Cover

Der verschwundene Ehering

 

Seit nunmehr fünf Jahren bin ich mit meinem Mann glücklich verheiratet. Es war eine wundervolle Zeit, diese möchte ich um nichts in der Welt missen. Kennengelernt hatten wir uns im Zug, nach meiner aktiven Zeit bei der Bundeswehr war ich noch Reservist, ich war auf der Heimweg von einer Übung. Bereits beim ersten Blick knisterte es zwischen uns und wir kamen ins Gespräch, an dessen Ende wir uns verabredeten. Diesem ersten Treffen folgten mehrere und wir wurden ein Paar. Etwa eineinhalb Jahre später gaben wir uns das Ja-Wort.

 

Natürlich gab es, wie es in jeder Ehe vorkommt, auch bei uns Höhen und Tiefen. Vor ungefähr drei Wochen jedoch gab es ziemlich großen Stress – und der Auslöser dafür war eigentlich ein ganz harmloser – mein Ehering, der sich aus für mich unerklärlichen Gründen nicht mehr an meinem Finger befand.

 

Mein Liebster und ich saßen gerade bei einem Feierabendbier auf der Terrasse und relaxten, als Ralf die Augenbrauen hochzog, mich kritisch anblickte und leicht verwundert ansprach:

 

„Du Carsten-Schatz, sag mal, wo hast du eigentlich deinen Ehering?“

 

Im ersten Moment wusste ich nicht, was mein Mann wollte.

 

„Wo soll er denn sein? An meinem Finger natürlich.“

 

„Nein, schau selbst. Wo ist er?“

 

Verdutzt schaute ich auf meine Hand.

 

„Ups, tut mir leid. Ich werde wohl vergessen haben, ihn wieder anzuziehen.“

 

„Aber weswegen hast du ihn eigentlich abgelegt?“

 

„Du kannst dich bestimmt daran erinnern, dass ich kürzlich mal wieder auf der Reservistenübung war, da wollte ich ihn nicht mitnehmen, da ich Angst hatte, ihn im Wald zu verlieren.“

 

„Kürzlich ist sicherlich übertrieben. Das liegt doch bereits Wochen zurück. Für mich hättest du genug Zeit gehabt, ihn wieder aufzusetzen.“

 

Ralf schaute mich leicht mürrisch an. Diesen Blick kannte ich und dieser verriet in den meisten Fällen nichts Gutes.

 

„Ich such ihn und werde ihn gleich wieder anlegen“, versuchte ich ihn zu beschwichtigen und bei diesen Worten durchfuhr es mich siedend heiß.

 

Verdammt, wo hatte ich den Ring bloß gelassen? Krampfhaft überlegte ich. Um der unangenehmen Situation mit meinem holden Gatten zu entfliehen, ging ich hinein, um mit der Suche zu beginnen. Es war egal, wo und wie lange ich nach dem Schmuckstück suchte – an diesem Abend blieb er verschwunden.

 

Selbst als ich mit Ralf im Ehebett lag, herrschte eisiges Schweigen. Mein Mann ließ mich deutlich spüren wie sehr er die Sache mit dem Ehering missbilligte. Er schmollte und wollte nicht mal kuscheln, selbst einem Gute-Nacht-Kuss entzog er sich.

 

Drei Tage brauchte ich, um den Ring zu finden. Fieberhaft überlegte ich wo ich ihn hingetan hatte. Plötzlich jedoch fiel mir der Tag ein, an dem ich zur Übung abfuhr, da hatte ich noch geduscht und den Ring im Badezimmer abgelegt und in eine der vielen kleinen Dekoboxen gesteckt. Erleichtert holte ich ihn heraus und legte ihn schnell wieder an. Mir fiel ein Stein vom Herzen und ich atmete tief durch.

 

Zum Glück war mein Schatz noch nicht daheim. Da er gutes Essen liebte, wollte ich ihn mit einem schönen Dinner überraschen und zeigen, dass ich den Ring wiedergefunden hatte und trug, denn in dem Punkt ist er mehr als pingelig, jedoch auf eine sehr liebenswerte Art. Kurzum gesagt, mit diesem Abend konnte ich die Situation retten. Als Ralf meine Mühen sah, freute er sich darüber und merkte, dass er mir wichtig war. Nicht nur, dass ich die Situation retten konnte – nein, es wurde ein wundervoller und romantischer Abend, wir kuschelten ausgiebig, später zogen wir uns zurück und genossen den Abend anderweitig, mit etwas, worüber der Kavalier genießt und schweigt.

 

Unseren fünften Hochzeitstag feierten wir in einem größeren Rahmen mit Familie, Freunden, Kollegen und guten Bekannten. Die Feier ging bis in den späten Abend. Als wir schließlich wieder allein waren, da nahm er mich an die Hand, präsentierte mir eine Überraschung und meinte:

 

„Schau mal Schatz, ich habe eine Kette gekauft. Falls du mal wieder zu einer Übung musst, gibst du mir deinen Ehering und ich trage ihn solang an eben diesem Schmuckstück, so begibst du dich niemals wieder in die Gefahr, ihn zu verlegen.“

 

„Das ist eine tolle Idee Darling, genau dafür liebe ich dich.“

 

Arm in Arm gingen wir lachend heim, in der Gewissheit, dass zukünftig so ein solches Malheur und vor allem auch Stress vermieden werden kann, bevor die Frage gestellt wird: „Wo ist dein Ehering, Schatz?“

 

***Ende***

 

Copyright: 29.03.2017

Autor: Harald Grenz

Anmerkungen

 Dies ist nun die endgültige, überarbeitete und korrigierte Fassung der Kurzgeschichte. Sie wurde für den KGW März/April 2017 in der Gruppe Kurzgeschichten geschrieben.

 

Das Coverbild zu diesem Buch wurde legal von der Webseite www.pixabay heruntergeladen. Die Regeln zum Download kann man dort nachlesen.

 

An dieser Stelle ein herzliches Danke an meine Freunde die mich bei diesem Buchprojekt mit Rat und Tat so gut unterstützt haben.

 

Der Autor

 

Nachtrag:

Diese Kurzgeschichte war ursprünglich für einen Wettbewerb. Leider wurde dieser mangels Teilnahme eingestellt.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 29.03.2017

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /