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Vorwort

Das Kapitel "Die Vision" habe ich 2016 kurz nach dem Attentat auf dem berliner Weihnachtsmarkt niedergeschrieben. Es war meine Art diese schrecklichen Ereignisse zu verarbeiten.

Inzwischen sind mir einige Punkte aufgefallen, die es zu füllen bzw. zu erklären gibt. Das erste Kapitel wollte ich aber nicht umschreiben, weil es sich um einen zusammenhängenden Text handelt, den ich nicht aufbrechen wollte. Deshalb füge ich weitere Kapitel an, um gewisse Gedankengänge zu erklären.

 

Im Laufe der Zeit kommen immer neue Gedanken dazu, weshalb dieses Buch wohl nie fertig werden wird. Aber dann treten doch wieder Zweifel auf. Soll ich hier überhaupt weiterschreiben? Wer wird das lesen? Die Leute, deren furchtbaren Tweets oder Beiträge auf Facebook von immenser Unwissenheit zeugen (ob rassistisch, narzisstisch oder verführt von Verführern), werden hier bestimmt nicht weiterlesen - obwohl gerade diesen Leuten Bücher lesen gut tun würde. Solche Dinge machen mich traurig.

Aber gerade um sie geht es hier. Um Leute, die Angst haben, sich von der Gier überwältigen lassen und einfach zu wenig Wissen haben.

 

Nicht nur die folgenden Texte bringen Wissen, das tun auch alle anderen Schriften, von der Müslipackung bis hin zur Enzyklopädie. Die Weisheit liegt nicht nur in den Texten, sondern darin, wie man sie verarbeitet, verbindet und akzeptiert, in der ständigen Suche nach der Wahrheit (was auch immer das ist).

Schnell wird man erkennen, dass die Suche zu neuen Fragen führt und gerade da liegt der Schlüssel zum Wissen. Es ist nicht das Ziel, alles zu Wissen, sondern um die drei Dämonen zu bekämpfen, welche im nächsten Kapitel beschrieben werden. Nur so kann man inneren Frieden und Gleichgewicht erreichen.

 

Die Vision

Basel, den 20.12.2016

Der neueste Anschlag in Berlin zeigt wieder einmal die Verrohung der Gesellschaft. Kurz vor Weihnachten ist ein LKW-Fahrer auf einem Weihnachtsmarkt in die Menschenmenge gefahren und tötete 12 Leben. Fast 50 Personen waren verletzt worden. Dieser Fall erinnert stark an den Terror in Nizza.

In derselben Nacht schoss in Zürich jemand in einer Moschee um sich und in der Türkei wurde der russische Botschafter von einem Mann erschossen - Rache an Aleppo. Die Stadt, welche von Russischen und Syrischen Streitkräften fast dem Erdboden gleichgemacht wurde. Das Bild des Täters ging um die Welt – mit erhobener Waffe stand er neben dem Toten, mit hassverzerrtem Gesicht, seine Rechtfertigung hinausbrüllend.

Krieg - wohin man sieht! Mord, Terror - Begriffe mit denen wir jetzt tagtäglich umgehen müssen. Es stellt sich die Frage, wie kann man solche Situationen verhindern? Wie kann ich mein Leben vor diesem Wahnsinn schützen?

Zwölfjährige bauen Bomben aus Feuerwerkskörpern, Fundamentalisten schiessen in Menschenmengen, Rechtsradikale greifen unschuldige Ausländer an und Kriminelle schubsen Passanten die Treppe einer U-Bahn hinunter. Pfefferspray wurde so viel wie noch nie verkauft! Die Waffenverkäufe gingen weltweit zwar zurück aber der Handel mit den Kleinkaliberwaffen nahm zu.

All das sind Hilferufe nach Sicherheit. Der Fundamentalist versucht seine Kultur mit einem Angriff zu schützen - er sprengt sich, so verblendet wie er ist, inmitten seiner Opfer in die Luft und glaubt, es würde den Seinen etwas nützen. Natürlich nützt es nur gewissen Hintermännern, weit, weit fort. Er glaubt, im Jenseits belohnt zu werden. Belohnt? Für was? Dafür seinen Glauben geschützt zu haben? Andere würden sagen, dass er ihn verraten habe. Soll er für das Leid der Menschen belohnt werden, denen er geschadet hat? Das widerspricht jeder Philosophie, jeder Religion - auch der islamischen Lehre. Es ist einfach nur Unsinn und traurig. Ein kurzsichtiges primitives Verhalten, welches wir Menschen seit Jahrtausenden pflegen.

Aber was ist die Antwort? Jemand stürzt in eine zürcher Moschee und schiesst auf unschuldige Gläubige. Natürlich gibt es keinen direkten Zusammenhang zu dem Vorfall in Berlin. Der Täter glaubt aber, die Seinen zu schützen, indem er Betende im islamischen Gotteshaus zu töten versucht. Es ist unwichtig, dass es sich dabei um Unbeteiligte handelt. Es sind lediglich Vertreter einer Gesellschaft, die der Attentäter ablehnt. Genauso denken auch diejenigen, welche ein Flüchtlingsheim voller Syrer, Marokkaner, Iraker und Afghanen in Brand setzen. Möglicherweise töten sie dabei den einen oder anderen Fundamentalisten, aber sie fügen auch Unschuldigen Leid zu - darunter auch Frauen und Kinder. Sie glauben mit ihrer Tat die Ihren zu schützen.

Das ist Unsinn, denn jede Aktion erzeugt eine Reaktion, welche eine Gegenreaktion auslöst und so weiter. In der Bibel gibt es den Satz: "Wer zum Schwert greift, kommt durch das Schwert um." Im Buddhismus kennen wir den Begriff des "Rad des Buddhas" - alles, was Du tust, fällt auf Dich zurück. Von Gandhi kennen wir das wunderschöne Zitat: "Auge um Auge lässt die Welt erblinden."

Genau das geschieht heute und jetzt. Wir erblinden. Wir sprengen uns in die Luft, weil wir uns gegenüber dem Westen benachteiligt fühlen und nicht verstehen, dass wir von einem Hintermann verführt worden sind, der eine Religion für seine Ziele missbraucht - genauso wie die Päpste und Fürsten im Mittelalter den christlichen Glauben für die Kreuzzüge missbraucht hatten.

Wir stecken Flüchtlingsheime in Brand, weil wir fürchten, dass unsere Heimat überrannt wird. Wir fahren mit LKWs in feiernde Mengen, schiessen um uns in unbeteiligte Menschen, werfen Granaten und hassen. Wir hassen alles, was anders ist. Alles, was eine andere Religion, Hautfarbe oder sonstwas hat.

Die Politik reagiert mit einem Rechtsruck. Es wird eine Partei gewählt, welche glaubt, die Gesellschaft vor dem Osten zu schützen. In Deutschland wissen wir, wohin ein Rechtsruck führen kann. Aber das Wort an sich ist ja schon falsch. Es ist kein "Ruck", es ist eine "Spirale", in welche die Gesellschaft gezogen wird. Sie schreit nach Sicherheit und versucht sich zu schützen. Aber gegen wen? Ja, gegen den Fundamentalismus! Gegen die Terroristen! Wenn es schlimm kommt sogar gegen den Islam, gegen den Osten, den Westen, den Süden, Afrika, Asien, Kapitalismus, Kommunismus, die Preussen, die Römer, die Germanen, die Wilden, die Weissen, die Ungläubigen, die Ketzer, Oberdorf, Unterdorf, BMW-Fahrer ... Feindbilder können dermassen zahlreich sein!

Es gibt so viele Gruppen, gegen die man abgeneigt sein kann und die man glaubt, bekämpfen zu müssen.

Wir reden von Abschottung. Wir machen die Grenzen dicht und bleiben für uns. Kein Böser kommt mehr rein. Wie soll das denn gehen? Die Wirtschaft auf unserem Globus ist voneinander abhängig. Wenn ein US-Präsident wirklich glaubt, er könne Amerika sicherer machen, indem er alle Einwanderer rauswirft, wer bleibt dann dort übrig? Die Indianer? Ach nein, so radikal hat er es wohl nicht gemeint. Aber er wird einsehen müssen, dass auch in seinem Land der Krieg Einzug gehalten hat. Die Spirale macht vor keiner Landesgrenze halt. Sie zieht alles in den Abgrund. Die Wähler fallen auf die propagandistischen Floskeln und den Populismus herein. Sie glauben an die Parolen, die von der Politik verkündet werden. So lassen sie sich genauso verblenden, wie damals im Dritten Reich oder heute viele Menschen im Nahen Osten, wo der Fundamentalismus genau das gleiche Prinzip anwendet wie die Verführer im eigenen Land. Das Resultat: Menschen leiden.

Mit anderen Worten: wir haben den dritten Weltkrieg.

Wie kommt man aber aus diesem Chaos wieder raus? Alle Feinde töten? Unsinn, denn dann müsste sich die gesamte Menschheit auslöschen.

In die Wildnis flüchten? Es gibt einige Visionäre, die das befürworten. Stalking Wolf - ein Medizinmann der Apachen hatte solche Situationen vorausgesehen. "Mordende Banden ziehen durch die Städte" deshalb hätte man nur noch Sicherheit in der Wildnis - fernab der Menschheit. Immer weiterziehen ohne Unterlass, um den Kontakt zu den anderen Menschen zu vermeiden. Da ist was dran, aber wir sind zu viele Menschen, als dass sich jeder vor der Menschheit zurückziehen könnte. Und welche Wildnis haben wir denn übrig gelassen?

Also was könnte uns helfen aktiv aus dieser Situation herauszukommen?

Was ist eigentlich die Ursache? Im Moment scheinen wir eher die Symptome zu bekämpfen. Was ist die Ursache allen Übels? Das fragen sich immer wieder die Philosophen. Wenn ich so darüber lese, studiere und nachdenke, stellt sich mir die Frage: Ist es nicht Gier, Angst und Unwissen?

Die Gier treibt uns Menschen bekanntlicherweise dazu, etwas Unrechtes zu tun. Wir würden in unserer Gier auch töten, um ein Ziel zu erreichen. Irgendetwas schaltet das Gehirn aus, welches uns nachdenken liesse.

Angst macht genau das Gleiche mit uns wie die Gier. Wir haben Angst vor dem Unbekannten. Wir glauben uns dagegen verteidigen zu müssen und schalten das Nachdenken aus. Jeder kennt den Begriff der Selbstverteidigung, der in unserer Gesellschaft übrigens positiv geprägt ist. Aber aus Selbstverteidigung wird auch schnell ein Präventivschlag. Während Gier negativ geprägt ist, ist Angst positiver geprägt - Selbstverteidigung wie schon geschrieben ist fast durchweg positiv. Natürlich muss man sich selbst verteidigen, wenn man persönlich angegriffen wird. Aber darum geht es hier nicht. Es geht nur darum: Menschen leiden. Es spielt keine Rolle WER, es spielt nur eine Rolle, DASS. Angst und Gier führt zu Angriff und somit zu Leid.

Wie ist es mit Unwissen? Es ist das Abhandensein von Bildung und die Abwesenheit von "Diversity" - also das Wissen und die Akzeptanz von Anderen. Welches "Andere"? Andere Kulturen, Religionen, Denkweisen, und so weiter.

Lernen und Wissen können Dummheit, Gier und Angst besiegen. Nicht das Wissen, wie man ein Flugzeug fliegt und am elegantesten in einen Turm voller Menschen steuert, sondern das Wissen, das "Andere" zu verstehen, Leben zu respektieren, Leid zu mindern und Freude zu vermehren.

Solches Wissen für eine Gesellschaft zu erlangen, ist eine langfristige Aufgabe. Aber im Moment scheint es die einzige Lösung zu sein, um aus der Spirale der Gewalt herauszufinden. Denn kurzfristige Massnahmen, wie Festnahmen, Sicherheitslücken schliessen und "den Feind bekämpfen", lösen nie das Problem an sich, sondern begegnen nur der Gefahr in einer aktuellen Situation. Jede Sicherheitskraft wird bestätigen, dass es absolute Sicherheit nicht gibt. Nur die Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens kann gesenkt werden und die Wahrscheinlichkeit ist nie gleich Null.

Es ist wie bei den Computern und dem Internet. Viren werden geschrieben. Man versucht sich mit Virenscannern zu schützen. Darauf werden bessere Viren geschrieben und nach weiteren Sicherheitslücken gesucht. Diese werden nach und nach geschlossen, aber es wird immer wieder das eine oder andere Schlupfloch zu finden sein. Hier sterben nur Daten. In der Realität sterben aber fühlende Wesen.

Das Problem an sich sind tatsächlich Gier, Angst und Unwissen.

Es sind nicht die Religionen, welche die Probleme verursachen. Ihre Lehren reden von Gleichgewicht, Harmonie, Yin/Yang und Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst. Aufruf zu Hass und Polarität entstammen nie einer Religion, sondern einzelner Personen oder Personengruppen, welche Nutzen daraus ziehen - in welcher Art auch immer. Wissen schützt das Individuum vor solchen Verführungen. Es schützt vor Angst vor dem "Anderen". Es schützt vor Religionskrieg, weil es zum Respekt der anderen Religion führt und zur Erkenntnis, dass der Wert der Unterschiede dem Wert der Gemeinsamkeiten unterliegt. Das Wissen und die Anwendung dieser Gemeinsamkeiten - also der eigentlichen Lehre der Religionen - hilft gegen die Angst vor den vermeintlichen Bedrohungen, die bei Angst zu tatsächlichen Bedrohungen - sprich Anschlägen und Terror - werden. Schon allein, wenn jeder Mensch die Grundlehre seiner Religion befolgt, wäre dieses Wissen ausreichend, denn die Grundlehre ist: Glaube, Gleichgewicht mit allem, Harmonie mit dem Universum, Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst, um nur einige zu nennen.

Diesmal unterstützt die moderne Logik sogar die Religionen. Wissen schützt vor Angst, denn das Unbekannte wird gefürchtet. Wenn ich weiss, dass auch der Islam, was eigentlich Friede bedeutet, keine Gefahr für die eigene Religion ist, weil auch er die gleiche Grundlehre vertritt, dann brauche ich ihn nicht zu fürchten. Wir können natürlich diskutieren, woher ich mir so sicher bin, dass er die gleiche Grundlehre vertritt. Religionswissenschaftler können das sicher besser als ich. Der Islam entstand aus dem Christentum, so wie das Christentum aus dem Judentum entstanden ist. Es gibt eine direkte Linie der Geschichte. Der Kampf zwischen diesen Religionen ist persönlicher Natur, welche der Konkurrenz entstammt - nicht der Lehre selbst. Diese unterscheidet sich in vielen Dingen, aber nicht im eigentlichen Kern: Ein Gott, Beten, Gleichgewicht. Es sind lediglich verschiedene Erklärungsansätze, um die Kernlehre dem Menschen näher zu bringen.

Wenn nun die Angst besiegt wurde, gibt es natürlich immer noch Bedrohungen. Der Westen saugt die Ölquellen aus, die Ressourcen werden knapper. Die Menschen vermehren sich mehr und mehr und somit auch der Stress. Das Phänomen kennen wir von Lemmingen. Werden diese zu viel "springen sie von der Klippe" - das Individuum natürlich nicht freiwillig, aber im Stress fällt der kleine Nager hinunter und stirbt. Wir sehen das in vielen Bereichen. Die Bevölkerung nimmt zu, der Stress steigt und endet schliesslich in Mord und Totschlag.

Gleichzeitig ist mehr als bekannt, dass die verbleibenden Ressourcen ungerecht verteilt sind. Gier! Ein Teil der Menschen hat mehr als er braucht, ein anderer Teil hat zu wenig. Auch hier kann Wissen wieder helfen, um der Gier zu entgehen, zum Beispiel in Form von Spenden. Es ist das Wissen, dass es genug gibt. Hier spielt auch Vertrauen eine Rolle. Vertrauen in was? In Gott? Vertrauen in die Menschheit? Aua, das gelingt wahrscheinlich nur den Heiligen. Aber diese hatten wohl das Wissen, welches sie vor Angst und Gier schützte. Wieder sind es Religionen und Wissenschaft, die das fehlende Wissen vermitteln können, um die Angst zu besiegen und Vertrauen zu gewinnen.

Wenn die Gier mit dem Wissen besiegt werden kann, muss man leider sagen, dass Wissen allein nicht satt macht. Das ist das grosse Problem.

Aber auch hier kann das Wissen helfen: Welche Möglichkeiten gibt es zu überleben? Was ist essbar? Wo wächst es? Wie kann man sich der Situation anpassen? Man ist nicht entmündigt und kann und soll sich auch selbst helfen.

Leider haben wir hier eine uralte Ausbeuter/Opfer-Beziehung. Wenn der Ausbeuter so dumm ist seine Rolle weiterhin zu spielen, sieht sich der Ausgebeutete gezwungen anzugreifen. Fast jedes Tier greift an, wenn es in die Ecke gedrängt wird. Also funktioniert das Prinzip des Wissens nur, wenn sich alle daran halten. Eine sehr knifflige Situation. Das Werkzeug – die Philosophie, Wissenschaft und Religion - ist vorhanden.

Ihr merkt, dass ich von Religionen und Wissenschaft gleichermassen spreche. Beide ziehen am gleichen Strang und bekämpfen sich nicht. Ich spreche nämlich vom Wissen dieser Philosophien und deren Kernlehren. Wer sich auf die Unterschiede stützt, dem fehlt das Wissen, zu erkennen, dass es nur auf die Gemeinsamkeiten ankommt. Unterschiede vervollkommnen das Gesamtbild lediglich.

Aber wie leider schon erkannt: Die Lösung, um aus der Gewaltspirale herauszukommen - das Wissen - ist langfristig. Wir können unser Gehirn leider nicht mit dem nötigen Wissensapp updaten, sondern müssen lernen.

Was sollen wir also machen? Kurzfristige Lösungen bringen uns nicht ans Ziel und bis die langfristige eigentliche Lösung greift, haben wir so viel Leid erfahren, dass wir nur noch wenige sein werden und uns um die eigentliche Lösung keine Gedanken mehr machen brauchen. Sind alle Feinde tot, brauchen wir auch vor niemandem Angst mehr haben. Entschuldigung! Das ist eine Scheisslösung, denn dann sind auch alle Freunde und Unschuldige tot. Es ist das Prinzip nach dem wir seit Tausenden von Jahren handeln, weil wir nicht das Richtige lernen wollen. Wir bleiben lieber unwissend als die eigentliche Lösung anzugehen, welche uns Wissenschaft, Philosophie und Religionen anbieten.

Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, dass kurzfristige Lösungen, wie Sicherheitseinrichtungen, Kontrollen, Freiheitsverlust und Überwachung uns gegen Gewalt schützen. Wir müssen darauf vertrauen, dass die Regierungen - die auch nur Menschen sind - diese Einrichtungen nicht ausnutzen werden, wie wir es im Dritten Reich in Deutschland schon erleben mussten. Wir sind gezwungen darauf zu vertrauen, dass die Menschen eines Tages auf eine Evolutionsstufe steigen, auf der sie ihre Angst, Gier und Unwissenheit bezwingen, um das Leid zu mindern.

Das hört sich zwar sehr passiv an, aber es ist ein aktives Warten, denn jeder Einzelne ist dabei aufgefordert, sich ein Wissen zu erarbeiten, welches ihm aus seiner Angst heraushilft und die Unsinnigkeit der eigenen Gier darlegt. Und ich weiss wovon ich schreibe, denn ich habe auf diese Art meine Migräne besiegt. Ich hatte 30 Jahre forschen müssen, bis ich den Grund für die Schmerzen gefunden habe. Damit habe ich meine Angst vor den Schmerzen besiegt und betrachte mich als geheilt. Diese Zeit war also ein sehr aktives Warten, bis ich wieder gesund war.

Es ist eine Art des Wartens, welche man in den drei Buchreligionen - Judentum, Christentum und Islam weniger kennt, denn hier ist man es gewohnt auf die Hilfe Gottes zu vertrauen. Dieses Vertrauen ist durchaus nützlich und richtig, aber wir können auch vom Buddhismus und chinesischen Universums lernen, wo der einzelne durchaus an seinem Schicksal zu arbeiten hat. Die Minderung des Leids ist nicht nur Vertrauen auf Gott oder seinen Nächsten, es ist auch die harte Arbeit an sich selbst, um Wissen und Gleichgewicht zu erlangen.

Das Wissen ist der Weg. Es führt uns zu Gleichgewicht, Seelenfrieden, Liebe und Respekt. Wir lernen unsere Mitmenschen wieder "menschlich" zu behandeln und vielleicht gelingt es uns sogar Freude an Unterschieden zu erkennen. Unterschiede, die uns keine Angst machen und nicht abgrenzen, sondern welche uns den Reichtum unserer vielen Kulturen aufzeigen. Beim Essen gelingt es uns ja auch und geniessen in einer Woche schwäbische, chinesische, amerikanische, afrikanische und türkische Küche.

Man könnte es auch so sehen: Wir haben vom Schicksal eine Aufgabe erhalten und die ist:

 

Hinterlasse die Welt ein wenig besser und freudiger, als Du sie betreten hast.

 

Glaube und Wissen

Heute sassen wir - meine Frau und ich - zum Abendessen und diskutierten über das Wissen. Meine Frau meinte, dass Glaube genauso wichtig wäre. Dem kann ich nur zustimmen. Aber meiner Natur gemäss, habe ich überprüft, ob sich ein Begriff vom anderen ableitet oder mit ihm zusammenhängt.

Beinhaltet Glaube das Wissen oder umgekehrt? Darf man von Wissen sprechen, wenn man an etwas glaubt?

Der Unterschied beider Begriffe ist:

Wissen ist gesichertes Wissen. Glaube dagegen ist ein Wissen ohne Beweis.

Wir müssen an Gott glauben, weil wir keinen Beweis von Gott haben. Hätten wir den Gottesbeweis, würden wir WISSEN, dass es Gott gibt.

Beide Begriffe hängen also zusammen.

Wenn also Wissen die Angst und Gier besiegen kann, kann das auch der Glaube.

Wenn Unwissen Angst und Gier schürt, müsste das dann auch der Unglaube oder der Irrglaube können.

Interessanter Gedanke: Irrglaube schürt Angst und/oder Gier. Diese Aussage ist aus meiner Theorie des vorherigen Kapitels entstanden und klingt für sich gesehen schon sehr schlüssig.

Wenn ein Rechtsradikaler sehr fest an seinem Irrglauben festhält, glaubt er fest, dass seine Heimat von den fremden Kulturen überrannt wird. Das treibt ihn in die Enge. Er hat Angst und greift an.

Das klingt einleuchtend.

Darf man so eine gewagte Theorie in den Raum stellen: Ein Glaube und Irrglaube sind dadurch zu unterscheiden, indem man untersucht, ob er Angst oder Gier verursacht oder nicht.

Ein Beispiel: Gerate ich in eine Glaubensgemeinschaft, die sich vor allen Einflüssen abschotten muss und nur ihren eigenen Weg zulässt, wenn die Angst geschürt wird, dass ein falscher Schritt ins Verderben führt. Handelt es sich dann noch um einen Glauben nach unserer Theorie oder um einen Un- bzw. Irrglauben?

Ich begebe mich hier auf gefährliches Terrain, denn diese Diskussionen werden sehr emmotional geführt und zu gern würde mich jemand für ein falsches Wort in die Luft sprengen (weil ihm das Wissen fehlt, dass ich ihm nichts Böses will).

Meine Gedanken sollen nur ein Ziel haben: Wie kann das Leid gemindert werden?

Wie können wir uns vor Verführungen schützen?

Wie schon im vorherigen Kapitel verdeutlicht wurde, stelle ich die Religion, Philosophie und Wissenschaft gleich. Jeder arbeitet mit seinen Mitteln. Die Religion mit Glaube und die Wissenschaft mit Beweisen und Logik. Die Philosophie kann ich nicht eindeutig zuordnen. Das, was ich über Philosophie weiss, wird sie sich wie die Wissenschaft auf Logik und Beweise stützen, beinhaltet aber auch einige Aspekte des Glaubens.

Wissen und Glaube - beides ist fähig, das Leiden zu mindern. Beides erzeugt dieselben Resultate: Gleichgewicht, Harmonie, Liebe, Respekt. Man kann auch sagen: Der Glaube ist das Wissen der Religion, denn die Religion arbeitet ohne Beweis. Die Religion vermittelt ihre Lehre als Wissen.

Somit ist das Resultat von Wissen gleich dem Resultat von Glaube. Also, Wissen entspricht dem Glauben, wenn ich es mal so mathematisch ausdrücken darf.

Angst, Gier und Unwissenheit - ich nenne sie Die Drei Dämonen. Alle drei können mit Wissen bekämpft werden.

Inzwischen habe ich gelernt, dass der Buddhismus fast das gleiche Bild bzw. die gleichen Begriffe benutzt. Buddha lehrte die drei Wuzelgifte, welche wir bekämpfen müssen: Anhaftung, Ablehnung und Unwissenheit.

Im Hinduismus gibt es die sieben Feinde. Ich bin sicher, dass es in anderen Religionen ähnliche Bilder gibt, die sich aber alle auf die drei Dämonen beziehen und welche sich mit Wissen bekämpfen lassen.

 

Vereinfachung durch Gemeinsamkeit

Es gibt mehrere Arten von Vereinfachungen. Die eine, welche wir häufig in unseren Zeitungen zu lesen bekommen wird Populismus genannt. Populismus ist das Versprechen schwierige Situationen einfach zu lösen. So etwas funktioniert nicht und entbehrt jeden Wissens.

Die Vereinfachung, von der ich rede, ist eher eine Suche nach Gemeinsamkeiten. Der Gedanke ist der: Wenn zwei unterschiedliche Individuen auf zwei unterschiedliche Wege zum selben Resultat gelangen, haben wir hier eine Gemeinsamkeit, die wir mit hoher Wahrscheinlichkeit als Wahr betrachten können. Je mehr Individuen auf eigenen Wegen zu diesem Resultat gelangen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Wahrheit und desto verlässlicher ist das Ergebnis.

Jeder Weg, wie man zu diesem Resultat gekommen ist, ist gut und korrekt - auch wenn er den anderen Wegen zu widersprechen scheint, welche zum selben Ziel gelangten.

Ein Beispiel ist die Religion. Es gibt unzählige Religionen, die alle unterschiedliche Theorien und Philosophien haben. Sie stehen im Gegensatz zueinander. Die Gläubigen lehnen einander ab oder bekriegen sich sogar. Dabei haben alle grossen Religionen auch Gemeinsamkeiten, die wir gerne ignorieren.

Vielleicht sollte ich erzählen, wie ich auf diese Idee gekommen bin:

Während meines Chemiestudiums habe ich mich mit der Kultur der Indianer beschäftigt, um "zu keinem Fachidioten zu werden". Kulturen haben mich schon immer interessiert und beschäftigt.

Eines Tages stolperte ich über den Satz "Lebe in Harmonie mit dem Universum". Es ist ein Ausspruch der Navaho. Damals dachte ich mir nicht so viel dabei, aber fand diese Lehre schön. In Harmonie mit dem Universum leben bringt Ruhe, Zufriedenheit, Liebe und Gelassenheit. Alles Dinge, die

wir Menschen mehr als nötig haben.

Nach meinem Studium machte ich eine Reise durch Indonesien. Auf Bali hatten wir einen Reiseleiter, der auch von der Religion der Inselbewohner erzählte - dem Hindu-Dharma. Ein Satz von ihm liess mich besonders aufhorchen: "Wir streben das Gleichgewicht mit allem an."

"Lebe im Gleichgewicht mit allem" - "Lebe in Harmonie mit dem Universum" - das ist doch fast das Gleiche! Fast der gleiche Satz aus zwei völlig verschiedenen Kulturen. Die eine Kultur ist im Dschungel, die andere in der Wüste. Die eine Kultur ist in Asien, die andere in Amerika. Beide Kulturen, die der Balinesen und der Indianer - auch ihre Religion sind so verschieden und haben nichts - aber auch gar nichts - miteinander zu tun. Trotzdem lehren sie beide den gleichen Satz!

Ich kam auf die Idee, diesen Begriff des Gleichgewichtes zu prüfen. Gab es auch in unserem Christentum etwas Vergleichbares? Ich fand ihn in der Bibel: "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst."

Dieser Satz ist so wichtig, dass er gleich mehrmals vorkommt: 3. Mose 19.18, Matthäus 19.19, Matthäus 22.39, Jakobus 2.8, Galater 5.14 und Markus 12.31.

"Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst" drückt ebenfalls das Gleichgewicht aus. Es heisst nicht "Liebe Deinen Nächsten", sondern es gibt den Zusatz: "wie Dich selbst".

Im Chinesischen Universismus fand ich den Begriff des Gleichgewichts perfektioniert in Yin und Yang.

Dieses Gleichgewicht oder wie wir es nennen mögen - ich habe mich für den Begriff des Gleichgewichts entschieden - finden wir in allen Religionen. Ergo ist es eine zentrale Lehre und Wahrheit.

Die nächste Frage war: gibt es auch andere zentrale Kernlehren?

Aber ja, die gibt es! Es ist der Glaube an einen Gott. Im Islam wird er Allah genannt. Die Juden sprechen den Namen Gottes nicht aus. Im Hinduismus spricht man vom göttlichen Prinzip - die zahlreichen Götter sind lediglich eine Verdeutlichung dieses Prinzips, damit sich der einfache Mensch eine bessere Vorstellung machen kann. Die Katholiken haben ja auch die Dreifaltigkeit (Gottvater, Gottsohn und der heilige Geist), aber nur einen Gott.

Die Lakota sprechen von Wakan Tanka - was soviel bedeutet wie das "grosse Heilige" oder "grosses Mysterium". Die Erklärung von Tahca Ushte (= Lame Deer), ein Medizinmann der Lakota hat sein Gottesbild sehr schön beschrieben: Alles kann mit einem Kreis dargestellt werden. Wir Menschen sind ein Kreis, die Tiere sind ein Kreis, die Bison sind ein Kreis im Kreis der Tiere, Steine sind ein Kreis, ebenso die Pflanzen, Erde, Wasser, Gedanken, Liebe, Hass, Himmel, Farben, Geister, Götter...alles sind Kreise in Kreisen, die sich zum Teil überschneiden. Um alles herum ist ein grosser Kreis: das ist Wakan Tanka.

So stelle ich mir jetzt auch übrigens den katholischen Gott vor. Drei Kreise, die sich überschneiden und zusammenhängen. Ich vermute sogar, dass das alte griechische oder römische Gottesbild ebenso geschaffen war. Viele Götter, aber nur ein Wakan Tanka - göttliches Prinzip.

Ebenfalls eine Gemeinsamkeit aller Religionen.

Es gibt noch weitere: Es ist das Beten. Es kann in Form von Meditation, einem Stossgebet oder von Tanz sein.

Das Ziel ist das gleiche. Und wenn jemand glaubt, dass das christliche Beten nichts mit den indianischen oder buddhistischen Meditationen zu tun hat, der soll sich mal in die Kirche setzen, wenn der Rosenkranz gebetet wird. Es ist nichts anderes.

Was ist mit den Unterschieden? Wie schon gesagt: sie sind die unterschiedlichen Wege hinauf zum Gipfel - zur richtigen Lehre - den Gemeinsamkeiten. Ich sehe die Unterschiede nicht als Widerspruch, sondern als Bestätigung der Gemeinsamkeiten - quasi einer Beweisführung gleich (aber nur quasi, da es keinen wirklichen Beweis gibt).

Die Unterschiede sind nicht im Gesamtbild in Richtig und Falsch einzuordnen, sondern ein Aspekt eines Glaubens ist für diesen Glauben richtig und wichtig. Dieser Aspekt kann helfen, diesen Glauben zu verstehen und sein eigenes Seelenheil zu erlangen. In einer anderen Religion mag er unwichtig sein, weil es dort andere Aspekte und Bilder gibt.

Nehmen wir ein ganz harmloses Beispiel: In der Bibel ist Jesus in einem Stall geboren. Im Koran wird seine Geburt unter einer Palme beschrieben. Es ist ein Unterschied. Aber ist das für die eigentliche Lehre wichtig? Nein. Die Nächstenliebe und das Gleichgewicht werden dadurch nicht beeinträchtigt.

Wie sind die Unterschiede entstanden? Wenn wir davon ausgehen, dass alle Religionen und Kulturen "richtig" sind und wenn wir davon ausgehen, dass die Gemeinsamkeiten tatsächlich die Teile grossen Wahrheit repräsentieren, dann müssten zu Beginn der Menschheit alle Kulturen gleich gewesen sein.

Falsch. Das lässt sich mit einem einfachen Beispiel zeigen: In der Wüste ist ein anderes Wissen notwendig, als auf Grönland. In der Wüste ist es wichtig zu wissen, wo man Wasser finden kann. Auf Grönland ist es wichtig zu wissen, wie man an die Robbe unter dem Eis herankommt. Das Überleben ist von derart unterschiedlichen Umwelteinflüssen geprägt, dass die Kultur absolut nicht dieselbe sein kann. Die Gottesvorstellungen werden unterschiedlich sein, die Sprache, die Bilder, einfach alles. Deshalb sind die Wege auf den Berg der Wahrheit vollkommen unterschiedlich. Die Wegweiser in den einzelnen Kulturen müssen sich unterscheiden - ja sogar widersprechen. Das hat aber nichts mit dem Wahrheitsgehalt der einen Lehre zu tun.

Die heutige Welt hat eine starke Globalisierung erfahren. Also sollten wir uns auch die Welt GLOBAL betrachten. Wir sollten uns nicht nur auf eine Kultur konzentrieren, sondern auf alle Kulturen und Religionen. Deshalb postuliere ich einen Weg, wie ich ihn aus der Wissenschaft kenne. Vereinfachung.

In der Physik dürfen Vereinfachungen vorgenommen werden, um eine Theorie mit gewissen Randpunkten zu beweisen. Die Physiker sind es gewohnt, eine Variable konstant zu setzen. Sie betrachten einen Pendel als punktförmige Masse, obwohl sie wissen, dass eine Masse nie punktförmig sein kann. Aber nur so lassen sich Pendel berechnen und die Berechnungen reichen erstaunlich gut an die Realität heran, die man mit Experimenten beobachten kann.

Nun ist die Religion nicht genau dasselbe wie die Physik, aber wir können auch auf diese Weise arbeiten. Wenn wir die vielen tausend Unterschiede der vielen Religionen vernachlässigen und nur mit den Gemeinsamkeiten arbeiten, können wir auf einer gemeinsamen Basis interkulturell zusammenarbeiten. Die fremde Religion ist keine Bedrohung mehr und keine Konkurrenz, sondern ein Partner, mit dem man die Welt neu gestalten kann.

Darf man also vereinfachen? Ja, man darf. Innerhalb einer Religion oder Kultur würde ich vielleicht engere Massstäbe ansetzen, aber interkulturell dürfen wir die maximale Vereinfachung annehmen und die Unterschiede als irrelevant abtun - irrelevant im Sinne von: Nicht der allgemeinen Betrachtung dienend. Es sind lediglich Bilder und Erklärungen - mir gefällt der Begriff "Wegweiser" - der einzelnen Wege auf den Berg.

 

Energie und Zufall

Im ersten Kapitel habe ich als Hauptursache von Leid, Angst, Gier und Unwissenheit benannt. Im Laufe der letzten Wochen habe ich weitere Phänomene überprüft, die aber immer wieder auf Angst, Gier und/oder Unwissenheit zurückzuführen waren.

So ist zum Beispiel Neid ein Faktor, der zu Leid führen kann - sowohl beim Neider als auch beim Beneideten - aber Neid ist wiederum auf Gier, Angst und Unwissenheit zurückzuführen. Wenn ich auf das schönere Haus meines Nachbarn neidisch bin, so kann ich sowohl der Gier erlegen sein, ein schöneres Haus zu haben, oder ich könnte Angst haben, dass mich die anderen Nachbarn ob meines kleinen Häuschens auslachen. Es könnte auch einfach an Unwissenheit liegen, wie ich ein altes Haus zu renovieren habe.

Ist Energie oder mangelnde Energie auch auf die drei Faktoren zurückzuführen? Man kann wenig Energie haben, weil man nichts zu Essen hat und das könnte daher kommen, weil man von einem Gierhals ausgeraubt worden ist, oder weil man nicht weiss, wie man den Samen anbaut, das Korn wachsen lässt, um daraus Brot zu machen.

Was ist mit der Energie, die man hat oder die einem fehlt, obwohl es einem relativ gut geht? Jeder kennt das. Der eine wird nie krank, der andere liegt ständig im Bett. Manche Menschen schleppen sich um sieben Uhr abends müde ins Bett und stehen morgens spät auf, die anderen lesen bis in die späte Nacht Bücher, um dann um fünf bis sechs wieder ausgeschlafen auf der Matte zu stehen. Der eine stirbt mit 70, der andere ist noch mit 99 fit und munter.

Man kann nun einwerfen, dass das auf die Lebensumstände zutrifft. Wenn man sich gesund ernährt und viel Sport macht, bleibt man natürlich auch länger fit, als wenn man zum Beispiel viel Alkohol trinkt und raucht, ohne sich zu bewegen. Auch in diesem Fall kann man ein langes, energiereiches oder kurzes, energiearmes Leben auf die Faktoren Gier, Angst und Unwissenheit herunterbrechen.

Nehmen wir das Beispiel einer Migräne, das ich sehr gut kenne und am eigenen Leib erfahren musste: Ein Körper macht dann eine Migräne, wenn er keine Energie mehr hat, die vorhandenen Probleme zu kompensieren. So kann eine psychische oder seelische Belastung letztendlich zur Migräne führen, weil der Körper keine Möglichkeit mehr hat, Spannungen und Blockaden abzubauen. So eine Migräne ist ein grosses Leid für einen Menschen und ich wünsche es wirklich niemanden. 

Auch hier könnte man wieder auf Unwissenheit verweisen: Unwissenheit über das eigene Verhalten, um solche psychischen Probleme erst gar nicht aufkommen zu lassen. Würde ein Kind wissen, wie es sich gegen Misshandlung wehren könnte, würde es später nicht an dieser Gewalt nagen und auch keine Migräne machen. Bitte jetzt nicht einwerfen, dass ein Kind so etwas gar nicht wissen kann, denn das ist ja gerade das gemeine. Wir sind unwissend und müssen deshalb lernen. Die Unwissenheit bringt ja gerade das Leid.

Also richtig - Unwissenheit führt auch hier zu leid. Der Körper will uns etwas über die Migräne sagen. Er will sagen: "Hey, Du! Schau mal, was mit Dir los ist und lerne damit umzugehen. Ich erinnere Dich in einem Monat oder einigen Tagen wieder daran, um zu sehen, ob Du etwas gelernt hast!"

So gesehen ist der Faktor Energie kein originaler Ursprung für Leid, weil er sich in diesem Beispiel auf Unwissenheit zurückführen lässt. Trotzdem möchte ich die Energie nicht unterschätzen, denn die Energie ist bei den Menschen unterschiedlich verteilt.

Die Energie kann auch von Zeit zu Zeit variieren, was man zum Beispiel beim Autofahren merkt. Ist man frisch ausgeschlafen und voller Energie macht einem der verrückte Verkehrsteilnehmer nicht so viel aus, wie wenn man fix und fertig ist. Dann macht man mangels Energie Fehler und ein Unfall mit Verletzten ist schnell geschehen. Was habe ich schon ausgerufen: "Für eine Lektion in Geduld habe ich jetzt keine Zeit!"

Vieles scheint auch von Glück abzuhängen. So kann auch ein starker Raucher, der auch noch Alkoholiker ist, lange leben. Glück gehabt, würde man sagen. Oder wie ich es hier formulieren möchte: Er hatte viel Energie, um die Lasten auf seinen Körper zu kompensieren.

Ein Teil lässt sich - wie gerade gezeigt - auf unsere drei Faktoren Angst, Gier und Unwissenheit zurückführen, und dann gibt es da noch etwas, wie bei unserem glücklichen Raucher und Alkoholiker, der fitter ist als manch gesunder Asket. 

Genetisch bedingt! Da kann ein Mensch ja nun gar nichts dagegen unternehmen. Das wurde ihm von den Vorfahren mitgegeben.

Nun kommen wir zu etwas ganz Gemeinen, welches wir Menschen überhaupt nicht mögen: Der Zufall.

Manchmal ist es nur eine kleine Zufallsmutation in der DNA, die zu einer Behinderung oder Energielosigkeit führt oder aber zur Fähigkeit, hohe Körperbelastungen auszugleichen oder Krebszellen sofort auszuscheiden. Solche Mutationen kommen immer vor und verursachen in den meisten Fällen keine Probleme. In der Ahnenforschung kann man sogar den Verwandtschaftsgrad zweier Personen ermitteln. Zeigen ihre DNA grössere Abweichungen, sind sie weniger miteinander verwandt. Je ähnlicher, desto näher sind sie familiär verbunden. Anhand gewisser Gene lässt sich sogar ermitteln, um wieviel Generationen beide Individuen auseinanderliegen.

Wenn aber eine solche Mutation eine Behinderung hervorruft, dann erzeugt das Leid, ohne es auf Angst, Gier oder Unwissenheit zurückführen zu können. In diesem Fall kann der Mensch sein Leid mindern, indem er Angst, Gier und Unwissenheit mindert - sprich, indem er lernt, mit seiner Behinderung umzugehen. Der ursächliche Faktor ist der gemeine Zufall. Weil man zufällig in eine Familie mit problematischer DNA geboren wurde, hat man einen Herzfehler oder mangelnde Energie, etc. Durch einen glücklichen Zufall kann man aber auch wie schon beschrieben Krankheiten besser entgegentreten, wie zum Beispiel Krebszellen besser ausscheiden.

Diese Beispiele beschrieben nun zwei Extreme. Das erste Beispiel: die Migräne, welche auf Unwissenheit zurückgeführt werden konnte und das zweite Beispiel: die genetisch bedingte Behinderung, welche wir auf einen Zufall zurückführen (wir reden von keiner Behinderung, weil die Mutter rauchte oder ähnliches. Hier ist die Ursache wieder Unwissenheit oder Gier nach Lust).

Ein weiteres gemeines Beispiel wäre ein Unfall, der zum Beispiel auf eine Naturkatastrophe zurückzuführen wäre. Ich nehme mal ein sehr extremes Bild, um klar zu machen, worauf es mir ankommt. Wenn ein Mensch von einem Kometen getroffen wird, ist das Leid nicht auf Angst, Gier oder Unwissenheit zurückzuführen. Er war einfach am falschen Ort zur falschen Zeit. Gemeiner Zufall! Ich glaube, deutlicher kann ich es nicht mehr formulieren.

Wenn er hingegen von einem Blitz getroffen wird, ist das Zufall, aber auch Unwissenheit, falls er bei Gewitter mit einem Regenschirm durchs Gebirge wanderte.

Die meisten Beispiele, die man noch anführen könnte, werden zwischen diesen Extremen liegen. Ein Teil des Leids wäre auf Angst, Gier und Unwissenheit zurückzuführen, aber ein Teil auch auf den Zufall. Hier gibt es alle denkbaren Grautöne zwischen Schwarz und Weiss.

 

Alles in allem wäre die Ursache von Leid, Angst, Gier, Unwissenheit und böser Zufall. Auch die (fehlende) Energie lässt sich wie untersucht auf diese vier Faktoren zurückführen, obwohl ich sie immer noch als Sonderfall sehen möchte, weil es Fälle geben kann, in der man einfach in einer schlechten Verfassung ist. Geduld ist hier das Zauberwort - wir kennen es alle und der eine oder andere wird jetzt genervt mit dem Kopf nicken.

Kehren wir die Begriffe unserer ersten drei Faktoren ins Positive erhalten wir folgende Erkenntnis:

Man kann Leid mit Mut, Bescheidenheit und Wissen (zu dem ich auch die Geduld zähle) entgegentreten. So lässt sich das Leid in allen Fällen mindern oder sogar besiegen.

Leid und Entwicklung

Vor einiger Zeit hatte meine Frau jeden Tag heftige Rückenschmerzen. Wir hatten den Bürostuhl überprüft und ersetzt - half nichts. Die Klimaanlage in der Firma konnte vermieden werden, indem sie sich an einen anderen Ort umsetzte, wo die Klimaanlage keinen Zug erzeugte - half nichts. Eine Physiotherapeutin brachte kurzzeitig Linderung, aber letztendlich half auch sie nicht.

Manch einer mag in einer solchen Situation verzweifeln. Im christlichen Abendland hört man sehr oft: “Wie kann ein gütiger Gott all das Leid zulassen?”

Dieser Satz wurde schon seit jeher von den Theologen überprüft: Wir sprechen hier vom Theodizee-Problem, an dem sich die Gelehrten die Zähne ausbeissen. Dabei meint man die Versuche auf die Antwort der Frage, wie das Leid in dieser Welt mit einem Schöpfer zu vereinbaren ist, der sowohl allmächtig, allwissend, als auch gut ist (Charles Darwin: The autobiography of Charles Darwin. Hrsg.: Nora Barlow. Collins, London 1958).

Gemäss dem Rhetoriklehrer Lactantius (ca. 250 bis 317) formulierte schon der griechische Philosoph Epikur diesen Gedankengang wie folgt:

  • Entweder will Gott die Übel besiegen oder er kann es nicht
  • Wenn er es nicht kann, ist er schwach, aber Gott ist nicht schwach
  • Wenn er es kann aber nicht will
  • Dann ist Gott missgünstig, aber Gott ist gut und gütig
  • Wenn er es nicht will und es nicht kann, dann ist er schwach und nicht gütig, also ist er nicht Gott
  • Wenn er das Leid auslöschen will und es auch kann, dann ist er Gott
  • Woher kommt dann das Leid und warum nimmt er es nicht weg?

 

Einfacher formuliert:

 

  • Will Gott das Leid der Menschen mindern, aber kann es nicht, dann ist er nicht allmächtig oder nicht allwissend.
  • Will Gott das Leid der Menschen nicht mindern, ist er nicht gütig.

 

Hinter diesen Formulierungen schwingt immer die Frage mit: “Wozu ist das Leid da?”

Einen Lösungsansatz für dieses theologische Dilemma findet man beim Philosoph und Kirchenlehrer Augustinus oder beim Dominikaner Thomas von Aquin. Beide hatten die Auffassung, dass das Leid nicht etwas ist, sondern das Abhandensein von etwas - also Mangel an Guten. So ist Blindheit lediglich die Entbehrung des Augenlichtes.

Diese Theorie hatte bis ins 17. Jahrhundert regen Zuspruch.

Hier hat das Leid so gut wie keinen Sinn, weil es nicht existent ist und nur das Abhandensein von etwas ist.

Andere Lösungsansätze sprechen dem Leid aber doch einen Sinn zu. Bleiben wir in der christlichen Welt:

Gott will den Menschen zum besseren umgestalten: So sagte Hiob: “Vom Hörensagen hatte ich von Dir gehört; aber nun sehe ich Dich mit meinen Augen.” (Hiob 42,5)

Im Ps 78,34 steht da “Wenn er den Tod unter sie brachte, suchten sie Gott und wandten sich ihm wieder zu.”

Hier ist das Leid ein Mittel zum Zweck, damit sich der Mensch bessern kann.

Dieser Gedanke wurde von dem Religionsphilosophen John Hick in der Ireäischen Theodizee formuliert (benannt nach dem Kirchenvater Irenäus (ca 135 bis 200 im heutigen London). Leiden kann demnach für spirituelles Wachstum notwendig sein, wobei die Willensfreiheit eine Vorraussetzung sein muss (Armin Kreiner; deutscher Theologe).

Die Theorie ist einleuchtend: 

  • ich leide, 
  • ich wende mich deshalb Gott zu, 
  • er kümmert sich um mich, 
  • mein Leiden ist beendet oder bekommt zumindest einen religiösen Sinn.

Warum aber bei der Religion stehen bleiben? In meinen Worten möchte ich die Theorie wie folgt formulieren:

  • Ich habe ein Problem und deshalb leide ich, 
  • das Leid drängt mich dazu eine Lösung zu suchen,
  • ich forsche / lerne / reichere Wissen an,
  • ich erkenne den Grund oder den Auslöser 
  • ich beseitige das Problem, 
  • mein Leid ist beendet.

 

Bei den Rückenschmerzen meiner Frau haben wir nicht aufgegeben mit unseren Forschungen. Schliesslich hatten wir die Matratze unseres Bettes erneuert: Godja! Das war es. Keine Schmerzen mehr!

Unwissenheit war hier das Problem und das Leid wurde durch forschen und letztendlich durch Wissen mit nachfolgendem Handeln gelöst. Das Leid zwang uns zu einer Entwicklung (Wechsel der Matratze), um es zu beenden.

Wieder ist es so, dass das Anreichern von Wissen, das Leid beenden kann, ganz so wie in den vorherigen Kapiteln diskutiert wird.

Hatten noch die Theologen das Problem, das Leid von z.B. unschuldigen Kindern zu erklären, so ist auch hier die philosophische Lösung in den Ursprüngen von Leid zu finden: Angst, Gier und Unwissenheit.

Dass ein Kind in Ausschwitz leidet, weil es ein Nazi auf Grund von Angst, Gier und Unwissenheit quält, ist hier leider eine sehr unfäire und grausame Situation, wie schon im Kapitel zuvor beschrieben. Das ist leider kein Trost für die Leidenden.

Was aber geschah nach der Öffnung der Konzentrationslager? Es gab eine Erkenntnis bei den Menschen, wenn auch mit grossem Entsetzen und es gab den kollektiven Willen: Nie wieder so eine Barbarei!

Philosophisch gesehen, führte die Grausamkeit der Nazis zu einer Entwicklung Richtung Humanismus. Das Leid führte zu einer Entwicklung auf ein weiteres Level.

Man könnte das Theorem aufstellen, dass einer Entwicklung immer ein Leid vorausgeht (in welcher Intension auch immer).

Wenn ich die Nazi-Verbrechen erkenne, werde ich dafür sorgen, dass so etwas nicht wieder geschieht.

Wenn ich durch den Wald renne und bleibe an einem Ast hängen, werde ich das nächste mal vorsichtiger sein.

Wenn ich Rückenschmerzen habe, werde ich die Matratze wechseln.

Wenn ich als irischer Leibeigener nicht weiter bleiben will, gehe ich in die Neue Welt und versuche mich dort als Farmer im Wilden Westen. Möglicherweise gibt es dort eine bessere Zukunft.

Wenn es im Wasser zu ungemütlich wird oder an Land mehr Futter wächst als im Wasser, geht der Fisch an Land und entwickelt sich zur Amphibie. 

Wenn eine Epidemie oder eine Pandemie droht, werden Impfstoffe entwickelt.

Wurde ein Impfstoff gegen einen Virus entwickelt, wird dieser versuchen durch Mutation der Wirkung zu entgehen (Selektiver Druck). In diesem Falle leidet das Virus, wenn man das so sagen darf.

Ohne Leid - oder sagen wir abgemildert ohne Problem - keine Entwicklung und keine Evolution. 

Wer es gerne physikalisch hat, mag sich an folgender Metapher erfreuen: 

Wenn eine Glühbirne brennt, erfreuen wir uns an ihrem Licht. Dem Licht ging aber ein Stress voraus in Form von Spannung. Ein Strom kann nur fliessen, wenn zwei Energieniveaus vorhanden sind. Man nennt den Unterschied Spannung. Diese Spannung möchte ich in diesem Beispiel mit dem Leid oder einem Problem gleichsetzen, denn die Elektronen wollen in den Einheitsbrei des gleichen Energieniveaus zurückkehren. Die einzige Lösung für sie ist, sich über die Klippe des höheren Energieniveaus zu stürzen und auf Wanderschaft zu gehen. Dabei verlieren sie Energie, welche als Licht in der Glühbirne freigesetzt wird.

Gäbe es keine Spannung und keine unterschiedlichen Energien, würden die Elektronen faul an Ort und Stelle bleiben. Nichts würde geschehen. Es gäbe kein Licht.

Gäbe es einen Gott, der all unser Leid von uns nehmen würde, würden wir faul in der Ecke liegen und uns nicht entwickeln. Es gäbe keine Erfindungen, keine Wissenschaft und eigentlich gäbe es uns gar nicht. Vielleicht wäre die Evolution bei den Proteinen stehen geblieben oder bei den ersten Einzellern.

Dies ist das Prinzip von Ursache und Wirkung.

Mir geht es aber jetzt nicht darum, einfach an dieser Stelle zu stoppen und sagen: “Ok, dann hat das Leid also wenigstens doch was Gutes.”

Ganz im Gegenteil: Dies soll eine Aufforderung sein, so lange zu forschen, so lange sich zu entwickeln, so lange Wissen anzuhäufen, bis das Leid beendet ist.

Sicher ist es deprimierend, nicht alles Leid zu beenden. Das geht natürlich nicht. Für viel Leid sind andere zuständig, weil sie die Auslöser sind. Wir können nur das Leid beenden, das wir selbst auslösen - entweder bei unseren Mitmenschen oder bei uns selbst.

Dies können wir tun, indem wir uns fragen, ob wir uns von Angst, Gier oder Unwissen leiten liessen. Lässt sich eine Frage mit JA beantworten, müssen wir uns fragen: WARUM?

Wir müssen so lange forschen und WARUM fragen, bis wir die Lösung haben. Damit wird das Leid beendet.

 

Gier und Schwarmintelligenz

Den Werbeslogan "Geiz ist geil" kennen wir alle. Es ist die Gier, die uns zu solchen Ausdrücken antreibt. Wenn ich aber von Geiz spreche, spreche ich von "übertriebenen Geiz", der von Gier getrieben ist. Ich spreche nicht von Sparsamkeit, welche oft notgedrungen einem leeren Geldbeutel entspringt.

Aber was treibt uns zur Gier? Gier nach Geld oder Macht. Gier nach Suchtmitteln, wie Drogen, Sex, Alkohol, Vergnügen...

Auch hier unterscheide ich die Gier und den Überlebenskampf. Gier treibt uns dazu an mehr zu wollen, als wir benötigen. Wir wollen mehr Geld, Macht, Vergnügen - viel mehr als wir brauchen, um das Überleben zu sichern.

Ein Bankräuber giert in der Regel nach einem bequemen Leben. Im Gegensatz dazu gibt es als anderes Extrem den Mundraub, der selbst moralisch quasi akzeptiert ist.

Nein, hier dreht es sich um die Gier, die uns Menschen Leid zufügt - entweder anderen oder uns selbst. Ja, auch wir selbst können unter unserer eigenen Gier leiden. Das beste Beispiel ist der Junkie. Er leidet unter der Gier nach Drogen. Die Gier ist so gross, dass sie schon zum Überlebenskampf wird. Liess bitte genau: Sie WIRD zum Überlebenskampf. Anfangs war der Hang zu Drogen oder zum Alkohol eher die Gier nach Betäubung oder Vergessen.

In der Wirtschaft kennen wir die Gier, welche für unsere Gesellschaft heutzutage so typisch ist: reicher, mehr, weiter, höher, erfolgreicher, besser, noch besser, etc.

Dafür sind wir bereit hunderte von Mitarbeitern zu entlassen. Alles, um ein besseres Geschäftsergebnis zu erzielen. Natürlich ist das jetzt böse ausgedrückt und in der Regel wird kein Konzern Mitarbeiter abbauen, nur um besseren Profit zu machen. Aber, um zum Beispiel die Nummer eins auf dem Markt zu bleiben, wird dieser Konzern umstrukturieren, um effizienter aufgestellt zu sein. Das aber kann zu einem Abbau führen.

Man könnte anbringen, dass es das Überleben des Konzerns sichert, nicht auf Platz 2-5 abzurutschen. Aber warum ist das so? Nun, weil unsere Marktwirtschaft nicht menschenfreundlich, sondern gewinnfreundlich aufgestellt ist. Im Marketing spricht man ohne weiteres von "killen" oder "angreifen" oder "abwehren". Ergo: unsere Marktwirtschaft ist reiner Krieg.

Das nenne ich Gier.

 

Neulich bin ich bei uns oberhalb des Dorfes durch die Weinreben spaziert und sah den Zugvögeln zu. Es war die Zeit, in der die Stare wieder nach Süden zogen. Es war faszinierend, wie sie nebeneinander herfliegen konnten, ohne zusammen zu stossen.

So etwas nennen wir Schwarmintelligenz. Wir denken, dass es eine Intelligenz benötigt, um in einer solchen Wolke nicht zusammenzustoßen.

Tatsächlich passt aber das Individuum in einem solchen Schwarm nur auf seine nächsten Nachbarn auf. Es hält den Abstand vom linken und rechten Begleiter sowie zum Vordermann und Hindermann.

Intelligenz? Ja oder nein? Eindeutig JA. Es ist eine Intelligenz, die eine Achtsamkeit auf die Umwelt voraussetzt. Jeder achtet auf den anderen. Das Individuum geht im Kollektiv auf. 

Wenn ich nun die Schwarmintelligenz in SIQ ausdrücken will - Schwarm Intelligenz Quotient - so sagen wir hat ein Star oder ein Hering den SIQ 100. 

Tauben habe ich in der Luft schon zusammen knallen sehen, das gibt 30 Punkte Abzug: also 70.

Selbst Pflanzen spreche ich einen gewissen SIQ zu, denn sie wachsen alle schön parallel. Von Bäumen weiss man, dass sie (innerhalb einer Art) aufeinander achten - ja sogar, dass grosse Bäume kleine Genossen mit Nahrung versorgen, solange sie nicht genügend Licht erhalten, weil sie noch zu klein sind.

Welchen SIQ wird wohl der Mensch haben? Ich postuliere mal gegen null. Warum null? Schaut euch den Menschen auf der Autobahn an! Ich ich ich! Schaut ihn beim Sommerschlussverkauf an: ich ich ich. Geiz ist geil! Kann der Händler vom Niedrigpreis leben? Egal. Leidet die Schlachtsau im sterilen Stall? Egal! Muss der Kunde das überteuerte Produkt kaufen, weil er keine andere Chance hat zu überleben? Egal. Da haben wir sie wieder: die Gier.

Ich behaupte, dass ein Mensch so sehr auf sich selbst bezogen ist - auf sein eigenes ich, dass er einen SIQ hat, kleiner als eine Geranie.

Religion und Philosophie lehren uns das Gleichgewicht, die Harmonie und die Nächstenliebe. Aber als Masse haben wir Menschen immer noch nicht verstanden, uns in einem Schwarm zu bewegen.

So ist es auch in der Industrie. Nur die stärksten erfolgreichsten können überleben, können Profit machen. Deshalb werden Firmen geschluckt, deshalb fusionieren sie, und deshalb gewinnen oder sterben sie.

Also hat auch die Industrie keinen SIQ.

Lediglich kleine Firmen zeigen Anzeichen einer Schwarmintelligenz, sie neigen dazu, sich zu vernetzen. Sie bauen ein Netzwerk auf, in dem jedes Individuum auf das andere Individuum achtet. Ganz so wie in einem Schwarm. Hier hat man erkannt, dass die Gier nicht weiterhilft, das Überleben zu sichern. Nur im Schwarm oder im Netzwerk der kleinen Individuen/Firmen ist man stark.

Genau so sind die Schwärme der Natur entstanden. Die Natur lehrt uns hier, dass uns die Gier nicht viel hilft. Nur die Achtsamkeit auf andere Individuen sichert das Überleben und schadet den Anderen nicht.

Mit anderen Worten: Gier schafft Leid. Schwarmintelligenz oder Achtsamkeit auf Mitmenschen vermeidet Leid.

Dies müssen wir erst erlernen.

Da war es wieder: Lernen und Wissen hilft uns, die Gier zu überwinden, ganz so, wie sie auch Angst überwinden kann.

Die drei Dämonen, wie ich sie nenne: Gier, Angst und Unwissenheit. Alle drei können mit Wissen bekämpft werden.

 

Glaube und Religion

Wenn wir schon über Glaube und Wissen sprechen, dann sollten wir uns vielleicht auch das Verhältnis zwischen Glaube und Religion ansehen. Wie entstand der Glaube und wie wurde daraus eine Religion? Wann entstand der Glaube in unserer Menschheitsgeschichte und wann die Religionen?

Die Beantwortung letzterer Frage mag dem Seelenheil nicht so viel nützen, aber ist vielleicht im Gesamtbild doch interessant. Wann begannen wir Menschen, einen Glauben zu entwickeln? Erst als Homo Sapiens? Als Homo Erectus? Oder schon als Australopithecus? Oder etwa noch früher? Von Schimpansen weiss man, dass einige Familien einen besonderen Ort haben, an dem sie quasi zur Ruhe kommen. Sie blicken zum Beispiel auf einen wunderschönen Wasserfall an einem besonders lichtdurchfluteten Ort und verharren in ehrfürchtiger Stille. Natürlich kann man daraus noch nicht schliessen, dass die Schimpansen an ein überirdisches Wesen glauben, welches die Welt erschaffen hat und doch bleibt die Frage: Was tun sie hier? Ist es ein ehrfürchtiges "beten" oder eher ein "zur Ruhe kommen" wie ein Winzer am Abend mit seinem Rotwein auf der Terrasse mit Blick auf seine Weinreben?

Die Frage ist nicht zu beantworten - zumindest noch nicht.

Irgendwann, jedenfalls, haben wir Menschen begonnen uns unsere Umwelt zu erklären. Wir wussten nicht viel, also hüllten wir unsere Beobachtungen in Legenden. Wir hatten Metaphern benutzt, um unsere Umwelt zu beschreiben. Wir blickten zu den Sternen und begriffen, dass uns etwas so unumstösslich Mächtiges umgab, welches von etwas "Höherem" erschaffen sein musste. Wir schrieben diese Fähigkeit einem höheren Wesen zu, welches wir Gott nannten (oder wie auch immer). Wir hatten den Glaube erschaffen.

Je nach Umwelt, gestaltete sich der Glaube unterschiedlich. Bei den Buschmännern in Afrika musste er unweigerlich anders ausgesehen haben als bei den Inuit im ewigen Eis. Hätte man es gedacht? So einfach sind die Unterschiede zu erklären. Unterschiedliche Umwelt erfordert unterschiedliche Anpassungen und Bilder, welche die Welt um uns erklären.

Wahrscheinlich hatte jede Familie ihren eigenen Glauben und ihre eigenen Bilder und Vorstellungen. Im Laufe der Jahre wurden diese zu einem Bild kanalisiert.

Noch können wir aber nicht von Religion sprechen, denn im Moment beherrscht lediglich ein Weltbild die Köpfe der Menschen - eine Vorstellung der Welt, ihrer Entstehung und ihrer Ordnung, sowie unseren Platz darin. Es fehlte noch an einer Institution.

Der Übergang von einem Glauben einer Gruppe zu einer Religion, welche in einem Stamm ausgeübt wurde, mag fliessend gewesen sein. Aber je grösser die Stämme und letztendlich die Staaten wurden, desto mehr war die Religion eine Institution mit Ritualen, Dogmen und Priestern. Spätestens jetzt, als eine Institution (und ihre Macht) gegen Angriffe von Aussen verteidigt werden musste, führte eine Religion tatsächlich zum Krieg. Bei einem einfachen Glaube ist das unwahrscheinlich, denn da gibt es nichts zu verteidigen - nur zu glauben oder nicht zu glauben.

Glaube und Religion wurden lange Zeit als ein und dasselbe gesehen. In der heutigen Zeit meine ich aber zu erkennen, dass es immer mehr Menschen gibt, welche sich ihrer Religion abwenden, aber weiterhin gläubig bleiben. Auch hier ein eindeutiges Zeichen, dass Glaube und Religion zwei vollkommen unterschiedliche Dinge sind.

Religion ist die Institution - das meine ich durchaus nicht negativ. Eine Religion braucht ein Glaubensbekenntnis, welches sich von den anderen Religionen durchaus unterscheidet. Es muss überprüft werden, was dieses Glaubensbekenntnis beinhaltet und was nicht hineingehört. Die Religionen bieten den Menschen Halt, welche geistliche Unterstützung brauchen und das ist sehr gut so. Bisher wurden die Menschen in eine Religion (in eine Kultur) hineingeboren und blieben bei diesem Glaubensbekenntnis. Auch das ist richtig, denn wir wachsen in einer Kultur auf und verstehen diese Kultur, also auch ihre Religion. Das gibt uns Halt.

Nun sind wir Menschen aber alle unterschiedlich. So wie der eine bei der Arbeit am liebsten Routine erledigt, so ist ein anderer zu schnell davon gelangweilt und löst lieber schwierige Probleme, um bei Ihrer Lösung einen Endorphinschauer zu erhalten.

Im Glauben geht es weniger um Endorphine, sondern eher um Seelenheil. Während der eine Mensch sein Seelenheil in einer geordneten Umgebung findet mit festen Ritualen und Glaubensvorgaben, so fühlt sich ein anderer schnell in Dogmen eingeengt. Er möchte nach dem Warum fragen und darf es nicht. Dies schadet seinem Seelenheil. Er muss ausbrechen und seinen Glauben selbst finden. Offenbar gibt ihm die aktuelle Religion, welche er ausübt, nicht genügend Antworten. 

Wir reden hier nicht davon, dass eine Religion schlecht oder gut ist, sondern nur, dass der eine Mensch gewisse Bedürfnisse hat und der andere Mensch andere. Die Religion erfüllt aber nur die Bedürfnisse des ersten Menschen.

Wo soll nun der Mensch mit seinen Fragen hin, wenn ihm seine Religion nicht mehr helfen kann? Zu anderen Religionen? Es mag sein, dass es eine andere Religion gibt, welche seine Bedürfnisse erfüllt. 

In der heutigen Globalisierung kommt es sogar vor, dass ein Mensch mehrere Lehren hinzuzieht, um sich die Welt zu erklären - oder gar alle heiligen Schriften studiert.

Hier sind wir wieder beim Thema Vereinfachung durch Gemeinsamkeiten. Der Suchende wird feststellen, dass alle (grossen) Religionen den gleichen Kern haben. Er formt seinen eigenen Glauben, ohne einer Institution anzugehören. Möglicherweise gründet er selbst eine Religion - nun, dann hätten wir eine Religion mehr auf dieser Welt. Ob richtig oder nicht, steht nicht zur Debatte. Das einzige, was wir wissen ist, dass diese Religion für diesen Menschen die richtige ist - wahrscheinlich auch für manch andere.

Wieder haben wir gesehen, dass aus deinem Glauben eine Religion wurde, wie schon tausendmal zuvor.

(Über Religionen ohne Glauben möchte ich hier nicht sprechen, denn diese sind eindeutig der Gier der Gründer zuzuordnen, da sie ohne ehrliche Ethik und ohne Seelenheil für die Mitmenschen sind. Auch möchte ich nicht auf die Fälle eingehen, in denen Menschen aus Bequemlichkeit oder Spass-Sucht eine Glaubensgemeinschaft verlassen, um ohne Ethik leben zu können.)

Was ist also die Quintessenz?

Richtig für den einzelnen Menschen ist, wie er zu seinem Seelenheil kommt: es ist sein richtiger Glaube. Er kann in einer Religion verkörpert sein. Dann kann er seinen Glauben in einer Gemeinschaft ausleben und dadurch Heil erlangen. Es kann aber auch genauso sein, dass der Einzelne Antworten mehrerer Religionen, Wissenschaften oder Kulturen benötigt. Dann wird er seinen eigenen Glauben formen müssen. Er wird immer weiter auf der Suche nach Antworten sein und jedes Mal, wenn er ein Stück Antwort findet, wird er seinem Heil näher kommen.

Hier können Menschen verzweifeln, wenn sie nicht akzeptieren, dass wir Menschen nun mal nicht alles wissen können. Manche Punkte müssen offen gelassen werden. Mit anderen Worten: Wir müssen glauben.

Auch Atheisten müssen glauben. Sie mögen wohl nicht an Gott glauben, aber auch diese Menschen haben eine Vorstellung von der Welt. Das ist ihr Glaube. Man mag nun die Nihilisten ins Feld führen, welche wirklich an gar nichts glauben wollen - im Gegensatz zu den Atheisten, welche nicht an Gott glauben.

Ehrlich gesagt zweifle ich an die Existenz eines wahren Nihilisten. Denn ein Glaube kommt ganz von alleine und wenn es nur der Glaube daran ist, dass man Nihilist ist und an die Realität glaubt. Wir können gar nicht anders als zu glauben. Aber es muss nicht unbedingt in einer Religion sein. 

Der Weg des Suchenden geht von einer Religion zur nächsten, wenn sie nicht passt. Er wird aber nicht alle Lehren der Religion, welche er verlässt, verneinen, denn die Lehren in der Religion haben ihren Sinn und sind durchaus bedeutend. Meist ist der Suchende mit der Verwaltung oder dem einen oder anderen Dogma nicht einverstanden.

Wenn der Suchende zu dem Schluss kommt, dass viele Religionen die Lösung sind, so hat er seinen Glauben aufgebaut, welcher ihm zum Seelenheil bringt.

 

Nichts als Bewusstsein

 

Mit meinem Vater hatte ich mich öfters philosophisch ausgetauscht. Er hatte ein immenses Wissen an Fakten. Leider ist er vor zwei Wochen verstorben - immerhin mit 95 Jahren und fit bis zum letzten Tag.

Der Verlust eines lieben Menschen lässt einen natürlich darüber nachdenken, was nach unserem irdischen Leben mit uns geschieht.

“Mit uns” - wahrscheinlich ist schon die Frage falsch. Gibt es überhaupt ein WIR bzw. ein ICH? Im Buddhismus wird nachgewiesen, dass es kein ICH geben kann, weil alles - auch das ICH - der Veränderung unterworfen ist. Das ICH von gestern ist ein anderes als heute - ergo kann es kein kontinuierliches ICH geben.

Aber darum geht es mir im Moment gar nicht. 

Was geschieht, wenn ich sterbe? Ewiges Leben auf Wolken mit Halleluja, Hosianna und Engelchen mit Harfe? Himmel und Hölle? 72 Jungfrauen? Die ewigen Jagdgründe? Als Seele zwischen den Sternen sitzend und die Menschen beobachtend oder gar zwischen ihnen umherirrend? 

Sind unsere Seelen überhaupt persönlich oder lösen wir uns auf? Sind wir nur eine Energiewolke aufgelöst in den Energien aller anderen Verstorbenen?

Oder ist da am Ende sogar gar nichts? Das Ende allen Bewusstseins.

Um es vorwegzunehmen: Ich persönlich glaube an eine Existenz nach dem Tode - nur wie das aussieht, kann ich natürlich nicht sagen.

Wir werden es wahrscheinlich nie ergründen und erst erfahren, wenn wir sterben - oder vielleicht auch selbst dann nicht. Letzteres empfände ich persönlich als sehr frustrierend.

Als Wissenschaftler bin ich es gewohnt, Extreme anzusehen: Als singend zwischen den Engeln und dem Gegenteil - das Nichts.

Das Nichts wird übrigens im Hinduismus als Nirvana angestrebt, weil das Leben mit Leid verbunden wird. Auch Buddha meinte: Leben ist Leid. Es gibt einen Ausweg aus dem Leid: Die Vernichtung des Karmas und die letztendliche Auflösung.

Betrachten wir uns das Nichts:

Aber was ist das Nichts? Schon als Kind hatte ich versucht, mir das Nichts vorzustellen. Es gelang mir einfach nicht - denn letztendlich stellte ich mir einen dunklen Raum vor, ähnlich wie im All schwebend ohne Sterne. Nichts ist aber weniger - es ist nicht einmal Dunkelheit. Da ist kein Chaos, keine Dunkelheit, kein Licht - da ist NICHTS!

Damals begriff ich schnell, dass unser Geist den Begriff des NICHTS nicht erfassen kann. Es ist jenseits unseres Begreifens und unserer Vorstellungskraft. Wir sind es gewohnt, in unseren drei Dimensionen plus der Dimension Zeit zu Denken. Eine weitere Dimension überfordert die meisten von uns schon. Wir können zwar mehrdimensionale Räume berechnen und in der Physik arbeitet man sogar mit vieldimensionalen Strings und Branen, aber wirklich begreifen können wir es nicht. 

Das Nichts ist sogar weniger - es ist null-dimensional. Es ist etwas ohne Dimension, weil es nichts ist.

Wenn wir wirklich im Nichts landen würden, wäre auch unser Bewusstsein verschwunden. Das Nichts ist das Ende unseres Bewusstseins.

Wenn wir tatsächlich ins Nichts gehen würden, kämen wir auch aus dem Nichts.

Also konzentriere ich mich - die beste Zeit dafür ist kurz vor dem Einschlafen - und versuche mich an die Zeit vor der Geburt zu erinnern. Milliarden von Jahren waren schon vor meiner Geburt verstrichen, aber ich war nicht da. Ich habe keine Erinnerung an die Existenz vor meiner Geburt. Hatte ich damals schon ein Bewusstsein und kann mich daran nur nicht erinnern oder hatte ich schon damals kein Bewusstsein? War ich schon damals im Nichts?

Die alten Griechen glaubten an einen Ort, wo die Seelen verweilen. Sie leben dort im Elysium in vollkommener Glückseligkeit oder im Tartaros unter unvorstellbaren Qualen. Es gab an diesem Ort aber auch eine Welt der Ungeborenen.

Das hatte mich beeindruckt. Die Welt der Ungeborenen und der Verstorbenen war die gleiche?

Wenn wir tatsächlich davon ausgehen, dass wir aus dem Nichts kommen und wieder ins Nichts gehen, dann hätten wir nur die winzige Spanne an Zeit während unseres Lebens ein Bewusstsein. Mögen es bei einem langen Leben 90 bis 100 Jahre sein! Im Vergleich zur sogenannten Ewigkeit ist das nichts. 

Man schätzt das Alter unseres Universums im Moment auf 13.799±0.021 Milliarden Jahre, basierend auf der Expansionsgeschwindigkeit. 

Nach uns werden auch noch einige Milliarden Jahre ins Land gehen - ganz ohne uns.

In dieser Zeit sind wir schlicht und ergreifend nicht da. Wir haben nicht erleben dürfen, wie unser Universum entstanden ist. Wir haben nicht gesehen, wie der erste Dinosaurier aus einem Ei geschlüpft ist und wir werden nicht sehen, wie sich unsere sterbende Sonne zu einem Roten Riesen ausbreitet und die Erde verschlingt, ehe sie als weisser Zwerg vollkommen verglüht uns als kleiner schwarzer Brocken endet.

Von all dieser unvorstellbaren langen Zeit, deren Anfang und Ende wir nicht einmal benennen können, sind uns maximal 100 Jahre plus minus gegeben. 

Aber wow! Was wir mit diesen 100 Jahren anfangen! Was wir alles erreicht haben und erreichen können! Das ist beeindruckend. Lasst uns also nicht auf das schauen, was wir nicht sehen oder erleben dürfen, sondern auf das, was wir erkennen.

Als ich diesen Punkt begriffen hatte, war ich erfüllt von Dankbarkeit und ich begriff den Ausdruck “Wunder des Lebens” erst richtig.

Wenn wir also davon ausgehen, dass wir für kurze Zeit ein Bewusstsein aus dem Nichts entwickeln, dann ist das ein Grund für Dankbarkeit. Ich sehe mir die Welt an und lebe viel bewusster. 

Da ist aber auch keine Angst vor dem Ende oder vor dem Nichts, denn das würde nichts bringen. Auch wenn ich meine Lebenszeit verdoppeln könnte, wäre diese Zeit immer noch ein kurzes Aufflackern im Universum. Selbst eine Millionen Jahre wären im Vergleich sehr kurz. Also warum sich dagegen stemmen?

Wir sind in die Ewigkeit eingebunden und haben ein Geschenk erhalten (von wem oder was auch immer): Unser Leben und unser Bewusstsein.

Ich weiss nicht, was diese Gedanken bei Dir bewirken, lieber Leser, aber bei mir bewirken sie neben Dankbarkeit ein intensiveres Leben. Ich sehe viel mehr um mich herum - vielleicht nicht wirklich mehr, aber intensiver.

 

Und wenn am Ende doch ein Jenseits mit so etwas wie einem Bewusstsein auf uns wartet, dann ist auch das ein Wunder. Lasst uns also Dankbar sein.



Impressum

Tag der Veröffentlichung: 08.01.2017

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