tun. Etwas trifft mich hart am Bauch. Der Schmerz lässt mich Auf keuchen und Husten. Seine Augen verengen sich zu Schlitzen, seine Selbstbeherrschung beginnt zu Bröckeln. Hoffentlich beendet er mein Leid schnell. Er grinst mich noch mal an, beugt sich weiter zu mir runter. Schmerzhaft drückt er seine Lippen auf meine. Es ist ekelerregend, treibt mit Galle und Tränen hoch. Bitte nicht das auch noch. Jeden Schlag, jeden Schmerz gegen das was passieren soll. Sein Gewicht legt sich auf meinen Körper, das Atmen fällt mir schwer, stumm lasse ich alles geschehen. Eine Hand von ihm schiebt sich unter mein T-Shirt, sucht sich den Weg über meinen Bauch nach Oben. Grob und Schmerzhaft packt er meine Brust, drückt zu. Er stöhnt Lustvoll auf, drückt sich fester gegen mich. Eine Träne stiehlt sich aus dem Auge, dennoch bleibe ich stumm, versuche in eine Andere Welt einzutauchen. Um mich dreht sich alles und ich hoffe die Erlösende Dunkelheit möge bald von mir Besitzergreifen. Seine Hand löst sich von meiner Brust, rutscht zu meiner Hose, versucht sie fahrig zu öffnen. Am liebsten würde ich schreien, Schlagen, Treten, doch ich kann nicht, will nicht. Mehr Tränen rinnen über mein Gesicht, stumm und einsam. Die Hand des Mannes sucht sich einen Weg zu seiner eigenen Hose, öffnet sie mit einem Gezielten Handgriff.

„Bitte töte mich, aber tu mir das nicht auch noch an!“ flehe ich.

Geschockt reißt der Mann seinen Kopf hoch, seine Augen weiten sich. Er hält mitten in der Bewegung inne, starrt mich an. Plötzlich springt er auf, rennt aus dem Zimmer raus, lässt mich allein. Erleichtert Atme ich auf, versuche das Widerliche Gefühl zu verdrängen. Nebenan stöhnt der Mann immer wieder, es knallt dumpf, wieder Stöhnen. Ich möchte nicht wissen was er da macht, er soll mir nur nicht das antun was er vorhatte. Ich schließe meine Augen, unterdrücke weitere Tränen und hoffe darauf, das er mir mehr Leid erspart. Die Sonne geht langsam auf, der Himmel wird immer Heller. Leidvoll blicke ich nach draußen, präge mir diesen schönen Sonnenaufgang ein. Wenigstens etwas Schönes in dieser Schrecklichen Zeit. Der Mann kommt nicht wieder, er scheint eingeschlafen zu sein, denn ich höre ein seichtes Schnarchen aus dem Nebenzimmer. Mein Denken wird schwer, meine Augenlider schließen sich, der Schlaf überkommt mich.

 

Ein harter Schlag in den Unterleib weckt mich aus meinen Dämmerzustand. Böse lehnt der Mann sich wieder über mich, zieht vorsichtig ein Messer über meinen Körper. Er wird mir Schmerzen zufügen, zu schnell, zu tief. Er schreit mich an ich soll ihn ansehen, doch ich lasse meine Augen geschlossen. Ein Schnitt an meinem Bein, er brennt, ich unterdrücke das schreien. Nein ich werde ihm nicht den Gefallen tun und los brüllen. Kaltes Wasser rauscht auf mich nieder, der Mann lacht böse. Meine Kleidung ist vollkommen durchnässt, mir wird Kalt. Immer weiter geht die Tortur, schnitte an Arme, an Beine am Bauch, ja sogar einer im Gesicht. Kein Ton kommt über meine Lippen, ich leide Stumm. Die Nach ist schon über uns hereingebrochen, doch immer noch muss ich Schmerzen erdulden. Lange Zeit vergeht, doch die Ohnmacht möchte mich einfach nicht erlösen. Irgendwann hat der Mann für heute genug, lässt von mir ab und geht aus dem Raum raus. Nebenan ist wieder dieses Widerliche Stöhnen zu hören und ich versuche es aus meinem Kopf zu drängen. Es hämmert ein paar Mal sumpf, dann ist Ruhe. Ich schließe die Augen, hoffe auf die Ohnmacht, doch will sie nicht über mich kommen. Eine Tür geht auf, jemand nähert sich langsam dem Bett, doch ich lasse meine Augen zu. Etwas kaltes berührt meine Finger, durchtrennt das Klebeband. Nun öffne ich doch meine Augen, sehe mich in der Dunkelheit um.

Da steht er mein Retter, mein Ruhepol, Keith. Langsam zieht er seine Maske herunter, setzt sich zu mir auf das Bett, starrt mich Fassungslos an.

Rückkehr

 

Ich traue mich nicht mich zu Bewegen, zu groß ist die Furcht vor den Schmerzen. Keith ergreift meine Hände, zieht mich zu sich, in seine Arme. Es fühlt sich gut an, vertraut, Heilsam. Meine Tränen kann ich nun nicht zurückhalten, sie laufen Geräuschvoll aus mir heraus, doch Keith hält mich einfach nur fest. Sein Herz pocht schnell, sein Atem geht stoßweise. Vorsichtig fasst er mir mit beiden Händen ins Gesicht, mustert meine Verletzungen genau. Er sieht Traurig aus, Schuldig.

„Ich hätte in deiner Nähe bleiben sollen.“

„Es ist nicht deine Schuld Keith… Bitte gib dir nicht die Schuld daran.“

Erleichtert Atmet Keith aus, sieht mir Liebevoll in die Augen. Seine Lippen legen sich auf meine, so plötzlich und doch schon lange überfällig. Sein Kuss ist sanft, seine Lippen weich trotz der kleinen Kruste. Es liegt so viel Gefühl darin, seine Wärme strahlt zu mir herüber, eine ungeheure Ruhe legt sich über mich. Ich fühle mich schwerlos, als würde ich schweben. Mein Herz schlägt erleichtert in meiner Brust, Schmetterlinge flattern in meinem Bauch umher. Er schmeckt so unglaublich gut. Langsam lösen sich seine Lippen von meinen, hinterlassen ein wohliges Gefühl.

„Ich werde dich nicht mehr alleine Lassen.“ Verspricht Keith mir leise.

Ich lasse mich wieder in seine Arme sinken, Atme seinen Verführerischen Duft ein, genieße jeden Augenblick.

„Wir sollten zu den Anderen zurück kehren, sie suchen dich schon.“

„Woher weißt du das?“ meine Stimme ist Schwach.

„Ich habe mit Blasius gesprochen. Er sagte mir das dein Entführer weg sei und du auch.“

„Wie hast du mich gefunden?“

„Ich habe jedes Haus in der Umgebung durchsucht. Na komm wir sollten wirklich zurück. Wir wollen dich in eine Sicherere Umgebung bringen. Die Anderen Gruppierungen sind nämlich hinter dir her.“

„Wieso?“

„Du bist eine Überlebende von Ignatius. Ignatius mag zwar ein Widerlicher Mensch sein, doch er weiß wie man Leute im Kampf Ausbildet. Und nun wollen alle wissen was aus Menschen wie dir wird.“

„Warum sind sie dann nicht hinter dir her?“

„Keiner weiß das ich auch mal bei Ignatius war, nur du.“

Ich bin völlig überrascht von seinem Geständnis, dass nur ich davon Erfahren habe. Ein großes Gefühl des Vertrauens macht sich in mir breit. Wieso weiß keiner von Keith Vergangenheit? Wieso hat er nur mir davon erzählt? Keith steht auf, stellt sich vor mich, erfasst wieder meine Hände. Vorsichtig zieht er mich auf die Beine. Doch zunächst rutscht meine noch geöffnete Hose runter, treibt mir Schamesröte ins Gesicht, dann knicken auch noch meine Beine ein. Keith lässt mich wieder auf das Bett sinken, schaut mich geschockt an. So schnell es meine Schmerzen zulassen, ziehe ich die Hose wieder nach Oben und verschließe sie. Es ist mir extrem Peinlich, tut mir im Herzen weh.

„Hat er… Hat er dich etwa?“ fragt Keith geschockt.

„Nein… Ich habe ihn angefleht mich doch lieber zu töten, statt das mit mir zu machen…“

Bedächtig nickt Keith und denkt nach. Nun versuche ich alleine auf die Beine zu kommen, doch wieder kann ich mich nicht halten, bin zu schwach. Am liebsten würde ich einfach im Boden versinken, ich hasse das Gefühl der Schwäche. Keith beugt sich zu mir, schiebt vorsichtig seine Arme unter meinen geschundenen Körper und zieht mich an seine starke Brust. Liebevoll drückt er mir noch einen Kuss auf die Lippen bevor er langsam losläuft. Durch seinen schwarzen Pullover spüre ich die Ausgeprägten Brustmuskeln und schmiege mich an sie. Keith Nähe beruhigt mich, lässt mich nichts als Frieden spüren, selbst die Schmerzen sind wie weg geflogen. Angenehm drückt er mich an sich, läuft gemütlich über die Wiesen und Felder, scheint nicht im geringstem angestrengt zu sein.

„Wenn ich dir zu schwer werde, versuche ich zu Laufen.“

Seine Brust bebt angenehm von seinem leichten Lachen. Es klingt einfach nur herrlich und lässt mich verliebt Lächeln.

„Du und mir zu schwer? Du wirst mir nicht zu schwer.“

Ich lehne mich wieder bei ihm an, genieße seinen Duft, seine geschmeidigen und fließenden Bewegungen. Langsam kündigt sich der Morgen an, der Himmel zeigt sich in einem zarten Rosa. Immer noch trägt Keith mich mühelos, schaut immer mal wieder lächelnd zu mir hinab. Nach einer ganzen Weile hält er kurz an, geht in die Knie und schaut mir nochmal tief in die Augen. Seine Lippen legen sich noch einmal angenehm auf meine. Es ist ein langer, intensiver und Gefühlvoller Kuss, der mir einen angenehmen Schauer über den Rücken jagt. Mit einem Lächeln löst er sich von mir, zieht seine Maske wieder in sein hübsches Gesicht und legt seinen Weg fort. Bald dringen Geräusche zu uns, Geräusche die ich bereits kenne, die vom Lager stammen. Ich sehe ein Riesiges Chaos wo einst Zäune und Zelte standen. Der letzte Kampf muss schlimm gewesen sein und ich hoffe das alle wohl auf sind. Meine Augen weiten sich, mein Atem beschleunigt sich. Keith merkt dies und schaut aufmerksam zu mir hinab.

„Wie schlimm hat es das Lager getroffen?“

„Keine Sorge, die Meisten sind wohl auf, es gibt nur wenig Verletzte. Sie machen sich bereit zum Aufbruch.“

Erleichtert nehme ich wieder Keith beruhigende Aura in mich auf, genieße seine Nähe und versuche mich etwas zu entspannen. Das Lager kommt immer Näher, die Geräusche werden lauter und bald höre ich die Vertraute Stimme von Brooke. Kaum sieht sie uns rennt sie auf uns zu, bitten uns ihr zu Folgen und weist uns den Weg. An einem Transportet macht sie halt, bittet uns einzusteigen. Geschickt klettert Keith mit mir auf dem Arm hinein, setzt sich auf eine der Bänke die hier drinnen angebracht sind. Ich sehe Blasius, er sitzt völlig fertig in einer Ecke, schaut langsam hoch. Er sieht völlig ausgelaugt aus, als hätte er eine ganze Weile nicht geschlafen. Als er mich erblickt hellt sich seine Miene erst etwas auf, dann erscheint Sorge ja fast schon Panik in seinem Gesicht. Er brüllt nach einem Sanitäter, rutscht näher zu uns und betrachtet mich Traurig. Ein Sanitäter kommt schnell angerauscht, betrachtet mich genau, verbindet einige Wunden und bittet die Anderen darum, mich nicht aus den Augen zu lassen.

„Wir bringen dich jetzt in Sicherheit, kleine. Versuch etwas zu schlafen.“ Sagt Blasius leise.

Doch ich bin schon eng an Keith geschmiegt, eine Decke wurde über mich gelegt und versuche etwas auszuruhen. Keith Ruhiger Atem erfüllt mich mit Wärme und lässt mich sanft die Augen schließen.

 

Flashback

Wir stehen aufgereiht an den Wänden des Kellergewölbes. Stramm stehen müssen wir, Haltung bewahren. Jemand läuft auf und ab vor uns, Kontrolliert alles. Er gibt den Befehl das wir nach Oben gehen sollen. In Reih und Glied bewegen wir uns die Stufen empor. In einer Halle bleiben wir geordnet stehen. Wir sollen uns jeweils zu zweit aufstellen und wir gehorchen aufs Wort. Mein Körper macht alles was verlangt wird ohne über die Konsequenzen Nachzudenken. „Kämpft!“ wird befohlen. Ohne jegliche Gefühle, ohne einen Gewissensbiss, schlage ich dem Jungen vor mir Hart ins Gesicht. Er taumelt, bekommt sogleich die Beine von mir weggetreten. Er fällt zu Boden, wird von mir in den Haaren gepackt, hinterher geschliffen. Ich ziehe ihn rauf, drücke ihn gegen die Wand, sehe ihm ohne Mitleid ins Gesicht. Ich ziehe Schwungvoll mein Knie nach Oben, treffe den Jungen im Bauch, er keucht. Einer unserer Trainer gibt ein Zeichen, ein weiterer Junge greift in dem Kampf ein. Nun muss ich mich gegen zwei Gegner wehren. Einer ist geschwächt, Vorteil für mich. Doch der Andere musste schon öfter gegen mehr als zwei Kämpfen. Ich warte das er zuerst Angreift, er jedoch scheint dasselbe vor zu haben. Mein erstes Opfer nimmt mir nun die Entscheidung, sprintet auf mich zu, bekommt mein Ellenbogen ins Gesicht, es knackt. Im Selben Augenblick trifft mich ein Fuß am Kopf, ich lande auf dem Boden. Schwärze…

Verlust

 

Zittert werde ich wach, liege immer noch in Keith Armen, der mich sanft an sich drückt. Mein Atem geht Stoßweise, mein Herz pocht hart in meiner Brust. Verzweiflung macht sich in mir breit. Keith streicht sanft mit seinem Daumen über meine Wange, Ruhig wie immer, spendet Trost. Ich höre leise Gespräche über belangloses, für mich belangloses. Mir geht es nicht gut, mir ist schlecht und ich habe das Gefühl mich gleich übergeben zu müssen. Meine Hand fasst ungewollt an meinen Bauch, verkrampft sich dort im T-Shirt. Sofort bemerkt Keith das etwas nicht Stimmt, bittet den Fahrer des Transporters anzuhalten. Zuerst klettern die Soldaten heraus, als der Transporter endlich steht, sie sehen sich um, winken uns dann zu. Keith trägt mich bis zum Ausgang, bis zum Boden ist es eine ganz schöne Höhe. So hockt Keith sich auf den harten Metallboden, reicht mich vorsichtig an Blasius weiter, der mich Herzlich in Empfang nimmt. Eigentlich möchte ich nicht von Keith weg, aber auch bei Blasius fühle ich mich eigentlich ganz wohl. Keith springt aus dem Transporter, dehnt seinen Gesamten Körper einmal. Ich bitte Blasius mich abzusetzen, ich möchte meine Standfestigkeit testen. Vorsichtig lässt er mich zu Boden gleiten, stützt mich vorsichtig. Zunächst wackele ich noch Bedenklich, doch nach und nach werde ich Standfester. Die Luft ist wunderbar frisch und ich genieße die kühle Brise. Ich Atme tief ein und bereue es sofort. Ein Stechender Schmerz macht sich in meinem Oberkörper breit, ich zucke Schmerzhaft zusammen. Keith und Blasius sind sofort zur Stelle, kümmern sich um mich, versuchen mir zu Helfen. Durch den Schmerz wird die Übelkeit schlimmer, lässt mich Magensäure ausspucken. Beruhigen streichelt Keith mir über den Rücken, ist still für mich da. Mir wird Schwindelig, ein unangenehmes Kribbeln breitet sich in meinem Kopf aus, die Ohnmacht ist nahe. Ich stütze mich an Keith ab, der mich sofort in seine Arme schließt, mich auffängt. Er hebt mich wieder auf seine Arme, klettert in den Transporter zurück, legt mich auf eine der Bänke ab. Ich sehe noch die Besorgnis in seinen Augen, dann wird es schwarz um mich herum.

 

Es ist weich und warm als ich wieder zu mir komme. Es ist still und ich fühle mich merkwürdig Unruhig. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass etwas nicht Stimmt. Ich schlage panisch meine Augen auf, sehe mich hektisch um. Ich bin allein, allein in dem Transporter, liege auf einer Decke, eine weiter über mir. Dumpfe Geräusche dringen zu mir durch, es klingt wie Schläge, als würden zwei Personen kämpfen. Ich lausche angestrengt um herauszufinden was hier los ist. Immer wieder erzittert der Transporter, schwankt bedächtig. Vorsichtig versuche ich aufzustehen, teste meine Stabilität, schleiche zum Ausgang. Misstrauisch schaue ich nach draußen und erstarre. Die Leute, denen ich zur Zeit am meisten Vertrauen kämpfen mit Männern in Beiger Uniform. Meine Entführer und Peiniger haben mich gefunden, wollen mich erledigen. Unbändiger Hass steigt in mir auf, so sehr wie ich es noch nie Gefühlt habe. Mein Kopf schaltet ab, meinen Körper spüre ich kaum noch, die Schmerzen sind wie weggeblasen. Blind vor Hass springe ich raus, will helfen, will diese Monster vernichten. Was sagte Keith? Ignatius versteht etwas davon die Menschen im Kampf Auszubilden? Das werden wir nun herausfinden. Nicht wissen was ich hier eigentlich gerade mache laufe ich auf einen Mann zu, der sich an Brooke gehängt hat. Er drückt sie auf den Boden, schlägt ihr zum Wiederholten Male ins Gesicht. Ich denke nicht nach, hole Schwung und trete ihm ins Gesicht. Er rollt zur Seite, Brooke stürzt sich auf ihn, ich wende mich dem Nächsten zu. Keith macht sich seinen Spaß mit einem der Männer, um ihn brauche ich mir keine Sorgen machen. Und auch Enrico sowie Blasius scheinen gut klar zu kommen, nur Gail muss sich mit zweien gleichzeitig Messen. Ich eile ihm zur Hilfe, springe auf einen der Angreifer drauf. Dieser Schüttelt mich schnell ab, schlägt nach mir, doch ich kann parieren, trete ihm gegen den Arm. Sofort ergreife ich seinen Kopf, nehme all meine Kraft zusammen, drehe ihn mit einem Ruck herum. Plötzlich scheint alles um mich herum Still zu stehen, eingefroren zu sein. Geschockt schaue ich auf die Leiche zu meinen Füßen, kann nicht glauben das dies mein Werk ist. Etwas zerbricht in mir, lässt mich gefrieren. Nicht in der Lage mich auch nur einen Millimeter zu bewegen versuche ich es zu verarbeiten, zu Akzeptieren. Ein Schrei holt mich aus meinen Schock, lässt mich auf sehen. Gail liegt am Boden, sein Angreifer steht dicht bei ihm, holt aus und tritt ihm ins Gesicht. Mein Denken setzt erneut aus, Hass übernimmt die Kontrolle, ich laufe los. Wieder sehe ich den Fuß auf Gail nieder gehen, ich lege an Tempo zu, springe den Angreifer an. Zusammen knallen wir auf den Boden, ich über ihm. Sofort drücke ich ihm mein Knie feste in die Brust, packe seine Kopf und schlage ihn immer wieder auf den Boden. Erst als sich eine große Blutlache um ihn herum gebildet hat lasse ich von ihm ab. Ich stehe auf und gehe sofort zu Gail, der immer noch Leblos am Boden liegt. Ich hocke mich zu ihm runter, sehe er Atmet nicht, seine Brust senkt und hebt sich nicht. Tränen suchen sich ihren Weg in meine Augen. Ich lege mein Ohr auf seinen Oberkörper und lausche, doch sein Herz ist verstummt. Ein Schrei verlässt meinen Mund, lässt alle um mich herum in der Bewegung inne halten. Sie sehen alle zu mir, rühren sich nicht mehr. Meine Hände verkrampfen sich an Gails T-Shirt, ich weine um einen Freund. Ein Gefühlschaos bricht in mir aus, sucht sich seinen Weg in die Freiheit. Langsam und mit Bedacht ziehe ich ein Messer aus Gails Hosentasche, nehme Maß und werfe es auf einen der Angreifer. Ich treffe zielgenau am Hals des Mannes, der keuchend und gluckernd nach dem Messer greift und in die Knie geht. Sofort kommt wieder Leben in alle und die Kämpfe gehen weiter. Blind vor Wut und Trauer gehe ich zu dem Blutenden Mann, ziehe das Messer Kaltblütig aus seinem Hals und suche mir mein nächstes Opfer. Zunächst helfe ich Brooke indem ich ihrem Angreifer das Messer in den Rücken ramme und leicht drehe. Schwungvoll ziehe ich dieses wieder raus, gehe damit zu Blasius und seinem Angreifer, umfasse den Griff fest und hole aus. Ich habe das Gesicht des Mannes im Blick. Sie sollen Leiden, richtig leiden. Ich durchschneide die Luft mit dem Messer, treffe auf einen leichten wiederstand, ein Schrei entfährt dem Mann. Ich lasse das Messer los, der Mann sackt zu Boden mit dem Messer im Auge. Geschockt sieht Blasius mich an, erstarrt. Ich sehe im Augenwinkel wie Keith seinem Spielzeug ein Ende bereitet und langsam auf mich zu kommt. Es wird ruhig um uns herum, die Wut, der Hass Verschwinden schnell. Die Trauer kommt mit einer ungeheuren Wucht zurück, der Ekel vor mir selbst macht mich Schwindelig. Ich fange an zu taumeln, setze mich auf den Boden, beginne zu weinen.

„Was habe ich nur getan?“ weine ich verzweifelt.

„Das was jeder andere auch getan hätte. Du wurdest zum Kämpfen Ausgebildet, von den Männern die hier liegen, sie haben es sich selbst zu zuschreiben.“

„Warum fühle ich mich dann so schmutzig?“

„Das legt sich bald. Akzeptiere es, dann vergeht das Gefühl. Wir sind für dich da.“ Sagt nun Blasius.

„Ich war zu spät… Gail…“ breche ich ab.

Keiner sagt ein Wort, sie trauern mit mir. Enrico geht zu Gail, legt etwas auf ihm ab und deckt ihn dann zu. Keith hält mir die Hand hin, wartet darauf das ich sie annehme und zieht mich dann auf die Beine. Er legt einen Arm um mich, führt mich zurück zum Transporter und hilft mir dort hinein. Die Anderen folgen stumm und still, setzen sich zu uns. Der Transporter setzt sich wieder in Bewegung und wir lassen Gail zurück.

Verehrer

 

Eine lange Zeit ruckelt der Transporter ruhig vor sich hin. Ich lehne an Keith an der einen Arm um mich gelegt hat und mir seine Wärme spendet. Nichts deutet auf eine Baldige Ankunft hin, nur die Worte Blasius verkünden es. Es wird bereits wieder hell, was heißt wir sind einen kompletten Tag unterwegs gewesen. Schon lange habe ich die Orientierung verloren und frage gar nicht erst nach. Der Transporter wird langsamer, kommt bald zum Stillstand und wir sollen aussteigen. Wir stehen auf einem Gut abgesicherten Hof voller Soldaten. Freudig werden meine Begleiter Begrüßt, auch Keith. Ich wundere mich wie bekannt Keith doch ist, nehme mir auch vor ihn später zu fragen wieso ihn so viele kennen. Er jedoch lächelt mich an, das sehe ich an seinen Augen. Während der Gesamten Fahrt habe ich über mein Handeln nachgedacht, habe mir vor Augen geführt das meine Taten richtig waren und konnte Akzeptieren was ich getan habe. Somit geht es mir nun um einiges besser und kann mich nun auf die neuen Eindrücke einlassen.

„Meine Herren und Brooke ihr werdet beim Chef erwartet. Auch dich soll ich Bitten hin zu gehen, Keith. Nur unser Gast soll nicht mit.“ Meint der Soldat am Tor freundlich.

„Und was wird mit ihr?“ fragt Enrico geschockt.

„Ich soll den jungen Sandro auf die gute Nicole loslassen. Er soll mit ihr in die Mensa etwas Essen gehen.“

„Vico mach mich nicht schwach!“ belächelt Blasius.

„Sorry Anweisung vom Chef. Also viel Spaß euch!“ grinst Vico breit, legt einen Arm um meine Schulter und zieht mich mit sich.

Etwas unsicher ob ich das gut heißen soll oder nicht lasse ich es über mich ergehen. Blasius und Keith scheinen Vico zu Vertrauen, denn sie sagen nicht ein Wort zu seiner Geste, also schlucke ich mein Misstrauen runter und gehe mit. Schon wenige Schritte später bleibt er vor einem jungen Soldat stehen.

„Das ist Sandro! Er ist unser kleiner Laufbursche, nicht falsch verstehen, er macht es gerne. Er wird nun mit dir etwas Essen gehen. Benimmt er sich daneben, tritt ihm in den Hintern, nervt er zu sehr, ruf nach mir. Sandro, sei lieb zu Nicole.“

Damit dreht Vico um und lässt mich mit Sandro allein. Dieser grinst mich breit an, begrüßt mich freundlich und deutet an ihm zu folgen. Mit einem Dauerredefluss, von dem ich kaum etwas mitbekomme, läuft er voran. Plötzlich bleibt er stehen und ich renne in ihn rein, denn ich habe zu sehr auf die vielen Leute hier geachtet. Wissend grinst er mich an und hält mir eine Tür auf. Ich trete ein und fühle mich plötzlich sehr unwohl. Die Mensa ist rappel voll und es ist laut. Es ist mir zu viel, macht mich unruhig und nervös. Somit frage ich Sandro ob wir wirklich hier bleiben müssen. Dieser beteuert das wir hier bleiben müssten, aber er für eine Ruhigere Ecke gesorgt hätte. Er führt mich schnell durch die Erdrückenden Massen in eine Ecke des Raumes. Hier ist es tatsächlich viel Ruhiger und niemand sitzt in unmittelbarer Nähe. Sandro bittet mich, ich solle mich bitte hinsetzen und auf ihn warten. Dann verschwindet er zum Tresen, schnappt sich zwei Tablettes und lässt sich Essen und Trinken geben. Ich sehe mich immer noch Nervös um, versuche etwas die Spannung ab zu bauen, doch es gelingt mir nicht recht. Schnell kommt Sandro wieder, schiebt mir das Essen rüber und wünscht mir einen Guten Appetit. Ich esse nur wenig, denn mein Magen Rebelliert heftig.

„Wie alt bist du Nicole?“ fragt Sandro um mich Abzulenken.

„Mittlerweile 16.“

„Schönes Alter, da hatte ich meine erste Freundin. Hattest du schon mal nen Freund?“

„Nein… Ja… Nein… Ach ich weiß nicht…“

„Was ist denn das für eine Aussage?“ lacht Sandro ungeniert.

„Naja.. Ich hatte noch keinen festen Freund, aber ich glaube da entwickelt sich zur Zeit etwas.“

„Sag jetzt bitte nicht mit Blasius!“

„Ähm nein… Blasius ist nett, ja, aber er ist es nicht. Ich kenne ihn noch gar nicht so lang.“

Sandro strahlt mich an. Etwas Verwirrt über diese Reaktion denke ich kurz nach. Hoffentlich denkt er jetzt nicht, dass ich ihn auf Anhieb so Sympathisch finde. So wie er grinst sieht es aber so aus, als wenn er sich auf den ersten Blick in mich verliebt hätte. Ich versuche dann mal herauszufinden was er denkt.

„Aber mal sehen was draus wird, immer hin, ich bin ein halbes Wrack und besonders Hübsch bin ich auch nicht.“

„Jeder hat doch so seine Macke. Aber nicht besonders Hübsch kann ich nicht bestätigen. Ich finde dich sehr Anziehend.“

Mir bleibt die Spucke weg, ich bin geschockt und will einfach nur weg. Etwas unsicher was ich machen soll rutsche ich auf dem Stuhl hin und her, fühle mich fehl am Platz. Meine Nervosität überwältigt mich, die Unsicherheit sucht den Weg nach außen. Ich springe auf und renne einfach los. Ich kann nicht bei Sandro und dieser Erdrückenden Umgebung bleiben. Krampfhaft suche ich den Weg zurück, finde ihn auch recht schnell. In einiger Entfernung sehe ich diesen Vico, der mir Tausendmal lieber ist als Sandro. Er spricht mit jemanden, bemerkt mich zunächst nicht. Erst als sein Gesprächspartner zu mir zeigt, sieht er zu mir und kommt sofort auf mich zu. Ich werde langsamer, denn mir steigen die Tränen auf. Warum muss ich jetzt unbedingt weinen? Vermutlich weil alles zu viel ist, zu viele Informationen und Eindrücke. Mit langen Schritten erreicht Vico mich, sieht mich schockiert an. Voller Verzweiflung werfe ich mich in seine Arme. Er merkt wie fertig ich bin, legt seine Arme um mich, hält mich einfach.

„Nicole was ist passiert?“

Er ist besorgt, aber warum? Er kennt mich doch gar nicht, muss sich also auch keine Sorgen um mich machen. Hemmungslos schluchze ich los, kann es nicht an mich halten und verfluche mich dafür.

„Komm wir gehen mal ein Stück und dann erzählst du mir was los ist.“

Er klingt so lieb und freundlich und fürsorglich. Fast wie meine beste Freundin damals oder mein Onkel den ich seit 4 Jahren nicht mehr gesehen habe. Vico legt wieder seinen Arm um meine Schulter, führt mich ein Stück an die Seite, schnappt sich von irgendwo ein Flasche Wasser und reicht mir diese. Sanft drückt er mich auf eine Kiste und hockt sich dann vor mich. Sein Blick ist fragend aber sehr liebevoll und freundschaftlich.

„Es war einfach alles zu viel. Ich hab Sandro gesagt das es zu viel ist, aber er… Wir haben uns Unterhalten und dann kommt er mit irgendwelchen Bekundungen daher, dass er mich sehr Anziehend findet. Ich habe genug im Kopf da brauch ich sowas nicht auch noch…“

„Wie kam er denn darauf?“

„Er fragte mich wie alt ich sei. Dann meinte er, er hätte in meinem Alter seine erste Freundin gehabt, fragte mich ob ich schon einen hatte. Ich habe ihm erzählt das ich mich zu jemanden hingezogen fühle und naja… Mein Kopf platzt gleich…“

Kurz wühlt Vico in seiner Hosentasche, reicht mir dann eine Schmerztablette und schaut mich dann Nachdenkend an. Sanft streichelt er mein Knie, versucht mir Beistand zu leisten, lacht mich nicht für meine Reaktion aus. Ich sehe Sandro auf uns zukommen und mache mich klein. Vico folgt meinem Blick, steht auf als er Sandro sieht und schirmt mich ab.

„Geh wieder kleiner, ich kümmere mich jetzt um sie.“ Brummt Vico.

„Ach komm Vico, ich habe ihr nur gesagt was ich denke. Was ist denn daran bitte so schlimm?“

„Denkst du überhaupt irgendwann mal nach? Nicole musste in jüngster Zeit mehr durchmachen als jeder andere von uns. Sie hat ein kleines Lichtlein am Ende eines Dunklen Tunnels und du Vollidiot musst gleich mal einen drauf setzen und ihr noch mehr zu setzen!“ Vico spricht leise, aber seine Stimmlage spricht Bände.

„Komm runter Vico! Nicole, bitte, es tut mir leid das ich dir meine Gedanken mitgeteilt habe. Aber ganz ehrlich, ich glaube schon das du Blasius meinst und er ist wirklich nichts für dich.“

„Lass sie in Ruhe. Geh Blasius und Keith Bescheid sagen das sie bei mir ist. Mach dich vom Acker, bevor ich ungemütlich werde!“

Sandro wirft mir noch einen Merkwürdigen Blick zu und dreht dann um. Ich versuche mich wieder zu Entspannen und runter zu Fahren was mir aber nicht so recht gelingen mag. Erst als ich einige Zeit später Blasius und Keith sehe legt sich ein angenehme Ruhe über mich.

Eifersucht

 

Vico erklärt den beiden Männern kurz was geschehen ist, geht dann wieder seiner Wege nachdem er mich noch einmal aufmunternd angelächelt hat. Keith und Blasius setzen sich je an eine meiner Seiten, sehen mich fragend an und doch habe ich das Gefühl sie wollen etwas sagen.

„Sagt was ist los?“ frage ich leise.

„Der Chef will das wir dich Trainieren. Keith bleibt hier, denn er scheint dich besser beruhigen zu können als jeder andere hier.“ Antwortet Blasius.

Solange Keith bei mir bleibt soll es mir recht sein, denn er spendet mir die Ruhe und die Kraft die ich brauche durch seine bloße Anwesenheit. Doch ich habe das Gefühl das da noch mehr ist, etwas was ihnen nicht wirklich passt und ihnen schwer zu fallen scheint. Ich frage nicht, ich warte einfach nur. Doch nach langem Schweigen spüre ich die Frustration so sehr, das ich es nicht aushalte.

„Da ist doch mehr…“

„JA da ist noch mehr. Ich darf meine Maske hier nicht aufbehalten. Wenn ich also bei dir bleiben möchte, muss ich sie ablegen. Du weißt wie schwer es mir fällt…“

Ich merke den inneren Kampf von Keith. Ich will nicht der Grund für seine Zwangslage sein, will nicht das er wegen mir, seine Sicherheit aufgeben muss. So schwer es mir auch fällt und solange ich auch mit mir hadere, ich muss ihn gehen lassen, um ihm seine Persönlichkeit zu lassen. Ich stehe auf, stelle mich vor ihm, unterdrücke die Tränen, die Trauer und die Verzweiflung. Ich lege meine Hände an sein Kinn, hebe seinen Kopf behutsam an, sehe ihm tief in die Augen.

„Ich weiß wie viel Sicherheit dir deine Maske bedeutet, ich weiß es bewahrt deine Anonymität und deine Identität. Du musst sie für mich nicht aufgeben. So schwer es mir auch fallen mag, aber ich möchte nicht, das du etwas für mich machst, was du nicht möchtest.“ Flüstere ich.

Keith Augen weiten sich, sie zeigen so viele Emotionen das mir ganz Schwindelig wird und ich mir nicht Sicher bin, ihn dadurch nicht doch Verletzt zu haben. Ich kämpfe weiter gegen meine Tränen, bereue fast ihm meine Worte gesagt zu haben, muss mich von ihm abwenden. Stumm gehe ich hinter eines der Gebäude, hier bin ich allein und lasse eine Träne aus meinen Augen frei. Ich lege meine Arme um meinen Oberkörper, versuche ihn zusammen zu halten, denn er droht durch mein Herz entzwei zu reißen. Meine Entscheidung tut weh, lässt mich Verzweifeln, innerlich Bluten. Ich brauche Keith, mehr als jeden anderen, mehr als mich selbst. Und genau aus diesem Grund muss ich ihn gehen lassen. Jemand taucht aus einer Hintertür auf, kommt langsam auf mich zu, legt einen Arm auf meine Schulter. Noch habe ich nicht gesehen wer es ist, denn ich habe noch meine Augen geschlossen. Ich kann jedoch sagen, das es weder Blasius und Keith noch Enrico und Vico sind. Dann höre ich die Stimme, bekomme Panik, mein Fluchtinstinkt meldet sich stark zu Wort.

„Ich habe dir gesagt er tut dir nicht gut.“ Meint Sandro und versucht Mitfühlend zu klingen.

„Lass mich Sandro.“ Presse ich durch meine Zähne hindurch.

„Bitte Nicole hör mir doch zu. Egal wie sehr du Blasius magst, ich kenne ihn länger und ich weiß er ist nicht gut für dich. Lass mich dir helfen, für dich da sein.“

„Du bist Eifersüchtig, das ist alles… Geh jetzt Sandro sonst Garantiere ich für nichts.“

Meine Stimme wird immer lauter, Wütender, Verzweifelter. Es muss mich doch jemand hören und mir helfen. Ich weiß nicht was ich tue, wenn ich richtig sauer werde, habe mich dann kaum unter Kontrolle. Von hinten schleicht jemand heran, legt seine Arme um meinen Bauch, flüstert mir beruhigend ins Ohr. Keith steht direkt hinter mir, verleiht mir Ruhe und Frieden. Unglaublich wie er mich von einer zur anderen Sekunde so beruhigen kann, so ändern kann. Sein Atem streift meine Haut, Sie ist warm und hinterlässt ein Kribbeln.

„Ich bleibe bei dir…“ haucht Keith mir ins Ohr.

Ich schließe meine Augen, lasse meinen Kopf an seine Schulter sacken, genieße seine Nähe. Seine Lippen berühren meine Schläfe, weich und sanft. Er hat die Maske abgelegt, für mich. Mein Herz macht einen Freudesprung, pocht heftig in mir.

„Wer ist das?“ fragt Sandro etwas wütend.

„Das ist Keith.“ Antwortet Blasius und stellt sich zu uns.

Nun öffne ich wieder meine Augen, sehe Sandro fest an, er ist schockiert, verletzt. Ich sehe ihm an, was er denkt, es sind keine netten Gedanken über Keith. Er hasst ihn jetzt schon aus tiefstem Herzen, denn Sandro weiß, das er kaum eine Chance gegen Keith hat. Er sammelt seinen Mut, schaut immer wieder hilfesuchend zu Boden. Da wird nich etwas kommen, da bin ich mir sicher, doch Keith Nähe lässt nicht zu das ich nun Sauer werde oder allzu Misstrauisch.

„Ist er es?“ fragt Sandro direkt an mich.

Ich kann nichts sagen, will es auch gar nicht, nicke stattdessen lieber. Sandros Augen weiten sich ein wenig, dann wechselt sein Blick, ein hinterhältiges Grinsen schleicht sich auf sein Gesicht.

„Weiß er es? Oder soll ich es ihm sagen? Weiß er es auch zu schätzen?“

Ich schweige, denn ich bin mir sicher das Keith meine Gefühle schon längst erahnt, das er mich nicht so behandeln würde wenn er mich nicht auch, zumindest etwas, anziehend fände. Sandro scheint mein schweigen falsch zu Interpretieren, denn ein Siegessicheres lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus.

„Sie steht auf dich, Keith. Doch so wie ich dich kenne, und das tue ich dank der Aufzeichnungen recht gut, wirst du bald gehen. Du bleibst nie lange an einem Ort.“

„Sandro, lass gut sein. Ich werde bei Nico bleiben und da ändert jemand wie du nicht das Geringste dran.“ Antwortet Keith lässig.

„Was ist mit dir Nicole? Hälst du dem Druck stand. Mindestens zwei Männer, die dich an ihrer Seite wissen wollen, vermutlich drei? Das Training das auf dich zukommt? Die Erinnerungen?“

Der Hass steigt wieder auf, heftiger als zuvor. Warum versucht er mich fertig zu machen? Warum tut er mir das an, wenn er mich doch so Anziehend findet. Ich fange an zu Zittern, löse mich, wenn auch nur ungern, von Keith, gehe einen Schritt auf Sandro zu. In meinem inneren entflammt ein Feuer, ein Orkan tobt zusätzlich.

 

Flashback

Wir knien auf dem Boden. Unsere Augen sind verbunden, vor uns reihen sich die Männer und Frauen. Sie haben sich zu uns hinab gelehnt. Reizen uns, Provozieren, Kränken und Verletzen. Niemand Liebt uns, kann uns jemals Lieben. Wir sind Monster, Monster die zum Kämpfen geschaffen sind. Keiner kann unsere zerfetzten Seelen retten, keiner kann uns Linderung verschaffen. Wir werden gehasst, getötet, gefoltert. Wir sind der Abschaum der Menschheit und müssen töten um nicht getötet zu werden. Emotionen sind nutzlos solange es nicht Hass und Zerstörung sind. Jeder der weint oder lacht, kann sich gleich erhängen.

 

Wütend starre ich Sandro an, kann mich kaum bremsen, will ihm Schmerzen bereiten. Mein Atem geht stoßweise, mein Denken ist stark eingegrenzt, lässt kaum einen klaren Gedanken zu. Mein Zitter wird stärker, meine Hände ballen sich zu Fäusten.

„Siehst du da fängt es schon an!“ stachelt Sandro weiter.

„Sandro hör auf, es reicht!“ meint Blasius laut.

„Warum es ist doch nur die Wahrheit! Sie kann es nicht und wird untergehen.“

„Lauf Sandro!“ sage ich leise und spanne mich an.

Er hat seine Grenzen überschritten und er sieht es auch. Er dreht um, läuft um Hilfe schreiend los, schaut nicht zurück.

„Wir sind in deiner Nähe.“ Meint Keith noch ehe ich los laufe.

Akzeptanz

 

Der leichte Winde weht mir erfrischend um den Körper, als ich Seelenruhig hinter Sandro her renne. Kaum nehme ich die Blicke der vielen Soldaten wahr, auch die Rufe gehen einfach unter. Getrieben durch die Wut und den Hass laufe ich wie ein gejagtes Tier hinter diesem Mann her. Er soll Leiden, so wie er mich leiden lassen wollte. Ich bemerke meine Begleiter, neben Keith und Blasius laufen auch Enrico und Vico mit. Und auch Brooke schließt sich bald an. Ich weiß sie wollen mich daran hindern zu weit zu gehen. Sie werden mich vor schlimmen taten bewahren, sie werden mich schützen. Sandro ist schnell, schlägt viele Haken, hat Angst, zu Recht. Doch ich laufe einfach weiter hinter ihm her, versuche seine nächsten Schritte zu erahnen. Ihm bleiben nicht viele Möglichkeiten, eigentlich nur eine. Gleich kommt eine Mauer, die er nicht einfach überwinden kann. Rechts ist ein Haus, er wird mit Sicherheit nicht da hinein laufen, da würde er in der Falle sitzen. Er wird nach links laufen, also nehme ich eine Abkürzung zwischen zwei Transportern. Ich laufe so schnell ich kann, sehe recht am Transporter vorbei, er kommt. Ich warte kurz, passe den Richtigen Augenblick ab, springe. Heftig schlagen unsere Körper aneinander, knallen auf den Boden. Ängstlich liegt Sandro unter mir, versucht mich von sich zu schieben, doch so schnell gebe ich nicht auf. Mein Körper ist taub, macht alles wie von selbst, mein Bewusstsein schwindet langsam. Ich drücke meine Knie auf seine Oberarme, drücke sie damit heftig auf den Boden. Meine rechte Hand greift sein Kinn, drückt zu und dreht seinen Kopf in meine Richtung. Er sieht meinen Hass, wird blass, zittert.

„Was fällt dir ein? Was erlaubst du dir? Du solltest dich nicht mit Menschen anlegen, die mehr durchgemacht haben als du. Die wissen wie man Tötet und die wissen wie man Schmerzen zufügen und erdulden kann. Du wirst es auch lernen…“

Ohne weiter nachzudenken ballt sich meine linke Hand zur Faust und trifft Sandros Kinn. Ich spüre den Schlag nicht, will weiter machen, will endlich meinen Hass los werden. Ich hole aus, will zuschlagen, doch mein Arm wird festgehalten. Nicht schmerzhaft, nein Sanft und verstehend.

„Lauf mit uns.“ Meint Keith und zieht mich auf die Beine. Er hält meine Hand fest, läuft los, sagt kein weiteres Wort. Ich spüre das Blasius und Vico Folgen, mich nicht aus den Augen lassen. Keith läuft schnell, doch ich kann gut mithalten. Ich spüre die Beruhigende Aura der Männer, möchte sie genießen, doch sie dringt nicht bis in mein innerstes.

Ich kann nicht mehr, mein Körper verkrampft, kämpft mit sich selbst. Ich habe Schmerzen, Körperlich als auch Seelisch. Angst spüre ich und Verzweiflung. Der Hass und die Wut sind auch noch da, doch es gibt auch noch Trauer und Leere. Kaum ein gutes Gefühl herrscht in mir, es lässt mich schreien. Ich zerbreche, nicht nur innerlich, nein auch äußerlich. Ich halte meine Hände an meinem Kopf, kann nicht verstehen was mit mir los ist, warum sich meine Welt so geändert hat, warum das alles passieren musste. Ich schreie alles heraus, will es loswerden, doch es lässt mich nicht los. Jemand zieht mich wieder auf die Beine, doch mein vernebelter Blick lässt nicht zu das ich etwas erkenne. In weiter Ferne vernehme ich die Worte „Wehre dich.“

Da trifft mich ein Schlag am Arm, gefolgt von einem am Bauch. Ich will es nicht, will nicht wieder leiden. Ich bin stark, habe gelernt zu Kämpfen, kann mich wehren. Ich bin nicht schwach, ich bin kein Kind mehr und ich bin nicht allein. Mein Blick klart sich langsam auf, verschwommen nehme ich die Faust wahr, die auf mein Gesicht zu kommt. Geistesabwesend wehre ich sie ab, schlage zurück, werde aber auch geblockt. So geht es immer weiter, mein Gegner schlägt, wird von mir geblockt und umgekehrt. Meine Kräfte verlassen mich langsam, meine Arme werden schwer, meine Beine können mich nicht halten. Ich sacke Richtung Boden, werde aber von zwei starken Armen gehalten. Tränen kämpfen sich aus meinen Augen, können nicht gestoppt werden. Mein Körper zittert ohne Pause, mein Atem geht unregelmäßig. Wärme und Ruhe strahlt zu mir, ist aber nicht von langer Dauer.

„Du bist bereit zu Akzeptieren, meine kleine. Vico passt auf dich auf. Blasius und ich würde dich zu sehr beeinflussen. Du schaffst das. Sei ehrlich zu dir selbst.“

Ich werde an Vico weiter gegeben, sehe wie sich zwei Gestalten entfernen. Vico hebt mich hoch, leicht wie eine Feder, trägt mich irgendwo hin. Das sanfte Wippen ist beruhigend, befreiend, doch mir gehen unzählige Gedanken durch den Kopf.

Liebt mich denn wirklich keiner? Doch ich werde geliebt. Meine Mutter und mein Vater lieben mich, das weiß ich zu hundert Prozent. Wo sie nun auch sein mögen, sie lieben mich. Bin ich ein Monster? Nein bin ich nicht. Wäre ich ein Monster hätte ich Keith gesagt er solle bleiben und hätte ihm keine freie Wahl gelassen. Wäre ich ein Monster würde Sandro nun nicht mehr leben. Ist Lachen eine Schwäche? Nein es ist keine Schwäche. Lachen kann so vieles bewegen. Es schenkt Mut, Glück, Spaß. Wer in schweren Zeiten noch Lachen kann, weiß das Leben zu schätzen, gibt nicht auf. Ich bin auch nicht allein, so wie ich mich immer fühle. Ich habe Blasius, meinen neuen großen Bruder und besten Freund. Ich habe ihn wirklich gern um mich. Er ist immer da wenn ich ihn brauche, versucht mir zu helfen, für mich da zu sein, mich zu stützen und zu stärken. Ich habe Keith, den undurchschaubaren Mann. Ich denke ich habe mich in ihn verliebt, seine Nähe gibt mir Kraft, Mut, Ruhe und so vieles. Er versteht mich, weiß wie ich mich fühle, kann meine Gedanken erahnen, drängt mich nicht. Seit neustem ist auch Vico da. Ich mochte ihn sofort und nun ist er schon das zweite mal für mich da, streichelt behutsam über mein Gesicht, sorgt sich. Ich weiß jetzt schon, es wird eine Freundschaft die mir viel bedeuten wird. Ich habe das Glück Überlebt zu haben, mehr als einmal, noch soll ich nicht sterben. Ich habe noch eine Aufgabe, das ist mir klar. Ich wurde von Ignatius Ausgebildet, kann also Kämpfen und das nicht zu knapp, doch muss ich es nur für schlechtes einsetzen? Wohl eher nicht. Ich habe meinen eigenen Willen, mein eigenes Leben und ich will nicht zu einem Mörderischen Monster werden. Ich will helfen und solche Menschen wie Ignatius vernichten. Ich will Gutes tun, ich will stark sein für die, die es nicht können. Ich kann mit den Erinnerungen Leben, denn sie gehören von nun an zu mir, sie sind ein Teil von mir. Sie werden mich stärken, denn es wird mir zeigen was ich und auch kein anderer je wieder erleiden soll. Ich will nicht enden wie all die Anderen Kinder, die ich Rächen werde, ich will Leben. Ich habe noch einiges vor. Ich werde Kämpfen, Trainieren und alles was nötig ist um zu Überleben. Ich habe dennoch Schmerzen, schmerzen die ich aushalten muss. Sie werden mich stärker machen, sie werden mir immer wieder vor Augen führen was ich aushalte. Ich bin Nicole Carruzzo und werde Leben, werde Kämpfen für die Schwachen. Ich spüre wie Vico sanft meine Hand streichelt, für mich da ist, um mich bangt. Ich erfasse seine Hand, halte sie fest, hoffe er spürt das ich ihn brauche, ihn gern habe. Langsam erschlafft mein Körper, sucht den ersehnten Schlaf. Mein Körper wird schwer, meine Augen fallen zu, die Tränen versiegen. Das Denken setzt langsam aus, eine Decke findet den Weg über mich. Es wird still, wohlig warm um mich. Eine Dunkelheit, nicht unangenehm, umhüllt mich, lässt mich zum ersten mal seit langem etwas spüren was ich vermisst habe. Ich spüre Vertrauen, Ruhe, Liebe, Geborgenheit.

Gespräche

 

Ich fühle mich schlapp und ausgelaugt, mein Körper ist schwer, will sich nicht bewegen. Mein Kopf schreit vor Schmerzen, denken ist kaum noch möglich. Vorsichtig öffne ich die Augen um mich umzusehen, die Personen zu den Stimmen sehen. Meine Augen brennen beim Öffnen, fangen an zu Tränen. Vorsichtig drehe ich mich auf die Seite, meine Schmerzen protestieren Lautstark, ein stöhnen dringt aus meinem Mund. Ich blinzele ein paarmal in den Raum, erkenne Vico, der direkt vor mir hockt. In einiger Entfernung warten ungeduldig Blasius und Keith. Sie sind hier, sofort schlägt mein Herz voller Freude schneller. Vorsichtig versuche ich mich aufzusetzen, frage mich einmal mehr, wieso mir gerade jetzt alles weh tut. Vico hilft mir auf, beäugt mich leicht Misstrauisch, warum weiß ich nicht. Ich zucke zusammen, meine Schmerzen sind fies und werden mich noch etwas länger ärgern.

„Vico, hast du etwas zu Trinken für mich? Und vielleicht etwas gegen die Schmerzen, bitte?“

„Na klar.“

Vico dreht sich nur um und hat schon alles beisammen. Dankend nehme ich ihm Tablette und Wasser ab, schlucke die Pille und stelle das Glas beiseite.

„Wie geht es dir?“ fragt Vico.

„Mir tut alles weh, als hätte man mich Überfahren.“

„Das glaube ich gern, aber das meinte ich nicht. Ich meinte deine Gefühlswelt, kleine.“

„Ich bin etwas Verwirrt… Weiß nicht, ich fühl mich Ruhiger als sonst, nicht so Verletzlich. Ich bin nicht mehr so Verzweifelt wie gestern und auch nicht so wütend. Ist irgendwie alles verpufft.“

„Einfach so?“ fragt Vico weiter.

Seine Fragen verwirren mich nur noch mehr und ich frage mich vorauf er hinaus will. Warum will er das alles von mir wissen? Ist irgendwas gewesen? Ich starre Vico in die Augen, leicht Abwesend, Nachdenkend. Was will er nur von mir?

„Nein einfach so nicht. Ich habe gestern noch etwas Nachgedacht. Dabei ist mir halt so einiges klar geworden.“

Ich sehe im Augenwinkel wie Keith und Blasius voller Erwartung etwas bewegen.

„Erzählst du mir bitte worüber du Nachgedacht hast?“ fragt Vico weiter.

Ich bin immer noch verwirrt, weiß nicht vorauf er hinaus will. Ich erzähle ihm alles, von meinen Gefühlen und meinen Gedanken, ganz egal das Blasius und Keith zu hören. Ich erzähle ihm für was ich mich entschieden habe, wie ich sein möchte, was ich machen werde, wer mir wichtig ist. Nichts lasse ich aus, wirklich nichts. Vico strahlt mich an, umarmt mich, scheint mich auch gut leiden zu können. Er drückt mich fest an sich, beteuert mir, er steht mir immer bei, ist immer für mich da und geht. Nun löst sich Blasius von der Wand, kommt zu mir und setzt sich. Er strahlt, nicht nur im Gesicht, seine Gefühle erschlagen mich fast.

„Ich bin stolz auf dich, du fängst an dein neues Ich zu Akzeptieren, mit deiner Vergangenheit abzuschließen. Ich bin immer für dich da, egal ob als großer Bruder oder Freund. Ich werde dich nicht im Stich lassen. Ja du hast meinen Beschützerinstinkt geweckt und es tat nicht nur mir gut, denke ich. Ich habe endlich wieder eine Sinnvolle Aufgabe. Du bist mir echt ans Herz gewachsen kleine.“

Auch er drückt mich fest an sich, lässt mich all seine Liebe spüren. Es fühlt sich ungewohnt gut an und ich sauge diesen Moment in mir auf, wie ein Schwamm das Wasser. Es Freut mich riesig, das er genauso fühlt wie ich, das er mir meine Worte nicht krumm nimmt, das er da ist. Langsam löst er sich von mir, steht auf, nickt Keith zu und verschwindet wie zuvor schon Vico durch eine Tür. Nun kommt Keith zu mir, setzt sich und mir wird Schwindelig. Ich sehe ihm in sein Markantes und doch sehr schönes Gesicht. In seinen Augen zeigen sich so viele Gefühle, vieles was ich nicht deuten kann. Vielleicht auch nicht möchte. Er scheint nach Worten zu suchen, ihn bedrückt etwas, doch er rückt nicht mit der Sprache heraus. Geduldig lasse ich ihm die Zeit die er braucht um die Worte zu finden die er sucht.

„Bitte Unterbreche mich nicht, egal ob dir etwas auf der Zunge liegt oder nicht.“

Zögernd nicke ich, denn er erwartet eine Reaktion von mir.

„Gut. Also… Als ich von dir Erfahren habe, war ich natürlich Neugierig, ob es tatsächlich noch jemand Überlebt. Ich weiß was für Qualen man dort durchmachen muss, was es für ein Chaos in einem Selbst erzeugt, wie es einen Fertig macht. Ich bin mit wenig Erwartungen zu Blasius und war doch überrascht eine junge, hübsche, doch verängstigte Frau vorzufinden. Ich musste mich zurück ziehen, zu heftig kamen die Erinnerungen, doch ich spürte immer wieder dieses Verlangen. Das Verlangen nach dir zu sehen, zu wissen wie du dich hälst. Ich war viel in deiner Nähe, zumindest so Nahe das ich dich im Auge behalten konnte. Dann sah ich dich weglaufen. Ich habe Angst bekommen, Angst das dir etwas zustoßen könnte. Ich rede um den heißen Brei. Ich will ehrlich zu dir sein. Ich weiß noch nicht so genau, wie ich für dich fühle, ich weiß du empfindest sehr viel für mich… Ich will dich nicht verletzen damit, oder dich abweisen, aber für mich ist es sehr schwer, mich anderen Menschen zu öffnen.“

„Ja es stimmt ich empfinde sehr viel für dich und ich weiß du magst mich auch auf die eine oder andere Weise. Ich Verlange nichts von dir, bitte dich um nichts. Du sollst nur wissen das deine Nähe mir unglaublich gut tut. Ich weiß nicht warum, aber ich habe das Gefühl wir wären Verbunden. Wie auch immer, ich werde dich nicht aufhalten wenn du gehen möchtest, auch wenn es mir schwer fällt und ich das eigentlich nicht möchte, aber es ist deine Entscheidung. Werde dir klar über deine Gefühle, lass mich bitte wissen, wenn es neue Erkenntnisse gibt, aber bitte weise mich nicht zurück.“

Warm sieht Keith mir in die Augen. Ruckartig zieht er mich in seine Arme, haucht mir einen Kuss auf den Haaransatz.

„Natürlich werde ich dich nicht zurückweisen, dafür bist du mir zu wichtig. Ich bleibe auch hier bei dir, denn auch ich brauche dich. Du hast mich das erste mal seit langem zum Lächeln gebracht.“

Erleichtert drücke ich Keith noch fester an mich heran. In diesem Augenblick geht es mir so gut wie lange nicht. Die Schmerzen sind wie verflogen, ich spüre nichts als Zufriedenheit, Geborgenheit, Liebe, Freundschaft, Glück. Es tut so unglaublich gut, lässt mich Kraft tanken, Hoffnung nehmen. Allein der Gedanke daran, das Keith bei mir bleibt und ich ihm wichtig bin, lässt mich weiter kämpfen, lässt mich noch mal Leben. Nach einer Gefühlten Ewigkeit lässt Keith mich los, drückt mir einen Kuss auf die Stirn. Er steht auf, hält mir eine Hand hin die ich ohne zu zögern ergreife. Gemeinsam verlassen wir das Gebäude, wobei sich mir die Frage stellt wie ich da hinein gelangt bin. Es ist herrlich warm hier draußen, ich spüre die einzelnen Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht. Mit einem Mal ist die Welt nicht mehr in irgendwelchen Grau und Schwarztönen gehalten, sie ist so Bunt und voller Leben. Ich sehe alles ganz anders wie noch vor wenigen Stunden. Die Grashalme die sich ihren Platz erkämpfen zwischen all den Soldaten und Gebäuden. Ich Rieche Benzin, Schwefel, eine Tanne… Ich fühle mich wie Neugeboren. Mitten in der Bewegung bleibe ich stehen, strecke mein Gesicht genießerisch nach Oben, lächle zufrieden, nutze den Moment. Mein neues Leben beginnt.

Neues Leben

 

Es ist so herrlich die Wärme der Sonne zu spüren bis tief in mein innerstes. Ich genieße diesen Augenblick, den Augenblick meiner Erkenntnis. Ich bin und bleibe Nicole Carruzzo, ein 16 Jähriges Mädchen aus einer Sicherheitszone, doch ich habe gelernt zu kämpfen. Ich werde kämpfen, es erfüllt mich jetzt schon mit stolz. Nur langsam öffne ich die Augen, blicke verstohlen zu Keith, der mich leicht Lächelnd beobachte und kann mir ein kichern nicht verkneifen. Nun Lächle ich ihn auch an, aus tiefstem Herzen, denn ich weiß er bleibt bei mir. Er mag mich, das hat er zugegeben, auch das er mich braucht so wie ich, wir gehören zusammen. Mit einem Kopfnicken deutet er mir an ihm zu folgen, was ich auch tue, ich würde ihm bis ans Ende der Welt folgen. Er geht ganz gemütlich voran, lässt mich meine neue Sichtweise noch etwas genießen, ausnutzen. Keith weiß genau wie es mir geht, er selbst muss genauso Gefühlt haben. Das Gelände ist groß, ich nehme es nun zum ersten mal richtig wahr, doch es ist leerer als am Vortag. Es ist ruhiger, viel ruhiger.

„Keith… Warum ist es hier auf einmal so ruhig, so leer?“

„Es kommt dir nur so vor. Es sind noch genau so viele Leute hier wie gestern. Doch gestern bist du noch nicht mit alle dem klar gekommen.“

Ich nicke nur um ihm zu bestätigen das ich es Verstehe. Ja Gestern war noch alles zu viel. Es strömte so viel auf mich ein. So viele Gefühle, Eindrücke, wie ich sie nicht verarbeiten konnte und das nur weil ich mein neues Ich nicht Akzeptiert hatte. Schon merkwürdig wie einem die Psyche streiche spielen kann, wenn etwas nicht so Läuft wie es sollte.

Wir erreichen ein Gebäude, welches ich schon von unserer Ankunft hier her kenne. Es ist die Mensa, die mir so voll und unruhig vorkam. Zögernd betreten wir das Gebäude, ich spüre Keith blick auf mir Ruhen, er macht sich Sorgen. Die Tische und Stühle sind voll belegt, überall gibt es Gespräche, Gelächter, Besteck Geklapper. Doch ich nehme es nur als eine angenehme Umgebung wahr. Hier herrscht Frieden, hier sitzen Freunde und Kameraden gegenüber, Menschen die sich Unterstützen. Erleichtert Atme ich ein, erleichtert darüber, das es mich dieses Mal nicht zerfrisst, nicht zurückschrecken lässt. Keith ist sich nun auch sicher das ich der Situation gewachsen bin, geht mit mir zur Essensausgabe und drückt mir ein Tablett in die Hände. Mein Magen fängt an zu grummeln, schreit nun förmlich nach Nahrung, zu lange konnte ich nichts zu mir nehmen. Gemeinsam bahnen wir uns einen Weg durch die vielen Männern und Frauen, Keith sucht den Raum mit seinen Augen ab. Dann sehe ich sie, versammelt an einem Tisch, es lässt mich Lächeln und macht mich Glücklich.

Mit einer wohligen Wärme in meinem Inneren und einem Strahlendem Lächeln setze ich mich zu den Menschen die mir Mittlerweile sehr ans Herz gewachsen sind. Als sie und erblicken erstrahlen ihre Gesichter, zeigen ihre Freude darüber das es mir gut geht, das ich nun hier bei ihnen sitze und Glücklich bin.

Es ist Nachmittag geworden und ich liege auf einer kleinen Mauer, lasse meinen Körper die Sonnenwärme aufsaugen und genieße diesen Moment. Alles was mich in den letzten Tagen fertig gemacht hat macht mir nun kaum etwas aus. Ich fühle diese Wut nicht die mich sonst immer überströmt hat. Die Angst und die Trauer sind verflogen, scheinen sich auch keinen Weg nach außen mehr zu suchen. Es fühlt sich alles so gut an, so neu und doch vertraut, ich möchte es auskosten. Weder ein immer wieder fragender Enrico, noch ein bittender Keith bringen mich dazu meine Auskostung zu unterbrechen. Morgen können sie gerne mit mir Trainiere, so viel sie wollen. Mein Hirn schreit mir zudem keine böse Wörter zu, lässt mich Entspannen, verbannt für diesen Moment die Bilder die mich so sehr haben Leiden lassen. Ich weiß sie werden wieder kommen, doch ich bin bereit dafür.

Erst als mich Blasius anspricht, mich bittet doch auch endlich ins Zimmer zu kommen, stehe ich von meiner Mauer auf und folge ihm. Ich kenne dieses Zimmer nicht, es wurde gerade erst neu hergerichtet für uns, berichtet Blasius. Gemeinsam betreten wir ein sanft Beleuchtetes großes Zimmer. In einer Ecke stehen mehrere Schränke, davor die mir bekannten Rucksäcke der Soldaten. In der Anderen Ecke stehen mehrere Etagenbetten, auf einigen sitzen auch schon meine Freunde, meine neue Familie. Stolz zeigt Blasius auf eines der Etagenbetten, überlässt mir die Wahl ob ich Oben oder Unten schlafen möchte. Ein grinsen stiehlt sich in mein Gesicht, denn ich muss sofort an meine letzte Klassenfahrt denken, damals als die Welt noch in Ordnung war. Da haben wir uns noch darum gestritten wer Oben schlafen darf, wer Unten Schlafen muss. Doch ich fühle wie damals, ich bleibe lieber Unten. Blasius macht nur einen kleinen Hopser und setzt sich über mich auf das Bett, seine Beine zieht er schnell nach. Zu meiner Linken Seite schlafen Unten Vico und Oben Enrico, auf meiner Rechten Seite Unten Keith und Oben Brooke.

Schnell wird es still in dem großen Raum, einige Schnarcher sind zu Hören, zum ersten Mal freue ich mich auf den Schlaf. Ich liege im Bett, Decke bis an die Ohren hoch gezogen, Blick auf die Matratze über mich und denke noch eine Weile nach. Mir geht es wirklich gut obwohl meine Eltern nicht bei mir sind und ich nicht weiß wie es ihnen geht, einfach nur weil meine neue Familie hier bei mir ist und mich nicht alleine lässt. Nie im Leben hätte ich gedacht das diese blauen Augen, die mich schwerverletzt fanden mir einmal so wichtig werden und mir so viel neues Leben schenken.

 

Früh bin ich wach geworden, völlig ausgeruht und entspannt, voller Tatendrang und Erwartungen. Aus Rücksicht auf die Anderen jedoch bleibe ich noch Liegen, versuche die Stille nicht zu Stören. Ich drehe mich nach links, sehe Vico beim schlafen zu. Eigentlich eine völlig unbequeme Schlafposition hat er eingenommen, komplett verdreht, doch sein Gesicht ist friedlich, er lächelt leicht. Nun drehe ich mich auf die Andere Seite, möchte Keith einen Augenblick beobachten. Sein Gesicht ist entspannt und zugleich angespannt. Seine Augen zucken unter seinen Augenlider, die Kiefermuskeln spannen sich immer wieder an und lassen locker. Fasziniert beobachte ich weiter. Keith liegt mit dem Gesicht zu mir, einen Arm unter den Kopf gebettet, den Anderen leicht in meine Richtung gestreckt. Ich denke zurück an die Nacht, in der er mich in der Ruine abgefangen hat. Wie sehr ich seine Ruhe gebraucht habe, wie sehr er mich zur Ruhe hat kommen lassen. Wie gern würde ich nun gerne seine Lippen auf meine spüren, das Kribbeln in meinen Körper wieder wahrnehmen, seine Anziehungskraft. Wie gern würde ich seine Hände auf meinem Körper spüren, seine Wärme noch näher bei mir wissen. Als ich nun doch endlich meine Gedanken lieber wieder Ordne, sehe ich in die Strahlenden Augen von Keith. Er lächelt sanft, scheint mich auch etwas beobachtet zu haben. Ganz leise steht er auf, zieht mich aus dem Bett, schleicht gemeinsam mit mir nach draußen. Die kühle Morgenluft schlägt uns entgegen, lässt mich tief einatmen. Keith zieht an meiner Hand, lässt mich hinter sich herlaufen und neugierig folge ich ihm. Es führt mich einen kleinen Berg hinauf, der Anstieg ist nicht viel, doch Anstrengend. Auf dem Gipfel setzt Keith sich auf den Boden, klopft neben sich. Ich nehme seine Geste an, setze mich zu ihm und folge dann seiner Handbewegung.

Die Sonne geht gerade auf, scheint aus einem herrlichen See heraus aufzusteigen. Der Himmel verfärbt sich langsam in ein helles Blau, Rot und Gelb. Das Farbenspiel ist wunderschön. Einige Vögel fangen an zu zwitschern, die Blumen recken ihren Hals zu den Sonnenstrahlen. Es ist einfach ein wunderschöner Anblick. Erstaunt verfolge ich die Minuten bis die Sonne sich von dem Wasser trennt und sie nun endgültig als aufgegangen gilt. Lächelnd sehe ich Keith an, der mich ernst beobachtet. Doch noch bevor ich etwas sagen oder fragen kann, zieht er mich auf seinen Schoß und legt seine Lippen auf meine. Es ist ein unglaubliches Gefühl, meine Lippen kribbeln sofort, mein Körper wird überzogen mit einer Gänsehaut, mein Bauch scheint zu vibrieren. Losgelöst lasse ich mich in seine Arme sinken, koste diesen Moment voll aus, denn er könnte schnell wieder vorbei sein. Doch statt sich wie üblich schnell wieder zu lösen, wird der Kuss intensiver. Sanft Umspielt seine Zunge meine, freudig stelle ich fest, das er wunderbar schmeckt. Ich spüre das Keith mich mehr als nur mag, mich liebend gern näher an sich heran lassen möchte, doch ich weiß er kann es noch nicht und ich werde ihm die Zeit geben die er braucht. Ich werde Warten, denn er ist der Mann der mir mein Herz gestohlen hat. Zögernd löst er sich von mir, hält mich weiter in seinen Armen, zieht mich eng an sich. Er hat die Augen geschlossen, seine Stirn an meine gelegt. Seine Gesichtszüge sind angespannt doch auch vollkommen erleichtert. Ich Atme begierig seinen Duft ein, versuche mir diesen Augenblick ins Gedächtnis zu brennen, ihn immer wieder genießen zu können. Ein weiteres Mal legt er seine Lippen auf meine, schenkt mir einen Sehnsüchtigen Kuss, bevor er aufsteht und mir gemeinsam zurück zu den Anderen geht.

Befreiend

 

Nach einem ausgiebigen und sehr lustigen Frühstück mit den Anderen unserer kleinen Gruppe, möchte diese nun das erste Mal ernsthaft mit mir Trainieren. Sie möchten gerne herausfinden, ob ich das von Ignatius gelernte einfach abrufen und nutzen kann. Somit laufen wir zum Warm machen zunächst einige Runden über den Platz, wobei ich es mir nicht nehmen lasse Enrico zu ärgern. Er lässt sich schnell ärgern, klar er weiß es ist Spaß, doch er springt immer darauf an, was mir großes Vergnügen bereitet. Natürlich machen wir auch noch Liegestütze, Sit-Ups und andere Übungen um unsere Muskeln vorzubereiten. Doch dann wird es langsam ernst. Zugegeben, ein wenig Mulmig ist mir schon, denn bisher konnte ich nur Kämpfen wenn der Hass und die Wut mich überwältigt haben. Dann wenn eines meiner Gefühle die Gewalt über meinen Körper übernommen hat. Brooke und Enrico machen einige Dinge vor, die ich mir Interessiert anschaue, versuche einzuprägen, doch weiß ich nun schon, ich werde sie nicht Umsetzen können. Nervös beiße ich auf meiner Lippe herum, zappele hin und her, Atme unruhig aus. Es bleibt nicht unentdeckt und wird auch sofort hinterfragt.

„Hey kleine was ist los?“ fragt Keith sofort, der meine Unruhe gespürt hat.

„Naja, bisher konnte ich solche Dinge nur, wenn ich richtig Wütend war… Wenn die Gefühle außer Kontrolle geraten sind. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich so dafür bereit bin.“

„Gut das du es sagst, denn Keith hatte noch eine Andere Idee.“ Meldet sich nun Blasius zu Wort.

Erwartungsvoll blicke ich zu Keith, warte darauf das er mir seine Idee Mitteilt, doch er lächelt mich nur Verführerisch an. Dann bittet er mich jedoch auf meiner Mauer Platz zu nehmen. Er macht es mir gleich und setzt sich bequem im Schneidersitz darauf. Die Sonne scheint auf uns nieder, wärmt uns bis auf die Knochen. Die Anderen setzen sich vor uns auf Kisten, Bänken oder Anderen Dingen die sich gerade anbieten und beobachten uns.

„Okay, ähm…. Wo fange ich an? Also ich habe unseren Freunden anvertraut wer ich bin, das heißt sie wissen nun auch von meiner Vergangenheit. Nur sie wissen es und sie werden es niemanden verraten. Nun weiß ich ja aus eigener Erfahrung wie es dir gehen könnte, welche Probleme du haben könntest. Ich zeige dir nun, wie ich mir die Erinnerungen und das können bewusst zurückgeholt habe. Du musst uns Vertrauen, darfst dich für nichts Schämen. Okay?“

„Ich kann es versuchen…“

„Das reicht fürs erste. Schließ die Augen, nimm die Wärme der Sonne in dir auf, Erinnere dich zurück und erzähle uns was du in deinen Gedanken siehst. Halte an das was du dort gelernt hast fest.“

Ich nicke noch einmal zögernd, hole tief Luft und schließe die Augen. Ich nehme jeden Sonnenstrahl auf meiner Haut war, ich spüre jede einzelne Präsenz in meiner näheren Umgebung. Ich suche in meinen Gedanken nach der Verhängnisvollen Nacht in der sie mich Entführten. Es dauert einen Augenblick, doch dann fange ich wie von selbst an zu erzählen. Ich spüre Keith Hand auf meiner, es spendet mir Kraft und Mut alles zu erzählen. Je weiter ich erzähle, desto mehr Erinnerungen kommen hoch, Bilder tauchen auf, die ich versuche zu beschreiben. Ich weiß noch deutlich wie ich mich Gefühlt habe als all das passiert ist, wie schrecklich es war und wie sehr ich dort weg wollte. Viele Dinge kommen wieder hoch, die ich bisher unbewusst verdrängt habe. Doch wie sehr verstörend diese Erinnerungen sind, ich fühle keine Scham, keine Angst, keine Verzweiflung, kein Schmerz. Es ist seltsam befreiend sich das alles von der Seele zu Reden. Es nimmt mir eine schwere Last vom Herzen, es fühlt sich an als würden die Ketten darum zerspringen. Lange sitzen wir einfach da, ich erzähle, die Anderen hören zu, sind einfach da. Mein Körper nimmt zum ersten Mal bewusst wahr, was er kann. Mein Geist öffnet sich für all dies, mit nur dieser kleinen Geste. Erst als ich an den Punkt komme, an dem Blasius mich gefunden hatte, öffne ich meine Augen, Atme erleichtert aus. Lange haben wir einfach nur hier gesessen, die Sonne verabschiedet sich schon mit einem Orangenem Himmel. Es sind viele Informationen, die ich aber auch die Anderen verarbeiten müssen. Ich sehe ihnen an, das sie geschockt sind mir aber beistehen werden. Ich merke nur, das ich völlig ausgelaugt bin, als hätte ich einen Marathon gelaufen. Wie einem das Erzählen die Kraft rauben kann. Schweigend begleite ich meine Gefährten zum Abendessen, denke noch ein wenig darüber nach, was mir gerade erst alles wieder in den Kopf gekommen ist. Ich muss all diese Dinge Sacken lassen, haben mich Kraft und Energie gekostet, doch weiß ich das es nun nur Bergauf gehen kann. Sie kennen nun mein Erlebtes, wissen was mir und auch Keith wiederfahren ist. An diesem Abend bekomme ich keinen bissen runter, obwohl ich es versuche, doch mein Magen rebelliert dagegen. Keith legt beruhigend seine Hand auf mein Knie, es bedeutet mir nicht nur sehr viel, es gibt mir Hoffnung und Kraft. Beides Dinge die ich sehr gut brauche, die ich auch in Zukunft brauchen werde.

Lange liege ich an diesem Abend wach im Bett, versuche mit den Bilder klar zu kommen, die alten Gefühle nicht wieder ausbrechen zu lassen. Es ist schwer, macht einen kaputt und unruhig. Selbst die Schlaftablette die Blasius mir gegeben hat scheint heute keine Wirkung entfalten zu wollen. Meine Auge sind zwar schwer, doch wollen meine Gedanken keine Ruhe geben. Erst als Keith sich vorsichtig neben mich legt, mich an sich heran zieht und mir seine Nähe gibt, kann ich langsam herunter fahren. Ich genieße seine Nähe, sie bedeutet mir so unendlich viel, seinen Körper an meinem zu spüren ist wie eine perfekte Welt. Er hält mich einfach nur fest in seinen Armen, schmiegt sich an mich, kitzelt mit seinem Atem meinen Nacken. Langsam schließe ich die Augen, wünschte mir, mehr von ihm genießen zu können, doch gebe ich mich mit dem hier und jetzt zufrieden. Er ist hier bei mir, weil er es möchte, weil ich ihm etwas bedeute und nur das Zählt. Meine Gedanken werden schwer, werden leiser und geben dann endlich Ruhe. Eine Wohlige Ruhe überströmt mich, zieht mich schlussendlich in einen unruhigen Schlaf. Meine Träume sind durch meine Erinnerungen gestört, immer wieder Quälen mich darin die Männer von Ignatius. Oft werde ich wach, schreie oder schlage gar um mich, doch egal was ist, Keith liegt neben mir, ist da, beruhigt mich. Sanft redet er auf mich ein bis ich wieder in den Schlaf gefunden habe. Immer wieder beteuert er mir, das es nur diese eine Nacht so schlimm sein würde, das es sich legen würde. Ich spüre zwischendurch wie er mir einen Kuss auf die Stirn oder in den Nacken drückt, wie er meinen Arm streichelt oder mich fest drückt. Es hilft mir sehr und ich denke ohne ihn wäre es weitaus schlimmer geworden. Ich bin Keith unendlich dankbar, doch weiß ich nicht recht, wie ich ihm das jemals wirklich klar machen kann.

Trümmer

 

Seit einigen Tagen Trainieren wir hart, ausdauernd, schmerzhaft und erfolgreich. Dank Keith Idee den Anderen Mittzuteilen was ich erlebt habe, kann ich das Gelernte nun einfach abrufen und umsetzen. Es ist erstaunlich wie viel ich in drei Monaten gelernt haben soll. Nahkampf Trainiert meist nur noch Keith mit mir, denn es fällt mir mitunter schwer meine Kraft im Zaum zu halten und nur er ist in der Lage mir Vernünftig zu parieren, schließlich hat er die Gleichen Kampfgrundlagen wie ich. Enrico liebt es mich über den Platz zu scheuchen um meine Ausdauer noch weiter zu steigern, obwohl ich schon mehr aushalte wie er selbst. Außerdem bringt er gern meine Muskeln zum glühen mit irgendwelchen Übungen die mich tierisch Nerven. Blasius und Vico zeigen mir immer wieder den Umgang mit Waffen, doch auch das habe ich bei Ignatius gelernt. Allerdings habe ich eine Vorliebe wie leise Waffen entwickelt. Brooke nennt mich dadurch gerne Lautlose Killerin. Ich habe mich gut eingelebt, habe meine Gefühle gut unter Kontrolle, fühle mich sogar richtig wohl. Wir sitzen nun gerade auf einem kleinen Fleckchen Rasen, lassen die Sonne auf uns nieder scheinen und lachen über allen möglichen Blödsinn. Ich mag Vicos Geschichten sehr gerne, er hat schon vieles Erlebt, schlimmes wie auch Lustiges. Ich höre ihm gerne zu im Gegensatz zu vielen Anderen die seine Geschichten schon zu kennen scheinen. Blasius achtet mehr denn je auf meine Ernährung, immer wieder bemängelt er ich würde zu wenig Essen. Gut das mag durchaus stimmen, aber er muss mich doch nicht jedes Mal dabei beobachten. Keith ist er selbst geblieben. Er ist immer noch in meiner Nähe, spendet mir weiterhin Mut und Kraft, es scheint sogar von Tag zu Tag mehr zu werden. Dennoch hat er seine Distanzierte Seite beibehalten. Ab und an möchte er gerne mit mir allein sein, was ich sehr Genieße, doch weiter als bis zum Kuss ist es bei uns noch nicht gekommen. Trotzdem bin ich überaus Froh das er noch hier bei mir, bei uns ist und uns auch nicht verlassen möchte. Nach dem streng beachten Abendessen liege ich wach im Bett. Die Anderen schlafen schon seit einiger Zeit, doch ich finde keine Ruhe. Ein unangenehmes Kribbeln huscht immer wieder meinen Körper entlang. Es hat schon vor ein paar Nächten eingesetzt und wird von Abend zu Abend stärker. Auch Keith spürt dieses Kribbeln und ist derselben Meinung wie ich. Irgendwas wird bald passieren. Keith hat mir erzählt er kennt dieses Gefühl, ein verhasstes Gefühl. Jedes Mal wenn er dieses Kribbeln bekommen hat, passierte es. Ignatius besorgte sich neue Opfer, neue Kinder zum Quälen. Am liebsten wäre ich noch in der ersten Nacht losgelaufen und hätte geschaut wo er sich versteckt, doch Keith meint das wäre verschwendete Zeit, er hat es bereits mehrmals versucht. Somit drehe ich mich zu Keith rum, der mit offenen Augen zu mir Blickt.

„Es wird bald geschehen?“ frage ich leise.

„Heute oder morgen…“ flüstert er zurück.

Ich höre ihm seinen Schmerz an, seinen Selbsthass, seine Verzweiflung. Ich fühle mich nicht besser, möchte diese Kinder schützen, doch kann ich es nicht. Gemeinsam stehen wir auf, ziehen uns einen Pullover über und gehen nach draußen. Es bringt uns nichts im Bett zu liegen und darüber Nachzudenken, so kommen wir nicht weiter. Die Luft ist angenehm frisch, eine leichte Brise weht über das Lager, der Mond steht hoch am Himmel. Vollmond. Ich schließe meine Augen, hebe mein Gesicht zum Mond und versuche die Aura von ihm wahrzunehmen. Seine Anziehungskraft ist einfach erstaunlich und wirkt seltsam befreiend. Keith legt von hinten seine Arme um meine Körpermitte, richtet sein Gesicht gen Himmel, ich lasse meinen Kopf an seine Schulter sinken. Gemeinsam sind diese Gefühle der Verzweiflung besser zu ertragen, man kann den Selbsthass etwas dämpfen. Ich passe meine Atmung seiner an, ganz sanft und gleichmäßig, in einem Takt. Wie lange wir schon so stehen ist mir nicht klar, doch aus weiter Ferne hören wir leise Hilfe rufe. Mit einem Ruck laufen wir beide gleichzeitig los, immer der weiblichen Stimme nach. Je weiter wir uns bewegen umso lauter werden die Rufe. Ein dunkler Fleck bewegt sich auf uns zu, panisch, ängstlich, weinend.

„Bitte helfen Sie uns! Sie überfallen die Schutzzone und nehmen die Kinder mit! Bitte tun sie was!“

Die Frau ist ganz außer sich, beunruhigt damit das Baby in ihren Armen, welches unaufhörlich brüllt.

„Laufen sie weiter in die Richtung, dort ist unser Lager. Sagen Sie dort Bescheid, Keith und Nico sind vorgelaufen. Los dort sind sie in Sicherheit!“ Meint Keith schnell aber unglaublich ruhig.

Die Frau beruhigt sich allein durch seine Stimme, seine Sicherheit. Ich sehe ein glühen in seinen Augen und weiß genau was er denkt, was er fühlt. Genau wie ich will er den Kindern helfen, sie schützen. Nun haben wir die Chance Ignatius zu schaden, ihm sein Nachschub an Kindern abzuschneiden. Im Gleichtakt laufen wir schnell und leise in die Richtung aus der die Frau kam. Ich bin Nervös und Wütend, das Adrenalin lässt es in meinen Ohren Rauschen, schenkt mir Selbstbewusstsein. Bald hören wir es knallen, Schüsse scheinen es zu sein und Granaten. Sie werden immer Brutaler und regen mehr Aufsehen. Wir erreichen dem Zaun der Schutzzone, dieser liegt fast komplett am Boden, wurde einfach umgerissen. Langsamer als zuvor schleichen wir zu den ersten Gebäuden die wir erreichen können. Sie scheinen hier noch nicht gewesen zu sein, denn hier versuchen die Leute noch alles in Sicherheit zu bringen. Auf dem Vorplatz stehen mehrere Transporter, alle versehen mit Ignatius Zeichen. Immer wieder werden Kinder dorthin gebracht, Grob in die Fahrzeuge verfrachtet. Keith blickt einmal zu mir, nickt nur, doch ich verstehe genau was er mir sagen möchte. Wir werden die Transporter Manipulieren, sodass sie sich nicht mehr vom Fleck bewegen werden. Dann werden wir die Kinder befreien und so viele von Ignatius Leuten den Tod schenken wie wir können. Der Hass und die Wut durchströmen mich geradezu, jedoch nur so viel wie ich es zulasse. Ich werde die Kontrolle über mich behalten, koste es was es wolle. Keith bewegt sich als erstes auf die Transporter zu, nimmt jeden Schatten, Busch und was sich bietet als Schutz um näher zu kommen. Ich mache es ihm gleich, bin wie er so gut wie Unsichtbar. Schnell erreichen wir die Transporter, warten einen geeigneten Moment ab und huschen dann unter diese. Wir überlegen nicht mal was zu tun ist, wir reißen einfach an allen Schläuchen und Kabeln die wir erwischen können. Das machen wir bei sechs Transportern. Bei den Vordersten halten wir ein kurzes Augengespräch, merkwürdigerweise verstehen wir uns so fast besser als mit Worte. Wir werden einfach Wahllos Angreifen, jeden den wir erwischen. Wir Rollen uns Seitlich unter den Transportern weg, reißen die Fahrertüren auf und schnappen uns die Kerle hinter dem Steuer. Ehe mein Opfer registrier was gerade geschieht habe ich ihm das Messer geklaut und es ihm zum Verhängnis werden lassen. Natürlich werden wir sofort entdeckt und Angegriffen. Doch dank Ignatius sind wir schnell, wendig, Kampfbereit. Jeder der uns in die Finger kommt, jeder der die Beige Uniform trägt wird so schnell es geht niedergemetzelt. Mal schnell mal grausam wenn es denn der Augenblick zu lässt. Wir haben gerade soweit die Transporter gesichert, als unsere Verstärkung eintrifft. Die Frau hat unser Lager erreicht, hat alles weiter gegeben, wir werden die Kinder schützen. Wir weisen sofort sechs Männer an, sich Kollegen zu schnappen und die Kinder in Sicherheit zu bringen. Zu schützen. Gemeinsam mit allen anderen gehen wir zu den Gebäuden, wir wissen da müssen mehr sein, mehr von Ignatius Anhängern. Wir betreten das größte Gebäude des Geländes, viele Familien sind hier Untergebracht, sehen keinen Angreifer. Wir teilen uns auf, wollen mehr Fläche in kürzerer Zeit durchsuchen. Wir treffen auf Blasius, er nimmt sich ein paar Leute, will in das Gebäude neben an. Auch Keith und ich entschließen uns woanders zu suchen, mehr Fläche zu bearbeiten. Kaum betreten wir ein Gebäude etwas abseits, hören wir einen lauten Knall. Der Boden bebt, Steine und Schutt prasseln überall nieder. Ich renne nach draußen, sehe mich um, will wissen was passiert ist. Ich erstarre, Panik macht sich breit, lähmt mich. Keith nimmt meine Hand, zieht mich hinter sich her. Blasius, Vico, Enrico, Brooke, alle verschüttet. Es war eine Falle…

Das Gebäude welches sie durchsuchen wollten ist in die Luft geflogen, überall liegen Trümmer, kein Anzeichen von unseren Freunden. Mein Blut gefriert mir in den Adern, Ich habe Angst, will weinen muss aber Stark bleiben. Ich rede mir ein das sie noch Leben, unter den Trümmern. Gemeinsam mit vielen Helfern beginnen wir die Trümmer zu durchsuchen, stoßen immer wieder auf Verletzte und Tote. Je Tiefer wir kommen, desto weniger haben überlebt. Mein Herz schlägt hart gegen meine Brust, das brennen meiner Muskeln ignoriere ich und suche weiter. Jeden kleinen Spalt den ich bezwingen kann, klettere ich rein, suche nach unseren Freunden. Nach einigen Stunden und langem Graben sehe ich eine Hand, eine Hand die mir sehr bekannt vorkommt. Ich ziehe die Trümmer darüber weg, lege mehr von dem Arm frei, sehe die ersten Locken, Brooke. Sie hat die Augen zu, reagiert nicht, kein Lebenzeichen. Mein Atem beschleunigt sich, die Tränen stehlen sich aus den Augen, die Panik nimmt überhand. Mit der Hilfe von Keith und ein paar Anderen Leuten befreien wir Brooke. Sie ist schwerverletzt, doch sie lebt. Mit etwas mehr Hoffnung suchen wir weiter, die Sonne kündigt sich schon an, die Nacht geht zu Ende. Verzweifelt suchen alle weiter, finden endlich Vico, der für einen Gebäudeeinsturz nur leicht verletzt ist. Auch Blasius kommt bald darauf zum Vorschein, scheint auch nur leicht Verletzt zu sein. Ich zwänge mich wieder durch einen engen Spalt, will einen Hohlraum erreichen, der unter den Trümmern entstanden sein muss. Immer wieder bleibe ich hängen, schneide mir in die Haut, doch ich will Enrico finden. Doch zunächst finde ich ein kleines, ängstliches Mädchen. Ich beruhige sie, schaffe es sie zum Bewegen zu bringen. Sofort klettere ich wieder in die Untiefen der Trümmer, Angst das alles über mir einstürzen könnte schlucke ich runter. Zu wichtig ist mir Enrico. Nach einigen Minuten sehe ich ihn, er liegt auf dem Rücken, er rührt sich nicht. Ich krieche zu ihm, fasse ihm Vorsichtig ins Gesicht, an den Hals, suche einen Puls. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals, die Tränen steigen hart auf, die Luft scheint aus meiner Lunge entwichen zu sein. Ich finde nichts, er rührt sich nicht. Ich blicke seinen Körper entlang, versuche herauszufinden ob er irgendwo festhängt.

„NEIN ENRICO NEIN!!“ kommt laut aus mir heraus.

Ein Metallpfeiler hat sich durch die Brust von Enrico gebohrt. So schnell es geht krieche ich zurück, versuche nicht aufzugeben solange ich noch hier drinnen bin. Mein Körper Zittert heftig, macht mir den Rückweg schwieriger, doch ich muss hier raus. Ich erblicke das helle Licht der Sonne, nehme die letzten Meter bis an die Oberfläche. Meine Freunde warten auf mich, sehen das etwas nicht stimmt. Keith zieht mich in seine Arme, versucht mich etwas zu beruhigen, doch ich weine unaufhörlich. Zwischen dem Schluchzen erklären ich allen was ich gesehen habe, was Enrico zugestoßen ist. Sie sind geschockt genauso wie ich.

Ich Trauere, um einen Freund der mir vieles gab, der für mich da war. Er war ein guter Mensch, ein Mensch der Helfen wollte und dafür mit seinem Leben bezahlte. In diesem Moment schwöre ich mir Rache an Ignatius. Ich werde dafür sorgen das dieser Mann stirbt, Qualvoll wie alle seine Opfer. Doch zunächst bekomme ich etwas gespritzt und sinke in eine angenehme Dunkelheit.

Getrennte Wege

 

Mein Schädel dröhnt, meine Augen sind verklebt, mein Herz ist schwer, die Trauer liegt über dem Lager. Ich liege seit einigen Stunden wach im Bett, versuche Enrico´s Tod zu Akzeptieren, doch es fällt mir sehr schwer. Keith sitzt bei mir, schweigt die ganze Zeit, ist in sich gekehrt. Von ihm geht kaum etwas aus, ihm geht es nicht gut, das Spüre ich, er verschließt sich. Meine Gedanken machen einen wirren Sprung nach dem Anderen, mein Kopf ist völlig verwirrt und überfordert. Ich überlege meine Eltern zu suchen, wieder ein einfaches Mädchen zu sein, es würde einiges einfacher machen. Dann kommt in mir der Gedanke hoch einfach alles zu beenden, keine Trauer mehr, kein Schmerz. Dann wiederum siegt der Hass in mir, er dürstet nach Rache. Ignatius soll leiden, doch ob ich die Richtige dafür bin? Ich bezweifle es stark. So schnell wie mich der Tod eines Freundes fertig macht, es zeigt wie schwach ich eigentlich bin. Ich könnte aber auch so arbeiten wie Keith. Durch die Gegend ziehen, denen die nicht die Richtigen Ansichten haben Schaden, sie Manipulieren und Schwächen. Doch will ich Keith nicht verlieren, nicht ohne ihn sein. Mir macht es Angst das er sich so sehr verschließt. Auf meine Fragen antwortet er nicht, scheint mit den Gedanken in weiter Ferne zu sein. Nach Stunden erst schaffe ich es aufzustehen, mich etwas Frisch zu machen. Keith begleitet mich, fast überall hin, doch seine Wärme fehlt. Er trauert, er hasst sich selbst, er braucht Zeit. Alle werden Zeit brauchen, auch Blasius. Enrico war sein bester Freund und nun ist er nicht mehr da, hinterlässt eine tiefe Spur in unser aller Herzen. Er gehörte zu uns, zu der kleinen Gruppe die Hart Trainierte, egal bei welchem Wetter. Brooke liegt noch immer im Sanizelt, war noch nicht einmal bei Bewusstsein, bereitet uns allen zusätzlich Sorgen. Die Sonne geht bereits wieder unter, als ich mich entschließe ein wenig Luft zu schnappen. Gemeinsam mit Keith gehe ich auf den kleinen Hügel, sehe mir den Sonnenuntergang an, Gedenke Enrico. Er war ein wundervoller Mensch und Freund, nie werde ich ihn vergessen. Ich sitze neben Keith, ergreife seine Hand, möchte ihm dieses eine Mal Kraft spenden. Überrascht schaut er mich an, scheint verwundert zu sein. Doch in ihm tobt ein harter Kampf, das sehe ich in seinen Augen. Grob und gleichzeitig Liebevoll fasst er mich ans Kinn, zieht mich zu sich, küsst mich innig. Der Kuss ist intensiv und vielsagend. Es ist ein Abschied, ein Schmerzhafter Abschied. Traurig blickt er mir in die Augen, sie bitten um Vergebung.

„Ich brauche Zeit, Zeit allein. Ich komme wieder, bald, aber ich kann jetzt nicht hier bleiben. Bitte sei mir nicht böse, bitte vergib mir. Und bitte mache nichts was dich Gefährdet, ich möchte dich Wiedersehen.“

„Ich werde dann vermutlich nicht mehr hier sein. Ich werde nach meinen Eltern suchen, nach Antworten. Aber ich weiß unsere Wege werden sich wieder kreuzen. Keith, du wirst mir sehr fehlen.“

Ein vorerst Letztes Mal zieht er mich in seine Arme, küsst mich, schenkt mir sein Herz. Dann löst er sich von mir, schenkt mir ein letztes Lächeln und verschwindet dann.

Ich fühle mich leer, verlassen, mein Herz scheint zu zerreißen. Es tut weh in gehen zu sehen, zu wissen das wir uns einige Zeit nicht sehen werden. Die Ungewissheit ob wir uns je wieder sehen werden. Taumelnd gehe ich zurück in das Lager, halte Ausschau nach Blasius und Vico. Meine Sicht ist vernebelt und doch ist mir klar dass dies kein Traum ist. Der Mann der mein Herz gestohlen hat, der Mann den ich Liebe, er hat mich verlassen. Tief Atme ich ein, versuche mir selbst Hoffnung zu machen Keith schon in wenigen Tagen wieder zu sehen. Ein wenig klappt es, doch tief in mir drinnen weiß ich das ich mich belüge. In Gedanken versunken pralle ich gegen einen Widerstand der sich mir in den Weg gestellt hat. Unsanft lande ich auf dem Boden, muss meine Gedanken aufklaren um zu erkennen was es war. Vor mir steht ein Ernst Blickender Sandro, hält mir seine Hand hilfsbereit entgegen. In der Hoffnung das dieser Mann seine Lektion gelernt hat ergreife ich seine Hand, lasse mich auf die Beine ziehen.

„Nico was ist los? Warum weinst du?“ fragt Sandro interessiert.

Überrascht von seiner frage fahre ich mir mit den Fingerspitzen durchs Gesicht, spüre Nässe auf meinen Wangen und wundere mich. So kaputt war ich schon, ich merke nicht mal das ich Weine.

„Enrico ist Tot, Brooke Schwerverletzt und Keith weg.“ Gestehe ich mir selbst leise ein.

„Wie Keith ist weg?“

„Er ist gerade gegangen… Sandro wo sind Blasius und Vico.“

„Komm ich bring dich hin.“

Sandro geht langsam neben mir her, schaut immer wieder besorgt zu mir, sagt aber nicht ein weiteres Wort. Schnell driften meine Gedanken wieder weg, ich achte nicht auf die Strecke die wir hinter uns lassen. Wortlos bleibt Sandro vor einem Gebäude stehen, schaut mich interessiert, überlegen an. Plötzlich drückt er mich gegen die Mauer des Gebäudes, drückt schmerzhaft seine Lippen auf meine. Natürlich wehre ich mich, drücke ihn von mir weg, schreie ihn an, gebe ihm eine Ohrfeige. Durch mein schreien aufgescheucht geht die Tür des Gebäudes auf. Blasius und Vico stehen mit einigen Leuten da, sehen sich die Szenerie an, versuchen herauszufinden was los ist.

„Was erlaubst du dir eigentlich?“ fauche ich Sandro an.

„Ich wusste er geht. Und ich wollte wissen ob ich nun eine Chance bei dir hab.“

„Sei Froh das ich mir selbst Prioritäten gesetzt habe, sonst würdest du jetzt um Gnade winseln müssen!“

Voller Wut und Trauer drehe ich mich zu Blasius und Vico um. Mein Blick wird eine Spur sanfter, zeigt wie Verletzt ich bin. Besorgt kommen beide zu mir, fragen was noch los ist. Kurz erkläre ich beiden das Keith gegangen ist, er aber irgendwann wieder kommen will. Doch auch ich werde gehen, ich will meine Eltern suchen, die Verlorenen drei Monate. Nun müssen beide Entscheiden ob sie mitkommen wollen oder nicht. Doch beide bitten um Bedenkzeit, die ich ihnen gerne gebe. Sie müssen in der Besprechung bleiben, weswegen ich erst nach Brooke sehe und dann was Essen gehe. Abends sitze ich mit einem Bier draußen, sehe zum Mond und versuche die Gefühle zu Unterdrücken. Vico und Blasius treten leise zu mir, legen jeweils einen Arm um mich. Vico um meine Schulter, Blasius um meine Hüfte.

„Wir begleiten dich.“ Sagt Blasius leise.

Ein letzter Blick zum Mond, dann legen wir uns schlafen. Meine Gefühle habe ich ausgeschaltet, zumindest für ein paar Stunden, wenigstens bis der schlimmste Schmerz vergangen ist. Wenn wir wieder aufstehen werden wir unsere Taschen packen und los ziehen. Wir werden Brooke zurücklassen, denn sie wird so schnell nicht wieder auf die Beine kommen. Wir werden dem Lager den Rücken kehren. Ich hoffe darauf meine Eltern wieder zu sehen, neue Informationen zu finden über Ignatius, zu Kämpfen.

Leere

 Vico, Blasius und ich haben vorallem Proviant eingepackt, denn wir haben überlegt, es ist einfacher  und sicherer zu Fuß zu gehen. Gemeinsam wander wir über Wiesen und Felder, durch zerstörte Wohnsiedlungen und Trümmerhaufen. Ich fühle mich seltsam alleine,obwohl ich Gesellschaaft habe. Mein Herz ist unglaublich schwer, nicht nur weil Keith nicht bei mir ist, auch weil ich wenig Hoffnung habe meine Eltern bald wieder zu sehen. Immerhin ist es jetzt auch schon einige Monate her das ich sie das letzte Mal gesehen habe. Wachsam laufen wir den langen Weg zu dem ersten Lager in dem ich wahr. Mit aller Konzentration die ich aufbringen kann versuche ich die Bilder zu unterdrücken, versuche sie mich nicht übermannen  zu lassen. Mit Mühe gehe ich einen Schritt nach dem Anderen, versuche auf meine Umgebung genauestenz zu achten, nichts flasch zu machen. Wir Laufen schon seit Stunden, hin und wieder mussten wir uns verstecken, doch größeres ist nicht passiert. Die Sonne kündigt schon ihrern Untergang an, der Himmel ist rot gefärbt, ich bin ausgelaugt und mir fehlt die Kraft. Ich bitte um eine Pause, sofort baut Vico ein kleines Zelt auf, auch die beiden brauchen Schlaf. Doch ehe an Schlaf zu denken ist muss ich noch etwas Essen, obwohl ich keinen Hunger habe. Der ist einfach vergangen, schon seit Gestern, seit Keith gegangen ist. Jeder bissen liegt wie ein Bleiklumpen im Magen, verursacht Krämpfe. Schließlich liege ich in dem kleinen Zelt zwischen Vico und Blasius und versuche in den Schlaf zu finden. Meine Gedanken sind unsortiert, chaotisch. Ich hoffe sehr meine Eltern zu finden, doch die Chance ist sehr gering. Ich frage mich wo Keith ist, wie es ihm geht und was er macht. Ich fühle mich unwohl, nicht wegen Vico und Blasius, sondern weil ich weiß je näher wir an das alte Lager kommen, desto näher komme ich Ignatius. Kaum denke ich an ihn steigt unbändiger Hass in mir auf. Ich will diesen Mann leiden lassen, er hat es verdient. Unruhig wie ich bin schmeiße ich mich von einer Seite auf die andere und finde keinen Schlaf. 

"Was ist los kleine?" fragt Blasius.

"Zu viele Gedanken. Schlaf einfach."

"Erzähl uns was dich so beschäftigt." meint nun Vico.

Kurz denke ich darüber nach, erzähle dann aber doch was mich so sehr Quält. Ich erzähle von meinen Gefühlen und befürchtungen, von meinen Ahnungen und Ängsten. Beide hören aufmerksam zu, unterbrechen mich nicht. Es tut gut darüber zu reden, einfach mal laut auszusprechen was mir auf der Seele liegt. Nach ein paar aufmunternden Worten der beiden Männer schlafe ich dann doch ein.

Der Morgen bricht schneller an als mir lieb ist, doch kann ich es kaum erwarten weiter zu gehen. Ich will Gewissheiten haben, nicht mehr nur hoffen und Bangen. Recht zügig sind unsere Sachen zusammen gepackt und wir wandern los. Es ist ruhig in dieser Gegend, zu ruhig für meinen Geschmack, doch denke ich nicht das uns hier zur Zeit eine Gefahr droht. Bald kommen wir an dem Selbstgebauten Grab von Gale an. Lange habe ich nicht mehr daran Gedacht, doch nun erwischt es mich wie eine Abrissbirne. Wegen mir hat nicht nur Gale sein Leben gelassen. Die Männer und Frauen haben alle bereitwillig ihr Leben für mich aufs Spiel gesetzt. Gale war ein netter Mensch gewesen, ruhig aber sehr nett. Wir legen eine Trauerminute ein ehe wir unseren Weg fortzsetzen.Bald kommen wir an den Häusern vorbei in denen Keith mich gefunden hat, wo wer mich das erste Mal geküsst hat. Diese Erinnerung schenkt mir Kraft und die Wärme die ich sonst immer in seiner Nähe spüre. Lange Wandern wir weiter, die Nacht kündigt sich bereits kräftig an, doch dann erreichen wir das verlassene Lager. Es ist merkwürdig, sehr erdrückend finde ich. Mißtrauisch schaue ich mich um, versuche einen Platz zu finden der mir besser vorkommt, doch habe ich hier überall das Gefühl beobachtet zu werden. Auch Vico und Blasius fühlen sich hier nicht sonderlich wohl und schlagen vor nach einem Anderen Ort zu suchen. Ich stimme zu und so geht unsere Wanderung weiter. Wir laufen zum Wald der ganz in der Nähe ist. so treffen wir auf die Ruine in der Keith mich abgefangen hat. Alles hier erinnert mich an ihn, lässt ihn fast schon präsent sein. Schweren Herzens rolle ich meine Isomatte auf dem Unebenen Boden aus und lege mich darauf. Was würde ich nur alles dafür geben Keith hier bei mir zu haben. Und auch Enrico, seine merkwürdigen Witze fehlen mir ungemein. Still verdrücke ich eine Träne und achte darauf das keiner der beiden Männer davon etwas mitbekommt. 

"Morgen können wir dann in deine Sicherheitszone gehen und nach deinen Eltern suchen. Es ist nicht sehr weit von hier, Tagesmarsch vielleicht." Informiert Blasius. 

Doch schnell versinke ich wieder in Erinnerungen, es sind schöne muss ich sagen und schlafe darauf sehr schnell ein. 

Noch bevor die Sonne ganz aufgegangen ist bin ich schon auf den Beinen. Ich versuche möglichst lange so leise wie möglich zu sein, doch fehlt mir heute die Ausdauer dazu so wie die Geduld. Ich möchte endlich wissen was mit meinen Eltern ist. Doch die Männer lassen mich auch nicht all zu lange Warten. Sie Frühstücken noch in Ruhe, packen ihre Sachen zusammen und gehen dann mit mir los. Ich gehe einen Schritt schneller als die Tage zuvor, möchte schnell die Sicherheitszone erreichen. Das Tempo ist schon recht hoch, erinnert auch mehr an einen Dauerlauf als an einen Marsch, doch Vico und Blasius verstehen mich sehr gut. Noch ist es hell als ich die ersten Zäune sehe, die Zäune die nur einen Kilometer von den ersten Unterkünften entfernt sind. Mein Herz schlägt schneller, Aufregung steigt in mir auf. Ich bin unglaublich nervös, erhöhe ein weiteres Mal das Temmpo. Schnell überwinde ich den Kilometer vom Zaun zu dem Unterkünften. Ungläubig bleibe ich stehen. Es ist still und Menschenleer. Nirgends ist jemand zu sehen oder zu hören, die Zelte wurde abgebaut oder Flattern los im Wind. Vorsichtig gehe ich voran, blicke mich aufmerksam um, doch ich kann niemanden sehen. Bald sehen wir auch die Gebäude, in einem von denen habe ich Gewohnt, vielleicht sind meine Eltern ja noch da. Mit heftig pochendem Herzen schleiche ich voran, fühle mich beobachtet und schutzlos. Ein kloß sitzt mir im Hals als ich die Stufen zu unserer Wohnung hoch steige. Noch immer habe ich keine Menschensseele gesehen, ausgemacht. Vorsichtig stoße ich die Tür zu unserer Wohnung auf, gehe mit zitternden knien in den kleinen Flur. Es ist niemand da, alles leer, verlassen. Schmerzerfüllt und Traurig drehe ich mich um, blicke Blasius an. Er macht zwei lange Schritte auf mich zu und nimmt mich sofort in den Arm. An diesem Tag bin ich nicht mehr in der Lage auch nur einen Meter zu gehen, weswegen wir in der Wohnung bleiben. Die Möbel meiner Eltern sind hier geblieben, so brauchen wir unsere Sachen nicht erst auspacken. Meine Welt bricht um mich herum auseinander, die Tränen und das Schluchzen kann ich nicht zurück halten. Es tut weh das sie weg sind, nicht zu wissen ob es ihnen gut geht oder nicht. Weinend und Zitternd sitze ich auf Blasius schoß, genieße seinen Trost und schlafe ein.

Ignatius

 Ich werde mit starke Kopfschmerzen wach, blinzele in die Sonne und versuche mir meiner selbst bewusst zu werden. Mir geht gar nicht gut, ich fuhle mich verlassen, traurig aber auch wütend. Keith hat mich verlassen, er braucht Zeit für sich, aber er hätte auch einfach mal mit mir reden können. Auch wenn ich gerade wütend und enttäuscht bin von seinem Verhalten, besitzt er noch immer mein Herz, voll und ganz. Ich bin traurig das meine Eltern nicht hier sind, das sie vermutlich weiter gezogen sind, doch warum haben sie nicht auf mich gewartet? Ich bin wütend das sie gegangen sind, ich bin doch noch hier, wahrscheinlich aber denken sie ich sei nicht mehr am Leben. Vorsichtig stehe ich auf, achte darauf Blasius nicht zu wecken, der friedlich neben mir liegt. Mit zitternden Knien wanke ich in das Bad, teste ob es noch Wasser gibt. Ich werde nicht enttäuscht, das Wasser kommt erst braun und dann klar aus der Leitung. Ich halte meine Hände unter das kühle Nass, fange etwas Wasser auf und werfe es mir ins Gesicht. Mein Blick richtet sich auf den Spiegel der über dem Waschbecken hängt. Ich starre lange in mein eigenes Gesicht, es ist gekennzeichnet von den letzten Wochen. Es sieht faltig und müde aus, nicht zuletzt älter, reifer. Das bin nicht mehr ich, die 16 jährige Nico. Nein ich bin reifer und erfahrener. Ich habe in der letzten Zeit mehr durch gemacht als viele andere, doch ich bin noch hier. Ich lebe, Atme und fühle und darauf bin ich sehr stolz. Lange stehe ich einfach da, blicke Gedankenverloren in den Spiegel und überlege wie es nun weiter gehen soll. Ich will nicht einfach zurück ins Lager, wo eine verletzte Brooke auf uns wartet, aber kein Keith und kein Eddi. Ich will andere Kinder und Jugendliche schützen, sodass sie mein Schicksal nicht teilen müssen. Es kann doch nicht sein das wir alle machtlos daneben stehen müssen und nichts machen können. Im Nebenraum erwacht weiteres Leben, die Männer werden wach, suchen nach mir, doch ich bin noch nicht in der Lage meine Gedanken soweit zu Ordnen das ich zurückkehren kann. Zaghaft klopft es an der Tür, doch eine Reaktion von mir bleibt aus. Langsam geht die Tür auf, Blasius und Vico betreten das Bad, sehen mich Aufmerksam an, Mustern mich geradezu. Sie fragen was los ist, aber kann ich es selbst nicht so ganz einordnen. Nach unendlich langer Zeit habe ich einen Entschluss gefasst den ich nun auch den Männern mitteilen werde. Gemeinsam gehen wir in das einstige Wohnzimmer, machen es uns mit etwas Essen bequem. 

"Ich habe mir etwas überlegt... Ich will nicht das ihr mich unterbrecht, lasst mich bitte aussprechen. Ich denke es ist an der Zeit Ignatius zu stoppen. Ich habe auch schon eine Idee dazu, sie ist Gefährlich und kann nur mit einiges an Glück funktionieren, aber ich werde mich davon nicht abbringen lassen."

Ich erkläre den beiden Männern wie mein Plan aussieht, was ich vorhaben und es machen möchte. Ob es funktionieren wird steht auf einem anderen Blatt, aber es ist einer unserer wenigen Möglichkeiten.

"Das ist glatter Selbstmord... Warum Nico?" fragt Blasius besorgt.

"Du bist wie ein Bruder für mich, das weißt du. Aber ich will ihn aufhalten, er darf nicht noch mehr Menschen schaden. Außerdem macht er uns weiterhin kaputt. Ich habe es gesehen, an Keith. Wie ihr bereits gemerkt habt, bedeutet er mir sehr viel. Ich weiß nicht ob er meine Gefühle erwiedert, doch wenn ich ihm sein Leben etwas erleichtern kann, werde ich dies tun. Ich werde mich nicht abbringen lassen und bitte euch einfach in Bereitschaft zu bleiben, auf mein Zeichen zu warten und dann einzugreifen."

Ich sehe beiden an wie schwer ihnen die Entscheidung fällt, bedränge sie nicht weiter, gehe mich umziehen. Ich werde wie Ignatius Männer, wie Keith in einer Vermummung auftreten. Schnell sind einfache Schwarze sachen aufgetrieben und übergeworfen. Ich suche mir noch Messer und Schlagstöcke zusammen die ich mir am Körper festbinde. Dann wird es Zeit für mich, Zeit mich von meinen steten Begleitern zu Verabschieden. 

"Wir werden die Leute zurück ins alte Lager holen und auf dein Zeichen warten. Bitte gib acht auf dich und wenn es zu Gefährlich wird verschwinde da, wir möchten dich nicht verlieren." bittet Vico.

Ich schaffe es nur zu Nicken, beide noch ein Mal fest zu drücken und dann einfach zu gehen. Schweren Herzend breche ich erst zum alten Lager auf und von dort werde ich zu der alten Burg wandern. Ich weiß er ist dort und ich weiß wo ich lang muss. Ich werde erst in den Morgenstunden an der Burg ankommen. Den ganzen Weg über mache ich mir Gedanken wie es ablaufen wird, doch mein Gefühl sagt mir das Ignatius nur darauf wartet das einer seiner Kreationen Heim kommt. Ich spüre tief in mir, das er mir nichts tun wird, das ich nicht in Gefahr laufe sofort Umgebracht zu werden. Ich komme meinem Ziel näher und mein Herz schlägt immer schneller. Ich habe Angst das ich Unrecht habe, das ich sofort eine Kugel in den Kopf bekomme. Doch ich habe auch Hoffnung das alles gut geht und ich unbemerkt auf die Außenmauer klettern kann. Dort wird mein Plan beginnen. Ich blicke die Mauer hinauf, werde kurz von der aufgehenden Sonne geblendet, klettere dann an der Unebenen Mauer hinauf. Ein paar Mal rutsche ich ab, schürfe mir die Haut an den Händen auf, doch unterdrücke ich den Schmerz. Auf der Mauer laufen immer wieder Wachen entlang, doch besonders Aufmerksam sind sie nicht. Ich erreiche mein Ziel, stehe auf dem Mauerrand und kann den Hof überblicken. Zur rechten Zeit komme ich an, die Männer von Ignatius versammeln sich auf dem Hof, stehen spalier, warten auf ihren Anführer. Ich hocke mich auf den Rand der Mauer, beobachte die Szene genau. Eine von den Wachen ist auf mich Aufmerksam geworden, zielt mit einer Waffe auf mich, ein anderer rennt in die Burg. Vermutlich geht er  Ignatius informieren. Ich rege mich nicht einen Zentimeter, behalte die Situation im Auge, den Mann mit der Waffe. Macht er eine Falsche Bewegung landet er vor den Füßen der Anderen. Ich blicke zu dem großen Eingangstor der Burg, warte, warte auf den Mann der aus mir das gemacht hat, was ich bin. Es dauert nicht lang und das mir bekannte Gesicht tritt vor die Tür. Er blickt zu mir hinauf, er fängt an zu Lächeln, was reichlich Unheimlich aussieht mit den Narben im Gesicht. 

"Lasst sie in Ruhe! Lasst ihr Zeit!" ruft Ignatius der Menge zu. 

Der Mann mit der Waffe dreht sich um, geht in die Entgegengesetzte Richtung. Ich habe also recht gehabt, Ignatius wartet nur darauf das seine Kreationen zu ihm zurück kommen. Ich beobachte weiter das Schauspiel unter mir, lausche der Ansprache an seine Männer. Schnell leert sich der Hof, die Männer und Frauen verteilen sich, gehen ihren Aufgaben nach, nur Ignatius lässt sich unter einem offenem Zelt nieder und behält mich seiner Seits im Auge. Nach einiger Zeit stehe ich auf, laufe langsam aber sicher am Rand auf und ab. Mein Herz hämmert in meiner Brust, ich muss mich beruhigen ehe ich näher an ihn herantrete. Gestresst Atme ich aus, versuche an schöne Dinge zu denken. Jemand steht plötzlich hinter mir, kommt mir zu Nahe. Er ist fremd, riecht fremd, strahlt Gefahr aus. Er fasst mir an die Schulter, es ist ein böser Fehler von ihm. Ich ergreife seinen Arm, schlüpfe darunter her, trete ihm in die Kniekehle, ergreife sobald er vor mir kniet sein Kinn, lege seinen Hals frei. 

"Ich habe euch gewarnt, lasst sie in Ruhe!" genießt Ignatius die Show. 

Auch wenn dieser Mann mir eigentlich jetzt im Augenblick nichts getan hat, ergreife ich seinen Kopf und schlage ihn auf die Mauer. Ich versuche meine Gefühle so gut es geht zu Ignorieren. Den Selbsthass und den Eckel über mich selbst kann ich gerade gar nicht gebrauchen. Gegen Abend erhebt Ignatius sich, ruft sich zwei Leute zusammen und verschwindet in der Burg. Schon kurz darauf erscheint er in meiner Nähe, ich gehe sofort in Angriffshaltung was ihn schmunzeln lässt. Seine Begleiter stellen mir etwas zu Essen und zu Trinken hin, ebenso eine Decke. Dann drehen sie sich Wortlos um und gehen. Ungläubig sehe ich auf die Dinge nieder, schon komisch das er sich um mich sorgt wo ich doch eigentlich hätte tot sein sollen.

Schauspielerei

Mit großem Misstrauen schaue ich auf das Essen, überlge ob ich es Bedenkenlos zu mir  nehmenn kann, doch warum sollte Ignatius mich vergiften wollen? Es schien ihn ja zu freuen das ich zurückgekehrt bin. Vorsichtig nehme ich einen bissen zu mir, mein Magen protestiert mal wieder Lautstark, doch ich zwinge mich weiter zu Essen. Danach nehme ich mir die Decke, werfe sie mir über die Schulter und Laufe auf der Mauer auf und ab. Ich versuche mir einen genauen Überblick über die Burg und dessen Hof zu machen. Die Wachen gehen mir aus dem Weg, wagen sich nicht näher an mich heran. Ich behalte sie dennoch gut im Auge, schließlich kann man nie wissen was in deren Köpfen vor sich geht. Mein Herzschlag hat sich zum Glück Normalisiert, und auch mein Gefühl scheint beruhigt zu sein. Für mich gibt es hier keine Gefahr. An einer Burgzinne suche ich mir einen Unterschlupf, setze mich in die Dunkelheit, wickel mich in die Decke und Ruhe mich ein wenig aus. Ich versuche mich wach zu halten, möchte nicht schutzlos sein in dem ich vollends einschlafe. Ich versuche meinen Kopf klar zu behalten in dem ich mir Gedanken über meine Situation, Gedanken über meinen Plan mache. Doch durch den Anstrengenden marsch durch die Pampa. durch meine dauernde Aufmerksamkeit bin ich zu sehr ausgelaugt, schlafe schließlich ein.

Es ist wohlig warm um mich, ich liege auf etwas weichem, mein Kopf beginnt zu Arbeiten. Die Luft ist nicht frisch, das heißt ich bin nicht mehr auf der Mauer. Jemand muss mich hinein getragen haben. Mein Kopf liegt auf einem weichen Kissen, ein echter Luxus in diesen Zeiten. Es fühlt sich an wie ein Bett. Mir wird mulmig, nervös. Es fühlt sich vollkommen Falsch an und doch möchte ich diesen Augenblick genießen. Ich höre leise Stimmen, lasse die Augen dennoch geschlossen. Doch ich weiß ich kann mich nicht ewig dem Entziehen, was ich mir selbst eingehandelt habe. Somit rege ich mich, drehe mich rum, gebe leise laute von mir. Die Bettkante senkt sich ein Stück, ich spüre den Blick der Person auf mir Ruhen. Sanft streicht eine große Hand durch mein Gesicht, meine vermummung ist verschwunden. 

"Guten Morgen mein hübsches Kind." sagt eine dunkle Stimme sanft.

Ich kenne diese Stimme, auch wenn ich kurz zurückdenken musste, doch weiß ich sie gehört zu Ignatius. Ich darf ihm meinen Zorn, meinen Hass und meine Angst nicht zeigen. Somit schlage ich die Augen auf, blicke ihm fest ins Gesicht, er lächelt Väterlich. Ich bin in einem schönen Schlafgemach, liege auf einem alten Himmelbett. Der Raum ist hell, mit vielen Roten und Gelben Elementen. Das Holz ist noch massive Eiche, doch statt weiter meine Umgebung zu begutachten, richtet sich meine Aufmerksamkeit Ignatius.

"Wie bin ich hier her gekommen?"

"Einer meiner Männer hat dich schlafend vorgefunden, also habe ich beschlossen dich ins Warme zu holen. Wie geht es dir mein Kind." fragt Ignatius.

"Gefühle sind etwas für schwächlinge, doch muss ich zugeben, ich fühle mich endlich zu Hause." schleime ich.  

"Nicht alle Gefühle musst du begraben. Nun werde erst einmal richtig Wach. Gleich kommt jemand, bringt dir Kleidung, zeigt dir ein Bad und danach reden wir zwei bei einem schönen Frühstück. Aber bitte lass meine Leute leben." lächelt Ignatius merkwürdig.

Ich nicke zur Antwort nur, schlucke meine Nervosität und mein Misstrauen herunter und warte auf besagte Person. Ignatius ist schnell verschwunden, scheint aber ein ganz anderer zu sein, als der den ich damals auf der erhöhung oder nach der Bestrafung gesehen habe. Eine Frau mittleren Alters kommt herein, hat einen Stapel Wäsche in den Armen und bittet mich ihr zu folgen. Ich gehe dieser bitte nach, laufe ihr bedächtig den kurzen weg durch einen länglich Flur hinterher. Es sieht hier ganz anders aus als in den Anderen Gängen der Burg, so bewohnt und heimisch. Ich betrete ein großes und Altmodisches Bad, die Frau legt die Wäsche ab, zeigt mir die Pflegeartikel und erklärt sie warte vor der Tür auf mich. Zunächst schaue ich mir die Kleidung an, es ist alles vorhanden, von der Unterwäsche bis hin zu der Uniform. Allerdings unterscheidet sich meine Beige Uniform von denen der Anderen. Auf meiner ist der schwarze Drache von Ignatius Flagge zu sehen. Schnell gehe ich meiner Morgendlichen wäsche nach, bin erstaunt das es hier heißes Wasser gibt und gehe dann in voller Montur auf den Flur. Die Uniform passt wie angegossen, hat auch ein Teil zum Maskieren, den ich aber jetzt nicht nutze. Auf einer Art fühle ich mich sehr stolz mit dieser Uniform, auf der anderen Art bekomme  ich einen üblen Würgereiz als ich es sehe. Nun folge ich wieder der Frau, diese geht Zielsicher durch die Gänge, muss sich aber Ordentlich mühe geben um die Leute von Ignatius aus dem Weg zu drängen. Doch kaum erblicken sie mich senken sie den Blick und gehen zur Seite. Bald darauf erreichen wir ein kleines Esszimmer, Ignatius sitzt schon an dem reichlich gedecktem Tisch und lächelt mich an. Er weist auf einen Platz, ich setze mich und die Frau geht schnell. 

"Bedien dich bitte." meint Ignatius und beginnt mit seinem Frühstück. 

Ich nehme mir auch etwas zu Essen. spiele die Untertänige, tue alles um sein Vertrauen zu bekommen.

"Wenn ich mich richtig Erinnere heißt du Nicole, nicht wahr?"

"Ja so nennt man mich für gewöhnlich, obwohl ich mit meinem Namen nicht mehr viel verbinde."

"Wie bist du darauf gekommen wieder herzukommen?"

"Ich bin Wochenlang verwirrt gewesen, überfordert. Nach einem heftigen zusammenstoß mit jemanden kamen mir alle Erinnerungen wieder. Alles was ich hier gelernt habe, wozu Ihr mich habt ausgebildet. Ich möchte gerne bei den Menschen sein, die mich das Kämpfen lehrten, die mir zeigten wie ich mich Verteidigen kann und bei Ihnen mein Herr. Ich fühle mich mit Ihnen Verbunden."

"Das klingt ganz nach einer meiner Schöpfungen, die ich auch gerne als meine Kinder bezeichne. Ich werde dich von nun an Eirene nennen, du wirst an meiner Seite bleiben, denn du bist das erste Kind was heimgekehrt bist." 

"Mein Herr Eirene ist nicht der Name den ich mir selbst geben würde. Ich bin nicht geschaffen um Frieden zu bringen. Ich denke Tyche trifft es eher."

"Das gefällt mir, du kennst dich also aus, es ist tatsächlich in deinen Erinnerungen. Sehr gut. Und doch würde ich dich bitten, mir nachher zu zeigen was du alles kannst, was du alles gelernt hast. Ich hege zwar keinen zweifel an deinen Fähigkeiten, doch ist mir zu Ohren gekommen du hattest viel Kontakt zu meinem werten Feind Blasius und ganz besonders zu einem Keith, einem Schatten."

"Das ist richtig. Blasius kümmerte sich um mein Überleben, sieht mich als ersatz für seine verstorbene Schwester. Keith hingegen... Ich muss zugeben, ich habe mich zu ihm hingezogen gefühlt, doch durch hin habe ich auch meine Verbundenheit zu Ihnen wieder gefunden."

"Das kannst du mir gerne Näher erläutern wenn wir unsere Übungen beendet haben. Aber nun lass uns unser Frühstück genießen meine Tochter Tyche."

Es fühlt sich merkwürdig an hier mit meinem Persönlichem Monster zu sitzen und ihm das Blaue vom Himmel vor zu  Lügen. Er freut sich tatsächlich das ich zurück gekommen bin, doch habe ich das Gefühl er verschweigt etwas. Außerdem muss ich noch herausfinden wer sein Spitzel ist, denn es könnte meinen gesamten Plan zu nichte machen und mich meinen Kopf kosten. 

Ignatius Kinder

 Nun stehe ich hier im Burghof, beobachtet von Ignatius, umzingelt von seinen Männern. Kurz schließe ich meine Augen, Atme tief durch, versuche meine Umgebung zu erfassen. Die Ruhe die mich durchströmt ist stark, ich empfinde keine Angst, der Hass ist ganz weit in den Hintergrund gerückt, ich weiß sie haben keine Chance gegen mich. Ich öffne meine Augen, in einer fließenden Handbewegung ziehe ich meine Maskierung über, dann gehe ich in Angriffshaltung. Ignatius Männer kommen auf mich zu, in ihren Augen zeigt sich Hass, Aggrissonen. Sie lassen sich von den falschen Gefühlen leiten, mit Kontrolle funktioniert es viel besser. Nacheinander suche ich mir die schwächsten heraus, nutze sie als Schild, als Puffer, sorge dafür das sie sich gegenseitig erledigen. Der letzte Mann bekommt schließlich meine Faust gegen den Kehlkopf, den Tritt in die Kniekehle und einen Schlag gegen die Schläfe. Schließlich stehe ich zwischen zehn am Boden liegende Männer und schaue Selbstbewusst und Stolz zu Ignatius. Er wiederrum lächelt breit, seine Augen strahlen voller Stolz, er klatscht. Mit großen Schritten kommt er zu mir, legt einen Arm um meine Schultern, führt mich zurück in die Burg. Der Hass überrollt mich geradzu, eine Bewegung und ich könnte ihm das Genick brechen, dann hätte ich dieses Monster endlich erledigt, dann wäre er nicht mehr da. Doch ich habe keine Waffe um mich anschließend der ganzen Männer zu stellen, um unbeschadet hier hinaus zu kommen. Ich muss warten, ein paar Tage noch, dann könnte ich die vielen Kinder und Jugendlichen rächen. Während ich um meine Selbstbeherrschung kämpfe, erreichen wir eine Art Büro. Ignatius setzt sich hinter einen großen, glänzenden Schreibtisch, bietet mir einen Platz davor an. Ich setze mich, sehe mich Interessiert um, mein Blick bleibt an ein paar Bildern hinter Ignatius hängen, doch er selbst unterbricht meine Konzentration.

"Tyche mein Engel, du hast alle meine Erwartungen übertroffen. Ich bin sehr Stolz auf dich. Von nun an wirst du an meiner Seite sein, meine Rechte Hand darstellen. Ich werde dir einige Aufgaben zu teil kommen lassen und ich bin mir sicher du wirst sie zu meiner vollen Zufriedenheit erledigen."

Ich nicke nur, habe seine Worte zur Kenntnis genommen, doch kann ich mein Blick einfach nicht von den Bildern abwenden. Er folgt meinem Blick, schaut verwundert auf die Bilder, holt sie näher heran und stellt sie direkt vor meine Nase. Ich schlucke hart, kann es kaum glauben wen ich da sehe, versuche mir meinen Schock und meine Wut nicht ansehen zu lassen. Fragend sehe ich Ignatius an, warte auf eine antwort. Sein Gesicht zeigt Liebe, stolz und doch große Enttäuschung. 

"Das sind meine richtigen Kinder, mein eigen Fleisch und Blut. Das hier ist Kaleb, mein lieber Sohn, er fungiert mir seit kurzer Zeit als Spitzel. Erst vor einigen Moaten hat er sich von seiner Mutter losgesagt und ist zu mir gekommen. Er kommt ganz nach mir, leistet mir sehr gute Dienste. Das hier ist Leandra, sie hat ihr halbes Leben bei mir verbracht, doch kurz nach dem der Krieg begann, hat sie mich verlassen und Verraten. Ich weiß leider nicht wo sie ist. Auch wenn sie mich verraten hat, hoffe ich doch sehr das sie noch Lebt. Damit ich sie selbst bestrafen kann."

"Mein Herr, soll ich Leandra für euch ausfindig machen?"

"Nicht jetzt. Morgen darfst du losziehen. Immerhin haben haben wir heute noch etwas bekannt zu geben."

Freudestrahlend erhebt Ignatius sich, ruft jemanden zu uns. Mein Kopf schwirrt, er tut weh. Das kann doch alles nicht sein, es kann einfach nicht die Wahrheit sein. Doch warum sollte Ignatius mich belügen? Warum sollte er mir etwas falsches über seine Kinder erzählen. Eine Frau kommt ins Büro, stellt ein Tablette mit Tee auf den Schreibtisch, belkommt noch kurze Anweisungen und verschwindet dann wieder. Gemeinsam mit Iignatius trinke ich still eine Tasse Tee, warte auf das kommende. Im Flur herrscht reges treiben, etwas wird vorbereitet. Ich stehe auf, begebe mich zum Fenster, blicke hinuter in den Hof. Die Männer stellen sich alle Ordentlich in Reih und Glied, eine Ansprache steht bevor. Ignatius stellt sich an meine Seite, blickt mich anerkennend an.

"Wir werdebn jetzt dort hinuter gehen. Gehe voller Stolz aufrechten Ganges. Zeige den Männern und Frauen da unten das du etwas besseres bist. Du bist viel mehr Wrt als die, du bist meine Tyche."

"Danke mein Herr. Ich weiß ich bin besser als diese Leute, ich weiß ich habe mehr Selbstbeherrschuung und kann um einiges besser Kämpfen. Ich werde Sie nicht enttäuschen mein Herr. Ich werde immer versuchen die mir aufgestellten Aufgaben zu Ihrer voller zufriedenheit zu Beenden."

Väterlich legt Ignatius eine Hand auf meine Schulter, drückt leicht und schiebt mich dann zum Ausgang. Igantius tritt als erstes hinaus ins freie, ich folge ihm auf den Schritt, wir gehen zum Podium. Ich versuche so stolz wie möglich aus zu sehen, recke mein Kinn in die Höhe, schiebe meine Brust ein wenig raus. Ich stelle mich leicht nach hinten versetzt an Ignatius rechter Seite, blicke auf die wartendene Menge hinab. Für mich sind sie alle nur niedere Insekten die zertrampelt gehören. Sie sind Schuld an Keith und meinen Schicksal und an das so vieler anderer Minderjähriger. Doch jetzt lasse ich mir nichts anmerken, nein ich muss stark bleiben, meinen Plan strickt durchziehen. 

"Meine Werten Mitstreiter, meine Verbündeten, ich weiß wie Stolz ich auf euch sein kann. Ihr folgt mir stumm, nehmt alle meine Anordungen an, helft mir zum Sieg. Lange haben wiir einen Weg gesucht um die Kinder und Jugendlichen zu Stärken und zu Kämpfern auszubilden. Heute kann ich euch allen voller Stolz berichten, das einer meiner Kinder Heimgekehrt ist. Sie ist Stärker als jeder Andere, Geschickter ebenfalls. Sie ist hier und sie wird uns Helfen an die Macht zu kommen. Heißt gemeinsam mit mir Tyche Willkommen Daheim."

Ignatius macht eine Geste in meine Richtung, die Leute beginnen auf den Boden zu stampfen, Jubel schlägt mir entgegen. Ich trete nach vorne, Blicke auf die Menge, wundere mich wie viele diesem Barbaren foolgen. Ich könnte Kotzen. 

"Richte doch ein paar Worte an deine Untergebenen." meint Ignatius leise.

Ich trete weiter nach vorne, Blicke fest in einige Gesichter, warte auf Ruhe. Es dauert noch eine kurze Weile ehe sich die Männer und Frauen beruhigt haben.

"Nach langer Zeit bin ich zurück gekehrt. Ich war verwirrt, wußte nicht wo mein Platz ist, doch die Erkenntniws traf mich wie eine Abrissbirne. Immer wenn ich hier in der Nähe war, spürte ich dieses Verlangen, ich spürte hier bin ich zu Hause. Durch euch bin ich eine Starke Person. Ich kenne keine Angst und gebe alles um euch zu zeigen, das ihr mich zu dem gemacht habt was ich bin. Ich werde gemeinsam mit euch Kämpfen, mit euch in die Schlacht ziehen um unsere Ideale zu verbreiten."

Ein heftiger Jubelsturm bricht erneut los und haut mich fast um. Anscheinend habe ich die richtigen Worte gewählt, habe ich die Menge für mich gewonnen. 

"Heute werden wir die Ankunft von Tyche gebührend Feiern. Lernt eure neue Anführerin kennen."

Langsam löst sich die Menge auf, bereitet ein Fest in Windeseile vor. An diesem Tag schüttele ich viele Hände, beanntworte viele Fragen, lerne Menschen kennen die ich immer mehr Hasse. Ich bin froh als ich abends müde ins Bett fallen und meine Augen shcließen kann.

Der Morgen bricht schnell heran, meine Morgendusche ist schnell getan. Ich möchte meine Aufgabe beginnen, meinen Zorn befriedigen. Möglichst Zeitnah gehe ich zu Ignatius, bitte ihn um Bilder seiner Kinder und mache mich auf den Weg. Es werden Käpfe Rollen, das kann ich versprechen. Ohne Probleme senkt sich das massive Holztor nach Unten, macht mir den weg Frei. Zielsicher gehe ich meinen Weg, doch nehme ich einen Umweg durch einen Wald, brauche einen Moment für mich. Der Krieg ist einfach nur scheiße, ist nichts für mich. Man kann niemanden trauen, niemand ist Sicher. Ständig verliert man Menschen die man Lieb gewonnen hat. Immer wieder muss man sich neuen Gefahren und Gegner stellen. Wie soll ich das nur Aushalten. Kraftlos lasse ich mich an einem Baum sinken, lasse meinen Tränen freien Lauf. Ich fühle mich so schmutzig, mit der Uniform, mit den Berührungen von Ignatius mit meinen Lügen. Ich halte nichtss zurück, schlinge meine Arme um mich selbst, habe das Gefühl zu Bersten. Es macht mich Kaputt, doch muss ich durchhalten. Es ist befreiend alles raus zu lassen, Hemmungslos zu weinen, doch fühle ich mich auch unglaublich Verletzlich. Es ist völlig Wiedersprüchlich, doch kann ich dagegen nicht ankämpfen. Mein Herz ist Unglaublich schwer. Mein Blick ist vällig vernebelt vom weinen, braucht einige Zeit um sich zu klären, sodass ich die Person erkennen kann die gerade einen Arm um mich gelegt hat. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Enthüllungen

 Nur langsam klärt sich mein Blick auf, ich schaue neben mich, reiße verwundert meine Auge auf. Und schon kann ich nicht mehr an mich halten, falle der Person um den Hals, lass erneut meinen Tränen freien Lauf. 

"Schhh alles ist gut ich bin doch jetzt bei dir."

Ich kralle mich an den Pullover fest, schluchze Hemmungslos vor mich hin, will ihn nicht wieder los lassen. Keith, er ist kommen, jetzt wo ich ihn so dringend brauche. Er hält mich in seinen Armen, spendet mir Trost und ich spüre seine Wärme. Er hat sie zurück und auch seine Zuversicht, sein Kampfgeist, sein normales ich ist wieder da.

"Was ist nur los? Erzähl mir was dir zu schaffen macht."

"Einfach alles..." doch weiter komme ich nicht. 

Er drückt mich fester an seine Brust, hebt mein Kinn an, drückt seine Lippen auf meine. Der Kuss ist genauso schön wie die Male davor, doch auch anders. Es fühlt sich gut an, ich spüre seine Zuneigung, sein Verlangen. Der Kuss ist intensiv, dauert lang. Erstaunt blicke ich in seine wundervollen Augen. Er lächelt, seine Augen strahlen, es liegt viel Liebe in der Luft.

"Ich muss dir etwas erklären, bitte nimm dir die Zeit und höre mir zu."

Ich bin erstaunt und verwirrt, bringe nur ein Nicken zustande. Vorsichtig setze ich mich wieder auf den Feuchten Waldboden, Keith setzt sich direkt vor mich, sodass ich ihm in die Augen blicken kann. 

"Ich habe lange Nachgedacht, habe mit mir gekämpft und mit mir gehaddert. Ich wollte diese Gefühle nicht zulassen, sie machen einen Verletzlich. Doch kann ich nicht länger dagegen ankämpfen. Nico, ich Liebe dich! Ich brauche dich mehr als alles andere. Nicht in deiner Nähe zu sein, war schlimmer als die Folter von Ignatius. Dann habe ich dich Gesucht, doch als ich dich nicht bei Blasius oder einen der Anderen fand, war ich kurz vorm durchdrehen. Blasius erzählte mir was du vorhast, wo du gerade bist. Ich wollte zu dir kommen, dich Unterstützen, in deiner Nähe sein."

"Keith... Ich bin Sprachlos..."

Ohne jeden weiteren Kommentar springe ich Keith in die Arme, küsse ihn zärtlich, will ihn spüren. Doch unsanft kommt mir in den Kopf das ich mitten in einer Aufgabe stecke. Ich muss es klären, je früher desto besser. Langsam löse ich mich von meinem neu gewonnenem Glück. Ich bin tatsächlich Glücklich all diese Worte von ihm zu hören, seine Nähe zu spüren, zu wissen das er mich liebt. 

"Ich muss aber jetzt zu Blasius etwas wichtiges klären. Es duldet keinen Aufschub, aber bitte komm mit mir, bleib an meiner Seite, gemeinsam sind wir Stärker als alle Anderen."

Keith nickt, greift meine Hand, hackt seine Finger in meine und geht langsam los. Er möchte genau wie ich die Nähe genießen, das beisammen sein. Mein Herz schlägt voller freude, ich fühle mich so frei wie lange nicht mehr. Wieder habe ich das Gefühl zu schweben und ich koste jeden Moment aus. Wer weiß wie lange wir es Genießen und auskosten können. Wer weiß ob wir Ignatius ein weiteres Mal Überleben, doch wir wissen warum wir es machen. Und mit Keith an meiner Seite fühle ich mich Sicherer denn je. 

Nach einem kurzen Marsch sehen wir das Lager, es ist mir so unheimlich vertraut und weckt alte Erinnerungen, doch ich verkrampfe mich nicht mehr wie bei den ersten Malen. Ich versuche das Gute darin zu sehen, Kraft daraus zu tanken. Die Wachen am Eingang versteifen sich, sehen mich Misstrauisch an, gehen in Anbwehrhaltung. Erst als sie uns richtig Erkennen lockern sie sich wieder und schon stürmt ein Freudestrahlender Vico auf mich zu. Ohne Umscheife zieht er mich an sich, drückt mich fest gegen seine Brust, schnürrt mir die Luft ab. Lachend bringt er uns in eines der Zelte, Blasius wartet darin und Brooke. Blasius Umarmt mich auch sofort, ist erleichtert das es mir gut geht. Als er mich wieder Frei gibt, ergreife ich sofort Keith Hand und lege eine Ernste Miene auf. Jetzt kommt der schlimme Teil meines Besuches, der den ich am liebsten Meiden würde, aber nicht kann. Die Stimmung im Zelt kippt, sie wissen die Lage ist ernst und sie glauben mir. Ich spüre das Vertrauen der Leute um mich herum und bin ihnen Unendlich dankbar, dass sie mir Zeit lassen. Zeit bis ich mich gesammelt habe und mein Anliegen Vortragen kann.

"Bitte ruft alle zusammen. Versammelt euch, ich muss einiges sagen." Bitte ich nur leise und setze mich. Vico, Blasius und Brooke nicken, laufen aus dem Zelt heraus. Nervös stoße ich die Luft aus meiner Lunge, drücke mich an Keith, bitte ihn in meiner Nähe zu bleiben. Er nickt nur, küsst mich auf die Stirn. Einige Minuten später gibt Blasius bescheid das alle versammelt sind, bitte mich auf das Podium vor den Männern und Frauen zu treten. 

"Halte Sandro fest. Egal wie sehr er sich wehrt." flüstere ich Keith zu.

Ohne eine Regung löst er sich von mir, schleicht in Sandros Nähe, wartet auf den Augenblick. Ich stelle mich vor die Leute, suche nach den Richtigen Worten.

"Ihr wisst mit sicherheit alle von meinem Waghalsigen Plan. Wie ihr seht ist Ignatius begeistert das ich wieder da bin. Diese Uniform soll zeigen das ich seine Rechte Hand bin, das beste was je passiert ist. Ich fühle mich hier drin schmutzig, würde mir am liebsten selbst die Haut von den Knochen ziehen, doch dient es einem guten Zweck das ich sie trage. Bevor ich jedoch Fortfahre, muss ich euch etwas Mitteilen, etwas was mir sehr weh tut. Außerdem werde ich euch etwas Erzählen was ich sehr Bewundere. Keith, bitte bring ihn hoch."

Keith ergreift Sandro, der sich sehr wehrt. Er schlägt und tritt um sich, die Männer und Frauen sehen es sich mit erschrecken an, wissen nicht ob sie dazwischen gehen sollen oder nicht. Doch Keith hat Sandro schnell im Griff und ist schneller bei mir, als das jemand Reagieren könnte. Dann bitte ich Brooke auch zu mir. Sie weiß worum es geht, denn sie kommt nur zögerlich zu mir, doch sie macht es. Ich schaue ihr ermutigend in die Augen, nein sie hat nichts Falsches getan.

"Wir haben hier zwei Menschen. Zum einem Sandro, euren Laufburschen, den jungen Mann, der überall seine Ohren hat. Zum Anderen haben wir hier Brooke, die so manchen von euch schon den Hintern gerettet hat, die stets an eurer Seite gekämpft hat. Sie haben eine Gemeinsamkeit, nämlich den Vater. Sandro hier, ist Igantius Persönlicher Spitzel. Er Informiert seinen Vater immer wieder über eure Pläne, über Dinge die hier vor sich gehen. Ja und richtig vermutet, auch Brooke ist Ignatius Tochter. Doch als sie mitbekam was für ein Schwein er ist, hat sie sich von ihm abgewendet. Sie hat ihm den Rücken gekehrt und Kämpft nun Gemeinsam mit uns gegen diesen Tyrannen. Ich bin stolz darauf Brooke als eine Freundin bezeichnen zu können. Brooke, nur um das Klarzustellen, selbst mit meinem Wissen würde ich dir mein Leben anvertrauen. Es ist extrem Mutig, Ignatius den Rücken zu kehren. Sandro, von dir bin ich Enttäuscht und du kannst von Glück reden das ich dich nicht sofort Umlege. Du hättest es verdient, aber da euer Vater in den nächsten Tagen sterben wird, werde ich dir die Schmach lassen."

Ich bedanke mich noch für die Aufmerksamkeit, begleite dann meine Freunde, die Sandro einsperren und gehe dann mit ihnen etwas Essen. Es gibt noch einiges zu besprechen, meinen Plan auszuarbeiten, zu Perfektionieren.  

Ignatius Ende

 Ich sitze mit meinen Freunden in einem Zelt, erzähle ihnen was bisher bei Ignatius geschehen ist und bespreche mit ihnen meinen weiteren Plan. Ich weiß es ist und bleibt Gefährlich und vorallem brauchen wir das Schicksal auf unserer Seite. Ich habe nun die Idee gehabt Brooke mit zu nehmen, Ignatius zu zeigen das ich seinen Anweisungen folge leiste, und in dem Moment in dem ich Brooke übergebe wird einer von uns sein Leben beenden. Keith möchte direkt mitkommen, an meiner Seite bleiben, immerhin ist er auch eines von Ignatius Opfern. Ignatius würde es sicher riesig Freuen wenn er erfährt das der Schatten Keith eines seiner Kreationen ist. Somit stimme ich zu, denn auch ich möchte ihn an meiner Seite wissen. Somit machen wir uns zu dritt am nächsten Morgen auf den Weg. Ich merke Brooke an wie aufgeregt sie ist, wie Nervös und besorgt. Keith und ich sprechen ihr Mut zu, denn tief in mir spüre ich das alles gut laufen wird, das wir Siegen werden. Mit sicheren und festen Schritten gehen wir auf die Burg zu, sie kommt schnell näher und ich muss Brooke sogar festhalten, denn sie wehrt sich, wie wir besprochen haben. Ich rufe Laut das sie das Tor öffnen sollen, was auch prompt geschieht. Ich betrete stolz den Burghof, schubse die im Weg stehenden Leute grob beiseite und laufe Zielsicher in die Burg hinein. Doch wir werden auf gehalten, mit erhobenen Waffen. Ich schubse Brooke in Keith Arme.

"Halt sie fest! Ihr wagt es mich zu Bedrohen? Ihr niederen Bastarde glaubt ihr könntet euch das einfach so erlauben? Senkt die Waffen, sofort!"

Um meine Position zu Demonstrieren schlage ich zwei der Wachen nieder, die meiner Meinung nach nicht schnell genug ihre Waffen haben sinken lassen.

"Aber Tyche, er ist ein Unbekannter, er hat keinen Zugang zu den Räumlichkeiten..." bibbert eine Wache.

"Wenn ich sage er darf es, dann ist es auch so. Kapiert?"

Ängstlich nicken die Wachen und verziehen sich schnell, wir hingegen setzen unseren Weg fort. Mit einem Erhabenen Gefühl in der Brust gehe ich voran zu Ignatius Büro, ich klopfe freundlicherweise an.

"Wer stört?" fragt Ignatius genervt.

"Ich bin es Tyche. Ich habe zwei Überraschungen für Sie mein Herr." spiele ich erfreut, obwohl es mir eigentlich schrecklich mies geht Brooke einfach so auszuliefern.

"Komm herein meine hübsche Tochter."

Ich schwinge die Tür auf, sie kracht Geräuschvoll an die Wand, Ignatius strahlt uns entgegen. Ich mache eine Angedeutete Verbeugung.

"Mein Herr Ihre Tochter Leandra und der Legendäre Schatten Keith. Eine Überraschung, Keith kam auch in den Genuss Ihrer Ausbildung."

"Ist das wahr? Du bist auch eines meiner Kreationen, meiner Kinder?" fragt Ignatius mit geweiteten Augen. 

"Sehr wohl mein Herr. Lange hatte ich keine Erinnerung, woher ich mein wissen über den Kampf habe, bis ich Tyche begegnete."

"Unfassbar... Ich bin unglaublich... Glücklich. Und meine Tochter Leandra, da bist du ja wieder. Wie geht es dir mein Kind?"

"Du kannst mich mal Vater. Ich hasse dich und irgendwann werde ich dich Umbringen." brüllt Brooke. 

Mit einem langen Schritt bin ich bei ihr, packe sie grob ans Kinn, blicke sie voller Zorn an.

"Mein Herr, lasst mich eurer Tochter Respekt beibringen!" zische ich zwischen den Zähnen hindurch.

"Gleich meine hübsche Tyche, zuerst möchte ich meinen Sohn begrüßen. Keith ist dein Name Richtig?"

"Ihr dürft mich nennen wie ihr wollt mein Herr."

"Ich habe gehört du hast es unserer Tyche sehr angetan."

"Mein Herr?"

"Sie fühlt sich zu dir hingezogen."

"Ich mich auch zu ihr und ehrlich gesagt als eine Einheit Aggieren wir noch viel effizienter."

"Wir werden es sehen, doch zunächst bringt bitte meine Tochter runter in den Kerker, zeigt ihr das sie nicht so mit mir reden kann. Tyche, behalte doch Keith noch etwas in deiner Nähe, du verstehst."

Natürlich weiß ich was Ignatius meint, er traut Keith noch nicht und möchte, wenn Keith etwas flasches Macht das ich ihn in seine Schranken weise. Ich bin erleichtert denn bisher klappt alles nach Plan, bald ist es soweit, Ignatius Ende rückt immer näher. Gemeinsam gehen wir runter in das Kellergewölbe, ich weiß schon das hier auch die Waffen gelagert werden. Wir durchsuchen die Räume schnell und leise um diese dann auch zu finden. Erst nach unzähligen Räumen finden wir dann endlich die ersehnten Waffen, suchen uns geeignete heraus und fahren dann mit dem Plan fort. Leider müssen wir Brooke im Kellergewölbe zurücklassen, in einem offenen Kerker. Brooke hat sich soweit beruhigt, kommt mit der Situation klar, so können Keith und ich mit einem besseren Gefühl zu Ignatius gehen. Dieser jedoch kommt uns auf halber Strecke schon entgegen, hält uns auf, drückt Keith dieselbe Uniform in die Hand wie die Meine. Ich zeige Keith meinen Schlafraum, dort kann er sich schnell umziehen, seine Waffen wieder verstecken. 

"Wir werden jetzt das eintreffen von Keith bekannt geben. Er darf an deiner Seite bleiben." grinst Ignatius. 

"Mein Herr, könnten wir bitte vorher noch etwas in Ihrem Büro besprechen?"

"Ist es denn wirklich so wichtig?" stöhnt Ignatius genervt, blickt dann aber erstaunt zu Keith.

"Ja es ist von höchster Bedeutung."

"Dann lasst uns in mein Büro gehen."

Keith und ich folgen Ignatius in sein Büro, auf heißen Kohlen wartet er darauf was ich zu sagen habe. Keith stellt sich ans Fesnster, blickt kurz nach draußen, dann wieder zu uns. Ich gehe auf Ignatius zu, senke meine Stimme, halte hinterm Rücken ein Messer bereit. 

"Mein Herr es wird ein Angriff geplant, von Blasius, sie werden kommen, in wenigen Stunden. Sie haben Sandro enttarnt, auch Ihr habt einen Spitzel unter euren Leuten. Ich weiß auch wer es ist, es wird euch nicht gefallen. Denn... Ich bin es und ich werde Euch nun das Leben nehmen."

Ich zücke das Messer, ramme es direkt in seinen Brustkorb, ziehe es wieder raus und schneide ihm die Kehle auf.

"Ihr werdet hier nicht Lebend rauskommen. Der Krieg geht weiter und ihr werdet nichts dagegen tun können." röchelt Ignatius.

"Der Krieg geht weiter schon recht, aber das Grauen für die Kinder ist gemildert."

Langsam breitet sich das Blut auf dem Boden aus, ich beobachte gespannt Ignatius letzte Atemzüge. 

"Sie sind versammelt, du musst deine Ansage machen. Ich warte vor der Tür auf dich." meint Keith, gibt mir einen schnellen Kuss und kommt dann mit mir vor die Tür. Ich gehe mit Sicheren Schritten in den Burghof, stelle mich vor die Menge an Beigen Uniformen.

"Meine Werten Mitstreiter, ich muss euch etwas Mitteilen. Unser Hochangesehener Herr, Meister Ignatius ist Krank und wird heute nicht mehr zu Sprechen sein. Er hat mich gebeten vor seiner Tür Wache zu stehen, gemeinsam mit meinem Ebenbürtigen Partner. Wenn ihr Fragen habt, wendet euch an mich, ich bin jederzeit bereit euch zur Seite zu stehen. Geben wir unserem Herren eine Erholungspause, er hat schon so viel für uns geschafft. Ich soll euch Ausrichten, das zwei Leute, die ich gleich einteilen werde, die Waffen überprüfen sollen. Einige sollen die Vorräte für zukünftige Einsätze Überprüfen. Sucht euch Aufgaben, beschäftigt euch, aber versucht leise zu sein. Ich danke euch."

Damit gehe ich vom Podium runter, schnappe mir zwei Frauen, die ich in den Keller zu Brooke schicke. Sie wird ihren Spaß haben, da bin ich mir sicher. Zielsicher gehe ich zurück zu Keith, stelle mich Aufrecht zu Keith und behalte alles im Auge. Es kommt keiner, die Leute sind beschäftigt. Eine Vermummte Beige Gestalt kommt auf uns zu, stellt sich vor mich.

"Ich gebe jetzt das Zeichen, die Waffen sind Mainpuliert. Ich lasse es wie einen Unfall aussehen."

Brooke geht nach draußen, ich halte ein Fenster in der Nähe im Auge, warte auf die Leuchtfackel. Ich werde nicht Enttäuscht, wenige Augenblicke später bricht Chaos im Hof aus, ich laufe schnell nach draußen. 

"Was ist hier los?" brülle ich.

"Tyche, dieser Neuling hier, hat eine Fackel gezündet." petzt einer der Männer.

"Mitkommen!" 

Brooke folgt mir hinein, bleibt jetzt in unserer Nähe, bald geht es los, bald werden auch Ignatius Schlächter dran Glauben müssen. Ungeduldig warten wir, werden aber auch nicht weiter gestört. Dann ertönt das Warnsignal, die ersten Leute kommen zu uns, geben bescheid, doch sie verlassen unsere Gegenwart nicht mehr. Keith und ich schließen die Zugangstür, blockieren die Tür mit einer Metallstange. Brooke schlägt das Fenster ein, zieht eine Waffe unter der geklauten Uniform hervor und schießt auf die Schützen die von der Mauer aus schießen. Direkt beginnt es an der Tür zu Bollern, sie versuchen zu uns hindurch zu kommen. Ich bin Aufgeregt, etwas Nervös und ein wenig Angst habe ich auch, doch ich grinse Keith noch mal an. Eine Granate fliegt durch das Fenster, die Keith sich sofort schnappt und zum Haupttor wirft. Sie berstet Lautstark, reißt einige Wachen mit sich, kratzt das Riesige Tor aber nur an. 

"Na braucht ihr noch ein wenig Munition?" grinst Brooke und lässt ein paar Granaten auf den Boden kullern. 

Anerkennend klopft Keith ihr auf die Schulter, schnappt sich genau wie ich eine Granate, zieht den Stift und wirft sie zum Tor. Sechs Granaten später gibt dieses dann auch endlich nach, unsere Verbündeten stürmen den Hof, erbitterte Kämpfe entstehen. Nun wird es auch zeit für uns, unsere Barrikade aufzugeben und mit zu Helfen. Keith und ich entfernen die Metallstange, Brooke entsichert eine Granate. Kaum fliegt die Tür auf, wirft sie und lässt Menschen leben. Wir zücken unsere Waffen, Messer und kleinere Dinge, wir sind für den Nahkampf Ausgebildet. Wir stürzen uns in die Schlacht, legen uns auch mit mehreren Gegner an, doch sieht es so aus, als würden wir die Oberhand gewinnen.

Erst nach Unzähligen Toten, die Dunkelheit hat uns schon lange erreicht, legt sich das Getümmel. Wir sehen uns nach Verletzten um, schauen nach einigen Verlusten. Auch wir haben Tote zu beklagen, doch weit weniger als unsere Wiedersacher. Blasius, Brooke und Vico kommen auf Keith und mich zugerannt, ich bin ausgelaugt, der Kampf hat mich sehr viel Kraft gekostet. Mein Herz wummert heftig in meiner Brust, ich bin erleichtert das wir dieses Monster und seine Leute erledigt haben. Ich bin Glücklich das Keith bei mir ist, meine Freunde, meine neue Familie. Ich sinke auf die Knie, verstehe selbst nicht warum ich so schwach bin, Keith zieht mich in seine Arme. Meine Atmung ist beschleunigt, etwas stimmt nicht, alle sehen besorgt, geschockt aus. Dann kommt er mit voller Wucht, lässt meine Sicht verschwimmen, der Schmerz. Mit letzter Kraft sehe ich an mir herunter zum Bauch, dahin woher der Schmerz kommt, ich bemühe mich meinen Blick etwas aufzuklären. In meinem Bauch steckt ein Messer, mein Blut tropft am Griff herunter. Wann hat man mich erwischt? Wer war es? Warum habe ich nichts gespürt? Ich blicke Keith in die Augen, ich spüre seine Wärme, seine Sorge. Eine befreiende Dunkelheit überkommt mich, der Schmerz versiegt, ich verliere das Bewusstsein.

Das Licht

 Alles ist warm und hell um mich herum, es gefällt mir hier. Das Licht, welches auf mich herab scheint ist sehr hell, doch es blendet nicht. In einiger Entfernung steht ein Schatten, er scheint zu warten. Zögernd gehe ich auf den Schatten zu, habe keine Angst, es zieht mich sogar an. Je näher ich komme desto größer wird der Schatten, er kommt mir seltsam bekannt vor. Meine Schritte sind Geräuschlos, schwerlos. Die Luft ist hier so sauber wie sonst nirgendwo, ich fühle mich wie in einem Meer aus Watte. In mir regt sich keine Wut, kein Hass, nicht einmal Zweifel ist da. Hier herrscht Glück und Frieden. Ich habe den Schatten fast erreicht, denke sogar ihn zu erkennen, mein Herz macht einen großen Sprung. Eigentlich ist es nicht möglich das er hier ist, mich sogar anlächelt, außer wenn ich gestroben bin. Sofort bleibe ich stehen, mein Atem beschleunigt sich. Das kann doch nicht wirklich passiert sein. Ich kann doch nicht gerade erst von Keith erfahren haben das er mich liebt, wir können doch nicht gerade erst Ignatius vernichtet haben und dann sterben. Doch egal wie sehr ich mir darüber Gedanken mache, es kommt keine Trauer. Ich blicke in das freundliche Gesicht vor mir, bin sehr gespannt was er zu erzählen hat.

"Wo bin ich hier?"

"Das kann ich dir auch nicht so genau sagen. Ich nenne es immer mein Paradies."

"Bin ich etwa..."

"Ja und Nein. Du hast gerade eine Nahtoderfahrung. Ich dachte ich hole dich mal ab und erkläre es dir."

"Das ist irgendwie Unheimlich. Wie geht es dir Enrico?"

"Mir geht es sehr gut. Komm wir gehen ein Stück."

Ich lächle Enrico an, freue mich das es ihm gut geht, doch in mir brennen ein paar fragen. Langsam folge ich ihm durch diese Merkwürdige, aber doch Einladende Umgebung.

"Enrico, sag mal, hast du sehr gelitten?"

"Ich weiß diese Frage Quält euch alle, aber nein habe ich nicht. Bei der Explosion ist mir das Genick gebrochen, hab nichts mehr gespürt."

"Wir Vermissen dich da unten oder wo auch immer sehr."

"Ich Vermisse euch auch, aber irgendwann sehen wir uns wieder."

"Wo gehen wir hin?"

"Ich bringe dich zu einem Ausgang, dumm gesagt. Du bist noch nicht an der Reihe, du wirst wieder zurück gehen."

"Aber wieso bin ich dann erst hier gelandet? Ist mein Bruder auch hier?"

"Dein Bruder ist auch hier ja. Leider muss ich dir sagen, deine Eltern auch, aber ihnen geht es gut. Du bist hier weil du viel Blut verloren hast und dem Tot sehr nahe bist, aber die Anderen Kämpfen um dein Leben."

"Weißt du ob ich wieder ganz Gesund werde?"

"Mehr als das. Du wirst dich besser denn je fühlen, aber du hast auch noch eine große Aufgabe, mit den Anderen zusammen."

"Wie?"

"Wenn du wieder bei Kräften bist, so in 10 Tagen, müsst ihr zu den Grenzen. Sie werden von euren Taten wissen. Viele unserer Feinde werden zu Verbündeten, denn mit dem Sieg über Ignatius habt ihr auch deren Kindern Schutz geschenkt. Keith und du, ihr seid die Hoffnungsträger. Ihr zwei könnt den Krieg beenden, aber auch nur wenn ihr alle zusammen haltet."

"Enrico, du musst dich Irren, wie sollen Keith und ich das alles hinbekommen?"

"Mit eurem Mut, eurer Liebe und eurer Aufopfernden Art. Allein das Genügt schon. Du wirst sehen, alles wird gut und der Frieden wird einkehren."

"Das schaffe ich nicht..."

"Nico, kleines, hör zu, du machst dich kleiner als du bist. Du hast mehr bewegt und erreicht als viele Andere."

"Wann muss ich zurück?"

"Gleich, wir sind gleich am Ziel. Aber erschrecke nicht."

"Warum?"

Doch statt einer Antwort lächelt Enrico mich nur Entschuldigend an, läuft Zielsicher den Weg entlang. Ich blicke mich neugierig um, kann aber zu meiner ernüchterung kaum etwas erkennen. Schließlich stehen wir vor einer Art Wand, sie Glitzert wie Tausend kleine Edelsteine, Enrico bleibt stehen.

"Hier musst du durch, hier wirst du zurück kommen. Ich kann dich leider nicht begleiten und das was dort hinter passiert könnte dir Sorgen bereiten, dich ängstigen, aber du musst einfach in deinen Körper zurück."

"Was passiert denn dort hinter?"

"Sie kämpfen um dein Leben. Du musst jetzt los, kehre schnell in deinen Körper zurück."

"Danke Enrico."

Enrico drückt mich noch einmal an sich, es fühlt sich so vertraut an, wie damals als wir mit einander Trainierten. Dann lässt er mich los und schiebt mich sanft aber bestimmt auf die glitzernde Wand zu. Die Wand ist kalt, nicht unangenehm, aber kalt. Ohne Mühe und wiederstand gelange ich auf die Andere Seite. Entsetzt starre ich auf das Bild welches sich vor mir erstreckt. Links von mir sitzen meine Freunde, starren geschockt auf meinen Körper, kämpfen gegen ihre Tränen. An meinen Füßen steht Keith, rührt sich nicht, scheint in einer Schockstarre zu sein. Mehrere Ärzte und Schwestern stehen um meinem Blutüberströmten Körper und versuchen mich zu Retten. Der Überwachungsmonitor zeigt nichts an, mit einem dauerhaften Nervenden Piepen. Ich gehe auf meinen Körper zu, schaue entsetzt auf mich selbst hinab, Die Leute laufen durch mich hindurch, es wird Zeit. Ich Berühre meinen Körper, frage mich wie ich zurück kehren soll, doch kaum ist der Kontakt entstanden habe ich das Gefühl etwas zerrt an mir. Als würde ich wie von selbst wieder in meinen Körper gesogen werden. Plötzlich ist alles Dunkel um mich.

Ich spüre einen Harten druck auf der Brust, der Dauerpiepton hat sich verändert, er gibt nun meinen Herzschlag wieder. Ein Jubeln dringt an meine Ohren, im selben Augenblick ziehen ich tief die Luft ein. Ich schlage die Augen auf, spüre den Schmerz an meinem Bauch wieder, die ganzen Hände die versuchen mir zu Helfen. Mein Körper beginnt zu zittern, ich fange an zu wimmern, habe das Gefühl mich nicht Bewegen zu können.

"Keith" wimmere ich leise.

Sofort kommt er an meine Seite, nimmt meine Hand, küsst mich sanft auf die Stirn.

"Keine Sorge, ich bin bei dir. Bleib ganz ruhig, sie kümmern sich eben um deine Wunde, dann lassen sie dich in Ruhe." 

Kaum hat Keith meine Hand berührt durchströmt mich eine große Welle der Ruhe, mein Atem beruhigt sich, ich blicke Keith in die Augen und der Schmerz ist kaum noch zu spüren. Ich fühle mich sicher und Geborgen wenn er in der Nähe ist, wenn er meine Hand hält, sich um mich sorgt.

"Wie lang war ich... Hat mein Herz nicht geschlagen?"

"Fast fünf Minuten. Die schlimmsten meines Lebens."

"Es tut mir leid. Ich habe Enrico getroffen." sage ich schwach.

"Erzähl es mir später, bewahre deine Kraft, Ruh dich aus ich werde nicht von deiner Seite weichen. Sie müssen dich Operieren, aber ich bin da. Schließ die Augen."

Ich sehe Keith die Sorge an, ich spüre seine Angst, doch er schenkt mir auch Hoffnung und Zuversicht. Sanft drückt er meine Hand, legt seine Lippen beruhigend auf meine, dann fallen mir wieder die Augen zu. Eine tiefe schwere legt sich über meinen Körper, das denken setzt komplett aus, kurz höre ich eine Fremde stimme, dann erfasst mich vollends die Narkose.

Vico

 Mein Körper ist unglaublich schwer, mein Herz wummert heftig in meiner Brust, in meinem Kopf ist alles vernebelt. Ich fühle mich schwachm schutzlos, kann meine Augen nicht öffnen. Eine Träne bahnt sich den weg aus meinem Auge, läuft warm an meiner Wange hinab, wird sanft von einem Finger aufgefangen. 

"Schh, nicht weinen ich bin da." flüstert eine mir Vertraute Stimme.

Ich will meine Augen öffnen, mich hinsetzen, aber mein Körper macht nicht das was ich möchte. Die Tränen der Verzweiflung erkämpfen sich den Weg ans freie, ich kann es nicht leiden so Machtlos über meinen eigenen Körper zu sein. In meinem Kopf kribbelt es, immer wieder versucht eine unheimliche Dunkelheit mich zu übermannen. Was ist bloß los mit mir?

"Alles ist gut, Ruh dich noch etwas aus. Die Narkose wirkt noch nach." sagt Keith liebevoll und nimmt meine Hand. Sofort durchströmt mich Wärme und Ruhe, es tut so gut. Mein Herz schlägt immer sanfter, die Tränen ziehen sich zurück, genau das habe ich jetzt gebraucht. Ich lasse die Dunkelheit mein Denken einnehmen, nun wirkt es weit aus weniger beängstigend wie noch wenige Augenblicke zuvor. 

Mein Gesicht wird wohlig erwärmt als mein Denken das nächste mal einsetzt, durch meine Augenlider sehe ich dass die Sonne scheint, denn sie sind Rot gefärbt. Mein Hals ist trocken und ich habe sehr großen Durst. Mein Bauch tut nun auch wieder weh, er pocht unangenehm an der Stelle wo das Messer steckte. Mein Atem geht ruhig, obwohl ich mich ausgeliefert fühle. Doch ich spüre jetzt schon, das mein Körper mir wieder gehorcht, was mir ruhe und Karft spendet. Ich drehe meinen Kopf auf die Andere Seite, hinein in den Schatten, öffne langsam meine Augen. Zunächst ist alles verschwommen, kann nur drei Schemenhafte Gestalten wahrnehmen, doch langsam schärft sich meine Sicht. Froh darüber meine Männer unversehrt zu sehen stiehlt sich ein Lächeln auf meine Lippen. Auch sie sehen zu mir, strahlen mich erleichtert an. Sie sehen müde aus, erschöpft und doch sitzen sie hier und Wachen über mich. Es bringt mein Herz zum leuchten. Ich hätte nie Gedacht das mir  jemand so wichtig werden würde, oder das ich jemanden so wichtig werde. Vorsichtig versuche ich mich aufzurichten, verziehen schmerzhaft das Gesicht. Mein Bauch fühlt sich an als hätte ich 10 Muskelkater auf einen Schlag, hinsetzen ist daher auch nicht möglich, zumindest ohne Hilfe.

"Bleib liegen! Du musst dich schonen Nico!" mein Blasius und drückt mich sanft zurück in die Kissen. 

"Ich habe Durst." sage ich leise und schwach.

Lächelt nimmt Keith ein Glas von einem Schränkchen, kommt zu mir und hilft mir etwas zu Trinken. Es fühlt sich unglaublich gut an, wie sich die Feuchtigkeit auf die Zunge legt, langsam die Kehle hinab fließt. 

"Wie geht es dir kleine?" fragt Vico aus der Ecke.

Er klingt merkwürdig, etwas scheint hin zu Bedrücken. Ich lächle ihn an, bitte ihn näher zu kommen. Zögernd kommt Vico auf mich zu, er scheint mit den Tränen zu Kämpfen, ich frage mich was los ist.

"Vico, was ist los? Was Bedrückt dich so sehr?" frage ich leise.

Doch Vico antwortet nicht, setzt sich neben mich ans Bett, legt den Kopf auf meine Schulter und fängt an zu weinen. Ich lege meine freie Hand an seine Wange, frage mich was den starken Vico so fertig macht. 

"Wir kommen später wieder." flüstert Keith mir leise ins Ohr, gibt mir einen Kuss auf die Stirn und geht mit Blasius hinaus. Vicos Kopf liegt immer noch auf meiner Schulter und weint. Ich spüre seine Verzweiflung, seine Schuldgefühle, doch weiß ich nicht warum, dennoch bin ich einfach für ihn da. Nach einiger Zeit hebt er dann doch den Kopf, sieht mich mit rot angeschwollenen Augen an.

"Vico was ist denn bloß passiert?"

"Wegen mir wärst du fast gestorben. Es tut mir so leid."

"Du kannst nichts dafür. In Kriegen werden Menschen verletzt und getötet und es war meine eigene Entscheidung in den Kampf zu gehen."

"Nein das meine ich nicht. Ich wollte deine Schmerzen lindern, habe das Messer aus deinem Bauch gezogen. Und deswegen wärst du fast gestorben. Wegen mir bist du fast verblutet."

Eine weile sehen Vico und ich uns in die Augen. Ich sehe ihm an wie leid es ihm tut, das er mich nie solch einer Gefahr aussetzen wollte, das er nur an mein Wohl Gedacht hat. Ich lächle ihn erneut an, ziehe ihn sanft zu mir, drücke ihm eine kuss auf die Stirn.

"Du wolltest mir nur helfen. Mach dir keine Vorwürfe, es ist gut das dies so geschehen bist. Ich könnte dir nicht böse sein, dafür habe ich dich viel zu gern. Du warst für mich da, als ich dich noch nicht kannte, damals mit Sandro. Mein Gedanke war immer, du bist wie ein guter Onkel, ein Beschützer. Dank dir habe ich Enrico wiedergesehen, dank dir weiß ich wie wir weiter machen werden. Ich bin hier und du bleib bitte einer meiner Freunde."

Vico drückt meine Hand, lässt ein paar Tränen freien Lauf. Er braucht Zeit um all das zu Verarbeiten, doch weiß ich er wird es schaffen, er gehört zum Team. Fast eine Stunde später kommen Keith und Blasius wieder. Sie sehen das es Vico zwar besser geht, wir alles geklärt haben, lassen ihm dennoch Zeit. 

"Wie geht es euch? Wo ist Brooke?"

"Mach dir um uns mal keine Gedanken, bei uns ist alles klar. Brooke Trainiert ein paar Leute, bringt sie wieder in Form. Sie Mag Krankenzimmer überhaupt nicht und lässt sich Entschuldigen. Wie geht es deinem Bauch?" fragt Blasius.

"Fühlt sich schmerzhaft an. Es brennt wie Feuer."

"Warum sagst du denn nichts?" fragt Vico vorwurfsvoll.

"Das kannst du dir doch denken." grinse ich.

"Ja ja, keine schwäche und so. Ich schau mal das du ein Schmerzmittel bekommst." meint Vico und steht auf.

 

Vereint

 Ich liege im Bett, angekuschelt an Keith, genieße die Ruhe die von ihm ausgeht. Mit den Fingern seiner freien Hand zieht er kreise auf meinem Oberarm, träumt mit geschlossenen Augen vor sich hin. Auf diesen Moment habe ich lange gewartet, immer wieder davon geträumt. Ich bin völlig entspannt, mein Atem geht flach, mein Herz hat den Rhythmus seines Herzens angenommen. Es ist bereits Mittag, denken noch lange nicht daran aufzustehen. Erst gestern wurde ich nach neun Tagen im Krankenzimmer entlassen. Zu meiner Überraschung bleiben wir vorerst noch im Schloss, die Männer und Frauen haben ganze Arbeit geleistet, alles sauber gemacht. Ich habe mir die Freiheit genommen das Zimmer für mich zu beanschlagen, welches Ignatius mir schon gegeben hatte.

Nun liegen Keith und ich auf dem bequemen Bett, genießen die Zweisamkeit und lassen uns von der Sonne, die durch das große Fenster scheint wärmen. Hin und wieder sind die Anderen vorsichtig eingetreten, wollten wissen ob alles in Ordnung ist und ob wir auch mal aufstehen wollen. Doch bisher haben wir immer verneint, wollten diese Zeit für uns haben. Schließlich durften wir unsere gewonnene Liebe noch nicht einen Moment auskostet. Immerhin kam Ignatius zuvor, mein beinahe Tod ebenfalls.

Mein Herz macht immer noch einen Hüpfer wenn ich daran zurückdenke, wie lange er gebraucht hat um mich an sich heran zu lassen, um mir zu sagen was er wirklich Empfindet. Mir wird richtig warm ums Herz wenn ich seine Worte wieder in mein Gedächtnis rufe. Er braucht mich genauso wie ich ihn. In meinem Körper kribbelt es, als er sich zu mich dreht, mir einen Kuss auf den Mund drückt. Er ist so zärtlich und doch besitzergreifend. Sanft streicht er eine verrutschte Haarsträhne aus meinem Gesicht, lächelt mich Liebevoll an. Ich lächle zurück und spüre sogleich wie sein Herzschlag beschleunigt. Wieder senkt er seine Lippen auf meine, sofort bekomme ich eine Gänsehaut, er zieht mich eng an sich.

"Ich werde dich nie wieder gehen lassen." haucht Keith mir entgegen.

Der Kuss wird Leidenschaftlicher, sanft streicht er mit seiner Zunge über meine Unterlippe, bittet um einlass den ich ihm gerne gewähre. Unsere Zungen kreisen umeinander, tanzen regelrecht miteinander. Doch dann werden wir durch ein Klopfen unterbrochen. Wir versuchen es zu ignorieren, sind ganz leise und rühren uns keinen Millimeter.

"Kommt schon ich weiß das ihr wach seid! Es ist dringend!" jammert Blasius durch die Tür.

"Komm rein." stöhnt Keith und lässt sich auf den Rücken zurückfallen.

Die Tür geht knarrend auf, Blasius strahlt von Ohr zu Ohr und kommt mit langen Schritten zu uns ans Bett. Mit Schwung setzt er sich auf das Bett, lässt Keith und mich einen kleinen Hüpfer machen, schweigt.

"Möchtest du uns jetzt nur anschweigen? Oder was war so wichtig?" frage ich belustigt.

"Zieht euch an und kommt mit." grinst Blasius, steht auf und geht wieder.

Schulterzuckend aber genervt stehen wir auf, werfen uns schwarze Uniformen über und gehen in die Halle. Blasius steht zusammen mit Vico und Brooke an einer Mauer gelehnt und grinst weiterhin. Ich bin leicht Nervös und neugierig darauf was gleich kommen mag. Zittrig nehme ich Keith Hand, drücke sie sanft, lasse ihn meine innere Unruhe spüren. Aufmunternd lächelt er mich an, strahlt wärme und kraft aus, schenkt mir seinen Mut und die Ruhe.

"Was gibt es denn?" fragt nun Keith etwas ungeduldig.

"Immer langsam mit den jungen Pferdchen. Da draußen warten zwei Botschafter. Einmal von den Krella und einmal von Dobrinsky. Sie möchten gerne Frieden schließen und wieder Gemeinsam mit uns gegen unsere Feinde Kämpfen und endlich den Krieg beenden." erklärt Vico.

"Und warum mussten wir deshalb kommen?" fragt nun wieder Keith.

"Sie möchten mit uns sprechen. Wir sind die die Frieden bringen werden. Das hat mir zumindest Enrico gesagt. Lass uns nach draußen gehen." beantworte ich die Frage.

Mein Herz beginnt schnell zu Schlagen, meine Atmung wird etwas schneller. Voller Stolz und Mut gehe ich voran, durchschreite das Tor und gelange ins Freie. An einem Zelt stehen zwei Männer, blicken abwartend zu uns, werden von unseren Leuten bewacht. Die Männer bekommen große Augen, starren auf Keith und mich, scheinen ihren unglauben verloren zu haben. Mit langen Schritten gehe ich auf sie zu, bleibe mit zwei Metern Abstand stehen, warte auf die Anderen. Erst als alle versammelt sind mache ich einen Schritt auf sie zu, mein Herz pocht heftig in meiner Brust, ein Zittern muss ich Unterdrücken. Ich strecke dem ersten der Beiden meine Hand entgegen, staunend und zögernd ergreift er sie. Dem anderen ergeht es genauso wie dem ersten. Ich bitte die Beiden Männer sich an den Tisch zu setzten, mache es ihnen vor und setze mich.

"Was führt sie beide hierher?" frage ich freundlich.

"Mein Oberst schickt mich zu euch um ein Friedensangebot abzugeben. Er hörte vom Fall von Ignatius, wer dafür Verantwortlich ist und meinte es sei an der Zeit wieder zusammen zu Arbeiten." meint der Mann von Dobrinsky.

"Bei mir ist es genauso, mein Oberst möchte sich mit euch zusammen schließen." befürwortet der Zweite.

"Das freut mich sehr zu Hören. Ich werde kurz etwas besprechen gehen. Warten sie bitte auf mich."

Ich stehe auf und gehe mit meinen Freunden an die Seite. Ich erzähle ihnen schnell von Enrico und was er mir gesagt hatte, immerhin hatte ich das bisher noch nicht getan. Ich bin aufgeregt, Enricos Worte schwirren wie wilde Hummeln durch meinen Kopf, der Frieden rückt näher. Im mir keimt Hoffnung auf, läst mich schneller, hektischer sprechen, mein Herz tanzt Tango in meiner Brust. 

"Wie lange brauchen wir zu dieser Grenze?" frage ich aufgeregt.

"Nicole, mach langsam, da gibt es einiges was du wissen solltest. Was hattest du denn geplant?" fragt Vico.

"Ich dachte ich lasse sie direkt zur Grenze gehen. Aber anscheinend muss ich meinen Plan überdenken." sage ich zurückhaltender als zuvor.

"Wäre vermutlich klüger... Lass sie doch nach hier kommen." meint Blasius.

Ich nicke Resigniert, bitte Brooke den beiden Botschaftern bescheid zu geben und frage mich was ich noch wissen sollte. Etwas verwirrt, und geknickt, weil  mir der Wind aus den Segeln genommen wurde, gehe ich Richtung Speisesaal. Die Anderen wollen mir folgen, machen einen Schritt zu mir, doch Keith hält sie zurück, sagt ihnen das ich allein sein möchte. Keith hat recht, er hat vermutlich gespürt was los ist, möchte mir meine Freiheit lassen. Ich wandere allein durch die Schlossgänge, nehme zum erstenmal den Luxus wahr den Ignatius sich hier angehäuft hatte. Orientalische Teppiche, massive Kerzenhalter, Gemälde. Es macht mich traurig dies zu sehen, wie konnte ein Mann so mächtig sein? Ich gelange an ein Turmzimmer, überlege ob ich eintreten soll, bin neugierig. Vorsichtig drücke ich die Tür auf, sie knarrt laut, kündigt mein eintreten an. Der Raum ist Duster, der Boden mit Teppich belegt, an den Wänden hängen alte aber Kindgerechte Gemälde. Dies war mal ein Kinderzimmer.Vorsichtig nehme ich die verstaubte Puppe von der Anrichte, streiche ihr durch die Goldenen Löckchen. Welches kleine Mädchen hier wohl mal gewohnt hat? Vermutlich das auf dem Gemälde vor mir. Das Mädchen darauf ist vielleicht sechs, hat braune Augen, schwarze Lange Haare. Sie sieht so traurig aus. Zaghaft und sanft lege ich die Puppe zurück, schließe sorgfältig die Tür hinter mir nachdem ich wieder hinaus getreten bin. Mit vielen Unklaren Gedanken, offenen Fragen und unsicheren Schritten gehe ich zu den Anderen zurück. Ich bitte die Anderen mir zu erzählen, was ich wissen sollte, was sie daran hindert direkt zur Grenze zu gehen. Wir ziehen uns dafür zurück, Ignatius altes Büro. 

Blasius fängt an :" Du weißt ja sicherlich wie dieser Krieg begonnen hat oder?" 

Ich nicke nur.

"Gut. Weißt du, nach einiger Zeit begann sich unsere Seite untereinander zu Splitten. Jeder gab dem nächsten die Schuld am verschwinden der Kinder. Jeder war der Meinung es sei jemand anderes. Bis Ignatius sich das erste Mal zeigte. Kinder der Gegenseite verschwanden ebenfalls. Es hierß wir würden den Schlächter verstecken, ihn schützen. Keine Worte, keine Gesten konnte die Anderen Umstimmen. Die Fronten sind völlig verhärtet. Keiner hört dem Anderen zu. Die Generäle der beiden Hauptseiten schworen zu Kämpfen bis zum letzten Mann. Es gibt kaum noch etwas was sie vereint."

"Es wird sehr schwierig in die Fronten frieden zu bringen. Und glaube mir, die Generäle werden auch euch wohl eher nicht zuhören." ergänzt Vico. 

"Es gibt wenig, das ist wahr, doch wird es immer das eine oder Andere geben, was hilft." meint Keith. 

"Klar. Das was alles schlimmer gemacht hat. Die Kinder." wirft Brooke ein.

"Natürlich die Kinder. Wir vereinen die Kinder, bringen sie zur Grenze, schaffen dadurch einen Waffenstillstand, den Frieden. Eine Gruppe nimmt den General in Gefangeschaft, dann geht das schon." fange ich an, bin euphorisch, springe auf.

"Ich kenne jemanden der den General der Gegenseite gefangen nehmen kann." meint Keith aus der Ecke.

"Wie?" fragt Blasius. 

"Fragt bitte einfach nicht. Ich werde mich um die Unterstützung auf der Gegenseite kümmern." bemerkt Keith bekümmert.

Damit ist vorerst alles gesagt. Ich nehme Keith beiseite, möchte für ihn da sein, ihm kraft spenden. Ich küsse ihn noch einmal Leidenschaftlich, drücke ihn fest an mich, zeige ihm meine Liebe. Drei Tage wird er Unterwegs sein, drei Tage werden wir getrennt sein. Ich werde mich derweil um mein Training kümmern, meine Fitness wieder steigern.

Keith kehrt zurück

 Ich liege allein im Bett, schaue in den Nachthimmel durch das Fenster, frage mich wo Keith wohl gerade ist. Ich sehe weit entfernte Sterne, sie strahlen um die Wette, sollen einem den Weg weisen. Ich bin angespannt, hoffe das Keith nichts passiert. Er weiß was er macht, hat genug Erfahrung in dem was er tut, doch ihn nicht hier bei mir zu haben ist schrecklich. Ich fühle mich leer und unvollständig, es ist falsch. Doch ich weiß Keith wird zu mir zurück kommen, mich wieder in seine arme schließen. Ich schließe die Augen, rufe in mir das Kribbeln hervor, welches seine Finger auf meiner Haut hinterlassen haben, das brennen auf meinen Lippen wo seine die meinen berührt haben. Noch während ich an die zärtlichen Berührungen denke drifte ich in einen tiefen Schlaf.

Die ersten Sonnen strahlen die sich über den Horizont ziehen wecken mich sanft auf. Der Himmel strahlt schon am frühen Morgen in einem hellen Blau, kein flauschiges Wölkchen zeigt sich am Himmel. Ich setze mich auf, sehe genauer hinaus, bin überrascht wie friedlich alles wirkt. Ich drücke meinen Rücken durch, dehne meine angespannten Muskeln, der Morgen ist perfekt zum Trainieren. Ich ziehe mir eine Schwarze Uniform über, ziehe die Schnürsenkel meiner Schuhe fest zu, nehme mir die kleine Flasche Wasser vom Nachtschränkchen und gehe hinaus. Leise schleiche ich durch die Schlossgänge, will niemanden unnötig wecken. Hin und wieder begegne ich einer Wache oder einem Frühaufsteher. Die Morgenluft ist frisch, rein und leicht fecht. Ich mag es sehr, beginne zu Joggen, ziehe meine Runden durch den Hof. Nach ein paar Runden bleibe ich an einer der Trainigspuppen stehen, beginne sie mit Fausthieben und gezielten Tritten zu Malträtieren. Irgendwann sehe ich einen Schatten hinter mir, erkenne die Umrisse. Blasius hat sich angeschlichen, will mich Überraschen doch ich drehe mich rum und reiße ihn von den Füßen. Grinsend sehe ich zu ihn hinab, mein Atem geht nur stoßweise, mein Herz rast in meiner Brust so sehr habe ich mich verausgabt. Ich halte Blasius die Hand entgegen die er auch sofort ergreift. Ich ziehe ihn zurück auf die Beine, er lacht, drückt mich an seine Brust und bittet mich dann etwas zu Essen. 

So ziehen die drei Tage an mir vorbei, bald kommt Keith zurück zu mir, in mir wächst die Freude. Mit jeder Stunde die vergeht, spüre ich mehr und mehr das er zurückkehrt. Ich stehe stumm am Tor, blicke auf die weite Wiese die sich vor mir erstreckt. Die Sonne kündigt schon ihr Untergehen an und ich beobachte dieses Schauspiel. Gleichmäßig mit einem prächtigen Farbenspiel versinkt die Sonne hinter dem kleinen Hügel. 

Ein kribbeln legt sich auf meinen Körper, es ist angenehmmm, ich spüre einen Atemzug im Nacken. Sanft berühren Lippen meinen Hals, hinterlassen einen brennenden Fleck. Ich lehne meinen Kopf an seine Schulter, genieße seine Nähe. Mit einem Mal fällt alle Anspannung von mir ab, all die Sorge die ich mir um Ihn gemacht habe ist weg. Nun fühle ich mich wieder Vollständig, Geborgen, Sicher. Keith lacht Lautlos hinter mir, bringt seinen Körper damit zum Beben. Ich drehe mich zu ihm rum, blicke ihm tief in die Augen, küsse ihn dann innig. Sanft drückt Keith mich an die Mauer, küsst mich Leidenschaftlich und Verlangend, doch ich spüre auch das er etwas zu sagen hat. Nach einiger Zeit lösen sich unsere Lippen voneinander, blicken uns abermals tief in die Augen. Keith sieht müde und erschöpft aus, auch etwas Ramponiert. Ich nehme seine Hand, gehe vorraus ins Schloss, doch nach wenigen Schritten bereits übernimmt er die Führung. Zielsicher geht er zu Ignatius altem Büro, ruft unterwegs nach Blasius, Brooke und Vico. Wir betreten als erstes das Büro, lehnen uns gemeinsam an das Fenster und warten. Keith lächelt mich an, bringt mein Herz zum Leuchten, er het gute Nachrichten. Die Anderen treten nun auch ein, schließen die Tür und sehen abwartend zu Keith.

"Wie geht es dir Keith? Du siehst mitgenommen aus." meint Blasius.

"Alles in Ordnung. Als mein alter Freund steht bereit. wenn wir das Zeichen geben, nimmt er den General in Gefangenschaft. Unterwegs bin ich auf eine Außenseiter Truppe gestossen. Ich hatte eine Schlägerei mit ihnen, aber hey, sie helfen uns. Wir wollen die Kinder zusammenführen, sie bringen die Kids zur Grenze." erzählt Keith knapp.

"Das ist doch super. Dann werde icch morgen den Plan ausarbeiten, mit euch natürlich und dann werden wir endlich Frieden bringen. Endlich den Krieg beenden." freue ich mich.

"Wir müssen nur auf unsere neuen Verbündeten warten, dann kann es auch schon losgehen." lächelt Brooke. 

"Ganz genau. So Leute, das war mein kurzes Update, ich muss echt ins Bett. Gute Nacht." meint Keith und zieht mich hinter sich aus den Raum her. Keith entledigt sich fast komplett seiner Kleidung, ich mache dasselbe, wir legen uns Nebeneinander, kuscheln uns eng zusammen und schlafen friedlich ein. Seine Nähe tut unglaublich gut, es ist beruhigend ihn bei mir zu wissen, kraft spendend und glücklich machend. Sein Atem geht gleichmäßig ruhig und ich weiß er ist eingeschlafen. Mit einem Lächeln auf den Lippen wir mein Denken unterbrochen und ich schlafe auch ein. 

 

Die Kinder

 Durch zärtliche Küsse auf meiner Haut werde ich wach, Keith lächelt mich mit leuchtenden Augen an. Ich strecke mich um mich vom Schlaf zu befreien. Gemeinsam machen wir uns fertig für den Tag, der Tag an dem der Frieden geplant wird. Doch zunächst genießen wir den Sonnenaufgang, die Ruhe die dabei herrscht. Auch eine gute Stärkung in Form des Frühstücks darf nicht fehlen. Gemeinsam mit unseren Freunden sitzen wir im freien und genießen das einfache Frühstück, welches aus Brot und Wasser beseteht. Noch während wir dort sitzen, hören wir ein Geräusch. Dieses kommt langsam näher, wird lauter, klingt jedoch nicht bedrohlich. 

"Ich würde sagen da trifft einer unserer Verbündeten ein." meint Vico lächelnd. 

In geschlossener Gruppe gehen wir zum Tor, treten hinaus und warten. In einiger Entfernung sehen wir ein paar Transporter näher kommen. Sie sind schnell unterwegs, scheinen es eilig zu haben. Mein Herz macht ein freudeshüpfer, ich lächle von Ohr zu Ohr. Die Transporter kommen immer näher, es sind die von Krella, sie scheinen eine grüßere Gruppierung zu sein. Acht große Transporter halten knapp vor uns, stellen ihre Motoren ab und Unzählige Soldaten steigen aus. Einer der Breitschuldrigsten kommt auf uns zu, bleibt dicht vor uns stehen. Er sieht mich driekt an, lächelt und streckt mir die Hand entgegen. 

"Es freut mich sehr dich kennen zu lernen. Ich bin sehr froh das ihr unserem Bündnis zugestimmt habt. Ihr habt uns von einem Monster befreit." sagte der Mann stolz.

"Oskar, schön das wir wieder zusammenarbeiten." meint Balsius und drückt Oskars Hand ebenfalls. 

"Es freut mich das wir alle gemeinsam für den Frieden einstehen wollen. Wir wollten gerade mit der Planung beginnen. Wenn Sie möchten können sie gerne der Planung beiwohnen." sage ich freundlich.

"Bitte sag du und ja das würde ich sehr gern. Kaylab wird dem auch beiwohnen wenn es euch nicht stört. Wo können denn meine Männer die Ausrüstung unterbringen?" fragt Oskar. 

"Vico kümmerst du dich darum?" frage ich Augenklimpernd.

"Mach ich." kommt prompt von Vico. 

Ich gehe mit den Anderen ins Büro, ich möchte unbedingt so schnell wie möglich mit der Planung beginnen. Wir suchen uns alle einen Platz, machen es uns bequem und schweigen einen Moment. 

"Also hast du denn schon eine Ahnung wie wir diesen Krieg beenden können?" fragt Oskar direkt.

"Ja durchaus. Wir wissen alle das dieser Krieg begann weil die Kinder verschwanden und jeder den Anderen die Schuld zuschob. Dann kam Ignatius irgendwann ans Tageslicht und alle wussten er war Schuld. Doch der Krieg ist mittlerweile so festgefahren das immer neue Gründe gefunden wurden um bis zum bitteren Ende zu kämpfen. Eigentlich geht es jetzt auch nur noch darum wer als Sieger hervorgeht. Ich habe mir Gedacht, wir arbeiten wieder mit den Kindern. Keith und ich haben Ignatius vernichtet, jeder weiß das. Wir werden Kinder von unserer Seite zusammen ziehen und auch die der Gegenseite. Wir haben unsere Kontakte dort. Wir führen sie zusammen, sie werden gemeinsam mit Keith und mir genau in die Mitte, auf die Anhöhung spazieren. In der Zeit werden die Generäle der beiden Seiten Ruhig gestellt. Keiner wird auf die Kinder schießen. Wir werden den Krieg beenden." erkläre ich. 

""Das klingt ja ganz Plausibel für mich. aber wie sollen die jeweiligen Seiten wissen ob es Kinder von ihrer Seite sind?" fragt Kaylab.

"Sie könnten die Flaggen ihrer Seite tragen." schlägt Brooke vor.

Es gibt nur ein nicken.

"Wie wollt ihr die Kinder zusammenführen?" fragt Oskar.

"Auf der Gegenseite kümmern sich meine Kontakte drum. Hier werden wir dich und deine Truppe darum bitten in die übrigen Sicherheitszonen zu fahren und die Kinder hierher zu bringen. Bringt ruhig die besorgten Eltern mit. Wir wollen schließlich niemanden Entführen." antwortet Keith. 

"Wir werden uns darum kümmern. Es freut mich sehr das ihr uns euer Vertrauen schenkt." meint Oskar und steht schon wieder auf. 

 Unsere Versammlung löst sich wieder auf, Oskar klärt seine Männer auf und macht sich auch schon wieder mit ihnen auf den Weg. Ich Atme an der Luft tief durch, habe das Gefühl einen kleinen Sieg zu haben. Ich bin erleichtert und Glücklich, mir kommen die Tränen. Ich habe einen Kloß im Hals, habe eine innere Wärme, es beängstigt mich ein wenig. Mit Mühe hindere ich die Tränen daran über meine Wange zu laufen, es ist doch alles gut. Keith nimmt mich von hinten in den Arm, ich spüre seinen Atem an meiner Schulter entlang schleifen.

"Ich weiß dieses Gefühl der Hoffnung ist ungewohnt. Ich weiß das Glücklich sein verbietet man sich in diesen Zeiten fas komplett. Aber unterdrücke es nicht, bald ist alles vorbei und wir können endlich frieden finden." 

Sanft küsst er mich nach seinen Worten im Nacken, hält mich einfach nur im Arm. Ich genieße Jede Stunde, jede Minute, ja soagr jede Sekunde mit ihm, denn ich weiß er muss schon morgen wieder los. Er muss morgen die Kinder der Gegenseite in Empfang nehmen. Wir werden zwar schon am Abend auf ihn Treffen, dennoch ist es immer wieder eine Qual von ihm getrennt zu sein. 

 

Die Nacht ist viel zu schwer rum, mein Herz ist jetzt schon schwer, doch noch schläft Keith tief und fest. Ich rutsche zu ihm heran, lege meinen Kopf auf seine Brust, lausche seinem Herzschlag. Sein Atem ist ruhig, er ist völlig entspannt. Es färbt auf mich ab und mir fallen erneut die Augen zu.

Keith weckt mich sanft auf, streicht mir zärtlich über den Rücken. Gemeinsam stehen wir auf, machen uns fertig und gehen nach draußen. Wir Frühstücken noch zusammen, doch dann macht Keith sich auf den Weg. Traurig uns Einsam sehe ich ihm eine Weile hinterher. Doch auf wir müssen uns bereit machen zum Abmarsch. Nachdem alles zusammengepackt und verstaut ist sitze ich mit Blasius, Brooke und Vico in einem der Transporter. Wir fahren Oskar entgegen. Ich versinke in meinen Gedanken, beobachte alles still, hoffe das alles gut geht. Dann ist die Fahrt auch schon rum, der Transporter bleibt stehen, wir steigen aus. Oskar und die anderen Krella warten schon auf uns, sie spielen mit den Kindern Fussbal oder sprechen mit den Eltern. Ich bleibe in einiger Entfernung stehen, muss schwer Schlucken. Zuletzt habe ich mit meinem Bruder Fussball gespielt. Blasius stellt sich neben mich, sieht mir einmal ins Gesicht und zieht mich dann in seine Arme.

"Ich weiß es ist schwer für dich kleine, aber ich glaube an dich. Du hast schon so vieles geschafft, da schaffst du das auch. Und wenn etwas ist sind wir alle für dich da."

"Danke Blasius." nuschle ich an seine Brust.

Nun gehe ich auch zu den Eltern, schüttele einige Hände, führe Gespräche. Ich spüre das dies nichts für mich ist, ich dem am Liebsten aus dem Weg gehen würde. Das mache ich dann auch in dem Ich einfach mit den Kinder Fussball mitspielte.

Die Zeit bis zum Sonnenuntergang vergeht schnell, Zwei Transporter näher sich uns mit mäßiger Geschwindigkeit. Sie gehören ins Gegnerische Gebiet. Somit müssten dies die Kinder sein. Tatsächlich sind es die Kinder und einige Erwachsene. Nur vorsichtig näher sie sich uns dann zu Fuß. Auch die Kinder sind zu Anfang schüchtern und zurückhaltend zueinander. Doch dann fangen die ersten an sich zu Unterhalten, zu spielen. Mir geht das Herz auf, ich strahle, freue mich nochmehr Keith zu sehen. Blasius und Vico haben ein großes Lagerfeuer gemacht, die Kinder gehen langsam in die Zelte zum Schlafen, die Eltern der kleinen fangen nun auch an miteinander zu reden. Bis spät in die Nacht wird gesprochen und gelacht. Ich bin heilfroh das alles so gut klappt. 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 07.12.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Cover by Ultranumb. Es ist wunderschön, danke dir.

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