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Vorneweg

 

LOREM IPSUM

… und andere Kurzgeschichten

 

Jahrbuch 2019

deutsche-science-fiction.de

 

Herausgegeben von Uwe Post

 

 

 

 

Diese Veröffentlichung ist kostenlos.

Alle Rechte verbleiben bei den Autoren.

 

Besuchen Sie uns für Neuigkeiten und Informationen über deutschsprachige Science Fiction:

 

https://deutsche-science-fiction.de

 

 

 

»Wirklich recht kurze Ansprache« von Uwe Post

Willkommen zum Jahrbuch 2019 von deutsche-science-fiction.de!

Seit Ende 2018 veröffentlicht unser Portal Science-Fiction-Kurzgeschichten deutschsprachiger Autoren. Natürlich erscheint nicht jede Einsendung auf unserer Seite. Ein gewisses sprachliches Niveau setze ich als Herausgeber voraus, außerdem lehne ich allzu abgegriffene Ideen ab.

Dieses E-Book enthält alle Kurzgeschichten, die zwischen Ende 2018 und Ende 2019 auf unserer Webseite erschienen sind.

Im Anhang finden Sie eine zweifellos unvollständige Übersicht von 2019 neu erschienenen Romanen sowie die Preisträger der beiden wichtigsten SF-Preise.

Gewinne aus dem Verkauf dieses Buchs fließen in den Betrieb des Webportals deutsche-science-fiction.de.

 

Der folgende Text steht an Stelle eines Vorworts. Ich habe ihn im November 2019 im Rahmen des bundesweiten Vorlesetags an zwei Grundschulen in meiner Umgebung mehreren hundert Grundschülern der Klassen 1 bis 4 vorgetragen, um ihnen verständlich zu machen, was diese ominöse »Science Fiction« eigentlich ist. Zusätzlich habe ich den Unterschied zwischen Astronomie und Astrolügie erklärt, die geschätzte Anzahl Sterne im Weltraum an die Tafel geschrieben und eine lustige Geschichte von mir vorgelesen.

Die Kinder hatten dabei ne Menge Spaß und haben hinterher spannende Fragen gestellt.

Das Interesse ist da - sorgen wir dafür, dass es wächst.

 

Ihr

Uwe Post

Herausgeber und Chefredakteur deutsche-science-fiction.de

 

Science Fiction ist ...

 

... ja, was eigentlich?

 

Wir alle leben auf unserem Heimatplaneten, der Erde.

Der Mond kreist um die Erde.

Die Erde kreist um die Sonne, und mit ihr die anderen Planeten: Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun, Äh-Dingsda.

Die Sonne ist einer unter vielen Milliarden Sternen in unserer Galaxis, der Milchstraße, in der sie wohl nicht als besonders tolles Urlaubsziel gilt, sonst wäre ja hier alles voller Außerirdischer, oder etwa nicht?

Die Milchstraße ist eine von Milliarden Sterneninseln in unserem Universum, und einige Physiker behaupten: Universum? Ach komm, davon gibt es doch unendlich viele.

Und dieser ganze Multi-Kosmos ist der Schauplatz von Science Fiction-Geschichten.

 

Science Fiction ist, wenn Raumschiffe durch Asteroidenfelder Slalom fliegen und mit bunten Laserstrahlen um sich schießen, einfach weil‘s echt cool aussieht.

Science Fiction ist, wenn Außerirdische mehr Beine, Arme oder Hirn besitzen als wir Menschen, es sei denn, den Filmemachern fehlt es an Geld, dann kleben sie einfach jemandem ein Gummi-Irgendwas auf die Nase und behaupten: So sehen die Leute halt aus, drüben auf dem Planeten Äh-Dingsda!

Science Fiction ist, wenn längst ausgestorbene, mächtige Sternenvölker irgendwo geheimnisvolle Schätze versteckt haben, nach denen noch geheimnisvollere Abenteurerinnen und Abenteurer suchen, natürlich nicht ohne unterwegs in Asteroidenfeldern Slalom zu fliegen und mit bunten Laserstrahlen auf verärgerte Außerirdische mit sonderbarer Bein- oder Arm-Anzahl zu schießen.

 

Science Fiction ist aber auch die Frage nach der Zukunft, die Frage, was alles denkbar ist.

Science Fiction ist »Was wäre, wenn …?« in Form von Geschichten.

Was wäre, wenn jemand eine Maschine erfinden würde, mit der man sich unsichtbar machen kann?

Was wäre, wenn Kühe und Schweine sprechen lernen würden, und sie uns in aller Ruhe erklären, dass wir doch bitte lieber Gemüse essen sollten?

Was wäre, wenn wir die Sache mit dem Klimawandel nicht in den Griff bekämen?

Was wäre, wenn etwas so Unvorstellbares geschehen würde, das … das so unvorstellbar ist, dass es bisher noch keinem einzigen Menschen eingefallen ist?

Was wäre, wenn wir Roboter als Lehrer einsetzen würden und dann ... fällt der Strom aus?

 

Science Fiction stellt solche Fragen, regt zum Nachdenken an und zeigt, was sein könnte – in Form von Geschichten. Denn wir Menschen lieben Geschichten, erzählt am Lagerfeuer, gelesen vorm Schlafengehen, angeschaut im Kino oder bei Netflix, sogar miterlebt in manchen Spielen.

Deshalb gibt es Menschen, die Geschichten erfinden, erzählen, aufschreiben. Wir brauchen Menschen, die uns etwas zeigen, das wir vermutlich noch nie zuvor gesehen haben. Weil es das alles ja gar nicht wirklich gibt.

Noch nicht.

Ideen kennen keine Grenzen – eure Gedanken sind frei!

Es lebe die Fantasie!

 

 

 Copyright 2019 Uwe Post

 

 

»Stillstand« von Uwe Hermann

Uwe Hermann gewann 2018 sowohl den Deutschen Science Fiction Preis als auch den Kurd-Lasswitz-Preis für die Kurzgeschichte »Das Internet der Dinge«. Nichts liegt also näher, unsere neue Kurzgeschichten-Rubrik mit einer Story dieses bemerkenswerten Autors zu starten. Die hier vorliegende Geschichte erschien 2017 in der Anthologie »Die Rückkehr zum grünen Kometen« zum 90. Geburtstag von Herbert W. Franke in der Phantastischen Bibliothek Wetzlar und wird außerdem in Uwe Hermanns Erzählband »Der Raum zwischen den Worten« enthalten. Weitere Infos auf seiner Homepage: www.kurzegeschichten.com

 

 

 

 

Wie die Wochen zuvor, saß ich gelangweilt hinter der Kasse der Tankstelle, las in einem Magazin, und wartete darauf, dass meine Nachtschicht endete. Auf einen Kunden hoffte ich schon lange nicht mehr. Seit die Bauarbeiten an der Kreuzung ein paar Kilometer entfernt begonnen hatten, verhinderte ein Loch in der Straße, dass jemand zu unserer Tankstelle gelangte. Trotzdem verlangte der Vertrag der Mineralölgesellschaft, dass wir rund um die Uhr geöffnet hatten. Also saß ich Nacht für Nacht hinter dem Tresen und ärgerte mich über die schleichenden Zeiger der Wanduhr. Inzwischen war ich sicher, dass wir pleitegingen, bevor sich ein neuer Kunde in die Tankstelle verirrte.

Um kurz nach drei Uhr morgens wusste ich, dass ich mich getäuscht hatte, denn zu dieser Zeit betrat ein großer Mann den Vorraum der Tankstelle. Ich hatte keine Motorengeräusche gehört und schreckte hoch, als er vor mir stand. Er hielt ein smartphoneähnliches Gerät in der Hand und tippte auf dem Display herum.

»Verstehst du mich?«, fragte er.

Ich nickte und er steckte das Gerät zurück in die Tasche.

»Harmonie! Kann ich bei dir Lebensmittel und Wasser erwerben?«

»Sicher.« Ich wies in Richtung der Regale. »Mineralwasser ist kein Problem, aber an Lebensmitteln haben wir nur Kekse und Konserven. Es kommen zu selten Kunden, als dass sich frische Ware für uns noch lohnen würde.«

Der Mann ging zu den Regalen hinüber und betrachtete unser Angebot. »Das ist essbar?«

Ich nickte. »Das meiste schon.«

Die Luft um ihn herum flackerte. Ich kniff die Augen zusammen. »Sie flimmern.«

Er drehte sich zu mir herum. »Das ist nicht meine richtige Gestalt. Ich habe dieses Aussehen nur angenommen, um dich nicht zu erschrecken.«

»Ich habe mich schon gefragt, warum Sie wie der Kerl draußen auf der Eiscreme-Werbetafel aussehen.-«

»Ich trage darunter einen Raumanzug.«

»Aha.«

Ihm entging meine Skepsis nicht. »Ich bin ein Weganer.«

»Sie meinen kein Fleisch und so?«

»Nein, ich komme von dort. Mit einem Raumschiff.«

Ich schaute aus dem Fenster. An den Zapfsäulen stand kein Fahrzeug, nicht einmal eines, mit vier Rädern. »Mit einem Raumschiff?«

»Ja, es liegt nicht weit entfernt von hier.« Er zögerte. »Ich hatte Probleme.«

»Sind Sie abgestürzt?« Nicht, dass ich seinen Worten glaubte, aber meist war es besser, wenn man den Kunden nicht widersprach.

»Abgestürzt ist nicht das richtige Wort. Dazu hätte ich fliegen müssen.« Sein Gesicht verzog sich. »Und genaugenommen ist dein Planet in mein Schiff gekracht. Mein Raumschiff ist mit einer neuen Antriebsart ausgerüstet: Bewegung durch Stillstand.«

»Klingt wie der Wahlspruch unserer Regierung.«

Er nahm eine Kiste mit Mineralwasser aus dem Regal und wandte sich dem Kekssortiment zu. »Es ist ganz einfach. Alles im Universum bewegt sich. Dein Planet dreht sich mit mehr als eintausend Kilometern pro Stunde um die eigene Achse. Dazu kommt die Geschwindigkeit, mit der er um die Sonne kreist. Etwa einhunderttausend Stundenkilometer, richtig?«

Ich nickte, ohne zu wissen, ob er recht hatte.

»Und natürlich bewegt sich auch das Sonnensystem. Ebenso, wie die Milchstraße und alles andere. Alles ist in Bewegung.«

»Und?«

»Mein Schiff bewegt sich nicht. Unsere Wissenschaftler haben eine Möglichkeit gefunden, wie wir seine relative Geschwindigkeit stoppen können. Ich versetze es während des Fluges in einen Zwischenraum der Realität und halte an.«

»Dann beschleunigen Sie nicht Ihr Raumschiff, sondern stoppen es?«

»Genau, es ist ein Stillstand-Antrieb. Ich halte an und lasse mein Ziel auf mich zu kommen.«

»Und wie navigieren Sie dann?«

»Nun ja, es ist ein Prototyp. Der Antrieb ist noch in der Entwicklung und ehrlich gesagt haben unsere Wissenschaftler die relative Geschwindigkeit des Universums unterschätzt.«

»Verstehe, deshalb Ihr Absturz.«

Ich erinnerte mich an einen Artikel in einem Magazin, den ich in der letzten kundenlosen Nacht gelesen hatte.

»Aber wie konnten Sie dann zu uns gelangen? Ich dachte, das Universum wäre so riesengroß, dass man Jahrzehnte fliegen müsste, bis man den nächsten bewohnbaren Planeten erreicht.«

»Das haben unsere Wissenschaftler auch behauptet. Offensichtlich haben sie sich verrechnet, sonst wäre ich ja nicht hier.«

»Ärgerlich, und was wollen Sie jetzt tun?«

»Weiter warten und hoffen, dass irgendwann ein bekannter Teil der Milchstraße an mir vorbeikommt.«

»Na, dann viel Erfolg.«

Er schaute zu dem Ständer mit den Straßenkarten hinüber. Ich kam seiner Frage zuvor und schüttelte den Kopf. »Die sind alle schon ein paar Jahre alt. Und ich bezweifele, dass wir eine Karte dieser Galaxis haben.«

Nachdem er sich noch ein paar Dosen mit Obst geholt hatte, legte er mir einen Ei-großen Diamanten auf den Tresen. »Reicht das als Bezahlung?«
Ich betrachtete den Edelstein skeptisch. »Ist der echt?«

»Sicher.« Er nickte. »Der Stein besteht aus modifiziertem Kohlenstoff und ist keine Illusion, wenn du das meinst. Ich habe ihn selbst hergestellt.«

»Dann reicht er.«

Ich verstaute den Diamanten in einer Schublade neben der Kasse und packte seine Einkäufe in mehrere Tragetaschen mit dem Slogan unserer Tankstelle: Wir bringen Sie in Bewegung!

Der Außerirdische griff nach den Tüten und bedankte sich. »Harmonie!«

»Harmonie«, antwortete ich und sah ihm nach, wie er auf den Ausgang zu ging.

»Gutes Stillstehen!«, rief ich ihm noch nach.

Er drehte sich lächelnd zu mir herum: »Und dir gute Reise!« Dann ging er und ich widmete mich wieder meinem Magazin.

 

Copyright 2017 Uwe Hermann

 

»Lorem Ipsum« von Frank Hebben

Frank Hebben, 1975 in Neuss geboren. Neuromancer, Werbetexter, technischer Redakteur. Bekannt für seine oft düsteren, sprachlich geschliffenen Visionen. Er ist womöglich der Letzte, von dem man eine Weihnachtsgeschichte erwartet. Umso mehr freuen wir uns, hier als Dezember-Kurzgeschichte und Erstveröffentlichung sein neues Werk präsentieren zu können. Alles über Frank Hebben findet ihr auf schwarzfall.de.

 

 

 

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Copyright der Texte bei den jeweiligen Autoren
Bildmaterialien: Copyright der Illustrationen: Uwe Post
Cover: Coverillustration: Uwe Post
Tag der Veröffentlichung: 12.12.2019
ISBN: 978-3-7487-2347-9

Alle Rechte vorbehalten

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