Gestern war meine Hochzeit, Nico und ich haben geheiratet. Während mein Schatz noch schläft, liege ich noch wach und lasse die vergangene Zeit an mir vorbeiziehen.
Einsam war ich, abgesehen von einigen Freunden. Lange hatte ich keine Beziehung gehabt, außer etwas Flüchtiges. Als schwuler Mann hat man es nicht leicht, vor allem wenn man nicht dem optischen Standard entspricht. Als Schwuler muss man groß und vor allem schlank sein.
Wenn ich oft die Berichte höre oder lese, wo für die Rechte der Homosexuelle eingetreten wird, für die Gleichberechtigung und die Toleranz. Aber nur zu oft fehlt es unter den Schwulen die eingeforderte Toleranz, dass hab ich am eigenen Leib gefühlt.
Und genau diese Intoleranz tat mir immer mehr weh. Meine Freunde versuchten immer mich aufzubauen und sprachen mir Mut zu. Doch mir fiel es immer schwerer dagegen anzukämpfen und die dummen Sprüche zu ignorieren.
Trotz das meine Freunde immer zu mir standen, ich fühlte mich immer deprimierter und es war körperlich fühlbar. Mir ging es immer schlechter. Es endete damit das ich mit Anfang 30 einen Herzinfarkt erlitt.
Irgendwann wachte ich im Krankenhaus auf, an vielen Geräten angeschlossen. Traurig stellte ich fest, ich lebte noch. Mein bester Freund fand mich und sorgte dafür das ich in die Klinik kam.
Mutlos sank ich sehr tief ins Bett und fragte mich: „Warum lebe ich noch und wofür?“ Obwohl sich die Ärzte und das Pflegepersonal sehr um mich bemühten um gesund zu werden, so wuchs doch meine Verzweiflung.
Irgendwann war ich so stabilisiert das ich von der Intensivstation verlassen konnte. Doch man wollte mich weder entlassen noch mich auf eine normale Station verlegen. So kam ich auf eine psychologische Station. Dort sollte versucht werden meine seelische Situation zu verbessern und mich aufzubauen.
Dort lernte ich Nico kennen. Wir teilten uns ein Zimmer. Er war etwas jünger als ich. Er hatte eine körperliche Behinderung, ein verkürzter Arm, dies konnte medizinisch nicht behoben werden. Auch er litt deswegen sehr. Nur anders als bei mir, hatte er versucht sich das Leben zu nehmen.
Die ersten zwei Tage schwiegen wir uns mehr oder minder an, abgesehen von etwas Smalltalk. Doch ab den dritten Tag fing das Eis langsam an zu brechen.
„Hallo, ich bin übrigens Nico.“
„Hi, und ich bin Manfred.“
„Weswegen bist du eigentlich hier Manfred?“
„Wegen eines Herzinfarktes. Und du?“
„Wegen meiner Armbehinderung.“
„Aber das ist doch eigentlich nichts für die Psychologische Abteilung.“
„Ein Herzinfarkt aber auch nicht.“
„Die Ärzte meinten es wäre besser, ich wollte sterben.“
„O, wieso denn?“
„Weil ich das Leben satt hatte und weil ich mich diese oberflächliche Doppeldeutigkeit ankotzte.“
„Lass mich raten, du bist schwul und wurdest abgelehnt, weil du nicht deren 'Norm' entsprichst, stimmts?“
„Wie bist du denn darauf gekommen?“
„Weil es mir ähnlich erging, nur, mich hat es so fertig gemacht, ich wollte mich umbringen.“
„Das ist ja heftig. Und jetzt kannst du offen darüber reden?“
„Ja, weil ich erkannt habe, dank der Betreuung. Denn das würde die Intoleranz nicht durchbrechen.“
Nico und ich unterhielten uns noch eine ganze Zeit lang. Das Gespräch machte mich nachdenklich. Eigentlich hatte er vollkommen recht, denn es wäre den Intoleranten doch egal ob ich dem Infarkt erlegen wäre oder nicht.
In der nächsten Zeit wurden die Gespräche mit Nico immer intensiver und wir freundeten uns an. Im Nachhinein betrachtet entstand dabei unsere Liebe. Wir unterstützten und halfen uns gegenseitig um gesund zu werden.
Nach mehreren Wochen wurden wir beide entlassen. Doch blieb der Kontakt zwischen uns blieb bestehen. Sehr oft unternahmen Nico und ich etwas.
Dabei spürten wir etwas, wenn wir gemeinsam unterwegs waren, da kamen manchmal von Außenstehenden, meist oberflächliche schwule Paare, dumme Sprüche, doch diese prallten inzwischen von uns ab.
Nach gut einem Jahr verbrachten Nico und ich sehr viel Zeit miteinander. Er wurde mir sehr wichtig. Ich spürte das ich mehr als nur Freundschaft für ihn empfand, doch ich traute mich nicht ihm dies zu gestehen. Bis zu einem Abend. Nico hatte mich eingeladen und ein Essen vorbereitet. Doch er hatte es romantisch gestaltet.
„Hallo Manfred, schön das du da bist.“
„Danke Nico, hab mich schon auf das heutige Essen gefreut.“
„Du, bevor wir essen, ich muss dir etwas gestehen.“
„Was denn Nico?“
„Ich hab mich in dich verliebt und möchte mit dir zusammen sein.“
„Mit mir? Bist du dir sicher?
„Ja, absolut, du bist etwas besonderes und deswegen liebe ich dich.“
„Mir geht’s genauso, ich liebe dich auch, aber ich habe mich nicht getraut dir etwas zu sagen.“
„Hast du immer noch die Angst, nur weil du nicht so ein dürres Gerippe bist?“
„Ja, so manches Mal überkommt mich diese Angst noch.“
„Mensch Manni, langsam solltest du mich doch kennen. Und außerdem, nicht das Äußerliche macht einen schön, sondern die Liebe und nur die.“
Völlig überrascht blickte ich ihn an, gefühlte Minuten sahen wir uns an, bis Nico diese Situation durchbrach, mich in den Arm nahm und küsste mich zärtlich.
An diesem Abend wurden wir ein Paar. In uns beiden wurde etwas geweckt, etwas, was wir beide lange vermisst hatten. Das spürten wir besonders, als wir das erste Mal miteinander schliefen.
Gerade unsere Beziehung stärkte unser Selbstbewusstsein. Gerade unser Umfeld aber auch Außenstehende bemerkten das.
An unserem zweiten Jahrestag beschlossen wir zu heiraten. Es geschah im kleinen Kreis, es waren nur die engsten Freunde und einige Verwandte dabei. Es wurde unser schönster Tag.
Kaum war ich mit meinen Gedanken am Ende, da wachte mein Schatz auf und begrüßte mich mit einem liebevollen Kuss. Glücklich und zufrieden starteten wir unseren Tag und den Weg in unsere Zukunft.
**Ende**
Copyright: 12.01.2017
Autor: Harald Grenz
Diese Kurzgeschichte ist frei erfunden, alle Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu lebenden Personen oder zu anderen Büchern sind rein zufällig.
Man bekommt oft mit wie für die Rechte der Homosexuellen gekämft wird, vor allem das man sie toleriert. Doch leider herrscht gerade bei vielen Homosexuellen untereinander eine große Intoleranz und dagegen möchte ich mit diesem kleinem Werk ankämpfen. Deswegen lege ich auch dabei mehr Wert auf die Botschaft als auf die Grammatik. Dieses Buch ist unkorrigiert und bleibt es auch, wie gesagt, wegen der wichtigen Botschaft.
Ich danke allen Freunden die mich zu diesem Werk inspiriert haben.
Das Cover zu dieser Kurzgeschichte stammt von der Webseite www.pixabay.com. Das Bild wurde gemäß der Richtlinien gedownloadt, diese kann man auf der genannten Webseite nachlesen.
Der Autor
Tag der Veröffentlichung: 13.01.2017
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