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Auf der Straße

Vor 10 Jahren trat ich meine Tätigkeit als Sozialarbeiter in einer großen Stadt an. Mein Arbeitgeber war die Kommune. Schwerpunkt meiner Arbeit war die Aufgabe als Streetworker. Es waren interessante Jahre, ich habe dabei viel erlebt, zahlreiche Menschen kennengelernt und es gab ein Erlebnis was mein Leben veränderte.

 

Doch ich erzähle am besten von Anfang an. Mit 19 Jahren hatte ich endlich mein Abitur in der Tasche. Schon seit längerem hatte ich mir Gedanken gemacht was ich beruflich machen wollte. Mich hatte Arbeit mit Menschen immer interessiert, schon in der Schule hab ich gern im Team mit anderen gearbeitet. In meiner Freizeit engagierte ich mich in einem Jugendzentrum und in einer Suppenküche für bedürftige Menschen. So reifte in mir der Entschluss Sozialpädagogik zu studieren. In der Nachbarstadt gab es eine Fachhochschule die das Studienfach anbot. Zum nächsten Semester schrieb ich mich ein.

 

Die Zeit bis zum Beginn des Studiums arbeite ich in Teilzeit in einer kommunalen Sozialstation, zum einen konnte ich Geld verdienen und dann war es auch eine gute Vorbereitung für die Ausbildung. Diese Erfahrungen waren sehr hilfreich. Mein dortiger Chef war ein klasse Kerl, er setzte sich ein, damit ich meinen Job auch während des Studiums behielt. Meinen Dienst teilte er so ein das sie nicht mit dem Lernen kollidierten.

 

Endlich war der Tag da, an dem ich mit dem Studium begann, viele neue Eindrücke strömten auf mich ein, ich lernte die Mitstudenten kennen und wurde auch mit den Örtlichkeiten der Fachhochschule vertraut. Dies war ein guter Start in die Ausbildung.

 

Erstes Ziel war während der kommenden acht Semester meinen ersten Abschluss zu schaffen, das Diplom. Die Kurse waren breit gefächert, manches ging leicht von der Hand, bei anderem musste man mehr arbeiten. Was von Vorteil war, es gab eine gute Bücherei in der man gut fundierte Literatur fand, auch Internetzugang gab es, das half enorm beim Studium. Mit einigen Mitstudenten hatte ich mich angefreundet und wir ergänzten uns auch sehr gut bei der Arbeit. Die Dozenten verstanden es gut uns das Wissen zu vermitteln und uns zu motivieren, auch wenn es nicht immer leicht war. Mit einem der Lehrer verstand ich mich sehr gut, er wurde während der Zeit an der Fachhochschule mein Tutor. In so mancher Stunde nahm er sich Zeit und half er mir bei so manch kniffeliger Situation.

 

So verging die Zeit sehr schnell. Im achten Semester, die Prüfungen standen bald vor der Tür, da nahm mich mein Tutor zur Seite und meinte das ich das Studium fortsetzten solle, er sah das ich die besten Aussichten hatte mein Diplom zu schaffen und ermutigte mich ein ergänzendes Studium im Ausland zu machen, dort könnte ich einen weiteren Abschluss erwerben.

 

Kurz gesagt, es kam so wie mein Tutor es voraussah, ich schaffte meinen ersten Abschluss mit der Note 1,8. Dank seiner Hilfe konnte ich nahtlos weiter lernen. Er vermittelte mir einen Studienplatz in den USA. Nach weiteren zwei Semestern schaffte ich es dann auch meinen Master zu machen, da erhielt ich die Gesamtnote 2,0. Mit diesem guten Ergebnis kehrte ich nach Deutschland zurück

 

Nun war ich 25 Jahre alt und hatte meine Abschlüsse in der Tasche. Wie schon erzählt hatte ich ja während des Studiums und in den Semesterferien in der Sozialstation in meinem Heimatort in Teilzeit gearbeitet. Mein Chef war immer mit meiner Arbeit zufrieden gewesen. Auch war er stolz darauf das ich mein Studium mit einer guten Note abgeschlossen hatte. Er hatte Kontakte zu mehreren Dezernenten in den Städten in der Umgebung. Dank seiner Hilfe und seinen Verbindungen bekam ich dann meine Stelle als Sozialarbeiter und Streetworker in der Nachbarstadt.

 

Als ich meine Arbeit antrat bekam ich für die Anfangszeit einen erfahrenen Kollegen an die Seite gestellt der mich mit allem Wichtigen vertraut machte.

 

Mein Gebiet lag am Bahnhof und einem angrenzenden Stadtteil, in diesem lebten zumeist eher sozial schwächer gestellte Menschen. Da ich noch jung war sollte ich für die jüngeren Leute da sein, man meinte das ich wegen meines Alters eher Zugang zu ihnen bekäme.

 

Am Bahnhof gab es eine Station der Bahnhofsmission, durch eine Vereinbarung zwischen der Mission und der Stadt gab es dort einen Raum den ich als Büro nutzen konnte.

 

Mit meinem Kollegen ging ich regelmäßig durch die Straßen, er machte mich mit dem Arbeitsgebiet vertraut und ich sah was mich erwartete. Es gab viele Obdachlose, Junkies, Prostituierte und Stricher. Ein Anblick der nachdenklich stimmt über das ganze Elend. Erschreckend war es auch das es kaum Angebote für diese Menschen gab um aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Das machte mich nachdenklich.

 

„Rüdiger, wie kommt es nur, dass es hier so ein Elend gibt?“

 

„Da gibt’s viele Gründe, die alle aufzuzählen würde lang dauern, Bernd.“

 

„Aber es gibt doch wohl wichtige Ursachen und Gründe. So kann das doch nicht weiter gehen.“

 

„Ums kurz zu sagen, Geld- und Personalmangel bei der Stadt, auch engstirnige Beamte, Hoffnungslosigkeit und Resignation.“

 

Immer mehr Details und Informationen bekam ich im Gespräch mit Rüdiger. Diese Situation in meinem Wirkungskreis konnte so nicht mehr weitergehen. Das ganze Elend ist unzumutbar. Das musste doch auch die Stadt sehen. Jeden Tag kamen viele Menschen mit dem Zug in die Stadt. Wenn diese aus dem Bahnhof herauskamen und das sahen, keine gute Werbung für eine Stadt wenn Besucher so einen Anblick sahen.

 

Im Laufe der nächsten Monate machte ich mir so meine Gedanken über die Situation und wie man diese ändern könnte. Der erste, für mich, wichtige Schritt war, Kontakt mit den Menschen. Bisher hatte ich nur die Situation gesehen und die Meinung meiner Kollegen gehört, aber nicht die der betreffenden Leute. Danach wollte ich weiter sehen.

 

Eine Herausforderung wartete auf mich, denn eines war mir klar, einfach würde die Arbeit garantiert nicht werden. Nach und nach lernte ich die Menschen kennen. Da war Melanie, eine junge Frau von 20 Jahren, sie kam aus einem zerrütteten Elternhaus und hatte selbst schon ein Kind, dann Helga, so um die 30, sie war schon lang auf dem Strich. Dann lernte ich Dieter kennen, er war wohl im gleichen Alter wie Helga und lebte seit vielen Jahren auf der Straße. Und schließlich war da noch Peter, nur unwesentlich jünger als ich. Er lebte bei seiner Mutter die Alkoholikerin war. Sein Vater hatte sich schon vor längerer Zeit aus dem Staub gemacht. Peter war schwul. Er hatte keinen Schulabschluss und keine Ausbildung. Um sich und seine Mutter halbwegs über die Runden zu bringen verdingte er sich gegen Geld als Stricher.

 

Das waren vier Schicksale, diese standen für die vielen anderen die es noch gab. Jeder einzelne dieser Menschen hatte sein Los zu tragen, alle lebten so dahin, resignierten vor der Situation. Schicksale die sich oft auf der Straße abspielten.

 

Nachdem ich nun die Menschen kennengelernt hatte, mir ihre Sorgen anhörte und mir ein Bild machen konnte versuchte ich Lösungen zu finden, ein harter Weg lag vor mir. Ich machte mir Gedanken wie ich vorgehen sollte um Abhilfe zu schaffen.

 

Anhand der Schicksale von Melanie, Helga, Dieter und Peter versuchte ich Ideen zu entwickeln und wie diese umzusetzen wären. Langsam aber sicher kamen mir welche. Es gab im Stadtteil am Bahnhof mehrere leerstehende Häuser, für diese gab es kaum bis keine Verwendung. Das wollte ich mir zunutze machen. Doch, es war mir klar das es Widerstände von Seiten der Dezernenten geben würde und das man den chronischen Geldmangel der Stadt auch mit vorschieben würde.

 

Meine Idee war, eines dieser leerstehenden Häuser zu erwerben, es sollte dann instand gesetzt und in verschiedener Weise genutzt werden. Das Haus, meines Interesses war ein Gebäude welches aus einem Erdgeschoss, zwei Obergeschossen und ein ausgebautes Dachgeschoss bestand. Nach meinem Plan sollte unten im Erdgeschoss unter anderem eine Mischung aus Café und Wärmestube entstehen sowie ein Mehrzweckraum für verschiedene Maßnahmen, wie Lernhilfe für die Schüler des Viertels oder Kurse in Zusammenarbeit mit der VHS zur Fortbildung. Im ersten Obergeschoss sollten Zimmer entstehen wo Obdachlose für kurze Zeit unterkommen konnten, besonders im Winter sowie Duschen und ein Raum zum Wäsche waschen. In den beiden anderen Geschossen sollten dann kleinere Wohnungen entstehen wo junge Menschen wie Melanie oder Peter unterkommen könnten um aus ihrer bisherigen Lebenssituation herauszukommen damit sie sich auf eine bessere Zukunft konzentrieren und vorbereiten können.

 

Nachdem ich meine Idee ausgereift hatte, fuhr ich übers Wochenende in meinen Heimatort, dort traf ich mich mit meinem alten Chef. Mit ihm hatte ich immer noch Kontakt, sein Rat und seine Erfahrung waren mir immer wichtig. Wenn ich ihn für den Plan gewinnen könnte, dann ließe er sich umsetzen. Auch hatte er Kontakte, die für die Umsetzung hilfreich wären.

 

Nach dem Gespräch mit ihm war ich sehr zufrieden. Ich konnte meinen alten Chef von der Idee überzeugen. Er war richtig begeistert und sagte mir jede Unterstützung zu um diese umzusetzen. Er nahm mit den ganzen Leuten, die hilfreich sein konnten, Kontakt auf und viele davon wollten dabei mitmachen.

 

Mit dieser positiven Resonanz kehrte ich Montag früh in guter Stimmung zurück. Mein Weg führte mich dann in mein kleines Büro in der Bahnhofsmission. Doch kaum angekommen wurde ich in den Alltag gerufen. Es klopfte, Helga und Dieter traten ein, an ihren Gesichtern war zu erkennen das etwas geschehen war.

 

„Was ist los, was ist passiert?“

 

„Peter liegt im Krankenhaus.“ antwortete Helga

 

„Wie, weshalb ist er im Krankenhaus? Was hat er?“

 

„Er ist brutal zusammengeschlagen worden.“ erwiderte Dieter

 

Die beiden erzählten mir dann genau was passiert war, er wurde von einem Freier verprügelt, der ihn danach einfach liegen ließ, dann, wie es ihm ging, in welchen Krankenhaus er lag und das sie beide und Melanie ihn immer abwechselnd besuchten. Auch erfuhr ich das seine Mutter sich nicht kümmerte und lieber soff.

 

Dadurch wurde mir klar, es musste was geschehen, so konnte es hier nicht mehr weitergehen. Doch bevor ich meine Idee weiterverfolgte ging ich in das besagte Krankenhaus um Peter zu besuchen. Er lag mir besonders am Herzen, er ist ein so feinfühliger und sensibler junger Mann. Im Laufe der Zeit ist er mir immer vertrauter geworden und wir wurden Freunde.

 

Als ich sein Zimmer betrat und ihn ansah erschreckte ich mich. Peter sah wirklich schlimm aus, viele blaue Flecke, das eine Auge geschwollen und noch einige Blessuren mehr. Der ihm das antat, hatte ihn wirklich ordentlich zugerichtet.

 

„Hallo Peter.“

 

„Hallo Bernd, schön das du gekommen bist.“

 

„Wie fühlst Du Dich?“

 

„Schon besser, die Schmerzen lassen langsam nach.“

 

„Musst Du noch lange liegen?“

 

„Nein, mit Glück kann ich in ein paar Tagen raus. Aber ...“

 

„Was aber? Wieso redest Du nicht weiter?“

 

„Ich weiß nicht wie ich es ausdrücken soll.“

 

„Hm, ich glaube ich weiß was Du sagen wolltest. Du möchtest nicht zurück zu Deiner Mutter, stimmt's?

 

„Stimmt, doch ich weiß nicht wohin.“

 

„Du kommst fürs erste bei mir unter, ist doch wohl klar.“

 

„Ist … ist das Dein Ernst Bernd?“

 

„Na klar ist das mein Ernst, Du musst doch wieder fit werden.“

 

Während unserer Unterhaltung hellte Peter richtig auf. Lächelnd nahm er meine Hand. In seinen Augen war zu sehen wie dankbar er mir war. Fest und sanft zugleich erwiderte ich seinen Händedruck und lächelte zurück.

 

Als ich das Krankenhaus verließ wurde mir klar das ich etwas vorschnell gehandelt hatte. Eigentlich sollte man als Sozialarbeiter eine gewisse Distanz wahren, bisher konnte ich es auch gut, aber bei Peter war es nun doch etwas anders. Zwischen ihm und mir ist etwas entstanden, das ging über Freundschaft hinaus. Ich glaube das wir schon dabei waren uns ineinander zu verlieben.

 

In den nächsten Tagen kümmerte ich mich um meine Idee. Zuerst sprach ich mit meinem Kollegen Rüdiger, ihn hatte ich sehr schnell dafür gewonnen. Bei der Stadtverwaltung war es schon schwieriger. Die zuständigen Dezernenten und der Bürgermeister waren nicht ganz so einfach zu überzeugen. Doch nachdem ich mit viel Unterstützung und sogar mit Sponsoren aufwarten konnte, da sagten auch die Damen und Herren von der Verwaltung zu. Aber eine Bedingung knüpften sie an ihre Zusage. Die Herrschaften wollten das ich so viele Leute wie möglich ins Boot hole, damit das Projekt vor Ort auch angenommen würde. Aber ich sah darin kein Problem. Ich kannte ja viele der Leute vor Ort und das konnte ich nun auch nutzen.

 

Als ich bei der Stadt fertig war, verabredete ich mich mit Helga, Melanie und Dieter in meinem Büro, sie kannten ebenfalls viele der Menschen vor Ort. Mit ihrer Hilfe wollte ich möglichst viele der Anwohner für das Projekt gewinnen. Die Drei waren von der Idee angetan und sagten mir ihre Unterstützung zu. Und so konnte ich innerhalb kürzester Zeit viele für die Idee gewinnen. Damit hatte ich die Bedingung der Verwaltung erfüllt.

 

Der Tag war da, wo Peter aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Ich fuhr mit dem Auto hin um ihn abzuholen. Er stand schon am Eingang und erwartete mich. Als ich ihm entgegen kam lächelte er und wir nahmen uns zur Begrüßung in den Arm.

 

„Hallo Bernd, schön das Du da bist und danke für alles.“

 

„Hi Peter, nicht dafür, mach ich doch gern.“

 

Wir gingen zum Auto und fuhren zu mir. Meine Wohnung hatte ich schon entsprechend vorbereitet, es war eine 2,5 Zimmer-Wohnung. Peter sollte mein Schlafzimmer für sich bekommen, das halbe Zimmer hatte ich für mich als provisorische Schlafstätte eingerichtet. Doch es kam in der nächsten Zeit anders als geplant. Doch für den ersten Abend lief es ruhig, ich musste mich für die Arbeit der nächsten Tage vorbereiten.

 

Die nächste Zeit nahm mich sehr in Anspruch. Die Arbeit am Projekt begann, Handwerker kamen, der Umbau startete und es war alles in Bewegung. Hin und wieder traten mal Probleme auf, auch von Seiten der Behörden, doch dank der vielen Hilfe meines ehemaligen Chefs und der ganzen Sponsoren konnten diese dann sehr schnell behoben werden.

 

Endlich war Freitag, ich konnte ausnahmsweise mal pünktlich Feierabend machen. Als ich heimkam erwartete mich eine Überraschung. Peter hatte sich heimlich erkundigt und wusste das ich früh heimkam. Er hatte sich die Mühe gemacht und kochte für uns. Im Wohnzimmer hatte er den Tisch schön für zwei Personen gedeckt, mit Kerzen und allem was zu einem guten Essen dazu gehört. Als ich eintrat und sah was er sich für Mühe gegeben hatte war ich, im angenehmen Sinne, sprachlos. Peter kam auf mich zu, nahm mich in den Arm und hauchte mir einen Kuss auf die Wange.

 

„Hallo Bernd, na, ist die Überraschung gelungen?“

 

„Ja, das ist sie. Grüß Dich, Peter.“

 

Wir standen Arm in Arm und sahen uns an, lächelnd blickten wir jeder in die Augen des jeweils anderen. Ehe ich mich versah küssten wir uns, nicht wild, sondern zärtlich und sanft. Wir spürten, das wir uns liebten. Nach diesem ersten Kuss sahen wir uns wieder an, ein Gefühl des Glücks durchströmte uns.

 

Wir setzten uns und genossen das Essen, welches Peter für uns gekocht hatte. Ich musste feststellen das er sehr gut kochen konnte. Er hatte ein richtiges Talent dafür.

 

An diesem Abend machten wir es uns gemütlich und erkundeten unsere Liebe. Ein schönes Gefühl jemanden an seiner Seite zu haben den man liebt und von dem man geliebt wird.

 

Später am Abend zogen wir uns ins Schlafzimmer zurück wir wollten uns mehr voneinander spüren. Langsam aber sicher zogen wir uns Stück für Stück gegenseitig aus, dabei küssten und streichelten wir uns. Vorsichtig glitten wir aufs Bett. Aneinander liegend wurden unsere Küsse immer heftiger, welch ein Gefühl seine sinnlichen Lippen auf den meinen zu spüren. Unsere Zungen spielten miteinander. Die Hände glitten sanft und doch auch forschend über den Körper des jeweilig anderen um diesen zu erkunden. Wir schliefen das erste Mal miteinander, es war eine wunderbare Nacht, so voller Zärtlichkeit. Mit Worten kann man dieser Nacht nicht gerecht werden.

 

Dieser ersten gemeinsamen Nacht folgte ein Wochenende mit Erlebnissen die man stillschweigend genießt. Peter und mir ist klar geworden das wir uns liebten und das wir zusammen gehörten.

 

In der nächsten Zeit wurden die Fortschritte des Projektes immer mehr sichtbar. Und endlich, nach 10 Monaten konnte das Haus seiner neuen Bestimmung übergeben werden. Viele Anwohner, Kollegen von mir sowie der Bürgermeister und einige der Dezernenten waren zur Eröffnung gekommen.

 

Für viele gab es positive Veränderungen, Helga hatte den Ausstieg aus der Prostitution geschafft. Früher hatte sie mal eine Ausbildung zur Hauswirtschaftlerin gemacht, das nutzte ihr jetzt, sie kümmerte sich im neuen sozialen Treffpunkt um das Café, nebenher betreute sie Melanies Kind, während diese eine Ausbildung zur Pflegehelferin machte. Beide bewohnten nun jeweils eine der neuen Wohnungen die entstanden waren. Auch Peter hat eine Ausbildung begonnen, wen wundert es, eine zum Koch. Nur Dieter konnte die Eröffnung nicht miterleben. Zwei Monate vor dem großen Tag hatte er einen tödlichen Unfall, er wurde von einem betrunkenen Raser umgefahren und verstarb an den Folgen. Sein Tod traf mich und die anderen sehr hart, den Dieter war allseits beliebt. Peters Mutter wurde unter Betreuung gestellt und man versucht ihr zu helfen das sie es vielleicht doch noch eines Tages schafft vom Alkohol weg zu kommen.

 

Insgesamt hat sich die Einrichtung positiv ausgewirkt, diese und ihr Angebot wurden gut angenommen, es hat dazu geführt das sich das Umfeld rund um den Bahnhof verbessert hat. Auch wenn es hin und wieder mal einen Rückschlag gab, das gehört dazu, denn das Leben ist nicht immer eitel Sonnenschein.

 

Peter und ich sind ein glückliches Paar geworden und sind es auch heute noch. Wir wohnen zusammen und genießen unsere Liebe. So hat sich das Engagement auch für mich privat gelohnt. Hätte man mir zu Beginn meiner Tätigkeit gesagt, das es so kommen würde, ich denke das ich es nicht geglaubt hätte.

 

Nun schaue ich auf eine zehnjährige Tätigkeit zurück, viel ist geschehen, viel ist geschafft. Ich hatte großes Glück, das ich Unterstützung hatte um das zu schaffen. Die Einrichtung feiert die Tage ihren fünften Jahrestag. Ein unglaublicher Erfolg. Doch es zeigt auch das an vielen Orten in Deutschland noch so manches im sozialen Bereich im Argen liegt. Es wäre sehr wünschenswert, wenn sich die Menschen mehr engagieren würden um das zu ändern.

 

Dank des Projekterfolges und das ich in Peter einen liebevollen Partner gefunden habe bin ich für die weitere Zukunft motiviert und werde mich auch weiterhin engagieren und für die Menschen einsetzen.

 

Doch nun widme ich mich einem privaten Projekt. Peter und ich wollen heiraten. Helga und Melanie werden unsere Trauzeugen sein. Gefeiert wird natürlich dort wo wir uns kennenlernten, in unserem Viertel.

 

Hoffentlich setzt sich irgendwann überall die Erkenntnis durch das die Straße ein Ort ist um von A nach B zu kommen und um sich zu begegnen, aber kein Platz wo ein Mensch leben sollte und zu Grunde geht. Es gibt auf jeden Fall noch viel zu tun. Doch es bewegt sich was und das ist auch gut so.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 28.09.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Mein Dank gilt Karin Kaiser die mich bei meiner Arbeit unterstützt und meine Werke querliest und lektoriert.

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