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Heimweh

Nun hat es mich wieder in meine Heimatstadt Stade verschlagen und das aus mehreren Gründen. Einmal wurde mir in jüngeren Jahren die Stadt zu klein und dann zog ich aus, um die Liebe zu finden. Heute sehe ich Stade wieder als schönste Stadt Deutschlands an. Doch vor Jahren war das anders.

 

Kaum 18 Jahre alt verließ ich vor Jahren Stade, ich wollte raus aus dem „Mief“ der Kleinstadt, hinaus in die weite Welt um diese erkunden und um den Traumprinzen zu finden.

 

Überall verschlug es mich hin, nach Hamburg, Berlin oder München, aber auch nach England oder Frankreich. Viele verschiedene Eindrücke stürmten auf mich ein. Als gelernter Tischler fand ich immer wieder einen Job, um mir etwas leisten zu können.

 

Bei meinen Reisen lernte ich auch viele Männer kennen, alles völlig verschiedene Leute. Mit einigen hatte ich dann hin und wieder auch etwas am laufen, auch hier und da eine kurze Beziehung, doch der Traumprinz, er war nie dabei.

 

Nach und nach hatte ich mir die berühmten Hörner abgestoßen und wurde ruhiger. In mir wuchs auch die Erkenntnis, dass die Heimat doch nicht immer das Schlechteste ist. Immer wieder bekam ich Heimweh.

 

Einmal war meine Sehnsucht so groß, da hielt ich es einfach nicht mehr aus und ich fuhr spontan nach Stade zurück. Es passte gerade zeitlich auch gut, denn ich hatte längeren Urlaub.

 

Als ich ankam und mich in eine Ferienwohnung einquartiert hatte, ging ich in die Innenstadt um einen Rundgang zu machen. Mein erster Weg führte mich auf den Pferdemarkt, dem zentralen Platz in der City.

 

Mein Blick schweifte herum um alle Eindrücke aufzunehmen. Da war das Zeughaus, davor standen immer noch die wuchtigen Kanonen aus der Schwedenzeit. In meiner Jugend beherbergte es ein Kino, welches ich damals gerne besuchte. Dann war da die Post, ein Gebäude aus der Kaiserzeit, welches auch noch heute vom kaiserlichen Wappen geziert wird. Oder der Themenbrunnen zum Märchen „De Fischer und sien Fru“, auch ihn gab es noch und heute laden dort Bänke zum Verweilen ein.

 

Langsam zog es mich in Richtung Fischmarkt, der Weg ging über die Hökerstraße, die Flaniermeile schlechthin. Wie seit eh und je war sie belebt mit ihren Geschäften, Cafés und Restaurants.

 

Schließlich kam ich auf dem Fischmarkt an, dieser Platz mit dem historischen Hansehafen war die gute Stube der Stadt. Auch hier gab es es zahlreiche kleine Geschäfte und Lokalitäten.

 

Meine Güte, was hatte ich diese Ansichten vermisst, sei es der alte Hafen, dann die alten, zum Teil auch windschiefen Häuser wie den Schwedenspeicher, das Bürgermeister-Hintze-Haus oder das Goeben-Haus. Was mir auch auffiel, es stand ein neues Denkmal dort, mit dem Namen „Die Fischerfrau“, den alteingesessenen Stadern ist sie besser bekannt als „Mutter Flint mit dem Stint“.

 

Beim Denkmal von Mutter Flint hielt ich inne und schaute aufs Wasser. Stade hatte sich verändert. Viele bekannte Geschäfte von früher gab es nicht mehr, doch es waren genauso viele neu hinzugekommen. Ich weiß nicht wieso, doch die Stadt hatte an Flair gewonnen.

 

Es zog mich weiter in die Salzstraße, die Kneipenstraße der Stadt. Auch hier hatte es sich einiges verändert. Aber es gab dort immer noch genug urige Kneipen. In eine zog es mich hinein.

 

Ich nahm Platz und nahm das Ambiente auf. Das war wirklich mal ein Lokal mit Flair. Bei einem kühlen Bier ließ ich meinen Gang durch Stade Revue passieren.

 

Auf einmal hörte ich eine Stimme, die ich kannte. Doch sie klang älter als ich sie in Erinnerung hatte, aber es war der Slang der mir bekannt vorkam. Es war ein Mann in meinem Alter, er saß mit Bekannten am Nachbartisch. Nachdenklich musterte ich ihn. „War er es oder war er es nicht“, ging es mir durch den Kopf. Das ich ihn beobachte blieb nicht unbemerkt. Da sah auch er mich an und es schien so, dass auch er mich von früher kannte.

 

Und so kamen wir ins Gespräch. Wie es sich herausstellte, kannten wir uns von früher aus der Schule. Er verließ Stade damals noch während der Schulzeit, weil sein Vater auswärts einen neuen Job fand. Er war vor kurzem wieder heimgekehrt.

 

Es wurde ein sehr langer Abend, wir quatschten uns fest. Doch die Unterhaltung war nicht der einzige Grund. Mir fiel auf, dass aus ihm ein sehr attraktiver Mann geworden war.

 

Irgendwann kehrte ich in meine Unterkunft zurück. Lang lag ich noch wach im Bett. Eines wari mir von früher geblieben, ich war einer der schnellen Entschlüsse. Von daher fiel mir die nächste Entscheidung auch sehr leicht. Ich kehrte zurück in meine Heimatstadt.

 

Einige Monate nach meinem Heimaturlaub war ich wieder zurück in Stade, aber diesmal für immer. Eine passende Wohnung hatte ich schnell, dazu auch einen Job. Und natürlich traf ich mich mit meinem alten Schulfreund, aus ihm wurde mein Traumprinz. Und diesen fand ich ausgerechnet hier. Nur manchmal musste man über uns schmunzeln, er heißt Max und ich heiße Moritz. Eine kleine lustige Anekdote die an den berühmten Wilhelm Busch erinnerte und das mitten in meiner Heimatstadt Stade.

 

**Ende**

 

Copyright: 26.09.2016

Autor: Harald Grenz

Anmerkungen

 Dies ist die Endfassung der Kurzgeschichte. Sie wurde für den aktuellen Kuzgeschichtenwettbewerb auf BookRix geschrieben.

 

Das Coverbild zeigt ein Bauernhaus auf der Museumsinsel in Stade. Es wurde legal von der Seite Pixabay heruntergeladen. Die Richtlinien dazu kann man auf der dortigen Webseite nachgelesen werden.

 

Die Kurzgeschichte und die erwähnten Personen sind rein fiktiv. Ähnlichkeiten zu realen Personen und Ereignissen sind rein zufällig. Nur die genannten Orte und die Beschreibung von Stade entspricht der Realität.

 

An dieser Stelle danke ich allen Freunden für ihre Unterstützung.

 

Der Autor

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 28.09.2016

Alle Rechte vorbehalten

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