Cover


Stella:
Da stand ich also. Vor der Türe des Klassenraumes. Ich atmete tief ein. Die neue Schule gefiel mir gar nicht, sie war dunkelgrün angestrichen, an manchen Wänden waren braune Backsteine gepflastert. An den Wänden der langen Fluren hingen wenige, hässlige Bilder, die sicher von untalentierten fünftklässlern gemalt wurden. Fenster- hatten die meisten Flure nicht. Nur riesige Glastüren, die mitten im Weg standen. Viel zu düster war es hier. Nunja, für mich war in letzter Zeit alles düster. Selbst den weißen, glänzenden Schnee und die romantische Weihnachtsdekoration in der Stadt konnte ich nicht genießen. Ich konnte eine leise Stimme duch die Tür sprechen hören, aber ich verstand nicht, was gesagt wurde. Nach einiger Zeit des Umschauens konnte ich mich endlich überwinden, an die Türe zu klopfen. Mein Herz raste. Eine kleine Frau öffnete. Sie stellte sich als Mrs. Lux vor, sie war freundlich. Ich schaute auf den Boden als ich da vor den Fremden Schülern stand, die alle auf mich starrten. Meine langen, welligen braunen Haare betrachteten, versuchten meine Augen zu sehen, meinen dunkelbraunen Wintermantel anschauten. Ich kreuzte meine Beine und verschränkte meine Arme. Ich konnte mir richtig gut vorstellen wie abweisend und langweilig und uninteressant ich aussah. Als die Lehrerin mich vorstellte, schaute ich mich erstmals im Raum um. Die Klasse war nicht so hässlich, wie der Rest der Schule. Eine Wand war hellgelb angestrichen und hübsche angemalte Rosen verzierten sie. Die Wand gegenüber, mit der Fensterreihe, war in einem knalligen Grün bemalt. Auf den Fensterbänken standen Blumentöpfe mit den verschiedensten Pflanzen. Hinten im Raum stand ein weißes Regal mit gut geordneten Büchern. Ich schaute mir alles an. Nur nicht die Schüler. "Stella? Erzähl mal ein wenig von dir." forderte mich die Lehrerin freundlich auf. Ich wollte nichts sagen, aber ich versuchte wenigstens keinen allzu schlechten Eindruck zu machen, also erzählte ich das nötigste über mich. "Ehm, ich heiße Stella Layne und bin 15 Jahre alt. Ich .. zeichne gerne in meiner Freizeit und.. ehm." ich merkte selbst, wie leise ich sprach. "Lauter!" kam es aus der hintersten Ecke. Ich zog meine Augenbrauen zusammen. "Na gut, das reicht dann für's Erste. Die Leute werden dich schon näher kennenlernen." wollte Mrs. Lux mich wohl aufmuntern, aber ich wusste nicht, ob ich das überhaupt wollte. "Du kannst dich dort in die dritte Reihe neben Steve setzten." Ich schaute diesen Steve an und er schaute schüchtern weg. Gut, wenigstens würde er mich in Ruhe lassen. Ich setzte mich auf den leeren Stuhl. Ich konnte spüren wie die Leute hinter mir mich anschauten. Die vor mir, drehten sich sogar um, um mich zu sehen. Meine Güte. "Gut, dann stellt die Klasse sich dir mal vor, Stella. Steffie, fang du an." sie machte eine Kopfbewegung zu der Schülerin in der ersten Reihe. Sie fummelte an ihren Haaren rum. "Also, ich heiße Steffie, ich bin 15 und ich reite gern." dann ging es mit dem Sitzpartner weiter. "Ich bin Ben. Bin 16. Und öh.. spiele Playstation." sagte er gelangweilt und tonlos. Die Klasse kicherte. Der nächste. "Ich bin Lucas, bin 15 Jahre alt und .. arbeite gern auf dem Bauernhof, oder Koche oder so." So ging es durch alle Reihen weiter und ich hörte schon gar nicht mehr zu, bis ich in der letzten Reihe hörte, wie ein Schüler sagte. "..Und mir laufen alle Weiber hinterher." mehr bekam ich von diesem Jungen nicht mit. Was für ein Idiot. Die Klasse lachte, auch die Mädchen kicherten und flüsterten sich etwas zu. Wie ich solche Mädchen verabscheute. Als sich endlich jeder einzelne vorgestellt hatte, sagte Mrs. Lux noch: "Und ich heiße Maria Lux, ich bin 43 Jahre alt und unterrichte euch alle." Dann klingelte es zur Pause und plötzlich standen alle vor mir. Ich hörte nur ein Wirrwarr aus Stimmen und sah, wie mich alle anstarrten und mich etwas fragten. Doch ich antwortete keinem und sah auch fast niemanden an. Also gingen sie schließlich davon und schauten sich ein letztes mal tuschelnd nach mir um.

Antonio:
Ich lehnte mich cool in meinem Stuhl zurück und laberte mit meinem Kumpel Chris über's vergangene Wochenende. Wir waren zusammen in der berühmtesten Disco der Stadt gewesen. Es war einfach nur geil. Wir haben gesoffen wie sonst noch was und konnten uns nicht mehr daran erinnern, wie wir nach Hause gekommen waren. Dann kam Mrs Lux in die Klasse und ermahnte uns leise zu sein. Ich fand diese Frau so nervig, nie konnten wir uns zu Ende unterhalten. "So, wie ich euch letzte Woche gesagt habe, bekommen wir heute eine neue Schülerin." Achja, das hatte ich ja ganz vergessen. Hoffentlich ist sie heiß, dachte ich. "Und ich habe etwas über sie erfahren, was ich euch mitteilen muss." sie schaute durch die Klasse. "Das arme Mädchen hat vor etwa einem Monat ihre Eltern bei einem Autounfall verloren und lebt jetzt bei ihrer Tante und musste deshalb die Stadt und die Schule wechseln. Ich bitte euch darum, sie nicht auf ihre Eltern anzusprechen, oder sonst irgendwelche Andeutungen zu machen. Ihr solltet sie auch nicht mit Fragen bombadieren und sie für's Erste in Ruhe lassen, damit sie sich langsam einleben kann." die Klasse war nun still. Oh man, das arme Mädchen. Muss echt scheiße sein. Ich selbst hatte keine Mutter, aber das war nicht schlimm, weil sie uns kurz nach meiner Geburt verlassen hatte und ich sie so nie wirklich kennengelernt hatte und mein Dad der coolste auf der Welt war. Dann klopfte es an der Tür. Die ganze Klasse schaute gespannt zu, wie die Lux sie öffnete, auch ich. Es kam ein dunkelhaariges Mädchen rein, dessen Gesicht ich nicht sehen konnte, da sie auf den Boden schaute. Sie war dünn und hatte richtig lange Beine, die unter dem dicken Wintermantel noch schmaler aussahen. Ihr Haar war lang und wellig und fiel ihr locker über die Schultern. "Also, das ist Stella, die neue Schülerin." Stella schaute nun endlich hoch und ich konnte ihr Gesicht sehen. Sie war hübsch. Ziemlich hübsch. Soweit ich es erkennen konnte, hatte sie schockobraune Augen, die von dunklen Wimpern umrahmt waren. Ihre Augenbrauen schauten böse aus. Aber sie waren nicht mit Absicht so zu recht gezupft, sondern sie zog ihre Augenbrauen so zusammen. Sie stand dort vorne, mit verschränkten Armen und gekreuzten Beinen. Ziemlich interessant sah sie aus. Ihre Augen wanderten durch den Klassenraum. Die Schüler schienen sie gar nicht zu interessieren, sie betrachtete nur den Raum. Man konnte ihr richtig ansehen, dass es ihr nicht gut ging. Sie war abnormal blass und hatte einen leeren Ausdruck im Gesicht. "Erzähl doch etwas über dich." sagte Lux zu dem Mädchen, aber sie schien es gar nicht gehört zu haben. Sie schaute nur düster durch den Raum. "Stella? Erzähl mal einwenig von dir." versuchte sie nocheinmal. Diesmal hörte sie es und öffnete den Mund, erst kam kein Ton raus, doch dann sprach sie mit leiser, sanfter Stimme. "Ehm, ich heiße Stella Layne und bin 15 Jahre alt. Ich .. zeichne gerne in meiner Freizeit und.. ehm." ich musste mich richtig anstrengen um überhaupt etwas zu hören. "Lauter!" rief Ricky aus der Ecke. Stella zog ihre Augenbrauen zusammen und schaute zur Seite. Die Lux wies ihr den Platz neben Steve zu. Stella schaute Steve finster an, worauf er nur verlegen wegschauen konnte. Oha, wenn Blicke töten könnten. Sie setzte sich neben ihn. "Gut, dann stellt die Klasse sich dir mal vor, Stella. Steffie, fang du an. "Also, ich heiße Steffie, ich bin 15 und ich reite gern." auf was sie reitet, will ich gar nicht wissen, dachte ich. Alle stellten sich mit ihrem langweiligen Bla Bla vor, bis ich endlich dran war. "Ich heiße Antonio, bin 16 und ich feier gerne.Und ich bin Italiener..." damit bekam ich jedes Mädchen, obwohl ich kein Wort italienisch konnte, meine Mutter war italienerin. "Und mir laufen die Weiber hinterher." fügte ich mit meinem anmach lächeln hinzu. Doch Stella hörte mir anscheinend gar nicht zu, denn als die Klasse lachte und die Mädels flüsterten, schaute sie nur mit einem leeren Blick auf den Tisch. Als letztes stellte sich die Lux noch vor und dann klingelte es endlich. Sofort liefen alle zu der Neuen rüber und riefen ihr Fragen zu, oder sonst was. Ich hatte sowas nicht nötig, ich war mir sicher, dass dieses Mädchen mir in mindestens einem Monat hoffnungslos verfallen sein würde. Während ich innerlich mit mir selbst wettete, beobachtete ich sie. Sie schaute niemanden an und wenn doch, dann mit soeinem Blick, dass sie aufhörten zu fragen und davon gingen. Ihr Ausdruck im Gesicht war zwar nicht böse, aber irgentwie so .. verletzt und kaputt. Aber mich konnte das natürlich nicht einschüchtern.

Stella:
Als die nächste Stunde begann, war ich ziemlich erleichtert. So konnten die ganzen fremden Menschen mir keine dummen Fragen mehr stellen. Der Lehrer, namens Mr. Johnsen war noch recht jung und gutaussehend, warscheinlich sogar ein ganz neuer Lehrer, aber er war mir total unsympathisch. Er war auf eine eklige Art und Weise freundlich. Zu freundlich. Er legte nämlich seine Hand auf meinen Rücken und klopfte ihn sanft. Mit einem breiten Lächeln begrüßte er mich. "Du bist also Stella? Herzlich willkommen auf unserer Schule, ich hoffe, dass du dich schnell einlebst und Freunde findest." ich wusste nichts zu sagen. Wenn ich etwas gesagt hätte dann etwas wie: 'Bitte fassen sie mich niewieder an!' aber ich wollte doch keinen schlechten Eindruck machen. Zum Glück musste ich nicht jede Stunde die Klasse wechseln, so wie in der alten Schule. Hier hatte man jede Stunde im selben Raum, außer Chemie und Technik und wenige andere Nebenfächer. Aber Technik hatte ich eh nicht gewählt. Ich hatte keine Lust im Unterricht zu zuhören, also zeichnete ich vor mich hin. So richtige Bilder hatte ich schon länger nicht mehr gezeichnet. Seit dem Unfall nicht mehr. Damals hatte ich richtige Portrais von Freunden und Familie gezeichtnet und sie in einem Ordner gesammelt. Ich wollte nicht mehr daran denken, also versuchte ich doch noch dem Lehrer zuzuhören. "..Also geschah es um welches Jahr?" fing ich gerade noch den Satz auf. Ich war ganz verwirrt als er mich fragend anschaute. "Hm?" sagte ich nur. "Kannst du mir die Antwort geben?" fragte der überfreundliche Lehrer. "Nein." gab ich erlich zu. Er schaute einwenig verdattert. "Na.. na schön.." dann nahm er einen anderen Schüler dran. In der alten Schule hatte ich keine Probleme im Unterricht mitzukommen. Da konnte ich mich auchnoch konzentrieren .. und ich war glücklich. Das war circa ein Monat her. Seitdem wohne ich bei meiner Tante und ihrem bescheuerten Freund. Ich hasste diesen Kerl. Ich weiß noch, als meine Tante mich fragte, wieso ich ihn nicht möge. "Er macht doch gar nichts." sagte sie. "Ja, das ist es doch gerade. Er tut gar nichts dafür mich kennen zulernen." Hatte ich ihr geantwortet. Jetzt war es mir eigentlich egal, ob er mit mir sprach, oder nicht. Mich wunderte es nicht mehr, wenn er wortlos an mir vorbei ging, oder mich nicht begrüßte, wenn ich nach Hause kam. Nach Hause.. nein, das war nicht mein zu Hause. Mein zu Hause war bei meinen Eltern, aber dort werde ich niewieder hinkommen. Ich schüttelte kaum merkbar meinen Kopf, um diese Gedanken schnell abzuwerfen. 'Denk an was anderes, konzentrier dich auf den Unterricht!' sagte ich mir selbst im Kopf.

Antonio:
Als Geschichte anfing, setzten sich alle auf ihre Plätze und hörten auf Stella zu belästigen. Mr. Johnsen, der eklige Lehrer, hieß sie wilkommen, indem er seine Hand auf ihren Rücken legte. Der Typ war auch noch Sportlehrer. Die armen Mädels. Stella sagte nichts zu seinem Willkommensgruß, also stellte er sich wieder nach Vorne und fing mit dem Unterricht an. Ich musste mich unbedingt bessern in Geschichte, also fragte ich den Streber vor mir aus und meldete mich bei ein paar Fragen. Ich hatte keine Ahnung, was ich da überhaupt sagte, ich plapperte einfach nach, was der Streber mir vorsprach. Nachdem ich mich 5 mal gemeldet hatte, war ich davon überzeugt, dass es für eine 4 auf dem Zeugnis schon reichen würde. Ich legte meinen Kopf bequem auf meine Arme und schloss meine Augen um ein wenig zu dösen. Als ich die zarte und noch fremde Stimme von Stella hörte, setzte ich mich auf. "Hm?" hatte sie gesagt. "Kannst du mir die Antwort geben?" fragte Johnsen. Stellas Miene war ausdruckslos. "Nein." sagte sie klipp und klar. Das verwirrte Gesicht von Johnsen amüsierte mich sehr. Er wandte sich dem ahnungslosen Maik zu. Stella schaute auf eine Stelle an dem Boden und bewegte sich kaum. Sie war so still. Steve stubste sie beim Schreiben ausversehen an und schaute sie schon ängstlich an, aber sie schien es überhaupt nicht gemerkt zu haben. Sie starrte immernoch nachdenklich auf eine Stelle. An was sie wohl dachte? Was denkt ein Mädchen, das ihre Eltern verloren hat? Vielleicht denkt sie ja auch gar nicht, im Moment. Doch dann schüttelte sie ganz leicht den Kopf, es sah eher so aus als würde sie zittern. Dann bewegte sie sich erstmals, sie stützte ihren Kopf auf ihren Arm. "So, ich muss kurz mal in eine andere Klasse, bitte seid leise." somit ging Mr. Johnsen aus dem Raum und lies die Türe angelehnt, um hören zu können, dass wir wirklich leise sind. Kaum war er verschwunden, lehnte sich Alex vor und fragte Stella. "Hey, hast du facebook?" Stella drehte sich halb zu ihm. "Ja." sagte sie nur. "Wie heißt'n du da?" "Eh, Stella Layne?" sagte sie ganz verständlich. "Ah, cool. Ich such dich dann heute." Alex zwinkerte ihr zu, aber sie reagierte nicht und drehte sich wieder um. Gut, dann würde ich sie heute auch mal in facebook suchen und ihr eine Freundschaftsanfrage senden. Als die Schule endlich zu Ende war, ging ich noch mit meinen Kumpels in die Stadt. "Die Neue ist heeeiß!" sagte Alex und zog seine Augenbraue hoch und runter. "Aber richtig heiß!" erwiderte Joey. "Ich sag's euch, die krieg ich noch. Ich werde sie dazu bringen sich in mich zu verknallen, ich schwörs!" Da war ich mir sicher. Kein Mädchen konnte mir widerstehen.

Stella:
"So, ich muss kurz mal in eine andere Klasse, bitte seid leise." Mr. Johnsen ging aus dem Raum und lies die Türe angelehnt. Kaum hatte Mr. Johnsen kurz den Klassenraum verlassen, hatte sich schon so ein komischer Typ hinter mir mich angesprochen. "Hey, hast du facebook?" ich hatte mich mal dort angemeldet und habe oft mit Freunden gechattet, aber ich war schon lang nicht mehr drin gewesen. "Ja." antwortete ich. "Wie heißt'n du da?" ernsthaft? Wie sollte ich denn schon dort heißen? "Eh, Stella Layne?" ist doch klar. "Ah, cool. Ich such dich dann heute." er zwinkerte mir zu. Ohman. Ich drehte mich wortlos um. Der Rest des Schultages verging fast ohne nervige Fragen, also freute ich mich schon fast, als ich endlich nach Hause konnte. Ich drehte den Schlüssel, den Tante Yasmin extra für mich angefertigt hatte, im Schloss um. Yasmin war nicht da, sie arbeitete bei der Bank. Nur ihr Freund, Eric, war da. Er saß vor dem Fehrnsehr, als ich in das Wohnzimmer kam. Er grüßte mich mit einem Kopfnicken, ich tat das Selbe. Erst jetzt merkte ich, wie gut es tat, in der Schule gewesen zu sein. Hier war es so depremierend für mich. Es fehlte einfach etwas. Ich wusste genau, was fehlte, aber ich wollte nicht daran denken. Ich ging hoch in mein Zimmer und legte mich auf mein Bett. Ich wusste nicht, was ich von der Klasse halten sollte. Meine alten Klassenkameraden wären sicher genauso. Seltsamerweise vermisste ich sie gar nicht. Kein Stück. Nur meine Freunde Anna und Vanessa. Sie hatten mich schon so oft angerufen, aber ich habe nie abgenommen. Sollte ich nicht eigentlich Schuldgefühle deswegen haben? Eigentlich schon... Ich musste eingenickt sein, denn als ich aufwachte, war es schon 6 Uhr. Da viel mir ein, dass mich sicher welche aus der neuen Klasse in facebook hinzugefügt hatten. Also beschloss ich zum ersten mal seit ner langen Zeit mal wieder on zu gehen. Ich setzte mich an meinen Laptop, den meine Tante mir geschenkt hatte. Ich hatte 32 Freundschaftsanfragen und ganze 56 neue Meldungen. Oha, ich kannte nichtmal so viele Leute. Zuerst schaute ich mir ersteinmal die Profile der neuen Klassenameraden an und die den wenigen die nicht in meiner Klasse waren. 'Tobii frisst Hosen' was für ein poetischer Name. 'Jessy P.' 'Dustin S.' ich konnte mich kaum an die Namen erinnern. 'Lexyliebtihn' Oh man. 'Antonio R.' An den konnte ich mich erinnern, der, dem alle Mädchen hinterher laufen. Da hatte er anscheinend gar nicht so Unrecht, denn auf seiner Pinnwand häuften sich Kommentare wie: 'Mein Hübscher! ;*' oder 'Ehemann *-*' seinem Beziehungsstatus nach war er aber single. Nachdem ich alle Anfragen bestätigt hatte, schaute ich mir meine Meldungen an. 'Lilly S.: Es tut mir so Leid! Kopf hoch, alles wird gut.' bitte nicht! Das hätte ich mir doch denken können. 'James G.: Hey, tut mir voll Leid für dich :(' Carl: Du Ärmste, sei nicht traurig, es wird alles gut.' Solche Einträge wiederholten sich 55mal. Aber nur Vanessa's Kommentar rührte mich. 'He, du stinker. Melde dich mal, ich mach mir sorgen um dich. Wir alle vermissen dich schrecklich.' Sie kannte mich zu gut und schrieb nichts über meinen Verlust. Mir liefen Tränen die Wange runter. Jetzt vermisste ich sie wirklich. 'Hab bitte noch etwas Geduld. Ich werde dich die nächste Zeit noch anrufen, wenn es mir besser geht. Ich vermisse dich auch.' schrieb ich zurück. Ich nahm mir vor die nächste Zeit mal mit ihr zu telefonieren, aber noch nicht heute. Auch nicht morgen. Ich musste ersteinmal wieder einwenig zu mir kommen, sie sollte nicht wissen, wie depressiv ich war. Ich klickte auf meine Bilder. Mir entgegnete mein grinsendes Gesicht und Vanessas strahlende Augen. Ich hatte 5 weitere Kommentare bekommen. 'AlexDerGangster: Wow, richtig hübsch.' 'Lexyliebtihn: wuuunderschön :o' Antonio R.: Du bist sehr hübsch ;)' Ich konnte es mir nicht länger anschauen und schaltete den Laptop aus.

Antonio:
Ich kam erst etwa um 5 Uhr nach Hause. "Wo warst du so lange?!" brüllte mich mein Dad mit bösem Blick an. Ich schaute geschockt zurück und wusste nichts zu sagen. "Spaß, mein Junge." Er lachte und nahm mich in den Schwitzkasten. "Haha, Dad, erschreck mich doch nicht so!" "Ich hab dir nur ne Pizza bestellt, ich muss jetzt wieder weg." er zeigte auf eine köstlich aussehende Pizza in der Küche. "Damit komm ich klar." Nachdem Dad weggefahren war und ich die ganze Pizza aufgefuttert hatte, schaute ich nach, ob ich Hausaufgaben aufbekommen hatte. Nein, zum Glück nicht, also setzte ich mich an den Pc und gab in der Suchleiste in facebook ein: 'Stella Layne' ich fand sie sofort. Ihr Bild war überraschend. Irgendwie hatte ich erwartet, dass sie ein Bild von nem Tier oder einer Landschaft oder so drin hatte, aber stattdessen hatte sie ein Bild von sich und ihrer Freundin drin. Es war ein wunderschönes Bild, sie grinste fröhlich in die Kamera und die Augen ihrer Freundin strahlten in der Sonne. Stella's Haar wellte sich geschmeidig und fiel ihre Schultern runter. Sie sah so anders aus. Nicht nur, weil sie glücklich aussah, sie war dort auch einwenig fülliger. Nicht dick, ganz und gar nicht, aber im vergleich zu jetzt, war das schon ein Unterschied. Etwas fülliger gefiel sie mir viel besser. Ich Kommentierte mit: 'Du bist sehr hübsch ;)' Sie hatte 3 weitere Bilder und auch die schaute ich mir gründlich an. Eines zeigte sie im Winter, genau ein Jahr her. Sie trug den gleichen Wintermantel, den sie auch heute trug. Und eine schwarze Wollmütze auf der einpaar Schneeflocken lagen. Ihre Haare waren ebenfalls mit wenigen Schneeflocken bedeckt und wehten im Wind. Auf ihrer Pinnwand häuften sich Einträge indenen standen, wie viel Mitleid alle mit ihr hatten. Ich machte mir Gedanken darüber, wie ich sie morgen ansprechen könnte. Ich recherchierte auf ihrer Pinnwand, um heraus zu bekommen, wie sie so war. Sie hatte oft Songtexte gepostet. Eine ihrer Freundinnen hatte geschrieben: 'He, du stinker. Melde dich mal, ich mach mir sorgen um dich. Wir alle vermissen dich schrecklich.' Das war das Mädchen, das man auch auf ihrem Bild sehen konnte.

Stella:
Am nächsten Morgen bereitete ich mich mit einem kleinen bisschen Freude für die Schule vor. Endlich hatte ich einen Grund von zu Hause abzuhauen. Einen Monat lang hatte ich Pause von der Schule und verbrachte jeden einzelnen Tag in meinem Zimmer und lag auf meinem Bett. Ich las ein Buch, surfte im Internet oder schaute alte Bilder an. Nur Bilder von mir und Freunden, keine Familienfotos. "Guten Morgen, Stella", grüßte mich meine Tante und küsste mich auf die Stirn. Ich wollte eigentlich Frühstücken, aber dann hatte ich doch keine Lust dazu und ging mit leerem Magen zur Bushaltestelle. Es dauerte etwa 10min bis der Bus an der Haltestelle vor unserer Schule hielt. Es war richtig kalt draußen, dafür, dass erst November war. Ich bereute es, meine neue Mütze nicht angezogen zu haben. Als ich den Klassenraum betrat, schauten mich schon nicht mehr so viele Leute an, aber immernoch zu viele. Ich freute mich schon auf die Zeit, wenn endlich alle bemerkt hatten, wie langweilig ich war und mich überhaupt nicht mehr anschauen würden. "Hey, Stella." mich rief eine Jungenstimme. Ich drehte mich in die Richtung, aus der sie kam. Da saß dieser.. wie hieß er noch? Irgentein Prollo-name, Antonio, und lächelte mich machohaft an. "Was gibts?" fragte ich, ohne mich zu bemühen freundlich zu klingen. "Alles klar bei dir?" Wie unnötig war denn diese Frage? Ich setzte mich auf meinen Platz, hatte nicht vor zu antworten. Ich hatte irgentwie erwartet, dass er sich zu mir stellen würde um weiter zu versuchen mit mir zu sprechen, aber er tat es nicht. Fast hatte ich ein schlechtes Gewissen, er wollte vielleicht nur nett sein? Aber mein Gedanke verflog sofort, als ich sah, dass er mit einem Mädchen neben ihm quatschte. Ich fühlte mich einsam und sehnte mich danach, eine neue, gute Freundin zu finden, aber so wie ich momentan drauf war, konnte ich das wohl vergessen. Außerdem waren mir die Mädchen hier nicht sehr sympathisch. Die meisten waren sehr Oberflächlich, soweit ich sie einschätzen konnte jedenfalls. Und ich konnte Leute gut einschätzen. Den Meisten konnte man schon an der Kleidung ansehen, wie sie waren. Viele trugen Tücher mit Leopardenmuster um den Hals, hatten enge Leggins und Oberteile an, die knapp unter dem Hintern endeten, waren stark geschminkt und trugen dazu hohe Stöckelschuhe. Nunja, das war Geschmackssache, aber so wie ich die Mädchen aus meiner alten Schule kannte, waren solche Mädels nicht grade die Nettesten. Aber auch die Jungs waren übertrieben gestylt, hatten ein Ohrring, Mützen oder dicke Schals um den Hals. Die gegeelten Haare durften natürlich nicht fehlen. In der ersten Pause fühlte ich mich nicht sehr wohl. Am gestrigen Tag mussten wir wegen dem Schnee nicht nach draußen, aber heute sollten wir alle auf den Schulhof. Ich war ganz allein und kam mir vor wie der letzte Trottel, den niemand leiden konnte. Ich setzte mich auf eine kleine Mauer, die die Schule an einer Seite umrahmte. Es war kalt, aber das war mir recht egal. Ich holte mein Handy aus meiner Jackentasche und stopfte die Ohrstöpsel in mein Ohr.

Antonio:
'Hey, Antonio!' rief mich Joey, als ich grade in das Schulgebeude gehen wollte. 'Na, alles klar?' wir grüßten uns mit unserem Handschlag. 'Ach, meine Mom stresst rum. Sie meint ich darf nicht mit zur Klassenfahrt im Sommer, wenn ich nicht besser in der Schule werde.' er sah nicht grad glücklich aus. Ich schüttelte meinen Kopf. 'Man, nein. Du musst mitkommen, das wird doch sonst der totale Reinfall!' Joey war schon seit der 5.Klasse mein bester Freund. Leider war er nicht sehr gut in der Schule. Ich war zwar auch keine Granate, aber es lag eher daran, das ich furchtbar faul war. Ich hatte keinen bock darauf, tagelang für ein Fach zu lernen. 'Wird schon, wird schon. Und hast du mal mit der Neuen geredet?' er zwinkerte mir zu. 'Nee, hatte noch keine Gelegenheit. Aber ich versuch heute mal sie anzusprechen.' Wir gingen zusammen in unsere Klasse, Joey setzte sich an seinen Platz ganz vorne. Er hatte mal Scheiße angestellt und musste jetzt vorne an der Türe sitzen. Ich saß in der letzten Reihe. Als ich sah, das Stella gerade reinkam, versuchte ich ein geeignetes Gesprächsthema zu finden. Und da mir nichts einfiel, beschloss ich sie einfach zu begrüßen. "Hey, Stella." rief ich ihr rüber. Sie drehte sich gelangweilt um. "Was gibts?" 'Alles klar bei dir?" fragte ich sie so interessiert wie ich konnte. Sie schaute mir nur kurz in die Augen, schüttelte dann kaum merkbar den Kopf und drehte sich um, um sich auf ihren Platz zu setzen. Okay, was hatte ich denn falsch gemacht? So eine Zicke! Aber trotzdem war ich mir sicher, dass ich sie irgentwann noch um den Finger wickeln konnte. Ich strich mir durchs Haar, richtete den Kragen meiner Lederjacke und ging einen Schritt auf Stella zu, doch bevor ich etwas sagen konnte, stellte sich Steffie mir in den Weg. "Anton? Hast du letztens mein Chemiebuch eingepackt?" Ich war kurz davor ihr ins Gesicht zu schreien 'Nenn mich nicht Anton!!' Ich hasste diesen Namen, keine Ahnung wer sich den ausgedacht hatte. Anton passte überhaupt nicht zu mir, ich war ein Italiener, kein Spießer-deutscher! Ich lehnte mich an einen Tisch. "Eh, ja hab ich. Ich brings dir nächste Woche mit." Und damit hatte ich gehofft, dass das Gespräch zu ende war, aber nein, sie laberte meine Ohren voll. Ich hatte ihr 'aufmerksam' zugehört, aber nichts verstanden. Als der Unterricht begann, ging Steffie endlich wieder zurück auf ihren Platz. Mein Ego war ganz schön angeschlagen. Stella schien kein Stück an mir interessiert zu sein. Na und? Was solls schon. Es gibt hunderte andere Mädchen. In der Pause stand ich mit meinen Kumpels an unserem Stammplatz auf den Treppen. "Und hast du Stella schon klargemacht?" fragte mich Joey lachend, er hatte natürlich gecheckt, dass da nichts lief. Ich schüttelte den Kopf und schnallzte mit der Zunge."Ist doch egal, die will ich gar nicht!" Automatisch schaute ich auf die kleine Mauer auf der Stella saß. Sie war schon süß. Wie sie dort an der Wand lehnte, Kopfhörer im Ohr und die Augen geschlossen hatte.

Stella:
Ich hatte das Gefühl, als würde ich die totale Außenseiterin sein. Aber es war doch normal, dass man nicht sofort neue Bekanntschaften machte, oder? Schließlich muss man sich zuerst einleben. Plötzlich wurden meine Gedanken von einem Summen unterbrochen. Jemand hatte mich angesprochen, aber da ich Musik hörte, konnte ich nichts verstehen. Ich öffnete meine Augen und vor mir stand ein fremder Junge. Er war nicht in meiner Klasse. "Hm?" fragte ich nur, nachdem ich meinen rechten Kopfhöhrer raus zog. Er beugte sich etwas zu mir. "Kann ich mich zu dir setzen?" er lächelte freundlich. Ich nickte, "Ja, klar." er legte seine Jacke auf die Mauer und setzte sich auf sie. "Ist doch sehr kalt." grinste er. Er hatte blondes kurzes Haar und dunkel graue Augen. Seine Nasenspitze war ziemlich eckig, was sein Gesicht hart aussehen ließ, seine Kopfform war aber ganz weich. "Ich hab bemerkt, dass du hier ganz allein bist und da ich auch allein bin, dachte ich, ich komm mal zu dir rüber." Er war der einzige der mich nicht mit irgenteinem anmachlächeln kennenlernen wollte. "Danke, das ist nett." sagte ich lächelnd. Es fühlte sich komisch an wieder zu lächeln, es kam mir irgendwie unnatürlich vor. "Ich heiße Jimmy und du?" ich war wohl zum Glück nicht auch noch das Gesprächsthema in den Parallelklassen. "Stella." stellte ich mich knapp vor. Er nickte, schaute auf seine Schuhe und wieder zu mir. "Und .. ehm wie findest du die Schule?" Ich befürchtete, dass das ein ganz gewöhnlicher Smalltalk werden würde. "Oh, naja sie ist .. ganz ok." log ich, vielleicht fand er sie ja super. "Er schaute mich misstrauisch an. "Also, ich find sie scheusslich." lachte er. Ich wollte auch leicht auflachen, aber es tat sich irgendwie nichts. "Sie könnte wirklich einen neuen Anstrich gebrauchen." fügte er hinzu. Ich nickte lächelnd. Er sah mich ein paar Sekunden scharf an, dann zog er seine Schultasche auf seinen Schoß und holte ein Butterbrot aus dem vorderen Fach. Er hielt es mir hin. "Hier, willst du?" Ich schüttelte den Kopf. "Nein danke, wenn ich in der Schule esse wird mir immer schlecht." Das stimmte nicht ganz. In letzter Zeit hatte ich einfach keine Lust dazu zu essen. Meine Tante musste mich schon dazu zwingen, dass ich Nachmittags und Abends überhaupt was runterwürgte. "Sicher? Du siehst hungrig aus." er hielt es noch näher an mich ran. Ich schob seine Hand beiseite. "Ich bin mir ganz Sicher, aber danke." Er akzeptierte es mit einem Schulterzucken und biss selbst in das Brot. Er kaute, kaute, kaute und schluckte. "Willst du mir jetzt beim Essen zugucken?" lachte er. Ich hatte nicht bemerkt, dass ich ihn dabei anstarrte. Ich schaute weg. "Oh, sorry." ich hatte Lust mich mit ihm zu unterhalten, aber ich wusste nicht worüber. Als ich ihn gerade fragen wollte, welches Wahlfach er gewählt hatte, klingelte es zum Unterricht. Wir stöhnten gleichzeitig auf. "Du hast wohl genauso Lust auf Schule wie ich." meinte er sarkastisch. Ich stand auf und klopfte mir den Dreck vom Hintern. "Natürlich, ich liebe es." Er grinste. "Treffen wir uns in der nächsten Pause wieder hier?" fragte er etwas zurückhaltend. Ich nickte lächelnd. "Ja, gerne." Endlich konnte ich hier mit jemandem reden, der vernünftig war.

Antonio:
Als ich Stella so unauffällig beobachtete, kam aufeinmal dieser Jimmy aus der Parallelklasse zu ihr. Ha, den würde sie auch mit ihrem Killerblick vertreiben, dachte ich. Aber genau im Gegenteil. Sie sagten irgendetwas und Jimmy setze sich neben sie. Sie lächelte. Das war das erste mal, dass ich sie lächeln sah, abgesehen von den Fotos. Die Beiden redeten eine Weile und irgendwann reichte er ihr sein Butterbrot. Er sah wohl auch, dass sie ganz schön dünn war. Doch sie lehnte ab und er aß es selbst. "Überlegst du, wie du sie doch noch rumkriegen kannst?" fragte mich Joey plötzlich. Er hatte bemerkt, dass ich sie beobachtete. Ich schüttelte meinen Kopf. "Nee, die scheint sich für andere Typen zu interessieren."

Stella:
Als ich in der nächsten Pause Jimmy schon von weitem auf der Mauer sitzen sah, freute ich mich richtig. Ich hatte endlich einen Gesprächspartner gefunden. "Hey." lächelte er mir zu. Ich setzte mich neben ihn, so wie wir auch die Pause vorhin saßen. "Hi. Wie war deine letzte Stunde?" fragte ich, wissend das die Antwort 'Langweilig' sein würde. Und tatsächlich verdrehte er seine Augen und sagte: "Laaaangweilig." Mir viel ein, was ich ihn noch fragen wollte. "Hey, was hast du eigentlich als Wahlfach genommen?" "Kunst. Und du?" ich grinste breit, was sich wieder total ungewohnt anfühlte. "Ich auch, dann sind wir ja im selben Kurs." Er erwiderte mein Grinsen. "Echt? Ist ja cool. Wieso hast du es gewählt?" "Weil das das einzige ist, was ich wirklich kann." Sagte ich ehrlich, "Und du?" "Kunst ist mir einfach am angenehmsten. Ich bin zwar nicht wirklich talentiert, aber ich mag Kunst." Ich freute mich, allmählig wurde es hier nicht mehr allzu schlimm in der Schule. Mir war Jimmy ziemlich sympathisch, ich hatte bei ihm nicht das beklemmende Gefühl, dass ich bei anderen hatte. So als ob sie sich dazu zwingen würden mit mir zu reden. "Du bist also gut in Kunst?" wollte er wissen. Ich verzog meinen Mund. "Naja, ich hab früher viel gezeichnet, aber jetzt nicht mehr." "Wieso denn nicht mehr?" hakte er nach. Ich zuckte die Schultern. "Komme halt nicht mehr dazu." Ich wollte ihm nicht die Wahrheit saben, noch nicht jedenfalls. Ich hatte keine Lust auf eine Mitleidstour. Er akzeptierte meine Antwort, obwohl er wohl ahnte, dass noch mehr dahinter steckte. "Dann sind wir ja jeden Freitag zusammen im Kunstraum." Er lächelte. Ich erwiderte das Lächeln und nickte schnell. "Sag mal, hättest du was dagegen, wenn wir ab jetzt die Pausen immer zusammen verbringen?" fragte er mich schüchtern, die Frage war ihm wohl nicht angenehm. "Ich hätte überhaupt nichts dagegen, ganz im Gegenteil. Aber warum hängst du eigentlich nicht mit deinen Freunden ab?" Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Er muss doch auch Freunde haben. Er schaute auf den Boden. "Ach, ich komme mit den Jungs hier nicht so klar. Manche Mädchen mögen mich, aber ich mag sie nicht. Die sind total eingebildet." er verdrehte seine Augen. Ich konnte nur nickend zustimmen. Es war vorstellbar, dass die Jungs ihn nicht mochten, weil er nicht so ein Macho-prollet war. "Was solls, jetzt bin ich ja da." scherzte ich. Er grinste.
Am Freitag hatte ich dann das erste Mal Kunst. Ich hatte Jimmy in der Pause ausgiebig ausgefragt; "Wie ist die Lehrerin? Zeichnet ihr mehr, oder bastelt ihr auch? Sind dort viele im Kurs?" Die Lehrerin war wohl die Netteste in der ganzen Schule, Frau Brandt hieß sie. Sie machten meistens das, worauf die Schüler Lust hatten. Wenn sie eine Idee hatten und Frau Brandt die Idee gefiel, machten sie es. Und in dem Kurs waren ca 18 Leute. "Hast du denn in den letzten Tagen mit jemanden aus deiner Klasse geredet?" fragte mich Jimmy. Ich hatte ihm erzählt, dass niemand in der Klasse wirklich kontakt zu mir aufnehmen wollte. Ich schüttelte den Kopf. "Nein, wenn jemand mit mir redet, dann nur weil er einen Tintenkiller haben will, oder sowas." Ich erzählte ihm nicht, dass dieser Antonio ständig versuchte mit mir zu flirten. Erst gestern, als wir in die Sporthalle gingen, kam er zu mir und meinte: "Na, bist du gut in Sport?" ich schaute ihn verwirrt an. "Ehm, nein nicht wirklich." er zog seine geschwungene Augenbraue hoch. "Ach, bestimmt bist du gut, willst es nur nicht sagen." Junge, verschwinde, dachte ich. "Nein, ich bin einfach schlecht in Sport, das wars." Damit ging ich schneller vor und lies ihn hinter mir zurück. Jimmy sagte zustimmend, dass es bei ihm genauso wär. Als die Pause dann vorbei war, gingen wir gemeinsam in den Kunstraum. Es war der größste Raum der Schule und meiner Meinung nach, auch der Schönste. Es führte eine kleine Treppe in den tiefer gelegten Raum. Er hatte an einer Wand weiße, große Fliesen, die Wand gegenüber war mit vielen Bildern verziert. Manche waren sehr schön, andere .. Gewöhnungsbedürftig. Die Tische waren ebenfalls weiß. Sie standen in 4 Reihen dicht aneinander. Jimmy und ich setzten uns in die zweite Reihe. Meine gute Laune war etwas angeschlagen, als ich sah, wer auchnoch im Kurs war. Antonio kam cool die Treppe runter und setzte sich, natürlich, genau hinter mich. Er zwinkerte mir zu. Ich drehte mich zu Jimmy. Wieso war er denn ausgerechten in Kunst? Konnte er nichts anderes wählen? Aber meine Frage beantwortete sich, als Jimmy meinte, dass viele Schüler das Fach nur gewählt hatten, weil die Lehrerin so locker war und viele Stunden ausfielen. "Guten Morgen ihr Lieben." Begrüßte uns Frau Brandt lächelnd und stelle ihre Tasche auf den Pullt. Sie hatte kurze braune Haare und trug einen bunten Schal um den Hals. Sie sah richtig freundlich aus. "Dann sehen wir mal, ob auch alle da sind." Sie holte das Klassenbuch hervor. "Alicia?" "hier." "Andy?" Er hob seine Hand. "Antonio?" "Jo!" Sie hakte ab. Als sie bei meinem Namen angekommen war, schaute sie in der Klasse umher. "Stella? Wer ist denn Stella?" Ich meldete mich scheu. "Hier." sagte ich leise. "Ach, dich kenne ich ja noch gar nicht, bist du neu hier?" Ich nickte. "Gut, dann herzlich Willkommen an unserer Schule." Sie lächelte. Langsam fühlte ich mich wohl in dieser Schule. Es war eine Woche vergangen und ich kannte mich hier zwar noch nicht aus und hatte auch nur einen neuen Freund gefunden, aber es war gut. Ich fühlte mich wieder lebendig. Das Leben ging weiter. Es machte richtig spaß in Kunst. Unsere erste Aufgabe war, unseren Sitzpartner zu zeichnen. Jimmy zeichnete zuerst mich. Noch während ich Modell stand, lachte Jimmy in sich hinein. "Das sieht so schlimm aus." Er zeichnete konzentriert weiter und musste wieder lachen. "Ohman, das ist ja eine Beleidigung für dich." Ich musste auch lachen,obwohl ich das Bild noch nichtmals gesehen hatte. Nach ca. 10min war er schon fertig. Er hielt das Bild hoch. "Bitte lach nicht." dann drehte er das Bild um und ich musste so lachen, das mir die Tränen kamen. Er hatte meine Augen viel zu klein gemalt, meine Nase war irgendwie richtig dreieckig und mein Mund war zu weit links. Meine Kopfform war Kugelrund. "Hey!" er lachte ebenfalls los. Es war so verdammt seltsam wieder zu lachen. Es tat fast weh. Mir kamen die Tränen, nicht weil ich so stark lachte, sondern weil es so seltsam war, glücklich zu sein. Ich konnte mir das Gefühl selbst nicht beschreiben. Es fühlte sich für mich einfach falsch an, zu lachen, aber zugleich tat es auch so gut. Mein Lachen verstummte nach kurzer Zeit und ich weinte lächelnd. Ich schaute zu Boden. Das musste total bescheuert aussehen. "Hey, alles klar mit dir?" fragte mich Jimmy, immernoch etwas glucksend. Ich nickte. "Stella, was ist los?" fragte Antonio, der den Tisch vor rückte und sich zu mir lehnte. Seltsamerweise war ich nicht von ihm genervt, wie sonst immer, denn er hörte sich wirklich besorgt an. Ich schaute ihn verstohlen an. "Ist schon gut." Er schaute mich mit zusammen gezogenen Augenbrauen an. "Okay, und warum weinst du denn?" fragte er vorsichtig. Ich richtete meine Augen wieder dem Boden zu und zuckte die Schultern. "Wird schon alles gut." Er klopfte mit seiner Hand leicht auf meinen Rücken, dann setzte er sich wieder richtig an seinen Tisch. Was meinte er damit? Er konnte doch nicht bescheid wissen? Jimmy sah mich merkwürdig an. "Was wird schonwieder gut?" fragte er mich. Ich schüttelte leicht den Kopf und winkte ab. "Egal."

Antonio:
Die Woche verging zum Glück sehr schnell und in den letzten beiden Stunden am Freitag hatte ich Kunst. Ich hatte das Fach gewählt, weil Frau Brandt total oft fehlte und weil sie uns nie eine schlechtere Note als 3 auf dem Zeugnis gab. Das tat meinem Zeugnis gut, so konnte ich die 5 in Geschichte schonmal ausgleichen. Und die 5 in Erdkunde konnte ich mit Sport ausgleichen, da hatte ich eine 1. Meine Kumpels hatten nicht Kunst gewählt, sie meinten das wäre voll Schwul. Mir war egal, was sie dachten. Mir gings ja nur um meine Note. Als ich in den Kunstraum ging, war ich dann richtig happy, dass ich das Fach gewählt hatte, denn genau auf dem Platz vor mir, saß Stella neben diesem Jimmy-typen. Frau Brandt gab uns die Aufgabe, unseren Sitzpartner zu zeichnen. Neben mir saß Mike, er sah aus wie ein sechstklässler. Ich hatte nichts mit ihm zutun. "Kann ich dich zuerst zeichnen?" fragte er. "Von mir aus." Ich drehte mich zu ihm. Nach einigen Minuten hörte ich Stella vor mir lachen. Ich bekam leichte Gänsehaut deswegen. Was war denn das? Ich schaute sie an und tatsächlich lachte sie Herzhaft. Jimmy ebenfalls, er hielt das Bild hoch, das er gezeichnet hatte. Ich musste mir selbst das Lachen verkneifen. Das sah echt bescheuert aus. "Kannst du dich wieder zu mir drehen?" fragte mich Mike. "Nein, man." antwortete ich. Stella so lachen zu sehen, war irgendwie total schön. Man, was war ich denn für eine Lusche? 'Ihr lachen ist wunderschön!', machte ich mich über mich selbst lustig. Doch dann hörte sie auf zu lachen und weinte, aber lächelte dabei. Nanu? Ich schob den Tisch weiter nach vorne und lehnte mich über ihn zu ihr. "Stella, was ist los?" fragte ich. Sie guckte mich mit traurigen Augen, aber leicht lächelnd an."Ist schon gut." das konnte ich ihr nicht glauben. Ich wollte sie nicht nerven, aber ich musste sie einfach fragen warum sie denn dann weinte. Sie antwortete mit einem Schulterzucken. Ihr lächeln verblasste langsam. Ich wollte sie irgendwie trösten, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Also klopfte ich nur leicht auf ihren Rücken und sagte, dass schon alles wieder gut wird. Ich Vollidiot, das half ihr sicher nicht. Ich schob den Tisch nicht wieder zurück, aber setzte mich wieder so hin, dass Mike mich weiter zeichnen konnte.

Stella:
"Bis Montag Stella." verabschiedete sich Jimmy von mir. Ich winkte ihm und ging zu meinem Bus. Er war völlig überfüllt, aber ich bekam noch einen Sitzplatz ganz vorne. Ich stöpselte meine Kopfhöhrer in meine Ohren und drehte auf volle Lautstärke. Als wir am Busbahnhof vorbeifuhren und dort anhielten, sah ich Antonio auf der Busstation gegenüber sitzen. Mir viel jetzt erst auf, dass er tatsächlich sehr gut aussah. Das war mir nie aufgefallen, weil ich eher damit beschäftigt war, von ihm genervt zu sein. Aber er schien auch irgendwo eine Seele zu haben, wie ich heute bemerkt hatte. Was muss er jetzt von mir denken? Ich fing einfach an zu weinen. Nur was meinte er, als er sagte 'wird schon alles wieder gut'? warscheinlich hat er es einfach, ohne nachzudenken gesagt. Um mich zu trösten. Ich schaute ihn weiter an, als ich plötzlich kapierte, dass er auch mich anstarrte. Schnell schaute ich weg. Wie lange schaute er mich schon an? Und hatte er gesehen, das auch ich ihn ansah? Ach, was solls.
Zu Hause empfing mich meine Tante mal zur abwechslung. Sie hatte Fieber und lag zugedeckt auf dem Sofa. "Hey, kleines." Ich setzte mich auf den Sessel neben dem Sofa. "Na, gehts dir schon besser?" fragte ich und fühlte ihre Stirn. Sie war immernoch sehr warm. "Nicht wirklich. Wie war die Schule?" Ich erzählte ihr von meinem Tag und von Jimmy und sie schien zu merken, dass es mir allmählig besser ging."Das ist schön, Stella. Gut, dass du jetzt einen Freund gefunden hast." sagte sie lächelnd und hustete. "Soll ich dir einen Tee machen?" fragte ich und stand schon auf. "Nein, danke. Ich hab grade Suppe gegessen." "Ist Eric nicht da?" normalerweise war er immer zu Hause. Sie schüttelte den Kopf. "Er ist einkaufen gegangen." "Wow, ein Wunder." murmelte ich. Dann ging ich hoch in mein Zimmer und machte meine Hausaufgaben.

Antonio:
Nach Kunst wartete ich noch ein paar Minuten auf Joey, der Mathenachhilfe hatte. "Hey, Bro." Wir machten uns zusammen auf den weg zum Busbahnhof. "Man, diese Nachhilfe bringt überhaupt nichts. Ich bin kein Stück besser geworden." Jammerte Joey und knickte einen kleinen Zweig vom Busch neben uns ab. Er fuchtelte damit in der Luft rum. "Vielleicht solltest du dich im Untericht auch mal melden, anstatt immer zu pennen." schlug ich ihm vor. Ich wollte auf keinen Fall, dass er das Jahr wiederholen musste. Er zuckte die Schultern. "Ja, aber schriftliche Mitarbeit zählt bei Hauptfächern doch eh mehr." "Schon, aber mündlich auch. Wenn du es versuchst, checkt sie, dass du dich anstrengst und gibt dir vielleicht ne bessere Note." versuchte ich ihm klar zumachen. Als wir am Bahnhof ankamen, stand Joeys Bus schon da und er musste rennen, um ihn noch zu bekommen. Ich ging gechillt rüber zu meiner Haltestelle und setzte mich auf das kalte Gitter. Viele Busse fuhren an mir vorbei und in einem von denen, saß Stella. Erst schaute sie gradeaus in die Gegend, dann sah sie genau zu mir. Ich glaubte, dass sie gar nicht gemerkt hatte, dass sie mir genau ins Gesicht sah und auch ich konnte irgendwie nicht wegschauen. Einige Sekunden sahen wir uns in die Augen, bis sie dann den Kopf wegdrehte und der Bus schließlich weiter fuhr. Ich schüttelte leicht den Kopf. Das Mädchen war schon seltsam. Ich wusste nicht genau was ich an ihr so anders fand, aber ich fand es gut. Sie war mysteriös, irgendwie.
In dieser Nacht hatte ich einen echt miesen Traum. Ich stand an einer hohen Klippe und zählte kleine Ziegelsteine, um sie danach in die Tiefe zu werfen. Ich konnte nicht erkennen, wer oder was sich am Grund der Tiefe befand, aber ich wusste, dass irgendetwas dort auf mich wartete. Hinter mir hörte ich plötzlich ein schweres Atmen und ich drehte mich hastig um. Ein Zitternder, abgemagerter Mann stand dort, das Gesicht wie das eines Skelettes, mit einem Messer hinter mir und kam mir mit wackligen Schritten immer näher. Ich wusste nichts mehr zu tun, also sprang ich. Ich landete auf einem weichen Untergrund, der aussah wie heiße Lava, sich aber anfühlte wie Watte. Es schien, als wär ich in der Hölle gelandet. Ich schaute mich panisch um und wurde dann ganz ruhig, als ich sah, wer in einer Ecke auf einem Stuhl saß; Stella. Sie saß dort mit glasigem Blick und ich erwartete, dass sie mich anlächelte. Doch nichts tat sich. Als ich näher zu ihr trat, stellte ich mit großem Schock fest, dass sie nicht mehr lebte. Ich musste mir ein Schreien vernkeifen. Dann wachte ich auf.

Stella:
Ich hatte in der folgenden Nacht zum ersten Mal seit langer Zeit einen Traum. Leider keinen angenehmen, nein. Es war ein furchtbarer Traum. Ich führ mit meinen Eltern in einem Wohnwagen und ich musste weinen, als ich die beiden wieder sah. Ich hatte das Gefühl, dass sie wieder da wären. Das sie niemals von uns gegangen wären. Ich umarmte sie ganz feste und sie lachten verwundert. Ich fühlte mich wie im Paradies. Ich wusste nicht, wer den Wohnwagen fuhr, Mom und Dad waren bei mir und das war das wichtigste. Wir lachten, spielten Spiele. Ich war wieder lebendig. Und ich weiß nicht, ob es besser wäre, wenn ich jetzt aufgewacht wäre. Denn wenn ich nach diesem wunderschönen Traum aufwachen würde und wieder merken würde, das sie tod waren.. ich wusste nicht, ob ich nocheinmal diese Nachricht ertragen würde. Aber ich wachte noch nicht auf. Zuerst bemerkte ich, dass Dad ganz seltsam wurde, panisch. Ich verstand nicht, was sein Problem war. Er sagte: "Stella, Schätzchen, geh nicht nach vorne, bitte!" aber natürlich tat ich genau das. Ich sah nur den Hinterkopf des Fahrers. Sein Kopf wackelte umher und dann fing der Mann an zu lachen. Er drehte sich lachend um und da erkannte ich ihn ! Das war der Mann, der für den Unfall meiner Eltern verantwortlich gewesen war! Dieses Gesicht würde ich niemals vergessen! Dann wachte ich schreiend auf.
Dieser Traum brachte mich wieder auf den Tiefpunkt meiner Depression. Ich war wieder kaum ansprechbar und es war, als würde ich diesen furchtbaren Monat erneut durchleben. Ich war in einer Dunkelheit gefangen, vor der ich doch beinahe entkommen war. Ich aß nichts. Ich schlief kaum. Ich ging nicht zur Schule. Ich redete nicht. Ich wurde doch fast wieder einwenig gesund! Wieso musste ich diesen Traum haben?! Und wieso musste er sich so real anfühlen? Nur diesmal konnte ich mich schneller erholen. Nach 2 Wochen, war ich wieder ansprechbar und ging wieder zur Schule. Meine Tante stand mir bei und half mir aus der Depression raus. Ich hatte letztendlich eingesehen, dass es nur ein Traum war. Ein Alptraum, der jedoch wahr war. Meine Eltern waren bei einem Autounfall gestorben und ich wäre vielleicht auch tod, wenn ich nicht in .. achwas, weg mit den Gedanken. Ich führte nun ein neues Leben. Mit neuen Menschen.

Antonio:
Als Stella nach einer Woche immernoch nicht wieder zur Schule kam, hatte sich die Klasse sofort Gerüchte ausgedacht vonwegen; Sie hat sich bestimmt umgebracht! Ich hatte das zwar nicht geglaubt, aber irgendwie machte ich mir schon so meine Gedanken. Da stimmte etwas nicht. Zu Hause schaute ich mir dann nochmal ihre Seite in facebook an, aber sie hatte nichts aktuelles geschrieben. Unter dem Kommentar ihrer Freundin hatte Stella geschrieben: 'Hab bitte noch etwas Geduld. Ich werde dich die nächste Zeit noch anrufen, wenn es mir besser geht. Ich vermisse dich auch.' Hmm, ihr ging es wirklich nicht gut, das sah man ihr jeden Tag an. Aber seit dieser Jimmy-Spaßtie mit ihr Zeit verbrachte, war sie viel glücklicher geworden. Dummerweise wusste ich nicht, ob ich das gut fand, oder schlecht. Ich wollte schon, dass es ihr besser ging, aber nicht wegen Jimmy!
Doch nach einer weiteren Woche kam sie endlich wieder. Sie sah schlimmer aus, als vorher. Was war nur passiert? Die Lehrerin freute sich, als sie sie sah. Da hatte sogar sie sich Gedanken um Stella gemacht. Und ich musste zugeben, dass auch ich erleichtert war, sie gesund wieder zu sehen. Naja, einigermaßen gesund.

Stella:
Als ich dann in der Schule ankam, sah ich schon an Jimmys Blick, dass etwas nicht stimmte. Er ging so vorsichtig mit mir um und entschuldigte sich für jede Kleinigkeit. Das war richtig peinlich. Einmal ist er mit seinem Ellbogen ausversehen gegen meinen Arm gekommen, ich hatte es fast nicht gemerkt. Da sagte er: "Oh, entschuldige!" Ich sagte, es sei schon ok. Aber er fragte ständig. "Echt alles ok? Hab ich dir nicht wehgetan?" Nach einer Weile ging mir das wirklich auf die Nerven. Er fragte auch ständig nach, warum ich 2 Wochen lang fehlte. Ich sagte ihm, dass ich krank war, was ja auch einigermaßen stimmte. Ich war immernoch einwenig benebelt und bekam manchmal nicht mit, wenn ich angesprochen wurde, weil ich in Gedanken versunken war. Im Allgemeinen behandelten mich die Leute wie ein rohes Ei. Ganz vorsichtig. Bloß nichts kaputt machen. Sogar der Obermacker Antonio ließ mich in Ruhe.
In Deutsch hatten wir das Thema Analysieren eines Gedichtes. 'An meine Mutter' hieß es. Ich las es mir durch und stellte fest, dass es gut geschrieben war. Ich überlegte auch schon, was ich in die Analyse schreiben könnte. Als mich plötzlich Mrs Lux aufforderte, das Gedicht vorzulesen. Ich räusperte mich kurz, mir war es etwas unangenehm vor der Klasse zu lesen, aber im allgemeinen hatte ich kein Problem damit. Als ich gerade den Mund aufmachen wollte, um zu beginnen, hörte ich Lewis hinter mir sprechen. "Vielleicht sollte sie lieber nicht vorlesen." ich hörte stolz in seiner Stimme, als ob er es ganz toll gefunden hätte, das gesagt zu haben. Zuerst verstand ich nicht ganz, warum. Dann sagte Mrs Lux ganz vorsichtig: "Ja. Also wenn du das nicht willst .. du kannst es auch lassen." Ich schaute sie verständnislos an. Dann kapierte ich. Das Gedicht 'An meine Mutter'. Meine Mutter war tot. Hatte meine Tante es etwa der Klassenlehrerin gesagt ?! Und die hat es auchnoch der Klasse erzählt ?! Jetzt wurde ich wütend. "Was?! Wisst ihr alle bescheid?!" Ich musste mich wie eine Psychopatin angehört haben, aber das war mir egal. Meine Klasse starrte mich an. "Nunja, deine Tante hat .. es .. mir erzählt und meinte ich solle doch die Klasse aufklären, damit alle rücksichtsvoll mit dir umgehen." versuchte sie mir schonend zu erklären. "Jetzt ist alles klar.." murmelte ich. Mrs Lux schaute mich fragend an. Ich wurde lauter "Und wie kommt ihr dadrauf, dass es mich auf irgendeine Weise tröstet, wenn ihr mich behandelt, wie ein rohes Ei?! Das hilft nicht. Kein Stück! Ihr hättet über mich lästern sollen, oder mir Mutproben stellen sollen, wie es mit normalen Menschen gemacht wird! Ihr solltet mich nicht so schonen! " Ich wusste nicht, ob sie irgendeinen Sinn in dem fanden, was ich gesagt hatte, aber ich hatte gesagt, was mir im Kopf rumschwirrte. Und somit stürmte ich wütend aus der Klasse. Ich lief den Flur entlang, bog links ab und dann die Treppe runter. Einmal durch die Glastür und dann war ich draußen. Ich setzte mich auf die kalten Stufen und fing leise an zu weinen.

Antonio:
Ich sprach sie den ganzen Tag nicht mehr an, weil ich irgendwie das Gefühl hatte, jedes falsche Wort könnte sie zerbechen. Außerdem sah sie echt mies aus. Augenringe, die Haare etwas zerzaust und geschminkt war sie ja eh nie. Es gab schon ein paar hübschere Madchen in der Schule, aber die hatten alle ein paar kilo make up im Gesicht.
I Deutsch sollten wir den Sinn von Gedichten herausfinden, so ein dämliches Thema, woher soll ich wissen, was die Dichter sich dabei gedacht haben ?! Ich kann keine Gedanken lesen. Wir sollten das Gedicht 'An meine Mutter' erst einmal für uns selbst lesen, aber ich war zu faul. Nach ein paar Minuten, als alle fertig gelesen hatten, sollte es dann jemand laut vorlesen. Ich machte mich klein, damit sie nicht mich drannahm. Sie hatte mich auf dem Kicker, seit sie gemerkt hatte wie scheiße ich laß. Sie nahm nicht mich dran, sondern Stella. Dann sagte Lewis aber "Vielleicht sollte sie lieber nicht vorlesen." ich wusste erst nicht ganz was er meinte, aber ich kapierte es, als Mrs Lux sagte "Ja. Also wenn du das nicht willst .. du kannst es auch lassen." und ich fand, dass die Beiden gut gehandelt haben, denn vielleicht merkte Stella jetzt, dass sie der Klasse nicht egal war. Doch als sie antwortete klang sie alles andere als Dankbar - eher unglaublich wütend "Was?! Wisst ihr alle bescheid?!" sie klang noch nie so laut und lebhaft, das war fast gruselig. "Nunja, deine Tante hat .. es .. mir erzählt und meinte ich solle doch die Klasse aufklären, damit alle rücksichtsvoll mit dir umgehen." versuchte Mrs Lux ihr vorsichtig zu erklären. Alle starrten Stella an. Dann murmelte sie etwas, das ich nicht verstand, dann wurde sie lauter. "Und wie kommt ihr dadrauf, dass es mich auf irgendeine Weise tröstet, wenn ihr mich behandelt, wie ein rohes Ei?! Das hilft nicht. Kein Stück! Ihr hättet über mich lästern sollen, oder mir Mutproben stellen sollen, wie es mit normalen Menschen gemacht wird! Ihr solltet mich nicht so schonen! " Das war der längste Vortrag, den man je von ihr gehört hatte. Daraufhin stand sie ruckartig auf und rannte wütend aus der Klasse. Die Tür knallte laut und sie war weg. Die Klasse war still wie noch nie, keiner wagte es zu atmen. Als dann Mrs Lux die Stille brach. "Nun .. also.. schreibt bitte die Analyse ins Heft.." sie setzte sich an ihren Pult.

Stella:
Jetzt wo ich hier saß, vermisste ich Anna und Vanessa schrecklich. Sie wären mir sofort hinterher gerannt, auch wenn das Nachsitzen hieß. Ich vermisste alles an ihnen. Vanessas Blick, wenn sie wiedermal durchschaut hatte, was ich dachte. Und genau das Gleiche dachte. Ihre langen, dunklen leicht gelockten Haare, ihre Helle Haut, die klitzekleinen Sommersprossen, die sie selbst so hasste, die goldbraunen Augen (auf die ich immer furchtbar neidisch war) die von dichten, schwarzen Wimpern umrahmt wurden, die sie von ihrem spanischen Vater hatte und einfach ihre Art. Genau zu verstehen, was ich meinte, bevor ich überhaupt aussprach. Über alles, was auch ich lustig fand zu lachen. Ich vermisste unsere fast wöchentlichen Treffen bei denen wir uns irgendwelche Filme anschauten und soviel Süßes aßen, bis wir platzten. Und den Unsinn, den wir immer redeten. Wir waren Seelenverwandte. Und Annas laute Stimme, die einem immer in den Ohren hallte, ihre niedliche Lache, bei der einem das Herz weich wurde. Ihre unglaublich langen glatten Aschblonden Haare, die sie immer wieder schneiden wollte, die Mutter es aber nicht erlaubt hatte. Anna war eindeutig anders als wir. Wir liebten es zu lesen - sie liebte es Kugelschreiber auseinander zu bauen. Wir standen auf Südländer - sie auf weißbrote. Sie war generell einfach anders und das mischte uns nochmal ein wenig auf. Wie gerne hätte ich sie jetzt um mich rum. Meine beiden Mädels. Ich wischte mir die kleine träne aus dem augenwinkel. Der Schulhof war vollkommen leer, so still war es fast unheimlich. Sollte ich jetzt wieder zurück in die Klasse gehen? Das konnte ich nicht. Ich hatte mich total blamiert. Mist, wenn ich meine Schultasche mitgenommen hätte, könnte ich jetzt abhauen. Ich entschloss mich, in der nächsten Pause in die Klasse zu gehen und meine Tasche zu holen, um dann in die Stadt zu gehen. Ich musste weg von hier. Außerdem hatte ich noch etwas Geld dabei. Als es dann schließlich klingelte, stand ich auf und ging zurück in meine Klasse. Es waren noch ein paar Schüler drin, aber ich ignorierte sie und holte meine Tasche. Auf dem weg nach draußen begegnete mir Antonio und ich hoffte, dass er mich in Ruhe ließ, aber das war natürlich zu viel verlangt. Er schaute mich an. „Hey, wohin gehst du? Wir haben Mathe, wir müssen da hin.“ Sagte er und zeigte die Treppen hoch. Ich zuckte die Schultern und ging davon. „Ja, klar, schwänz doch einfach !“ rief er mir hinterher. Sicher werden sie meine Tante anrufen, aber vielleicht tu ich ihnen ja soo leid, dass sie es darauf belassen.

Antonio: Ich hatte natürlich keinen Bock darauf, die Analyse zu schreiben und saß einfach nur auf meinem Platz rum und zählte die Sekunden. „Ey, was haben wir gleich?“ fragte ich meinen Sitznachbarn. „Ehm, Mathe.“ Ich nickte. Na toll, Mathe war ja so was von mein mein Lieblingsfach - nicht! Als es dann endlich klingelte, stand ich sofort auf und ging raus, ich war der Erste, der den Klassenraum verließ, jedes mal. Im Flur traf ich Stella. Sie hatte wohl geweint, ihre Augen waren gerötet. „ Hey, wohin gehst du? Wir haben Mathe, wir müssen da hin.“ Informierte ich sie und zeigte die Treppen hoch. Sie zuckte nur mit den Schultern, drehte sich um und ging. Ich wollte noch etwas sagen, wusste aber nicht was, also rief ich Idiot ihr hinterher. „Ja, klar, schwänz doch einfach !“ Meine Güte, wieso zum Teufel hab ich sowas dummes gesagt, anstatt zu ihr zu gehen und sie NETT zu fragen wie es ihr denn geht, ob alles okay ist. Ich schüttelte den Kopf und ging in den Matheraum im obersten Stockwerk. Wo wollte Stella denn jetzt hin?

Stella:
Ich steckte mir die Kopfhörer meines Handys in die Ohren und drehte die Musik auf. Ich konnte meine Lieblingslieder leider nicht mehr hören, da sie mich an meine Vergangenheit erinnerten und ich sofort anfing zu heulen. Seitdem ist Linkin Park meine neue Lieblingsband. Damals waren mir die lauten Schreie in den Songs immer zu krass, aber jetzt waren sie mir sehr willkommen. Wenn ich schon nicht schreien konnte, sollten sie es doch tun. Ich steuerte auf irgendeinen Drogeriemarkt zu, ohne wirklich vor zu haben mir etwas zu kaufen. Als ich an der Make-up Abteilung vorbei ging, sah mich mein Gesicht im kleinen Spiegel an. Mein trauriges, kaputtes Gesicht. Ich hatte aufgehört mir Wimperntusche drauf zu tun. Damals hatte ich es immer gemacht, weil ich auch so hübsch lange Wimpern wie Vanessa haben wollte, aber jetzt war mir das herzlich egal. Meine braunen Knopfaugen waren dadurch sogar noch auffälliger, da keine Wimpern ablenken konnten. Annas Augen waren Grün, ein schönes tiefes Grün in denen man immer ihre Gefühle sehen konnte. Meine Augen waren zu dunkel, man konnte nur ein dunkles nichts sehen, nicht tief in die Augen schauen. Die Augen sind der Spiegel zur Seele. War meine Seele so dunkel? Sie fühlte sich so an. Ich seufzte und ging weiter zu den Geräten, wo man die Fotos ausdrucken konnte. Eine alte Frau tat sich schwer mit dem Gerät. Ich erinnerte mich an die Fotos, die Anna, Vanessa und ich zusammen im Winter auf der schneebedeckten Wiese gemacht hatten. Anna, kniend im Schnee, ihre weißen Zähne leuchteten. Vanessa hinter ihr, lachend mit Schneeflocken im Haar. Dann noch ein Bild Vanessa und ich, wie wir Rücken an Rücken auf einem Stein sitzen und grinsen. Ich hatte nicht gemerkt, dass ich mitten im Weg stehen geblieben war und wurde von einem Mann sanft zur Seite geschoben. Musste mich denn jede kleine Einzelheit an die Vergangenheit erinnern? Konnte ich nicht einfach von vorne anfangen? Nein, die Vergangenheit bleib immer hinter mir. Egal was passiert, meine Eltern werden für immer weg sein. Erst wenn ich sterbe, sehen wir uns wieder. Ich schnappte mir eine Packung Kaugummi und legte es auf das Band. "95 cent, bitte." Ich reichte der Kassiererin das Keingeld, wobei ich nicht darauf achtete, wie viel ich ihr überhaupt gegeben hatte. Ich bekam 80 cent zurück. Es war kalt draußen, ich murmelte mein Gesicht in meinem Schal ein. Na toll, was sollte ich denn die nächsten zwei Stunden machen? Nach Hause wollte ich nicht, weil .. nunja ich wollte einfach nicht. Und da ich keinen anderen Ort wusste, ging ich zum Busbahnhof.

Antonio:
Diesmal war ich in Mathe richtig gut, ich konnte mich 5 mal melden und hab das Thema verstanden. Aber mir war klar, dass das nur der Anfang war, ich musste mich bessern. Ich wollte nicht unter der Brücke enden. "Achja, ihr habt heute nur 4 Stunden, die nächsten beiden Stunden fallen aus." kaum hatte Herr Tülls den Satz ausgesprochen, jubelte die Klasse. Die Stunde war fast zuende und alle begannen die Sachen einzupacken. Ich war wie immer als erster an der Tür. Joey und ich unterhielten uns bis es schließlich endlich klingelte und wir aus dem Knast raus durften. Es war ziemlich frisch und ich zog den Reißverschluss meiner Jacke zu. Joey steuerte auf die Raucherecke der Schule zu und verabschiedete sich von mir. Ich ging nie mit ihm und den Anderen in die Raucherecke. Ich fand, im Gegensatz zu den Anderen, Rauchen total ekelhaft. Wollte es nichtmals probieren. Die Tatsache sich aus einem komischen Ding Giftigen Rauch in seine Lunge zu ziehen, völlig freiwillig, fand ich echt abartig. Ich hatte nichts gegen die Leute, die es getan hatten, aber für mich kam das nicht in Frage. Auf dem Weg zum Busbahnhof begegnete mir meine Exfreundin. Sie war meine einzige Freundin gewesen, ich war nichtmal wirklich verknallt. Wollte halt wissen, wie es ist eine Freundin zu haben. Ist eigentlich ziemlich langweilig, außer das Knutschen. Wir nickten uns zu und gingen aneinander vorbei. Als ich gerade zu meiner Bushaltestelle gehen wollte, sah ich an der Anderen Stella stehen. Ich atmete tief ein. So eine gute Gelegenheit zum Reden habe ich nicht oft. Jetzt oder nie. Sie sah, dass ich auf sie zuging. Sie schloss kurz die Augen, atmete tief ein und öffnete wieder ihre Augen. Jetzt stand ich vor ihr und konnte ihr in ihre süßen Schockodrops Augen schauen. Sie zog ihre Augenbrauen hoch. "Ehm. Hi.." sagte ich, meine Stimme klang alles andere als cool. Sie lächelte- kein echtes lächeln, nur dieses eine, wenn man freundlich sein will. "Du hast Mathe verpasst. Wir haben ein neues Thema angefangen." Mir kam wirklich kein anderes Thema über das ich mit ihr sprechen konnte in den Sinn, außer Schule. Sie verzog ihre Unterlippe. "Ist schon okay. Ich habe sowieso zu viel verpasst.." ihre Stimme war so süß, ganz weich. "Naja, stimmt. ", irgendwie wurde ich nervös, ich war nie nervös in der Nähe eines Mädchens! "Du, ich soll mich im Namen von Lewis bei dir entschuldigen. Er wollte nicht .. du weißt schon." Das hatte ich mir ausgedacht. Ich wusste er würde sich nicht bei ihr entschuldigen, also wollte ich es wenigstens tun. Sie lächelte wieder dieses unechte Lächeln "Und mir tuts Leid, dass ich so reagiert hab. Es ist ..", sie atmete tief ein, ihre Stimme wurde zittriger , "schwer. Echt schwer." beendete sie den Satz. Plötzlich hatte ich das dringende Bedürfnis sie zum Lachen zu bringen, wenigstens zum Lächeln. So wie es Jimmy geschafft hatte. Ich wollte sehen, wie sie wirklich war, nicht dieses traurige Stückchen vor mir. Ich merkte, dass ich sie eine Zeit lang nur ansah und nichts sagte. Ich bemerkte noch einige Dinge an ihrem Gesicht, die ich hübsch fand. Sie hatte zwar nicht sehr lange Wimpern, aber sie waren dunkel und dicht. Ihre Augenbrauen waren leicht geschwungen. Ihre Nase war klein und gerade, der Mund war etwas breiter als ihre Nase. Und ihre Lippen waren schmal, aber voll. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ihre Oberlippe größer war, oder ihre Untelippe. Ich wunderte mich schließlich, dass sie es nicht unangenehm fand, wie ich sie ansah. Denn schließlich hatte ich soeben ausgiebig ihre Lippen betrachtet. Was dachte dieses Mädchen? Dann lächelte sie, ein echtes Lächeln und mein Herz schlug schneller.

Stella:
Ich stand ungefähr 20 Minuten an der Bushaltestelle, bis dann die anderen Schüler kamen, die schluss hatten. Ich wunderte mich, als ich einige Mädchen aus meiner Klasse sah schwänzten sie? Vielleicht hatten sie auch freit bekommen. Als ich die Leute so betrachtete, sah ich Antonio, wie er geradewegs auf mich zukam. Hatte ich Lust mit ihm zu reden? Nicht wirklich. Aber ich atmete tief ein und überredete mich selbst dazu, mal etwas netter zu sein. Schließlich hatte er mir nie wirklich etwas getan. Und schon stand er vor mir. "Ehm. Hi.." sagte er und seine Stimme klang so normal und schüchtern, dass ich ihn schon viel sympathischer fand. Ich lächelte nur, hatte angst, dass meine Stimme weg war und räusperte mich leise. Er schaute kurz auf den Boden und dann wieder in meine Augen "Du hast Mathe verpasst. Wir haben ein neues Thema angefangen." sagte er, sichtlich nervös. Weshalb auch immer er nervös war. "Ist schon okay. Ich habe sowieso zu viel verpasst.." das stimmte schon. Außerdem bekomme ich auch so kaum was mit, ich bin mit meinen Gedanken ständig woanders. Seine Augen blitzen auf "Naja, stimmt. ", sagte er mit seiner angenehmen Stimme. Wenn er so redete, hörte er sich gar nicht mehr so Obermackerhaft an. "Du, ich soll mich im Namen von Lewis bei dir entschuldigen. Er wollte nicht .. du weißt schon." Er schlug seine braunen Augen nieder. Ich seufzte. Das war nett von ihm. Von Antonio, meinte ich. Ich war mir ziemlich sicher, dass Lewis sich nicht entschuldigen wollte. Ich überwand mich, etwas mehr zu sprechen und zu lächeln. "Und mir tuts Leid, dass ich so reagiert hab. Es ist ..", ich musste kurz einatmen, meine Stimme brach, "schwer. Echt schwer." und ebenso schwer war es, darüber zu reden. Plötzlich änderte sich sein Blick. Er schaute mich so intensiv und genau an, dass es mir eigentlich unangenehm sein müsste, doch ich fand seinen Blick faszinierend. Er verzog traurig seine Augenbrauen und ich fragte mich, warum. Zum ersten Mal schaute ich ihn mir genauer an und verstand, warum so viele Mädchen hinter ihm her waren. Ich fand ihn schon so gut aussehend, aber jetzt konnte ich ihn von nahem betrachten. Er hatte große Augen, größere als meine, aber sie waren genauso dunkel. In seinen Augen konnte ich seine Seele ebenfals nicht sehen, genauso wie es bei mir war. Doch mich frustrierte das nicht, ich fand es eher interessant. Seine Augen glänzten und schauten direkt in meine. Er hatte lange, volle Wimpern, fast schon schöner als Vanessas. Seine Nase war schmal und nicht sehr groß, aber noch groß genug, um seinem Gesicht etwas Männliches zu geben. Seine Lippen waren hübsch definiert und größer als meine. Seine Unterlippe stand weiter hervor als seine Oberippe. Seine Kieferknochen waren recht makant und sein Kinn war spitz, was ihm dieses selbstbewusste Aussehen gab. Seine Haare waren dunkelbraun, fast schwarz. Und seine Haut war auch dunkler als die meisten. Insgesamt sah er einfach besser aus, als jeder andere den ich jemals gesehen habe. Er schaute nun nicht mehr in meine Augen, sondern auf meinen Mund. Ich musste lächeln, aus welchem Grund auch immer. Auch er lächelte und sah so freundlich und gut aus, dass ich schon vergaß, was er doch für ein Macho war. Da bemerkte ich einen Jungen aus unserer Klasse hinter ihm, dessen Namen ich ständig vergessen hatte. Er stand hinter Antonio und legte seinen Zeigefinger auf seinen Mund. Antonio bemerkte ihn nicht, bis er sich auf seine Schultern stützte und ihn erschrack. "Oh, Pierre! Du hast mich voll erschrocken, du Pfosten." und schon war er wieder der Alte, seine Stimme hatte wieder diesen harten und coolen Ton, sein Blick ebenfalls. Und prompt fühlte ich mich wieder unwohl und wollte, dass er wegging. "Das war ja auch meine Absicht. Und.. " er schaute zu mir und wieder zu Antonio,"was.. macht ihr so?" Antonio sah mich an, hin und her gerissen entweder das richtige, oder das 'Coole' zu sagen. Er entschied sich für das Zweite. "Ich red nur ein bisschen mit der Puppe." Puppe?! Sein Ernst? Ich verzog mein Gesicht, drehte mich um und ging ans andere Ende der Bushaltestelle, ohne mich auch nocheinmal nach ihnen umzudrehen. Als der Bus endlich kam, waren Antonio und Pierre nicht mehr zu sehen.
Antonio:
Und mein schneller Herzschlag wurde verstärkt, als Pierre mich von hinten ansprang und mich erschreckt hatte. Pierre hatte mich wieder zurück auf den Boden gebracht und ich war wieder sicherer, nicht mehr so nervös. Als ich ihm sagte, wie sehr er mich erschrocken hatte, war meine Stimme endlich wieder so, wie sie ein sollte. Cool. "Und .. was macht ihr so?" mir fiel natürlich sein Blick zwischen Stella und mir auf. Ich sprach, ohne nachzudenken und bereute, was dabei rauskam. "Ich red nur ein bisschen mit der Puppe." Als ich mich zu ihr drehen wollte, war sie gerade dabei zur anderen Seite der Haltestelle zu gehen. Ich wollte schon hinterher, aber Pierre laberte mich bereits voll. Ich hätte doch wissen müssen, dass Stella nicht so wie die anderen Mädchen reagieren würde. Ich konnte mich noch dran erinnern, als ich meine Exfreundin 'Puppe' genannt hatte. Sie sah es als Kompliment und fand, es sei ein süßer Spitzname. Als ich so nachdachte, konnte ich plötzlich nicht mehr verstehen, was ich an ihr so hübsch fand. Sie war groß und dünn, ja. Aber auch etwas zu dünn. Außerdem hatte sie blondgefärbte Haare, die ziemlich kaputt aussahen und sehr dünn und strähnig waren. An ihre Augenfarbe konnte ich mich gar nicht erinnern, was hieß, dass sie keine besondere Farbe hatten. Ihre Nase war dick und ihr Mund dagegen viel zu schmal. Sie klatschte sich mit make up zu. Pierre merkte, dass ich ihm nicht zuhörte und hielt einfach die Klappe. Das mochte ich an ihm, er zwang andere nicht dazu, ihm zu zuhören. Also dachte ich an die anderen Mädchen, die ich vorher hübsch fand. Da war Elisa, aus der Parallelklasse. Sie hatte hellbraunes Haar, ebenfalls gefärbt. Sie hatte immer so verklebte Wimpern. Ihre Augen waren hellbraun, wie die Farbe von Matsch. Hm, ich konnte gar nicht verstehen, wieso ich diese Mädchen so hübsch fand. Jetzt, wo ich Stellas natürliche Schönheit gesehen hatte, war ich überzeugt davon, sie sei das hübscheste Mädchen der Schule. Das fand ich wirklich. Pierre sah, dass unser Bus kam und wir gingen schnell zu unserer Station, um ihn noch zu bekommen. Im Bus war es so stickig warm, dass ich das hintere Fenster auf Kipp stellte, aber die Anderen im Bus jammerten rum, dass es doch zu kalt sei. Ich schloss es wieder. Zu Hause saß Dad vor dem Pc und recherchierte etwas für seine Büroarbeit. Ich klopfte ihm auf die Schultern. "Na, was gibts zu futtern?" fragte ich, während ich meinen Ranzen auf den Boden stellte. "Gullasch." sagte er, konzentriert in den Text, den er las. Ich nahm mir einen Teller und verschlang es, wobei ich an Stellas Schockodropsaugen dachte.
Stella:
Zu Hause setzte ich mich als Erstes an die Hausaufgaben, dann fiel mir ein, dass ich ja noch etwas zu Mittag essen sollte. Meine Tante war noch krank und schlafend in ihrem Bett, also machte ich mir ein Butterbrot und knabberte daran rum. Wir hatten nicht viele Hausaufgaben, so konnte ich den Rest des Tages mit Lesen und Fernsehn verbringen.
Am nächsten Morgen war ich so furchtbar müde, dass ich fast den Bus verschlafen hatte. Ich machte mich fertig und schaffte es gerade noch mir einen Zopf zu machen, als ich auch schon loslaufen musste. Ich hoffte wirklich, dass meine Klasse mich heute in Ruhe lassen würde und tatsächlich, als ich in die Klasse kam, sprach mich niemand an. Sie glotzten nur. Ich lies meine Schultasche auf den Boden fallen und setzte mich auf meinen Platz. Steve, der Junge neben mir rückte ein Stück weiter, wie er es immer tat. Ich seufzte, nahm die Bücher und meine Hefte raus und legte sie ordentlich aufeinander. Dann nahm ich ein paar Stifte und baute mit ihnen einen kleinen Turm auf den Heften. Als ich gerade die Spitze mit einem Radiergummi krönen wollte, stieß jemand an meinen Tisch und alles brach ineinander zusammen, die Stifte landeten auf dem Boden. "Hey!" sagte ich etwas zu laut. Vor mir stand Antonio- natürlich. Er grinste mich vermirzt an. "Upps, das wollte ich nicht." er bückte sich um die Stifte aufzuheben, ich dachte nicht dran, dasselbe zu tun. Er legte sie auf meinen Tisch und schaute mich kurz an. Plötzlich, im vorbei gehen, tätschelte- oder eher- streichelte er meinen Kopf und ich zuckte instinktiv zusammen. Dann musste ich deswegen kopfschüttelnd über mich selbst lachen. Die Schulstunde bekam ich halbwegs mit, konnte mich auch einmal melden, aber nicht ohne knallrot zu werden. In der ersten großen Pause wartete ich auf Jimmy, er kam mit einem Donut in der Hand zu mir. "Hey, du." begrüßte ich ihn. "Hier, willst du?" er hielt mir die Hälfte des klebrigen Donuts hin. Ich zögerte, nahm dann aber doch das Stück. Es war so süß, ich hatte schon lange nichts Süßes mehr gegessen. Als er sah, wie hungrig ich es verschlang, reichte er mir auchnoch die andere Hälfte, aber ich lehnte ab. "Und, was gibt es neues?" fragte ich ihn, nachdem er aufgegessen hatte. Er zuckte mit den Schultern und verzog den Mund. "Ach, die Jungs hier sind echt blöd." ich zog die Augenbrauen zusammen. "Grundsätzlich schon, aber warum genau?" er schaute auf den Boden, es war ihm unangenehm darüber zu sprechen. "Naja, sie sind ganz schon gemein zu mir .. beleidigen mich." "Was können sie denn bitte an dir beleidigen?" fragte ich rhetorisch. Er schnaubte. "Die finden doch immer was. Ich bin ein Loser, Streber, Vollidiot.. was keinen Sinn ergibt, wie kann ich ein Streber und ein Idiot sein? .." er schüttelte den Kopf, "Das ist echt .. mies." ich verdrehte wütend die Augen. "Solche Menschen regen mich so auf. Sind selbst dumm wie Stroh, aber glauben über andere urteilen zu können. Du bist der netteste, sympathischste Junge der ganzen Schule, das ist mein Ernst. Ich rede mit niemanden so gerne, wie mit dir. Du bist nicht hinter jedem Mädchen hinterher und bist zu niemandem gemein. Diese Jungs sind warscheinlich nur verwirrt darüber, dass du nicht genauso bist, wie sie. Und das mag ich an dir. Und irgendwann, wenn diese Jungs alleine, ohne Familie leben, gehst du mit deiner Familie lachend an ihnen vorbei." ich glaubte, das war das Längste, was Jimmy bis jetzt von mir gehört hatte. Er schaute mich mit glänzenden Augen an und umarmte mich plötzlich. Da kam mir ein übler Gedanke. Oh nein, was ist, wenn er denkt ich würde ihn auf diese Art und Weise mögen? Was ist, wenn er sich in mich verlieben würde? Schließlich was ich das einzige Mädchen, dass nett zu ihm war. Aber das war wohl kein Standpunkt sich in jemanden zu verlieben. Also erwiderte ich die Umarmung. "Danke, Stella. Das ist so lieb, das habe ich echt gebraucht." er strahlte mich an, hinter seinem Blick immernoch traurig über die Hänselei. "Keine Ursache."
Antonio:
Auf dem Weg zur Schule rief mich Joey auf dem Handy an. "Hallo?" "Ey, Bruder! Dieses miese Arschloch hat mein Geld geklaut! Er hat es einfach geklaut! Ich war gerade noch bei ihm, mit dem Geld, jetzt ist es weg! Ich mach den Typen fertig! Ich wollte zu ihm, als ich gemerkt hab, dass die Kohle weg ist, aber er ist abgehauen!" er war völlig außer Atem. Ich wusste sofort, wen er meinte. Yannik. Er war damals sein bester Freund, bis er angefangen hatte, Leute zu beklauen und zu Saufen wie am Spieß. Joey besuchte ihn manchmal trotzdem, weil er hoffte, er könnte ihn davon überzeugen mit dem Schwachsinn aufzuhören. Auch ich kannte ihn gut, er war damals echt cool drauf. "Oh scheiße, man. Wie viel war es?" fragte ich fassungslos. "250¤!" seufzte er. "Was? Wieso läufst du denn mit so viel Geld rum??" ich schüttelte den Kopf. "Ich wollte doch in die Stadt fahren und ein bisschen was einkaufen." "Na geil. Und was willst du jetzt machen?" "Na, er ist höchstwarscheinlich bei seinem Bruder, in der Stadt. Ich fahr hin." er klang überzeugt. "Nein, lass das mal. Lass uns nächste Woche zusammen dorthin fahren, wenn er bis dahin denn noch nicht wider zu Hause war. Ich helfe dir." Das war mir nämlich nicht geheuer, dass er alleine dorthin fuhr. Yannik konnte ziemlich agressiv werden. Eine kurze Zeit lang kam nichts, doch dann hörte ich ihn seufzen. "Na gut. Hast wohl recht. Du bist der Gute bei uns beiden, eindeutig." er lachte leicht auf, immernoch wütend wegen dem Geld. "Haha, klar. Und komm gefälligst in die Schule, du bist so schon schlecht genug. Ist ja wohl nix dabei wenigstens anwesend zu sein." Manchmal kam ich mir vor, wie sein großer Bruder, obwohl er zwei Monate älter war als ich. "Jaja, ich komm ja." Ich legte auf und ging ins Schulgebäude, den Knast. Als ich in den stickigen Klassenraum kam, sah ich Stella auf den ersten Blick. Sie war gerade dabei eine Burg aus Stiften zu bauen. Ich fands cool, dass sie nicht mehr starr, wie eine Statur dasaß. Sie trug heute einen Zopf, was ihre schöne Gesichtsform mehr betonte. Ich wollte einen Grund haben, mit ihr zu reden. Beim vorbeigehen stieß ich also 'ausversehen' ihre Burg um und alles landete auf dem Boden. "Hey!" sagte sie mit starker Stimme, die ich gar nicht gewohnt war. Ich lächelte unschuldig, "Upps, das wollte ich nicht.", und bückte mich, um die Stifte wieder aufzuheben und sie ihr auf den Tisch zu legen. Ihre Haare glänzten im Licht und ich wollte so gerne wissen, ob sie so weich waren, wie sie aussahen. Also streckte ich meine Hand aus und streichelte ihr kurz über den Kopf, während ich an ihr vorbei ging. Sie waren tatsächlich weich. Sie zuckte zusammen und ich musste mir ein grinsen verkneifen. Als ich mich setzte und zu ihr schaute, sah ich, dass auch sie lachte. Wieder schlug mein Herz schneller. Ein paar Mädchen aus der Klasse sahen mich verstört an. Joey kam fast am Ende der Stunde erst an, mit der Ausrede, er hätte verschlafen. In der Pause diskutierten wir über den Vorfall mit dem Geld. "Ey, das war mein ganzes erspartes Taschengeld! Weißt du, wie lange ich gebraucht habe, das zusammen zu bekommen?!" er war so wütend, er ballte seine Faust. Ich konnte ihm ansehen, das er am Liebsten auf etwas einprügeln wollte. "Das ist echt krass, das hätte ich nicht mal von ihm gedacht." sagte ich. "Es ist ja nicht nur das Geld an sich. Ich mein', das war mal mein bester Freund, damals, als wir beide noch nicht so dicke waren. Das er mich einfach beklaut, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich bin voll entteuscht, man." wir schüttelten beide den Kopf. "Naja, nächste Woche fahren wir hin und regeln das irgendwie. Vielleicht auch mit dem Bruder." Wir beließen es dabei und ich schaute auf die Mauer, wo Stella und Jimmy sich unterhielten. Sie sah irgendwie wütend aus, aber das sah so süß aus. Wie ein wütendes Kätzchen. Aufeinmal kam dieser Jimmy ihr näher und drückte sie an sich. Was?! Mein Kopf brannte vor Wut, wurde plötzlich knallrot. Was zum Teufel ..? Sie legte scheu ihre Arme um ihn. Jetzt ballte ich meine Fäuste. Er lies sie zum Glück schnell wieder los, wenn das so weiterging wäre ich vielleicht noch dazwischengegangen. Meine Lippe zuckte, so wütend war ich. Was war das denn bitte für ein bescheuertes Gefühl? Ich dachte an alle möglichen Gefühle, aber musste mir am Ende doch eingestehen, dass es Eifersucht war.
Nach der Schule verabschiedete ich mich von Joey und war auf dem Weg zum Busbahnhof. Im Fenster des Gebeudes vor mir konnte ich sehen, dass Stella etwas weiter hinter mir herging. Ich ging langsamer. Bald war sie direkt neben mir. Ich lächelte sie an, mit dem coolsten Lächeln, das ich drauf hatte. "Na." sie lächelte zurück. "Können wir zusammen zum Bahnhof?" fragte ich, versuchte meine Stimme ebenfalls cool klingen zu lassen. Sie zögerte, was mich nervös machte, sagte aber schließlich, es sei okay. Und jetzt musste mir nur noch ein richtiges Thema einfallen, doch bevor mir etwas in den Sinn kam, sagte sie etwas. "Du hast meinen Turm zerstört. Es hätte ein Kunstwerk werden können." sagte sie, leicht lächelnd. Ich lachte, "Ja, damit hättest du nen' Preis gewonnen, bestimmt." "Das hört sich ziemlich sarkastisch an." ihre Augen blitzten meine an. "Das war ja auch sarkastisch." sagte ich mit ernstem Blick. Sie lachte und ich bekam Gänsehaut. Junge, was ist mit dir los?! Reiß dich gefälligst zusammen, das ist nur ein Lachen! Ermahnte ich mich selbst. Ich wusste nichts mehr zu sagen und sie anscheinend auch nicht, also gingen wir schweigend nebeneinander her. Es war aber nicht unangenehm. Mein Bus war schon an der Haltestelle und ich musste rennen, um ihn zu bekommen. Aber zuerst drehte ich mich zu Stella und streichelte wieder über ihren Kopf, ganz sanft, wären ihre Haare offen, hätte ich durchgewuschelt, aber ich wollte ja nicht ihren Zopf ruinieren.
Stella:
Ich fands schade, dass Jimmy nicht zum Bahnhof musste, sonst hätten wir zusammen gehen können. Aber stattdessen musste ich alleine gehen. Ein paar Meter vor mir ging Antonio her. Ich musste wohl oder übel an ihm vorbei gehen. "Na." Er lächelte mich machohaft und eingebildet an. Ich lächelte so überzeugend wie möglich zurück. Seine Stimme war wieder genauso, wie ich sie nicht leiden konnte. So herablassend. "Können wir zusammen zum Bahnhof?" Hm, ich wollte nicht alleine zum Bahnhof gehen, außerdem würde ich schon gerne mit ihm reden, jetzt wo keine Freunde in der Nähe waren, die er ja unbedingt beeindrucken musste. "Okay." Wir schwiegen eine kurze Zeit, er schien an etwas zu denken. "Du hast meinen Turm zerstört. Es hätte ein Kunstwerk werden können." Ich wollte etwas ganz beiläufiges sagen, nichts unangenehmes, das vielleicht peinlich werden könnte. Es funktionierte, er lachte. "Ja, damit hättest du nen' Preis gewonnen, bestimmt." Und plötzlich war seine Stimme wieder völlig normal, freundlich. Wieso versuchte er ständig so eingebildet zu klingen? Wie konnte das jemanden gefallen? Er kniff beim Lachen leicht seine großen Augen zusammen. "Das hört sich ziemlich sarkastisch an." sagte ich scharf, wunderte mich selbst, wie wohl ich mich gerade fühlte. Sein Blick wurde ernst, sodass ich mich erst fragte, ob etwas nicht stimmte. "Das war ja auch sarkastisch." sagte er mit genauso ernster Stimme. Ich musste lachen, es war wieder so ein seltsames Lachen, das sich warm in meiner Brust anfühlte. Er schaute mich lächelnd an, ein richtig niedliches Lächeln, bis wir dann weiter zum Bahnhof gingen. Als wir fast ankamen, sahen wir seinen Bus bereits an der Bushaltestelle stehen. Er drehte sich zu mir und streichelte mir erneut über den Kopf, um dann zum Bus zu rennen. Ich musste grinsen. Es sah gut aus, wie er lief - Sportlich. Nicht so tollpatschig und peinlich wie ich lief.
Die nächsten drei Tage verliefen ziemlich langweilig, außer dem einen Moment, als ein paar Jungs aus der Paralellklasse recht krass auf Jimmy losgegangen sind. Mir war das recht egal, aber ich bin geblieben, um Stellas Reaktion zu sehen. Ich hatte erwartet, dass sie sich zurück hält, Jimmy sagt, dass er nicht drauf hören soll und sie ihn wegziehen würde. Ich dachte, sie würde sich mit ihm verziehen und die Jungs nur böse anschauen, aber da lag ich wohl falsch. Mehr als falsch. Ich ging gerade im Flur entlang, als ich draußen vor dem Eingang den kleinen Haufen mit den Jungs aus der Parallelklasse gesehen habe und vor ihnen Stella und Jimmy. "Na, du Flasche, hast du endlich mal jemanden kennengelernt, der bei deiner Fresse nicht sofort kotzen muss?" lachte einer, dessen Namen ich nicht kannte. "Is' klar, die hält es doch bestimmt keinen Tag mehr mit dem Versager aus. Ich wette der hat sie bezahlt oder so." erwiderte ein anderer Kerl. Ich hielt mich im Hintergrund und konnte Stella nur von hinten sehen. Wie gerne hätte ich ihr Gesicht gesehen. "'Ne kleine Nutte, meinst du? Haha, stell dir die beiden mal vor!" brüllte irgentein Vollidiot, dem ich am Liebsten eine Geschäuert hätte! Niemand spricht so von Stella! "Hey, verpiss dich doch nicht sofort du Lusche, zeig mal ein bisschen Rückrat, du scheiß Vollpfosten!" Okay, das wurde langsam krass, das ging zu weit. Jimmy und Stella versuchten vor ihnen weg zugehen, aber die Gruppe ging ihnen hinterher. Plötzlich lief einer der Typen auf Jimmy zu und gab ihm einen unsanften Schlag in den Nacken. Sein Kopf knickte leicht nach hinten und er hielt stöhnend seine Hand an seinen Nacken. Ich wollte gerade eingreifen und diese Idioten fertig machen, als ich Stellas Stimme hörte. Sie drehte sich um und rief "Hey!! Was soll der Mist, lasst uns gefälligst in Ruhe ihr niveaulosen Hirntoten!" Ein Kerl lachte, "Oh, sie kann sprechen. Vielleicht bringt sie ihm das mal bei, der Idiot kriegt ja nie seine Fresse auf. Zu dumm zum atmen, würde ich sagen." Stella konnte anscheinend nicht wiederstehen, sich zu wehren. "Gerade DU sagst, er sei ein Idiot? Wer geht denn bitte ohne Grund auf andere los? Hast du so ein trauriges Leben, dass du das der anderen Leute interessanter findest? Such dir ein Hobby, oder Freunde die wenigstens einen Gramm mehr Hirn als du haben!" Wow, das war schlagfertig. Ich erwischte mich selbst dabei, wie ich sie anstarrte. Die Jungs schienen nicht zu wissen, was sie sagen sollten, sie wollten nicht richtig nachgeben. Schließlich lachten sie nur und gingen dann fort. Ich war immernoch recht beeindruckt, auch wenn ich das nicht so gerne zugab. Es war wirklich überraschen, dass sie so selbstsicher und stark war. Eigentlich wollte ich zu ihr, aber sie nahm Jimmy an der Hand und zog ihn hinter sich her. Wieso durfte er ihre Hand halten und sie berühren und bei mir zuckte sie schon zusammen, wenn ich ihre Haare berührte?! Das fand ich ungerecht! Aber nichts konnte meine gute Laune vertreiben, denn es war Freitag und ich wollte heute mit Joey in die Stadt, wegen Yannik und dem Geld. Und nochetwas Gutes hatte die Sache. Um in die Stadt zu fahren, mussten wir mit Stellas Bus fahren, also konnte ich sie ohne Probleme beobachten. Ab und zu trafen sich unsere Blicke und sie schaute verlegen zu Boden, aber ich konnte meine Augen nicht von ihr lassen. Ich musste ihr vorkommen, wie ein Stalker. Dann, ungefähr 2 Stationen bevor Joey und ich aussteigen mussten, stieg sie aus. Täuschte ich mich, oder hatte sie mir zugelächelt? Ich konnte sehen, wo sie wohnte. Die Busstation war nicht weit weg von ihrem weiß-gräulichen Haus. Es war nicht besonders groß, sicher passend für vier Personen. Das musste cool sein, so einen kurzen Weg zu haben. Als der Bus ohne sie weiterfuhr, hatte ich irgentwie das Gefühl, als ob sie mich freigegeben hätte. Als ob ich in ihrem Bann gefangen wäre und jetzt wieder erlöst sei. Ich war verrückt geworden, eindeutig.
Stella:
Am Freitag musste ich mich morgens selbst überreden, nicht die Schule zu schwänzen. Ich war so furchtbar müde, dass ich beim Zähneputzen fast eingeschlafen wäre. Und wieder ein Morgen ohne Frühstück. Und Gestern hatte ich auch nichts zu Mittag gegessen. Ich musste mir langsam mal wirklich angewöhnen, mehr zu essen! Jimmy wartete vor dem Eingang auf mich. Er sah auch nicht gerade ausgeschlafen aus. Ich stellte mich vor ihn und wollte ihn gerade begrüßen, als ein Junge aus der anderen Klasse an ihm vorbei ging und ihm einen Klaps auf den Hinterkopf gab. "Na, du Opfer." Jimmy reagierte nicht. Ich verzog die Augenbrauen. "Was war das denn?" fragte ich, verwirrt darüber, dass Jimmy das so normal hinnahm. Er zuckte nur die Achseln. "Ist immer so." ich schüttelte den Kopf und wir gingen zusammen ins Gebäude. Wie immer fand ich es schade, dass wir nicht in der gleichen Klasse waren und den Unterricht alleine aushalten mussten. Als ich in der Pause bei ihm war, kamen plötzlich diese fiesen, ekelhaften Jungs aus Jimmys Klasse zu uns und fingen an, ihn zu beleidigen. Wir drehten uns mit dem Rücken zu ihnen. Ich versuchte sie nicht zu beachten, was mir sehr schwer fiel. "Na, du Flasche, hast du endlich mal jemanden kennengelernt, der bei deiner Fresse nicht sofort kotzen muss?" hörte ich einen Jungen sagen. "Is' klar, die hält es doch bestimmt keinen Tag mehr mit dem Versager aus. Ich wette der hat sie bezahlt oder so." Ich atmete tief ein, um ruhig zu bleiben."'Ne kleine Nutte, meinst du? Haha, stell dir die beiden mal vor!" hörte ich eine laute Stimme sagen. Er sprach so hohl und dumm, dass ich umso wütender wurde. Ich wollte mit Jimmy weiter gehen, aber sie blieben hinter uns. "Hey, verpiss dich doch nicht sofort du Lusche, zeig mal ein bisschen Rückgrat, du scheiß Vollpfosten!" Da hörte ich schnelle Schritte hinter uns und dann ein Klatschen. Jemand hatte Jimmy auf den Nacken geschlagen. Jetzt wurde ich richtig wütend. "Hey!! Was soll der Mist, lasst uns gefälligst in Ruhe ihr niveaulosen Hirntoten!" kam es aus mir raus. Meine Stimme war so stark, wie lange nicht mehr. Aber Angst machte ich ihnen natürlich nicht "Oh, sie kann sprechen. Vielleicht bringt sie ihm das mal bei, der Idiot kriegt ja nie seine Fresse auf. Zu dumm zum atmen, würde ich sagen." Verdammt, konnte er nicht seine Klappe halten?! Ich konnte mir die Antwort nicht verkneifen. "Gerade du sagst, er sei ein Idiot? Wer geht denn bitte ohne Grund auf andere los? Hast du so ein trauriges Leben, dass du das der anderen Leute interessanter findest? Such dir ein Hobby, oder Freunde die wenigstens einen Gramm mehr Hirn als du haben!" sprudelte es aus mir heraus. Ich hatte so eine Wut in mir, dass ich den Jungs am Liebsten nacheinander ins Gesicht geschlagen hätte, aber Gewalt ist ja keine Lösung. Schade manchmal. Die Jungs lachten und veschwanden schließlich. Ich seufzte erleichtert. Jimmy war ganz rot im Gesicht und ich konnte nicht verstehen, warum. Aus Wut? Oder war es ihm peinlich, dass ich ihn verteidigt hatte? Oder hatte er solche Nackenschmerzen wegen dem Schlag? Ich nahm ihn bei der Hand und ging mit ihm hinter die Schule, wo wir uns auf zwei von den drei Baumstümpfen setzen. Unsere Schultern berührten sich. "Ist alles okay? Hat er fest zugeschlagen?" Seine Augen waren glänzend. Er schüttelte den Kopf und schaute mir mit roten Wangen in die Augen. Er sah so niedlich aus. Er seufzte und murmelte etwas wie "Ich muss es ihr sagen" oder "Es wird Zeit es ihr zu sagen." Ich konnte es nicht verstehen. Da bekam ich wieder diese Angst. Was war, wenn er sich in mich verliebt hatte? Er schaute beschämt auf den Boden, auf meine Hand, auf seine Hand und schließlich wieder in meine Augen. "Stella, ich muss dir was sagen." Oh nein. Nein, Jimmy, tu uns das nicht an! Er lächelte verzweifelt. "Naja, ich MUSS nicht, aber ich denk das bin ich dir schuldig. Ich kann es vor dir nicht mehr Geheim halten." Ich musste kurz meine Augen schließen und tief einatmen. Aber dann öffnette ich sie schnell wieder, ich wollte keine falschen Signale geben. Meine Hände wurden ganz schwitzig. Wieso machte mir seine vermutliche Liebeserklärung solche Angst? Ich meine, er war ein netter Kerl und ich musste ihn doch nicht ebenfalls .. ehm .. lieb.. haben. "Na gut." sagte ich leise. Er atmete laut ein und sprach den Satz schnell und sicher aus. "Ich bin schwul." Meine Augen öffnetten sich. "Was?!" sagte ich. "Ich .. mag Jungs." er sprach langsam, als wäre ich nicht ganz bei Verstand. Seine Worte lösten so eine Erleichterung in mir aus, dass ich anfangen musste zu lachen. Wie konnte ich mir einbilden, dass er sich in mich verliebt hätte? Nur, weil ich nett zu ihm war? Jimmy schaute mich wütend an. "Lachst du mich gerade aus?!" mein Lachen verstummte sofort und ich hob abwehrend die Hände. "Nein, nein! Wirklich nicht. Ich bin grad nur so .. erleichtert." Sein Blick wandelte sich von wütend zu verwirrt. "Wieso das denn?" Ich suchte nach den richtigen Worten. Ihm zu sagen, dass ich nicht wollte, dass er sich in mich verliebte war vielleicht nicht so nett. "Naja, ich hatte irgentwie Angst, dass du .. Gefühle für mich entwickelst, die ich .. nicht erwiedern kann." ich betonte es so, wie es am wenigsten gemein klang. Plötzlich lachte er auf. Ich war schon etwas beleidigt, war es denn so absurd sich in mich zu verlieben? Ich versuchte mich zusammen zu reißen, mir war danach auf den Boden zu stampfen und ihm die Zunge zu zeigen. "Genau das war der Grund, warum ich es dir unbedingt sagen wollte!" gluckste er. Mein Hirn arbeitete wohl zu langsam. "Versteh ich nicht." "Na, ich dachte, dass du dich in mich verlieben würdest! Deswegen musste ich es dir dringend sagen, bevor das noch .. eskaliert." er lachte wieder und ich stimmte in das Lachen mit ein. Endlich war das geregelt! Mir fiel ein Stein vom Herzen und ihm ging es sicher genauso. Nach einer Weile schüttelte er den Kopf. "Man, bin ich erleichtert." Ich nickte. "Ja, das bin ich auch." Er lächelte mich an. Jetzt, wo ich wusste, dass keine Gefahr bestand, dass er sich für mich interessieren könnte, wollte ich ihn so gerne umarmen und ihn knuddeln, aber ich riss mich zusammen. "Wann hast du es herausgefunden?" fragte ich ihn. Er schaute nachdenklich in die Luft. "Hmm.. ich denke, dass wusste ich schon in der sechsten Klasse. Da fand ich einen Klassenkameraden ganz interessant, aber er ist leider umgezogen." "Oh." mehr konnte ich dazu nicht sagen. Schließlich konnte ich nicht anders, als mich an ihn zu drücken und ihm dabei durchs Haar zu wuscheln.
Antonio:
Joey und ich sprachen während der restlichen Busfahrt nicht miteinander, wir hörten Musik. Als wir dann ausstiegen, fragte ich ihn, was er denn genau vorhatte. "Na, wir gehen zu Yannik und seinem Bruder und holen mein Geld zurück." sagte er. "Das hört sich nicht sehr durchdacht an." er zuckte mit den Schultern. "Was soll man da groß nachdenken? Komm jetzt." er machte eine Handbewegung in richtung der Hochhäuser. Wieso waren Hochhäuser eigentlich immer so abgewrackt? So richtige Ghetto Gegende? Diese Hochhaussiedlung war jedenfalls eine. Es wirkte alles so seltsam grau und dreckig, als ob ich eine Staubschicht auf meinen Augen hätte. Sogar die wenigen Bäume und Büsche wirkten farblos. Joey war nicht sehr zielstrebig, er schaute hin und wieder unsicher umher. Nach einer Weile schien er zu verzweifeln. "Du hast keine Ahnung wo sein Haus ist, oder?" fragte ich ihn schließlich. Er lächelte mich verschmitzt an. "Naja, ich war schon länger nicht mehr hier.." ich verdrehte die Augen. "Dann denk nach, Junge." er schaute in eine ungemütlich wirkende Gasse und dann in eine andere. "Wie wärs, wenn du da lang gehst und ich da lang?" schlug er vor und zeigte in die Richtungen. "Toll, und was soll ich denen sagen, wenn ich die finde?" fragte ich. "Nee, du liest nur auf den Klingeln die Nachnamen und rufst mich dann, wenn du Yanniks gefunden hast." Ich seufzte. "Okay, von mir aus. Aber bleib in der Nähe!" forderte ich ihn auf. Er nickte, schlug in meine Hand ein und ging in die ungemütliche Gasse. Wow, wer wollte hier schon freiwillig wohnen? Alles war schmutzig und mit Graffiti beschmiert, aber nicht das coole Graffiti, sondern dieses möchtegern Geschmiere. An einer Wand stand 'scheiß Nazis', auf einer anderen 'Ausländer raus!'. Da sind sich aber welche einig. Ich stieg die 4 Stufen zum ersten Hochhaus hinauf und las die Nachnamen. Yanniks war nicht dabei. Das ging 4 Häuser so weiter, bis ich ihn dann erkannte. Ich ging auf den Weg zurück und schaute nach Joey. Er war nirgends zu sehen. Ich rief seinen Namen, aber nicht zu laut, das war mir nicht sehr angenehm in dieser Gegend. Er antwortete nicht, wir waren zu weit voneinander entfernt. Na schön, dann ging ich halt selbst zu ihm und holte sein Geld. Bevor ich auf die Klingel drücken wollte, drückte ich gegen die Tür und tatsächlich war sie offen. Sie war schwer und ich stöhnte leise. Oh, Gott, ein Aufzug. Ich glaubte, noch nie in einem Aufzug gewesen zu sein. Neben der Klingel standen die Stockwerke und der von Yannik, beziehungsweise von seinem Bruder, war der Fünfte. Ich drückte den gelblichen 'Aufzug kommt' Knopf und wartete, während ich mir den mit Edding beschmierten Flur anschaute. Dann kam der Aufzug und ich zog die schwere Tür auf um in den engen Aufzug zu gehen. Es stank nach Urin und kotze und ich hielt die Luft an. Ich drückte auf die 5 und der Fahrstuhl setzte sich in bewegung. Scheiße, hätte ich doch lieber auf Joey gewartet. Gerade als ich ankam, musste ich einatmen, hatte es gerade noch geschafft die Türe zu öffnen. Da spürte ich , dass mein Handy vibrierte. Joey hatte mir eine SMS geschrieben. 'Hast du ihn gefunden?' ich schrieb zurück 'Ja, bin vor seiner Tür. Du kannst am Bahnhof warten, ich hol dir dein Geld, okay? Ich mach das schon.' Ich wartete auf seine Antwort, es dauerte eine Weile. 'Hm, okay. Du wirst das warscheinlich besser hinkriegen als ich. Sei einfach ruhig und nett, wie immer du Bubi, dann bekommst du's bestimmt. Ich geh zum Bahnhof und warte. Wenn was ist, klingel mich an' Er meinte immer, ich sei ein Bubi und im Vergleich zu ihm stimmt es vielleicht. Aber auch ich war in einigen Schlägereien dabei und machte viel Mist, so ein Bubi war ich wiedermal auch nicht. Ich steckte das Handy zurück in die Hosentasche und atmete tief ein, bevor ich klingelte. Ich hörte ein poltern hinter der Tür, dann riss Yanniks Bruder-Kevin- sie auf. Er sah nicht aus, als wäre er ganz da. Seine Augen schafften es nicht, mein Gesicht im Fokus zu behalten. Aber er war noch genug da, um mich trotzdem zu erkennen. "Antonio, du Socke. Was machst du denn hier?" fragte er. Ich setze meine coole Miene auf und straffte meine Schultern. "Ist Yannik bei dir?" meine Stimme klang tief und sicher. Kevin nickte einmal und lies mich in die Wohnung. Ein langer Korridor führte in das einigermaßen große Wohnzimmer. Dort saß Yannik auf einem hellbraunen Ledersofa und trank aus einer Flasche. Keine Ahnung, was das für ein Zeug war. Er schien dichter zu sein als Kevin. "Ey, Yannik.", Kevin warf mit einer Taschentuchpackung nach ihm, "Du hast Besuch." Er schaute zu mir hoch, vollkommen benebelt. "Was willst du?" lallte er. "Ich bin hier, um Joeys 250¤ zurück zu holen." sagte ich sachlich. Er stand mit wackeligen Beinen auf. "Du kannst mich mal." "Yannik, bitte. Es ist sein Geld, du hast nicht das Recht es einfach zu nehmen." Mein Tonfall wurde einwenig agressiver, aber ich versuchte ruhig zu bleiben. "Fick dich." er zeigte mir den Mittelfinger. "Junge, gib mir einfach sein Geld zurück!" Er kam näher, sein Gesicht war wenige Zentimeter von meinem entfernt. "Verpiss dich, Wichser." sein Atem roch widerlich nach Alkohol und brannte mir in der Nase. "Gib mir das Geld, verdammte Scheiße!" rief ich und anstatt einer Antwort, holte Yannik aus und schlug mir mitten auf die Nase. Ich stöhnte auf und meine Augen tränten, aber es blutete nichts. "Was soll das?!" schrie ich. Er nickte Kevin zu und plötzlich kam er zu mir um ebenfalls auszuholen, aber ich schaffte es gerade noch rechtzeitig mich zu ducken. Weil er so wackelig auf den Beinen war, drehte er sich um sich selbst und mir blieb genung Zeit, um zurück in den Korridor zu fliehen. Yannik kam mir hinterher geschwankt und war gar nicht mal zu langsam. Er schlug mir auf den Hinterkopf und ich drehte mich reflexartig zu ihm, um ihm eine zu verpassen. Er stöhnte auf. "Ich mach dich fertig! Kevin, hilf mir!" Kevin stand sofort hinter Yannik und die beiden folgten mir. Der Korridor kam mir jetzt so furchtbar lang vor. Ich wurde an die Wand geschubst und plötzlich stand Yannik vor mir und Kevin hinter mir. SCHEIßE! dachte ich. Yannik schlug mir wieder mit der Faust ins Gesicht und von hinten bekam ich einen Schlag auf die Ohren und einen Tritt in den Rücken. Ich sackte fast nach hinten, aber konnt noch das Gleichgewcht halten. Es wurde wirklich knapp, als Kevin mir danach sofort mit voller Wucht in die Wade trat. Bevor ich zurückschlagen konnte, bekam ich einen Schlag auf die Lippe und meine Zähne schmerzten und wieder einen Schlag auf die Nase. Ich spürte, wie mir das Blut aus der Nase strömte. Ich rammte mein Knie gegen Yanniks Bauch und er krümmte sich stöhnend nach vorne, wobei er seinen Alkohol auf meinem Hosenbein und meinen Schuhen auskotze. Gleichzeitig knallte ich Kevin hinter mir meinen Ellbogen ins Gesicht und lief über Yannik drüber zur Tür. Doch bevor ich raus ging, schaute ich nocheinmal zu Yannik und erkannte, dass ein 50¤ Schein aus seiner Hosentasche ragte. Ich beugte mich zu dem heulenden Wrack runter und zog ihm das Geld aus der Tasche. Es waren nur die 50¤, aber damit musste sich Joey zufrieden geben. Dann rannte ich humpelnd, wegen dem Tritt, das Treppenhaus mit blutendem Gesicht runter und hörte, wie hinter mir Kevin angerannt kam. Mich überkam ein schreckliches Panikgefühl und ich rannte so schnell ich konnte, achtete dabei nicht auf mein schmerzendes Bein. Er war noch immer hinter mir und ich wunderte mich, wie er es schaffte so schnell zu rennen, obwohl er besoffen war. Ich rannte weiter, hatte das Gefühl, er sei genau hinter mir und verlies schließlich endlich diese scheiß Gegend.
Stella:
Am Freitag Nachmittag telefonierte ich mit Jimmy und er erzählte mir von seinen Lieblingsfilmen und von Allem, was ihn interessierte. Ich mochte es, mich mit ihm zu unterhalten. Seine Stimme war beruhigend und wie Balsam für meine Ohren. Als wir nach ungefähr 2 Stunden auflegten, merkte ich wieder, wie erschöpft ich war. Ich fühlte mich so leer und einsam, wenn ich nicht mit jemandem sprach, der mich ablenken konnte. Ich zwang mich dazu den pampigen Powerriegel runter zu würgen und schaute mich nach langer Zeit mal wieder richtig im Spiegel an. Mein Spiegelbild machte mich traurig. Ich war richtig dünn geworden, weil ich seit fast 3 Monaten nicht mehr normal essen konnte. Zum Glück, war es noch nicht so schlimm, dass man alle Knochen und so sehen konnte, aber es schreckte mich schon ziemlich ab. Auch mein Gesicht wirkte anders. Mein Blick war so leer und selbst, wenn ich mich konzentrierte, wirkte ich abwesend. Am liebsten hätte ich auf den Spiegel eingeschlagen und ihn zerschmettert, wie in den Filmen immer. Aber ich wusste, dass ich eh zu schwach war und nichts geschehen würde, außer, dass ich meine Hand verletzen würde. Ich seufzte und setze mich mit dem Laptop auf meinem Schoß auf mein Bett. Ich schaute mir ein paar Videoclips an, oder las einige Dinge im Internet. Ich hasste das Wochenende so sehr. Ich hasste es, nichts zu tun zu haben, ich hasste es, mit meinen Gedanken allein zu sein und ich hasste es, dass ich mich so einsam fühlte. Es wurde langsam dunkel und das Einzige, das ich den ganzen Tag lang gemacht hatte war, im Internet zu sein. Ich konnte mich richtig gut in diese Gamer, die immer nur zu Hause vor dem PC sind, hineinversetzen. Als ich schließlich das Internet durch hatte und mir keine Dinge zum googeln mehr einfielen, machte ich mir eine playlist mit meinen Lieblingssongs und lehnte mich mit geschlossenen Augen an die Wand. Ich hörte auf jedes einzelne Instrument und achtete auf den Text, bis ich merkte, wie ich wegdriftete. Ich sah Jimmys süßes Lächeln ,sein kurzes blondes Haar und seine glänzenden grauen Augen. Plötzlich veränderte sich sein Gesicht, seine Augen wurden größer und braun, sein Haar dunkel und länger. Antonio nickte mir cool zu und zog eine Augenbraue hoch. Da wurde ich von einem Geräusch aus meiner Versunkenheit geholt. Irgendetwas war an meinem Fenster. Dann noch ein Geräusch. Warf da jemand Steine an mein Fenster?! Ich wurde etwas nervös und ging zum Fenster, um es langsam zu öffnen. Ich hatte Angst, dass mir gleich ein Stein ins Gesicht fliegen würde, aber stattdessen hörte ich jemanden meinen Namen rufen. Ich beugte mich rüber und schaute in die fast vollkommene Dunkelheit. "Stella?" hörte ich wieder. Meine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit und da erkannte ich ihn. "Antonio?!" Was zum.. ? Wieso..? Meine Gedanken ließen sich nicht ordnen. "Antonio, was.. was ist.." er ließ mich nicht ausreden. "Lässt du mich bitte rein?" er klang gehetzt, als ob er lange gelaufen wäre. "Wieso? Woher weißt du wo ich wohne?" "Ich habs gesehn' und jetzt bitte, bitte lass mich zu dir." Ich seufzte. "Na gut, komm zur Haustür, ich mache dir auf, aber sei dann leise!" Ich wollte nicht, dass meine Tante ihn hörte und ich ihr dann eine Erklärung schuldig wäre. Ich lief leise die Treppen runter und öffnete die Tür. Ich erschrak, als ich Antonio sah. Sein Gesicht war Blutbeschmiert und seine Lippe aufgerissen. "Oh, Gott, Antonio!" ich hielt mir die Hände vor den Mund, weil ich zu laut war. Aber es schien mich niemand gehört zu haben. Ich wartete nicht auf eine Antwort, sondern half ihm die Treppe hoch. Er humpelte und ich stützte ihn. Hin und wieder stöhnte er leise auf. In meinem Zimmer schob ich ihn sanft auf mein Bett. "Hast du mal n' Taschentuch?" sagte er mit schwacher Stimme und lächelte gespielt. "Taschentuch? Du brauchst ein Handtuch." sagte ich, noch immer geschockt und ging rüber ins Badezimmer, wo ich ein Handtuch nass machte und einen kleinen Eimer mit Wasser holte. Ich verschloss meine Zimmertür hinter mir,wollte nur auf Nummer sicher gehen. Antonio tropfte das Blut von seinem Kinn und er versuchte es mit seinem Ärmel wegzuwischen. Ich setzte mich neben ihn und legte ihm sanft das Tuch auf sein Gesicht. "Meine Güte, was ist passiert?" fragte ich ihn und tupfte um seine Nase herum. "Ich hatte was .. zu erledigen und es kam zu einer kleinen Schlägerei.", er blinzelte langsam. "Scheiße, kann man wegen Nasenbluten verrecken?" "Nein, Toni, nein, kann man nicht." ich versuchte beruhigend auf ihn einzureden. Er schien tatsächlich ganz benommen zu sein. Aber sicher nur, weil er erschöpft und fertig mit den Nerven war und nicht, weil er zu viel Blut verloren hatte. Im Hintergrund lief noch meine Playlist. Big Jet Plane von Angus und Julia Stone. Antonio schaute mir intensiv in die Augen. "Toni?", er lächelte schwach, "Noch keiner hat mich Toni genannt. Immer nur Anton. Ich hasse diesen Namen. Das hört sich an, wie eine Ente." Er sprach langsam und undeutlich. Ich tupfte ihm das bereits getrocknete Blut an der Unterlippe ab, aber nur um die Wunde herum, um ihm nicht weh zu tun. "Dann nenne ich dich ab jetzt so. Toni." Er lächelte. "Kann ich vielleicht was trinken? Mein Hals brennt." "Natürlich, warte." Ich holte eine Wasserflasche unter meinem Tisch hervor und gab sie ihm. Er trank sie fast leer. Ein paar Minuten sagten wir nichts und er wischte sich selbst das Blut aus dem Gesicht. Als das Blut weg war, sah er schon nicht mehr so schlimm aus. Seine Lippe war geschwollen und sein Auge ebenfalls. Er holte sein Handy aus seiner Hosentasche. Ich setzte mich vor ihm auf den Boden. Er tippte etwas in sein Handy und sah mich schließlich an. "Ich schätze ich muss dir da was erklären." lächelte er verschmitzt. Er klang schon viel besser und schien sich genug ausgeruht zu haben. "Allerdings." Er seufze und begann von dem Diebstahl seines Freundes zu erzählen. Er wollte das Geld zurückholen und dort kam es zu einer Prügelei. "Als ich endlich abhauen konnte, bin ich einfach richtung Dorf gerannt. Ich hatte so Schiss, dass der Kerl hinter mir her ist, ich konnte gar nicht mehr richtig denken. Wäre ich einbisschen klarer im Kopf gewesen, wäre ich vielleicht angehalten und hätte auf den Bus gewartet oder so, aber ich war so panisch. Ich wollte eigentlich nach Hause, aber ich hab' meinen Schlüssel vergessen und mein Dad ist nicht zu Hause. Ich bin die ganze Zeit gerannt, ich weiß gar nicht wie lange es gedauert hat, oder wie ich es geschafft habe, es bis hier hin auszuhalten. Als ich dann dein Haus gesehen hab, dachte ich, ich sollte lieber zu dir, statt ne halbe Stunde weiter zu rennen und zu riskieren umzukippen.", er zog seine Augenbrauen hoch, "ich hoffe, das ist okay." "Ja,klar ist das okay." er schaute mich dankbar an. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war noch nie ansatzweise in so einer Situation. Er fummelte an einer seiner verklebten Haarsträhne rum, ich war nicht sicher ob es wegen dem Blut oder wegen Schweiß verklebt war. "Gehts denn jetzt besser?" fragte ich ruhig. Er nickte. "Ja, jetzt gehts schon. Mein Kopf schmerzt furchtbar und mein Bein auch, aber es geht schon. Ich geh gleich wieder." Ich schüttelte den Kopf. "Und wo willst du dann hin? Du meintest doch, dass dein Vater nicht zu Hause ist." Das Wort 'Vater' brannte in meinem Hals. Er öffnete seinen Mund, schloss ihn aber gleich wieder. Er schien wirklich nicht zu wissen, wo er hingehen sollte. Ich schluckte. "Du kannst hier bleiben, Toni." Er schaute mich verwirrt an. "Okay, wie lange denn?" "Über Nacht, wenn es nötig ist. Wenn dein .. Dad heute nicht mehr zurück kommt und du nirgends hin kannst, kannst du ruhig hier schlafen." Er tat mir leid, so wie er aussah. Er war immernoch wahnsinnig gutaussehend, keine Frage. Jedoch sah er nicht mehr so stark und selbstsicher aus wie sonst. Nicht mehr so, als könnte man ihm keinen Haar krümmen. Er saß jetzt auf meinem Bett, mit kaputter Lippe und verletzter Nase. Und er hatte schmerzen, so konnte ich ihn nicht in die Nacht raus lassen. "Oh, echt? Wäre das .. kann ich.. ehm." ich lächelte. "Ja, du kannst."

Antonio:
Ich rannte um mein Leben, was ziemlich übertrieben war, weil Kevin ja nicht mehr hinter mir her war, aber ich konnte nicht mehr geradeaus denken. Vielleicht hatten mich die Schläge und das viele Blut in meiner Nase und in meinem Mund so sehr benebelt. Ich musste viel Blut ausspucken, weil es zu widerlich war, es zu schlucken. Nach einer Weile - ich weiß nicht wie lange- sah ich Stellas Haus. Sollte ich.. ? Würde ich es schaffen, nach Hause zu rennen? Mein Hirn drehte sich. Ich musste Blut spucken. Ich tastete meine Taschen ab. Verdammt, ich hatte den Schlüssel nicht dabei. Und meine Kumpels wohnen noch weiter weg von hier, als ich. Meine Augen wurden schwer, das Blut lief mir aber langsamer aus der Nase. Ich beschloss mich, doch zu Stella zu gehen. Nur in einem Raum brannte Licht und ohne nachzudenken, warf ich einen Kieselstein hinauf. Es traf das Fenster nicht. Dann noch eins. Da öffnete es jemand. War sie es? "Stella?" rief ich, sie antwortete nicht. Ich rief nochmal, dann antwortete sie. "Antonio?! Antonio, was.. was ist.." ich hatte keine Gedult mehr, mir war so schlecht "Lässt du mich bitte rein?" "Wieso? Woher weißt du wo ich wohne?" Diese Frage kam mir im Moment so unnötig vor, dass ich genervt antwortete"Ich habs gesehn' und jetzt bitte, bitte lass mich zu dir." "Na gut, komm zur Haustür, ich mache dir auf, aber sei dann leise!" Schon etwas erleichtert ging ich zu ihrer Haustür und wartete, spuckte den letzten Rest Blut aus. Dann öffnete sie die Tür, ihre Schokoaugen wurden groß "Oh, Gott, Antonio!" sie schlug sich ihre Hände vor den Mund. Dann half sie mir die Treppen hoch. Jetzt wo ich nicht mehr mit Adrenalin gefüllt war, merkte ich, wie erschöpft ich war und wie sehr mir alles schmerzte. Vorallem meine Beine. Gott, warum musste ich soviel rennen? Ihr Zimmer war hübsch eingerichtet. Die Wände waren weiß, mir einem roten Streifen durchzogen. Ein runder roter Teppich lag in der Zimmermitte, ihre Schränke waren weiß. Es lief Musik aus ihrem Laptop, was irgendwie voll zu ihrem Zimmer passte. Ich setzte mich auf ihr Bett "Hast du mal n' Taschentuch?" fragte ich und merkte wie jämmerlich ich klang. Ich wollte ihre weiße Bettwäsche mit dem Rosenmotiv nicht mit Blut beschmieren. Sie zog ihre Augenbrauen hoch "Taschentuch? Du brauchst ein Handtuch." Dann verschwand sie kurz und ich taumelte im sitzen einwenig vor mich hin. Es tropfte Blut von meinem Gesicht und ich versuchte es abzuwischen, versuchte es aufzuhalten ihr Zimmer schmutzig zu machen. Sie kam mit einem Eimer Wasser und einem Handtuch zurück und setzte sich neben mich. Ich wollte nach dem Handtuch greifen, aber sie legte es behutsam auf mein Gesicht und machte mich sauber. "Meine Güte, was ist passiert?" "Ich hatte was .. zu erledigen und es kam zu einer kleinen Schlägerei.", mein Kopf schwirrte und meine Nase fühlte sich schwer und voll an, mein ganzer Körper schmerzte. Wie bei einer Erkältung, nur tausendmal beschissener "Scheiße, kann man wegen Nasenbluten verrecken?" hörte ich mich selbst sagen. Sie tupfte meine Wunden ab. Man, sie war so süß. "Nein, Toni. Nein, kann man nicht." Toni? Sie nannte mich Toni? Das machte mich irgendwie richtig glücklich. Aber wieso zum Teufel ist niemand auf die Idee gekommen, mich so zu nennen, anstatt Anton? Ich schaute in ihre supersüßen Augen und musste lächeln."Toni? Noch keiner hat mich Toni genannt. Immer nur Anton. Ich hasse diesen Namen. Das hört sich an, wie eine Ente." Wieso sagte ich diesen Unsinn? Warscheinlich, weil ich mich langsam besser und wohler fühlte. Sie entfernte mir das Blut an meinem Mund. "Dann nenne ich dich ab jetzt so. Toni." Mein Herz raste und ich schluckte, wobei ich merkte, wie trocken mein Hals war. "Kann ich vielleicht was trinken? Mein Hals brennt." "Natürlich, warte." Sie stand auf und reichte mir eine Wasserflasche. Ich hatte so einen durst, dass ich beinahe alles ausgetrunken hätte, aber ich musste zwischendurch atmen. Ich nahm das Handtuch und machte mein Gesicht sauber, bis es sich anfühlte, als wäre alles einigermaßen entfernt. Mein linkes Auge fühlte sich kleiner an, als das Rechte und pochte. Da erinnerte ich mich an Joey. Ich holte mein Handy aus der Hosentasche und sah, dass er mich 3 mal angerufen hatte und mir vier SMS geschrieben hatte, die immer besorgter wurden. 'Kommst du?' 'Hey, Anton, hast du das Geld denn jetzt?' 'is alles klar??? ruf mich an!' und schließlich 'Ey, scheiße, wo bist du?? lebst du noch??' Ich seufzte und schrieb zurück. 'Hey, ich lebe noch, ja. Konnte nur 50¤ retten, sorry. Es hab ne kleine Prügelei, erzähl ich dir morgen oder so, bin in sicherheit.' Stella saß vor mir auf dem Boden. "Ich schätze ich muss dir da was erklären." lächelte ich unschuldig und fühlte mich plötzlich schon viel besser. ich war kaum noch benebelt, aber dafür spürte ich den Schmerz umso mehr. "Allerdings." Also erzählte ich ihr die ganze Geschichte und sie hörte mir aufmerksam zu, ohne mich auch nur einmal zu unterbrechen. "Als ich dann dein Haus gesehen hab, dachte ich, ich sollte lieber zu dir, statt ne halbe Stunde weiter zu rennen und zu riskieren umzukippen. Ich hoffe, das ist okay." Ich kam mir aufeinmal total unfreundlich vor. "Ja,klar ist das okay." Eine Weile sagten wir nichts, aber ich fand es nicht unangenehm. Ich mochte die Musik, die gerade im Hintergrund lief. Ich versuchte das getrocknete Blut aus meinen Haaren zu bekommen "Gehts denn jetzt besser?" fragte sie mich schließlich."Ja, jetzt gehts schon. Mein Kopf schmerzt furchtbar und mein Bein auch, aber es geht schon. Ich geh gleich wieder." Nur wohin? Sie schien meine Gedanken lesen zu können "Und wo willst du dann hin? Du meintest doch, dass dein Vater nicht zu Hause ist." sagte sie. Ich wollte etwas sagen, um sie zu beruhigen und hoffte, dass irgendetwas Logisches aus meinem Mund kommen würde, aber es kam nichts. "Du kannst hier bleiben, Toni." "Okay, wie lange denn?" fragte ich leicht verwirrt, ich war doch bereits hier. "Über Nacht, wenn es nötig ist. Wenn dein .. Dad heute nicht mehr zurück kommt und du nirgends hin kannst, kannst du ruhig hier schlafen." Ich war fassungslos, wieso auch immer. Vielleicht weil sie so wirkte, als ob sie eine Mauer um sich heraum aufgebaut hätte, damit niemand an sie rankommt und ich es geschafft hatte, ein paar Ziegel herauszuziehen. Sie schaute mich intensiv an, es war mir sehr unangenehm, da ich total versifft aussehen musste. "Oh, echt? Wäre das .. kann ich.. ehm." sie lächelte lieb. "Ja, du kannst." "Und .. ihr.. also habt ihr ein Gästezimmer oder so?" fragte ich und kam mir schonwieder unfreundlich vor. "Ehm, nein das nicht. Aber ich hab hier unter'm Bett eine zweite Matraze.. also wenn das okay ist.." ich musste mir ein lachen verkneifen, weil wir beide uns so seltsam verhielten. "Natürlich ist das okay.. ich bin dir sehr dankbar, echt". "Gut, dann zieh ich mal die Matraze raus." sagte sie und ich zog die Beine hoch, damit sie sie rausholen konnte. Als die Matzraze am richtigen Fleck lag schaute Stella mich erneut an, schaute auf meine kaputte Lippe, mein dickes Auge, meine verklebten Haare. "Du, willst du vielleicht hier duschen?" "Oh Gott, das wär gut.. aber ich habe doch keine Kleidung dabei." Sie nickte und schnipste dann mit den Fingern. "Ich gebe dir einfach was vom Freund meiner Tante, das geht schon. Du kannst doch nicht so nass und schmutzig schlafen gehen, sonst wirst du noch krank." Ich merkte, dass ich rot wurde und legte eine Hand auf meine Wange. Es war so peinlich, dass ich hier blutend und verschwitzt bei ihr ankam und sie hatte recht, so wollte ich sicher nicht schlafen. Außerdem wurde ich rot, weil sie sich anscheinend um mich sorgt, das war süß. "Wenn dir das denn nichts ausmacht, oder dem Freund deiner Tante." sie schüttelte den Kopf. "Das werden die gar nicht merken, warte hier, ich hole dir alles, dann kannst du ins Bad." und schon war sie draußen. Ich seufzte. Ich war ihr echt was schuldig, aber wie sollte ich das je wieder gut machen? Ihr Zimmer war nicht sehr groß, aber es hätten sicher zwei weitere Matrazen hineingepasst. Auf ihrem Schreibtisch stand ein Bild, das an der Wand geleht war. Ich stand auf,um es mir genauer anzusehen. Es waren ihre beiden Freundinen, die ich auf den Bildern gesehen hatte. Ich nahm das Bild in die Hand und ein weiteres Bild, das hinter diesem Bild war, fiel raus und landete auf dem Bett. Ich hob es auf und zu sehen waren zwei erwachsene Personen, die ich noch nie gesehen hatte. Vor ihnen in der mitte stand Stella,sie war sicher gerademal 2 Jahre jünger als jetzt. Da begriff ich, dass es ihre verstorbenen Eltern waren. Stella war noch immer im Badezimmer und ich schaute mir die Gesichter ihrer Eltern genauer an. Die Augen hatte sie von ihrem Vater, die Augen der Mutter waren größer und soweit ich es sehen konnte, grün. Die Nase und der Mund jedoch waren eindeutig von ihrer Mutter. Ein Geräusch schreckte mich auf und ich klemmte das Bild in den Bilderrahmen hinter dem Bild ihrer Freunde und stellte es zurück an ihre Stelle. Ich schaffte es gerade noch mich zurück ins Bett plumpsen zu lassen, als sie mit einem Berg Kleidung und Handtüchern zurückkam. Sie reichte sie mir. "Hier bitte. Das Badezimmer ist genau gegenüber, lass dir Zeit."
Stella:
Ich versicherte Antonio, dass es niemanden was ausmachen würde, wenn ich ihm die Kleidung von Freund meiner Tante bringen würde. "Das werden die gar nicht merken, warte hier, ich hole dir alles, dann kannst du ins Bad." ich ging in den Flur und lauschte an der Zimmertür des Schlafzimmers. Ich hörte kein Schnarchen von Eric, was kein gutes Zeichen war. Nur wenn ich ihn Schnarchen hörte, konnte ich sicher sein, dass er wirklich schlief. Ich traute mich also nicht, in das Zimmer zu gehen und seinen Kleiderschrank zu öffnen. Deswegen ging ich den Waschraum, kramte in dem Wäschekorb und fand schließlich ein Hellblaues Schlafanzugoberteil und eine schwarze Jogginghose. Das musste reichen. Ich musste kurz innehalten, weil mir erst so richtig klar wurde, dass ich einem eigentlich fremden Jungen anbot bei mir zu übernachten. Aber hey, es war schließlich eine Notsituation für ihn. Er kann doch nicht die Nacht vor seiner Haustür schlafen. Und jetzt noch zu seinen Freunden zu gehen, oder zu fahren wäre unnötig. Und es ging ihm ja nicht so gut. Aus dem Wäschekorb holte ich noch zwei Handtücher raus und ging zurück in mein Zimmer, wo Antonio immernoch auf meinem Bett saß. Ich reichte ihm die Sachen. "Hier bitte. Das Badezimmer ist genau gegenüber, lass dir Zeit." "Dankeschön." Er stand langsam auf, ging vorsichtig aus meinem Zimmer und schloss hinter sich die Tür. Ich pustete die Luft aus meinen Wangen. Dann ging ich erneut in den Waschraum und holte Bettwäsche für ihn aus dem Schrank. Ich bezog sein Kissen und seine Decke, auf denen ein dunkles Waldmotiv abgebidet war. Es roch frischgewaschen. Ich mochte diesen Duft. Ich hatte meine Tante gebeten, das Waschmittel zu wächseln. Vorher hatte sie genau des gleiche, wie meine Eltern. Ich hielt es nicht aus und schüttete einmal aus Wut das Mittel in die Toilette. Daraufhin kaufte Yasmin ein anderes. Meine Playlist fing wieder von vorne an, doch ich ließ es laufen. Ich ertrug keine stille Minute. Ich setzte mich auf mein Bett und wartete. Nach einer ziemlich langen Zeit kam er zurück und lächelte entschuldigend. "Sorry, hat was gedauert." täuschte ich mich, oder machte er wieder etwas auf cool? Seine Stimme hatte wieder diesen harten Unterton. Ich nickte nur. Er zitterte leicht, versuchte es wohl zu unterdrücken, dass ihm kalt war. Trotzdem setzte er sich auf die Matratze und deckte sich halbwegs zu. "Soll ich die Heizung aufdrehen?" ich lächelte. Er verdrehte lächelnd die Augen. "Nein, brauchst du nicht." Wir schauten eine Weile durch den Raum und wussten nicht, was wir sagen sollten. Ich steckte den Stecker der Lichterkette, die über meinem Bett hing in die Steckdose, stand auf und schaltete das Licht aus. Das Zimmer wurde nur von den Pink-rot leuchtenden Lämpchen an der Lichterkette erhellt und wie immer fühlte ich mich dadurch total wohl und heimelig. Ich legte mich in mein Bett, deckte mich zu und drehte mich zu Antonio, der immernoch im Schneidersitz dasaß. "Willst du schlafen?" fragte er. "Nein, eigentlich nicht. Und du?" Er schüttelte den Kopf. "Nein, bin grad zu aufgewühlt." er strich sich durchs Haar. "Weiß Joey bescheid, dass du hier bist?" fragte ich ihn. "Ne, ich hab ihm nur gesagt, dass ich in Sicherheit bin." Ich nickte. "Wieso sind die beiden eigentlich so agressiv gewesen und sind sofort auf dich losgegangen?" Er zuckte die Schultern. "Naja, Yannik war früher nicht so. Er war ein guter Freund, hat dann aber mit dem Trinken angefangen und war langsam nicht mehr er selbst. Er hat schon mit 13 angefangen zu trinken und jetzt ist er ja 16 und säuft wie ein Loch. Jetzt ist er voll agressiv geworden, ist immer wütend, man darf nichts Falsches in seiner Nähe sagen." "Wieso hat er denn überhaupt angefangen? Ich meine, mit 13 .. das ist ganz schön krass." wollte ich wissen und zog meine Decke bis zum Kinn. Er legte sich ebenfalls hin, während er sprach. "Sein Vater war ein Weichei und seine Mutter war Alkoholikerin. Er hat nie Aufmerksamkeit von denen bekommen und hat es nicht anders gekannt. Sein Bruder fing auch schon früh an. Der Kerl, der mich mit verprügelt hat.", fügte er hinzu. "verstanden." "Ich weiß noch, als ich mal bei ihm war, da waren wir 11 oder 12, er hatte mir eine neue DVD zeigen wollen, aber der DVD Player stand im Zimmer seiner Mutter. Er fragte mich, ob ich mitkommen könnte zu ihrem Zimmer. Es hörte sich an, als ob er mich fragen würde, ob ich ihm bei was Illegalem helfen könnte, hatte voll schiss. Er klopfte an ihre Tür und man hörte zuerst nichts. Als er nochmal geklopft hat, ist sie total ausgetickt, hat anscheinend irgendwas gegen die Tür geworfen und gerufen 'verpiss dich! Kann ich keine Sekunde allein sein??' wir sind sofort abgehauen zum Vater, der in seinem Büroraum saß. Er sagte nur, wir sollten sie in Ruhe lassen." er schüttelte den Kopf, als er sich an die Vergangenheit erinnerte. Das es sowas hier in der Gegend gab, war mir neu. Hatte denn irgendjemand ein normales Leben? "Langweile ich dich?" fragte er schließlich, als ich nichts sagte. "Nein, nein. Ich denke nur nach. Das ist echt schade.. wie er wohl wäre, wenn seine Eltern nicht so gewesen wären?" sprach ich meine Gedanken aus. Er verzog das Gesicht. "Keine Ahnung, er war schon immer sehr komisch. Vielleicht wäre er besser drauf, wenn er gar keine hätte." ich spürte ein Stechen im Magen, als er das sagte. Er kniff seine Augen zusammen, bereute wohl, dass er das gesagt hatte. Ich wollte jetzt nicht schwach wirken, ich hatte meine Schwäche schon vor der ganzen Klasse präsentiert. "Da bin ich mir nicht so sicher." sagte ich und war stolz drauf, dass meine Stimme normal klang. Er blinzelte schnell und verzog seinen Mund. "Tja, kann man nichts machen. Der Kerl ist kaputt." Ob ich wohl auch so kaputt war, wie er? Natürlich suchte ich mir keinen Trost beim Trinken, aber vielleicht war ich Seelisch auch so kaputt. Obwohl, nein. Ich versuchte ja immerhin wieder zurück ins Leben zu kommen und war eigentlich ganz gut dabei. Vielleicht sollte ich mir auch irgendein Trostmittel suchen. Essen, oder so. Würde mir sicher nicht schaden. "Trinkst du?" ich wusste nicht, wieso ich ihm diese Frage stellte, aber ich wollte einfach was sagen und die Stille durchbrechen. "Hm? Ehm, nur ab und zu, wenn ich feier. Aber nicht viel. Ich war auch noch nie besoffen.. und du?" er zog die Augenbraue hoch.

Antonio:
In der Dusche brannte das Wasser auf meiner Haut. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass das Wasser so heiß war, oder dass meine Haut so kalt war. Nach ner Zeit entspannte ich mich und wusch mich mit dem Duschzeug, dass auf nem kleinen Regal stand. Dann zog ich mir die Kleidung an, sie war mir etwas zu breit, und betrachtete mich im Spiegel. Mein Auge war geschwollen, aber es sah nicht allzu schlimm aus. Meine Lippe war auch recht dick und meine Zähne dahinter schmerzten. Ich versuchte meine Haare irgendwie zu richten, nachdem ich sie mit dem Handtuch abgerubbelt hatte. Schließlich ging ich zurück in ihr Zimmer, wo bereits eine frisch bezogene Matratze auf mich wartete. "Sorry, hat was gedauert." sagte ich entschuldigend. Ich setzte mich auf die Matratze und deckte mich zu, mir war etwas kalt und ich musste mich zusammenreißen, um nicht zu zittern. "Soll ich die Heizung aufdrehen?" fragte sie plötzlich. Natürlich hatte sie es mitbekommen."Nein, brauchst du nicht." ich lächelte. Sie steckte nach ner Weile den Stecker der Lichterkette über ihrem Bett in die Steckdose und machte das große Licht aus. Dann legte sie sich in ihr Bett, welches einwenig quietschte und drehte sich seitlich zu mir. "Willst du schlafen?" fragte ich sie. "Nein, eigentlich nicht. Und du?" "Nein, bin grad zu aufgewühlt." ein letzter Wassertropfen landete auf meiner Schulter und ich strich mein Haar zurück. "Weiß Joey bescheid, dass du hier bist?" fragte sie mich schließlich. "Ne, ich hab ihm nur gesagt, dass ich in Sicherheit bin." Hörte sich das komisch an? So, als ob ich es geheim halten wollte? Fragte ich mich, aber sie sagte nichts. Vielleicht wollte sie es ja geheim halten. "Wieso sind die beiden eigentlich so agressiv gewesen und sind sofort auf dich losgegangen?" Sie schaute mich interessiert an. "Naja, Yannik war früher nicht so extrem. Er war ein guter Freund, hat dann aber mit dem Trinken angefangen und war langsam nicht mehr er selbst. Er hat schon mit 13 angefangen zu trinken und jetzt ist er ja 16 und säuft wie ein Loch. Jetzt ist er voll agressiv geworden, ist immer wütend, man darf nichts Falsches in seiner Nähe sagen." mich machte das Thema schon gar nicht mehr traurig, im gegensatz zu damals. Er war für mich wie ein anderer Mensch. "Wieso hat er denn überhaupt angefangen? Ich meine, mit 13 .. das ist ganz schön krass." sie zog ihre Decke bis zum Kinn und sah super süß aus. Ich machte es mir ebenfalls bequem und erklärte ihr alles, erzählte ihr von dem Besuch bei ihm, als ich merkte, wie gestört die Mutter war. Sie sagte nichts mehr und ich war mir sicher, dass ich zu viel geredet hatte. "Langweile ich dich?" fragte ich also. "Nein, nein. Ich denke nur nach. Das ist echt schade.. wie er wohl wäre, wenn seine Eltern nicht so gewesen wären?" sagte sie Gedankenverloren. "Keine Ahnung, er war schon immer sehr komisch. Vielleicht wäre er besser drauf, wenn er gar keine hätte." Am Liebsten hätte ich mir die Hand vor den Mund geschlagen, nachdem ich das gesagt hatte. Ich kniff meine Augen zusammen, weil ich angst vor ihrem Blick hatte. Aber sie sagte nur "Da bin ich mir nicht so sicher." Puh, Glück gehabt. Aber sicher hatte ich sie verletzt, das tat mir leid. "Tja, kann man nichts machen. Der Kerl ist kaputt." Und wieder sagte sie eine Weile lang nichts und ich wartete geduldig, ich wollte nicht, dass das Gespräch schon zu Ende war. "Trinkst du?" fragte sie plötzlich und das verwirrte mich etwas.  "Hm? Ehm, nur ab und zu, wenn ich feier..." sagte ich und fügte hinzu "Und du?" wohl wissend, dass sie nein sagen würde. Und tatsächlich schüttelte sie ihren Kopf. "Nein, hab' noch nie was getrunken. Ich habe nur mal was probiert, aber es war nicht so toll." Ich nickte leicht. "Find ich gut. Fang nicht damit an." sie lächelte leicht und zog die Augenbrauen hoch. "Werde ich nicht." "Werde ich nicht." Eine Zeit lang wussten wir nicht, was wir sagen sollten und die Hintergrundmusik brachte mich dazu, mich wie in einem Film zu fühlen. Ich kann auch nicht so recht erklären, wie sich das anfühlt, einfach so, als ob der Moment nicht echt wäre und gleich alles mögliche passieren könnte. Die Musik, die sie hörte war ein bisschen seltsam für mich, das war nicht das Typische, das andere und ich hörten. Shake it out, Shake it out, it's hard to dance, with the devil on your back, so shake him off. Stella schaute mich an, als ob sie eine Frage hätte, doch sie sagte nichts. Stattdessen fragte ich sie etwas. "Und was hast du so für hobbys?" ich gähnte dabei, um meine starke dessinteresse zu zeigen. Sie schaute zur Decke und verzog den Mund. "Naja, ich mache nicht so viel. Ich zeichne gern. Oder lese, spiele keyboard. Nichts besonderes." Nichts besonderes? Genau im Gegenteil, wer macht denn heutzutage noch sowas? Mein Ding wars jedenfalls nicht, klang ganz schön langweilig. "Cool, cool." meine Stimme war tief und keine Ahnung wieso, aber sie verdrehte ihre Augen. Irgendwas an mir nervte sie anscheinend. Dann änderte sich ihr Gesichtsausdruck zu peinlich berührt und sie schwang die Decke runter, um sich rüber zu ihrem Notebook zu beugen und das Lied zu wechseln, was gerade begann. Ich konnte es nicht identifizieren. "Wieso hast du weiter gemacht?" fragte ich lächelnd. "Das Lied ist .. sicher nicht so dein Geschmack." sie lachte leicht. "Sag schon, welcher song war das?" Sie schüttelte den Kopf. "Vergiss es!" Ich lachte. "Ich kann dir auch dein Notebook wegnehmen und es mir anhören." drohte ich und bemerkte eine millisekunde danach, dass ich geflirtet hatte. "Bloß nicht, lass deine Finger davon!" doch sie schien meinen flirtblick und die flirtstimme nicht bemerkt zu haben. "Aber jetzt bin ich neugierig, was hörst du denn so furchtbar peinliches?" Sie saß im Schneidersitz unter der Decke mit ihrem Notebook auf den Knien. "So peinlich ist das nicht. Ich mag es total, es ist nur alt." "Dann lass es doch laufen." sie grinste und klickte an ihrer Maus rum. Dann begann eine mir bekannte Melodie und der erste Text war: 'Oaa, i just died in your arms tonight! Must have been something you said!' Ich musste lachen und sie lachte ebenfalls und ich bekam wieder eine Gänsehaut. Das war grad irgendwie alles megageil. Der Song war megageil, das schwache Licht war megageil, das Zimmer war megageil, ihr Lachen war megageil und sie war es auch. "Der song ist doch nicht peinlich, der ist legendär!" ich bekam total gute Laune, als hätte man in mir einen Schalter umgelegt. "Ich liebe ihn auch, aber ich dachte du würdest sowas nicht hören." "Tu ich auch nicht, ehrlich gesagt.", gab ich zu "Aber das heißt nicht, dass der song nicht hammercool ist." Den würde ich mir zu Hause auch anhören. Wenn einer meiner Freunde ihn gehört hätte, hätte ich sicher über sie gelacht, wieso auch immer. Wahrscheinlich weil ich ein Idiot bin. "Das ist er wirklich, genauso wie 'what is love'" ich musste kurz überlegen. "Kenn ich auch, aber ich hab grad vergessen.." "what is love? Baby, don't hurt me, don't hurt me nomore.." sang sie kurz und ich nickte. "Achja, genau! Kannst du das gleich auch mal anmachen?" "Klar. Ich finde die machen einen total glücklich." Das fand ich auch. "Genau, als ob man irgendwas genommen hätte." Sie lachte. "Musik ist meine Droge, sie macht mich glücklich." Lass mich deine Musik sein.. Oh meine Güte, Antonio, wie tief kann man nur sinken? Du sitzt bei nem Mädchen mit rotem Girly-Zimmer im schwachen Licht und hörst alte Musik und das einzige was bei dir passiert ist, dass du von ihrem Lachen eine Gänsehaut bekommst? Das ist traurig. Dachte ich, aber das war mir danach auch wieder egal. Ich fands cool. Auf eine andere Art und Weise cool. Nicht so wie ich immer mit meinen Kumpels im dunklen Zimmer hocke, einbisschen was mit denen trinke (natürlich nicht viel) und PS3 spiele und dabei hiphop höre. Das war ne andere Art von Cool, was mir aber schon fast mehr gefiel. "Hmm und was sind deine Hobbys?" fragte sie mich und erinnerte mich an unseren ursprünglichen smalltalk. Ich erinnerte mich daran, wie ich am ersten Tag, als sie in die Klasse kam sagte, dass mir alle Mädchen hinterherliefen (was auch stimmte). "Ich entwickle am PC gerne kleine Computerspiele. Nichts spektakuläres, aber so kleine Minigames." Sie zog ihre Augenbrauen hoch. "Uuh, find ich cool." "Danke." ich lächelte. Niemand hatte bis jetzt zu mir gesagt, dass es cool sei. Andere meinten immer nur das wäre Zeitverschwendung. "Willst du in der Zukunft mal sowas machen? Am Computer Dinge entwerfen?" fragte sie interessiert." "Ja, ich denke schon. Was hast du vor?" Sie zuckte die Schulern. "Ach, keine Ahnung. Bis vor kurzem wollte ich noch irgendwas mit Kunst machen, aber wie weit kommt man damit schon?" "Wenn du gut bist und dich reinhängst, wirst du weit kommen." Nach dem song 'what is love' lief ein deutsches Lied. Das kannte ich auch noch von früher. 'Du schreibst Geschichte' von Madsen. "Genau, oder du schreibst Geschichten.", ich lachte leicht." Das kannst du bestimmt auch gut." Sie lachte auf. "Naja, wieso eigentlich nicht? Ich hab oft Geschichten geschrieben." Sie gähnte. "Ich werde müde, dü auch?" Ich nickte. "Ja, ich könnte auch langsam pennen." Sie legte sich wieder hin, mit ihrem Notebook auf dem Boden neben ihrem Bett. Ich machte es mir gemütlich und atmete den frischen Duft der Wäsche ein. Ich fühlte mich richtig wohl hier. "Oh nein, mein Akku ist leer und ich weiß nicht wo mein Ladegrät ist." sagte sie und schaute sich in ihrem Zimmer um. "Na und? Ich dachte wir wollten schlafen?" ich gähnte. Sie zögerte kurz. "Ehm ja, aber ich kann nicht einschlafen, wenn es zu ruhig ist, weißt du? Ich muss irgendetwas hören." Sie schaute mir nicht in die Augen, das war ihr anscheinend unangenehm. "Oh, wieso das denn?" "..Weil,.. ich dann zu viel nachdenke." sagte sie leise und ich verstand. Dann dachte sie an ihre Eltern. "Und was machen wir jetzt?" fragte ich und kam mir irgendwie gemein vor, weil ich sie dazu brachte mir das zu erzählen. "Keine Ahnung, aber ich kann so echt nicht .. das geht nicht.." ich konnte hören, dass sie schon fast panisch wurde. Ich musste mir was einfallen lassen. "Ehm, ich kann dir ja was erzählen." schoss es aus mir raus. "Erzählen? Was denn?" sie lächelte. Ich zuckte die Schultern. "Keine Ahnung, ist doch egal. Hauptsache du hast was zum zuhören, oder?" ich fand meine Idee plötzlich total gut und sie anscheinend auch. Sie grinste breit. "Na schön, gerne. Erzähl mir was." sie zog den Stecker der Licherkette aus der Steckdose und das Zimmer war fast volkommen dunkel, aber meine Augen gewöhnten sich schnell dran. Ich hörte, wie sie es sich gemürlich machte und ich tat das selbe, bevor ich schließlich mit geschlossenen Augen begann zu erzählen.

Stella:

 "Nein, hab' noch nie was getrunken. Ich habe nur mal was probiert, aber es war nicht so toll." erzählte ich. Ich hatte vor 3 Jahren etwas Wein probiert und ein paar Wochen nachdem meine Eltern starben."Find ich gut. Fang nicht damit an." "Werde ich nicht." Wir schwiegen eine Weile und ich bemerkte wie angenehm Antonios Anwesenheit für mich war. Wenn er nicht so auf Super-player machte, war er ein ein guter Kerl. Ich hätte ihn gerne gefragt, wieso er sich in gegenwart seiner Freunde immer so aufspielte, aber ich verkniff es mir. "Und was hast du so für hobbys?" fragte er plötzlich gähnend. Er schien sich selbst dazu zu zwingen smalltalk mit mir zu führen. "Naja, ich mache nicht so viel. Ich zeichne gern. Oder lese, spiele keyboard. Nichts besonderes." "Cool, cool." und schonwieder klang er so machohaft und herablassend, dass ich nicht anders konnte, als meine Augen zu verdrehen. Ich hörte von meinem Notebook den Song 'Died in your arms' beginnen und schaltete ihn schnell weiter, das würde ihm sicher nicht gefallen. "Wieso hast du weiter gemacht?" "Das Lied ist .. sicher nicht so dein Geschmack." ich musste lachen. "Sag schon, welcher song war das?" Oh nein, er würde sicher lachen. "Vergiss es!". "Ich kann dir auch dein Notebook wegnehmen und es mir anhören." drohte er mit einem Blick der mir gleichzeitig gefiel und widerum auch nicht gefiel. "Bloß nicht, lass deine Finger davon!" "Aber jetzt bin ich neugierig, was hörst du denn so furchtbar peinliches?" Er lachte und klang wirklich neugiereig. Ich merkte, dass ich nachgeben würde "So peinlich ist das nicht. Ich mag es total, es ist nur alt." "Dann lass es doch laufen." Na gut, du Schönling, du hast gewonnen. Nach der ersten Zeile musste er lachen und ich konnte richtig spüren wie er gute Laune bekam. Er strahlte "Der song ist doch nicht peinlich, der ist legendär!" Das beruhigte mich irgendwie"Ich liebe ihn auch, aber ich dachte du würdest sowas nicht hören." "Tu ich auch nicht, ehrlich gesagt, aber das heißt nicht, dass der song nicht hammercool ist." "Das ist er wirklich, genauso wie 'what is love'"  "Kenn ich auch, aber ich hab grad vergessen.." "what is love? Baby, don't hurt me, don't hurt me nomore.." ich sang es ihm wirklich vor? Ich musste mich ja echt wohl fühlen. Und so war es tatsächlich. Ich schätze es gefiel mir einfach nach so langer Zeit mal wieder jemanden bei mir zu haben. Er nickte "Achja, genau! Kannst du das gleich auch mal anmachen?" "Klar. Ich finde die machen einen total glücklich." Sein Grinsen wurde breiter "Genau, als ob man irgendwas genommen hätte." Da stimmte ich zu "Musik ist meine Droge, sie macht mich glücklich." Er sagte nichts mehr und ich wollte, dass er wieder sprach "Hmm und was sind deine Hobbys?" fragte ich ihn also."Ich entwickle am PC gerne kleine Computerspiele. Nichts spektakuläres, aber so kleine Minigames." Das hätte ich irgendwie nicht erwartet. "Uuh, find ich cool." "Danke." er lächelte süß "Willst du in der Zukunft mal sowas machen? Am Computer Dinge entwerfen?" wollte ich wissen. "Ja, ich denke schon. Was hast du vor?" "Ach, keine Ahnung. Bis vor kurzem wollte ich noch irgendwas mit Kunst machen, aber wie weit kommt man damit schon?" Er schaute mich ernst an "Wenn du gut bist und dich reinhängst, wirst du weit kommen." "Genau, oder du schreibst Geschichten.", sagte er plötzlich und ich verstand erst nicht wie er darauf kam, aber dann hörte ich das Lied, was gerade lief. "Das kannst du bestimmt auch gut." fügte er hinzu. "Naja, wieso eigentlich nicht? Ich hab oft Geschichten geschrieben." ob sie gut waren, war ne andere Frage. Ich musste gähnen und meine Augen brannten. "Ich werde müde, dü auch?" "Ja, ich könnte auch langsam pennen." Ich stellte mein Notebook auf den Boden und legte mich hin, als ich bemerkte, dass mein Akku leer war. Ich bekam leichte Panik. Ich brauchte etwas zm zuhören, wenn ich schlafenging, sonst dachte ich ununterbrochen an meine Eltern. "Oh nein, mein Akku ist leer und ich weiß nicht wo mein Ladegrät ist." "Na und? Ich dachte wir wollten schlafen?". "Ehm ja, aber ich kann nicht einschlafen, wenn es zu ruhig ist, weißt du? Ich muss irgendetwas hören." Ich kam mir vor wie ein Baby, das nicht ohne Nachtlicht schlafen kann. "Oh, wieso das denn?" ohje "..Weil,.. ich dann zu viel nachdenke." ich schaute ihn nicht an "Und was machen wir jetzt?" er schien sich Gedanken zu machen "Keine Ahnung, aber ich kann so echt nicht .. das geht nicht.." Ich hatte fast Tränen in den Augen. Wenn ich mir vorstellte der Stille und meinen Gedanken überlassen zu sein, bekam ich richtige Angst. "Ehm, ich kann dir ja was erzählen." sagte er plötzlich. "Erzählen? Was denn?" ich lachte nervös."Keine Ahnung, ist doch egal. Hauptsache du hast was zum zuhören, oder?" Er schien froh über seine brilliante Idee zu sein und ich war es auch. "Na schön, gerne. Erzähl mir was." ich grinste und schaltete die Lichterkette aus. Wir machten es uns bequem und er räüsperte sich und fing mit rauer Stimme an zu erzählen. "Hm.. am Liebsten erzähle ich von meinem Urlaub in Italien als ich gerade 11 wurde. Ich war dort mit meinem Dad als Geburtstagsgeschenk für mich und allein der Flug dorthin war es wert. Mein Dad ist zwar super, aber ich sehe ihn selten, weil er viel unterwegs ist, aber in diesen 2 Stunden, oder wie lang auch immer das war, bekam ich so viel Aufmerksamkeit von ihm. Ich hab das voll genossen. Naja als wir dann da waren, haben wir uns dann die Zimmer angeguckt und die waren nicht so der Oberburner. Aber Dad meinte, dass uns das ja egal sein kann, weil wir ja richtige Männer sind und es unter den schlimmsten Bedingungen aushälten würden. Ich war richtig stolz drauf, haha. Wir blieben nicht lange im Hotel, sondern sind sofort schnell zum Strand gegangen, der war so 5,6 Minuten entfernt und es war verdammt heiß. Ich habe gar nicht drauf gewartet bis er die Handtücher und alles platziert hatte, sondern bin sofort ins Meer gerannt und habe mich so gefreut, dass ich fast geheult hab." Wir lachten leicht. "Dann waren wir stundenlang im Meer und am Ende war ich so müde, dass er mich zurück getragen hatte. Am nächsten Tag sind wir dann am Pool geblieben und Dad hat sich gesonnt, während ich am Pool saß. Da kam plötzlich ein Mädchen zu mir und redete mit mir auf itaienisch. Ich hab so getan, als ob ich sie verstanden hätte und sie hat sich neben mich gesetzt. Dann hab ich ihr doch irgendwann verklickert, dass ich kein Wort verstehe und aufeinmal hat die auch deutsch gesprochen. Das war voll peinlich für uns beide. Wir haben uns gut verstanden und zusammen gespielt und dann meinte sie irgendwann dass sie sich in mich verliebt hätte und mir einen Kuss geben wollte. Ich war voll geschockt und überfordert und dachte: 'muss ich jetzt mit ihr zusammen sein?' Und der Gedanke gefiel mir irgendwie und ich habe ihre Hand genommen und bin mit ihr zu meinem Dad gegangen und meinte zu ihm: 'Paps, ich hab ne Freundin' Er hat sein Eistee ausgespuckt und musste so lachen, dass er sich verschluckt hat und ich war total wütend, weil er mich nicht ernst genommen hatte. Ich hab die ganze Zeit pläne gemacht, wie ich ihm beweisen würde, dass es mit ihr ernst war. "Er unterdrückte ein Lachen. "Ich habe die Hochzeit geplant und fragte sie, wie sie unsere Kinder nennen wollte. Wir haben dann an dem einen Tag ne ganze Ehe durchgespielt, die mit der Scheidung endete. Danach spielten wir einfach wieder normal miteinander, als sei nie was gewesen." Langsam wurde es schwer für mich zu zuhören und seine Worte erreichten mich nicht mehr richtig. "Da war dieser große Mann und ich hatte Angst vor ihm.." ich hatte kurz den Faden verloren. "Hm, das war keine schöne Mund-zu-Mund beatmung.." seine Sätze ergaben bald keinen Sinn mehr für mich und ich gitt in einen schönen, freundlichen Traum.

Antonio:

Während ich ihr meine Lieblingserinnerung erzählte, hörte ich sie zwischendurch lachen und staunen. Nach einer Weile wurde sie stiller und ihr Atem war gar nicht mehr zu hören. Ich hörte auf zu erzählen. "Stella?" sie gab keinen Mucks von sich. Ich öffnete meine Augen, die sich sehr schnell an die Dunkelheit gewöhnten. Ihr Zimmer wurde von einem kleinen Lichtstrahl zwischen ihren zugezogenen Vorhängen erhellt und ich konnte fast alles erkennen. Stella lag seitlich da, zu mir gewandt. Sie sah so süß aus. Und mit ihrem Gesicht vor meinen Augen schlief ich schließlich ein.

 

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Tag der Veröffentlichung: 07.11.2012

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