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Ein bisschen Himmel

Leseprobe

S. Greendragon

 

 

Hier gibts unkorrigierten Text zu lesen, also seht bitte nach, wenn es Fehler aller Art geben sollte.

Trotzdem viel Spass beim reinschnuppern!

Neuer Alltag

"Ciel! Wo bleibst du!" Ciel seufzte innerlich und bog hastig um die Ecke um schneller zum Tresen der Bar zu kommen. "Hier ist die Bestellung für Tisch sieben und gleich kommen die Getränke für den Raum drei. Beeil dich!", herrschte ihn Esme an. Sie stand im violetten Kleid hinter der Bar und schaute ihn streng mit ihren gleichfarbig geschminkten, dunkelgrauen Augen an. Als wenn ihr Blick ihn noch schneller machen könnte. Ciel nahm das Tablett mit den Snacks und zwei Bieren. Er huschte von der Bar zu einem der kleineren Abteile im frisch renovierten Barbereich des 'Violett', der Bar in der er arbeitete.

Hinter der feinen Seide des Abteils saß eine Gruppe Männer im Anzug. Sie lachten über irgendwas als er durch den Schleier hindurch trat. Ciel lächelte sie freundlich mit seinen strahlend blauen Augen an und stellte so sorgfältig wie möglich die Getränke und die kleinen Teller ab. "He Süßer! Schick uns mal die Chefin her, ja?", rief ihm einer der Männer zu. Ciel achtete nicht so genau auf die Menschen. Er vermied nervös den Blickkontakt, erwiderte aber höflich: "Natürlich, der Herr!" Er lächelte den Mann flüchtig an und drehte sich um um zum gehen. Irgendwas streifte ihn an der Hüfte, aber Ciel bemerkte in der Eile nicht, wie einer der Männer ihn zu berühren versuchte.

 

Ciel war recht schmal gebaut für einen Runner-AlimaH, einen Cyborg der jüngsten Generation. AlimaH halfen Menschen bei allem möglichen, sie waren Tänzer, Unterhalter, billige Arbeitskräfte für Manufakturen aller Art und auch Runner. Jetzt war er jedoch eher als Kellner den als Runner am arbeiten und seine schmächtige Erscheinung verdeckte es, dass er eigentlich eine übermenschliche Ausdauer, gerade was Laufen anging, hatte. Ciel war wie viele AlimaH nach den Wünschen eines Käufers designt worden. Als er sich vorbeugte um das nächste Tablett aufzunehmen, teilten seine auffälligen spitzen Ohren seine dunkelblauen Haare. Er nahm das Tablett in die Arme, dessen Augments deutlich sichtbar wie ein geometrisches Muster schimmerten. Augments derselben Farbe bedeckten auch seine Beine. Er drehte sich um und verfehlte mit seinem Tablett gerade so einen Gast, der zur Bar trat. „Pass doch auf!“, knurrte ihn Esme an und beschäftigte sich sogleich mit dem neuen Gast an der Bar um ihm vom beinahe Unglück abzulenken. „Willkommen im Violett, kann ich ihnen helfen?“ Esme und Marcello waren Ciels neue Eigentümer. Sie hatten ihn erst vor zwei Wochen gekauft.

 

Ciel schaute sich diesmal erst um ehe er zum Flur ging um zu Raum drei zu kommen. Es war nicht so einfach, denn Ciel steckte in einem kurzen schwarzen Lackrock, der ihn doch etwas beim Gehen einschränkte. Dazu trug er ein weißes Hemd mit kurzen Ärmeln und flache Lackschuhe – jedoch in Ballerina-Art. Ciel wusste nicht, dass ihn seine Kleidung und seine elfischen Züge eine sehr androgyn-feminine Erscheinung gab. Er erreichte die Tür und wollte das Tablett balancieren um anzuklopfen. Es war nicht so einfach, da es beladen war mit verschiedenen Getränken, Gläsern und einer Flasche Wein. So was zu transportieren war für ihn noch immer ungewohnt. Er klopfte und wartete ehe er eintrat. Einige Personen der gemischten Menschengruppe am großen Tisch blickte auf. „Na endlich!“, rief einer von ihnen. Ciel erhaschte einen Blick auf Liliana, die in der Ecke stand und sich vorbereitete. Sie war eine Angestellte und würde nur für die Gruppe singen, hatte Esme gesagt. Eine der Frauen steckte ihm Trinkgeld zu, als er ihr etwas aus der Flasche einschenkte.

 

Ciel versuchte, dass 'ist der nicht süß' zu überhören. Er fand das komisch, so was gesagt zu bekommen. Aber hier war vieles komisch und irritierte ihn. Er hatte vorher noch nie eine Bar von innen gesehen. Die Menschen kamen hierher um Menschen oder AlimaH beim Singen oder Tanzen zuzusehen, um zu essen und um etwas zu trinken. Für Ciel war das eine seltsame Beschäftigung, aber er hatte zu arbeiten und dachte darüber nicht weiter nach. Er ging zurück um die nächsten Getränke und Gerichte auszuliefern.

 

Er arbeitete bis spät in der Nacht und wurde sehr müde. Die Zeit verlief hier etwas anders als er sich fühlte. Für ihm fühlte es sich viel zu spät an. Von Jetlag hatte er noch nichts gehört, er wusste aber das er in einer anderen Stadt weit entfernt von seiner vorherigen Heimat war. Die Sonne ging hier früher auf. Müde trug er das Tablett mit den Gläsern durch den Korridor und trat um die Ecke. Mit einem ohrenbetäubenden Scheppern viel es ihm aus der Hand als er in einen der Gäste, die gehen wollten, gerauscht war. Klirrend zersprang das Glas. Die Gäste lachten. „Du wolltest ihn doch nochmal sehen!“ „Ich bitte vielmals um Entschuldigung,“ sagte Ciel höflich und half dem Mann wieder auf. Er grinst Ciel breit an, tätschelte ihm die Wange und ging gut gelaunt mit seinen Freunden von dannen. Ciel schaute ihnen verblüfft hinterher.

 

„Eh, Kleiner! Räum den Dreck gefälligst auch auf, den du gemacht hast!“, sagte Marcello ärgerlich. Marcello war ein etwas beleibter Mann um die 43. Er trug wie immer einen gut geschnittenen Anzug und war meistens in einem der hinteren Räume beschäftigt, die Ciel nicht betreten durfte. Womit wusste Ciel nicht. „Und bring das Geld zu mir.“, fügte er im Befehlston hinzu. Er trat einfach um Ciel und die verstreuten Scherben und das Tablett herum und ging in den Barraum. Ciel sammelte hastig die großen Scherben und die das letzte verbliebene heile Glas zusammen, und fegte er den Rest zusammen und räumte sie weg. Müde trat er an die Bar.

 

„Das bringst du zu Marcello,“ sagte Esme und gab ihm ein Glas mit einer dunklen Flüssigkeit. Ciel trug es herüber zum Lieblingstisch seines Besitzers und stellte es ab. Er legt sein Trinkgeld auf den Tisch und wartete. Marcello schrieb etwas auf dem Datenpad und ignorierte ihn und das Glas. „Meister, euer Getränk und das Geld.“ Ciel verbeugte sich kurz, wie er es auch bei den Gästen tat und typisch für AlimaH war. „Ja, ja. Räum die Bar auf und verzieh dich in deine Kammer.“, brummte Marcello ohne ihn anzusehen. Ciel starrte ihn etwas entgeistert an. Er konnte sich an diese schroffe Art von seinem neuen Herren nicht gewöhnen. Aber er gehorchte stumm und zog von dannen.

 

Vollkommen übermüdet und nach Staub riechend stahl er sich in die Küche. „Das ist deins.“ Esme war noch da gewesen und hatte wohl die Bar wieder blank geputzt. Sie hatte sich schon umgezogen und abgeschminkt. Statt dem violetten engen Kleid trug sie eine weite Hose und ein helles Shirt. Erste Fältchen um die Augen und Lippen waren zu sehen, Ciel vermutete das sie so alt wie Marcello war, wusste es aber nicht. Trotzdem glänzte ihr hellblondes Haar im Licht. Ihre Stimme klang inzwischen genauso müde wie er sich fühlte.

 

Sie ging einfach. Ciel schaute ihr traurig nach. Es fühlte sich nicht richtig an, dass sie so einfach gingen. Er vermisste Nähe und Zuneigung auch wenn er es nicht in Worte fassen konnte. Resigniert seufzte er und blickte auf den Teller. Sein Magen knurrte schon eine Weile, jedoch hatte er schnell lernen müssen das zu ignorieren. Wieder nur Menschenessen. Es waren verschiedene Reste von den Leckereien die die Gäste serviert bekamen: Nüsse, kleine Kanapees, Radieschen, Möhrenkugeln. Er wünschte sich Cyborg-Synthetisat her. Es mag nicht so vielfältig schmecken aber er war dann nicht so schnell wieder hungrig. Er nahm den Teller und stiegt hinauf in sein 'Zimmer'. Ciel lebte allein auf dem Dachboden. Nach dem kargen Essen räumte er seine Kleidung so sauber wie möglich in einen der Kartons die er in ein Regal umfunktioniert hatte und rollte sich auf dem Boden zusammen um zu schlafen.

 

Erschöpft schlief er schnell ein und träumte....

>>Es roch nach Regen, aber es war noch warm und angenehm am Abend. Die Sonne stand tief aber es war noch hell genug um alles gut zu sehen. Er rannte über das Dach des kleinen Hauses und sprang hinüber in den Baum, schlich sich in den Parks mit dem Spielplatz. Sie trafen sich gern Abends hier bevor sie zusammen nach Hause gingen. Er lugte durch die Blätter des Baumes, in dem er sich versteckte um zu sehen, ob schon einer der anderen da war und schwang sich dann um den Ast nach unten. Die Landung war nicht so sauber wie er wollte, er belastete ein Bein stärker, aber er fiel nicht. Auf die Schaukel konzentriert bemerkte er die rasche Bewegung neben sich nicht. Ciel vermutete Bran saß da und diesmal wollte er der erste sein...

 

„Hab dich!“, flüsterte Kendra und schlang ihre Arme um ihn. „Damit ist Mel heute dran,“ sagte sie leise lachend. Ciel drehte sich in ihrem Griff und lächelte sie gespielt traurig an. Kendra hatte wunderschöne braune Haare und braune Haut mit großflächigen violetten Augments. Sie und Bran waren die beiden älteren Runner seiner Familie und brachten ihm und Mel, den jüngeren, vieles bei. „Du musst besser ausbalanciert landen, Ciel,“ sagte sie tadelnd. „Du hast ein Bein zu stark belastet und strapazierst zu sehr deine Sprungaugments.“ Kendra lehrte Ciel Parkour, aber er hatte noch nicht so starke Augments wie sie um alle Sprünge, egal wie gut ausgeführt, sicher zu stehen. Sie verstrubbelte seine Haare und beide schauten durch die Hecke ob Mel schon in Sicht war.

 

Sie brauchten nicht lange warten. Da war sie, schräg von links schlich sich Mel an Bran heran. Mel war einige Monate jünger als Ciel und hatte eine braun-weiß gefleckte Haut, schwarze kurze Haare und hatte es faustdick hinter den Ohren – wie Mutter immer sagte. Mel schlich erst über den Rasen und dann flitzte sie zur Schaukel. Sie zupfte ohne große Gegenwehr Bran die Mütze vom Kopf und seine orangenen Haare blitzen in der Sonne auf. Lachend jagte er ihr hinterher ohne sie wirklich fangen zu wollen. Ciel lächelte. Bran hatte sie bestimmt gehört aber sie trotzdem die Mütze stehlen lassen. Der Klau seiner Mütze war ihr kleines, spaßiges Abschlussritual am Abend.

 

„Was macht deine Rolle?“, fragte Kendra und ließ ihn los. Sie lief auf die anderen zwei zu, sprang, drehte sich halb zu ihm zurück um ihm zum Folgen aufzufordern. Sie schaute zu als er Anlauf nahm und sich dann über die Schulter über den Rasen rollte und schwungvoll aus der Hocke hochkam. Kendra lächelte: „Sieht gut aus inzwischen.“

 

„Ich hab gewonnen!“ Mel lief lachend auf sie zu und ließ sich in Ciels Arme plumpsen. „Ja, hast du. Gratz, Mel!“, antwortete er freudig. Es war für ihn nicht schlimm es nicht geschafft zu haben, morgen war auch ein Tag.

 

Zusammen schlenderten sie ein Stück zurück. „Ich habe meinen ersten großen Auftrag erledigt,“ sagte Ciel endlich mit etwas stolz. „Also echte Daten transportiert und nicht nur Lebensmittel und so was?“, hakte Bran nach und Ciel nickte. „Und wie bist du zum Klienten gekommen?“, wollte Kendra wissen. „Na, über den Balkon!“ Gab er breit grinsend zurück. „Gut so!“ Kendra lächelte. Mel stellte sich vor ihn und stoppte sie. Sie setzte ihr 'offiziell'-ernstes Gesicht auf und reichte ihm übertrieben feierlich die Hand: “Gratulation, dann gehört du wohl jetzt zu den großen Runnern!“ Sie lachten zusammen. Mel mochte ein bisschen Theater gern.

 

Kendra winkte ihm zu und Ciel folgte ihr ins Grün, sie würden wie immer durch die Gärten laufend und über die Zäune springend nach Hause kommen. Bran und Mel würden wie immer die Vordertür nehmen. Gemeinsam laufen genoss Ciel. Kendra sagte einige Sprünge an und konnte so sehen wie sicher er in den einzelnen Parkour-Elementen war. Ein lazy Vault über eine kleinere Mauer, oder seine Überwindungsfertigkeiten und natürlich immer das Landen und Weiterlaufen. Ciel lachte leise vor Vergnügen. Ihre Nachbarn ärgerten die flüchtigen Besucher nicht. Sie kannten sie, da sie in dem Außenbezirk bekannt waren und viele sich schon mal was von 'Sarah & Mathis' hatten liefern lassen.

 

Mit einem Satz landete Ciel auf dem Rasenstückchen ihres kleinen Heims. Eines von vielen gleichförmigen, sich eng aneinanderschmiegenden Häuschen mit winziger Gartenparzelle. Kendra folgte sogleich. Sie waren noch nicht auf der kleinen Terrasse als sich die Schiebetür schon öffnete. Sarah wusste immer, wann sie heimkamen. „Hallo ihr zwei! Es gibt gleich Essen. Mathis kommt leider später.“ Sarah und Mathis waren ihre Besitzer und irgendwie auch ihre Familie. Ciel kannte zumindest nichts anderes und war glücklich damit. Er mochte es mit den anderen Abends zu schwatzen und später sich in ihrem 'Nest' zusammen kuscheln. Sarah und Mathis hatten ihnen einen Raum eingerichtet, ähnlich denen wo sie vor ihrem Kauf gelebt hatten. Die meisten AlimaH waren stark sozial geprägt, Nähe bedürftig und liebten es zu kuscheln. Ein 'Nest' war für mehrere AlimaH der beste Platz zum entspannen, wenn die Meister keine Zeit hatten.

 

Er träumte vom gemeinsamen Essen, vom Lauschen von Geschichten, vom Fangen spielen in Haus und Garten, den Nachbarn, denen er Dinge brachte... <<

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Ein Klopfen riss Ciel wie ein Donnerschlag aus den Träumen. Marcellos Stimme klang durch die Tür. „Wo bleibst du, Kleiner! Ich habe dir extra einen Wecker gegeben!“ Ciel blickte zu der Uhr und stellte mal wieder fest, vergessen zu haben den Wecker anzustellen. „Beeil dich! Es gibt viel zu tun.“

 

Marcello trat die Treppe wieder herunter. Und setzte sich in der Bar hinter die Daten. Es bereitete ihm noch etwas Sorge, was er sah. Sie hatten noch viel zu tun um alle Räume fertig zu renovieren und nur wenig Budget. Sie mussten die Bar und einige Räume offen halten, sonst kam nicht genug rein um die Bar hier im Geschäftsviertel von CDT zu halten. Die Bar lag etwas versteckt, sonst wäre der Platz kaum bezahlbar, aber sie hatten dank der Nähe zu Firmen mit viel Belegschaft und Mundpropaganda einen guten Ruf. Aber Ruf allein half nicht genug abzuwerfen um die Anteilseigner zufrieden zu stellen. Vage nahm er wahr, dass Roak gekommen war. Der Koch, Roak und Liliana waren fest angestellt, die anderen kamen und gingen. Es war gut das Esme jetzt auch noch den AlimaH hatte, so konnten sie sich einen menschlichen Kellner einsparen. Der Kleine war wesentlich günstiger als alle anderen Optionen. Marcello wusste, dass er mit Roak und Liliana über seine Pläne reden musste, aber das konnte warten.

 

Der AlimaH hatte doch tatsächlich schon erste Fans. Roak war zwar sein Lieblingsaushängeschild für das 'Violett', aber vielleicht konnte der androgyne Elf das zweite werden. Roak war ein hübscher, ausgebildeter Entertainer AlimaH und gehörte einem seiner Anteilseigner. Der hatte keine dauerhafte Verwendung für Roak und ließ ihn zumeist hier arbeiten. Inzwischen hatten jedoch schon ein paar Gäste nach Ciel gefragt. Noch war der jedoch nicht so weit. Immerhin zerbrach er nicht mehr so viel Glas und war nützlich für die vielen Arbeiten, aber der hatte einfach von nicht viel eine Ahnung. Wird sich zeigen, ob er für mehr taugt. Ciel war ihm jedoch viel zu naiv für das Geschäft. Ihm fehlte der Schneid um etwas geschickt dazuzuverdienen.

 

Am Anfang hatte der Kleine doch tatsächlich nach Runner-Aufgaben gefragt! Unglaublich, wusste er den gar nichts?! Von solchen Geschäften lies Marcello lieber die Finger und beauftragte andere, wenn er so was selbst benötigte. Hier in CDT wurde so was wesentlich strikter gehandhabt als in anderen Metropolen. Runner gab es offiziell nicht mehr, gerade wegen der Unruhen im Detroit Distrikt. Nie würde er sich mit so was heißem die Finger verbrennen. So verlockend die Preise für die Übermittlung von möglichst privaten und unüberwachten Daten waren, es war einfach zu riskant. Noch dazu war der Kleine vorgemerkt...aber vielleicht hat er gar nichts mitbekommen oder war nicht gescheit genug es zu begreifen. Wer weiß das schon...

 

Nach einem hastigen Frühstück bei der Besprechung fand sich Ciel beim Putzen der übrigen Räume des Violett wieder, dann folgte das Herrichten der Räume für spezielle Gruppenevents am Abend. Esme räumte Dekoration in die Räume und da es auch noch ein Menu für die Gruppe gab, wies sie ihn an den Tisch vorzubereiten. Ciel hatte diesmal viele Teller und Besteck zu verteilen. Er war im Violett zum ersten Mal mit so vielen Menschen konfrontiert worden. Er fragte sich wie das mit der Verständigung gehen sollte, wenn noch mehr Menschen alle an so einer langen 'Tafel' saßen. Vielleicht konnten Menschen ja auch Kurzreichweitenkommunikation wie Cyborgs. „Nein, nicht einfach drunter legen! Sieh her!“ Ciel schreckte auf. Er hatte vergessen, dass diese Tücher irgendwie gefaltet werden mussten.

 

Er konnte nichts dafür... irgendwie interessierte ihn das ganze herum-geräume einfach nicht so sehr wie seine vorherige Arbeit als Runner. Er hatte keinen Himmel mehr über sich und kein Dach oder Fassade unter seinen Füssen. Und beides vermisste er sehr. Es zog in seinem Magen. Reiß dich zusammen, Idiot! Schalt er sich selbst. Das sind deine neuen Meister, sieh zu, dass du es endlich gut machst. Er musste sich nur daran gewöhnen, meinte er. Er lächelte Esme etwas gezwungen an: „Ja, natürlich Mrs Esme,“ sagte er und machte nach, was sie gezeigt hatte.

 

Liliana löste sie ab, da Esme in den zu renovierenden Räumen gebraucht wurde. „Hi, du,“ begrüßte sie ihn. „Hallo, Miss Liliana!“, sagte er und verbeugte sich und Liliana lachte. „Du brauchst nicht immer so förmlich tun, ich arbeite hier auch nur.“ Ciel lächelte nur. Für ihn gehörte sich das so, irgendwie waren ihm alle hier noch etwas fremd. Sie begannen den Raum drei herzurichten. „Also, hast du noch Sachen zum Waschen?“, fragte sie. „Nur die paar, die ich da hab.“ Ciel war froh gewesen, dass sie ihm geholfen hatte, diese seltsame Kleidung für die Arbeit richtig anzuziehen. Als Runner hatte er vorwiegend Kleidung gehabt, die deutlich flexibler, wetterfester und robuster war. Nach einem Blick auf die Schuhe – es waren andere als er jetzt abends trug, war Liliana aus dem Raum gerauscht und hatte mit Esme diskutiert. Ciel hatte keine Ahnung gehabt, was los war aber er hatte ein paar andere Schuhe bekommen.

 

Keine Ahnung zu haben, störte ihn schon. Er hatte das Gefühl irgendwas entscheidendes verpasst zu haben. Nur wusste er einfach nicht was. „Erklärst du es mir mal?“, fragte er vorsichtig. „Wovon sprichst du Ciel?“, fragte sie zurück. So richtig traute er sich nicht, also nahm er das offensichtlichste Thema zuerst: „Was genau machst du eigentlich. Ich glaube nicht, dass es das hier ist.“, sagte er und rückte die Sessel zurecht. „Ich tanze und singe hier Abends, dass weißt du doch“, antwortete sie. „Aber warum hier?“ Liliana lachte und schüttelte den Kopf. „Du klingst wie ein neugieriges Kleinkind.“ Erschrocken fuhr Ciel zurück. Hatte er sich so dumm angestellt. Den Satz hatte er öfter die Tage zu hören bekommen und begriffen, dass es nicht spaßig gemeint war. „Bleib mal ruhig, ich meine damit nur, dass es eigentlich meine Sache ist zu entscheiden, wo ich arbeite und was genau.“ Sie sah ihn ernst an und drückte kurz seine Schulter.

 

„Weißt du, ich versuche mir das Geld zusammen zu sparen um meine... Zusatzausbildung weiterzumachen. Ich mache Kurse mit, die mir etwas bessere Jobs... na ja, was deutlich besseres als das hier einbringen kann. Aber es ist eben nur ein 'kann', man muss schon Glück haben mit seinem Arbeitgeber als PA. Andererseits gibt es Tage, da gibt es hier richtig viel in der Bar zu holen. Und es macht einfach Spaß zu arbeiten, wann es einem passt. Deswegen will ich hier auch nicht wirklich weg. Hier bin ich mehr mein eigener Herr als sonst wo.“ Irgendwie klang das komisch in Ciels Ohren. Geld verdienen um etwas anderes zu lernen. Ciel bemerkte nicht, dass Liliana etwas verkrampft geantwortet hat. „Warum ist das Geld da noch so wichtig?“, fragte er in den Raum ohne eine Antwort zu erwarten. Er hatte das Gefühl Unbehagen zu verbreiten und das war ihm selber nicht geheuer. „Na ja, meine Familie muss ja auch über die Runden kommen. Ich habe noch eine Schwester, der ich helfe...“ Ciel fuhr überrascht herum. „Eine Schwester?“ Ciel musste an Mel und seine AlimaH-Geschwister denken und seine Augen strahlten. Liliana nickte und lachte als sie sein strahlendes Gesicht sah. „Du magst Geschwister haben?“ Er nickte.

 

„Ich trau mich aber nicht Roak anzusprechen...“, hauchte er. Ciel dachte an ein Nest und etwas Nähe zu einem anderen AlimaH. Sie stutzte, „Roak? Was hat er mit Geschwistern zu tun?“ Verwirrt blickte Ciel sie an. Für Ciel war Roak als AlimaH quasi so was wie ein Bruder. Er sah jedoch nicht das gleiche in ihm, wie ein Mensch. „Na, er ist auch ein Cyborg.“, sagte er in der Hoffnung sie wüsste, was er meinte. „Magst du ihn etwa?“, fragte sie, stellte das Boden wischen ein und sie beobachtete ihn genau. „Er ist ein bisschen unheimlich, aber sonst... ja, ich denke, ich kann sagen, ich mag ihn,“ sagte Ciel ungezwungen und ohne zu begreifen worauf sie hinaus wollte. Lilianas Augen weiteten sich und sie zog eine Augenbraue hoch. „Erm... ich will dich ja nicht kränken, Ciel, aber...“ Sie nestelte etwas an ihrem Shirtärmel herum. „Ich glaube, du bist nicht sein Typ. Sorry, Süßer.“ Perplex starrte er sie an. Was meinte sie mit 'nicht sein Typ'. War er so anders als er selbst? Es frustrierte ihn, das zu hören. Er wollte doch nur...Nähe.

 

„Nu mach dir mal keinen Kopf!“, sagte Liliana und zerstrubbelte seine Haare, wie es seine Geschwister oder Mutter getan hatten. Unwillkürlich lächelte er sie an. „Jeder Topf findet seinen Deckel,“ sagte sie und lächelte zurück. Ciel blickte daraufhin ratlos drein. „Glaub mir, es gibt da auch einen Freund für dich da draußen.“ Ah, ja das machte viel mehr Sinn als das mit den Töpfen und er lächelte sie hoffnungsvoll an. Mit Töpfen kannte er sich nicht aus, aber ein Freund wäre ja schon mal was.

 

„Wir sollten dir mal nettere Kleidung beschaffen..“, sagte sie nachdenklich. „Ja, gern.“, sagte Ciel. Ihm waren bis auf die Arbeitskleidung für den Abend, die zwei Shirts und Hosen viel zu groß. Er hatte hier sonst nichts weiter. „Und ich finde es schön, dass du für deine Schwester sorgst.“ Er meinte es auch so. Er mochte Liliana, stellte er fest. Sie war etwas freundlicher als... - NEIN, so darfst du gar nicht denken, schalt er sich selbst. Immerhin ist das hier sein neues zu Hause. Gibt dir mehr Mühe!

 

Der Abend verlief wie sonst auch. Ciel und Esme bedienten die Gäste in der Bar selber und Ciel brachte Getränke und Essen in die Räume. Ciel schob gerade den neu beladenen Wagen aus der Küche zu dem Raum mit der langen Tafel. Er klopfte und andere Bedienstete nahmen alles entgegen. Es waren für die Veranstaltung extra Leute angeheuert worden und sie kümmerten sich zum Glück um alles. Ciel fand den kurzen Blick auf die vielen Leute und das ganze Stimmengewirr beängstigend. Er war froh nicht hinein zu müssen. So wartete er im Flur, da es immer auch leeres Geschirr zum mitnehmen gab. Was die Menschen so alles in dem Raum besprachen, fragte er sich.

 

Eine der unregelmäßigen Arbeiterinnen im auffällig schwarzen Kleid, schönen Stiefeln und langen geflochtenen schwarzen Haaren trat an ihn heran. Er hatte sie schon mal gesehen. „Ich habe einige Sachen für Gäste bestellt. Bring sie mir nach oben in Zimmer 4.“ Sie sprach in gewohntem Befehlston aber Ciel registrierte das nicht. Wie immer reagierte er mit höflicher Hilfsbereitschaft: „Aber sehr gern. Ich komme sobald ich das Leergut weggebracht habe.“ Sie nickte zufrieden und nahm die Treppe.

 

Nur Esme war nicht ganz Glücklich damit. Als er wieder zurück war, fuhr sie ihn an: „Wo warst du?“ Verdutzt schaute er sie an. „Ich habe Miss Marion und für Sebastion die Bestellungen hochgebracht.“ Sie schüttelte den Kopf: „Nein, wenn sie was wollen, holen sie sich ihre Bestellungen immer selbst. Lass dich nicht für ihre Arbeit einspannen! Ist das klar?!“ Ciel blickte sie ratlos an. Hilfsbereit sein gehörte doch dazu, dachte er, aber er nickte gehorsam. „Oh, und die Runde da an Tisch sieben will, dass du die Bestellung vorbei bringst,“ sagte sie etwas entspannter. „Sei freundlich, vielleicht gibt es gutes Trinkgeld.“ Ich dachte, ich bin immer freundlich oder etwa nicht, fragte sich Ciel.

 

Ciel lieferte am Abend erneut sein Trinkgeld ab. Esme hatte recht gehabt, zwei der Gäste an dem Tisch haben ihm recht viel gegeben. Jetzt saß er allein oben auf dem Dachboden und betrachtete durch das Giebelfenster das andere Haus. Oben drauf zu laufen war für ihn interessant, aber er wusste noch nichts über die Umgebung. Brans Stimme im Ohr warnte ihn: 'Kein Run, wenn du die Karte und die Umgebung nicht kennst!' Ja, ein Sprung an der falschen Stelle und deine Knochen sind gebrochen. Hatte er auch einmal geschaft, als eine Baustelle an seiner üblichen Route aufgetaucht war. Der Sprung endete im Bohrloch. Er musste erst lächeln, dann spürte ein starkes ziehen im Bauch, dass öfter auftauchte, wann immer er jetzt an seine vorherige Familie dachte.

 

Was war eigentlich passiert, dass er hier gelandet war?

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Eine unerwartete Begegnung

Etwas betrübt betrachte er die letzten Krümel seines Frühstücks. Seine Träume verfolgen Ciel. Ein Run, der Himmel über ihn und ein Kunde der sich über seine Lieferung freute. Samuel der Koch war noch nicht da und so war es still hier und nichts lenkte ab. Nur von draußen drangen die Stimmen von Esme, Marcello und den Malern herein. Irgendwann wurde es still nur um kurz drauf seinen eigenen Namen gerufen zu hören. „Ciel, wo steckst du?“

 

Er räumte seinen Teller weg und trat von der Küche in die Bar. Er begrüßte seinen Besitzer freundlich wie immer mit einer Verbeugung. „He, eigentlich solltest du mit Liliana oder Roak sprechen. Beide sind gerade heute nicht da..., also muss das warten. Vergiss es aber nicht!“, sagte Marcello wie in Eile. „Esme ist mit den Malern beschäftigt und ich muss gleich los. Jemand möchte die ganze Bar für eine Szeneparty mieten. Das ist eine große Chance für uns!“ Marcellos Augen leuchteten, da er ein gutes Geschäft vermutete. „Jemand muss Kleinkram für uns einkaufen, da ich keine Zeit dafür habe und Roak vermutlich heute bei Daniel zu tun hat. Also wirst du das tun.“ Oh, dann ist also dieser Daniel Roaks Meister, dachte Ciel interessiert. Marcello drehte sich um und nahm seine Mappe um zu gehen. Ciel erinnerte sich, dass ihm noch einiges fehlte für diesen Auftrag. „Herr, was soll ich den einkaufen und wo?“, fragte Ciel aufgeregt, immerhin war er noch nicht außerhalb des Hauses unterwegs gewesen, vom Müll raus bringen mal abgesehen. „Ich muss los, klär das mit Esme.“, winkte Marcello ab und ging.

 

Esme schürzte die Lippen. „Ich schreibe eine Liste,“ sagte sie und schrieb auf ein thin-sheet alles was sie benötigte. Sie war so konzentriert, dass sie nichts sagte und Ciel eine dünne Stirnlinie sehen konnte. „Ich denke, dass ist alles, was noch fehlt für heute Abend. Es ist nicht viel, aber einiges wird dringend gebraucht, so wie ein paar der Ersatzteile.“ Sie betrachtete Ciel kritisch. „Ich erwarte, dass du dich gut benimmst und dir nichts stehlen lässt.“, sagte sie ernst als sie einen Rucksack aus einem kleinen Seitenschrank hervorholte und die Liste hineinlegte. „Natürlich, Meisterin Esme.“ Irgendwie fand es Ciel angebracht ihr zu zeigen, dass er es auch ernst meinte. Sie gab ihm ein Armband und lud eine bestimmte Menge an Geld darauf. „Das müsste für alles reichen, vielleicht musst du Händler suchen, diese Bezahlung akzeptieren. Ich werde dir nur eine kleine Summe Bargeldchips mitgeben. Benutze, wenn es geht, nur das Armband. “Ciel nickte eifrig und freute sich darauf die nähere Umgebung zu erkunden. Aufmerksam hörte er zu als sie den Weg zu dem Grauen Markt erklärte.

 

Ciel brauchte eine Weile um sich zurecht zu finden. Die Häuser außerhalb der Gasse waren allesamt wesentlich prächtiger und bunter als er erwartet hatte. Die Fassaden der großen Straßen leuchteten und zeigten Werbebilder aller Art, von Kleidungsläden, Logos von großen Firmen, von Bars und Restaurants und teils Nachrichten und Informationen. Das Lichtermeer erstreckte sich auch über seinem Kopf, da es digitale Leuchtbanner über der Straße gab. In der Gasse hatte es zwar auch solche digitalen Schauwände gegeben aber weniger viele und nicht so vielfältige. Ciel schlenderte an ihnen vorbei und schnappte ein paar Nachrichten auf. 'Die Kuppel würde heute aufgrund erhöhter Strahlung geschlossen bleiben; Es gab nach wie vor erhöhte Polizeipräsenz in einem Distrikt der Metropole. Eine große Show wurde angekündigt...' Ciel ließ das auf sich einströmen und kartografierte, wie alle Runner es taten, seinen Weg.

 

Er fand die Metrostation und nahm die Treppen in die tieferen Level. Die Wachen scannten seinen Chip, aber das war auch in seiner ehemaligen Heimatstadt so gewesen. Ciel erfuhr erst hier, dass er auf Level drei von CDT war. Er hatte nicht durch die Straßenfassade in die Tiefe geschaut, dazu hätte er das Augenaugment verändern müssen. Auf Level zwei lief er an wesentlich weniger prächtigeren aber genauso bunte Fassaden vorbei bis er in die Seitengasse bog. Es gab keinen großen Hinweis auf den Grauen Markt, den brauchte er aber auch nicht. Ciel folgte genau der Beschreibung und nahm eine unscheinbare Seitentreppe nach unten und erstarrte als er um die Ecke kam und auf den Markt in der Tiefe hinabblickte.

 

Mit großen Augen betrachtete er das Gewimmel unter ihm. Viele kleine Geschäfte, die teils zweistöckig waren und alle eine Auslage draußen hatten. Eine wunderschöne Kuppel überdachte das Gebiet, das Gebäude - Ciel hatte etwas vergleichbares noch nicht gesehen und wusste nicht wie er es nennen sollte. Ein großer Turm in der Mitte überragte den Markt. Die verglaste Gondel drehte sich sehr langsam über dem Markt. Es gab sogar einige echte Bäume wie Ciel verwundert bemerkte. In der zweiten Etage verbanden hängende und halb durchscheinende Wege die Läden. Allerdings gab es nicht so viele digitale Werbetafeln und Banner – vielleicht nannte man es deshalb ja den Grauen Markt. Es war weniger schrill bunt als da draußen, fand er. Gebannt von dem exotischen Aussehen tappte er sehr langsam und bedächtig die Treppe herunter. Er freute sich darauf, das Gewirr zu er erkunden.

 

Am Ende der Treppe überquerte er einen kleinen Platz. Ciel war so fokussiert, dass er die wartenden dort übersah. Sie waren ähnlich gekleidet wie er und beäugten ihn kritisch, aber Ciel sah nichts davon. Hingerissen ließ er sich in das Gewirr aus Wegen treiben. Es war noch sehr früh und vor allem Kisten und zu verkaufendes wurde zu den Ständen und kleinen Läden mit schmalen Gleitern teils gezogen, teils auf lautlos dahingleitenden Rikschas gefahren. Fasziniert schaute er zu und bemerkte nicht viel wo er den eigentlich hinging. Einem dieser Ladefahrzeuge hinterherschauend trat er zu Seite und stolperte über einen von Hand gezogenen Gleiter. Aus dem Gleichgewicht gebracht landeten Ciel und der Fremde auf dem Boden und viele Kisten unterschiedlicher Größe gleich mit.

„Gott verdammter Wahnsinn! Hast du keine Augen im Kopf?“, fuhr ihn eine männliche, sehr schlecht gelaunte Stimme vom vorderen Teil des Gleiters an. Ciel rappelte sich auf und tapste vorsichtig um die Kisten am Boden herum. „Es tut mir sehr leid, der Herr. Entschuldigen sie bitte.“ Ciel verbeugte sich vor dem Mann, der auf dem Boden zwischen Kisten saß. „Bitte, lassen sie mich ihnen aufhelfen.“, sagte Ciel höflich und reichte ihm seine Hand. Der Mann starrte ihn entgeistert von oben bis unten an. Seine Hautfarbe war etwas dunkler als die von Esme und Marcello. Es erinnerte ihn an Bran auch wenn sie nicht so dunkel war. Er hatte einen Ohrring im Ohr und ein markantes Gesicht mit graugrünen Augen, die ihn gründlich überrascht studierten. Er trug einen etwas länger-stoppeligen Bart, der älter als drei Tage war und genauso strubbelige braune Haare. Sein blaues Shirt hing über der Hose, unter der an seinem rechten Bein etwas wie eine Schiene hervorlugte. Nachdem er sich gefangen hatte, packte eine raue, kräftige Hand Ciel seine und ließ sich hochziehen.

 

„Du hilfst mir den ganzen Kram wieder aufzuladen,“ grummelte der Mann ihn an. „Und in den Laden zu bringen. Ist ja wohl unglaublich, dass so einer wie du, wie blind durch die Gegend läuft,“ sagte er entrüstet und setzt ihm den Finger auf die Brust. „Ich helfe gerne, der Herr. Es tut mir wirklich leid. Ich war...“ Der Mann unterbrach ihn rüde. „Ich kenne solche wie dich. Na los, dann tue deinen Job!“ Ciel verstand nicht ganz was er meinte, aber er half ihm die Kisten wieder einzusammeln und aufzuladen. Er sah den Mann unglücklich ein eingedelltes Päckchen ansehen und hörte ihn grummeln 'ich hoffe nichts von dem filigranen Sachen ist kaputt gegangen.' Ciel schämte sich, es war ihm peinlich einem Menschen Schaden zugefügt zu haben. „Bitte! Ihnen ist doch nichts passiert? Schauen sie, ob ich etwas von ihren Sachen beschädigt habe. Es tut mir wirklich leid.“ Bereitwillig half er ihm alles auch zu seinem Laden zu bringen. Ciel viel auf, dass der Mann etwas langsamer und etwas humpelnd ging.

Der Gleiter stoppte in einem Bereich wo viele der Schaukästen Werkzeuge, Zubehör und anderes aus Metall und Elektronikteile zu sehen waren. Schuldbewusst half er dem Mann die Kisten bei einem kleinen Laden mit Eingängen auf beiden Etagen mit dem Namen 'Oliviers Schmiedekunst' abzuladen. Ciel hatte keine Ahnung was ein Schmied war, traute sich aber auch nicht zu fragen. Vielleicht war der Mann ja sogar Mr. Olivier. Still trug er eine Kiste nach der anderen herein während der Mann in die Kisten mit den Dellen blickte und leise vor sich hin schimpfte.

 

Beim rein und rausgehen sah Ciel ein Bild nahe der Kasse stehen. Es zeigte den Mann einen etwas kleineren umarmend. Verblüfft hielt Ciel auf dem Rückweg inne und nahm das Foto in die Hand. Auf der Rückseite stand Simon und Noah geschrieben. Es war der vermutliche Mr. Olivier ohne Stoppeln und mit einem freundlichen Lächeln. Der andere Mann war ihm zugewandt und versuchte vielleicht lachend einen Kuss auf Mr. Oliviers Wange zu setzen, was schwer für ihn war, da er von hinten umarmt wurde. Sie sahen sehr glücklich aus.

 

„Was machst du da?“, kam aus dem vorderen Teil des Ladens. Ciel stellte hastig das Bild wieder hin aber der Ladenbesitzer hatte es schon gesehen. „Das geht dich gar nichts an, Straßenkatze,“ grummelte der Mann verärgert. Ciel wich zurück. „Es tut mir leid. Ich finde es sehr schön,“ sagte er ehrlich. „Sie sehen glücklich darauf aus.“ Die Augen des Mannes verengten sich. „Wenn du es stiehlst, werde ich dich überall finden,“ drohte er. Verblüfft schaute Ciel ihn an. Es war ihm ein Rätsel, warum er es stehlen sollte. Hastig drückte er sich an dem Mann, der ihn um ein-einhalb Köpfe überragte, vorbei und holte die nächste Kiste.

 

Es kostete ihn den ganzen Vormittag Mr. Olivier zu helfen. Irgendwann war auch die erste Kundschaft in den Laden gekommen und verzögerte das Ausladen der vielen kleinen Kisten noch mehr. Schließlich waren sie nach Mittag fertig. „Hm, mindestens zwei von den Bauteilen haben Beulen. Ich muss sehen, dass nichts von der Elektronik kaputt ist.“, sagte Mr. Olivier ernst. „Wenn du wieder auf dem Markt arbeitest, wirst du die Schäden abarbeiten , klar?“ Hastig nickte Ciel, da er es sich nicht leisten konnte das Geld seiner Herren zu verschwenden für einen Fehler den er begangen hatte. „Wie heißt du, ich will mir das aufschreiben.“ Mr. Olivier trat zu der Kasse und zog ein arg benutztes Pad hervor und öffnete eine neue Notiz. Ciel sah über die Schulter des Mannes als er seinen Namen eintippte, dass der Mann tatsächlich Simon Olivier hieß. Ciel ließ es zu, dass er seine Tattoosignierung aufnahm. Es war Ciel noch immer zu peinlich und er hoffte nicht zu viel Schaden angerichtet zu haben. „Troll dich,“ sagte er danach schroff. „Ich habe zu tun.“ Ciel nickte, verbeugte sich höflich und verließ hastig den Laden. Er sah den verdutzten Blick von Simon Olivier nicht.

 

An diese wirre Situation denkend, ging Ciel zu dem nächstbesten Platz wo er sich auf den Stufen der Treppe für die zweite Etage niederließ und die Arme um die Knie schlang. Mr. Simon Olivier hatte ihn eine Straßenkatze genannt. Ciel versuchte sich zu erinnern, ob jemand mal erwähnt hatte, was das was. Er suchte derweil nach dem Zettel von Esme. Er erinnerte sich an Worte von Mathis, seinem 'Ziehvater': Haltet euch fern von den Straßenkatzen, man weiß nie ob es verdeckt ermittelnde Überwacher oder echte herumstreunende Tagelöhner sind. Tagelöhner... hm, was auch immer das jetzt wieder war.

Ciel sah das Thin-sheat in seiner Hand und erinnerte sich an seinen Auftrag. Oh, er hatte keine Ahnung was seine Herren zu dem Schlamassel sagen würden und er war sich nicht sicher, ob er irgendetwas davon erzählen würde. Er biss sich auf die Lippe, dass würde nur unnötig Ärger bringen. Er las was er zu kaufen hatte und sah, dass darunter auch Bauteile für die Musikanlage und verschiedene Kabel waren, also ging Ciel zurück in den Bereich für Elektronik und Metall. Er zögerte und fragte sich, ob er in den Laden von Olivier hineingehen sollte. Er sah ihn einen Moment lang an, traute sich aber nicht hinein und fragte bei den Nachbarläden nach den Sachen. Der Mann vom Laden gegenüber grinste ihn irgendwie sehr zufrieden an und verkaufte ihn das gesuchte nur zu gern.

 

Das Einkaufen aller Sachen dauerte recht lange, da Ciel sich gar nicht auskannte. Er fragte sich deswegen teils durch und musste den gesamten Markt überqueren. Vieles gab es in kleinen 'Vierteln': wie die Elektronik, Kunststoffwaren oder Lebensmittel. Ein paar mal fielen ihm ein paar Gesichter auf, die er immer wieder zu sehen glaubte. Aber er bezweifelte das es wirklich so war, vermutlich waren hier eh zu viele verschiedene Menschen um sich an einzelne zu erinnern. Ihm fiel nach dem fünften Laden jedoch auf, dass er öfters nicht für einen Kunden gehalten wurde, sondern zu hören bekam, dass es nichts zu tun gab. Er hatte zwei kleinere Aufträge bekommen um Dinge über den Markt zu anderen Verkäufern zu bringen oder bestimmtes abzuholen. Er war viel zu freundlich um diese kleinen Aufträge abzulehnen. Außerdem freuten sich Esmeralda und Marcello vielleicht über das kleine Extra, hoffte er.

 

Es fehlt noch eine Sache, eine bestimmte Flasche von einem Getränk. Ciel überlegte wo er so etwas finden würde und schlug grob die Richtung zu den Lebensmitteln ein. Kendra würde ihn für seine Ineffektivität aufziehen, dachte er mit einem Grinsen. Aber er zeichnete sich beflissen seine Wege und die Orte auf, was wo zu finden war. In einer Gasse blickte er kurz auf die Liste um nichts übersehen zu haben. Als er aufblickte, stellte sich ihm jemand in den Weg.

 

„Halt, Neuling!“, sagte der größte der drei. Es waren zwei junge Männer und ein Mädchen, alle in etwa in seinem Alter – vielleicht war der kleinste sogar deutlich jünger. Sie blickten ihn streng, teils wütend an. Vom jüngsten glommen nur die Augen unter der Kapuze hervor. Er war auch ein AlimaH, wie Ciel, sonst würden seine Augen nicht so leuchten. Das Mädchen und der Junge waren beides Menschen. Sie trugen alle ähnliche Kleidung wie Ciel – ein bisschen mitgenommen, nicht so ganz passend und etwas abgewetzt. Ciel wollte zurückweichen. Hinter ihm lehnte jedoch ein weiterer junger Mann oder Frau im Hoodie mit hochgezogener Kapuze an der Wand. Verunsichert blieb er stehen. Er entschied freundlich zu sein und fragte: „Kann ich helfen?“

 

Der AlimaH schnaubte verärgert. „Pah! Du und helfen! Tue doch nicht so,“ knurrte ihn der mittlere an. Seine kurzen braunen Haare sahen etwas wild aus und seine braunen Augen funkelten ihn angriffslustig an. Er hatte ein verblassendes Drachenbild auf seiner Jacke. „Du bist neu, dass wissen wir. Deswegen verwarnen wir dich nur.“ Ciel blickte sie fragend an. „Verwarnen? Was ist den los?“ „Hör auf dich blöd zu stellen. Wir haben dich beobachtet. Du hast Jobs angenommen, die wir sonst machen! Damit hast du unseren Tagesverdienst geschmälert!“, knurrte er und die anderen grummelten zustimmend. „Oh.“ Ciel wusste nicht, was er sagen sollte. Irgendwie war er in ein weiteres Fettnäpfchen getreten, ohne es zu wissen. „Das wusste ich nicht und wollte ich nicht. Es...“ Hinter ihm lachte der vierte auf und unterbrach ihn. „Wag dich bloß nicht nochmal in unser Revier oder wir finden dich! Beim nächsten mal wirst du es wirklich bereuen“, rief der junge Mann zornig.

 

Sie zogen genauso schnell ab, wie sie gekommen waren und ließen Ciel durcheinander zurück. Irgendwas sagte ihm, dass er gerade echte Straßenkatzen getroffen hatte. Er beeilte sich das kleine Päckchen abzuliefern. Etwas schuldbewusst nahm er die Geldchips, ohne sie genauer anzusehen, von dem alten Mann, der sich enorm über das Päckchen freute. Ciel blickte beim herausgehen aus dem Laden über seine Schulter. Er glaubte die leuchtenden Augen des anderen AlimaH gesehen zu haben. Eingeschüchtert lief er hastig zwei Gassen weiter und sah sich nach Getränken um, er musste ja die Flasche noch kaufen. Diesmal wollte der Verkäufer ihm erst nichts verkaufen sondern gleich wieder herausschicken. Er musste erst ihm die Einkaufsliste zeigen, auf der oben auch das Logo des 'Violett' prangte, ehe er gewillt war, ihm die Flasche zu verkaufen.

 

Ciel trat am frühen Abend seinen Rückweg an. Er war sich nicht sicher ob es ein guter Ausflug gewesen war. Seine Kleidung hatte offenbar zu Verwechslungen geführt und er hatte aus Versehen einen Menschen umgestoßen und wusste nicht wie Tief er in der Kreide stand. Aber der Markt selbst faszinierte ihn. Das Violett war heute zum Glück geschlossen, so dass er nicht auch noch Abends arbeiten musste. Marcello war noch nicht zurück als er heim kam, aber es schien Esme nicht zu sorgen. Zu seiner Überraschung schimpfte sie nicht darüber, dass er so lange gebraucht hatte. Sie hatte sogar kurz gelächelt als er die Geldchips auf den Tisch legte, die er für die Botengänge bekommen hatte. Ciel wollte keinen Ärger provozieren also aß er schweigend und erzählte lieber nichts von seiner Begegnung mit Simon Olivier.

 

 

 

Graues Einerlei

Es war halbdunkel im Raum und etwas unaufgeräumt. Leere Schachteln von asiatischem Essen und Pizza standen herum und ein paar leere Flaschen. Er hatte meist keine Lust zu kochen, obwohl er das früher gern getan hatte. Simon saß allein am Tisch für sechs Personen und kümmerte sich nicht darum das Licht anzuschalten oder aufzuräumen. Er trank sein Bier und träumte vor sich hin – inmitten einer riesigen Küche mit ausgestelltem Uplinkbildschirm an der Wand und Kühlschrank mit leuchtender Liste, die anzeigte was alles fehlte. Das Haus kam ihm unendlich leer vor. Ein Schlafzimmer war immer verwaist, genauso wie das Gästezimmer und das Wohnzimmer, er selbst brauchte ja nur sein Schlafzimmer und ein bisschen Küche und Bad. Sein Bruder war mit seiner Freundin zusammen gezogen und hatte ihn damit allein im Haus ihrer Eltern gelassen. Sie sahen sich zwar, wenn sie beide in der Werkstatt unter den Wohnräumen arbeiteten, aber sonst war es leer.

 

Er dachte an das Bild, dass der Streuner in der Hand gehabt hatte. Er hatte vermieden es sich anzusehen, wollte es aber unbedingt in seiner Nähe haben. Wann hatte er es das letzte mal wirklich angesehen? Er wusste es nicht mehr. 'Sie sehen sehr glücklich darauf aus', hatte der Streuner gesagt. Dummer Idiot! Natürlich sah er glücklich darauf aus. Schließlich war Noah zu der Zeit noch da. Sie hatten noch keinen Unfall gehabt, der ihm seine Beweglichkeit seines Beins und Noah das Leben gekostet hatte. Sie waren frisch verheiratet gewesen und hatten Freunde besucht. Dann der Unfall. Es hätte auch für sie beide zu Ende sein können, wenn der Gleiter voll geladen gewesen wäre. Und manchmal hatte er sich das gewünscht. Aber das Dumme Schicksal ließ sich nicht vorhersagen. Er seufzte und trank einen Schluck. Das war jetzt zwei Jahre her, fast drei.

 

Dieser Streuner heute... warum hatte diese kleine Ratte seinen Transportgleiter übersehen? Es hieß, sie könnten sich wahnsinnig ausbalanciert mit ihren Augments bewegen. Na, der wohl nicht. Er war etwas größer als Noah gewesen, aber nicht sehr viel... und er hatte tatsächlich eine ähnlichen Körperbau. Er schnaubte. Vermutlich sehen tausende Männer genauso aus wie Noah, es war ihm nur nie aufgefallen. Aber die Augen... viel zu blau für eine normale Augenfarbe. Trotzdem hatten sie ihn hart getroffen und noch krasser an Noah erinnert, als es je zuvor passiert ist. Aber er war anders.. immerhin. So scheiß freundlich und hilfsbereit konnten wirklich nur diese Halbwesen von AlimaH sein. Zu viel Computer im Kopf, dachte er. Vermutlich war nichts an dem Gehabe echt, er wusste es nicht, da weder er oder jemand in seiner Familie je einen Cyborg besessen hatte. Der Laden war zu klein um einen Bewacher zu rechtfertigen und Vaters Stolz hatte nie eine halb-menschliche Hilfskraft eines AlimaH zugelassen.

 

Sein Vater. Er lächelte matt. Er hatte seinen Brüdern ein hartes Erbe hinterlassen. Sie beide sollten seine 'Schmiede' weiterführen. In Manufaktur hergestellte Gegenstände waren beliebt – sie waren günstiger als importierte Waren – insbesondere, wenn man spezielle Anpassungen wollte. Vater war damals nicht glücklich gewesen, als er sich in einen Mann verliebt hatte und noch weniger als sein Bruder Elektronikbau zu studieren begann. Er sah das Überleben seines Erbes in Sorge. Zu seinem Bruder sagte er gern, das Elektronik so leicht überlistet werden kann und er deswegen ihr nicht über den Weg traute. Es war der Grund gewesen, weshalb es nicht viel Technik in ihrem Haus gegeben hatte, die sonst üblich war: der Uplinkanschluss, der Kontakt zu alles zu jedem herstellen konnte und für den üblichen Formularwald wichtig war; automatisierte und fernsteuerbare Wärme-, Licht- und Fensterautomatik; intelligente Lagerräume, die fehlende Mittel des täglichen Bedarfs meldeten; an technischen Spielkram war gar nicht zu denken gewesen. Die einzige Ausnahme war alles, was er für die Bildung seiner Kinder förderlich ansah. Entsprechend gab es im Wohnzimmer eine große offline Bibliothek auf einem Datenwürfel.

 

Mit dem Tod ihres Vater hatte sich das langsam geändert. Für Formulare musste man nicht mehr zu Behörden pilgern, auch Termine und Logistik ließen sich mit dem eigenen Uplinkanschluss leichter erledigen. Simon hatte Jason in die Werkstatt geholt und gefragt, ob er das Sortiment mit Elektronikbauteilen erweitern wollte. Es war gut seinen Bruder mit dabei zu haben und es hatte Spaß gemacht mit ihm und Noah der Werkstatt langsam neues Leben einzuhauchen. ..ohne Jason und der Werkstatt hätte es wohl anders ausgesehen mit seinem Leben, nachdem Noah fort war. Er seufzte und grummelte, es tat nicht so gut daran zu denken. Das Bedürfnis etwas zu tun was sein Bruder 'einfach nur dumm' nennen würde, war groß. Also trank er einen Schluck von seinem Bier und sah dem Aufblitzen des Lichts zu. Er betrachtete das Lichtspiel an der Wand. Vater hatte ein Lichtleit- und Spiegelsystem angebracht, so dass es heller in der Wohnung und in der Werkstatt war. Am Abend konnte außerdem man die Abendsonne gespiegelt in der Küche sehen. So'n Kram baut heute sonst keiner, dachte er, und schüttelte den Kopf – aus Bewunderung über die kreative Lösung und weil es gleichzeitig etwas verrückt war.

 

Er hörte die Tür klappen und wie jemand die Stufen hochkam. Jason kam also doch vorbei? Er lauschte auf die Schritte. „Na, bin ich zu spät für die Lichtshow?“ Jason zog den Stuhl neben ihn hervor und setzte sich. Er ließ den Blick schweifen. Jason war drei Jahre älter und etwas kleiner als Simon, aber sie hatten beide braune Augen und braune Haare, auch wenn Jason sie gern länger trug. „Natürlich, weißt du doch. Eh nicht so spektakulär mit geschlossenem Schild. Ist so grünstichig.“ Jason betrachtete die Wand und das Fenster: „Nu, sei doch mal nicht so knurrig. Meine Frau würde gerne so etwas haben. Sie beneidet dich um den Platz und die Helligkeit.“ Simon zuckte mit den Achseln. Sie wussten beide, dass sie hier nicht einziehen würden, da es in der Werkstatt auch schon mal ordentlich laut werden konnte und von hier hatte sie es weiter zu ihrem Job im Krankenhaus.

 

Jason nahm sich eine der Flaschen auf dem Tisch, schaute sie sich an und entschied sich für eine andere Limonade. Das leise klicken des Deckels war zu hören. „Und hast du mal darüber nachgedacht?“, fragte er in die Stille. „Worüber?“, gab Simon mürrisch zurück. „Oh, mal wieder ein süßes Date an Land zu ziehen?“, sagte Jason und kicherte. Er erwartete keine Antwort, das wusste Simon. Simon ignorierte die Frage, aber sein Kiefer verspannte sich etwas. Jason hatte das mit Absicht gefragt. Er hatte tatsächlich überlegt sich mal wieder nach wem umzusehen... aber es nach dem ersten Versuch erfolglos abgetan als er merkte, dass er immer Noah in dem neuen suchte.

 

„Na was wohl! Wir hatten letztens erst darüber geredet! Wir wollten eine Hilfskraft einstellen oder uns einen Lehrling nehmen.“ Er sah ihn jetzt kritisch an. Bin ich schon so sehr ein Krüppel, dass ich jetzt schon so einen brauche? Ihm behagte der Gedanke gar nicht. „Wozu brauchen wird noch einen, der uns in der Werkstatt um die Beine wuselt?“, brummte er zurück. Simon war zufrieden nur Jason in der Werkstatt um sich zu haben. Jason schnaubte. „Jedes mal das gleiche. Weißt du, du wirst jetzt schon zum Sturkopf wie Vater! Dabei bist du nicht mal halb so alt wie er, als er so ein Dickschädel wurde.“ Jason trank und schüttelte den Kopf. „Warum wohl? Es ist schwer zu zweit den Laden, den Versand und die Werkstatt zu managen. Ich bin ja nicht blind, Brüderchen.“ Und den Rest sagt du nicht, dachte Simon. So ein Lehrbürschchen oder Mädel würde mich auf andere Gedanken bringen und beschäftigt halten. „Und wir würden Wissen weiter geben. Ich dachte, dass wolltest du immer?“ Simon biss sich doch auf die Lippen. Es stimmte. Genau dass hatte er eigentlich sehr gerne machen wollen. ...und es war ursprünglich Noahs Idee gewesen, aber sie beide hatten es gemocht. „Mal sehen,“ antwortete er ausweichend. Jason grinste. Vermutlich hatte er gehofft, das zu erreichen.

 

„Kommst du morgen zu uns? Wir wollen uns die Übertragung des Spiels gemeinsam ansehen. Ein paar meiner Freunde sind da. Was ganz entspanntes...,“ fragte Jason. Simon sah ihn an. Solcherlei Treffen mochte er nicht recht, aber er konnte sich denken, warum sein Bruder fragte. Er sollte nicht immer alleine hier Abends rumhängen. Er schloss kurz die Augen. „Mal sehen,“ brummte er erneut. „Ach, komm schon. Das wird schön.“ Simon hatte nicht viel über für Sport. Mit dem Bein konnte er eh nicht viel reißen, aber schon vorher hatte Sport ihn nicht sehr interessiert.

 

Ihm fiel jedoch etwas wichtigeres wieder ein. „Kannst du dir die zwei ansehen?“ Er holte zwei Bauteile aus dem Rucksack hervor, der neben seinen Füßen stand. Es waren die Teile, die der AlimaH vielleicht beschädigt hatte. Jason schaute ihn bedächtig an. „Zweifelst du an meinen Fertigkeiten oder müssen wir jetzt noch eine Qualitätssicherungskraft einstellen?“ Simon blickte ihn fragend an. „Nein, so ein Rüpel hat die Ladung umgerissen und ich weiß, nicht ob die Teile noch in Ordnung sind. Die Kisten waren zumindest arg eingedellt.“ Jason hob eine Augenbraue. „Na schön.“ Er zog die zwei Päckchen zu sich. „Nur, wenn du auch kommst. Morgen, pünktlich um sieben.“ Simon verzog das Gesicht und bedachte ihn mit einem bitterbösen Blick. Jason grinste: „Also ja.“

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Simon räumte am nächsten Tag einiges im Laden hin und her. Die Kisten mussten ausgeräumt werden und ins Lager. Hin und wieder ertappte er sich dabei, wie er zum Fenster sah und etwas enttäuscht auf die Kunden blickte, die statt dessen vorbei gingen oder hereinkam. Vermutlich kam die Straßenkatze eh nicht wieder, dachte er mürrisch. Er wusste inzwischen, was für Teile es gewesen waren. Es waren modifizierte Sender gewesen und ein Langstreckenempfänger. Beides sehr kostspielige Bauteile, da sein Bruder sie modifiziert und ihre Leistung verstärkt hatte. Tja, dann blieb er wohl auf dem Schaden sitzen. Warum sollte der AlimaH auch zurückkommen? Klar, er könnte ihn anzeigen, aber sonst hatte der keinen Ansporn dazu hier aufzutauchen. Genervt bereitete Simon eine Rechnung vor. Er bezweifelte, dass die Straßenkatze noch einen Eigner hatte, der das bezahlen würde. Der war zu schlecht gekleidet gewesen und so dünn. Der hatte vermutlich nur auf naiv und hilfsbereit gemacht um ungeschoren davon zu kommen.

 

Grummelnd beendete er den Schrieb und speicherte ihn. Über die Datenbank konnte er anfragen und den Eigner herauszufinden. Ursprünglich war die Verbindung zur Datenbank dazu gedacht für die exakte Bestimmung von Bauteilen für Cyborgs, aber die Suche gab auch ein paar Grunddaten, wie die Eigner und deren Adresse aus. Simon zögerte und entschied sich nicht die Suche anzuwerfen. Er speicherte die Datei einfach und wandte sich dem Laden zu. Warum, wusste er nicht so genau.

 

Er erhob sich und ging zur Tür um nach draußen zu schauen. Er manövrierte mit etwas Mühe um die Kisten herum und zog sein Bein um die ein oder andere Kiste herum. Er hatte zwar angefangen Aufzuräumen aber es zog gerade schmerzhaft in seiner Wade. Genervt gab er für den Moment auf und lehnte sich an die Tür um die Gasse zu beobachten. Es lagen zwar noch Arbeiten zur Reparatur herum, aber gerade wollte er nicht. Er überlegte, in das Kaffee zu gehen, aber der Gedanke an die Stufen nach oben grausten ihn. Knurrend beschloss er etwas anderes zu machen. Statt dessen schloss er ab und machte sich auf dem Weg zur nächsten Ecke um sich dort einen Kaffee vom kleinen Stand zu gönnen, auch wenn der bei weitem nicht so gut war. Er machte sich nicht die Mühe seinem Nachbarn zusagen, dass er gleich wieder da ist und 'nur einen Kaffee holt'. Die lieben Nachbarn mochte ihn eh nicht und Simon machte keinen Hehl daraus, dass er sie nicht leiden mochte. Simon wusste, dass einige gerne versuchten billigen Kram teuer zu verkaufen und dass sie die Leute vor ihm als den 'bösen, schlecht gelaunten, teuren Gierknochen' warnten, da seine Preise so viel höher waren. Damit konnten sie jedoch keine Einheimischen beeindrucken, wohl aber Leute, die nur hin und wieder kamen oder die mit kleinem Budget. Es machte ihn wütend aber er konnte nichts dagegen machen, da sie nun mal ihre kleinen Marktläden so dicht beieinander hatten.

 

Er humpelte langsam die Gasse herunter. Ignorierte die Kommentare seines Nachbarn und versuchte den kurzen Schmerz auszublenden, der langsam nachließ, da er sich bewegte. Er bog in die nächste Gasse. „Brauchen sie Hilfe?“, fragte jemand höflich neben ihn. Er wusste nicht genau warum er darauf reagierte, aber Simon hob den Blick und sah einen Jungen mit leuchtenden Augen. Es war jedoch nicht Ciel. Diese Augen waren leuchtend grün und gehörten zu einem Cyborg, der noch wie ein Teenager aussah. Simon wollte eigentlich ablehnen, zögerte aber. Das war doch eine der Straßenkatzen, vermutete er und besah ihn genauer. Grüner Kapuzenpullover, ausgewaschene Jeans... ja, er glaubte, ihn öfter vorbei huschen gesehen zu haben. Zumindest sprachen für sein Dasein als Straßenkatze, dass er mitgenommene Kleidung trug, die wilden Haare und natürlich seine Frage selber. Straßenkatzen bettelten um kleine Jobs oder, seltener, direkt um Geld. Sie wussten, dass man für einen kleinen Dienst eher etwas bekommt. Meistens hatte Simon sie einfach nur ignoriert. Er hatte seinen Stolz und wollte das, was zu tun war, alleine tun. Verdammt noch mal, er war nicht siebzig nur weil er humpelte.

 

Gerade kam ihm der jedoch gelegen. „Hm, ja. Kannst du mir einen Kaffee aus der Schüssel holen gehen?“, fragte er und der Junge nickte. „Wollen sie nur einen normalen Kaffee und sonst nichts weiter?“, fragte er. Der Cyborg klang höflich, aber irgendwie war es das Höflich, dass alle 'Kunden' zu hören bekamen. Trotzdem überlegte er kurz. „Bring mir eins der mit Ei belegten Brötchen mit. Und der Kaffee soll nur mit Milch sein.“ Er gab dem Jungen die passenden Chips und wollte wieder zurück gehen. „Sir, wohin soll ich beides bringen?“ Simon drehte sich herum. „Bring es in den Laden 'Oliviers Schmiedekunst'.“ Simon war nicht sicher, ob der Junge nicht einfach mit den Chips davon lief, aber er wollte ihn nicht direkt auf der Straße nach dem anderen Cyborg fragen.

 

Jedoch wurde Simon überrascht und enttäuscht zugleich. Der Cyborg brachte ihm das Brötchen und den Kaffee in den Laden und richtete freundliche Grüße von Beren aus. Ihm gehörte die 'Schüssel', wie das Kaffee über den Läden von allen auf dem Markt genannt wurde. Er war damit zuverlässiger als Simon gedacht hatte. Leider wusste der Junge gar nichts über diesen Ciel. Er gehörte offenbar nicht zu seiner Gruppe. „Nie gehört.“, hatte er zu Ciels Namen gesagt, sich über seine Bezahlung gefreut und war wieder in den Gassen verschwunden. Simon schob den Gedanken beiseite, etwas über diesen Ciel herauszufinden. Hast du eben Pech gehabt, dachte er. Vielleicht schützte der andere ihn auch, wer weiß das schon. „Scheiß drauf,“ murmelte er und konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. Er passte eine ausgesprochen extravagante Metallfassung für eine Lampe an. Sie war schwer anzufassen und daher brauchte er alle Konzentration um das Stück zu bearbeiten. Aber es war genau das, was er mochte. Der Rest der Welt war ihm schnuppe, wenn er seiner Arbeit nachging.

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Tanzen ?

Ciel erledigte seine übliche Arbeit, die Vorbereitungen um die Bar für den Abend auf Vordermann zu bringen. Putzen war jetzt nicht wirklich eine Herausforderung, er fand, es war eintönig. Trotzdem erledigte er seine Arbeit so gut es ging und ohne es zu merken 'Runner'-mäßig. Ciel hatte sich unbewusst überlegt, wie er möglichst zügig durch den Raum kam. Er bereitete alles vor um dann ohne Hindernisse durch den Raum zu wischen oder alles andere abzuwischen. Er beeilte sich, weil er doch mit Liliana und Roak sprechen sollte und die letzten beiden Tage keiner von ihnen so früh da gewesen war. Roak hatte er an beiden Tagen gar nicht gesehen. Bevor er alles wieder hinstellen konnte, hatte er etwas Zeit um zu ihnen zu gehen.

 

Er suchte zuerst Roak. Da er ihn nicht in dem Saal gesehen hatte, wo er oft arbeitete, nahm er etwas zögerlich die Treppe zu den Zimmern. Er war sich nicht ganz sicher, hatte ihn aber öfter in einem der Zimmer verschwinden sehen. Er klopfte und lauschte. Er hörte ein Grummeln. Ciel schob die Tür auf und lugte um die Ecke. Ein hochgeschreckter Roak starrte ihn entsetzt an. Der andere AlimaH lag verkehrt herum im Bett und blinzelte ihn total verschlafen vom Fußende an.

 

„Wa-a-asss zum Geier willst du von mir?“, grollte er Ciel an, der etwas Farbe im Gesicht bekam und unwillkürlich einen Schritt zurück wich. Mit so einer harschen Anrede hatte er nicht gerechnet, aber auch nicht damit das Roak am Nachmittag schlief.

Roak schaute auf die Uhr und ließ sich entnervt aufs Bett fallen. „Ich fasse es nicht. Mann! Es sind noch dreieinhalb Stunden ehe irgendwas los geht. Verzieh dich und lass mich schlafen.“, knurrte er ihn sauer an. Eingeschüchtert verzog sich Ciel und wollte die Tür gerade schließen. „Eh! Das nächste mal wartest du gefälligst, bis jemand die Tür aufmacht! Man platzt nicht einfach so rein.“, rief er Ciel noch immer erbost hinterher. Ciel zog die Tür zu und biss sich auf die Lippen. Na, das war ja prima gelaufen. Einer war schon mal sauer auf ihn. Und dabei wusste er noch nicht mal genau, weswegen er sich bei Roak und Liliana melden sollte.

 

Sie zu finden, war auch nicht so einfach. Sie war nicht oben in dem Raum, wo sie sich zurecht machte für den Abend. Auf dem Weg nach unten hörte er ihre ihre Stimme. Er fand sie im Gespräch in der kleinen Küche der zweiten Etage. „Wir treffen uns in fünfzehn Minuten, ich bin noch beschäftigt hier.“, hatte sie gesagt.

 

Ciel hockte jetzt auf der Treppe zu seinem Dachboden und wartete. Staub war in dem fahlen Licht durch das Treppenfenster zu sehen. Er döste etwas vor sich hin, da schon eine halbe Stunde vergangen war. Was sollte er auch tun... Er kam sich gerade fehl am Platz vor. Was er tat hatte nichts mit dem zu tun, was er gelernt und wobei er sich wohl gefühlte hatte. Er hatte einen Tagtraum von einer erfolgreichen Übermittlung, die es nie gegeben hatte. Es war wunderbar sich das vorzustellen, über die Dächer zu jagen und den Himmel über sich zusehen. Und am Abend seine alten Familie zu treffen und mit ihnen herumzualbern. Das verpasste ihm ein seltsames Gefühl im Bauch, dass an ihm nagte. Er fühlte sich noch immer allein. Sollte das hier jetzt alles sein? Es frustrierte und nagte an ihm.

 

„Ciel?“ rief Liliana die Treppe herauf. „Bist du da oben?“ Ciel schreckte aus seinen Gedanken hoch und kam die Treppe hastig herunter. Er lächelte sie freundlich wie immer an, auch wenn er sich etwas matt fühlte. Sie gingen in ihr kleines Zimmer und Liliana ließ sich auf den Sessel Plumpsen. Ciel blieb lieber höflich stehen. „Ich weis, weswegen du hier bist.“ Ciel hörte, dass sie etwas gereizt klang. „Ich finde es echt unverschämt, was sich Marcello und Esme in den Kopf gesetzt haben. Hm, vermutlich war es Marcello.“ Ciel wartete. Liliana blickte ihn an und wartete ebenfalls. Als nichts von ihm kam, sagt sie: “Du sagst nichts? Weist du es gar nicht?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich sollte nur zu dir und Roak gehen. Mehr hatte er mir nicht aufgetragen.“ Entgeistert schüttelte sie mit dem Kopf. „Wird ja noch schöner.“ Sie schnaubte gereizt.

 

Gedankenverloren rieb sie sich die Stirn. „Machen wir's kurz und schmerzlos. Sie haben sich in den Kopf gesetzt aus dir einen Entertainer zu machen und wir sollen dir Tanzen, mit Leuten zu flirten und so was beibringen.“ Ciel blinzelte. Er hatte keine Ahnung was genau den Entertainer machten. „Ich soll tanzen lernen?“ „Wir sind aber keine Lehrer und weder ich noch Roak, oder Daniel sind um Zustimmung gebeten worden.“, grummelte sie. „Das geht doch etwas zu weit. Ich dachte du seist eh schon so was in der Art.“ Gereizt überkreuzte sie die Arme vor der Brust.

 

„Nein, ich bin kein Entertainer, ich bin ein Runner.“, sagte Ciel. Liliana blickte ihn erstaunt an. „Hu! Und ich dachte, du seist entweder ungelernt oder einfach unerfahren. Da lag ich ja vollkommen falsch.“ Schweigen. Ciel wusste eh nicht, was er sagen sollte. Wenn er etwas neues lernen sollte, musste er das wohl tun. „Du sagst gar nichts dazu? Finde ich schon überraschend, da du ja scheinbar auch nicht gefragt wurdest.“ Sie betrachtete ihn interessiert. „Na ja, was soll ich dazu sagen? Wenn mein Besitzer so was entscheidet, muss ich das tun,“ meinte er achselzuckend. Liliana lachte verblüfft. „Der einzige, der sich nicht mal beschwert, bist du. Schon verblüffend. Tja, dann.... Dann sollte ich mich wohl nicht so aufregen und lieber loslegen,oder?“ sagte sie und schaute ihn kurz kritisch an.

 

„Wir werden irgendwie einen Kompromiss finden müssen. Der Punkt ist, wegen der Kurse habe ich nicht beliebig viel Zeit.“ Sie stand auf und winkte ihn zu sich. Auf dem Pad rief sie ihren Wochenplaner auf. „Schau, ich habe nur so knapp eine Stunde vor der Arbeitszeit hier Luft für so etwas. Bis auf Mittwochs, da bin ich gar nicht da.“ Ciel nickte wortlos. Ihm war das eh recht, er hatte keine 'Termine' außer seinen Verpflichtungen hier. „Erwarte lieber nicht zu viel von Roak. Er klang bei der Besprechung arg gereizt, ich weis nicht, was er wirklich tun wird.“ Erneut nickte Ciel. Roak war eh verärgert, also würde er ihn heute lieber nicht mehr belästigen.

 

„Also, lass uns runter in den Saal gehen“, sagte sie deutlich freundlicher als ihr Gespräch anfing. In einem der großen Säle übte sie öfters, das hatte sie ihm mal erzählt. Im Raum fragte sie als erstes: „Was weißt du übers Tanzen?“ und stellte die Musik an.

 

Am Ende der kleinen 'Lehrstunde' zweifelte Ciel doch arg an sich selbst. Dieses Tanzen hatte für ihn Ähnlichkeiten mit Parkour gehabt, also hatte er freudig einfach mal einfache Sprünge und Drehungen davon ausgeführt und nur einen Entsetzten Blick und Lachen von Liliana geerntet. Offenbar hatte er keinerlei Ahnung von so etwas. Sie hatte versucht es zu erklären... und hatte dann aufgegeben. Sie meinte, es sei schwer für sie so etwas zu erklären. Also hatte sie ein paar einfache Bewegungen zu Musik vorgemacht und wollte sehen wie er sie ausführte. Nur kam immer Ciels Training durch, Bewegungen so effizient und zügig wie möglich auszuführen. Wie hatte sie sich ausgedrückt: 'Es ging nicht darum, so schnell wie möglich von A nach B zu kommen, sondern elegant und geschmeidig.' Das hatte ihn doch ordentlich ratlos zurückgelassen. Liliana meinte nur: 'Na, von einmal Üben wird nicht gleich eine Tanzmaus aus dir, das wird schon noch.' Ciel dagegen zweifelte. Er hatte nicht das Gefühl gehabt auch nur eine der Übungen so hinbekommen zu haben, wie sie es meinte. Zudem war da noch irgendetwas mit der Musik und das war ihm auch total entgangen.

 

Er mühte sich unbemerkt von alldem seinen Job am Abend zu machen. Nahm und brachte Bestellungen freundlich wie immer. Allerdings vermied er es Roak anzusehen, als er Gästen in seiner Nähe Getränke brachte. Sie kamen sich sich aber eh nie so nah, als dass sie ein Wort hätten wechseln können.

 

Marcello rief ihn später am Abend zu sich. „So so, du hast also auf den Markt nicht nur eingekauft sondern auch noch etwas verdient?“ Ciel lächelte und nickte. Er wusste nicht, dass der alte Mann, der sich sehr über ein Päckchen gefreut hatte, ihm eine ordentliche Summe für so einen kleinen Dienst zugesteckt hatte. Aber er freute sich, dass Marcello seine unerwarteten Einkünfte anerkannte. „Wenn wir geschlossen haben, geh den ganzen Tag auf den Markt. Wenn nicht viel vorzubereiten ist, kannst du am Nachmittag bis in den frühen Abend dort ein paar Chips verdienen. Vielleicht bringt das ja genug um doch den Dachboden in Angriff zu nehmen.“ Ciel blinzelte überrascht. Er sollte auch auf dem Markt arbeiten? Und das sollte für sein Zimmer sein? Das fand er doch etwas zu unglaubwürdig. So viel Geld wird man mit solchen Diensten sicher nicht verdienen, vermutete er. Dennoch nickte er nur, da er Marcello nicht reizen wollte und es ihm gefiel wieder auf den Markt zu können. „Aber!“, sagte Marcello warnend, „Solltest du irgendwelchen Runnerkram machen, dann stehst du alleine dafür gerade! Ist das klar?“, drohte er. Ciel nickte. „Ja, Meister.“

 

Ein bisschen betreten ging er zurück an seine Arbeit. Er erinnerte sich nur zu gut an die vier, die ihm auf dem Markt aufgelauert hatten. Wenn er jetzt regelmäßig dort auch noch arbeitete, dann konnte das Ärger geben. Andererseits freute er sich darauf den Markt wieder zu sehen.



Runnersichtweise

 

Bevor Ciel zum Markt aufbrach, hörte er Marcello und Esme bei offener Tür im Hinterzimmer, dem Büro wie Marcello es nannte, reden.

 

Marcello berichtete: „Also in vier Wochen haben wir die Wochenendbuchung für das komplette Haus! Es hat wirklich geklappt. Wir müssen zu sehen, dass wir den Tag oder eventuell zwei Tage vorher Leute anheuern um das Violett so auszustatten, wie es die Kunden wollen. Die Musiker und ein paar ihrer angeheuerten Leute wollen sich hier umsehen um ihre Ausrüstung zu planen. Der Kunde will auch Liliana, Roak und die anderen sehen um zu entscheiden, wer das Wochenende arbeiten soll und um die Kostüme dann zu bestimmen.“

 

Ein ganzes Wochenende wurde die Bar gebucht? Wow, was wollten den die Leute so lange hier tun? Aber genau das würde Esme und Marcello sicherlich freuen, dachte Ciel.

 

„Dann verlieren wir aber ein paar Tage vorher Einnahmen.“, sagte Esme bedächtig.

„Die Menge an Geld, die uns geboten wurde, reicht um das auszugleichen.“

Esme schnaubte: „Nur, wenn es auch wirklich bezahlt wird. Wir hatten das Spiel schon mal, das habe ich nicht vergessen.“

„Ach, ich denke, das läuft gut. Die Anzahlung ist ja schon eingegangen. Vielleicht kann der AlimaH ja auch mitmachen. Schließlich bekommen wir auch den Lohn für gestelltes Personal. Das wäre auch ein weiteres Plus,“ meinte Marcello.

„Glaubst du allen ernstes in vier Wochen, kann der mehr als Kellnern und lieb lächeln?“ Esme klang skeptisch.

„Wer weis. Ich habe ja beide darauf angesetzt, ihm was beizubringen.“

„Wir sollten ihn lieber mal bei den kleinen Feiern einsetzen, um vorher zu sehen, was er kann sonst...“, meinte Esme bedächtig.

„Ach was, Roak ist verdammt gut in seinem Job. Ich hatte mich extra erkundigt. Ich hatte Daniel die Informationen zu ihm gezeigt und er meinte in dem Alter können sie noch einiges lernen. Also kann er in der Zeit schon etwas vorzeigbares lernen.“ Marcello klang zuversichtlich.

„Immerhin lässt er nicht mehr so viel fallen...“, meinte Esme.

Als Ciel erkannte, dass sie über ihn sprachen, floh er hastig aus dem Haus. Urg, das war eines der Dinge, die man als Cyborg auch nicht tun durfte.... seine eigenen Besitzer belauschen. Schlimmer noch, wenn sie über einen selbst sprachen. Trotzdem plagte ihn auf dem Weg zu Markt das schlechte Gewissen. Er hatte noch immer nicht mit Roak gesprochen und wusste nicht, was der ihm den beibringen sollte. Nach seiner miserablen ersten Stunde bei Liliana fragte er sich, ob er den Ansprüchen seiner neuen Meister gerecht werden konnte, so schnell etwas zu lernen. So in Gedanken wanderte er zum Grauen Markt.

 

Als er die Kuppel erblickte und wurde erneut von dem faszinierenden Blick auf den Markt abgelenkt wurde. Dazu fiel ihm schlagartig noch etwas anderes ein: die herunter geworfenen Dinge von Mr. Olivier. Er schloss die Augen und dachte nach. Es war sein Fehler gewesen und es wäre nicht angemessen den Menschen auf dem von ihm angerichteten Schaden sitzen zu lassen. Seine Familie hatte ihm beigebracht, dass er für den angerichteten Schaden auch gerade zu stehen hatte. Zumal... der Mann hatte ja seine Kennung und seinen Namen. Er wusste nicht genau, ob es möglich war so seine Besitzer zu kontaktieren, aber so würden Esme und Marcello von dem elenden Missgeschick erfahren. Das wollte er tunlichst vermeiden. Er seufzte, also das zuerst...Ciel biss die Zähne zusammen um sich gegen die schroffe Art von Simon Olivier zu wappnen.

 

---

Simon verpasste dem Stück den letzten Schliff. Wenn er es noch lackierte, würde es am Montag fertig sein. Zufrieden drehte er es in den Handschuhen und bearbeitete die ein oder andere Ecke nach, schliff zu harte Kanten runder. Die Türglocke läutete. „Einen Moment, ich bin gleich da,“ rief er um die Ecke.

 

Als er in den Laden kam, standen dort zwei Leute die auf ihn warteten. Schnell kassierte er den Mann an der Theke ab. Und blickte auf um zu sehen, was der zweite wollte, denn der legte nichts auf den Tisch. „Was woll---“, weiter kam Simon nicht. Er erstarrte und blickte erneut in die verblüffend blauen Augen, die ihn damals schon vollkommen unerwartet getroffen hatten. Überrascht schwieg er und sah sich verblüfft diese seltsame Verbeugung an.

 

„Du,“ sagte er dann schroff. „Dachte du wärst abgehauen,“ brummte er Ciel knurrig entgegen.

„Nein Sir, ich bin nur nicht jeden Tag hier.“ Die Stimme klang freundlich, aber etwas anders als die von dem grünäugigen Teenager. Als wenn es ein anderes Höflich bei diesem hier gab.

„Na schön, wenn du schon mal da bist, hilf mir mit denen hier.“ Er wies auf das Chaos um ihn herum. Viele der Kisten, die Ciel und Simon damals hier abgestellt hatten, standen noch immer hier.

„Natürlich, Sir,“ sagte Ciel und bückte sich nach der nächsten Kiste.

„Warte, die müssen zu den passenden ins Regal gestellt werden, sonst finde ich hier gar nichts mehr!“, unterbrach Simon ihn grob. Simon erklärte ihm, was er zu lesen und sich zu merken hatte und das es eine entsprechende Markierung dazu in den Regalen um die Ecke gab.

 

Es war doch deutlich mühseliger als gedacht, die Kisten und Kästchen zuzuordnen, stellte Ciel fest. Es dauert ihm viel zu lange bis er auch nur das erste richtige Fach gefunden hatte. Also ließ er die Kiste stehen und tat, was er gut konnte. Er ging von einem Regalschild zum nächsten und kartografierte mal eben das Lager.

„Wo steckst du? Bist du da drin eingeschlafen?“, rief Simon als es mucksmäuschenstill geworden war und der AlimaH nicht wieder aus dem chaotischen Lager herausgekommen war.

„Nein, Sir. Ich komme gleich,“ antwortete er freundlich.

„Wehe du klaust was, dann kannst du was erleben!“ drohte Simon aus dem Laden.

 

Ciel hielt verblüfft inne. Warum dachte er, er würde etwas stehlen? So etwas war ihm gar nicht erlaubt und er hatte auch nicht das Bedürfnis noch mehr Schuld auf sich zu laden. Er ging weiter die Wand ab. Wenn die Schrift nur besser zu lesen wäre... Das Licht erreichte die oberen Regale nicht so gut und er musste sich reckten.

 

„He!“ Simon blickte um die Ecke, da er immer noch nicht heraus gekommen war. Ciel stand da, auf Zehenspitzen halb ans Regal geschmiegt und schaute angestrengt nach Oben. Ciel war so konzentriert, die kleine Schrift zu entziffern, dass er nicht sah, wie Simon reagierte. Simon fuhr zurück, da der kleine genauso da stand wie sein Geliebter immer in der Küche versucht hatte oben in den Schrank zu spähen auf der Suche nach was auch immer. Hastig presste er die Kiefer aufeinander um sich im Zaum zu halten. Das war vielleicht keine so gute Idee gewesen, dachte Simon.

 

„Gleich Sir, ich muss doch wissen wohin mit den Kisten,“ sagte Ciel freundlich und blickte ihn schräg lächelnd an. Simon sah etwas zerknirscht drein, dabei lächelte er ihn einfach nur an. Simon zögerte, dann fiel ihm etwas ein, was er nicht gesagt hatte bei seiner schroffen Erklärung. Er kratze sich kurz an seinen Bartstoppeln und brummte etwas wie „Hm, das habe ich ganz vergessen...“ Er trat zu Ciel ins kleine Lager. „Das Lager ist eigentlich logisch aufgebaut...“ sagte er und erklärte Ciel wo Elektronik, Werkzeuge und Kleinteile zu finden waren.

 

Zwei Stunden später verließ Ciel den Laden. „Es reicht für heute, verschwinde,“ hatte Simon gesagt und ihn raus gescheucht. Ciel blickte kurz zur Decke des Markts und lächelte. Er mochte den Anblick und erkannte, das Missgeschick selbst wieder gut zu machen ihm ein gutes Gefühl gab. Er entschied sich zunächst den Markt weiter auszukundschaften. Es gab noch so viel zu sehen....! Er grinste schief und tauchte in die Gassen.

 

Simon blickte etwas gereizt dem AlimaH hinterher. Er sah wie er in den Himmel blickte. „Ja, so bin ich immer,“ grummelte er leise in den Raum. Er nahm an, dass Ciel wie die meisten seine Mühe mit ihm und seiner Art hatten. Simon ließ sich erschöpft auf den Stuhl fallen. Das war auch anstrengender gewesen als gedacht. Er schloss die Augen und versuchte alles los zu lassen. Er verdrängte die Bilder, die immer wieder dicht unter der Oberfläche lauerten. Erinnerungen von dem Laden hier und Noah. Kleine harmlose Szenen, die damals so normal waren, dass er keinen Gedanken daran verschwendet hätte. Aber jetzt... Verdammt, warum tust du dir das eigentlich an, fragte er sich und konnte es sich selbst nicht erklären. Jag ihn beim nächsten mal einfach zur Tür hinaus und gut. Dann gibt es kein plötzliches Auftauchen von Geistern der Vergangenheit mehr.

 

Er hatte ihn mehr als einmal an Noah erinnert, der mit seiner Leichtigkeit nahezu jeden hatte zum Lächeln bringen können. Nur das der hier ihn eher mit seiner verblüffenden Naivität und seiner Art unerwartet überraschen konnte. Er hatte eine Karte von dem Lager jetzt im Kopf, hatte Ciel gesagt. Simon musste unwillkürlich lachen. So was wäre in der Tat extrem praktisch. Damit würde er nicht mehr so einfach vergessen, wo was lag. Außer was er gerade benutzte vielleicht... Er schüttelte den Kopf, das war schon ein schräger Vogel. Sich im Laden um blickend sah er das Gestell an dem er gearbeitet hatte. Ach ja, richtig...die Lackierung wartete noch.

 

Ciel schaute sich an dem Tag mehr um, als nach Arbeit zu suchen und merkte sich wo was zu finden war und hörte einfach nur zu und beobachtete. Die kleinen Stände und die Menschen faszinierten ihn. Viele verschiedene Leute kamen hier her. Eine Frau mit Kind sah sich gebrauchte Lesegeräte an, ein anderer eines dieser Gräte zum Spielen, viele kauften Lebensmittel, oder man ließ sich die Haare machen, bekam eine Massage... Ciel schaute von der zweiten Etage auf das Treiben herunter und blickte dann zu den Dächern herauf. Er fragte sich, ob sie ihn tragen würden. Die Bäume waren leider zu schlank und die Äste waren nicht tragend genug. Die enge Bauweise war jedoch sehr praktisch um schnell auf dem Dach von einem Ort zum anderen zu kommen, zumindest wenn es stabil genug war.

 

„Suchst du dir schon passende Wege aus?“, sagte jemand leise in sein Ohr. Ciel zuckte zusammen, er hatte nicht bemerkt, dass sich ihm jemand genähert hatte. „Verzeihung, was möchten sie?“, fragte er dennoch höflich. Der andere lachte. „Hör auf mit diesem lächerlichen Getue, oder kannst du nicht anders?“ Der Junge mit der Drachenjacke stand neben ihm. „Also, wie lautet deine Antwort?“, bohrte der nach. „Ich sehe mich nur um, ich bin neu hier,“ sagte Ciel eingeschüchtert aber der Junge schnaubte nur belustigt. „Vergiss nicht, was wir gesagt haben,“ sagte der nur und stupste Ciel an. Ciel sah ihm wortlos zu, als er ging. Na prima, wenn er hier Arbeit annahm, brachte ihn das auch in Schwierigkeiten.

 

Er kehrte an dem Nachmittag ohne Einkünfte zurück, hatte sich aber einen besseren Plan des Markts angelegt. Es gab zwar noch immer schwarze Flecken, wo er noch nicht gewesen war, aber das ging schon. Er überlegte, wie er seinen Besitzern sagen konnte, dass es ein Problem war auf dem Markt kleine Jobs zu erledigen. Kaum zurück kam er aber nicht dazu mit ihnen zu reden. Liliana hatte schon auf ihn gewartet und ihn zu einer weiteren Stunde mitgenommen.

 

Ciel merkte nicht wirklich, dass diese Übungsstunden etwas veränderten. Liliana gab sich Mühe es zu erklären, aber irgendwie stand seine Art die Bewegungen auszuführen dem im Weg. Es frustete Ciel auch wenn er es sich in keiner Weise anmerken lies, freundlich lächelte und höflich blieb. An den folgenden drei Tagen kam Ciel nicht dazu auf den Markt zu gehen noch über sein Problem mit den Aufträgen dort zu reden. Es waren zu der Zeiten wo die Bar noch geschlossen war immer fremde Leute im Haus und Esme hatte ihm aufgetragen sich um deren Wohlbefinden zu kümmern. Ciel hatte keine genaue Vorstellung was das bedeutete, aber er blieb in der Nähe und brachte Getränke. Er hoffte, das war das richtige. Er hörte unfreiwillig auch ihre Gespräche.

 

„Also hier hätte ich gerne einen meiner DJs von der Liste, Graham,“ sagte der Mann. Ciel hatte den Eindruck der Sprecher hatte am meisten zu sagen, da er immer verschiedene Ideen zu den Räumen äußerte.

„Das würde den Flur mit beschallen, eine gute Idee,“ fügte eine Frau im makellosen Blazer hinzu.

„Der Saal daneben soll für eine Show sein?“, fragte Marcello beflissen und für Ciels Ohren ungewöhnlich freundlich. Marcello machte sich umfangreiche Notizen genauso wie ein weiterer Mann, der zu den Fremden gehörte.

„Ja, ich hätte gerne das hier in der Tür.“ Ciel sah, wie sich die Menschen über eine große Skizze auf einem mitgebrachten recht großen Pad ansahen.

Marcello sagte:„Die Sachen, genauso wie die übrige Ausstattung müssten wir anmieten.“

„Kein Problem, wir haben Listen dafür. Das ist nicht die erste Party dieser Art, die wir ausrichten,“ sagte die Frau.

 

„Kümmern sie oder wir uns um den Einlassdienst? Es ist eine geschlossene Veranstaltung nur für geladene Gäste, wenn ich das richtig im Kopf habe.“ Marcello hatte offenbar auch einige Fragen, stellte Ciel fest. Er hatte Marcello ja noch nie bei der Arbeit zugesehen.

„Das machen wir. Na, es wird nicht ganz so geschlossen sein. Ja, eine Community richtet sie aus, und die meisten kommen von dort, aber verschiedene Leute können zusätzlich Tickets kaufen,“ erläuterte Graham.

Marcello nickte und machte eine weitere Notiz.

„So, für heute haben wir sie genug in Beschlag genommen. Danke für die übrigen Raumpläne. Wir planen dann die nächsten Bereiche. Wie sieht es mit den oberen Räumen aus?“

„Die Renovierung schreitet gut voran, bis dahin sollten alle fertig sein, so dass sie diese auch als Rückzugsräume für privatere Treffen nutzen können.“ Marcello lächelte die anderen aufmunternd an. Ciel beobachtete das mit Irritation, aber er hatte Marcello nie bei geschäftlichen Gesprächen gesehen.

„Gut, dafür haben wir bereits Ideen. Hier schauen sie sich die in Ruhe an.“ Der andere Mann am Pad machte eine wischende Bewegung und übertrug die Daten an Marcello. „Werden wir.“ Marcello begleitete die Gäste hinaus. Ciel folgte still wartend.

 

Kaum war die die Tür hinter ihnen zu, atmete Marcello durch. In dem hellen Licht der Bar konnte Ciel ein paar Schweißperlen auf seiner Stirn sehen.

„Was willst du noch?“, fragte er verwundert als er Ciel neben sich sah. „Räum die Sachen der Gäste weg,“ befahl er schroff.

„Sir, ich wollte sie etwas frag...“, fragte Ciel zögerlich.

„An die Arbeit mit dir, dafür bist du da – nicht um mir Löcher in den Bauch zu fragen oder stur mir hinterher zu laufen,“ fuhr er Ciel an. Ciel zuckte überrascht zurück. Das er eben so freundlich und jetzt so schroff war, erschreckte ihn.

„Also? Du bist ja immer noch da.“ Marcellos Augenbrauen zogen sich zusammen und er schaute gereizt zu dem AlimaH herüber.

 

Ciel verzog sich hastig. Irgendwie lief das gar nicht so wie gedacht. Wie sollte er das jetzt machen? Sein Befehl war eindeutig, er hatte nichts zu fragen. Gefrustet ging er zurück an die Arbeit. Er kannte schroff auf ihn reagierende Menschen ja auch, aber wenn sein eigener Besitzer so reagierte... Wohin sollte das führen.

Flucht nach vorn

Die Abfuhr vom Marcello sorgte nicht gerade für Motivation. Als am Montag keiner der Eventplaner kamen, er hatte inzwischen aufgeschnappt was sie waren, stahl er sich davon. Seine Weg führte ihn automatisch zum Grauen Markt. Und wie beim letzten Mal zuerst zu Simon. Jedoch redeten sie an dem Tag kaum. Bis auf ein „Hallo Ciel“ und „Schluss für heute“, wechselten sie kaum Worte. Simon war die ganze Zeit mit einem seltsam aussehenden Gegenstand beschäftigt und so räumte Ciel still die Sachen ins Lager ein. Aber es störte ihn nicht so sehr. Es war angenehm ruhig, hier waren nicht so viele Menschen und das chaotische Innere gefiel ihm mehr als die teils wie steril wirkende Bar. Dazu gab es viel zu sehen. Ciel hatte keine Ahnung, was man mit den verschiedenen Werkzeugen so anstellen konnte, oder mit den vielen kleinen und größeren Teilen. Das ein oder andere Mal beobachtete er einfach wie Simon arbeitete ohne dass er es überhaupt mitbekam.

 

Simon war in Gedanken. Der Ciel war heute wieder aufgetaucht, nachdem er Freitag und Samstag nicht zu sehen gewesen war. Komisch für eine Straßenkatze, die streunten doch immer dort herum wo es was zu holen gab. Er hatte es nicht geschafft ihn einfach vor die Tür zu setzen. Hmpf, wirst du doch weich, oder was? Simon wusste nicht recht, warum er den Streuner noch immer Zeug herum räumen ließ. Stimmt er mochte aufräumen so gar nicht... Vielleicht hilft es ja das mit Noah zu verarbeiten. Hmpf! Klingst wie der Psychodoc damals. Und dann suchst du dir einen neuen Freund? Er zweifelte, dass es so einfach werden würde. Aber vielleicht härtete es ihn ja ab, den AlimaH mit den blauen Augen ertragen zu müssen.

 

Noah war ihm über den Weg gelaufen, als er mit seinem Bruder und ein paar Freunden in eine Spielebar von 'XGamesX' gingen. Auf der erhöhten Plattform, die wie eine alte Boxarena aussah, stand ein eher kleiner, schmächtiger Kerl, der mit dem 3D Equipment gekonnt an einem Wettbewerb teilnahm. Ein paar versammelte Fans standen drumherum und jubelten ihm zu als er gegen einen Gegner in einer anderen Filiale irgendwo in der Stadt auf dem Bildschirm einen gut gezielten Treffer verpasste und zu Boden schickte. Er hatte das Spiel auch mal probiert aber ihm fehlte die Gelenkigkeit dafür durch ein Labyrinth zu flitzen und dann dich im Zentrum deinem Gegner im Zweikampf beliebiger Art zu stellen. Die Zeit, die der erste bis zur Mitte brauchte entschied über die Auswahl, die er hatte. Er hatte den Mann an jenem Abend nicht aus den Augen gelassen und fasziniert auf dem Bildschirm die drei Matches verfolgt. Als der dann den Helm abnahm, hatte er die wunderbaren blauen Augen von Noah vergrößert auf dem Bildschirm gesehen.

 

Simon hatte Mühe sich auf das Stück zu konzentrieren und war froh, dass er oft warten musste bis die zweite Farbschicht trocken genug war um das Stück weiter zu drehen. Die Erinnerung machte ihn traurig, erinnerte ihn an das was nicht wieder kam. Dennoch meldete sich ganz hinten ein dürrer Gedanke, dass es eine schöne Erinnerung war. Auch wenn es ihn eher Zähne knirschend gefrustet zurückließ.

 

Als er Ciel wieder raus schickte, atmete er durch als wenn er einen schweren Kampf hinter sich hatte. Er schloss die Augen und trank dann einen Schluck von dem inzwischen kalten Tee. Mist auch, immer vergesse ich es den rechtzeitig zu trinken. Er betrachtete die Tasse etwas gereizt als wenn sie die Ursache für allen Übel war. Jemand kam herein und ließ die Türglocke läuten. Er blinzelte, setzte seine übliche Mine für Kunden auf und trat aus der Ecke heraus in den Laden. „Wer war den der hübsche eben?“, fragte Jason.

 

„Was machst du den hier?“, fragte Simon überrascht, da Jason eigentlich nie hier zum Markt kam. Es war zu weit weg von seiner Wohnung und das direkte Verkaufen war nichts was ihn wirklich reizte. „Ich dachte, ich bring dir die hier zurück,“ sagte er mit einem grinsen und legte die Bauteile auf den Tresen. „Ah, und?“ hakte Simon nach. Jason grinste und sah Simon schräg an. „Willst du nicht erst mal meine Frage beantworten?“ Simon zuckte mit den Schultern. „Niemand, nur die Straßenkatze, die ihre Schulden abarbeitet.“ Jason schüttelte zu Simons Überraschung amüsiert den Kopf. „So so, der hatte den Gleiter umgerannt? Das Hemdchen?“

 

„Ist ein AlimaH. Vielleicht ist er ja schwerer als er aussieht“, brummte Simon. Jason lachte. „Lustig, dass du dir doch schon ein Helferlein gesucht hast, wo du doch keinen wolltest.“ Simon seufzte und schaute etwas genervt an die Decke. Das hatte damit doch gar nichts zu tun.

„Um dich von der Ungewissheit zu erlösen, ich hab die beide Teile wieder zum Laufen bringen können. Also ist alles wieder in Ordnung.“

„Also waren sie defekt gewesen?“

„Na, ein bisschen, kein Drama,“ meinte Jason und sah sich um. „Allerdings scheinst du mal wieder die ganzen Sachen auf einmal hierher geschleppt zu haben. Statt nur die, die auch wirklich alle im Lager waren.“ Simon klopfte auf einen der noch stehenden Kistenstapel. „Hmpf“ Simon schaute Jason gereizt an. „Willst du hier nur meckern?“ Er wollte lieber alles herbringen als immer wieder die ganze Strecke mit vielen kleineren Touren machen zu müssen. „Nein, ich will dich zum Kaffee einsammeln. Oben in der 'Schüssel' wartet Marcia. Wir wollen danach einkaufen. Also keine Sorge, nach dem Kaffee bist du mich wieder los.“

 

„Gut,“ sagte Simon, warf einen letzten Blick auf sein Werkstück und ging zur Tür. Hier herauskommen war auf jeden Fall gut, da er schon wieder brütete. „Was lässt du den Helfer den tun?“, fragte Jason neugierig. „Dies und das...“, sagte Simon ausweichend und sein Bruder lachte. „Schon verstanden... Na, dann los.“

 

Marcia's Lächeln zur Begrüßung verschwand kurz als sie Simon sah. Sehe ich schon wieder so sehr wie ein Räuber aus, fragte sich Simon und strich über sein Kinn um die Bartstoppel zu erfühlen. „Hallo Marcia,“ sagte er. Beren kam mit Tassen und frischem Kaffee, klopfte ihm kurz auf die Schultern und verschwand wieder um andere Gäste zu bedienen. „Du solltest wirklich mal vorbei kommen. Ich bin sicher Prof. Gardu hat Ideen, wie man deinem Bein helfen kann,“ sagte sie. Ach das wieder, dachte Simon und zuckte mit den Achseln. Er hatte sich daran gewöhnt. Missbilligend schüttelte sie den Kopf. „Irgendwann bekommen wir ihn da schon hin, keine Sorge,“ meinte Jason und setzte sich ihr gegenüber, „und sei es nur um Lehrlinge durch die Werkstatt scheuchen zu können.“ Marcia lachte. Simon schaute seinen Bruder etwas schief an. Unverbesserlicher Witzbold, grummelte Simon in sich hinein.

 

-

Ciel wusste nicht so recht wohin, unbewusste wanderte er zum Eingang und entdeckte die kleine Plattform. Zwei von den Straßenkatzen hingen dort herum. Allerdings fiel ihm zum ersten mal das Schild auf. Sie boten sich als Marktführer an. Ehe sie ihn bemerkten, bog er lieber in die nächstbeste Gasse ein und landete im Bereich für Lebensmittel.

 

„He, du! Bringst du das Zeug da weg? Ich will meine Gäste nicht vergraulen,“ rief ihm jemand zu. Ciel schaute zur Seite und sah eine Seitentür zu einem Laden offen und es roch nach Backwaren. „Also?“ fragte ihn die Frau erneut. Er lächelte, verbeugte sich und nickte. „Gut, zwei Gassen weiter links, dicht an der Außenmauer ist eine der Sammelstellen.“ Ciel packte die ersten zwei Säcke und machte sich daran sie wegzubringen.

 

Ciel fand einige dieser kleinen Jobs vollkommen ungeplant an dem Tag. Dabei waren auch benachbarte Verkäufer von Simon. Er schaute immer wieder nervös über seine Schulter, wenn er seine Bezahlung abholte. Alles in allem fand er sehr unspektakuläres was er tat, aber er freute sich mehr Bereiche zu erkunden und irgendwie erinnerte ihn diese Arbeit, besonders das bringen kleiner Päckchen zu anderen, sehr an seine Runnerarbeit. Das gefiel ihm.

 

>>Die ersten Aufträge die er und Mel bekommen hatten, waren keine echten Runneraufträge in dem Sinn. Sie arbeiteten eher als Lieferdienst für den Laden seiner Besitzer. Zunächst mochten es nur Dinge des täglichen Bedarfs gewesen sein die ältere, kranke oder etwas hilfebedürftige Menschen benötigten, dann aber kamen die besonderen Dinge hinzu. Dafür erkundete Ciel die besten Wege von und zu verschiedenen anderen Läden und wenn es das so nicht zu kaufen gab, auch hinab in die Sublevel. Bran und Kendra hatten die reinen Datentransporte übernommen, die nichts mit dem Laden zu tun hatten.<<



 

Roak

 
Ciel gewöhnte sich an den Rhythmus aus 'zum Markt', das Training und dann Abends in der Bar zu arbeiten. Ein Ladenbesitzer, der sich Mirek nannte, bot ihm an, dass er öfter für ihn Dinge transportieren kann. Es gab immer Leute, die regelmäßig etwas irgendwo hin gebracht wollen, dachte er, also freute er sich. Da er die Zeit auf dem Markt mehr und mehr bevorzugte, kam er das ein oder andere mal zu spät zurück.

 

An einem Donnerstag Nachmittag war er etwas spät dran, aber es war niemand im Raum, so dass er überrascht wartete. Im fiel wieder ein, dass er es ja eigentlich hatte besser machen wollen. Das schlechte Gewissen, lieber über den Markt zu streunen als für seine Meister besser zu werden nagte an ihm. Er sprang von dem Tisch auf dem er gesessen hatte, machte sich warm und übte sich in dem was Liliana ihm beizubringen versuchte. Beim Üben der Drehungen, dem Verbiegen – so kam es ihm vor – war er so vertieft, dass er nicht mitbekam wie jemand herein kam. Ciel sprang etwas unelegant und ein Lachen erklang. Es brachte ihn so durcheinander, dass er unvermittelt bei der Drehung danach wankte und auf dem Boden landete.

 

Ciel blickte auf und sah Roak an der Musikanlage gelehnt stehen. „Tut mir leid, dass du gefallen bist. Ich musste über mich selber lachen,“ sagte Rock und schaute grinsend zu ihm herüber. Ciel konnte nicht recht folgen, rappelte sich aber wieder auf. „Ich hatte Liliana bis eben nicht geglaubt.“ Roak schüttelte den Kopf. „Und ich Idiot dachte, du könntest mir meinen Posten hier streitig machen.“ Er lachte erneut und Ciel starrte ihn verblüfft an. „Mit Lilianas Art zu tanzen hast du es echt nicht, sorry. Ist nicht zu übersehen.“ Rock grinste ihn selbstzufrieden an. Ciel wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Roak hatte ihn für einen Konkurrenten gehalten? Ihn?

 

„Na schön,“ Roak blinzelte zur Decke, „so wird da nichts draus.“ Er stieß sich ab und trat auf die Bühne. „Komm her und probier mir das nachzumachen.“ Ciel folgte ihm still. Nach den Worten hatte sein Bild doch vielleicht voranzukommen, wieder klare Risse bekommen. Es irritierte ihn jedoch, das Roak ihn ernsthaft für einen Konkurrenten gehalten hatte. Aber sie waren doch beide AlimaH, warum den Konkurrenz? Für ihn ergab das keinerlei Sinn. Er schaute Roak zu, der sich an der Stange elegant hochzog und dann die Beine ausstreckte, sich langsam drehend herunter glitt. Ciel kam die Stange gut hoch, als Fassadenkletterer war das nicht so schwer, aber die Beine konnte er nicht so elegant gestreckt halten. Sein Gewicht zog so sehr an ihm, dass er recht ungelenk und schnell wider herunter rutschte.

 

„Dachte ich mir,“ sagte Roak nur und trat zu ihm um ihn wieder auf die Beine zu ziehen. Rock drückte ihm die Armmuskeln und pikste in den Bauch. „Da ist nicht genug Power drin.“ „Und das heißt?“, fragte Ciel etwas irritiert. „Du brauchst mehr Muskeln und mehr Ausdauer um dich zu halten.“

 

Roak dachte nach und schüttelte still den Kopf, als wenn er eine Entscheidung traf. „Auf die Schnelle wird das nichts, wir sollten uns was anderes überlegen.“ Roak strich über sein Kinn und lehnt sich an die Stange. „Liliana sagte, du seist ein Runner und hat was von Parkour gesagt, ist das richtig?“ Ciel nickte und Roak legte den Kopf in den Nacken. „Marcello und seine Pläne. Daniel wird nicht so begeistert sein... aber wer weiß, er hat das hier ja auch abgesegnet.“ Ciel sah das Roak etwas die Brauen zusammen schob. Gefiel ihm der Plan seines Herrn nicht?

 

Sie schwiegen eine Weile. „Ich habe eine Idee, aber ich will erst mit meinem Trainer reden ob ich das vielleicht falsch sehe. Bis dahin, probier mir das hier nachzumachen.“ Roak löste sich von der Stange und zeigte ihm andere Bewegungen, die weniger in die Höhe gingen. „Achte darauf dein Publikum mal anzusehen, anzulächeln oder zuzuwinken.“ Er sollte was? Ciel mühte sich erst mal das richtig herum hinzubekommen. „Weiche Bewegungen sind besser als das abgehackte, was du leider gerne machst,“ kommentierte Roak. Das klang wie Lilianas Spruch mit dem elegant bewegen.

 

„Was ist den elegant?“, fragte Ciel. Roak runzelte die Stirn. „Mit Tanzen hattest du wohl nicht viel zu tun gehabt, was?“ Ciel schüttelte den Kopf. Roak dachte nach und sagte überlegt: „Mach es für den Anfang nicht so schnell. Probier mal etwas inne zu halten, zwischendurch sich langsamer zu bewegen und den Gast anzusehen. Das stellt den Kontakt her, damit es auch gut wirkt. Schau.“ Roak schlängelte sich erneut elegant um die Stange herum, hielt sich fest und lehnte sich langsam zurück und schaute zu ihm herüber. Es sah so mühlelos aus. „Ich... ich probiers,“ gab Ciel beeindruckt zurück. „Üben ist wichtig, das dauert etwas,“ meinte Roak.

 

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Am Freitag herrschte etwas Aufregung im Haus 'Violett'. Es waren viele der Leute da die nicht regelmäßig hier arbeiteten und das schon so früh am Nachmittag. „Ciel?!“ Die Stimme von Esme drang in die Küche, wo er sich zum Essen zurückgezogen hatte. Sie kam herein und legte einen Beutel auf den Tisch. „Geh dich umziehen. Nimm diese Sachen.“ Er bemerkte ihre Aufregung. „Ja, sofort,“ antwortete er freundlich. „Und komm dann gleich wieder runter, die Eventmanger wollen alle sehen,“ sagte sie und lief zur Tür. Sie blickte zurück und mahnte: „Sei höflich und freundlich.“

 

Unten in dem Hauptraum der Bar stand Ciel neben Roak in seinen neuen Kleidungstücken. Die lange Hose schimmerte sachte im Licht und das weiße Hemd wirkte extrem leuchtend in dem Licht. Er wusste nicht recht, was jetzt kam oder erwartet wurde. Er blickte zu Roak und wollte ihn irgendwie mit seinem Blick bitten, doch etwas zu sagen. Rock blieb recht entspannt stehen und schaute nur auf die Gäste. Sie sprachen jedoch zu leise und sie standen auch zu weit weg um sie zu verstehen. Die Gäste sprachen dann mit Liliana und den anderen mal zu zweit, mal alleine. Ciel wurde nervös, fragte sich ob sie auch mit ihnen reden würden. Jedoch schauten sie nur zu ihnen kurz herüber und unterhielten sich dann mit Marcello.

 

Esme winkte sie zu sich und das war es. Für beide war es nicht ersichtlich, was die Leute entschieden haben. „Gut, dann geht an die üblichen Arbeiten.“ Ciel wusste nicht, was das zu bedeuten hatte.

Shopping mit einem Merc

Ciel träumte weiterhin nachts von seiner Familie und das ließ ihn morgens leer und einsam zurück. Bilder von Mel, Sarah und allen anderen, sogar von weniger freundlichen Kunden verfolgten ihn. Er übte zwar so gut er konnte Roaks und Lilianas Bewegungen, aber auf dem Markt sein mochte er weitaus lieber. Simon hatte ihm jedoch am Montag gesagt, er müsste nicht mehr kommen. Er fand es schade. Am Dienstag war zu Ciels Überraschung der Laden geschlossen gewesen. Er arbeitete für den Nachbarn, der ihn unerwartet beiseite zog. „Halt dich lieber fern von dem, der mag keine AlimaHs wie dich. Außerdem ist der eh unfreundlich zu allen Leuten. Bei uns kannst du gerne für Arbeit vorbeischauen.“ Er steckte ihm was zu, Ciel sagte diese Geste nichts, aber er bedankte sich freundlich. Es stimmte, dass Simon schroff war, aber dass er AlimaHs nicht mochte? Na ja, er hatte ihn das ein oder andere mal ja wirklich angeranzt, immer gewarnt, er solle nichts stehlen... Vielleicht hatten sie recht? Vielleicht sprach er ja deswegen kaum mit mir, dachte Ciel.

 

An dem darauf folgenden Mittwoch war er etwas früher als geplant aufgebrochen. Er blickte von der Plattform aus herunter auf den Markt und überlegte, was er zuerst machen wollte. Das Treiben unten war das übliche, aber er genoss den Anblick ungestört. Es waren keine der Straßenkatzen mehr da. Hoffentlich haben sie alle einen Job bekommen für heute, dachte er. Es ging ihm weniger darum nicht selbst erwischt zu werden, als dass sie genug für sich selbst verdienten.

„Das ist doch mal eindrucksvoll! So, schau'n wir mal ob wir hier finden, was ich suche..,“ sagte jemand leise hinter ihm.

Ciel drehte sich um und lächelte eine Frau an, die mit ihren braunen Zöpfen, der schweren hellgrauen Lederjacke und Rucksack irgendwie nicht ganz hierher passte. „Brauchen sie Hilfe, Herrin?“, fragte er höflich und lächelte.

Sie drehte sich ihm zu und ihre Augen fokussierten sich auf ihn. Er sah, dass sie Kontaktlinsen trug die ihre Iris pink einfärbten. „Deine Herrin bin ich schon mal gar nicht, aber etwas Hilfe könnte nützlich sein,“ sagte sie lächelnd. Ciel verbeugte sich. „Wohin möchten sie gern?“ Sie lachte und ging zu den letzten Stufen nach unten. „Ich habe einiges zu erledigen, aber zunächst will ich etwas essen.“ Ciel nickte.

„Wie darf ich sie dann nennen?“, fragte er höflich.

„Nenn mich einfach Triss.“ sagte sie und schaute ihn lächelnd von der Seite an, da ihr der freundliche AlimaH mit den blauen Haaren gefiel.

„Ich kann sie zu dem Turm da in der Mitte bringen.“ Triss blickte auf und blinzelte gegen das Licht. „Da oben gibt es guten Kaffee und auch etwas zu essen. Und man hat einen schönen Ausblick,“ erklärte er freundlich. „Na, das klingt schon besser. Einen guten Blick auf den Markt zu haben ist eine gute Idee.“

Triss warf einen Seitenblick auf den AlimaH, der sich als ihr Helferlein angeworben hatte. Irgendwie war er nicht so der übliche Tagelöhner, die sonst deutlich impulsiver auf sich aufmerksam machten. Sie fand ihn ausgesprochen süß, mit seinen hübschen blauen Augen und Haaren. Das könnte doch interessanter werden als gedacht. Ciel begleitete sie zum Kaffee und ließ sie ein. „Ich warte dann, bis sie fertig sind.“

 

Triss schaute sich zu ihm um und blickte ihn fragend an. „Wieso willst du draußen warten? Los komm. Und wo wir zusammen unterwegs sind, sag mir doch bitte wie ich dich nennen soll.“ Gute Güte, ist der schüchtern, dachte sie verblüfft. Ciel errötete etwas und folgte ihr zu einem Tisch an der gewölbten Glaswand. „Du hast doch nicht etwa Höhenangst?“ Ciel schüttelte den Kopf. „Also, traust du dich nicht mir deinen Namen zu sagen? Dabei hast du mich doch angesprochen,“ sagte sie keck und legte den Finger auf ihre Unterlippe und den Kopf auf die Seite.

 

„Ich heiße Ciel...“, sagte er etwas leiser. „Na, das ist doch mal ein schöner Name.“, sie lächelte, „ich meine das Ernst, meinen Partner hat jemand Hammer genannt und das ist eher so lala.“ Ciels Augen weiteten sich und er starrte sie entgeistert an. Sie hatte einen Partner namens Hammer? Wie meinte sie das jetzt? Triss blinzelte, offenbar verstand er nicht ganz. „Ich meinte damit, Ciel, dass ich einen Cyborg habe. Ich bin ein Guide.“ „Oh!“ Er schaute sie etwas schräg an und lächelte zaghaft.

 

Beren kam an den Tisch und unterbrach sie: „Was kann ich ihnen bringen? Ah, hallo Kleiner.“ Ciel war für Simon hier ein paar mach Kaffee holen gegangen und hatte auch schon Besorgungen für den Wirt gemacht, daher kannte er Beren.

„Einen großen Kaffee und was empfehlen sie zum Essen? Gibt es ein Tagesgericht?“ fragte sie freundlich. Beren lächelte und machte eine ausladende Geste mit der Hand : „Ich kann sie auch überraschen, aber ich müsste wissen ob es süß oder herzhaft sein soll.“ Triss nickte. „Gern herzhaft, und was willst du?“ Sie wandte sich an Ciel. Verblüfft schaute er sie erneut mit großen Augen an und dann hastig weg. Ciel war es nicht gewohnt, dass man ihn fragte, was er wolle. Er zuckte mit den Achseln. „Nichts, Miss..,“ er erinnerte sich gerade noch an, „Triss“. Sie schaute ihn kritisch an, „Für ihn auch etwas.“ Beren hob die Augenbraue, lächelte breit und verschwand.

 

„Sie müssen mir nichts zu essen bestellen...ich könnte es nicht bezahlen,“ sagte Ciel dünn und leise.

„Na, ich hab dich eingeladen, wo ist das Problem. Für einen AlimaH hier auf dem Markt bist du echt ne Spur zu vorsichtig, hm?“ Sie sah ihn fragend an und wartete auf eine Antwort. „Ich bin ein Runner und nein... ich lebe hier nicht...“ Ciel wusste nicht genau, warum er ihr das sagte, aber vielleicht sprach der Umstand für sie, dass sie einen Cyborg hatte.

 

Ein Runner mit einem alten französischen Namen und Elfenohren, da hatte jemand Humor, dachte Triss vergnügt. „Ein Runner, der als Marktführer arbeitet. Interessant,“ sie betrachtete ihn eingehend und Ciel fühlte sich etwas intensiv beobachtet. „Ich ... ich mache keine Runneraufgaben...., bitte,“ sagte er sehr leise und fast flehend. Triss hob eine Augenbraue. „Na, du denkst aber echt kritisch. Ich tu dir nichts! Entspann dich mal. Jemanden mit so blauen Augen hab ich auch noch nicht gesehen.“ Wie kam er darauf, dass sie ihn beobachten oder schlimmer noch anzeigen würde?

 

„Aber sie sind doch ein Merc oder arbeiten in der Armee...“, sagte er ausweichend. „Ich bin Merc, ja, aber deswegen stört es mich doch nicht, dass du ein Runner bist.“ Sagte sie und betrachtete ihn kurz und schaute dann aus dem Fenster. Er war viel zu nervös um eine entspannte Unterhaltung zu führen, fand sie. Sie hatte ihm wohl Angst gemacht. „Weißt du, so junge Cyborgs wie dich hatte ich ausgebildet – zumindest die der ersten und zweiten Generation. Ich mag Cyborgs.“

 

„Oh“, hauchte Ciel und betrachtete die Frau gründlicher. Sie hatte einen Rucksack dabei, trug robuste Schuhe und Hose. Sah so ein Merc aus? Er hatte noch keine genauer gesehen. Nur Polizisten damals...

„Was sehe ich den dort unten gerade?“ fragte sie freundlich. Er nahm die Ablenkung gerne an, da diese spezielle Erinnerung ihn plagte. Er mochte sie nicht, erst recht nicht daran denken. Er folgte ihrem Blick über die Dächer und sagte: „Also, das dort mit den dunkelroten Dächern ist der Bereich wo es Kleidung gibt und dort sind auch Friseure. Daneben gibt es einen kleinen Bereich mit frischen Lebensmitteln.“

„Na, das trifft sich gut! Ich will zuerst zu einem Friseur,“ rief sie begeistert aus. Ciel blickte sie erstaunt an. Solche Begeisterung hätte er nicht erwartet.

 

„Abgesehen von ein paar Shirts, will ich auch eher speziellere Sachen kaufen...hm, ich weiß nicht ob so was hier wirklich zu finden ist. Das eine sind Pfeile, dann Energiezellen, ein paar Bastelrohstoffe - so Elektronikzeugs,“ sagte sie nachdenklich ihre Liste im Kopf durchgehend. „Ich kenne jemanden ,der so was haben könnte...“, sagte Ciel ebenfalls im Ausblick versunken. „Dann schau ich mir gerne den jemand mal an,“ sagte sie und lächelte.

 

Sie aßen schweigend. Triss hoffte, der junge Cyborg taute unterwegs noch etwas auf. Er schien sich hier doch recht gut auszukennen und das war wirklich hilfreich.

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Fasziniert schaute Ciel zu wie der Frisör erst ihre Haare kürzte und dann pink einfärbte. Er fand es sei eine sehr auffällige Farbe...na ja, zumindest für CDT-Verhältnisse. Die meisten Menschen hier hatten es wohl nicht so mit grellen Farben. Das sie sich traute, gefiel ihm. „Na, möchtest du auch eine pinke Strähne?“ Ciel schüttelte hastig den Kopf, ihm war nicht aufgefallen, dass sie ihn beobachtete. „Ich mag pink nicht so sehr...“, sagte er leise. „Dann lieber violett?“ „Erm, das ist sehr freundlich, aber nein danke, Triss.“ Violett wäre tatsächlich was interessantes gewesen, aber er hatte keine Ahnung, wie Esme und Marcello darauf reagieren würden. „Na gut, würde dir aber stehen.“ Er lächelte zurück.

 

Als sie in den Geschäften mit Kleidung verschwand, setzte sich Ciel an eine Hauswand und warte und erinnerte sich als er das letzte mal violette Haare gesehen hatte....

>>...am Abend hatte Mathis seine Augments wieder gerichtet gehabt, genauso wie die Kendras. Am Vormittag sollte Ciel eine Lieferung erfüllen, genau wie Mel. Ciel war dazu etwas mehr in die alte Stadt gefahren und hatte den nächsten Eingang in die Sublevel genommen. Es war einfach gewesen, die Wünsche des Kunden zu erfüllen. Die meisten Sachen konnte er von Oben mitnehmen nur diese Kleinigkeit gab es dort nicht. Er war durch die Gänge, die er schon kannte, gehuscht und hatte die versteckten Siedlungen aufgesucht. Er hatte sich durchfragen müssen, da er Bücher noch nicht gekauft hatte. Er landete schließlich in einem abseits gelegenen Laden in dem ihn eine Frau mit violett schwarzen Haaren weiter half. Sie war erstaunt gewesen, dass jemand nach Gedichten gefragt hatte und gab ihm einen Datenspeicher mit. Sie hatte gesagte, es stamme aus dem Archiv. Ciel hatte das nichts gesagt, aber er war froh das Buch gefunden zu haben.

 

Übertage holte er die fehlenden normalen Dinge und brachte es in eines der sehr einfachen Wohnviertel weiter weg vom alten Kern der Metropole. In einem Block waren unzählige kleine Wohnungen. Der Mann dort freute sich über die Lieferung. Sein Bein war mit aushärtendem Material zum heilen versteift worden. Ein Unfall, hatte er Ciel gesagt. Deswegen konnte er nicht selbst einkaufen gehen.

 

Kaum draußen hatte Sarah sich gemeldet und ihm einen neuen Auftrag gegeben. Sie musste also schon Rückmeldung bekommen haben, dass er den Job erledigt hatte.

„Hör zu“, hatte sie gesagt, „das ist ein echter Datentransport. Möchtest du den übernehmen?“

Natürlich hatte er begeistert ja gesagt, immerhin war es das was er tun sollte und wollte. Inzwischen war er sich nicht sicher, ob er nicht doch irgendetwas falsches getan hatte. Das er der Schuldige war, der---<<

 

„Na, du schaust aber traurig drein, Ciel.“ Ciel schreckte hoch und blickte in Triss Gesicht. „Was bekümmert dich den so sehr?“ fragte sie freundlich und berührte seine Schulter. „Es tut mir leid, es ist nicht so wichtig..“, redete er sich heraus. Diesmal hatte er etwas Mühe das Lächeln zu erreichen. Aber er wollte sie nicht mit seinen Sachen langweilen.

„Ich werd dich nicht auffressen, egal was passiert ist. Du musst nicht alles runter schlucken. Sprich doch mit einem Freund darüber, oder mit jenen die du zu deiner Familie zählst,“ sagte sie freundlich.

Sie bot sich an zuzuhören? ...oder er sollte mit einem Freund zu reden...oder mit seiner... Der Gedanke verpasste ihm unerwartet einen Stich. Hier war niemand, mit dem er sich so eng verbunden fühlte, darüber zu sprechen.

 

„...ich habe vielleicht etwas getan und deswegen meine Familie verloren.“ Ciel wusste nicht genau warum er es sagte und ausgerechnet ihr über den Weg traute.

„Vielleicht solltest du darüber mal genauer nachdenken, vielleicht ist es gar nicht so gewesen wie du denkst,“ sagte sie und reichte ihm die Hand um ihm aufzuhelfen. „Man malt sich gern die Dinge düsterer aus als es wirklich gewesen ist.“ Überrascht blickte er sie an.

Sie gingen zu den Metall- und Elektroständen. Triss betrachtete die Waren und wurde von dem Nachbarn von Olivier sofort freundlich begrüßt. Ciel hörte zu wie sie nach Energiezellen fragte und der Verkäufer verneinte. Sie schaute sich seine Auslage trotzdem an.

Jemand rief: „He Ciel, kannst du mal mit anpacken?“ Inzwischen kanten ihn ein paar der anderen Verkäufer, da er öfter hier war und dem ein oder anderen auch schon mal geholfen oder für ihn etwas geholt hatte. „Ja, natürlich,“ er half ohne mitzubekommen was Triss tat.

„Was wollen sie für das Teil hier?“ fragte sie. „Ach, der ist kaum was Wert, 30 kleine.“ „Und wenn ich den repariert und verändert haben will?“ Der Verkäufer stutzte: “Nee, so was mache ich nicht, da sind sie bei mir falsch.“ „Ich will es trotzdem.“ Sie zahlte, nahm das Päckchen und drehte sich herum. Ciel schob mit jemand anderem eine schwere Kiste durch eine Seitentür. Also nutzte sie die Zeit und sah sich weiter um, jedoch hatte in der Seitengasse in die sie eingebogen war keiner etwas vergleichbares in der Auslage zu liegen.

„Wenn sie Energiezellen wollen, sollten sie zu Olivier gehen,“ sagte Ciel, der ihr kurz darauf gefolgt war. „Na, sag das doch gleich!“ Sie lächelte und sah doch etwas im vorbeigehen. Da hatte jemand Pfeile gehabt...

 

Triss betrat den Laden zuerst. Er wirkte innen etwas chaotisch. Kisten standen herum und in den Regalen lag immer nur ein Exemplar. Hinter der Ladentheke war jedoch eine Werkstatt zu sehen. Das war vielversprechender als es auf dem ersten Blick aussah.

„Hallo, Mr. Olivier,“ sagte Ciel freundlich in den Raum. Simon kam um die Ecke und stutze als er den blauäugigen AlimaH in Begleitung sah. „Kleiner, du musst doch nicht mehr herkommen.“

„Ich weiß, aber Miss Triss möchte gerne Energiezellen und ich weiß, dass sie welche haben,“ sagte Ciel freundlich. Simon schaute ihn überrascht an. Der Cyborg brachte ihm jetzt schon Kundschaft in den Laden! Meine Güte. Er fasste sich schnell, ein Kunde war ein Kunde.

 

„Okay... Na, was für welche benötigen sie den?“ und er wandte sich der Frau mit den pinken Haaren zu. Mutig so herumzulaufen, aber bitte, dachte er flüchtig. Zu seiner Überraschung legte sie zwei Impulswaffen auf den Tisch. „Oh, und noch zwei größere dieser Art.“ Sie legte ein thin-sheet dazu mit den Typennamen. „Haben sie den auch die Papiere dafür? So was darf ich nicht so einfach herausgeben.“ Es kam nicht so oft vor, das Mercs sich hierher verirrten. Privatleute hatten solche Waffen eher selten, hier waren das meist Sicherheitsdienste oder Mercs – zumindest in dieser Gegend. „Kein Problem, da schauen sie...“ Er sah ihre Registrierung und ihre Mitgliedschaft bei einem Team namens StarOne.

 

Ciel starrte auf die Waffen. So aus der Nähe hatte er noch keine gesehen. Klar, in den Subleveln oder an den Checkpoints hatten die Wächter welche, aber denen war er lieber aus dem Weg gegangen und er hatte sie nicht so genau angesehen. Er fragte sich, ob ihn so etwas damals getroffen hatte...

 

Er erinnerte sich:

>>>...er hatte die Nachricht am genannten Terminal aufgenommen und war kreuz und quer durch die Stadt geflitzt. Die Kundin wohnte in einem eng bebauten Viertel, so dass Ciel mühelos über offene Treppen und Terrassen in die höheren Etagen kam und dann über ein Nachbardach auf ihren Balkon sprang. Er hatte höflich geklopft, als er sie gesehen hatte sich verbeugt. Sie hatte ihn hereingelassen, so dass er die Nachricht transferieren konnte. Sie hatte die Übermittlung abgezeichnet und damit auch das Geld übertragen.

 

Auf dem Rückweg war er jedoch auf dem Boden von dunkelblau gekleideten Menschen fast angehalten worden. Sie hatten gerufen, er solle stehen bleiben und sie gehörten zur Polizei. Er war jedoch mit einigen gekonnten Sprüngen über Mauern und Zäunen entkommen. 'Nicht stehenbleiben, immer weiterlaufen', hatte Bran ihm eingeschärft also war er weitergelaufen. Aufgeregt hatte er in einer wilden Hatz nicht stoppen können, ehe er in den Hinterhof ihres Hauses gesprungen war. Nur hatte ihn dort etwas getroffen und er war zu Boden geglitten.

 

Ciel mühte sich, mehr aus der Erinnerung hervorzukramen. Irgendwer hatte gesprochen, aber er hatte keine Bilder dazu im Kopf.

„Ha, haben wir den auch erwischt...“

„Ach, das ist doch nur ein kleiner Fisch. Ich glaube nicht, dass hier in diesem Vorort die großen Händler zu finden sind.“

„Na, groß wohl nicht, aber der andere von denen hatte irgendwas brisantes transportiert, deswegen hatten wir den Befehl bekommen den Laden hoch zu nehmen.“ <<<

...der andere von denen? Ciel dachte mehrfach darüber nach. Hatte er sich das nur eingebildet oder war das real gewesen.

 

„Hallo?“ Eine männliche Stimme riss ihn aus der Erinnerung. Ciel blickte auf. „Entschuldigung, möchten sie etwas?“ Er versuchte freundlich zu lächeln. „Hm, so ganz bist du nicht bei der Sache heute, oder?“ Simon sah ihn fragend an, er war es nicht gewohnt Ciel so abwesend und fast schon offen betrübt zu sehen und das obwohl er sich einen großen Job an Land gezogen hatte. „Ist irgendwas?“

 

Ciel schüttelte hastig den Kopf und sprang auf, „Was kann ich für sie tun?“ Er musste sich später um das Gedanken machen, was Triss gesagt hatte. Es beschäftigte ihn nur irgendwie sehr. „Da du sie wegen der Energiezellen hierher gebracht hast, dachte ich du willst sie ihr vielleicht auch bringen.“ Simon schaute ihn an und wartete. Ciel nickte und ging ins Lager.

„So durcheinander habe ich ihn auch noch nicht gesehen,“ meinte Simon irritiert zu Triss. „Jeder hat mal einen Tag, wo man mit den Gedanken woanders ist,“ meinte Triss gelassen.

Simon betrachtete das lädierte kleine Fahrzeug, was sie ihm auf den Tisch gestellt hatte. „Es wird etwas dauern, ihre Wünsche umzusetzen, aber das kann ich machen. Wollen sie noch einen Motor order Fernsteuerung hineinbauen?“ Simon dachte, dass Fahrzeug wäre für ein Kind. „Erm, der ganze Rahme soll eher verstärkt werden mit so was wie Kevlar. Wenn es fertig ist, will ich so etwas vielleicht später einbauen.“ Simon blickte erstaunt auf. „Was haben sie damit vor?“ „Es soll schon ein Spielzeug werden, aber für jemanden der das Fahrzeug, so wie es jetzt ist, einfach zerdrücken würde.“ Simon strich über die Stoppeln: „Wir reden über ihren Cyborg, oder?“ er zeigte kurz auf das Stück des Handschuhs, der die Mittelhand umgab und sichtbar war. „So was in der Art, ja.“ Er seufzte erleichtert, er hatte erst an eine Drohne für üblere Dinge gedacht... „Können sie das heute Nachmittag machen? Ich bin nicht so lange da.“ Simon nickte, das war doch mal was anderes.

 

Ciel brachte die zwei kleinen und die beiden größeren Energiezellen und sah das kleine Gefährt in Simons Händen. So etwas hatte er länger nicht mehr gesehen, das letzte Mal im Nest bevor er zu seiner Familie gekommen war. Sie hatte junge Cyborgs erwähnt, vielleicht hatte sie ja einen gerade oder bildete einen aus. Er legte die vier Stücke auf den Tisch. „Ah, danke! Ja das sind die richtigen,“ sagte Triss.

 

„Ich habe draußen auch Pfeile gesehen...“ Simon nickte, es war eher eine Spielerei für ihn und seinen Bruder gewesen Pfeile und Technik zu verbinden. Er wollte nach draußen gehen um... „Ich kann den Schaukasten holen,“ sagte Ciel und sprang an ihm vorbei nach draußen. „Ich fürchte da haben sie keine Chance,“ meinte Triss lachend. „Er ist einfach so gestrickt, glaube ich.“ Simon kam zurück zum Tresen: „Ist schon in Ordnung, immerhin hat er sie ja auch hergeschleppt.“ „Na, ich wollte bestimmte Teile kaufen, so einen Insider zu finden, war dann schon ein Glücksfall,“ entgegnete sie zufrieden. Insider? Ciel? Simon dachte erneut an die Worte, dass Ciel eine Karte angelegt hatte. Es war ihm jetzt etwas unheimlich.

 

Ciel und Triss sahen sich beide die Pfeile genauer an. Simon erläuterte, was sie sahen: „Also, die grauen mit der kleinen, weichen Spitze testen Felder aus. Besser als eine gewischt zu bekommen. Die rot markierten sind Flares. Sie geben Licht entweder schon beim Fliegen oder erst am Boden. Dann sind hier normale und diese hier sind auf weit fliegen optimiert. Wir haben noch andere...“ „Wow, ich dachte es gibt einfach nur Pfeile. Sie sind für eine Freundin.“ Triss wählte verschiedene Pfeile für Joyce zum Testen und auch eine Sehne. „Sie könnte sich die Sehne auch hier anpassen lassen,“ sagte Simon und Triss nickte. „Klar, dafür müsste sie vorbei kommen, aber es ist alles hier oder in der Werkstatt dafür da. Das ist so ein Hobby...“, erklärte Simon. „Das passt so. Ich sage ihr, dass sie die Sehne hier anpassen kann. Vielleicht will sie ja auch weitere Pfeile.“ Simon rieb sich das Kinn: „Ich mach mich dann an die Arbeit. Schauen sie in so etwa zwei Stunden wieder rein.“

 

Ciel und Triss verließen das Geschäft und Simon seufzte erleichtert. Das was echt schräg gewesen. Pfeile wurden selten gekauft, da es ein ungewöhnlicher Sport war und den nur noch weniger Leute überhaupt kannten. Er wusste nicht, ob sie für Freizeit oder anderes genutzt werden sollten, aber er hatte ihr zu den ausgesuchten Pfeilen alle Informationen dazu gepackt. Wer immer die bekommen sollte, ließt sich das hoffentlich auch durch. Er nahm das kleine, halb entfärbte, zerkratze und etwas verbeulte Model und brachte es zur Vermessungsanlage. Der Scan würde ihm grob die Informationen liefern, wie viel Material er brauchte. Bei der Modelgröße kostete das Material nicht so viel. Während des Scans legte er sich die Geräte zurecht und suchte im Lager nach dem Material. Ein paar Schnipsel lagen immer herum, dann nahm er eins der kleineren neuen Felder. Nach dem Messen zerlegte er das Spielzeug und entfernte er die kaputten Scheiben und alle Kleinteile, die nicht nötig waren. Es machte ihm Spaß – derartige Basteleien hatte er eher sehr selten zu machen und wenn ging es eher um Restaurierung und nicht um Umarbeitung und schon gar nicht um ein massiv gebautes Spielzeug für die großen Cyborgs.

 

---

Triss und Ciel stöberten die meiste Zeit über den Markt. Triss hatte die meisten Sachen schnell zusammen gefunden und genoss es sich einfach so an ihrem freien Tag umzusehen. Ciel konnte ein paar weitere schwarze Flecken aufdecken. Allerdings sah er auch zwei der Straßenkatzen und sie ihn. Er vermied es jedoch länger darüber nachzudenken. Dafür gab es zu viele neue Schönheiten zu entdecken. Einen von Blumen umgebenen versteckten Springbrunnen, wo Lichtstrahlen durch die Kuppel den Staub tanzen ließ und alles in zauberhaftes Licht hüllte. Einen recht geräumigen Laden wo es viel zu Musik zu stöbern gab und alte Tonträger ausgestellt waren. Außerdem entdeckte Ciel einen versteckten Durchgang, wo man vielleicht ja in die Tiefe der Sublevel kam und Triss ein 'Mini-Kino' wo alte Filmschnippsel gezeigt wurden.

 

Nachdem sie die Teile von Simon abgeholt hatte, saßen sie in einer kleinen Snackbar und knabberten an indonesischen Sate-Spießen. „Das war eine richtig schöne Runde!“, sagte sie mit sich zufrieden. „Ich habe mehr zu sehen bekommen und alles gefunden, obwohl ich das nicht erwartet hatte.“ Ciel lächelte nur.

„Ich meins ernst, wenn du auch noch etwas mehr von dir aus über den Markt erzählen würdest, dann gehst du glatt als Marktführer und professionelle Einkaufshilfe durch.“, erklärte sie.

„So was mache ich sonst nicht,“ sagte er. „Meist helfe ich den Verkäufern.“ Er dachte kurz nach: „Ich hoffe, sie haben alles bekommen, wie sie es wollten.“ Triss lachte. „Mehr als das.“

Ciel legte den Kopf etwas schief: „Ich werde weiter über deine Worte weiter nachdenken.“ Nachdenklich betrachtete sie ihn und fragte: „Warst du deswegen so anders, dass auch dein Freund Mr. Olivier das bemerkt hatte?“

 

„Mein Freund?“ Ciel blickte sie erstaunt an. „Ja?! Ich dachte ihr seid Freunde. Immerhin kanntest du dich sehr gut bei ihm im Laden aus.“ Triss fand, dass Simon Ciel im Auge behalten hatte. Das er ihn auch die Zellen aus dem Lage holen lies und Ciel den Schaukasten holte, sprach für sie eindeutig dafür.

 

„Das weis ich nicht so genau.“ Er zuckte etwas überrascht mit den Schultern. Er hatte Simon doch nur deswegen geholfen und so viel gewusst, weil er ihn umgerannt hatte.

„Na, kann ja noch werden, wenn du dran bleibst,“ meinte sie gelassen und lächelte. Ciel hob eine Augenbraue. Er wusste nicht, ob es stimmte. Simon war meist wenig gesprächig, schroff und die Worte der Nachbarn waren jetzt auch nicht ermutigend, dass er ausgerechnet Simon zum Freund bekommen könnte.

 

„Aber eine neue Familie haben, wäre wirklich schön....,“ sagte Ciel einfach aus dem Bauch heraus. Er fühlte sich für den Augenblick sicher und recht wohl. „Die kann man sich immer suchen,“ meinte Triss und Ciel sah sie fragend an. „Nicht immer passt alles so mit der eigenen Familie, wie man will. Dann muss man sich seine eigene suchen. Freunde, die dich gern haben und immer für dich da sind, oder auch ein Partner...“ Triss lächelte.

 

„Ist dir das so passiert?“ irgendwie wusste Ciel nicht, wie er das fragen konnte. Versonnen und zufrieden schaute Triss auf ihr Essen und den dampfenden Tee. „Kann man so sagen ja. Ich habe auch erst meine Familie finden müssen, da meine eigene so gar nicht mit meinem Job einverstanden war. Jetzt hab ich sie.“ Sie lächelte.

 

Ciel schaute sie noch immer fragend an. „Na, komm schon! Klar Reibereien gibt es immer, aber so lange man sich immer zusammen raufen tut, ist es das richtige.“ Triss boxte Ciel sachte an die Schulter. „Also eine Familie suchen...,“ sagte er noch unschlüssig. Triss entgegnete nur überzeugt:„Jo!“

 

Das hieße, er müsste sich umsehen und doch etwas mehr mit den Leuten sprechen, denen er so begegnete... Ciel dachte zuerst an Liliana und Roak....und Triss hatte ja auch noch Simon erwähnt. Er mochte zwar den Markt, aber Simon traute er noch nicht über den Weg. Da gab es noch zu zwiespältige Informationen und Empfindungen. Liliana war dagegen freundlicher gewesen... es wäre möglich.

 

„Ich weiß, ja nicht wie lange du hier schon lebst, aber es kann mal ganz schnell gehen und mal dauert es bis man Freunde findet. Ist die Frage, ob du auf Leute so zugehen kannst wie---“, sie gluckste verschmitzt, „wie du auf mich zugegangen bist.“ Ciel lächelte. Ja, das konnte er. Immerhin half er gern.

„Einen Freund mehr hast du jetzt,“ sagte sie schaute ihn lächelnd schräg an. Ciel grinste breit, da er verstand. Sie meinte sich und mochte ihn. „Danke.“, sagte er und meinte es ernst. „Wofür? Ich bin eher der zu danken hat!“ Triss kramte in der Tasche herum, schob Päckchen beiseite und schob ihm dann Geldchips zu. Ciel besah sie sich nicht und zögerte. „Aber du hast doch schon das Essen bezahlt.“

 

Triss boxte ihn unerwartet erneut an die Schulter. „Du warst der Insider. So flink hätte ich nicht den Friseur, den guten Bastler mit den richtigen Teilen und einiges andere gefunden. Nee, das ist verdiente Arbeit.“ Sie schob die Chips demonstrativ zu ihm herüber. „Du solltest auch zu deiner Arbeit stehen können. Und einen Freund oben drauf zu gewinnen, war ja auch nicht mein Plan heute Morgen gewesen.“

 

Er begleitete sie zum Marktausgang und sie verabschiedeten sich. Ciel hatte ihr gesagt, wo er eigentlich arbeitete. Er wusste nicht, ob er sie dort oder auf dem Markt wiedersehen würde, aber sie hatte ihm Mut gemacht. Versonnen schaute er ihr nach bis sie um die Ecke verschwand.

 

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„Na, da waren wohl all unsere Warnungen umsonst,“ knurrte jemand hinter ihm und Ciel fuhr überrascht herum. Das Quartett der Straßenkatzen stand dort und schaute ihn drohend an. Ciel lächelte zurück. 'Freunde finden', geisterte noch durch seine Gedanken. Höflich fragte er: „Was kann ich für euch tun?“

 

Der Junge rollte mit den Augen und das Mädchen kniff die Augen zusammen. Sie kamen geschlossen näher, glaubten nichts von seiner Freundlichkeit. „Wir sagten, dass dies unser Revier ist! Da du dich dreist bedienst, können wir das nicht hinnehmen!“ Drohend bauten sie sich um ihn herum auf.

 

Ciel hielt es nicht für klug ihnen zu sagen, dass keiner da gewesen war, als Triss die Treppe herunter gekommen war. Vorsichtig sagte er: „Wir finden doch sicher eine Lösung?“ Sie wechselten kurz Blicke. „Wir wollen Anteil von deinen Einkünften! Immerhin machst du uns den Verdienst streitig.“ Er schnaubte zornig, aber er klang nicht mehr so bissig. “Wir wollen fünfundzwanzig Prozent von deinem Tageslohn.“ Er blickte Ciel fordernd an. Ciel war es nicht gewöhnt zu feilschen und für ihn hatten die Geldchips noch immer keine konkrete Bedeutung, da er nie für sich eingekauft hatte. Er lächelte erleichtert. „Ja, gern.“

 

Die vier starrten sich kurz verblüfft an, dann streckte der ältere Junge mit der Drachenjacke die Hand aus. Widerspruchslos gab ihm Ciel Chips ab. Vielleicht konnte er sie ja auch so für sich gewinnen, dachte er. Teilen war nichts neues für ihn. „Ich bin Ciel,“ sagte er. Von dem überrumpelten Jungen erfuhr er genuschelt, dass er 'Van' hieß. Er nahm hastig die Chips für die Gruppe an sich.

 

Es war schon spät geworden und Ciel wollte sich zügig für heute auf den Rückweg machen. „Ich muss jetzt leider los. Bis dann.“ Gut gelaunt verließ Ciel die Gruppe und ließ den Markt hinter sich. Es war vielleicht ein Anfang, wer weiß...

 

„Den hast aber etwas übers Ohr gehauen, meinst nich?“, fragte das Mädchen. Die grünäugige AlimaH kicherte nur. „So, wir ihr mich damals.“ Van zuckte nur mit den Achseln und lächelte. „Ist doch gut für uns.“ Er gab die Chips den anderen, damit sie die Ausbeute sehen konnten.

 

„Hätten wir den nicht warnen sollen?“ fragte der vierte der Gruppe, der Ciel nachgesehen hatte.

„Wozu? Nee, nicht nötig. Wenn es immer einen so guten Bonus oben drauf gibt, ist das doch gut für uns,“ meinte sie die Chips betrachtend und der AlimaH und Van stimmten ihr zu.



Glossar

 

 

Archive – Verwahren beispielsweise Karten, alte Bücher aber hineinkommen scheint an gewisse Regeln gebunden zu sein.

 

Augments – Elektronische oder mechanische Körperverbesserungen, die äußerlich aufgebracht sein können als auch komplette Körperteile ersetzen oder in sie integriert werden können.

 

Cyborg - Oft im allgemeinen Sprachgebrauch benutzte Bezeichnung für alle Cyborgs. Bezeichnet offiziell nur Cyborgs, die durch ihre zahlreichen Augments Menschen deutlich überlegen sind und immer einen Guide haben, dazu gehören Sentries, Primaries und Hybriden. Unabhängig vom Typus haben alle einen Besitzer. Cyborgs haben einen menschlichen Körper, aber sie sind genetisch veränderte Wesen. Abhängig von der Aufgabe der Cyborgs wurde spezifische menschliche Gene kombiniert um ihnen bestimmte Eigenschaften zu geben. Ihre Augments sind elektronische und mechanische Veränderungen des Körpers, die ihre Fertigkeiten verstärken.

Sentries – zivile Wächtercyborgs; können sowohl Primaries oder Hybride sein

Primary – erste Generation an Cyborgs; sie haben nichts mehr mit Menschen gemein und besitzen z.B. keinerlei Emotionen und sind wenig eigenständig aktiv

Hybride – zweite Generation an Cyborgs; Je nach Veränderung besitzen sie noch eine unterschiedlich stark ausgeprägte Restpersönlichkeit, die ihnen gewisse menschliche Fertigkeiten und Regungen verleiht. Empfindungen sind zumeist künstlich limitiert.

AlimaH - 'alien mechnical humanoid'; dritte Generation an Cyborgs nach der Epidemie, die menschenähnlicher und schwächer als Primary oder Hybrid Cyborgs ist. Sie sind vor allem in privatem Besitz. Ihr Äußeres und ihr Verhalten kann nach belieben modifiziert werden.



Entertainer - allgemeiner Begriff für AlimaH spezialisiert auf Unterhaltung; je nach Auswahl und Budget des Käufers kann das Repertoire Musik (Gesang/Instrument), Bereiche der Kunst/Kultur und Politik (gebildete Gespräche/Host/Hostessen), Tanz aber auch intimere Fertigkeiten (Massage/Liebeskunst) betreffen.

Gleiter: Bezeichnung für Mobile aller Art, die Menschen wie Waren transportieren – vergleichbar zu Autos, jedoch haben Gleiter keine Räder. Sie schweben ähnlich den Magnetzügen über den Boden. Innerhalb der Metropolen sind nur wenige Fahrzeuge zugelassen, die meisten dienen dem Transport von Waren. Dafür gibt es ein umfangreiches Netz aus Shuttlezügen.

Grauer Markt: sehr verwinkelter Markt mit vielen kleinen Ständen in den Kleinunternehmer ihre Waren oder Dienstleistungen feil bieten. Recht unbekannte kleine Sehenswürdigkeit, da er unter einer alten majestätischen Glaskuppel mit vielen Facetten errichtet wurde. Der ursprüngliche Nutzen des Gebäudes ist längst in Vergessenheit geraten.



Level -  Social Level und zugelassener Raum für die Menschen entsprechenden oder höheren Levels. Die eigene Ausbildung, das soziale Ansehen, der Job und Dienste aller Art werden gerated von beiden Seiten, so dass sich für jeden Menschen ein 'Level' einstellt. Der Level entscheidet darüber, welche Bereiche der Stadt zugänglich sind, und oft auch welche Jobs eine Person annehmen kann.

 

Merc/Mercs – Bezeichnet Freelance-Dienstleister für alles mögliche, die auf Dauer oder kurzzeitig angeheuert werden können. Mercs die vorwiegend bewaffnet oder mit Cyborgs unterwegs sind, sind 'Mercs'/Mercenaries/Söldner im klassischen Sinne.



Metropolis – Megastädte geschützt von Energiefeldern. Rückzugsorte der Menschheit vor dem Meteorsturm und während des Krieges gegen die Vanath. Sie sind flächenmäßig sehr unterschiedlich groß und die alte Stadtstruktur ist zumeist komplett verschwunden. Sie werden in unterschiedliche Ebenen/Level entsprechend der Soziallevel unterteilt. Distrikte bezeichnet die vertikale bauliche Unterteilung der Stadt, die es erlaubt eine komplette Sicherheitsabriegelung von Teilen der Metropolis vorzunehmen um z.B. die Ausbreitung von Feuern oder ansteckenden Krankheiten zu unterbinden. Bereits erwähnte Metropolen: Paris, Berlin , CDT und eine ausgebrannte unbekannte Metropolis.



Pad - Kleine Computer mit Uplinkanbindung, vergleichbar mit pads heutiger Zeit. Sie führen Programme aus, steuern Anlagen, je nach Bedarf des Benutzers.



Parkour - Viele Runner praktizieren Techniken des Parkour angepasst auf höhere Schnelligkeit und Präzision eines Cyborgs; Parkour bezeichnet nach wie vor die möglichst effektive Variante ein Gebiet mit Hindernissen zu durchqueren. Menschen können ohne Augments für Balance, Präzision, Kraft und Ausdauer meist nicht mithalten, deswegen sind selbst diese AlimaH, obwohl sie zu den schwächsten Cyborgs zählen, schwer zu fangen.



Runner - AlimaH betraut mit der Übermittlung von Daten, die niemand sonst außer der Zielperson zu sehen bekommen soll; Cyborgs mit außergewöhnlichen Lauffertigkeiten und Ausdauer werden dazu ausgewählt und ausgebildet. Zu Beginn transportieren sie meist kleinere Gegenstände und das Hauptaugenmerk liegt auf der effizientesten Wegfindung und dem sicheren Transport. Die Daten der Kunden werden in einem separaten Speichermedium hinterlegt und sind auch nicht einsehbar vom Cyborg. Auf dem digitalen Markt kann der Leiter der Runnergruppe den vermuteten Komplikationsgrad einsehen oder erfragen und entscheiden, ob ihm der Auftrag recht oder zu heiß ist. Je nach Stadt wird bestimmte Korrespondenz, die auf diesem Weg transportiert wird, als illegal betrachtet.



Thin Sheet - ein kleines, faltbares Datenblatt. Es ist eine Art digitaler Notizzettel, der aber auch kleine Programme ausführen und Daten speichern und transferieren kann.

 

Straßenkatzen – Etwas romantisierte Bezeichnung, die dieser Tage für Obdachlose und Tagelöhner verwendet wird

 

Sublevel – Waren es eins unterirdische Bereiche der Städte oder ganze alte Stadtteile, die einfach nur überbaut worden sind? Das wissen oft nur die Bewohner selber. Gelten als rechtsfreier Raum.



Uplinknetzwerk - vergleichbar mit der Internetverbindung heute, wird jedoch durchgehend überwacht und nur erlaubter Content zugelassen. Erlaubt Kommunikation mit und ohne Bildübertragung, Übermittlung von Korrespondenz aber auch Daten. Es gibt nach wie vor Foren, Communities, Spiele, Einkaufsseiten etc.



 

Impressum

Texte: Susann Greendragon
Bildmaterialien: Greendragon-gecko
Cover: Greendragon-gecko
Tag der Veröffentlichung: 08.09.2017

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meinen Dad Man weis nie was Familie bedeutet, bis plötzlich einer fehlt.

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