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Endlich glücklich

Ich war ein normaler Mann, Mitte 40, also im besten Alter. Ich arbeitete als Krankenpfleger auf einer Unfallstation am örtlichen Krankenhaus. Der Beruf machte mir viel Freude. So kam ich mir den unterschiedlichsten Menschen zusammen. Privat hatte ich eher wenige Kontakte, einige gute Freunde, aber nur wenige. Eine Beziehung hatte ich nicht. Was das betraf, hatte ich nie das Glück den passenden Partner zu finden. In Gedanken hatte ich mich schon damit abgefunden Single zu bleiben.

 

An einem Dienstagnachmittag so gegen 17 Uhr traf ein neuer Patient ein. Es handelte sich um einen Mann, so ca. Mitte 30. Er hatte einen schweren Unfall gehabt bei dem er ziemlich lädiert wurde. Es war klar, dass er länger auf der Station bleiben würde. Ich gehörte zum Pflegepersonal, das sich um ihn kümmern sollte.

 

Ich nahm ihn dann in Empfang und brachte ihn in das Zimmer wo er die nächste Zeit liegen sollte. Routinemäßig sah ich mir auch seine Kranken-akte an. Dort las ich, dass er Frank Müller hieß und das ich ihn im Alter gut eingeschätzt hatte, er war 37 Jahre alt. Es war auch vermerkt, dass er keine Angehörige oder Freunde vermerken ließ die man gegebenenfalls verständigen sollte.

 

In den nächsten Tagen lernte ich Frank besser kennen, er war ein ruhiger, in sich gekehrter, Mann. Auch bekam er nur sehr selten Besuch, nur ab und zu kamen mal, immer abwechselnd so zwei Kollegen bei ihm vorbei, mehr nicht. Es war zu spüren, dass Frank einsam war und sich eigentlich nach Gesellschaft sehnte, doch die Kollegen blieben meist nur kurz. Ich stellte fest, dass er mir in manchen Punkten sehr ähnlich war.

 

Im Laufe der nächsten Wochen wurde Frank und ich uns vertrauter, mittlerweile duzten wir uns auch. Soweit es mein Dienst zuließ blieb ich etwas länger bei ihm. Manchmal nahm ich mir auch an meinen freien Tagen Zeit und besuchte Frank und ging auch mal mit ihm raus. Da seine Beine noch in Gips waren musste er ja im Rollstuhl sitzen.

 

An einem meiner freien Tage, es war ein schöner Frühsommertag, da besuchte ich Frank wieder im Krankenhaus, ich wollt mit ihm mal länger unterwegs sein, denn das tat ihm auch gut. Wenn er nur so viel Zeit im Bett verbrachte grübelte er nur und das war nicht gut für die Genesung. In Absprache mit den Ärzten konnte ich auch das Gelände verlassen. Nicht weit vom Krankenhaus war ein schöner Wald und Frank mochte, so wie ich, die Natur. Ich hatte auch etwas zu essen und zu trinken mitgenommen. Ich kannte da eine Stelle im Wald wo man es sich gut gehen lassen konnte.

 

Als wir an die besagte Stelle kamen und es uns dort bequem gemachte hatten lächelte Frank mich an: „Rolf, ich möchte Dir danken das Du Dir so viel Zeit nimmst und Dich so kümmerst, das bedeutet mir sehr viel.“

 

„Ach, das ist doch selbstverständlich Frank. Du bist ein netter Mann und wir verstehen uns doch gut.“

 

„Danke, ich finde Dich auch sehr nett. Solche Männer wie Du sind selten.“

 

„Nett, dass Du es so siehst.“

 

Plötzlich nahm er meine Hand und sagte: „Du, ich mag Dich, Du bist mir sehr wichtig geworden.“

 

Ich sah ihn an, damit hatte ich nicht gerechnet. Das ist das erste Mal das ein Mann mir auf eine so nette Art sagte, dass er mich mochte. Ich konnte einfach nur lächeln und danke sagen.

 

Wir genossen den Ausflug bei schönsten Wetter, wir unterhielten uns über alles mögliche. Ich bemerkte auch das Frank mich immer wieder verstohlen ansah und mich dabei anlächelte.

 

Seine Blicke und das Lächeln verunsicherten mich etwas. Das war neu für mich. Es arbeitete in mir, mich beschlich eine Ahnung, dass er anfing Gefühle für mich zu entwickeln. In einer Hinsicht empfand ich es als angenehm das Frank scheinbar was für mich empfand, aber andererseits hatte ich auch ein mulmiges Gefühl, weil ich zu oft enttäuscht worden war.

 

Wir mussten dann bald zurück ins Krankenhaus. Als wir ankamen und ich ihn ins Zimmer gebracht hatte, verabschiedeten wir uns, ehe ich mich versah, nahm er mich in den Arm, drückte mir einen Kuss auf die Wange und sagte: „Danke für den herrlichen Tag Rolf.“

 

„Gern geschehen Frank“, erwiderte ich und lächelte ihn an.

 

Nachdenklich machte ich mich auf den Heimweg. Seine Umarmung und der Kuss auf die Wange hatten mich verunsichert. Gut, Frank ist ein sehr netter Mann, sympathisch und ich mochte ihn auch. Aber ich hatte Angst mehr zu empfinden. Ich wusste nicht ob ich es zulassen sollte, dass ich mich in ihn verliebe.

 

Als ich am nächsten Tag wieder zum Dienst erschien versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen. Als ich dann zu Frank ins Zimmer kam fiel es mir schwer professionell zu wirken denn er lächelte mich an.

 

In den nächsten Tagen versuchte ich etwas Distanz zu halten, aber es war ein Spagat, einerseits war es mir wichtig Vorsicht walten zu lassen, aber andererseits musste ich aufpassen das ich ihn nicht verletze.

 

Dann rückte der Tag heran wo er in die Reha musste. Der Gips wurde von den Beinen abgenommen und wir fingen mit den ersten Übungen an, damit er wieder richtig laufen konnte. Doch in der Reha konnten sie dann besser helfen. Als ich ihn zum Krankentransport brachte der ihn in die Reha-Klinik fuhr fragte er mich: „Kommst Du mich dort besuchen Rolf? Du, das wär echt schön, Du bedeutest mir viel.“ Fragend sah er mich an.

 

Ich zwang mich ihn anzulächeln und sagte: „Klar, sobald ich es einrichten kann komm ich Dich besuchen Frank, versprochen.“

 

Wir umarmten uns noch und dann fuhr er ab in die Reha. Nachdenklich blieb ich zurück. Nun war mir klar geworden das Frank sich in mich verliebt hatte. Es war, für mich, gut das er in die Reha musste, das gab mir die Möglichkeit etwas zur Ruhe zu kommen, meine Gedanken zu ordnen und um mir über meine eigenen Gefühle klar zu werden.

 

Die erste Woche meldete ich mich nicht bei Frank, zu sehr hatten meine Gedanken mich in Unruhe versetzt. Mir wurde klar, dass ich mich auch in ihn verliebt habe. Und das machte mir Angst. Angst enttäuscht, verletzt und verlassen zu werden. Doch wollte ich mich davon beherrschen lassen? Nein, so konnte und durfte es nicht sein und weitergehen.

 

Ehe ich weiter meinen Gedanken nachhängen konnte klingelte das Telefon, es war Frank:

 

„Hallo Rolf, was ist mit Dir? Ich dachte Du wolltest mich besuchen? Seit einer Woche hab ich nichts von Dir gehört.“

 

„Hallo Frank, sorry, ich war etwas durch den Wind.“

 

„Du, wann könntest Du kommen, ich möchte Dich gern sehen und muss was mit Dir besprechen.“

 

„Um was geht es denn, was willst Du mit mir besprechen?“

 

„Das kann ich Dir am Telefon nicht sagen, das bespricht man persönlich.“

 

„OK, ich komme morgen vorbei. Wenn es Dir recht ist bin ich gegen Mittag bei Dir.“

 

„Gern, ich freu mich wenn Du kommst.“

 

Nach dem Telefonat mit Frank wollte ich mich etwas ablenken, denn das Gespräch hatte mich doch unruhig gemacht. Was wollte er mit mir besprechen fragte ich mich, obwohl ich die Antwort eigentlich schon kannte.

 

Die Nacht verlief unruhig, ich wälzte mich von eine Seite auf die andere. Ich stellte mir die Frage, kann es was werden mit Frank und mir? Trau ich mir eine Beziehung zu. Ich dachte auch daran, dass er jünger war als ich. Aber immer nur allein bleiben und ein Singleleben führen. Eigentlich hatte ich mir doch immer eine Beziehung gewünscht. Mit jemanden das Leben teilen, gemeinsam lachen und weinen und was sonst noch zu zweit dazu gehört.

 

Am nächsten Morgen brauchte ich erst einmal eine Dusche und einen starken Kaffee um fit zu werden, die Nacht war ja kaum an Schlaf zu denken. Nachdem ich einigermaßen fit war setzte ich mich in den Wagen und machte mich auf den Weg in die Reha-Klinik zu Frank. Der Weg dorthin war ja nun nicht sehr weit, ich brauchte eine knappe Stunde um dort anzukommen.

 

Etwas unsicher und mit klopfenden Herzen betrat ich die Reha-Klinik. Im hinteren Teil der Eingangshalle, wo man schön in den Garten blicken konnte, entdeckte ich dann Frank. Auch er sah mich dann, stand auf und kam auf mich zu. Er brauchte zwar noch Gehhilfen, doch sein Zustand hatte sich deutlich verbessert.

 

Als er so auf mich zukam lächelte er mich an.

 

„Hallo Rolf, schön das Du gekommen bist.“

 

„Sehr gern Frank, hab ich doch versprochen.“

 

Etwas verlegen sahen wir uns an. Ich konnte dann nicht anders und umarmte ihn. Es war zu spüren, dass er sich danach gesehnt hatte, so gut es ging erwiderte er die Umarmung.

 

„Wollen wir uns in den Garten setzen? Ich kenne da eine schöne Stelle“ fragte Frank mich.

 

„Gern, bei dem schönen Wetter wär es doch blöd drinnen zu sitzen“ erwiderte ich.

 

„Da können wir uns auch in Ruhe und ungestört unterhalten.“

 

So gingen wir in den Garten. Als wir an die besagte Stelle kamen machten wir es uns auf einer Bank gemütlich.

 

„Du Rolf, ich muss Dir was sagen ...“ begann Frank, doch dann stockte er, ihm fehlten die Worte. Wir sahen uns an, da erkannte ich an seinen Augen was er meinte. Ich nahm seine Hand, lächelte ihn an und dann nahm ich ihn einfach in den Arm und küsste ihn. Ein erster zärtlicher Kuss, der alles sagte wo die Worte versagten. Wir sahen uns wieder an, hielten uns aneinander fest und wussten, dass wir uns gesucht und gefunden hatten. Dieser erste Kuss nahm uns die Angst die wir, jeder von uns, vorher verspürt hatten.

 

„Danke Rolf, ich liebe Dich, Du bist der erste Mann für den ich mich seit langem interessiere.“

 

„Mir geht’s genauso Frank, ich liebe Dich auch.“

 

Wir unterhielten uns stundenlang. Wir merkten, dass wir viel gemeinsam hatten. Die Zeit verging einfach wie im Flug. Uns wurde klar, dass wir zusammen gehörten.

 

In den nächsten Tagen besuchte ich ihn regelmäßig. Wir genossen unsere Liebe. Es ist einfach schön jemanden an seiner Seite zu haben, zu lieben und geliebt zu werden.

 

Frank ging es von Tag zu Tag besser, endlich konnte er dann auch die Gehhilfen ablegen. Langsam aber sicher neigte sich dann auch die Reha dem Ende zu.

 

Da Frank nach der Reha noch nicht arbeiten konnte und ich noch Urlaub nehmen konnte beschlossen wir gemeinsam für eine Woche wegzufahren. Da wir beide das Wasser liebten fuhren wir nach Cuxhaven, dort konnte man herrlich am Elbstrand spazieren, auch konnte man noch was für die Gesundheit tun, was für Frank ja wichtig war. An einem Tag machten wir sogar mal einen Ausflug auf die Insel Helgoland, von Cuxhaven gab es ja die Möglichkeit dazu.

 

Ein Tag, es war ein besonders schöner, da verbrachten wir den ganzen Tag am Strand, es war einfach herrlich, die Sonne, die Luft, das Wasser und der weite Blick. Gegen Abend grillten wir. Es waren nur noch wenige Leute da, doch das störte uns nicht, wir genossen es richtig.

 

Mittlerweile ging die Sonne unter und wir waren nun ganz allein am Strand, das Wasser glänzte im Licht der untergehenden Sonne, die Grillen zirpten. Frank und ich sahen uns an und küssten uns. So kam es dann auch das wir das erste Mal miteinander schliefen, es war so wunderschön, ein Moment der innigen Verbundenheit, einfach unbeschreiblich. Zum ersten Mal waren wir glücklich, endlich glücklich.

 

Dieser Abend zeigte uns, dass uns die Zukunft offen stand, eine Zeit die wir gemeinsam nutzen wollten für unser Glück.

 

Copyright: 09.09.2014

Autor: H. A. Grenz

 

Anmerkungen:

Die Geschichte wurde durch Karin Kaiser beta-gelesen und korrigiert.

 

Das Coverbild stammt von pixabay.com

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 24.02.2015

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch meiner Autorenkollegin Erin F. Hota.

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