Warum kann man nicht einfach so leben, wie man es für richtig hält. Einfach mit dem Menschen den man liebt? Warum kann man nicht einfach respektvoll miteinander umgehen? Man muss nicht zu allem „Ja und Amen“ sagen, aber man sollte doch tolerant und offen sein.
Doch leider gibt es immer noch große Intoleranz und engstirniges Verhalten, das haben Phil und ich am eigenen Leib verspürt. Unsere Liebe und unser Leben wären um ein Haar zerstört worden. Wir beide bekamen von verschiedener Seite Gegenwind, auch von Menschen von denen wir es nicht erwartet hatten und das nur weil wir schwul waren.
Phil und ich lernten uns vor drei Jahren kennen. Wir lernten uns bei einer international tätigen Organisation für Flüchtlingshilfe kennen,für die wir uns engagierten. Schnell keimte Sympathie zwischen uns auf und wir verliebten uns ineinander.
Phil ist Amerikaner, er stammte aus einer Kleinstadt in den amerikanischen Südstaaten, sein Vater war ein angesehener Kaufmann und seine Mutter stammte aus einer christlichen Familie aus Nordafrika. Auch wenn sie recht nett waren, so hatten sie doch einige sehr konservative, leider auch streng religiöse, Ansichten.
Ich selbst stamme aus Norddeutschland und wohne in einer mittelgroßen Stadt. Meine Eltern waren einfache und bodenständige Menschen, ihnen lag das Wohl von mir und meinen beiden Brüdern sehr am Herzen.
Nach einem langen Tag bei der Flüchtlingshilfe wollten Phil und ich uns auch mal etwas gönnen. Nach Feierabend gingen wir schick essen. Im Anschluss ging es zu ihm, wir wollten uns einen neuen Film auf DVD ansehen und abschalten. Doch der neue Film wurde sehr bald zur Nebensache.
Als wir so auf der Couch saßen, bemerkte ich wie seine Hand meine berührte, wie ein Blitz durchfloss mich die Berührung. Als ich ihn ansah, da blickte er mich auch an und es wurde klar, dass wir uns liebten. Ohne dass wir etwas sagten küssten wir uns, erst ganz zaghaft und dann immer forscher.
„Magnus, ich liebe Dich!“, sagte Phil.
„Pst, sag jetzt bitte nichts, Phil.“
Und wieder küssten wir uns. Langsam verlagerten wir unseren Schauplatz ins Schlafzimmer. Nach und nach entledigten wir uns unserer Kleidung und schliefen miteinander. Voller Zärtlichkeit erlebten wir unsere erste Nacht. Gerade für Phil war es etwas ganz Besonderes, es war sein erstes Mal überhaupt. Über dieses sinnliche Erlebnis schliefen wir dann eng umschlungen ein.
Als ich am nächsten Morgen erwachte, da war Phil schon wach und hatte das Frühstück für uns vorbereitet. Ich stand auf, ging zu ihm und wurde mit einem Kuss begrüßt.
„Danke für diese Nacht Magnus.“
„Gerne Phil, es war einfach schön mit Dir. Und ich liebe Dich auch.“
Beim Frühstück machten wir uns auch Gedanken wie es weitergehen sollte, denn Phil und ich wollten auf jeden Fall zusammenbleiben. Als wir auf unsere Familien zu sprechen kamen, da wurde Phil etwas stiller, denn seine Eltern wussten nicht, dass er schwul war und er hatte Angst vor ihrer Reaktion wenn sie davon erfuhren.
Wir wollten auf jeden Fall zusammen bleiben und ein gemeinsames Leben aufbauen. Das Thema Familie schoben wir erst einmal beiseite, denn die waren ja weit weg. Phils Eltern lebten ja über dem großen Teich und meine in Süddeutschland.
Unsere Beziehung wuchs zusammen. Ein halbes Jahr nach unserer ersten Nacht zogen wir in eine gemeinsame Wohnung. Es lief alles rund und schön. Doch leider sollte das nicht so bleiben. An einem Sonntag brach das Unglück über uns hinein.
Phil und ich saßen gerade gemütlich auf der Couch beim Kaffee als es an der Tür klingelte. Wir sahen uns verwundert an, denn eigentlich erwarteten wir keinen Besuch. Phil ging zur Tür um zu sehen wer da war. Und dann hörte ich schon im Wohnzimmer wie es zu einer Diskussion kam. Als ich dazu kam sah ich das Malheur, es waren Phils Eltern. Kreidebleich stand er da und Vater und Mutter redeten wütend auf ihn ein. Es wurde mir zu bunt und ich mischte mich ein.
„Wer sind Sie und was wollen Sie von Phil?“
„Was geht Sie das denn an?“
„Er ist mein Freund und wir wohnen zusammen. Von daher geht es mich was an.“
„Sie Schwuchtel, Sie haben unseren Sohn verdorben!“
„Was bilden Sie sich eigentlich ein, mäßigen Sie sich im Ton.“
Phils Eltern wollten sich in unsere Wohnung drängen. Doch das verhinderte ich und verwies sie. Nachdem ich die Tür schloss fing Phil an zu weinen. Vorsichtig geleitete ich ihn ins Wohnzimmer und nahm ihn in den Arm um ihn zu trösten.
„Sind Deine Eltern immer so gewesen?“
„Ja, leider. Deswegen kam ich ja auch nach Europa.“
„Die sind ja echt krass, Phil.“
„Sie sind einfach nur peinlich.“
Und so erzählte Phil mir wie es war, als er noch bei seinen Eltern war. Er wusste schon recht früh, dass er schwul war, doch seine Familie machte keinen Hehl daraus was sie von Homosexualität hielten. Im Kulturkreis seiner Mutter in Nordafrika sowie auch die Südstaaten, die Heimat seines Vaters, waren bekannt dafür, dass sie dagegen eingestellt waren. In manchen Staaten von Nordafrika und den orientalischen Ländern waren homosexuelle Menschen, insbesondere schwule Männer von schweren Strafen bedroht, von langer Haft und sogar hin bis zur Todesstrafe. So verschloss sich Phil immer mehr, bis er es nicht mehr aushielt und von daheim auszog. Durch seinen Job als Festangestellter bei der internationalen Flüchtlingshilfe kam er dann nach Deutschland.
Betroffen hatte ich zugehört und es machte mich zugleich traurig und auch wütend. Traurig, weil Phil darunter litt und wütend weil ich das Verhalten seiner Eltern nicht verstand und dass sie ihren Sohn so behandelten. Mit welchen Schimpfworten sie ihn bedachten wiederhole ich lieber nicht, sie waren unterste Schublade.
Zum Glück waren meine Eltern da anders, sie wussten dass ich schwul bin und akzeptierten es. Doch bei einigen in meiner Familie war ich mir auch nicht sicher. Leider gibt es immer noch engstirnige Menschen.
Lange saßen Phil und ich noch zusammen um das schreckliche Erlebnis mit seinen Eltern zu verarbeiten. Und es dauerte sehr lang bis Phil sich beruhigt hatte.
Doch das war erst der Anfang. Kaum hatte sich das Erlebnis mit Phils Eltern gelegt, da bekam ich einen Anruf von meinem Bruder, auf diesen konnte ich dankend verzichten. Obwohl, es hattte mich gewundert, dass von Morten nicht schon eher was kam. Er wusste, dass ich schwul war, aber hatte es bisher notgedrungen toleriert.
„Sag mal Magnus, was ist bei Dir los?“
„Erst mal Hallo. Auf was spielst Du an Morten?“
„Man hört die wildesten Geschichten über Dich.“
„Was für Geschichten?“
„Das Du es mit allen Kerlen treibst die nicht bei drei auf den Bäumen sind und das Du Kerle umpolst.“
„Bist Du bescheuert und wie kommst Du auf so etwas?“
„Davon spricht doch schon die halbe Stadt. Die Eltern von Deinem Stecher mischen da ordentlich mit. Wieso kannst Du nicht normal sein?“
„Mäßige Dich in Deinem Ton. Phil ist nicht mein Stecher, sondern mein Partner. Und seine Eltern sind intolerante Leute. Warum kannst Du nicht so offen sein wie Vater und Mutter?“
„Ich weiß nicht wieso sie das tolerieren? Meiner Meinung nach bist Du pervers!“
„Denk doch was Du willst. Wie und mit wem ich lebe geht Dich nichts an.“
Wutentbrannt legte ich auf. Was zu viel war, das war zu viel. Phil hatte das Telefonat mitbekommen, diesmal war er es der mich aufmunterte. Wir waren beide ratlos warum man uns unser Glück auf einmal missgönnte? Bisher hatte sich doch keiner an unserer Beziehung gestört.
Einige Tage gingen ins Land, Phil und ich hofften schon, dass endlich wieder Ruhe einkehrte, doch da irrten wir uns. Als wir einmal gemeinsam einkaufen gingen, da bemerkten wir, dass über uns getuschelt wurde. Hinten herum erfuhren wir, dass Phils Eltern sich hier im Hotel eingemietet hatten und einen großen Anteil am Aufruhr hatten. Und wie sich herausstellte, mein Bruder Morten war auch beteiligt.
Das Schlimme an der ganzen Sache war, nicht nur Phil und ich litten unter der Situation, nein, auch meine Eltern nahm die ganze Sache mit, sie liebten mich und hatten meinen Schatz ins Herz geschlossen. Und durch den ganzen Stress litt die Arbeit. Es ging sogar so weit, dass seine Eltern und mein Bruder bei uns auf der Arbeit anriefen um uns zu diskreditieren. Das ging so weit, dass wir zum Chef zitiert wurden:
„Phil und Magnus, was ist bei euch beiden los?“
„Eigentlich nichts, nur wir mussten feststellen das einige aus unserer Familie etwas gegen unsere Beziehung haben.“
„Klärt das, es kann nicht angehen, dass eure Familie hier ständig anruft und den Ablauf stört.“
„Wir geben unser Bestes.“
„Das will ich hoffen.“
Phil und ich versuchten wirklich alles Mögliche um die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Wir suchten noch mehrfach das Gespräch mit seinen Eltern und meinem Bruder, doch sie zeigten sich absolut uneinsichtig. Selbst die Vermittlung meiner Eltern scheiterte. Beim letzten Versuch, da saßen wir bei meinem Vater und meiner Mutter, war es besonders schlimm, ein Wort gab das andere und die Situation scheiterte. Phils Mutter und mein Bruder sprangen auf und gingen auf uns los. Phil erhielt eine schallende Ohrfeige und Morten spuckte mich an. Wir waren sprachlos, auch wenn wir wussten das nicht alle Menschen mit der Homosexualität klar kamen, aber das so etwas, hier in Deutschland, passieren konnte und dann auch noch uns, machte uns baff.
Doch was dann geschah erstaunte uns. Meine Eltern waren immer ruhige und besonnene Menschen gewesen, nie hab ich sie laut oder wütend erlebt. Nun erlebte ich beides bei ihnen. Sie standen zu mir und Phil, sie wiesen seine Eltern und meinen Bruder zurecht und nicht nur das, sie verwiesen alle drei der Wohnung. Was uns besonders erstaunte, sie stellten Morten ein Ultimatum, entweder er würde von seinem Verhalten ablassen und ein vernünftiges Benehmen an den Tag legen, ansonsten würden sie mit ihm brechen. Alle drei Gescholtenen wollten nicht klein beigeben. Es ging so weit, dass meine Eltern mit der Polizei drohten. Schließlich zogen die Drei ab, aber vorher warfen sie uns einen Blick zu. Wenn Blicke töten könnten, dann wären Phil und ich jetzt tot.
Auch wenn sich seine Eltern und mein Bruder etwas zurückhielten, durch ihr Verhalten war eine Lawine ins Rollen gekommen, diese war nicht mehr aufzuhalten. Immer mehr Feindschaft, sogar offen und aggressiv, schlug uns entgegen. Diese richtete sich sogar gegen meine Eltern, weil diese zu mir und Phil hielten.
An einem Abend eskalierte die Situation, man wollte uns angreifen und Gewalt antun, wie sich herausstellte, steckten die entsprechenden Angehörigen dahinter. Doch, zum Glück, gab es wohl auch welche die uns wohlgesonnen waren, einer von denjenigen hatte die Lage beobachtet und rief die Polizei. In letzter Sekunde trafen sie ein und retteten uns.
Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass unsere intoleranten Angehörigen als Anstifter dahinter standen. Es kam zu einem Gerichtsverfahren. Es führte dazu, dass die Drei zu einer Geldstrafe verurteilt wurden. Phils Eltern wurden aufgefordert Deutschland zu verlassen. Meine Eltern machten ihre Drohung Morten gegenüber wahr und brachen mit ihm. Ich glaube das hat ihn mehr getroffen als das Urteil vor Gericht. Doch ich konnte kein Mitleid für ihn empfinden, nicht nach alledem was er Phil, den Eltern und mir angetan hatte. Ebenso erging es meinem Schatz mit seinen Eltern. Er hat mit ihnen ebenfalls gebrochen.
Auch wenn die Ursache für den ganzen Streit beseitigt war, so war der Frieden noch immer nicht ganz hergestellt. Immer wieder wurde noch getuschelt. Besonders belastete es meine Eltern. Mir fehlte dafür jedes Verständnis.
Was ganz schlimm an mir nagte, das war diese verdammte Intoleranz. Egal aus welchen Gründen, egal ob im Namen der Religion, der Abstammung, der Kultur oder was auch immer. Nichts rechtfertigt es anderen mit Hass zu begegnen oder niederzumachen beziehungsweise ihnen mit geistiger oder körperlicher Gewalt zu begegnen. Gern werden Menschenwürde, Liebe, Offenheit und ähnliche Werte als hohe Güter angepriesen. Doch aus verschiedenen Anlässen werden diese Werte dann mit Füßen getreten und missachtet. Da stellt sich die Frage, wie viele Opfer müssen noch gebracht werden bis alle verstehen wie wichtig es ist diese, eben genannten, Werte in Ehren zu halten und diese auch zu leben.
Phil und mir wurde klar, in dieser Stadt gab es keine Zukunft mehr für uns. Wir wollten nicht mehr warten bis das Getratsche ein Ende hatte. Wir streckten unsere Fühler aus und bemühten uns in einer anderen Stadt nach etwas Neuem. Ich sprach mich mit meinem Schatz ab, meine Eltern sollten mitkommen, denn sie sollten auch zur Ruhe kommen. Als wir ihnen unsere Idee unterbreiteten, waren sie einverstanden.
Endlich, ein viertel Jahr später war es dann soweit, in einer größeren norddeutschen Stadt fanden wir eine neue Arbeit und ein neues Heim. Es war eine Stadt die für ihre Offenheit bekannt war und geschätzt wurde. So fiel uns der Neustart in ein neues und vor allem besseres Leben sehr leicht.
Epilog
Etwa ein halbes Jahr, nachdem wir umgezogen waren, beschlossen mein Mann und ich zu heiraten. Meine Eltern sollten damit überrascht werden. Denn trotz aller Freude über ein schönes Leben waren sie doch etwas traurig darüber, dass sie Morten wegen seines Verhaltens verloren hatten. Auch wenn er falsch gehandelt hatte, so war er doch ihr doch ihr Sohn und es schmerzte sie, dass sie ihn verloren hatten.
Am Tag unserer Hochzeit, es war der schönste Tag in unserem Leben, strahlten meine Eltern im Wettstreit mit der Sonne. Nicht nur, dass Phil nun endgültig mein Mann wurde, nein, auch die Traurigkeit meiner Eltern wich endlich, denn mit meinem Schatz bekamen sie einen Sohn dazu. Und es zeigt, Liebe ist wirklich das Schönste und sie überwindet alle Grenzen.
***Ende***
Copyright: 22.05.2016
Autor: Harald Grenz
Dies ist jetzt die entgültige und korrigierte Fassung des Buches. Die Betalesung und die Korrektur wurden durch Karin Kaiser durchgeführt.
Das Coverbild zum Buch stammt von der Webseite Pixabay. Es wurde gemäß der Richtlinien heruntergeladen und darf frei verwendet werden. Es wurde unbearbeitet übernommen.
Der Autor
Tag der Veröffentlichung: 23.05.2016
Alle Rechte vorbehalten