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Raumschiff Enterprise - Unendliche Liebe

„Computerlogbuch der Enterprise, Eintrag von Captain Harriman: Nachdem wir jetzt drei Jahre im Beta-Quadranten unterwegs waren und viele neue Welten erforschten und mehrere Erstkontakte herstellten, wurde es Zeit sich auf dem Heimweg zu machen. Geplant ist, bevor es zur Erde zurückgeht, eine Woche Urlaub auf Risa zu machen.“

 

Mit Warp 5 flog die Enterprise Richtung Risa. Bei gleichbleibender Geschwindigkeit und ohne Störungen sollte das Ziel in maximal zwei Tagen erreicht sein.

 

Es war zu merken, dass sich meine Mannschaft auf den Urlaub freute, die Mission war lang und sehr ereignisreich gewesen. Da kam es genau richtig, dass die Sternenflotte die Ferien genehmigte.

 

Gerade Risa bot den Rahmen Urlaub dort zu verbringen, der Planet verfügte über ein breites Spektrum für Aktivitäten. Auch wer auf zwischenmenschliche Beziehungen aus war, der kam auf Risa ebenfalls auf seine Kosten.

 

Ich konnte hören wie sich die Crew angeregt über ihre Pläne auf dem Urlaubsplaneten unterhielten. Einige waren darauf aus ein nettes Date zu haben. Doch einer aus meiner Mannschaft, ein junger Mann aus der Crew, so Mitte 20 Jahre alt hielt sich dezent zurück. Er machte den Eindruck, als ob er am liebsten gleich zur Erde zurückkehren würde.

 

Endlich erreichten wir Risa, ich bat meinem ersten Offizier Commander Baxter die Crew in Gruppen einzuteilen um den Urlaub auf dem Planeten in abwechselnder Weise zu genießen. Wir konnten ja schließlich nicht alle auf einmal herunter beamen.

 

Als ich die Liste mit der Einteilung sah, bemerkte ich, dass der entsprechende Crewman bei keiner der Gruppen war. Das machte mich stutzig und ich rief ihn zu mir:

 

„Crewman Wayne, wie kommt es, dass Sie sich nicht mit auf Risa beamen lassen wollen?“

 

„Aus persönlichen Gründen Captain. Und mir liegt der Planet auch nicht.“

 

„Das kann doch nicht sein, da unten gibt es doch für jeden etwas.“

 

„Nicht für mich Sir, bitte verstehen Sie doch.“

 

„Mr. Wayne, mir ist sowieso aufgefallen, dass Sie sich häufig zurückziehen. Sie sind zwar immer pflichtbewusst und erfüllen Ihren Dienst sehr gewissenhaft, aber man sieht Sie selten mal nach Feierabend mit den anderen. Darüber möchte ich mit Ihnen mal nach dem Urlaub genauer sprechen.“

 

„Selbstverständlich Sir. War es das, darf ich gehen?“

 

„Noch nicht Crewman, wie ich sehe sind Sie Botaniker. Ich möchte das Sie zumindest mal für einen Tag auf den Planeten beamen und sich mal umschauen, ob es einige Pflanzen gibt die wir in unseren hydroponischen Garten mit aufnehmen können. Danach können Sie sich gern den Rest des Urlaubs auf dem Schiff aufhalten.

 

„Aye Captain, haben Sie an etwas spezielles gedacht?“

 

„Nein, das überlasse ich Ihren Fachkenntnissen. Sie dürfen wegtreten.“

 

„Jawohl Sir.“

 

Endlich konnte der Urlaub beginnen, nach und nach beamten sich die Gruppen hinunter. Zur zweiten Truppe gehörte dann auch Crewman Wayne. Was ihn betraf, da sollte es noch einige Überraschungen geben.

 

Wie nicht anders zu erwarten war, genoss die Crew den Urlaub in vollen Zügen, es tat ihnen auch richtig gut, was nach einer mehrjährigen Mission auch nur zu verständlich war.

 

Auch ich beamte mich herunter. Es tat richtig gut mal zu entspannen, es boten sich viele Möglichkeiten, man konnte am Strand relaxen, schwimmen gehen, Sport treiben und noch vieles mehr. Ich genoss es richtig mal am Strand zu liegen und mich in die Fluten zu stürzen.

 

Nebenher war auch zu sehen, dass einige meiner Crewmitglieder sich der trauten Zweisamkeit hingaben und heftig am Flirten waren. Risa machte seinem Ruf als Erholungsplaneten alle Ehre.

 

Viel zu schnell verging der Urlaub auf Risa. Nun hieß es heimzukehren zur Erde. Es musste der Bericht der beendeten Mission vorgelegt und ein neuer Einsatz geplant werden.

 

Während ich in meinem Bereitschaftsraum über den Missionsbericht saß klingelte es. Etwas gereizt rief ich:

 

„Herein.“

 

„Guten Tag Captain.“

 

„Was gibt es Commander?“

 

„Hier ist der Bericht über die Einsatzbereitschaft des Schiffes den Sie wollten.“

 

„Danke. gibt’s sonst noch etwas?“

 

„Ja, da ist noch etwas.“

 

„Um was geht’s denn?“

 

„Es betrifft Crewman Wayne.“

 

„Was ist denn mit ihm?“

 

„Mir ist da was zu Ohren gekommen, er soll in eine unangemessene Situation gesehen worden sein.“

 

„Inwiefern unangemessen Commander?“

 

„Er soll ein Techtelmechtel mit einem Mann gehabt haben.“

 

„Was soll daran so besonders sein?“

 

„So etwas gehört sich nicht, er muss doch auch Rücksicht nehmen.“

 

„Commander, was er im Urlaub macht ist seine Sache.“

 

„Aber Captain …“

 

„Mr. Baxter, es reicht. Ich werde mit ihm sprechen, aber bis dahin halten Sie sich zurück. Und sorgen Sie dafür das es nicht die Runde macht.“

 

„Aye Sir!“

 

„Sie können wegtreten.“

 

Als ob ich so etwas nicht geahnt hätte. Nun wurde mir der Grund klar weswegen sich Crewman Wayne sich immer so verschloss und sich zurückhielt. Was er privat machte sollte seine Sache bleiben, solange es den Ablauf nicht störte oder gegen Gesetze verstieß. Und niemand sollte meines Erachtens wegen bestimmter Neigungen schlecht behandelt werden. So musste ich mir Gedanken machen wieder Ruhe einkehren zu lassen damit es keine Probleme innerhalb der Crew entstehen würden.

 

Doch ehe ich mich versah, war es auch schon passiert, es wurde unruhig. Mr. Wayne wurde geschnitten und zum Teil auch verbal angegriffen, so etwas konnte ich nicht tolerieren. So orderte ich ihn erst einmal zum Gespräch.

 

„Crewman, treten Sie ein und nehmen Sie Platz. Wir müssen miteinander sprechen.“

 

„Worüber Sir?“

 

„Können Sie sich das nicht denken Mr. Wayne?“

 

„Das ist meine Privatsache Captain.“

 

„Im Grunde schon Crewman, aber momentan leidet die Interaktion untereinander. Und dann geht es mich was an.“

 

„Sir, ich möchte nur ungern darüber sprechen. Selbstverständlich werde ich bei der Ankunft auf der Erde meine Konsequenzen ziehen und aus der Sternenflotte austreten und abmustern.“

 

„Deswegen? Und was wollen Sie dann machen? Verschließen Sie sich doch nicht. Es muss doch eine Lösung geben.“

 

„Was meinen Sie was ich schon alles durchgemacht habe.“

 

„Meine Güte, es ist doch nichts dabei wenn jemand homosexuell ist. Die Föderation steht doch für Vielfalt.“

 

„Normal schon Captain, aber Sie sehen ja selbst, die Vielfalt wird nur eingehalten sofern sie mehrheitskonform ist.“

 

„Erzählen Sie mir doch mal Ihre Geschichte, ich stehe Ihnen zur Seite. Sie sind ein fähiges Mitglied der Mannschaft, versehen Ihren Dienst gut und ich möchte sie nicht missen in der Crew.

 

„Viel zu erzählen gibt’s da nicht. Ich stamme aus einer konservativen Familie mit religiösen Hintergrund. Ein Onkel von mir ist sogar in einer der wenigen Ordensgemeinschaften. Da zählten die alten Werte. Die Familie war sogar gegen meinen Eintritt in die Sternenflotte. Auch anderweitig bin ich deswegen schon auf Probleme gestoßen. Von daher hatte ich mich immer zurückgezogen.“

 

„Es ist schlimm wenn Sie solche Erfahrungen machen mussten. Ich dachte, dass selbst bei religiösen Menschen mehr Toleranz Einzug gehalten hätte. Und eigentlich besagen die Charta und die Gesetze der Föderation auch das niemand für etwas diskriminiert werden darf.“

 

„Aber Sie sehen ja Captain, es sind schöne Worte, aber in der Realität sieht's anders aus. Vielleicht ist es wirklich besser wenn ich gehe.“

 

„Nein Mr. Wayne, das kommt nicht in Frage. Wir werden es klären und ich stehe voll und ganz hinter Ihnen. Ich mache mir nun mal meine Gedanken und dann gehen wir es an.“

 

„Vielen Dank Captain.“

 

Vor mir lag eine schwere Aufgabe. Doch sie musste gelöst werden, denn Unruhe störte den Ablauf auf dem Schiff. So blätterte ich die Gesetze durch, schaute nach Präzedenzfällen und kontaktierte Starfleet. Das nahm eine ganze Zeit in Anspruch. Mir war klar, man konnte nicht immer einer Meinung sein und man konnte auch nicht erwarten, dass jeder eine andere Lebensart als für sich richtig akzeptiert. Aber das Wesen der Föderation sagt eindeutig, ein vernünftiges Miteinander aller Völker und Personen innerhalb unserer Sternengemeinschaft kann nur dann gelingen wenn sie auf Toleranz und Respekt aufbaut. Das sieht man doch an den vielen Systemen die Mitglied in der Föderation sind, alle haben sie unterschiedliche Wurzeln, Erfahrungen und eine eigene Geschichte mit ihren daraus resultierenden Werten. Und das musste der Crew noch mal deutlich klar gemacht werden.

 

Nachdem ich alles geklärt hatte rief ich meinen ersten Offizier zu mir:

 

„Commander, rufen Sie für 15 Uhr alle Führungsoffiziere in den Konferenzraum zusammen.“

 

„Aye Sir, worum soll's denn gehen?“

 

„Können Sie sich das nicht denken Mr. Baxter?“

 

„Wegen Crewman Wayne?“

 

„Genau deswegen. Und die Sache wird dann ein für allemal beendet.“

 

„Werden Sie Wayne entlassen Sir?“

 

„Wieso sollte ich das?“

 

„Weil er nicht normal ist.“

 

„Reißen Sie sich zusammen. Ich glaube Sie sind sich nicht im Klaren was Sie eben von sich gegeben haben.“

 

„Aber Captain …“

 

„Genug jetzt. Berufen sie das Meeting ein und dann wird alles geklärt. Sie können wegtreten.“

 

Genervt vom Verhalten meines ersten Offiziers genehmigte ich mir erstmal einen Kaffee. In 90 Minuten sollte das Meeting stattfinden. Teilweise graute es mir davor. Es blieb nur zu hoffen, dass sich nicht alle so verhielten wie der Commander.

 

Schließlich war es soweit Als ich den Konferenzraum betrat, da waren mein erster Offizier, Lieutenant Sulu, Chief Adams und die anderen Führungsoffiziere schon anwesend.

 

„Schön, dass Sie alle anwesend sind“, begrüßte ich sie.

 

„Selbstverständlich Captain Harriman“, erwiderte Chief Adams.

 

„Sie können sich sicherlich denken weswegen ich Sie alle hergebeten habe?“

 

„So viel wir wissen geht es um Crewman Wayne, oder?“

 

„Genau deswegen. Und ich will die Angelegenheit geklärt wissen. Bevor ich meine Ansicht darlege bitte ich Sie um ihre Stellungnahme.“

 

„Es ist etwas irritierend mit ihm“, meinte Adams.

 

„Er hätte es uns sagen müssen“, kam es von Baxter.

 

Viele der Stellungnahmen klangen ähnlich, aber es gab auch Stimmen denen es egal war. Es war doch nicht ganz so schlimm wie ich erst gedacht hatte.

 

„Also Herrschaften, Sie alle sind Absolventen der Akademie. Und dort gehörte es auch zur Ausbildung die Geschichte der Erde kennenzulernen. Von daher dürfte Ihnen allen auch bekannt sein, dass es damals auch Zeiten gab, in denen Menschen durch andere Menschen wegen vielfältigen Ansichten diskriminiert wurden. Sei es wegen der Hautfarbe, sei es weil sie Flüchtlinge waren, weil sie die 'falsche' Religion hatten oder ob sie zu klein, behindert waren oder eine andere sexuelle Neigung hatte. Und Sie wissen auch zu welchen Auswüchsen es kam, andersfarbige wurden versklavt, Flüchtlinge wurden ausgegrenzt, oder sie wurden, weil sie 'anders' waren verfolgt, eingesperrt und in manchen Fällen sogar getötet. Und nicht selten führten Diskriminierung und Intoleranz auch zu Kriegen.

 

Nach dem dritten Weltkrieg fing es an sich zu ändern und das war auch gut so. Nur so konnte man vorwärts schauen, so kam es auch zu Erstkontakten mit anderen Welten und schließlich zur Gründung der Föderation.

 

Schauen Sie sich doch die Welten unserer Planetengemeinschaft an, alle Völker sind unterschiedlich und doch haben wir einen gemeinsamen Konsens. Und warum soll das bei uns auf der Enterprise anders sein. Wir alle haben einen unterschiedlichen Erdhintergrund, wir kommen aus unterschiedlichen Gebieten der Erde, wir hatten auch Crewmitglieder von anderen Planeten. Es lief immer alles gut. Wieso sollten wir jetzt mit Mr. Wayne anders verfahren?

 

Gut, er hat eine andere sexuelle Neigung als wir. Aber hat seine Arbeit darunter gelitten oder hat er einen aus der Crew angemacht oder bedrängt? Was er privat oder im Urlaub macht, ist seine Privatsache.

 

Wir alle haben unsere Rechte und Pflichten. Und keiner möchte auf seine Rechte verzichten. Aber es ist auch unser aller Pflicht die Rechte der anderen, auch die von Crewman Wayne, zu respektieren. Und wer nicht zu den allgemein gültigen Werten der Föderation stehen kann, der hat nichts auf diesem Schiff und auch nichts in Starfleet verloren. Denn diese Crew und auch all die anderen Mannschaften in der Flotte können nur dann gut zusammenarbeiten wenn wir uns an die Regeln halten und uns respektieren. Dies sieht das Oberkommando im übrigen genauso.“

 

Nach dieser Rede herrschte erst einmal ein betretendes Schweigen. Doch es bewirkte auch etwas, denn gerade der Hinweis auf die teilweise nicht sehr positive Vergangenheit in der Erdgeschichte rüttelte die Mannschaft wach.

 

So konnte diese kleine Mission in Sachen Respekt untereinander, zum Glück, auch positiv abgeschlossen werden.

 

Denn Ziel der Enterprise und der Flotte ist es im unendlichen Raum neues zu entdecken und zu lernen. Und nicht nur das All selbst ist unendlich, auch gewisse Werte wie Liebe, Respekt und Toleranz.

 

Epilog

Die Standpauke die ich der Mannschaft hielt zeigte Wirkung. Crewman Wayne zeigte sich erleichtert. Nachdem alles geklärt wurde konnte er sich auch besser öffnen und so wuchs die Crew noch besser zusammen, so wie es sein sollte. Er brauchte sich nicht mehr zu verstecken und konnte offen leben und so sein wie er war.

 

Er lebte inzwischen sogar in einer glücklichen Beziehung und hat innerhalb der Crew Freunde gefunden. Crewman Wayne und sein Partner unternahmen sogar im Urlaub öfters was mit seinen Freunden und deren Partnerinnen. Wie ich hörte, verbrachten sie sogar mal ihre Ferien auf Risa.

 

**Ende**

 

Copyright: 23.04.2016

Autor: Harald Grenz

Anmerkungen

 Dies ist die endgültige und korrigerte Fassung der Kurzgeschichte.

 

Die Betalesung und Korrektur wurde durch meine Autorenkollegin und gute Freundin Karin Kaiser vorgenommen.

 

Das Coverbild stammt im Original von der Webseite Pixabay. Es wurde durch meine Autorenkollegin und gute Freundin Valerie le Fiery bearbeitet. Die Rechte an der bearbeiteten Bildfassung liegt bei mir.

 

Einige Namen im Buch, z. B. der Name des Captains, des Steuermanns (Harriman und Sulu) sowie der Schiffnsame und Quadrantennamen sind dem Star Trek Universum entnommen. Alles andere stammt von mir.

 

Der Autor

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 25.04.2016

Alle Rechte vorbehalten

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