Marie Spring ist eine ganz normale junge Frau. Zumindest dachte sie das immer. Wenn sie in den Spiegel schaut, sieht sie ein Gesicht mit Augen, die sich hinsichtlich der Farbe nicht immer ganz einig waren. Im Sommer sind sie strahlend blau, im Winter nehmen sie eher einen grünlichen Ton an. Ihr glattes, dunkelrotes Haar reicht ihr bis zur Taille. Marie mag es, allein zu sein und lebt oft in sich gekehrt. Ansonsten ist sie sich hinsichtlich ihrer Person nicht ganz sicher und ist es auch nie gewesen.
Marie ist sehr nachdenklich und denkt oft an eine Zeit zurück, in der unangenehme Gefühle wie Angst, Unsicherheit oder Traurigkeit eine Normalität für die darstellten. Es ging allerdings selten um sie, sondern viel eher um Menschen, die ihr wichtig sind - dazu gehört ihre Familie: Ihr Mutter Dora, die ihre Liebenswürdigkeit nie verloren hatte und ihre Kinder über alles liebte. Und dann waren da noch ihre Brüder Christian und Felix im Alter von zwölf und acht Jahren. Beide besuchen die gleiche Schule und teilen viele Interessen miteinander. Und dann nicht zu vergessen, ihre kleine Schwester Aileen im Alter von vier Jahren, die in den Kindergarten geht. Hinsichtlich ihrer Interessen unterscheiden sie sich von denen ihrer Brüder gewaltig. Ihre Schwester liebt alles, was mit Prinzessinnen und Märchen zu tun hat sowie alles, was rosa ist. Ihre beiden Brüder dagegen spielen gerne Streiche und mögen alles, was mit Action zu tun hat. Sie sind richtige Wirbelwinde und kennen keine Langweile.
Vor fast einem Jahr hatte Marie noch einen Stiefvater gehabt. Aber anstatt ein liebevoller Vater für die Kinder sowie für die Frau ein ebensolcher Mann zu sein, hatte er es sich zur Lebensaufgabe gemacht, das Leben seiner Familie so schwer wie möglich zu machen. Er war ein Tyrann, nutzte seine Macht aus und hatte ein Talent dafür, jedem jegliche Lebensfreude und Freiheit zu entreißen. Doch tragischerweise verlor er eines Tages auf mysteriöse Art und Weise sein Leben. Seitdem ist alles anders.
Seitdem wird Marie von Gefühlen heimgesucht, die ihr bislang völlig unbekannt waren. Sie kennt weder die Herkunft, noch den Ursprung ihrer Gefühle und will sich derer auch nicht offenbaren. Doch insgeheim hat Marie schon immer gespürt, dass bald etwas passieren würde. Nur über den Ort und den genauen Zeitpunkt war sie sich nie bewusst. Veränderungen sind oft rapide und treten genau dann ein, wenn sie am wenigsten erwartet werden. Und genau da beginnt auch ihre Geschichte.
Die fantastische Geschichte von Marie Spring
Als ich erwachte sah ich, wie mich ein erwartungsvolles Gesicht anblickte. Ein sehr haariges Gesicht, zu dem ein Paar grüne Augen, spitze Ohren und eine Nase gehörte, die ein kleiner schwarzer Punkt zierte.
»Guten Morgen, Maggie«, sagte ich liebevoll zu meiner Katze. Es war wie jeden morgen, denn es gehörte mittlerweile zu Maggies Morgenritual, sich morgens auf mein Bett zu setzen und mich so lange anzustarren, bis ich endlich aufstand. In meinem ganzen bisherigen Leben hatte ich nur einen Wunsch, nämlich eine Katze zu haben. Aber wegen der Verhältnisse, die über die Jahre in unserer Familie geherrscht hatten, wäre es undenkbar gewesen, eine zu halten. Erst als sich die Zeit verändert hatte, stand meine Mutter eines Tages mit Katze Maggie vor der Tür und erfüllte mir meinen sehnlichsten Wunsch. Seitdem war Maggie meine beste Freundin.
Schließlich stand ich auf, um Maggie zu versorgen. Danach wollte ich mich mit Dingen beschäftigen, die man ganz gut an einem freien Sonntag machen konnte. Ich widmete mich meinem Computer und baute mir gerade mit dem Strategiespiel ´Civilizations` ein eigenes Imperium auf. Ich fluchte hin und wieder, weil mein Computergegner meine gerade errichtete Stadt angriff und ich sie dadurch fast verlor. Und als ich sie schließlich verlor, war mir die Lust vergangen und stellte fest, dass es Zeit war, sich etwas zu Essen zu machen. Ich ging ich in die Küche, um mir ein Brot zu schmieren. Wenn ich zu Hause aß, schaute ich mir nebenbei Videos von Fantasygames oder Filme an, während Maggie es sich meistens auf meinem Schoß gemütlich machte. Ich war auf ein sehr interessantes Video gestoßen, in dem es um das neueste Fantasyspiel ging, welches bald erscheinen sollte und ich unbedingt haben wollte. Manchmal wünschte ich mir, in einer solchen Welt zu sein. Abenteuer erleben, kämpfen zu können, sich Feinden zu stellen… all das stellte ich mir so wahnsinnig spannend vor. Völlig hingerissen tauchte ich in eine andere Welt ein, als ich plötzlich von irgendwo draußen einen so lauten Knall vernahm, dass Maggie panisch von meinem Schoß sprang und sich unter dem Bett versteckte. Ich spähte aus dem Fenster, konnte aber nicht erkennen, ob sich ein Unfall ereignet hatte, wie ich zunächst vermutete. Eine ganze Weile geschah gar nichts und ich redete mir ein, dass der Knall womöglich nichts zu bedeuten hatte. Ich begab mich in das Badezimmer, um mich endlich alltagstauglich anzukleiden. Ganz so, als hätte ich etwas geahnt, denn plötzlich klingelte es an meiner Tür.
»Wer ist das denn jetzt?« fragte ich mich selbst. Ich erwartete kein Paket und dann fiel mir ein, dass der Postbote sonntags ja gar nicht kam. Angekündigt hatte sich auch niemand. Ich begab mich zur verglasten Eingangstür und konnte erkennen, dass draußen ein großer Mann stand, der einen lilafarbenen Mantel und einen ungewöhnlich großen Hut zu tragen schien. Wer zum Teufel war das denn, fragte ich mich. Ich zögerte einen Moment, öffnete die Tür aber schließlich. Bei dem Anblick, der sich mir bot, machte ich große Augen. Vor meiner Tür stand ein ungewöhnlich großer – noch dazu ein recht alter - Mann mit einem langen weißen Bart, der ihm bis zur Hüfte reichte. Seine Haare waren schneeweiß und ebenfalls hüftlang. Er trug einen lilafarbenen Umhang sowie einen passenden großen Spitzhut. Auf der Nase des Mannes saß eine Brille mit mondförmigen Gläsern. Und seine Augen strahlten eine solche Fröhlichkeit aus – ganz unabhängig davon, dass er mich lächelte – dass er mir auf Anhieb sympathisch war. Die Tatsache allerdings, dass mir der Herr absolut unbekannt war und ich niemanden erwartete, irritierte mich. Ich schaute mit großen Augen zu ihm und noch ehe ich etwas sagen konnte, ergriff er schließlich das Wort:
»Ah, Marie. Wie schön, dass ich dich antreffe. Da lag ich also mit meiner Zeitplanung ganz richtig.« Ich war völlig verwirrt, denn ich konnte mir nicht erklären, woher er meinen Namen kannte geschweige denn, warum er ausgerechtnet zu mir wollte. Ich erwiderte:
»Verzeihung, aber ich fürchte, Sie verwechseln mich. Wer sind Sie?« Der Mann schien allerdings sehr entschlossen und lächelte noch immer. »Wie unhöflich von mir. Mein Name ist Albus Dumbledore. Ich bin der Schulleiter von Hogwarts – der Schule für Hexerei und Zauberei.« Ich dachte, ich hörte nicht richtig. Eine Schule für Hexerei und Zauberei? Der Mann namens Dumbledore schien meine Unsicherheit und Verwirrung deutlich zu merken und fuhr fort:
»Ja, Marie. Ich verstehe dich sehr gut. Aus diesem Grund würde ich dir das gerne näher erläutern wollen. Aus diesem Grund bin ich hier.« Ich wusste noch immer nicht, was ich von dem Aufzug halten sollte, wollte aber nicht unhöflich sein, da es einfach nicht meine Art war. Schließlich antwortete ich:
»Also wenn das so ist, dass Sie mich sprechen wollen, dann kommen Sie doch bitte herein.« Dumbledore trat ein und sah sich interessiert um. »Schön hast du es hier. Wirklich hübsch.«
»Danke«, sagte ich. »Möchten Sie vielleicht einen Kaffee oder Tee? Oder etwas anderes?« Dumbledore überlegte kurz, ehe er erwiderte:
»Wie wäre es, wenn wir einen Met zusammen trinken?« Ich kratzte mich am Kopf und war noch verwirrter als sowieso schon. »Ich… habe leider gar keinen Met.« Dumbledore zwinkerte. »Wie gut, dass ich daran gedacht habe.« Ich erwiderte nichts darauf, sondern bot ihm einen Platz in meiner bescheidenen Küche an. Nachdem wir uns gesetzt hatten, zückte Dumbledore aus seinem Mantel etwas, das nach einem Zuaberstab aussah, wie man ihn aus Filmen kannte. Er schwenkte diesen kurz, woraufhin eine Flasche erschien, die zwei kleine Gläser mit ihrem Inhalt füllte. Ich sah dem Spektakel gebannt zu und fand absolut keine Worte dafür. Dumbledore bot mir ein Glas an. Ich probierte und war völlig hingerissen von dem Getränk, wie es erst leicht meine Zunge betäubte und sich dann in eine wohltuende Süße verwandelte, die mich an Frühling erinnerte. Sofort fühlte ich mich wohler und merkte, wie meine Nervosität abklang. Schließlich ergriff Dumbledore das Wort:
»Zuerst möchte ich mich bei dir bedanken, dass du mir den Einlass gewährt hast. Zweitens, gibt es da eine Sache, über die ich gerne mit dir sprechen möchte. Lass mich dir eine Frage stellen und zögere bitte nicht dabei, diese ehrlich zu beantworten. Liege ich recht der Annahme, dass sich in der letzten Zeit Dinge ereignet haben, die du dir nicht erklären kannst?« Ich überlegte und war nicht sicher, ob er auf das anspielte, was ich in dem Moment dachte. Es waren in der Tat Dinge passiert, die ich mir nicht erklären konnte. Doch aus irgendeinem Grund hatte ich nicht das beklemmende Gefühl, ein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen, sondern viel eher, dass ich Dumbledore vertrauen konnte. Ich schätze ihn als einen Mann ein, der mich verstehen würde.
»Es gibt tatsächlich einiges«, antwortete ich nachdenklich. »Vor einigen Monaten zum Beispiel... hat es einen Todesfall in meiner Familie gegeben, der aber bisher nicht aufgeklärt werden konnte. Er war mein Stiefvater. Wir sind darüber nicht sonderlich traurig, wenn Sie verstehen, was ich meine...« Dumbledore kehrte in sich und machte einen nachdenklichen Eindruck. Ich erzählte weiter:
»Seitdem… habe ich das Gefühl, ständig beobachtet zu werden. Ich kann mir das allerdings überhaupt nicht erklären. Aber ständig werde ich von einem unangenehmen Gefühl begleitet.« Dumbledore hatte mir aufmerksam zugehört und erwiderte daraufhin:
»Ja, genau diese Vorfälle meine ich. Aber für mich ganz besonders interessant ist die Sache, die deinen Stiefvater betrifft.« Ich schluckte. Ganz so, als ob Dumbledore mein unbehagliches Gefühl bemerkte, welches mich in dem Moment ergriff, fügte er hinzu:
»Sei doch bitte so freundlich und erläutere mir, was sich an dem Tag zugetragen hat.« Ich blickte verstohlen zu Boden und wollte am liebsten gar nicht an den Tag zurückdenken. »Du musst keine Angst haben, Marie«, sagte Dumbledore beistehend mit einer beruhigenden Stimme. Schließlich erzählte ich:
»Es gab am Tag zuvor eine heftige Auseinandersetzung zwischen ihm und meiner Mutter. Er wurde ihr gegenüber aggressiv und schließlich fand ich sie am Boden liegend in unserem Wohnzimmer vor. Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch im Familienhaus gewohnt. Mein Stiefvater hatte es fluchtartig verlassen und kam erst spät abends wieder nach Hause. Er ging sofort in das Schlafzimmer und dort blieb er.« Ich hatte Dumbledore nicht einmal angesehen und pausierte kurz, ehe ich fortfuhr. »Ich bin am späten Nachmittag nachsehen gegangen und fand ihn im Bett liegend. Aber… seine Augen waren weit offen. Ich trat näher heran und stellte fest, dass er nicht mehr atmete. Wir haben daraufhin den Notarzt verständigt und er konnte uns keine Diagnose geben.« Endlich sah ich Dumbledore an und bemerkte, dass er nachdenklich und leicht besorgt schien. Er sah mich mit seinen blauen Augen an und sagte:
»Nun Marie, es ist so: Dieser besagte Todesfall hat in der Welt, aus der ich komme, die vollste Aufmerksamkeit erlangt. Es handelt sich dabei um eine Welt, die dir bisher völlig unbekannt ist und zu der nur ein geringer Teil der Menschheit gehört. Aber bevor ich näher darauf eingehe, möchte ich dir gern erklären, was sich innerhalb der letzten Monate ereignet hat.« Ich hörte aufmerksam zu.
»Als dein Stiefvater zwar plötzlich, aber unvermeidbar gestorben ist, ist dieser Fall dem Ministerium der Zauberei übergeben worden. So etwas ist selten, aber weil weder die Ärzte nichts feststellen, noch Gewalt, beziehungsweise ein krimineller Hintergrund ausgeschlossen werden konnten, war es die letzte Möglichkeit, um mehr über diesen Fall in Erfahrung zu bringen. Daraufhin sind gewisse Maßnahmen ergriffen worden, die unter anderem dazu führten, sich mehr auf deine Person konzentrieren zu können Mir war das ganz besonders wichtig, weil ich zu dem Zeitpunkt bereits etwas ahnte.« Eine Pause trat ein und ich atmete ein paar Mal tief durch. Noch bevor ich irgendetwas darauf erwidern konnte, fuhr Dumbledore fort:
»Darüber hinaus ist festgestellt worden, dass du Fähigkeiten in dir trägst, die bisher niemand bemerkt hat. Um es anders auszudrücken, du trägst magisches Blut in dir.« Plötzlich verstand ich gar nichts mehr. »Magisches Blut?«, fragte ich ungläubig. Dumbledore nickte und fuhr fort: »Und jetzt kommen wir zu einer weiteren Besonderheit, die selbst für mich ein großes Rätsel darstellt: Normalerweise ist es so, dass diejenigen, die magisches Blut in sich tragen, dieses bereits im Kindesalter aufweisen. Ab einem gewissen Alter ist die Entwicklung von magischen Kräften nicht mehr möglich. Und um die magischen Fertigkeiten festigen und kontrollieren zu können, besuchen junge Hexen und Zauberer für gewöhnlich eine Zaubererschule.« Ich hatte aufmerksam zugehört. Und auch, wenn das ganze sehr seltsam klang, machte Dumbledore nicht den Eindruck, als würde er mich auf den Arm nehmen wollen. Dumbledore sprach weiter:
»Kommen wir nun zu dem anderen Grund, warum ich dich heute besuche: Ich bin außerdem hier, weil ich dir gerne einen Platz an meiner Schule anbieten möchte. Außerdem möchte ich betonen, dass es von großer Wichtigkeit wäre, sich deiner Talente bewusst zu werden und diese näher zu ergründen.« Ich blickte Prof. Dumbledore ungläubig an. Ich wusste nicht, wo ich zuerst anfangen sollte.
»Aber… ich verstehe das alles nicht. Was für eine Welt und… was genau meinen Sie mit 'magisches Blut?'« Prof. Dumbledore machte auf mich den Eindruck, als hätte er schon mehrfach Erfahrungen damit gemacht, Menschen derartig zu überraschen, dass er ihnen eine Erklärung schuldig blieb.
»Es gibt Menschen, die in gewisser Weise 'anders' sind und Kräfte in sich tragen, die viele nicht unbedingt verstehen. Du bist dazu in der Lage, Dinge geschehen zu lassen. Denke einmal darüber nach. Ich bin mir sicher, dir fallen ein bis zwei andere Situationen ein, in denen Dinge passiert sind, die für dich unerklärlich sind?« Wieder blitzten Bilder in mir auf. Ich sah, wie sich unser Stiefvater schmerzerfüllt an seine Brust fasste und daran, wie er einmal fast zusammen gebrochen war. Ich sah Dumbledore an. Waren es etwa diese Dinge, die er meinte?
»Woher wissen Sie das alles? Das können Sie unmöglich wissen…« Prof. Dumbeldore setzte ein Lächeln auf.
»Nun, Marie. Du kennst mich noch nicht. Aber viele, die mich kennen sagen mir nach, dass ich über eine überdurchschnittliche Intelligenz verfüge und sehr pfiffig bin, wenn es um Zusammenhänge geht.« Ich sah betreten zu Boden, während ich vorsichtig nachhakte:
»Was genau sind das für Fähigkeiten, die ich haben soll?« Dumbledore blickte auf. Ganz so, als sei er an etwas Wichtiges erinnert worden:
»Nachdem sich das Ministerium der Zauberei deines Falles angenommen hatte und nachdem einige Informationen zusammen getragen worden sind, die in enger Verbindung zu dir stehen, hat sich herausgestellt, dass du eine Hexe bist.« Das wurde ja immer verrückter.
»Eine Hexe? Was meinen Sie damit? Hexen und so etwas gibt es doch gar nicht?« Langsam zweifelte ich selbst. Dumbeldore fuhr fort:
»So genannten Nicht-Magiern, die wir in unserer Welt als 'Muggel' bezeichnen, werden in dem Glauben gelassen, dass es Hexen und Magier nicht gibt. Das ganze System ist sehr komplex – zu komplex, um dir alle Einzelheiten erklären zu können, glaube mir. Das einzige, was du vorerst wissen musst ist, dass die Magierwelt vor der Muggelwelt strikt geheim gehalten wird. Jetzt kannst du dir sicherlich auch erklären, woher deine Verwirrung kommt.« Dumbledore zwinkerte. »Sie wollen mir also einen Platz an Ihrer Schule anbieten?«, fragte ich neugierig. Dumbledore nickte. »Ja, ganz genau so ist es.«
»Und Sie sagten, es wäre von besonders großer Wichtigkeit?« Dumbledore schwieg einige Augenblicke, ehe er darauf erwiderte: »Es wäre sogar von sehr großer Wichtigkeit. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass du die Bedeutung dessen jetzt noch nicht verstehst. Aber das ist vollkommen in Ordnung, Marie. Auch kann ich dich nicht zu etwas zwingen. Allerdings kann ich zweifellos behaupten, dass du ein neugieriger Mensch bist und darauf brennst zu erfahren, wer genau du eigentlich bist. Es wird eine wundervolle neue Welt auf dich warten und ich halte dir die Türen offen.«
»Aber Sir…« sagte ich unsicher. »Was wird aus meiner Familie? Was soll ich ihr sagen?« Dumbledore lächelte wieder. »Ich bin mir sicher, deine Familie wird deine Entscheidung respektieren. Und für den Fall, dass du dich um sie sorgen solltest so glaube ich, dass sie keine Gefahr mehr erwarten wird.«
»Aber Sie sagten doch, dass die Magierwelt von der Welt der Muggel geheim gehalten wird. Bedeutet das nicht, dass ich… dann auch nichts erzählen darf? Und ganz davon abgesehen, wird mir meine Mutter das niemals glauben.« Dumbledore schien amüsiert und antwortete: »Es gibt einige Schüler in Hogwarts, dessen Eltern nichts mit der Magierwelt zu tun haben und dennoch wissen sie selbstverständlich, um was für eine Schule es sich handelt. Es geht nicht darum zu lügen oder etwas zu vertuschen. Es geht lediglich darum, beide Welten mit ihren Ordnungen und Regeln zu bewahren und zu schützen. Du wirst sicherlich irgendwann verstehen, dass sowohl die Magier-, als auch die Muggelwelt gewisserweise abhängig voneinander und gleichwertig schutzbedürftig sind. Natürlich gibt es einige die da anderer Meinung sind. Aber eines kann ich dir ganz genau sagen: Es gibt Menschen, die so sensibel sind, dass sie bei einem leichten Anflug von Magie verrückt würden. Deswegen ist die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass beide Welten ohne Probleme parallel fortbestehen können, nicht nur eine gesellschaftliche, sondern auch eine politische Angelegenheit.« Er zwinkerte und ich verstand. »Und was deine Mutter betrifft«, fuhr Dumbledore fort, »du solltest weniger Misstrauen aufbringen hinsichtlich der Sache, dass sie dir keinen Glauben schenken wird. Sobald der Brief von Hogwarts bei dir eintrifft, zeige ihr diesen.«
»Wie geht es jetzt genau weiter?« fragte ich schließlich, noch immer leicht verwirrt. »Du wirst in wenigen Tagen eine Einladung erhalten und ich würde mich freuen, dich im neuen Schuljahr begrüßen zu dürfen«, sagte Dumbledore selbstsicher. »Wann beginnt das neue Schuljahr denn und wo ist diese Schule überhaupt?«
»Das Schuljahr beginnt am 1. September. Ich werde dafür Sorge tragen, dass du über alle näheren Einzelheiten rechtzeitig informiert wirst. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass du kommen möchtest.« Eine Pause trat ein, in der er mich eingehend ansah. »Ja, das möchte ich«, sagte ich auf einmal selbstsicher. »Ich möchte sehr gerne Ihre Schule besuchen und mehr herausfinden über all das und… über mich.« Dumbledore lächelte wieder. »Ich freue mich immer wieder, wenn sich herausstellt, dass ich richtig lag. Ich habe nichts anderes von dir erwartet, Marie.« Ich lächelte zurück und merkte, wie mir Röte ins Gesicht stieß. »Aber weil es die Zeit so will«, sagte Dumbledore schließlich, »muss ich mich nun leider verabschieden. Aber bevor ich gehe, möchte ich dir gerne noch etwas geben.« Ich blickte neugierig auf. Dumbledore griff in seinen Umhang und entnahm aus diesem zwei Bücher, 'Geschichte von Hogwarts' und 'Geschichte der Zauberei'. »Vielleicht können dir vorerst diese Bücher etwas Abhilfe verschaffen, wenn es um die Beantwortung einiger Fragen geht.« Dumbledore zwinkerte lächelnd. »Vielen Dank, Sir« sagte ich leicht verlegen und nahm die beiden Bücher entgegen. Dumbledore nickte zufrieden und sagte schließlich: »So. Nun muss ich aber wirklich los. Mit Sicherheit wird man mich bei dem höchst wichtigen Termin schon erwarten.« Sein Anflug von Ironie in der Stimme ließ mich schmunzeln. »Dann hoffe ich, dass Sie wegen mir nicht zu spät kommen«, sagte ich belustigt. »Nicht doch, Marie.« Dumbledore erhob sich von seinem Platz. »Mein Anliegen, mit dir Kontakt aufzunehmen, war von weitaus größerer Wichtigkeit. Bis bald, Marie.« Dumbledore zwinkerte ein letztes Mal, danach verschwand er mit einem erneuten Knall, der mich erneut aufschrecken ließ.
Nach dem sonderbaren Besuch stand ich völlig neben der Spur. Ich überlegte sogar, ob das gerade tatsächlich passiert war. Selbst die heraufbeschworene Flasche mit den zwei Gläsern waren verschwunden. Und dennoch zweifelte ich daran, mir das alles eingebildet zu haben. Ich überlegte. Sollte ich jetzt zu meiner Mutter gehen und ihr erzählen, was gerade passiert war? Sicherlich würde sie mich für vollkommen verrückt halten. Dann rief ich mir in Erinnerung, was Dumbledore gesagt hatte. Wenn es wirklich stimmte, ich also eine Hexe war und man mir tatsächlich einen Platz in Hogwarts anbot, musste ich den besagten Brief erhalten. Ich fasste einen Entschluss. Ich wollte den Brief abwarten und dann über alles weitere nachdenken unter der Voraussetzung, dass es überhaupt etwas zum Nachdenken gab. Ich verbrachte den Rest des Sonntages damit, irgendetwas über Zauberei und Hogwarts herauszufinden, was sich aber als nicht erfolgreich erwies und dass obwohl man Google inzwischen für allwissend hielt. Dumbledore hatte gesagt, dass die Magierwelt vor der Muggelwelt geheim gehalten wurde. War das also auch der Grund, warum ich nichts finden konnte? Mich machte das wahnsinnig.
Und wie es der Zufall so wollte, begann der Montag mit einer weiteren Merkwürdigkeit. Mein Chef hatte angerufen und mir meinen kompletten Resturlaub erteilt. Ich hatte nicht einmal die Chance, den Grund dafür zu erfahren, denn er hatte so schnell wieder aufgelegt, wie Dumbledore gebraucht hatte, um von einem Ort zum anderen zu wechseln. Aber so hatte ich Zeit, um mich mit den beiden Büchern zu beschäftigen, die mir Dumbledore gegeben hatte. Diese erwiesen sich tatsächlich als sehr hilfreich und machten nicht den Eindruck auf mich, dass die gesamte Situation, in der ich mich befand, ein Scherz war. Denn all das - eine komplette Geschichte über Hogwarts sowie über die Zauberei - konnte sich unmöglich jemand in einem solchen Ausmaß ausdenken. Ich fand heraus, dass Hogwarts irgendwo in Schottland errichtet wurde und es ein Zaubererdorf gab, welches sich ´Hogsmeade` nannte. Dort gab es auch den Bahnhof, an dem der Hogwarts-Express hielt und die Schüler aussteigen mussten. Ich erfuhr auch, dass Hogwarts vier Gründer hatte, die jeweils ihr eigenes Haus repräsentierten. Es gab Gryffindor, Hufflepuff, Ravenclaw und Slytherin. Abhängig von den Fähigkeiten, Eigenschaften und Stärken jedes Schülers, werden sie jeweils einem Haus zugeordnet. Besonders interessant empfand ich die Tatsache, dass Hogwarts für Muggel nur in Form einer Ruine existierte und ´Muggelelektrizität` nicht funktionierte. Bei dem Buch ´Geschichte der Zauberei` handelte es sich um ein Lehrbuch, welches im gleichnamigen Pflichtfach verwendet wird und unter anderem Themen wie mittelalterliche Hexenverfolgung, Koboldaufstände und die Ausrottung der Riesen beinhaltet. Für mich war es unsagbar spannend, vereinzelte Ereignisse, die mich besonders interessierten, zu lesen.
Ich hatte innerhalb von drei Tagen ´Geschichte von Hogwarts` durchgelesen und war umso neugieriger, mehr über die Magierwelt zu erfahren. So ganz konnte ich der Situation noch keinen Glauben schenken, bis ich eines Mittags an meinen Briefkasten ging und aus diesem einen Brief entnahm, der ganz anders aussah als die Briefe, die ich kannte. Der Briefumschlag schien aus einem anderen Papier zu sein, als die üblichen und ich vermutete, dass es sich um eine Art Pergament handeln musste, da sich das Material rau anfühlte. Der Umschlag war durch ein Siegel aus rotem Wachs verschlossen. An der Rückseite des Umschlags war ein Wappen abgebildet, welches das Banner von Hogwarts zierte. Innerhalb des Wappens waren oben nebeneinander ein Löwe und eine Schlange sowie unten ein Dachs und ein Adler zu erkennen. Weil ich mich mit der Geschichte von Hogwarts auseinander gesetzt hatte wusste ich, dass die Tiere für die jeweiligen Häuser stehen: Der Löwe symbolisiert das Haus Gryffindor, der Dachs Hufflepuff, der Adler Ravenclaw und die Schlange das Haus Slytherin. Als ich das Siegel aufgebrochen hatte, nahm ich den ersten Brief heraus und las:
Sehr geehrte Ms Spring,
wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen sind. Beigelegt finden sie eine Liste aller benötigten Bücher und Ausrüstungsgegenstände.
Das Schuljahr beginnt am 1. September. Wir erwarten Ihre Eule spätestens am 31. Juli.
Mit freundlichen Grüßen
Minerva McGonagall
Stellvertretende Schulleiterin
Mein Herz machte einen Satz vor Freude. Ich hielt die offizielle Einladung nach Hogwarts in meinen Händen, ganz so wie es Dumbledore gesagt hatte. Schnell entnahm ich den nächsten Brief:
Liebe Marie.
Ich möchte mich zuerst in aller Form dafür entschuldigen, dich an dem Tag meines Besuches so erschreckt zu haben. Aber ich kann es dir nicht verübeln, schließlich trifft man einen Zauberer nicht jeden Tag.
Wie versprochen möchte ich dir noch einige Informationen mit auf dem Weg geben. Deine benötigten Schulsachen kannst du in der Winkelgasse in London erwerben. Und weil es von dir aus bis nach London ein weiter Weg ist, habe ich die Vorkehrungen dafür getroffen, dass du ganz unproblematisch dorthin gelangst. Bitte gehe dafür am 30. August um Mitternacht aus dem Haus, eure Straße entlang bis zur Kreuzung und anschließend zu dem Parkplatz auf der rechten Seite. Halte dort Ausschau nach einem Stofftaschentuch – deinem Portschlüssel. Wenn du bereit bist, nehme unbedingt all deine Sachen in die Hand und berühre das Taschentuch und du wirst sehen – und sehr wahrscheinlich auch spüren – was passiert. Sobald du in London angekommen bist, gehe in den Tropfenden Kessel und frage nach dem Weg zur Winkelgasse. In dem Umschlag findest du übrigens auch das Zugticket für den Hogwarts-Express, der am 31. August am Gleis 9¾ des Bahnhofs King's Cross abfahren wird. Bis dahin wünsche ich dir noch eine erholsame Zeit mit deiner Familie.
Freundliche Grüße,
Albus Dumbledore
Schulleiter
P.S. Ich möchte dir zusätzlich ans Herz legen, deinem Umfeld zu vertrauen und auf jene, die dir wichtig sind. Solltest du Hilfe benötigen, wirst du sie bekommen.
Anscheinend meinte Prof. Dumbledore es tatsächlich ernst und hatte sich sogar extra die Mühe gemacht dafür zu sorgen, dass ich nach London kommen würde. Aber was genau meinte er damit, ich solle meinem Umfeld vertrauen? Und was hatte es genau mit dem Gleis 9¾ auf sich? Ganz davon abgesehen, dass ich mal wieder Informationen erhielt, die mir ein Rätsel waren, hatte Dumbledore etwas sehr wichtiges erwähnt: Meine Familie. Es war nun an der Zeit, meiner Mutter von dem sonderbaren Ereignis zu berichten. Ich nahm meine Briefe und machte mich sofort auf dem Weg zu ihr - nur wenige Häuser weiter.
Als ich an der Tür klingelte und meine Mutter diese öffnete, machte sie ein überraschtes Gesicht.
»Marie. Das ist ja eine Überraschung. Ist etwas passiert?« Anscheinend merkte sie, dass ich ein wenig besorgt war, denn ich wusste noch immer nicht, wie ich ihr die ganze Sache erklären sollte. Ich antwortete: »Mama, ich muss mal mit dir reden.« Meine Mutter ließ mich hinein und wir setzen uns in das Wohnzimmer, in dem der Fernseher lief. Ich stellte den Ton aus, um so viel Ruhe wie möglich zu schaffen. Dann ergriff ich das Wort:
»Mama. Ich habe heute einen Brief bekommen. Eine Einladung für ein Studium.«
»Du hast dich für ein Studium beworben? Das ist doch toll!« sagte meine Mama begeistert. »Das ist es ja gerade«, erwiderte ich, »ich habe mich gar nicht beworben. Der Schulleiter hat mich vor einigen Tagen besucht.« Das musste sich total merkwürdig anhören, denn wo gab es das denn heute, dass ein Schulleiter seine Schüler persönlich besucht? Ich ersparte mir jede weitere Erklärung und zeigte meiner Mutter den Brief, die sich diesen eingehend durchlas. Weil es deutlich länger dauerte, als es die Länge des Briefes erforderte, ging ich davon aus, dass sie ihn mehr als nur ein Mal las. Schließlich sah sie mich mit einem fragenden Ausdruck an und sagte schließlich:
»Dann ist es also wirklich wahr?« Mir stockte der Atem. Hatte meine Mutter etwa was geahnt? »Was genau soll wahr sein?« fragte ich sie verwirrt. Meine Mutter faltete den Brief und gab ihn mir zurück. Sie atmete einmal tief ein und wieder aus, ehe sie fortfuhr:
»Ich habe von der Schule schon gehört, aber ich habe es nie für möglich gehalten, dass sie tatsächlich existieren könnte.« Das wurde ja immer schöner. Meine Mutter wusste von der Schule? »Du hast von Hogwarts gehört? Wie denn?«
»Erinnerst du dich noch an meinen Besuch in Tecklenburg?« Ich erinnerte mich und nickte. »Ja, natürlich.«
»Es gab da diese eine gruselige Frau, die uns Geistergeschichten erzählt hat. Und sie hatte uns auch von einer Schule erzählt, auf die junge Hexen gehen würden. Ich glaube, dass diese Schule so geheißen hat.« Ich verstand das alles nicht. »Und… du glaubst daran?« wollte ich wissen. Meine Mutter machte einen unsicheren Eindruck auf mich und dann fiel mir ein, dass ihr Besuch in Tecklenburg nicht länger als ein halbes Jahr zurücklag. Ich stellte mir die Frage, ob das alles miteinander zusammen hing. Ob ihr die Frau absichtlich von der Schule erzählt hatte? Konnte das möglich sein? »Marie, ich glaube mittlerweile an einiges und ich glaube in erster Linie an dich. Wenn man dir eine Einladung geschickt hat, dann solltest du dorthin gehen.« Ich hatte mir das deutlich schwieriger vorgestellt, sie davon überzeugen zu müssen. »Aber Mama«, sagte ich vorsichtig. »Als mir Dumbledore erzählt hat, dass es eine Welt für Zauberer und Hexen gibt, habe ich gedacht, dass er mich veräppeln will. Und du nimmst das so einfach hin? Er hat mir gesagt, dass ich eine Hexe bin. Eine HEXE!« Meine Mutter machte einen amüsierten Eindruck. »Ich weiß, was eine Hexe ist.« Tatsächlich? Woher wollte sie das denn wissen? »Also«, setzte ich vorsichtig an, »ist das für dich vollkommen ok, dass ich auf eine Schule gehe, die irgendwo in Schottland ist? Ich werde fast ein Jahr weg sein.«
»Mein liebes Kind«, sagte Mama mahnend, »du vergisst, dass du inzwischen alt genug bist um selbst zu entscheiden, was du gerne tun möchtest. Ich weiß, dass es dir manchmal noch schwer fällt, deine Freiheit endlich zu genießen. Ich finde, du solltest dein Leben endlich leben. Schließlich konntest du das so lange nicht.« Ich gestand mir ein, dass meine Mutter recht hatte. Als mein Stiefvater noch lebte, wurde mir vieles verboten. Aber das war endlich vorbei. »In Ordnung«, sagte ich. »Dann… werde ich meine Antwort gleich heute noch abschicken.« Weil meine Mama wissen wollte, wie ich denn nach London kommen sollte, zeigte ich ihr auch den anderen Brief, den mir Dumbledore geschrieben hatte. Was wir uns zusätzlich fragten war, was ein Portschlüssel genau sein sollte. Letzten Endes blieb uns aber nichts anderes übrig, als abzuwarten. Wir würden es schon sehr bald herausfinden. Auch überlegten wir, was ich meinen Geschwistern sagen sollte. Meine Mama bestand darauf, es ihnen irgendwann selbst zu sagen und ich musste nur dafür sorgen, ihnen irgendwann einen Beweis dafür zu liefern, dass ich eine besondere Schule besuchte. Alles was ich hoffte war, dass sie nicht neidisch sein würden.
So einfach es auch war, meiner Mutter von dem Vorfall zu berichten und sie von der Schule überzeugt zu haben, so irritierte es mich doch sehr, dass sie es so gelassen hingenommen hatte. Ich hatte das Gefühl, dass sie womöglich mehr wissen konnte, als sie zugeben wollte. Aber ich war keinesfalls daran interessiert, sie zu bedrängen, sondern war letzten Endes sehr erleichtert, dass ich keine Überzeugungsarbeit leisten musste. Ich freute mich sehr darauf, dass mir schon bald der Zutritt zu einer neuen Welt gewährt würde und plötzlich spürte ich auch, dass es mit dem normal sein auch wieder vorbei war.
Den 30. August verbrachte ich damit, meine Koffer zu packen in der stetigen Überlegung, was ich überhaupt alles mitnehmen sollte. Sämtliche Schulsachen musste ich noch besorgen, also entschied ich mich für eine Auswahl an Klamotten für alle Jahreszeiten, zwei Paar Schuhe sowie den zwei Büchern. Außerdem packte ich eine Tüte Trockenfutter für Maggie ein sowie mein ganzes Erspartes. In der Liste, die in der Hogwarts-Einladung mit beigefügt war, wurde außerdem erwähnt, dass es Schülern erlaubt war, eine Katze, Kröte oder Eule mitzunehmen. Das bedeutete für Maggie, dass sie mich auf der Reise nach Hogwarts ebenfalls begleiten sollte. Maggie schien es ziemlich gleichgültig zu sein, allerdings wusste ich, dass sie es nicht verkraften würde, allzu lange von mir getrennt zu sein und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Allein der Gedanke, meine Mutter und meine Geschwister zurück zulassen, schmerzte mich. Wie im Vornherein mit meiner Mutter besprochen, sollte zunächst noch niemand erfahren, wohin meine Reise tatsächlich ging. Ich war davon überzeugt, dass es uns sowieso niemand abnehmen würde es sei denn, es waren Hexen oder Zauberer unter ihnen, was ich aber bezweifelte. Seit Dumbledores Besuch stellte ich mir immer mehr die Frage, ob Zauberer und Hexen überhaupt unter Muggeln leben würden geschweige denn, ob es überhaupt funktionieren würde. Es kamen mehr und mehr Fragen auf, sodass es mich ärgerte, sie nicht alle stellen zu können. Musste ich irgendwann von meiner Familie weg und wo sollte ich dann leben? Musste ich ein Doppelleben führen? Und was für Möglichkeiten würde ich haben, sobald meine Ausbildung an der Schule abgeschlossen war? Ich hoffte, eines Tages die Antworten auf meine Fragen zu erhalten. Zuerst musste ich mich allerdings darauf konzentrieren, nach London in den Tropfenden Kessel, um von dort aus in die Winkelgasse zu gelangen.
Ich hatte mich von meinen Geschwistern schon früh am besagten Abend verabschiedet, da sie früh zu Bett gehen mussten. Kurz vor Mitternacht begab ich mich mit einem großen Koffer, einer Handtasche sowie dem Katzenkorb mit Maggie darin in Richtung des Parkplatzes, um - wie Prof. Dumbledore sagte - nach dem Taschentuch Ausschau zu halten, welcher mir als Portschlüssel dienen sollte. Meine Mutter begleitete mich auf dem Weg dorthin, da sie sich meine Abreise nicht entgehen lassen wollte. Ich stellte allerdings fest, dass es bereits dunkel war und ich einige Probleme haben könnte, das Taschentuch zu finden. Trotzdem wollte ich den Versuch wagen in der Hoffnung, der Schein der Straßenlaternen würde ausreichen. Am Parkplatz angekommen, suchten wir jeden Winkel nach dem Taschentuch ab, konnten mehrere Minuten lang aber nichts finden, als meine Mutter plötzlich rief:
»Guck mal, hier drüben!« Nach genauerem Hinsehen konnte ich erkennen, dass auf dem Grasboden etwas leicht bläulich schimmerte. Ich erkannte, dass es sich tatsächlich um ein Stofftaschentuch handelte, welches vollkommen unscheinbar im Gras lag. Laut Dumbledore musste ich das Taschentuch nur berühren…
»Hast du alle deine Sachen?« fragte meine Mutter, womit sie mich von meinem Gedanken ablenkte. Ich nickte. Um mich von ihr zu verabschieden, drückte ich sie ganz fest und versprach ihr, mich schnellstmöglich bei ihr zu melden und ihr einen Brief zukommen zu lassen. Ich rief mir in Erinnerung, was Dumbledore sagte, nahm all meine Sachen in die Hand und griff nach dem Portschlüssel. Meine Hand wurde regelrecht magnetisch angezogen und wenige Sekunden später drehte sich alles. Ich wusste plötzlich nicht mehr, wo ich war oder wie mir geschah. Ich wurde in etwas hineingezogen - einem Strudel gleich und schien mich in einer anderen Dimension zu befinden. Alles drehte und drehte sich, bis mir schwindelig und schlecht wurde. Ich schloss meine Augen, schrie und hörte erst wieder auf zu schreien, als ich unsacht zu Boden fiel. Koffer, Tasche und Katzenkorb landeten neben mir. Als ich mich aufrichtete, begutachtete ich den Katzenkorb, in dem Maggie saß - völlig verstört, mich aber anmauzte, als sie mich erkannte.
»Arme Maggie«, sagte ich. Ich nahm meine anderen Sachen beisammen und stellte fest, dass ich an einem völlig anderen Ort war. Dumbledore hatte in seinem Brief zwar erklärt, ich solle in den Tropfenden Kessel gehen, wusste aber nicht genau, woran ich die Lokalität erkennen sollte. Ich wusste ja nicht einmal, um was es sich genau handelte. Völlig verwirrt sah ich mich um, als ich einen Pub bemerkte, in dem Licht brannte. Über der Tür hing ein Schild, das ich nicht lesen konnte, weswegen ich näher heran trat. Im ersten Moment dachte ich mir, wohl falsch zu sein als ich mir in Erinnerung rief, dass ich ja in London sein musste. Ich las erneut und stellte erleichtert fest, dass ´Leaky Couldron` im Englischen für den Tropfenden Kessel stand. Ich öffnete vorsichtig die Tür und betrat den Pub. Der Dielenfußboden knarzte, als ich ihn betrat. Es dämmerte warmes Licht und gegenüber dem Eingang stand eine Theke, an der ein Mann mit dem Rücken zu mir stand und Gläser spülte. Ich blickte mich um und sah, dass noch zwei andere Besucher anwesend waren. Einer saß an der Theke und der andere saß weiter hinten an einem Tisch, der mich zu beobachten schien und was etwas Merkwürdiges in mir auslöste… In dem Moment wurde ich von dem Wirt hinter der Theke bemerkt:
»Ah, Sie müssen Miss Spring sein«, sagte er. Ich war irritiert, dass er meinen Namen kannte. »Man hat mir bereits mitgeteilt, dass Sie hier eintreffen würden. War Ihre Reise angenehm?« Ich kratze mich hinter meinem Ohr, als ich antwortete: »Es war sehr... turbulent, Mister.« Ich lächelte, um mein unbehagliches Gefühl zu überspielen.
»Bitte sagen Sie doch Tom zu mir. Sie sind wohl das erste Mal mit einem Portschlüssel gereist, was?« zwinkerte mir Tom zu. »Ja, allerdings.« Ich machte einen Rundumblick und stellte fest, dass mich der Mann, der einsam am Tisch saß, noch immer beobachtete. Schon wieder dieses merkwürdige Gefühl.
»Nun...«, setze ich fort, um gleichzeitig von meiner Nervosität abzulenken, »ich muss in die Winkelgasse und man sagte mir, dass ich hierüber dorthin gelangen würde.«
»Ah ja, die Winkelgasse«, sagte Tom bestätigend. »Allerdings haben die Geschäfte schon längst geschlossen. Ich würde vorschlagen, Sie nehmen sich für heute ein Zimmer und morgen in aller Frühe zeige ich Ihnen den Weg.« Das klang vielversprechend. Die Sache hatte nur einen Haken, wie mir einfiel:
»Das ist sehr nett von Ihnen. Allerdings habe ich noch kein passendes Geld. Kann ich es irgendwo umtauschen?«
»Selbstverständlich«, antwortete Tom amüsiert. »In der Gringotts Bank. Ebenfalls in der Winkelgasse zu finden. Gar nicht zu verfehlen. Es genügt vollkommen, wenn Sie morgen bezahlen.«
»Danke,« sagte ich. Tom nickte freundlich, als ihm plötzlich in den Sinn kam:
»Oh, wie unhöflich von mir. Ich habe Sie noch gar nicht gefragt, ob Sie etwas trinken oder essen möchten. Die Küche hat zwar schon geschlossen, aber bestimmt findet sich noch eine Kleinigkeit...«
»Das ist wirklich nicht nötig«, winkte ich ab. »Ich sollte jetzt lieber zu Bett gehen.«
»Wie Sie meinen, Miss. Dann folgen Sie mir doch bitte.« Tom hatte seinen Blick abgewandt und starrte plötzlich erschrocken auf den Katzenkorb. »Was ist denn da in ihrem Korb?« fragte er verunsichert. Als ich ebenfalls hinsah bemerkte ich, dass Maggie versuchte, dort auszubrechen. »Oh je, arme Maggie...« sagte ich mitfühlend. »Das ist nur meine Katze. Ist es in Ordnung, wenn ich sie rauslasse? Ich glaube die Reise mit dem Portschlüssel ist ihr nicht gut bekommen.«
»Nun, wenn es nur eine Katze ist. Kein Problem«, zwinkerte er. Als ich den Korb öffnete, hechtete Maggie heraus und lief schnurstracks in die obere Etage. Tom erklärte mir, dass dort die Wohnbereiche angelegt seien und wies mich an, ihm zu folgen. Maggie hatte sich vor eine Zimmertür gesetzt und schaute sie erwartungsvoll an.
»Scheint so, als hat Ihre Katze ein leeres Zimmer gefunden«, sagte Tom belustigt. »Allerdings ist momentan auch nur ein weiteres besetzt, demnach hätten Sie so oder so freie Wahl gehabt.« Er schloss die Tür auf und öffnete sie, während Tom hinzufügte:
»Nun, Miss. Sollten Sie noch etwas benötigen, sagen Sie gern Bescheid. Ich würde Sie dann morgen um 8 Uhr wecken.«
»Danke, Tom«, erwiderte ich dankbar und stellte meine Sachen ab. Tom verließ das Zimmer, das klein und schlicht eingerichtet war. Ich gab mich in erster Linie mit einem Bett vollkommen zufrieden. Ich kleidete mich aus, machte mich bettfertig und spürte meine Müdigkeit auf einmal sehr deutlich. Als ich im Bett lag und beinahe einschlief, hüpfte Maggie auf das Bett und machte es sich ebenfalls bequem. Daraufhin schliefen wir beide tief und fest und meine Bedenken, dass es sich bei allem um einen Scherz handeln müsste, waren wie weggeblasen.
Am nächsten Morgen wurde ich durch ein leises Klopfen geweckt und vergaß im ersten Moment völlig, dass ich gar nicht zu Hause war, sondern in einem kleinen Zimmer des Tropfenden Kessels.
»Bin gleich unten«, rief ich etwas verschlafen. Es dauerte nur wenige Minuten, ehe ich hellwach war. Ich wusch mich, putzte mir die Zähne, zog mir ein schwarzes Kleid an und machte mich noch etwas zurecht, indem ich mir Puder auftrug und meinen schlichten Lidstrich setzte.
»Du siehst gut aus«, hörte ich plötzlich jemanden sagen. Instinktiv sah ich mich um weil ich befürchtete, Tom sei in das Zimmer gekommen. »Huhu, hier bin ich«, sagte die Stimme wieder. Ich sah etwas verdutzt drein, nachdem ich festgestellt hatte, dass die Stimme von dem Spiegel an der Wand kam. »Dankeschön«, sagte ich freundlich. Bevor ich nach unten Richtung Theke ging, holte ich aus meiner Tasche die Tüte Trockenfutter heraus, die ich extra eingepackt hatte und dachte auch an mein Geld, welches ich umtauschen wollte. Danach öffnete ich die Zimmertür und meine Katze war die erste, die das Zimmer fluchtartig verließ.
Unten angekommen bemerkte ich, dass das Gasthaus schon gut besucht war. Sämtliche Tische waren bereits besetzt und ich blickte mich um, ob ich irgendwo Maggie entdecken konnte. Ein wenig machte ich mir Sorgen, denn seitdem wir in London waren, verhielt sie sich sehr merkwürdig und ich hatte Angst, dass sie mir noch davonlaufen würde. Schließlich sah ich sie auf einem Tisch sitzen und blickte erstaunt drein als ich feststellte, dass an diesem der Mann vom Vorabend Platz genommen und mir das Gefühl vermittelt hatte, von ihm beobachtet zu werden. Diesmal schien er mich allerdings nicht zu bemerken. Dass meine Katze sich einfach so auf seinem Tisch niedergelassen hatte, war mir furchtbar peinlich, schien ihn aber nicht weiter zu stören. Ich zögerte, entschied mich aber letzten Endes dafür, vorsichtig näher zu treten. Als Maggie mich bemerkte, mauzte sie herzlich, machte einen Buckel und stupste mit ihrem Kopf meine Hand an, um mich zu begrüßen. Nachdem ich sie gestreichelt hatte, spürte ich, dass mich der Mann ansah. Ich tat es ihm gleich. Er war ganz in schwarz gekleidet, seinen Umhang hatte er über den Stuhl gelegt. Schwarzes schulterlanges Haar umrahmte sein Gesicht und in diesem konnte ich zwei Paar Augen erkennen, die ebenfalls schwarz waren. Sein Blick schien mich regelrecht zu durchbohren, was mich nervös werden ließ. Aber irgendetwas faszinierte mich an diesem Mann. Hatte meine Katze das etwa ebenfalls gespürt und sich deswegen diesen Platz ausgesucht?
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte ich dann, »würde es Sie stören, wenn ich mich zu Ihnen setze?« Eine Pause trat ein. Die schwarzen Augen hatten sich nicht von mir abgewandt. »Keineswegs«, sagte der Herr in einer beruhigend tiefen Stimme, die in meinen Ohren nach Selbstbewusstsein und Gelassenheit klang. »Setzen Sie sich«, bestätigte er. Ich nickte dankbar und setzte ein kurzes Lächeln auf. Ich nahm schräg gegenüber von ihm Platz. »Maggie scheint Sie zu mögen«, sagte ich. Sehr wahrscheinlich sagte ich das nur, um überhaupt etwas zu sagen. Da ich meine Katze aber sehr gut kannte und ich wusste, dass sie nie einfach zu irgendwelchen Leuten ging, war es gar nicht so abwägig. Der Herr blickte überrascht auf und lächelte sichtbar gequält. In dem Moment kam Tom an den Tisch und wirkte ebenfalls etwas nervös.
»Miss Spring. Was darf ich Ihnen zum Frühstück anbieten?« Ich überlegte und antwortete: »Wäre es vielleicht möglich, mir ein englisches Frühstück zu servieren? Dazu schwarzen Tee mit einem Schuss Milch?« Ich wusste gar nicht, was das Gasthaus anbot, also war es mehr ein Vorschlag.
»Selbstverständlich«, sagte Tom, was mich irgendwie überraschte. »Und würden Sie mir bitte einen Gefallen tun?« fragte ich außerdem. »Könnten Sie mir eine leere Schale und eine mit etwas Wasser bringen? Für meine Katze?«
»Sehr gerne«, antwortete Tom. Ich nickte dankbar, ehe Tom zurück Richtung Tresen ging. Plötzlich spürte ich erneut ein leichtes Kribbeln in mir. Instinktiv sah ich zu dem Mann, als sich unsere Blicke trafen und es mich fast wie ein Blitz traf. Ich fragte mich, ob es Zufall war, dass er heute wieder hier saß. Da ich ihn nicht die ganze Zeit anstarren wollte, sah ich von ihm weg und blickte mich stattdessen im Gasthaus um. Ich erschrak fast, als ich plötzlich von dem Herrn angesprochen wurde:
»Mir ist Ihr Akzent aufgefallen. Sie kommen nicht von hier?« Ich musste ein wenig Schmunzeln. Mir war bewusst, dass meine englische Aussprache nicht perfekt war.» Nein, Sir«, sagte ich ein wenig verlegen – und hoffentlich weniger nervös, als ich mich fühlte. »Ich bin gestern aus Deutschland angereist.«
»So?« fragte er neugierig. Ich nickte. »Mit einem Portschlüssel, wissen Sie?« Ich merkte, wie mir die Röte ins Gesicht stieß. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich mir nicht sicher war, ob er überhaupt wusste, was ein Portschlüssel war. Aber vielleicht war es auch gleichzeitig eine gute Gelegenheit, mehr herauszufinden. Ich wollte gerade die Frage ansetzen, als Tom zu uns an den Tisch kam, um mir das Frühstück sowie die beiden Schalen zu bringen. Ich kam gar nicht dazu, mich zu bedanken, weil er sehr zügig wieder verschwand. Ich schüttete etwas Futter in die Schale, woraufhin Maggie anfing zu schnurren, vor meinem Gesicht tänzelte und schließlich vom Tisch herunter sprang, als ich beide Schüsseln auf den Boden stellte. Ich erinnerte mich daran, dass ich dem interessanten Herrn eine Frage stellen wollte und setzte schließlich an:
»Sagen Sie, Mister…Gehören Sie auch zu… zu ihnen?« Er sah mich fragend an. Ich wusste einfach nicht, ob ich so direkt sein konnte und machte einen erneuten Versuch:
»Also ich meine ob Sie… ob Sie kein Muggel sind?« Ich setzte eine fragende Miene auf in der Hoffnung, dass er mich verstehen würde. Wenn er ein Zauberer war, musste er das Wort 'Muggel' kennen. Ein seltsames Lächeln umspielte seine Lippen, ehe er darauf antwortete:
»Sie meinen, ob ich ein Zauberer bin?« Irgendetwas schien ihn zu amüsieren. Ich nickte und machte große Augen. »Das bin ich wohl«, sagte er knapp. Meine Augen wurden noch größer. Plötzlich sprudelte ich los, weil ich mir auf Grund der Tatsache, ihn zu lange schweigend angesehen zu haben, dämlich vorkam:
»Das ist alles so aufregend, wissen Sie? Ich wusste gar nicht, dass es Zauberer und Hexen gibt und dann habe ich vor kurzem erfahren, dass ich selbst eine Hexe bin.« Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Was genau ist das hier für ein Ort?« Ich sah mir die teilweise merkwürdig gekleideten Menschen an. Ob sie auch alle Zauberer und Hexen waren?
»Dieser Ort ist die Grenze zwischen der Muggel- und Zaubererwelt. Und der Eingang zur Winkelgasse.« Ich nickte, denn Tom hatte mir das bereits am Vorabend erklärt.
»Sie haben also erst vor kurzem erfahren, dass Sie eine Hexe sind?« fragte er. Ich nickte verlegen. »Ja. Ich bin also, wie man so schön sagt, eine Spätzünderin, wissen Sie?« Wieder schien es den Herrn zu amüsieren, denn er kräuselte seinen Mund wieder zu einem Lächeln, ehe er wieder eine Frage stellte:
»Dann haben Sie also gar keine Schule besucht?« Ich hatte allmählich das Gefühl, der Mann kannte sich gut aus wenn es darum ging, Informationen zu verschaffen. Anscheinend war er sehr neugierig. »Nun, Mister… um ganz ehrlich zu sein, bin ich gerade erst dabei, die Schule zu besuchen, wenn sie verstehen. Ich habe vorher eine… Muggelschule besucht.« Der Herr sah mich schweigend an, als würde er auf etwas warten. »Kennen Sie Hogwarts?« fragte ich schließlich.
»Sicher«, antwortete er. »Ich bin dort zur Schule gegangen.« Während ich aß, konnte ich kaum verstecken, dass mich das sehr faszinierte, was mir gerade erzählt wurde. Ich könnte ihn jetzt wahrscheinlich ausfragen, hielt es aber für unhöflich und aufdringlich. Ich versuchte so zu tun, als würde mich das weniger beeindrucken, als es tatsächlich der Fall war. Mich beunruhigte es etwas, dass mich dieser geheimnisvolle Mann so anzog, sodass ich es beinahe sehr schade fand, ihn sehr wahrscheinlich nicht mehr wiederzusehen. Ich hatte mein Frühstück beendet und meinen Tee fast leer getrunken. Ich musste ein letztes Mal in die schwarzen Augen blicken, die mich so sehr in den Bann zogen. Unsere Blicke trafen sich wieder und beinahe hypnotisch, weil ich gar nicht groß darüber nachdachte, fragte ich:
»Sagen Sie, sind alle Zauberer so wie Sie?« Der ganz in schwarz gekleidete Mann, dessen Augen mich fixierten, sah mich lange an, mit einer Miene, die unergründlich war. »Wie… genau bin ich denn, Miss?«, wollte er wissen, wobei er die Betonung ganz besonders auf das Wort 'genau' legte. Noch dazu sprach er mit einer Stimme, die die Ruhe selbst war. »Sie wirken so geheimnisvoll, Mister. Allerdings… im positiven Sinn.« erwiderte ich daraufhin. Wieder lächelte der Mann eigentümlich. »Ich schlage Ihnen vor«, sagte er schließlich, »Sie finden selbst heraus, ob sie andere für geheimnisvoll erachten.« Ich nickte langsam. »Ja. Das werde ich hoffentlich. Zu schade, dass ich nun gehen muss. Ich hätte mich gerne noch etwas länger mit Ihnen unterhalten.«
»Das Vergnügen war ganz meinerseits. Aber Sie sollten sich beeilen, der Zug fährt um 11 Uhr ab.« Ich blickte ihn verwundert an. Daraufhin fügte er hinzu: »So weit ich weiß, hat sich die Abfahrtszeit nie geändert.« Ich lächelte. »Ah. Die guten alten Zeiten, was?« Ich war plötzlich verlegen und hielt es für das beste, einfach zu verschwinden. »Also dann. Vielen dank, dass ich bei Ihnen sitzen durfte und dass Sie so nett zu meiner Katze waren.« Ich lächelte zum Abschied und wandte mich zum Gehen.
»Auf bald, Miss Spring«, sagte er schließlich. Ich blickte mich um und sah ein letztes Mal in das Augenpaar, welches mich erneut fixiert hatte, aber diesmal, weil ich dachte, mich verhört zu haben. Auf bald? Ich hakte nicht weiter nach, sondern eilte verwirrt auf die Theke zu, um Tom endlich nach dem Weg zur Winkelgasse zu fragen.
An der Theke angekommen, führte mich Tom zu einem kleinen Hinterhof, der sich hinter der Bar um die Ecke befand und durch eine Mauer versperrt wurde. Was meine Katze Maggie betraf so hielt ich es für das beste, sie so lange im Wirtshaus zu lassen, bis ich mit meinen Einkäufen fertig war. Diesmal machte sie auch keine Anstalten, mir zu folgen.
»Also Miss Spring, für das nächste Mal: Sie sehen diese Wand hier?« fragte Tom. Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort:
»Nehmen Sie Ihren Zauberstab und tippen Sie an die Steine. Und zwar so.« Nachdem er das gesagt hatte, holte er seinen Zauberstab hervor und tippte die Steine an. Daraufhin bewegten sie sich, bis sie schließlich Stück für Stück einen Gang freigaben und wir am anderen Ende des Hinterhofes standen. »Da wären wir«, sagte Tom stolz. Ich konnte meinen Augen erst nicht trauen. Ganz plötzlich fand ich mich auf einer Straße wieder, die an beiden Seiten von bunten Häusern umgeben und voller Leute war, die teilweise noch merkwürdiger gekleidet waren als die im Tropfenden Kessel. Ohne mich zu verabschieden, ging ich weiter und kramte meine Liste hervor. Ich hatte knapp zwei Stunden Zeit, um meine Sachen zu besorgen. Wäre mir mehr Zeit geblieben, so hätte ich mir die ganzen Häuser und Menschen um mich herum genauer angesehen. Aber da das nicht der Fall war, musste ich mich auf das Wesentliche beschränken.
Ich hielt es für sinnvoll, als erstes zur Bank zu gehen, um mein Geld einzutauschen. Und wie mir Tom bereits gesagt hatte, war die Bank tatsächlich nicht zu übersehen. Ganz in weiß ragte es in die Höhe und schwarze Lettern, die sogar von weit weg gut zu lesen waren, deuteten eindeutig darauf hin, dass es sich um Gringotts handelte. Ich ging an mehreren skurrilen Läden vorbei, fokussierte mich allerdings auf mein Ziel und versuchte mich möglichst nicht ablenken zu lassen. In der Bank angekommen, stieß ich auf merkwürdige Wesen, die sich mir später als Kobolde herausstellten. So mürrisch die Wesen auch wirkten, versuchte ich dennoch, möglichst freundlich und höflich zu sein. Nachdem ich mein Anliegen erläutert hatte, war der Kobold, der für den Umtausch von Geld zuständig war, zunächst etwas überfordert, da ich kein englisches Geld hatte. Mit Hilfe eines weiteren Mitarbeiters, der den Wechselkurs von Euro in Pfund kannte, war ich ganz schnell Besitzerin von Zauberergeld, welches sich aus Galleonen, Sickel und Knuts zusammensetzt. Das Gewicht der Münzen – und vor allem die Menge – war für mich sehr gewöhnungsbedürftig. Nach ungefähr einer viertel Stunde verließ ich die Bank wieder. Als nächstes wollte ich mir den Zauberstab besorgen. Nachdem ich eine nette Hexe gefragt hatte, wo ich denn einen herbekäme, empfahl sie mir ausdrücklich Ollivanders und erklärte mir auch, wo ich das Geschäft finden würde, was mir relativ schnell gelang. Als ich Ollivanders betrat ertönte eine Klingel und ich stellte fest, dass ich die einzige Besucherin war. Ich sah mich um. Der Laden war voller Regale und einige von ihnen waren weniger bestückt als andere und machten auf mich nicht den Eindruck, als würden sie regelmäßig aufgefüllt. Insgesamt herrschte eine rege Unordnung und ich hatte noch nie so viel Staub auf einmal gesehen. Langsam und verunsichert trat ich an die Ladentheke heran, als ein hagerer Mann mit schütterem Haar auf mich zukam. Er schien um die vierzig Jahre alt zu sein und machte einen betrübten, fast traurigen, Eindruck. Seine Miene erhellte sich ein wenig, als er mich sah.
»Guten Tag, Sir. Ich möchte einen Zauberstab kaufen und habe erfahren, dass ich bei Ihnen einen bekommen kann?« fragte ich. »Das ist richtig«, sagte der Verkäufer. »Aber sehr wahrscheinlich wird das nicht mehr lange so sein«, fügte er traurig betrübt hinzu. Ich sah mich erneut im Laden um und verstand nun auch, warum einige Regale leer waren. »Haben Sie vor zu schließen, Sir?« Der Ladenbesitzer schaute traurig und antwortete:
»Das Problem ist, dass wir momentan keinen Zauberstabmacher haben. Mr. Ollivander, dem dieser Laden gehörte, ist vor einigen Monaten verstorben und sein Sohn ist tragischerweise einer Krankheit erlegen, die ihm das Leben kostete. Ich selber habe diesen Laden zwar übernommen, bin aber nicht fähig, Zauberstäbe herzustellen. Aus diesem Grund wird sich dieser Laden sehr wahrscheinlich bald auflösen. Notgedrungen, wenn man so will.«
«Und dann kann niemand mehr Zauberstäbe kaufen?« fragte ich ihn. Der Ladeninhaber erwiderte:
»Es gibt noch ein anderes Geschäft, das allerdings eher minderwertige Zauberstäbe verkauft. Wenn Ollivanders schließt, dann wird wohl jeder dazu gezwungen sein, sich den minderwertigeren Zauberstäben zuzuwenden. Leider.«
»Das tut mir sehr leid zu hören«, sagte ich mitfühlend. »Aber wenn es Ihnen hilft, werde ich Sie gerne weiterempfehlen und vielleicht findet sich ja noch jemand, der Zauberstäbe machen kann.« Ich lächelte freundlich und der Verkäufer lächelte zurück. »Das ist wirklich sehr nett von Ihnen, Miss. Mein Name ist übrigens Ronald. Ich kann zwar keine Zauberstäbe herstellen, allerdings kann ich Ihnen dabei helfen, den richtigen Zauberstab für Sie zu finden. Denn glücklicherweise haben wir noch genügend Zauberstäbe, sodass wir mit Sicherheit fündig werden sollten. Das einzige, was ich tun muss ist, einige Messungen an Ihnen vorzunehmen. Somit kann ich schon einmal die richtige Länge bestimmen und das erleichtert mir die Sucher erheblich.« Eine Pause trat ein, in der mich Ronald plötzlich eingehend ansah. »Sagen Sie, Miss«, setzte er dann an, »Sie sehen mir nicht nach einer Erstklässlerin aus, die gerade zum ersten Mal ihren Zauberstab kauft… Wenn ich das einmal so sagen darf.«
»Das ist richtig«, erwiderte ich. »Ich sehe nicht nach einer Erstklässlerin aus, bin es aber tatsächlich. Meine Einschulung findet… sagen wir, verspätet statt.«
»Darf ich fragen, wie alt Sie sind, Miss?« fragte Ronald vorsichtig. »Neunzehn«, sagte ich knapp. Ronald machte große Augen, danach trat Schweigen ein. Er nahm sich ein Maßband zur Hand und fing an, neben meiner Größe auch diverse Abstände von sämtlichen Körperteilen zu messen. Danach holte er mehrere Zauberstäbe aus den Regalen und wies mich an, sie nacheinander in die Hand zu nehmen und zu testen. Ich tat wie mir geheißen und musste enttäuscht feststellen, dass sich bei den Stäben nicht viel tat. Ronald fing an zu grübeln und ergriff schließlich das Wort:
»Wissen Sie… ich glaube, dass Sie keine gewöhnliche Hexe sind. Und ungewöhnliche Hexen haben in den meisten Fällen auch ungewöhnliche Zauberstäbe. Ich glaube, dass wir hier keinen Zauberstab für Sie finden.«
»Keinen Zauberstab?« fragte ich ungläubig. »Aber ich kann doch nicht ohne Zauberstab nach Hogwarts gehen…«
»Ach du liebes bisschen, so habe ich das nicht gemeint«, sagte Ronald entschuldigend. »Mr. Ollivander hat mir erzählt, dass er hinten im Lager noch Zauberstäbe hat. Ich werde mal nachsehen.« Daraufhin verschwand er und ließ mich im Laden stehen. Was war denn nun, wenn es tatsächlich keinen Zauberstab für mich gab? Wie sollte ich das meinen Lehrern erklären? Ich konnte doch wohl kaum ohne Zauberstab zaubern? Noch ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, kam Ronald zurück und hatte eine kleine Schachtel in der Hand.
»Wollen wir mal sehen…«, sagte er, »was dieser Zauberstab zu ihnen sagt. Mich würde es sehr wundern, wenn gerade dieser Stab Sie auswählen sollte, aber probieren wir es.« Er öffnete die Schachtel und holte einen Zauberstab heraus, der schneeweiß war. »Hier. Nehmen Sie den Stab in die Hand und schauen wir mal, was passiert.« Ich tat wie mir geheißen. Ich nahm ihn in die Hand und spürte sofort, wie sich eine Wärme auszubreiten schien. Es kribbelte in meiner Hand und kurz darauf stieben Funken aus der Spitze des Zauberstabes. Ich konnte meinen Blick nicht davon abwenden. »Das ist ja unfassbar!« sagte Ronald ungläubig.
»Wirklich höchst verwunderlich. Sehr merkwürdig.«
»Was genau ist denn so verwunderlich, Mister?« wollte ich wissen, nachdem ich meinen Blick endlich dem Stab abgewandt hatte. »Nun Miss«, setzte Ronald an und setzte sich auf einen Hocker, der vor dem Tresen stand.
»bisher konnte keine Hexe oder Zauberer diesen Stab jemals benutzen. Mr. Ollivander hat mir außerdem eine sehr seltsame Geschichte erzählt. Noch dazu hat er mir erzählt, dass die Zusammensetzung dieses Stabes vollkommen unbekannt ist. Man weiß nur, dass der Kern des Stabes aus Einhornfaser besteht. Es gibt einige wenige Zauberstäbe, die eine Geschichte haben und diesen, den Sie da gerade in der Hand halten und den Sie gerade zum Leben erweckt haben, hat ebenfalls eine Geschichte. Verstehen Sie?« Ronald machte einen verwirrten Eindruck auf mich. »Eine Geschichte, Sir?« Ronald nickte und kehrte in sich.
»Es handelt sich viel mehr um eine Legende, die aber nur teilweise bekannt ist. Eigentlich ist es mehr ein Mythos. Man weiß also nicht einmal, ob die Geschichte wahr ist.«
»Bitte erzählen Sie mir, was Sie wissen«, selbstverständlich beharrte ich darauf. »Man sagt«, begann Ronald,
»dass dieser Zauberstab ein Resultat aus so etwas wie einem Experiment sei, welches nie hätte funktionieren dürfen. Es heißt, dass eine uralte Magie benutzt wurde, um diesen Stab überhaupt fertigen zu können und in ihm eine zusätzliche Komponente eingeschlossen wäre… Der Legende nach soll dieser Zauberstab… eine Seele in sich tragen.« Ich blickte fragend drein. »Wie darf ich das verstehen 'eine Seele in sich tragen'? Ist so etwas denn möglich?« wollte ich wissen. »Das… ist ein großes Geheimnis...«, erwiderte Ronald geheimnisvoll. »Dieser Zauberstab ist so alt, dass jegliche Quellen verloren gegangen sind, geschweige denn, das Wissen darüber, wer ihn überhaupt hergestellt hat. Man weiß nur, dass er mehrere tausend Jahre alt sein muss. Das macht ihn auch so besonders wertvoll. Ganz unabhängig davon, dass es diesen Zauberstab kein zweites Mal gibt...«
»Aber Sir«, unterbrach ich ihn, »wenn der Zauberstab tatsächlich eine Seele in sich tragen sollte… wäre das dann nicht schwarze Magie?« Ronald schluckte und antwortete schließlich: »Nun… theoretisch wäre es das durchaus. Allerdings… ist es auch nur eine Legende. Ich persönlich halte sie für sehr unwahrscheinlich. Teilweise erfunden, würde ich sagen. Ich glaube nicht, dass so etwas funktioniert.« Ich sah den Stab, der ruhig in meiner Hand lag, an. Die Tatsache, dass mich ein seltener Zauberstab auserwählt hatte, verwunderte mich auf der einen Seite. Auf der anderen Seite erweckte es in mir regen Stolz. Dennoch fand ich es schade, dass mir Ronald nicht mehr über dne Zauberstab erzählen konnte, wenn er schon etwas so besonderes war. »Sagen Sie, Ronald«, setzte ich zu einer Frage an, »warum hat Ihnen Mr. Ollivander überhaupt von diesem Zauberstab erzählt?« Ronald sah mich mit großen Augen an und erwiderte:
»Mr. Ollivander hat mir alles über jeden Zauberstab hier im Laden erzählt.. Ausschließlich alle, Miss. Ich kann Ihnen sagen, dass war eine Geschichtsstunde, die es in sich hatte.«
»Und wie kann eine Legende existieren, wenn bisher niemand diesen Zauberstab benutzen konnte?«
»Das ist eine sehr interessante Frage, Miss«, antwortete Ronald. »Ich kann Ihnen dazu nur folgendes sagen: Zauberstäbe wandern manchmal von einer Person zur anderen und manchmal wissen diese Personen etwas. Und so wie die Zauberstäbe wandern, wandern auch ihre Geschichten. Ich kann ihnen leider nicht sagen, wo der Ursprung liegt, niemand kann das inzwischen. Auch kann ich Ihnen nicht sagen, wie der Zauberstab seinen Weg hierher gefunden hat.«
»Ich verstehe, Sir«, sagte ich ein wenig enttäuscht. »Danke jedenfalls“, sagte ich schließlich. »Wie viel bekommen Sie dafür?« Ronald überlegte wieder und antwortete dann:
»Wissen Sie was, Miss? Wir machen es so: Sie geben mir für den Zauberstab fünf Galleonen und für den Fall, dass Sie einen neuen Zauberstabmacher finden, der diesen Laden retten kann, wäre ich Ihnen dafür sehr dankbar. Ich muss nämlich gestehen, dass ich mich diesem Laden sehr verbunden fühle und sehr viele Zauberer und Hexen den Verlust dieses Geschäfts bedauern würden. Schließlich gibt es Ollivanders schon seit vielen Jahren…«
»Ich sehe mal, was ich machen kann. Und vielleicht kann mir Prof. Dumbledore ja ebenfalls behilflich sein.« antwortete ich trostspendend. Und endlich konnte ich in den Augen von Ronald ein wenig Hoffnung aufblitzen sehen. Ich hoffe nur, ihn nicht enttäuschen zu müssen – schließlich kannte ich mich in der Zaubererwelt nicht aus und kannte demnach auch keine Zauberer oder Hexen, die des Zauberstabmachens mächtig waren. Ich verabschiedete mich von Ronald, verstaute meinen Zauberstab in meiner Tasche und verließ den Laden.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass fast eine halbe Stunde bei Ollivanders vergangen war und ich mich sputen musste, um die anderen Sachen zu besorgen. Ich ging als nächstes zu Flourish & Blotts, dem Buchladen, um die restlichen Schulbücher zu kaufen. Anschließend kaufte ich die benötigten Gewänder sowie die Winterausrüstung. Zum Schluss besorgte ich die restlichen Utensilien, nämlich das Glasflaschensortiment, den Kessel und die Waage sowie das Teleskop. Ich vergewisserte mich anschließend, auch wirklich an alles gedacht zu haben und war heilfroh, alles beisammen zu haben. Einkaufen bei Magiern stelle sich jedenfalls als genauso anstrengend heraus wie bei Muggeln und erst recht, wenn man unter Zeitdruck stand. Mit vollen Taschen ging ich zurück in den Tropfenden Kessel. Tom war gerade dabei, Speisen und Getränke zu servieren, also wartete ich auf ihn. Als er zurück zur Theke kam, sprach ich ihn direkt an:
»Tom, bevor ich gehe, wollte ich meine Schulden bei Ihnen begleichen. Wie viel bekommen Sie von mir?« Tom schien es sehr eilig zu haben. Er antwortete:
»Machen Sie sich keine Umstände, Miss Spring. Ihre Schuld wurde bereits beglichen.« Ich dachte, ich traute meinen Ohren nicht richtig. »Was meinen Sie mit ´schon beglichen`? Und von wem?« Tom aber schüttelte es ab. »Weiß ich nicht. Und sie müssen sich beeilen, denn Ihr Zug fährt in knapp einer halben Stunde ab.« Dass er mich daran erinnerte lenkte mich gleichzeitig davon ab, weiter nachzuhaken, was meine bereits bezahlten Schulden betraf. Also konzentrierte ich mich mal wieder auf des Wesentliche:
»Und wie genau komme ich zu Kings Cross?« fragte ich Tom, der erwiderte:
»Das ist ganz einfach. Gehen Sie die Straße links hinunter und dann immer weiter geradeaus. Dann sehen Sie ihn schon. Aber Sie müssen sich wirklich beeilen. Ich habe Ihre Sachen schon herunter gebracht.« Ich befürchtete allerdings, dass es sehr schwierig werden könnte, mit den vielen Taschen den Bahnhof überhaupt erreichen zu können. Ich stand leicht unter Druck, deswegen fragte ich Tom erneut um Rat:
»Wo wir gerade bei meinen Sachen sind… Ich glaube, dass ich sie alle unmöglich bis nach Hogwarts befördern kann.« Tom schien amüsiert. »Aber Miss Spring, Sie haben doch jetzt einen Zauberstab. Benutzen Sie ihn.«
»Aber Tom. Ich kenne doch überhaupt noch keine Zaubersprüche«, erinnerte ich ihn. »Schauen Sie und lernen Sie«, antwortete Tom gelassen. Er zückte seinen Zauberstab, deutete damit auf einen meiner Koffer und sagte: »Locomotor Koffer.« Daraufhin erwachte der Koffer zum Leben und bewegte sich eigenständig.
»Wahnsinn!« sagte ich begeistert. »Danke, Tom.« Tom winkte dankend ab:
»Schon gut. Allerdings müssen Sie den Zauber wirken, denn sonst folgt der Koffer mir und das wollen wir ja nicht. Finite!« sagte er und der Koffer bewegte sich nicht mehr. Ich tat es Tom gleich und war von mir selbst überrascht, dass der Zauberspruch auf Anhieb wirkte. »Übrigens…«, sagte Tom vorsichtig, „fürchte ich, dass Sie Ihre Katze ohne Korb befördern müssen.«
»Warum das denn?« fragte ich ungläubig. »Schauen Sie selbst.« Tom deutete Richtung Tür und als ich hinsah stellte ich fest, dass Maggie bereits dort auf mich zu warten schien. Ich bedankte mich noch einmal, verabschiedete mich, nahm meine restlichen Sachen in die Hand und öffnete die Tür des Pubs. Daraufhin war Maggie wieder die erste, die diesen verließ und mir blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Zu meiner Überraschung wurde mir sehr bald bewusst, dass sie exakt den Weg ging, den mir Tom beschrieben hatte und nicht nur das. Maggie mied die Straße, schlängelte sich durch Füße hindurch und wartete immer dann, wenn ich nicht mehr zu sehen war. In diesem Moment bewunderte ich meine Katze und sie stellte sich als wahre Freundin heraus, denn die zeigte mir tatsächlich den Weg. Ich konnte mir absolut nicht erklären, wie das möglich war und glaube beinahe, dass meine Katze auch so etwas wie magische Kräfte haben musste.
Fast zwanzig Minuten waren vergangen, als wir den Bahnhof Kings Cross erreichten. Ich spürte regelrecht, dass mir nicht mehr viel Zeit blieb, ehe der Hogwarts-Express losfahren würde. Noch dazu stellte ich mich erneut einem Rätsel. Mein Zugticket hatte mir zwar verraten, auf welches Gleis ich müsste, allerdings hatte mir Dumbledore nicht verraten, wo ich es genau finden würde. Schließlich überkam mich ein Gefühl der Hoffnung, als ich zu meiner Katze hinabsah. »Maggie«, sagte ich. Sie sah mich erwartungsvoll an und ich fuhr fort: »Wir müssen zum Gleis 9¾. Kannst du mich dorthin bringen?« Einerseits hatte ich keine Ahnung wie ich auf die Idee kam, dass sie mir helfen könnte. Andererseits hatte sich herausgestellt, dass sie über ein außerordentliches Orientierungstalent verfügte. Warum also sollte sie dann nicht auch einen magischen Ort finden können? Kaum hatte ich Maggie angesprochen, flitzte sie erneut los und ich folgte ihr, wobei ich Probleme hatte, mit ihr Schritt zu halten. Sie führte mich zu den Gleisen 9 und 10, doch ich konnte den Hogwarts-Express hier nirgends sehen. Dann geschah plötzlich etwas sehr merkwürdiges. Ich konnte gerade noch beobachten, wie meine Katze immer weiter auf die Wand zwischen den Gleisen zulief, als sie plötzlich verschwand.
»Maggie?!« rief ich panisch, sodass einige Leute mich fragend ansahen, doch das war mir in dem Moment egal. Ich rannte auf die Wand zu und blieb abrupt stehen. Ohne großartig zu überlegen, sondern allein meinem Instinkt folgend, streckte ich meine Hand nach der Wand aus, um sie zu berühren. Wo sie die Mauer eigentlich hätte berühren müssen, ging sie aber einfach durch diese hindurch ganz so, als wenn sie gar nicht da wäre. Das konnte nur bedeuten, dass es sich bei der Wand um eine Art Portal handeln musste. Ich schloss meine Augen, machte einen Schritt nach vorne und hörte sofort wirres Stimmengewirr und das Pfeifen einer Lokomotive. Als ich meine Augen öffnete, fand ich mich auf einem völlig anderen Gleis wieder. Ein Schild verriet mir, dass ich am Gleis 9¾ war und auf dessen Gleis eine schwarzrote Lokomotive stand, die mit der Aufschrift 'Hogwarts-Express' gekennzeichnet war. Hier war ich also richtig. Ein Blick auf die Bahnhofsuhr verriet mir, dass der Zug in fünf Minuten abfahren würde. Endlich erblickte ich auch meine Katze, die vor dem Zug auf mich wartete. Ich stieg ein, mein Koffer hinter mir her polternd. Maggie allerdings schien das erste Mal zu zögern - wahrscheinlich, weil sie keine Züge gewohnt war.
»Na, was ist los, Maggie? Wolltest du hier warten, bis ich wiederkomme oder wolltest du doch lieber mit?« Maggie schüttelte sich einmal und sprang anschließend in den Zug. Wir suchten uns ein Abteil und fanden eines im hinteren Teil des Zuges, in dem bereits zwei Jungs Platz gefunden hatten, für die es aber kein Problem darstellte, wenn ich mich zu ihnen gesellte. Ich hob den Zauber meines Koffers auf und stellte diesen in der Gepäckvorrichtung des Zuges ab. Es dauerte auch gar nicht lange, als der Hogwarts-Express endlich abfuhr und den Bahnhof hinter sich ließ. Es vergingen mehrere Minuten, als mich schließlich einer der Jungs darauf aufmerksam machte, mich in Hogwarts noch nie gesehen zu haben. Ich erklärte ihm und seinem Freund schließlich - in ähnlicher Weise, wie ich es bereits zuvor erzählt hatte - dass es mich erst sehr spät nach Jogwarts geführt hat und ich mein erstes Jahr antreten würde. Die beiden sahen mich daraufhin schweigend mit großen Augen an. Um weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen, nahm ich mir meine Bücher vor und fing an, ein wenig in ihnen zu stöbern. Als ich des Lesens schließlich zu müde wurde, rief ich mir stattdessen in die Gedanken, was es für mich wohl bedeuten könnte, die älteste Erstklässlerin zu sein. Ob mich die anderen auslachen würden? Oder vielleicht respektierten sie mich auch und ich könnte so etwas wie ein Vorbild sein? Ich dachte an meine Geschwister. Ich dachte an das, was uns allen widerfahren war und daran, was wir all die Jahre durchmachen mussten. Bisher hatte ich mit niemanden über die familiären Ereignisse gesprochen, die mich jahrelang gewurmt hatten. Und schließlich dachte ich auch an den Tag zurück, an dem mich Dumbledore besucht sowie an das, was er mir gesagt hatte.
»Es geht nicht darum zu lügen oder etwas zu vertuschen. Es geht lediglich darum, sich gegenseitig zu beschützen.«
»Außerdem möchte ich betonen, dass es von großer Wichtigkeit wäre, sich deiner Talente bewusst zu werden und diese näher zu ergründen.«
Was hatte das alles nur zu bedeuten? Würde ich - wie Dumbledore ebenfalls gesagt hatte - eines Tages meine Antworten auf die Fragen bekommen oder hatte er das nur gesagt, um mich zu beruhigen und mich davon zu überzeugen, dass es richtig war nach Hogwarts zu gehen? Abrupt wurde ich aus meine Gedanken gerissen, als die Tür des Abteils lautstark aufgeschoben wurde und Maggie aus dem Schlaf riss, die gegenüber von mir auf einem leeren Platz lag. Ein Mann hatte das Abteil geöffnet und ließ nicht darauf schließen, dass es sich um einen Schüler handelte. Er hatte eine merkwürdig große Kamera in der Hand, die sehr altmodisch wirkte und sah mich mit großen Augen an.
»Miss Spring, richtig? Dürfte ich ein Foto von Ihnen machen?« Woher wusste er meinen Namen denn schon wieder? Mir war das höchst unangenehm, weil ich von den beiden Jungs plötzlich angestarrt wurde. Schließlich erwiderte ich darauf mit einem knappen »Ok«.
»Vor dem Fenster vielleicht, ja?«
»Entschuldigung, Mister… aber wofür ist das Foto denn überhaupt?« fragte ich, nachdem ich aus dem Abteil gestiegen und die Tür wieder geschlossen hatte. Der Fotograf machte ein Gesicht, welches mir deutlich zeigte, dass er mit solch einer Frage nicht gerechnet hatte. »Tja… wissen Sie… für die Schülerzeitung.« Ich zuckte mit den Schultern, stellte mich an das Fenster machte ein halbwegs freundliches Gesicht, als ein leises Klicken ertönte. »Wunderbar. Sehr angenehm, Miss Spring. Hat mich sehr gefreut«, daraufhin war er so schnell verschwunden, wie er gekommen war. Seltsam, dachte ich mir und machte es mir wieder im Abteil bequem und versuchte möglichst, den Blicken der beiden Schüler auszuweichen. Maggie machte es sich derweilauf meinem Schoß bequem und irgendwann überkam mich die Müdigkeit, sodass ich meine Augen schloss und meine Hände auf Magie ruhen ließ, die leise vor sich hin schnurrte.
Plötzlich blickte ich in ein Paar schwarze Augen, die mich fixierten. Sie schienen mich regelrecht magnetisch anzuziehen und zogen mich in sie hinein. Ich befand mich in einer anderen Dimension, die einem Strudel gleichte. Es erinnerte mich beinahe an die Reise mit dem Portschlüssel mit dem Unterschied, dass ich diesmal von keinem unbehaglichen Gefühl ergriffen wurde. Alles drehte und drehte sich und plötzlich schien der Strudel, in dem ich mich befand, still zu stehen. Alles um mich herum war schwarz.
»Hallo?« rief ich. Von weitem konnte ich die Umrisse einer Gestalt erkennen, die immer näher auf mich zukam. Dann sprach sie zu mir:
»Ich habe Sie bemerkt, Miss Spring. Sie kommen nicht von hier?« Er war mir so nahe gekommen und ich erkannte, dass es sich bei der Gestalt um den geheimnisvollen Mann aus dem Tropfenden Kessel handelte. »Ist Ihnen Ihre Reise nicht gut bekommen, Miss Spring?« Er stand plötzlich sehr nah vor mir und ein seltsames Lächeln umspielte seinen Mund. Erneut blickte ich in seine tiefschwarzen Augen. »Sind alle Zauberer so wie Sie…?« fragte ich hypnotisch. Der Mann lächelte noch immer eigentümlich und sah mich einfach nur an. »Das finden Sie am besten selbst heraus. Bis bald, Miss Spring.«
Ich erwachte abrupt. Einer der Jungs hatte mich geweckt. »Wir sind in einer halben Stunde da. Du solltest dich umziehen.«
»Oh…« sagte ich leicht verschlafen. »Das mache ich. Danke.« Ich tat es den Jungs gleich und zog mir den Umhang an. Währenddessen dachte ich an meinen Traum zurück. Ich vermutete, dass sich mehrere Ereignisse miteinander vermischt und ein reges Durcheinander in meinem Kopf verursacht hatten. Und doch war mir der Traum so real erschienen. Ich schwelgte noch einige Augenblicke in Gedanken, als ich realisierte, dass der Zug am Bahnhof von Hogsmeade eintraf und zum Stehen kam. Alle Schüler gingen nach und nach Richtung Ausgang und weil ich bemerkte, dass niemand das Gepäck bei sich trug, ließ ich meinen Koffer und meine Taschen ebenfalls im Abteil liegen. Nur Maggie folgte mir, als ich aus dem Zug stieg und den kleinen Bahnhof von Hogsmeade betrat. Es war bereits dunkel.
»Alle Erstklässler bitte zu mir!« hörte ich eine Stimme sagen, die nicht zu überhören war. Ich folgte dieser und stellte fest, dass sie zu dem größten Mann gehörte, den ich jemals gesehen hatte. Noch dazu hatte er eine Frisur, die mich an einen Busch erinnern ließ und einen Vollbart, der fast das gesamte Gesicht verdeckte. Ansonsten wirkte er weniger beängstigend, dennoch war sein Äußeres mehr als gewöhnungsbedürftig. Sämtliche Erstklässler folgten ihm und ich tat es ihnen gleich. Für uns waren mehrere kleine Boote reserviert, in welches jeweils für drei Personen Platz war. Nachdem ich meinen mit meiner Katze schließlich eingenommen hatte, konnte die reise weitergehen. Das Schloss Hogwarts, welches vor uns thronte, war mit seinen tausenden Lichtern nun eindeutig zu erkennen. Das sollte nun also mein neues zu Hause sein. Ich konnte es kaum erwarten und war fast den Tränen nahe, weil ich so etwas schönes noch nie gesehen hatte.. Ich hielt Maggie ganz fest in meinen Armen, während wir auf dem großen See fuhren. Nach einer gefühlten halben Stunde war es dann endlich so weit, als wir am anderen Seeufer ausstiegen und einem Pfad folgten, der über einen Innenhof zum Schlosseingang führte. Der große Mann, der sich uns nachträglich als Hagrid, dem Wildhüter der Schule, vorstellte, öffnete die Eingangstür und wir folgten ihm nacheinander in die Eingangshalle. Eine ältere Dame, die einen dunkelgrünen Umhang und passenden Hut trug, erwartete uns bereits. Sie machte auf mich einen sehr strengen Eindruck. Sie wartete, bis Ruhe eingekehrt war und ergriff das Wort:
»Guten Abend, Schüler. Mein Name ist Prof. McGonagall und ich bin die stellvertretende Schulleiterin von Hogwarts sowie Hauslehrerin von Gryffindor. Sie wissen vielleicht, dass es in Hogwarts vier Häuser gibt: Gryffindor, Hufflepuff, Ravenclaw und Slytherin. Die Zeremonie für die Auswahl in ihre Häuser wird gleich in der Großen Halle beginnen. Anschließend wird Sie der Schulleiter mit einem Festsessen begrüßen. Folgen Sie mir bitte.« Prof. McGonagall ging auf eine weitere große Tür zu, die sich gegenüber des Schlosseinganges befand, öffnete diese und führte uns in einen großen Saal. In diesem standen vier lange Tische, die jeweils vertikal angeordnet waren: Zwei Tische befanden sich auf der linken und zwei auf der rechten Seite. Über jedem der Tische hing das jeweilige Hauswappen und an jedem saßen mehrere einhundert Schüler, die uns alle anstarrten. Insgesamt wirkte der Saal sehr prunkvoll und die Decke war magisch so verzaubert, dass man glaubte, man würde in den Nachthimmel schauen. Ich hatte im Buch 'Geschichte von Hogwarts' davon gelesen, hätte mir den Eindruck, der mir vermittelt wurde, allerdings nicht einmal ansatzweise vorstellen können. Kerzen schwebten in der Luft und ließ den Saal im goldenen Licht erstrahlen. Am Ende der Halle stand ein weiterer Tisch, der horizontal angelegt war. Ich vermutete, dass es sich dabei um den Lehrertisch handeln musste, dem ein perfekter Überblick über das Treiben in der großen Halle geboten wurde. Vor diesem Tisch blieben wir stehen. Wenige Meter dahinter stand ein Hocker, auf dem ein alter Hut lag. Prof. McGonagall ergriff erneut das Wort:
»Ich werde Sie nun einzeln aufrufen. Danach setzen sie sich bitte auf diesen Hocker und ich werde Ihnen dann den sprechenden Hut aufsetzen, der Sie ihn Ihre Häuser einteilt. Danach setzen Sie ich bitte an ihren Tisch und warten, bis die Zeremonie beendet ist. Ich möchte noch betonen, dass Sie Ihr Haus wie Ihre Familie betrachten. Sie können im Laufe des Schuljahres Punkte erwerben, aber auch abgezogen bekommen. Aus diesem Grund möchte ich Ihnen allen ans Herz legen, die Hausregeln zu befolgen.« Kurze Stille trat ein, ehe Prof. McGonagall hinzufügte:
»Beginnen wir mit der Zeremonie.« Nacheinander wurden die Schüler aufgerufen, die deutlich kleiner waren als ich. Ich malte mir aus, was die anderen wohl über mich denken würden. Aber ich war jetzt hier und es gab keinen Weg mehr zurück. Ich verfolgte die Zeremonie, wie nacheinander die Schüler in ihre Häuser eingeteilt wurden. Es schien ziemlich zügig voranzugehen, dennoch wurde ich irgendwann abgelenkt. Ich stellte nämlich fest, dass meine Katze nicht mehr bei mir war und konnte mich nicht mehr daran erinnern, ob sie mir überhaupt bis zum Schloss gefolgt war. Aber wenn sie jetzt irgendwo draußen allein herumstreunte, würde sie dann überhaupt ins Schloss kommen? Wer würde sie versorgen und würde sich Maggie nicht irgendwann doch verirren in einem so großen Schloss wie Hogwarts?
»Miss Marie Spring!« Sofort wurde ich in die Realität zurück gerufen. Mein Herz hatte einen Satz gemacht und schlug so heftig, dass ich es selbst schlagen hören konnte. Ich stellte außerdem fest, dass nur noch zwei weitere Schüler übrig waren. Ich ging langsam auf den Hocker zu und versuchte mich so unauffällig wie möglich zu verhalten. Als Prof. McGonagall mir den Sprechenden Hut aufsetzte, schraken nicht nur ich, sondern mehrere Schüler auf:
»Hoppla!!!« sagte er belustigt. »Was ist denn das? Das habe ich ja noch nie erlebt. Lass mich mal sehen… meine Güte! Du bist ja gar kein Kind mehr, sondern eine junge Lady!« Na toll, dachte ich mir. Jetzt wusste es wirklich jeder. Ausnahmslos alle starrten mich an und einige tuschelten sogar. »Soso…«, fuhr der Sprechende Hut fort. »Du hast bereits einiges an Lebenserfahrung, das ist sehr wertvoll. Nun tja... das ist wirklich äußerst schwierig.« Es passierte wieder nichts, der Hut schien zu grübeln »Ich kann in dir etwas sehen, junge Lady.. Etwas Geheimnisvolles und etwas... besonderes. Ich sehe in dir sehr viel Potenzial. Aber deine Kräfte sind noch nicht völlig ausgereift, wie ich sehe. Du benötigt in jedem Fall eine gute Führung...« Eine Spannung machte sich breit. Warum dauerte das nur so lange? »Du bist der erste Kopf, der mich irritiert und das mag schon etwas heißen. Aber ich muss nun einmal eine Wahl treffen und bin mir sogar ziemlich sicher.« Dann folgte Stille, bis der Hut auf einmal völlig enthusiastisch schrie:
»SLYTHERIN!« Irgendwo brach Jubel aus und ich konnte sehen, dass er von dem Tisch ganz rechts kam. Das Wappen über dem Tisch verriet mir, dass es sich um den Slythrintisch handelte. Aber warum freuten sie sich so? Man winkte mir zu und ich ging eiligen Schrittes auf den Tisch zu und setzte mich. Ich versuchte so gut es ging, den Vorfall, der sich gerade ereignet hatte und mir noch dazu äußerst peinlich war, zu verdrängen. Ich wollte in dem Moment gar nichts denken und blickte diesmal Richtung Lehrertisch. Ich bereute es sofort. Mein Herz machte wieder einen Satz und stieß dabei heftig gegen meine Brust. Ganz links - gegenüber unseres Tisches - saß derselbe Mann, der auch im Tropfenden Kessel gesessen hatte. Der Mann, mit dem ich bereits gesprochen, bevor ich mich auf dem Weg zur Winkelgasse gemacht hatte. Es war derselbe Mann, dem ich so intensiv in die Augen geblickt hatte. Augen, die mich sogar schon im Traum verfolgten. Das konnte unmöglich wahr sein. Die Tatsache, dass er mich ebenfalls ansah, machte die Situation nicht gerade besser. Erst als sich Dumbledore erhob, wandte ich meinen Blick von ihm ab.
»Nun, liebe Schüler. Ich freue mich auf ein weiteres Jahr und heiße alle Schüler herzlich Willkommen. Ich habe das Gefühl, dass dies ein ganz besonderes Jahr sein wird und fühle mich sehr geehrt, eine Schülerin bei uns begrüßen zu dürfen, die den langen Weg aus Deutschland auf sich genommen hat, um an dieser Schule unterrichtet zu werden.« Prof. Dumbledore sah zu mir hinüber und ich wollte am liebsten im Boden versinken. Das waren zu viele Dinge auf einmal. Mir stieß die Röte ins Gesicht. Einige Schüler starrten mich an, einige grinsten und andere applaudierten sogar. Bitte, lass es endlich aufhören, betete ich. »Nun denn, lasst uns das Festessen beginnen!« sagte Dumbledore schließlich. Daraufhin erschienen vor unserer Nase Teller mit unterschiedlichen Speisen, was mir fast den Atem verschlug. Und weil es mir schwer fiel, mich für etwas zu entscheiden, nahm ich von allem etwas. Während ich aß, ließ ich meinen Blick vorsichtig über den Lehrertisch schweifen. Der Mann, der also ein Lehrer war, war gerade damit beschäftigt, sich etwas von dem Braten aufzutun. Ich stupste den Schüler an, der neben mir saß und fragte ihn:
»Du sag mal... wer ist dieser Mann da ganz links?« Er sah mich ungläubig an. »Ach ja... habe ja ganz vergessen, dass du noch nie hier warst. Das ist Prof. Snape. Er ist unser Hauslehrer und unterrichtet Zaubertränke. Wenn du mich fragst ist er der beste Lehrer hier. Du bist hier also sehr gut aufgehoben«, zwinkerte er. Ich sah Prof. Snape noch eine Weile an, bis er mich bemerkte und sein Blick an mir haften blieb. Ich lächelte ihm zaghaft zu. Daraufhin sah er mich über seinen Kelch hinweg an, nahm einen Schluck und musterte mich. Und dann umspielte erneut das amüsierte Lächeln, welches ich schon kannte, seine Lippen. So schwer es mir auch viel, meinen Blick von ihm abzuwenden, so war ich am Ende dankbar dafür, in einige Gespräche verwickelt zu werden. Ich lernte Samanta kennen, ein sehr hübsches dunkelhäutiges Mädchen mit glänzendem langen Haar und braunen Rehaugen. Sie besuchte bereits die fünfte Jahrgangsstufe und erzählte mir unter anderem, dass sie in diesem Jahr ihre ZAG-Prüfungen haben würde. Die ZAG-Prüfungen waren so etwas wie Vorprüfungen und ab dem nächsten - also dem sechsten Jahr - würde man nur noch in den Fächern unterrichtet, für die man durch eine bestimmte Note zugelassen würde. Aus diesem Grund würde das Jahr für die Fünftklässler ganz besonders stressig, weil es auch besonders wichtig war und bereits die berufliche Qualifikation erheblich beeinflussen konnte. Was mich betraf, so würde ich vorerst die Grundlagen lernen und ab dem dritten Schuljahr würden zusätzliche Fächer gewählt. Insgesamt waren das sehr viele Infos für mich und je später es wurde, desto schwieriger war es für mich, diesen zu folgen. Aus diesem Grund war ich sehr froh darum, als die Feierlichkeit beendet wurde und wir in unsere Gemeinschaftsräume gingen.
Der Gemeinschaftsraum der Slytherins lag in den Kerkern unter dem großen See. Um dorthin zu gelangen, benötigte man ein Passwort, welches die Mauer, die den Raum trennte, für uns öffnen würde. Insgesamt machte der Gemeinschaftsraum einen eher düsteren Eindruck. Es war recht kühl und grünliches Licht erhellte diesen. Es gab einen großen Kamin sowie mehrere Sofas, Sessel und Stühle in schwarz sowie einen größeren Arbeitsbereich, wo die Schüler ihre Hausaufgaben machten. Ich musste zugeben, anderes und freundlicheres gewohnt zu sein, wobei der Gemeinschaftsraum seinen eigenen Charme hatte, der mir auf eine gewisse Art und Weise sehr gefiel. Sofort musste ich an Prof. Snape denken. Ich dachte daran, dass auch er auf gewisse Art und Weise mein Interesse weckte. Doch es fiel mir schwer zu beurteilen, ob ich es für gut oder schlecht heißen sollte. Ich stellte mir außerdem die Frage, ob es tatsächlich ein Zufall gewesen ist, dass er ebenfalls im Tropfenden Kessel gewesen ist und warum er sich mir nicht als Professor vorgestellt hatte. Schließlich hatten wir über Hogwarts gesprochen und ich hatte ihm gesagt, dass ich dort eingeschult würde. Ich wurde von Verwirrung ergriffen und schließlich fasste ich den Entschluss, mir den Kopf darüber nicht weiter zu zerbrechen. Ich begab mich in den Schlafsaal, in dem jeweils fünf Betten standen. Demnach teilte ich mir diesen mit vier anderen Mädchen, die ebenfalls Erstklässlerinnen waren. Ich stellte fest, dass wir alle ziemlich müde waren, weil niemand mehr ein Wort zu sagen hatte und die Mädchen in ihre Betten schlüpften. Zu meiner Überraschung entdeckte ich meine Katze Maggie, die es sich schon auf meinem Bett gemütlich gemacht hatte. Auf dem Boden meines Bettes stand eine Schale mit Futterresten und ließ mich wissen, dass auch sie gut versorgt worden ist. Ein letztes Mal streichelte ich sie, entkleidete mich und begab mich ebenfalls in das schöne und weiche Himmelbett mit den dunkelgrünen Vorhängen. Der letzte Gedanke an dem Tag war an ein Paar schwarzer Augen, die mich in meine Traumwelt entführen.
Als ich am nächsten Morgen erwachte, konnte ich mich an meinen Traum nicht mehr erinnern. Die Uhr in unserem Schlafsaal verriet mir, dass es kurz nach 7 Uhr war. Nachdem ich mich fertig gemacht hatte, überkam mich ein motiviertes Gefühl, weil ich meinem ersten Schultag mit freudiger Erwartung entgegentrat. Auffällig war, dass mich mehrere Schüler sowohl auf dem Weg zur großen Halle, als auch während ich am Tisch saß, anstarrten. Weniger auffällig war, dass einige sogar tuschelten. Es dauerte auch gar nicht lange, als Samanta auf mich zu kam, die völlig aufgeregt zu sein schien:
»Hey Marie. Du bist ja schon richtig berühmt!« Ich sah sie fragend an, während ich mir ein Toast nahm. »Was soll das denn heißen?« fragte ich sie. Daraufhin zeigte mir Samanta die aktuelle Ausgabe des Tagespropheten, welche in der Magierwelt die Tageszeitung war. Ich staunte erst nicht schlecht, als ich sie entgegennahm und in ein Gesicht blickte, welches sich mir normalerweise vor dem Spiegel offenbarte. Ich knallte mein Toast auf den Teller und sah noch einmal genauer hin. Einerseits war ich vollkommen fasziniert davon, dass sich mein Abbild stetig bewegte. Andererseits war ich schockiert, weil ich mich erinnerte, wie das Foto entstanden war.
»Was für ein mieser Kerl!« sagte ich entsetzt. Samanta schien eher belustigt. »Was meinst du damit? Ich finde den Artikel ziemlich cool.«
»Das meine ich nicht«, sagte ich - ganz unabhängig davon, dass ich mir den Artikel noch nicht durchgelesen hatte. »Ich meine die Sache mit dem Bild. Der Fotograf, der das gemacht hat, stand plötzlich im Abteil des Zuges und sagte mir, das Bild sei für eine Schülerzeitung. Der hat mich angelogen!« Ich war vollkommen entsetzt. Samanta hingegen schien eher gelassen und rolle mit den Augen. »Die Leute vom Tagespropheten sind nie ehrlich, wenn es um eine gute Story geht. Hauptsache, sie kommen da ran«, erwiderte Samanta daraufhin ganz cool. »Was für eine Story denn? Und woher weißt du, dass die Leute nie ehrlich sind?« wollte ich wissen. »Ach Marie«, antwortete Samanta, »der Tagespropeht ist bekannt dafür. Die Redaktion versucht einfach alles wenn es darum geht, ihr Ziel zu verfolgen. Es sind eben nicht alle ehrlich. Aber sehe es doch gelassen. Das ist doch mega cool! Du stehst in der Zeitung!«
»Wundervoll«, erwiderte ich darauf ironisch. »Schauen wir mal, was die schreiben«, sagte ich und las:
Die wohl älteste Erstklässlerin der Geschichte: Marie Spring geht nach Hogwarts!
Das Gerücht war schon lange in aller Munde und nun hat es sich endlich bestätigt: Marie Spring, die in Deutschland ihren Wohnsitz hat und bereits neunzehn Jahre alt ist, besucht ab dem 1. September die wohl bekannteste und berühmteste Zaubererschule Hogwarts. Nachdem sich sowohl der Schulleiter Prof. Albus Dumbledore, als auch das Ministerium der Zauberei geweigert hatten, uns nähere Informationen zu geben, überzeugte sich unser Redakteur selbst und traf Marie persönlich im Hogwarts-Express an. Bisher ist noch nicht viel über die junge Hexe bekannt außer, dass sie dem Hause Slytherin angehört, so unsere Insider. Wir vom Tagespropheten sind ganz neugierig darauf, die junge Hexe näher kennenzulernen und hoffen auf ein baldiges Interview.
Es dauerte eine ganze Weile, ehe ich das Gelesene verarbeitete. Ich stellte mir mehrere Fragen: Warum waren alle auf einmal so interessiert daran, dass ich nach Hogwarts ging? Und warum musste mein Alter immer derartig betont werden? Was für Gerüchte waren genau im Umlauf und warum wurde über meine Person ein solcher Wind gemacht? Eigentlich hatte ich gehofft, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen, aber es schien mir nicht zu gelingen und ich konnte nicht einmal etwas dafür. Ich legte die Zeitung ganz weit weg und zwar so, dass mein Foto darauf nicht mehr zu sehen war. Samanta hatte bereits wieder Platz genommen, allerdings vermied ich es, sie anzusehen. Ich aß widerwillig mein Toast auf und versuchte, mein unangenehmes Gefühl zu ignorieren. Es gelang mir schließlich halbwegs, als die Vertrauensschüler unsere Stundenpläne verteilten. Ich studierte diesen und meine Miene hellte sich ein wenig auf, nachdem ich realisiert hatte, dass ich in den letzten beiden Stunden Unterricht bei Prof. Snape haben würde. Schnell wurde ich in die Realität zurück geworfen, denn ich wurde daran erinnert, dass in zehn Minuten der Verwandlungsunterricht bei Prof. McGonagall stattfinden würde. Ich folgte einigen Erstklässlern in der Hoffnung, sie würden den Weg zum Klassenraum bereits kennen und führten mich zum Innenhof hinter der Eingangshalle des Schlosses. Dort befand sich der Unterrichtsraum schließlich innerhalb des Kreuzganges, der den gesamten Hof umschloss. Prof. McGonagall erwartete uns bereits. Nachdem alle Schüler ihre Plätze eingenommen hatten, erklärte sie uns unter anderem, dass es sich bei den Verwandlungen um eines der schwierigsten Prinzipien handelte, da man besonders viel Konzentration aufbringen musste. Sie würde uns jeden Tag Hausaufgaben aufgeben in Form von Lektüre, Aufsätzen sowie dem Üben von Zaubern, um uns nach und nach zu steigern. Ich schätze Prof. McGonagall als eine Lehrerin ein, die sehr viel von ihren Schülern erwartet und machte insgesamt einen strengen Eindruck auf mich. Unsere erste Aufgabe für die nächste Stunde lautete, die ersten Kapitel unseres Lehrbuches 'Verwandlungen für Anfänger' zu lesen und zusammenzufassen.
Am Ende der Stunde, nachdem alle den Klassenraum verlassen hatten, kamen einige Slytherins auf mich zu und starrten mich mit großen Augen an, ohne etwas zu sagen. Ich wusste erst gar nicht, was ich sagen sollte, bis mir schließlich eine Idee kam:
»Sagt mal… wisst ihr schon, wo der Zauberkunstunterricht stattfindet? Vielleicht könnt ihr mir helfen und mich dorthin führen?« Die Erstklässlergruppe schien sich zu freuen, dass ich sie um einen Gefallen bat. »Klar!« sagte ein Mädchen sofort. »Meine große Schwester ist auch in Hogwarts und hat mir alles genau erklärt. Wir müssen in den dritten Stock.« Schließlich folgte ich der Gruppe. Erneut betraten wir die Eingangshalle und bogen in das große Treppenhaus ab. Dieses war so gewaltig, dass mir schon beim Hinsehen schwindelig wurde. Die Tatsache, dass sich die Treppen bewegten, machte es nicht unbedingt besser. Es gab insgesamt sieben Stockwerke und das gesamte Treppenhaus war behangen mit Bildern, die sich bewegten. Ich war vollkommen fasziniert und hätte mir am liebsten jedes einzelne Bild angesehen. Lehrer für das Fach Zauberkunst war der kleinwüchsige Zauberer Prof. Flitwick, der sich auf einen Stapel Bücher stellen musste, damit ihn alle sehen konnten. Obwohl er mit einer hohen Stimme sprach, sprach er sehr deutlich und wirkte auf mich sehr kompetent. Ich schätze ihn weniger streng ein und seine freundliche, fast quietschfidele Art war mir sehr sympathisch. Prof. Flitwick erzählte uns, dass es bei der Zauberkunst darum ginge, Gegenstände so zu verzaubern, dass sich ihre Wesensart veränderte, ohne eine andere Erscheinungsform anzunehmen, wie es bei den Verwandlungen der Fall war. Die Zauberkunst sei sehr vielfältig und es sei außerdem unmöglich, alle Zauber im Unterricht zu besprechen. Aus diesem Grund war es in jedem Fall ratsam, sich in der Schulbibliothek eigenständig weiterzubilden. Und weil Prof. Flitwick mehr wert darauf legte, dass seine Schüler in der Parxis eher glänzten als im theoretischen Wissen, würden viele Hausaufgaben aus dem Üben von Zaubern bestehen.
Deutlich uninteressanter wurden die nächsten beiden Stunden. Ich konnte mich fast nicht entscheiden, was ich schlimmer fand: Einen Lehrer, der auf eine langweilig monotone Art den Unterricht in der Form führte, dass er aus dem Lehrbuch vorlas - dessen ersten zwei Kapitel ich schon gelesen hatte - oder die Tatsache, dass sich Besen von mir nicht bändigen ließen. Die Geschichtsstunde bei Prof. Binns, dem einzigen Lehrer an der Schule, der ein Geist war, langweilte nicht nur mich, sondern die gesamte Klasse. Noch dazu gab er sich nicht die geringste Mühe, einen Blick in den Klassenraum zu werfen, geschweige denn sich zu vergewissern, ob seine Schüler auch alles verstanden hatten. Die Flugstunden auf den Ländereien hingegen waren für mich der reinste Alptraum. Angefangen damit, dass mir der Besen von Anfang an nicht gehorchte, wollte er mich am Ende wieder herunter schmeißen, wenn ich auf ihm saß. Glücklicherweise teilte uns Madame Hooch mit, dass der Unterricht bereits nach einigen Wochen enden würde. Das Fach sei anfangs recht wichtig, weil Besen zu den gängigsten Transportmitteln gehörten und sie so berühmt waren für den bekanntesten Magiersport, der sich 'Quidditch' nannte. Besen waren für Magier so etwas wie teure Autos in der Muggelwelt. Als die Flugstunde schließlich beendet war und wir uns auf dem Weg zum Mittagessen machten, fragte ich eine Slytherinschülerin danach, was genau denn Quidditch war. Ich erfuhr, dass es zwei Mannschaften gab, davon gab es in jeder jeweils drei Jäger, einen Hüter, zwei Treiber und einen Sucher. Daneben gab es insgesamt vier Bälle: Dem Spielball, der sich 'Quaffel' nannte, zwei Klatscher und einem goldenen Schnatz. Mit dem Quaffel mussten die drei Jäger versuchen, Punkte zu erzielen, in dem sie diesen in einen der drei Ringe beförderten. Die Treiber hatten die Aufgabe, die Klatscher abzuwehren und der Sucher war dafür zuständig, den goldenen Schnatz zu fangen, welches seinem Team einhundertfünfzig Punkte einbrachte und gleichzeitig das Ende des Spiels ankündigte. Für mich waren es zu viele Informationen auf einmal und definitiv zu viele Bälle.
»Slytherin spielt ja bald gegen Gryffindor. Dann siehst du ja, was Quidditch ist und verstehst es dann bestimmt auch«, sagte das Mädel, welches meine Verwirrung nicht entgangen war. Ich sah sie daraufhin überrascht an. »Ach… hier in Hogwarts wird auch dieses Quidditch gespielt?« »Klaro!« sagte sie halblaut, als wäre es vollkommen selbstverständlich. Mich begeisterte das allerdings nicht im geringsten. Ich hatte noch nie etwas vom Mannschaftssport gehalten und glaubte nicht, dass es bei magischen Sportarten anders sein würde. Noch dazu mochte ich schon jetzt keine Besen und wollte den Flugunterricht am liebsten wieder vergessen. Schließlich erinnerte mich daran, dass ich nach der Pause Unterricht bei Prof. Snape haben würde, worauf ich mich schon den ganzen Tag freute.
Ich beendete mein Mittagessen relativ zügig und wollte mich schon etwas eher auf dem Weg zum Klassenzimmer begeben. Dieses war diesmal nicht schwer zu finden, denn er befand sich in den Kerkern und lag zudem auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum. Er war offen, also trat ich ein und sah mich um. Mehrere Tische reihten sich von vorn bis nach hinten. Am Lehrerpult stand eine Tafel, die nicht beschriftet war und an den Wänden standen mehrere Regale und Schränke, in denen sich mehrere Utensilien befanden, für mich aber nichts auszumachen waren. Ich entschied mich dafür, mich an einen der Tische weiter vorne zu setzen. Um die restliche Zeit zu überbrücken, holte ich das Lehrbuch für Zaubertränke heraus, um noch einmal die ersten Seiten zu lesen. Mehrere Minuten vergingen, als ich Schritte vernahm, die das Eintreffen meiner Klassenkameraden ankündigten. Allmählich würde es immer voller im Klassenraum und neben den Slytherinschülern gesellten sich mehrere Gryffindorschüler dazu, die einen demotivierten Eindruck machten. Ich hatte bereits vernommen, dass zwischen den Häusern Gryffindor und Slytherin ein jahrelanges Konkurrenzverhalten herrschte. Was mich betraf, so machte ich keinerlei Unterschiede, ob es sich bei jemandem um einen Schüler aus Gryffindor oder Slytherin handelte, da ich jeden als gleichwertig betrachtete und ich zudem daran glaubte, dass jeder etwas wertvolles beitragen konnte. Die Gruppe, die mich schon einmal angesprochen hatte, gesellte sich erneut zu mir und begann, mich mit Fragen zu löchern. Mich überraschte das sehr, denn die ganze Zeit über hatte sich niemand mit mir großartig auseinandergesetzt, sondern mit Schweigen, Starren oder Rumtuscheln geglänzt. Es dauerte gar nicht lange und die Gruppe um mich herum wurde immer größer, bis ich schließlich von mehreren Kindern umgeben war, die einen grünen oder roten Umhang trugen.
»Bist du wirklich schon neunzehn?« begann ein Slytherinmädchen schließlich. Ich nickte. »Warum bist du erst jetzt in Hogwarts?« fragte ein Junge aus dem hause Gryffindor. »Ich… weiß es nicht«, sagte ich. »Du wusstest vorher nicht, dass du eine Hexe bist?« fragte das Mädchen wieder. Ich schüttelte den Kopf. »Ist das nicht komisch, die Älteste zu sein?« fragte ein anderes Mädchen. Ich musste nicht lange überlegen, trotzdem wartete ich einige Sekunden, ehe ich darauf antwortete:
»Ja, ein bisschen schon. Aber letzten Endes ist es nichts anderes, denn schließlich ist auch für mich die Schule neu.« Ich sah die Truppe um mich herum an. Alle machten ein sehr neugieriges Gesicht und schienen darauf zu warten, dass ich noch etwas ergänzte. Schließlich war ich es, die eine Frage stellte:
»Und wie seht ihr das? Findet ihr es komisch, eine alte Frau wie mich unter euch zu haben?« Einige lachten.
»Nein, überhaupt nicht!« sagte ein Mädchen. »Wir finden das total cool! Und dass du bei uns in Slytherin bist!« Röte stieß mir ins Gesicht. »Wisst ihr«, sagte ich, »es ist ein bisschen so, wie bei mir zu Hause. Ich habe drei Geschwister und ich bin da auch die älteste. Deswegen bin ich es irgendwo schon gewohnt.« »Bist du gerne bei uns?« fragte ein anderer Junge, der ebenfalls in Slytherin war. Ich musste nicht lange überlegen um zu antworten. »Warum sollte ich denn nicht gerne bei euch sein?« Ich sah mehrere Kinder in der Gruppe an und einige warfen sich verstohlene Blicke zu. »Die meisten von uns sind in Slytherin, weil sie unbedingt dorthin wollten. Es gibt aber viele, die unbedingt nicht nach Slytherin wollen. Und wir dachten… naja. Das du eben nicht dorthin willst.«
»Und wer sagt das?« fragte ich daraufhin. Wieder sahen sich die Schüler an. »Naja, keiner«, sagte der Junge, der eben schon gesprochen hatte. »Du bist irgendwie so nett«, sagte ein Mädchen aus Gryffindor. Ich errötete.
»Achso. Soll das also heißen, die anderen sind nicht nett?«
»Nicht immer«, lachte ein Slytherinjunge und einige stimmten mit ein.
In dem Moment öffnete sich erneut die Klassenzimmertür und die Traube löste sich abrupt auf. Sämtliche Schüler gingen zurück an ihre Plätze und waren plötzlich so still, dass man nicht vermutet hätte, sie hätten vor kurzem noch irgendetwas gesagt, geschweige denn gelacht. Prof. Snape hatte den Klassenraum betreten und sich zu und gewandt. Er schaute sich im Raum, blieb kurz an mir haften und richtete seine Worte schließlich an die ganze Klasse:
»Damit eines klar ist: Ich erwarte von jeden einzelnen von Ihnen höchste Konzentration, wenn es um die Zubereitung von Zaubertränken geht. Es handelt sich um eine der kompliziertesten Disziplinen hier an der Schule und um das einzige Fach, bei dem ein Zauberstab kaum eine Verwendung finden wird. Ich erwarte von Ihnen einen klaren Kopf und genug Intelligenz, um die Komplexität der Zaubertränke zu verstehen und schließlich auch… anzuwenden.« Eine Pause trat ein. Prof. Snape sah sich im Raum um und fuhr fort: »Kann mir vielleicht jemand von Ihnen erklären, was ich damit ausdrücken will?« Ich sah mich im Klassenzimmer um und musste feststellen, dass sich niemand meldete. Noch bevor ich meine Hand erhob, wurde ich angesprochen:
»Miss Spring?« Sofort sah ich zu Prof. Snape herüber. Ich versuchte meine Nervosität zu verbergen, als ich antwortete:
»Ich denke, was Sie damit ausdrücken wollen ist, dass Zaubertränke deswegen so komplex sind, weil sie einer konkreten Zubereitung bedürfen. Ein Fehler könnte so erheblich sein, dass sie einen Trank nicht nur unbrauchbar macht, sondern… im schlimmsten Fall das Leben kosten kann.« Das hatte ich im Lehrbuch gelesen und war dem sehr dankbar. Eine Pause trat ein. Ein Kribbeln durchzog mich. »Korrekt«, sagte Prof. Snape trocken. »Und weiter?« Ich überlegte und war mir ziemlich sicher, dass das Lehrbuch dazu keine näheren Ausführungen gemacht hatte. War das etwa eine Falle? Schließlich antwortete ich:
»Um beispielsweise einen Zauber zu wirken, reichen oftmals der Zauberstab, der Zauberspruch und unser Kopf aus, wohingegen Zaubertränke einer bestimmten Vorbereitungszeit bedürfen. Zutaten müssen beschafft und präpariert werden, hin und wieder sind sogar Reifephasen von Nöten. Ohne das Wissen über bestimmte Pflanzen oder Tiere wird es uns kaum möglich sein, einen Trank herzustellen. Das soll heißen, dass das Wissen aus anderen Fachbereichen mit dem Wissen über das Zubereiten von Zaubertränken einhergeht.« Wieder trat eine peinliche Pause ein. »Vortrefflich«, sagte Prof. Snape wieder, allerdings ohne einen Anflug von Begeisterung. Danach begann er offiziell mit seinem Unterricht und stellte uns vor, was genau uns in seinem Fach erwarten würde. Und während er erklärte, konzentrierte ich mich voll und ganz auf ihn. Mich faszinierte nicht nur die Art, wie er sprach, sondern auch die Art, wie er sich bewegte. Er strahlte eine Ruhe aus, die gleichzeitig bedrohlich wirkte, mich aber nur noch mehr anzog. Als er mit seiner Rede zu Ende war, erschien ein Text auf der Tafel und Prof. Snape führte fort:
»Für heute werden Sie vorerst die ersten beiden Kapitel des Lehrbuches lesen und die Aufgaben, die auf der Tafel stehen, in ganzen Sätzen lösen. Ich erwarte mindestens zwölf Zoll Pergament. Beginnen Sie.« Ich blickte auf die Tafel und las:
1. Worauf ist bei dem Brauen von Zaubertränken stets zu achten?
2. Welche Arten von Tränken kennen Sie? Beschreiben Sie die wichtigsten Unterschiede.
3. Beschreiben Sie, wie vereinzelte Ingredienzen zusammenwirken und den Zaubertrank entstehen lassen.
Während ich die Kapitel überflog, um die jeweils richtigen Stellen ausfindig zu machen, blickte ich einige Male zu Prof. Snape. Er saß an seinem Pult und schien ebenfalls beschäftigt.. Es war für mich nicht besonders schwierig, die Aufgaben zu lösen und war schließlich auch die erste, die fertig war. Ich las mir das Geschriebene noch einmal durch und war sicher, alles korrekt beantwortet zu haben. Ich riskierte einen erneuten Blick zu Prof. Snape. Als er mich bemerkte, sah ich verstohlen weg. Zu meiner Überraschung stand er auf und ging auf mich zu.
»Schon fertig?« wollte er wissen, wobei sein Blick wieder so intensiv war, dass er mich einschüchterte und ich ihm nur ein Nicken zur Antwort gab. Er nahm das Pergament an sich, ging zurück zu seinem Pult und las es sich eingehend durch. Ich konnte keine Gefühlsregung in seinem Gesicht erkennen, was mich nur noch nervöser werden ließ. Einige Minuten später erhob er sich schließlich und kündigte das Ende des Unterrichts an.
»Alle Schüler bringen ihre Pergamentrollen zu mir. Und für die nächste Stunde beschaffen Sie eine Zutatenliste für den einfachen Trank gegen Erkältung. Die Stunde ist beendet.«
Daraufhin packten alle ihre Sachen zusammen und ich bereute es ein wenig, dass der Unterricht schon vorbei war. Ich hätte Prof. Snape sehr gerne noch länger angesehen und gehofft, dass sich unsere Blicke noch einige Male treffen würden. Doch auf der anderen Seite fühlte es sich falsch an, so zu empfinden. Prof. Snape hatte sich bereits abgewandt und stand mit dem Rücken zu uns, sodass ich die Gelegenheit nutze, den Klassenraum so schnell wie möglich zu verlassen, um nicht in die Gelegenheit zu geraten, angesprochen zu werden. Einerseits hätte ich sehr gerne noch einmal mit ihm gesprochen, erst recht nach der ersten Begegnung im Tropfenden Kessel. Ich hielt sie noch immer für einen sehr seltsamen Zufall. Andererseits war es mir sehr peinlich. Schließlich war ich davon ausgegangen, ihn nie wieder zu sehen und habe ihm mehr oder weniger wissen lassen, ihn interessant zu finden. Und nun würden mich seine Blicke stetig verfolgen.
Der erste Tag neigte sich dem Ende zu und ich nutzte meine freie Zeit in der Bibliothek, um mit den Hausaufgaben zu beginnen. Ich stellte erleichtert fest, dass es die einfachste Gelegenheit war, mich abzulenken und dass ich Freude am Arbeiten empfand. Und so saß ich bis zum Abendessen in der Bibliothek, las mehrere Artikel, die mich interessierten, um mehr über Magie und die Zaubererwelt zu erfahren. Das Abendessen hatte ich schnell beendet, um in den Gemeinschaftsraum zurückzukehren, wo ich meine Katze Maggie endlich vorfand. Bevor ich zu Bett ging, hatte sie es sich vor dem Kamin auf meinem Schoß gemütlich gemacht, während ich in Gedanken schwelgte. Ich war sehr froh, in Hogwarts zu sein und verspürte plötzlich das heftige Bedürfnis, mir besonders viel Mühe geben zu müssen, um meine Zauberkräfte näher zu ergründen. Schon bald würde ich wissen, was ein Zauberstab anrichten würde, wenn man die Konzentration beherrschte. Nicht mehr lange und ich würde bald richtig zaubern können. Und dann würde ich endlich eine richtige Hexe sein, die etwas von Magie und Zaubern verstand. Als ich zu Bett ging, war es gerade nach 22 Uhr und meine Müdigkeit war immens. Und als ich in mein Himmelbett geschlüpft und es sich Maggie ebenfalls darauf gemütlich gemacht hatte, dachte ich an den Mann zurück, der mir den Kopf verdreht hatte ohne genau zu wissen, warum er das tat. Ich ging davon aus, dass er sich seiner Wirkung auf mich nicht bewusst war. Vielleicht war es auch besser so.
Während der ersten Unterrichtswoche konnte ich bereits einen sehr guten Eindruck darüber gewinnen, welche Schulfächer mir besonders gut gefielen und welche nicht. Wie ich bereits am ersten Tag vermuten ließ, dass Geschichte definitiv nicht zu meinen Lieblingsfächern gehören würde, änderte sich dieser Umstand bis dato nicht. Auch die Hoffnung, jemals eine gute Besenfliegerin zu werden, gab ich bereits nach der zweiten Flugstunde auf. Mein Problem bestand darin, dass ich Besen nicht vertraute, weil ich sie für unberechenbar hielt und das obwohl sie meiner Ansicht nach keine Gefühle haben konnten. Da sie allerdings auf Gefühle wie Angst oder Unsicherheit reagierten und ich keine Besen mochte, würde sich meine Fähigkeiten nicht verbessern, ehe ich nichts an meiner Grundeinstellung änderte. Ich blieb allerdings sturr, denn ich konnte mir nicht ansatzweise vorstellen, jemals auf einem Besen zu fliegen. Noch dazu hielt ich es für primitiv und das wollte ich nun wirklich nicht sein.
Ein anderes Fach, das ich weniger mochte war Astronomie. Ich schaute mir zwar gerne den Sternenhimmel an, weil ich ihn für wunderschön hielt. Diesen zu beobachten und schließlich die Positionen der Sterne und Planeten auf einer Karte einzutragen, gefiel mir allerdings weniger. Es machte mir keinen Spaß und darüber hinaus fand der Unterricht zu einer Uhrzeit statt, zu der ich am liebsten schlafen würde. Ich war von Natur aus ein tagaktiver Mensch und somit fiel es mir schwer, mich spät abends oder nachts noch konzentrieren zu können. Darüber hinaus hinterfragte ich sowohl die Notwendigkeit, als auch den Sinn des Unterrichts, behielt es allerdings für mich, um die Lehrerin - die sehr nett war - nicht zu verletzen. Schließlich tröstete ich mich mit der Tatsache, dass Astronomie nur einmal in der Woche stattfinden würde.
Ebenfalls kennen gelernt hatte ich Prof. Knight - Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste - sowie Prof. Sprout, die das Fach Kräuterkunde lehrte. Ich mochte beide Fächer sehr gerne, allerdings war es mehr als eindeutig, dass Prof. Knight die Schüler aus dem Hause Slytherin nicht besonders gerne mochte. Er tat fast so, als wären wir gar nicht da, was mich persönlich sehr ärgerte. Noch dazu hatte ich großes Interesse an seinem Fach und gab mir sehr viel Mühe, es auch zu zeigen. Prof. Knight allerdings ließ das völlig unbeeindruckt. Von anderen Schülern erfuhr ich, dass er den Slytherinschülern nicht trauen könne, da er sie für hinterlistig, arrogant und überheblich hielte. Noch dazu hasste er die Schwarze Magie und die Tatsache, dass Slytherin die meisten Schwarzmagier hervorgebracht hatte, beunruhigte ihn. Aus diesem Grund würde er alle Slytherins über einen Kamm scheren. Je weniger er mit den Slytherin zu tun haben müsste, desto zufriedener schien er zu sein. Wenn es wirklich stimmte, was ich über ihn gehört hatte, so bedauerte ich seine engstirnige Ansichtsweise. Es blieb mir aber nichts anderes übrig, als die Eigenheiten dieses Professors zu akzeptieren und wollte mich davon nicht abschrecken lassen. Zudem wollte ich ihm die Chance geben, mir ein eigenes Urteil über ihn zu bilden und nahm die Gerüchte und Äußerungen anderer Schüler nicht ganz so ernst.
Prof. Sprout hingegen war eine sehr nette und aufgeschlossene Lehrerin voller Elan, die eindeutig Spaß am Unterrichten hatte. Noch dazu war ihr anzumerken, dass sie Pflanzen sehr liebte und ihr die Pflege dieser sehr am Herzen lag. Prof. Sprout zeigte uns Pflanzen, von denen ich zum Teil noch nie etwas gehört hatte. Zudem erschienen mir viele als deutlich gefährlicher als die, die ich aus der Muggelwelt kannte. Es beruhigte mich als Prof. Sprout betonte, dass wir es am Anfang mit den weniger gefährlichen Arten zu tun bekämen und für unsere Sicherheit jederzeit gesorgt wäre. Sämtliche Gewächshäuser, in denen der Unterricht stattfand, waren gleichzeitig auch die Versorgungsstationen für das Fach Zaubertränke sowie die Krankenstation. Viele Pflanzen wurden als Zutaten genutzt, um Tränke, Salben und Tinkturen herzustellen, die Krankheiten heilten sowie Schwellungen und Wunden behandelten. Demnach wunderte es mich nicht, dass Prof. Sprout ihre Arbeit besonders ernst nahm. Kräuterkunde war für mich eine schöne Abwechslung und die Verbundenheit mit der Natur machte mir viel Freude.
In Verwandlungen und Zauberkunst stellten wir schließlich unter Beweis, wie gut wir mit unseren Zauberstäben umgehen konnten. Es überraschte mich ein wenig, dass mir die Zauber ziemlich schnell gelangen. So war es für mich beinahe ein Leichtes, eine Nadel in einen Faden und wieder zurück zu verwandeln. Es gelang zwar auch vielen anderen Schülern, allerdings hatten sie dafür sehr lange üben müssen. In Zauberkunst hatten wir damit begonnen, den Schwebezauber zu üben. Bereits in der zweiten Unterrichtsstunde war es mir gelungen, nicht nur eine Feder, sondern auch ein Buch schweben zu lassen. Und weil ich so gute Fortschritte machte, ging ich den Schülern zur Hand, die meine Hilfe annehmen wollten. Das Problem war nur, dass ich nicht unbedingt erklären konnte, wie ich zauberte. Ich hatte das Gefühl, dass der Zauberstab, den ich besaß, ein Teil von mir war. Es fühlte sich gut an, ihn zu benutzen und es war fast so, als hätte ich mein ganzes bisheriges Leben nichts anderes getan. Es erstaunte nicht nur mich, sondern auch meine Mitschüler und die Lehrer.
Das Fach Zaubertränke gehörte nach wie vor zu den Fächern, die ich am meisten mochte. Bereits in den nächsten Doppelstunden begannen wir damit, einen Erkältungstrank zu brauen. Wir arbeiteten einzeln an unseren Kesseln und während des gesamten Unterrichts herrschte Stille, weil alle hochkonzentriert arbeiteten. Während ich damit beschäftigt war, die Zutaten vorzubereiten und schließlich mit dem Brauen des Tranks begann, blickte ich häufig in Prof. Snapes Richtung. Wenn er nicht an seinem Pult saß, ging er im Klassenzimmer auf und ab. Hin und wieder kommentierte er die Arbeit der Schüler, was mich leicht nervös werden ließ, denn seine Kommentare waren oftmals vernichtend. Noch nervöser wurde ich, wenn er in meiner Nähe war und meine Arbeit begutachtete. Dabei vermied er es nicht, mir mindestens einmal in meine Augen zu schauen. Wenn er zufrieden lächelte, war ich beruhigt und dennoch verschwand meine innere Unruhe niemals völlig. Während ich darauf wartete, dass der Trank endlich fertig würde, fragte mich mich, was für ein Mensch Prof. Snape wohl war. Es schien mir, als wäre er ein sehr distanzierter Mensch. Ein Einzelgänger. Er war der einzige Lehrer, der ausschließlich schwarz trug, was mir allerdings sehr sympathisch war, weil der Großteil meiner Sachen ebenfalls schwarz war. Ich hatte das Gefühl, dass er etwas verbarg, was er niemandem offenbaren wollte. Doch er wirkte so selbstsicher… war das alles nur Schein? Die Art wie er sprach, seine beruhigend tiefe Stimme, die eine so hypnotische Wirkung auf mich hatte. Die Art, wie er sich bewegte, so vollkommen lautlos. Seine Augen, die mich geradezu in einen Bann zogen, dessen Blick ich nur schwer standhalten konnte. Prof. Snape war geheimnisvoll und… unsagbar reizvoll. Ich stellte mir die Frage, wie es wohl war, wenn er eine Frau berührte oder gar intim mit ihr würde. Dieser Gedanke erregte mich. Allerdings bereute ich diesen Gedanken sofort.
Prof. Snape war abrupt stehen geblieben ganz so, als hätte er etwas bemerkt. Das ganze wurde noch skurriler, als er in meine Richtung blickte. Sofort ließ ich von meinen Gedanken ab und tat so, als würde ich dem Trank, der vor sich hinköchelte, meine vollste Aufmerksamkeit schenken. Ich starrte in den Kessel, während sich mein Herzschlag mehr und mehr beschleunigte. Die letzte Minute war vergangen und ich löschte die Flamme, die den Kessel erhitzte. Prof. Snape war an meinen Tisch getreten und ich schaute zu ihm auf. Ich fühlte mich auf eine merkwürdige Weise ertappt. Prof. Snapes Augen zogen meinen Blick förmlich an und spiegelten einen Ausdruck wider, die mich erzittern ließ. Es war mir ein wenig unangenehm, ihn so lange anzusehen. Also entriss ich mich seinem Blick und sah mich im Klassenraum um. Ich wollte mich vergewissern, wie weit die anderen waren.
»Ich bin fertig«, sagte ich schließlich, nachdem ich festgestellt hatte, dass meine Mitschüler weiterhin konzentriert arbeiteten. Ich vermied es diesmal, in Prof. Snapes Augen zu blicken. »Eine Probe, Miss Spring«, sagte er schließlich. Ich entnahm aus meinem Sortiment eine Glasflasche und schöpfte mit einer Kelle etwas von dem Inhalt des Kessels, um diesen anschließend in das Fläschchen zu füllen. Ich reichte die Probe Prof. Snape, der innerhalb einer halben Sekunde meine Finger streifte, als er sie entgegen nahm. Dieser sehr kurze Moment sorgte dafür, dass mein Herzschlag aussetze. Ich sah Prof. Snape noch einmal in seine Augen und ich hoffte, mich nicht allzu auffällig verhalten zu haben. Er wandte sich schließlich langsam von mir ab und richtete seine Worte an die gesamte Klasse:
»Sie haben noch zehn Minuten.« Eine Pause trat ein und es war ein leises Tuscheln zu vernehmen. Wahrscheinlich hätten sich die meisten noch etwas mehr Zeit gewünscht. »Sie dürfen gehen, Miss Spring.« Leicht verwirrt sah ich zu ihm auf. Es verwunderte mich ein wenig, dass er mich eher gehen ließ. Ich nickte verlegen und fügte noch ein leises »Danke, Professor.« hinzu, ehe ich meine Sachen nahm und den Klassenraum verließ. Ich dachte noch daran, dass er der Klasse sicherlich Hausaufgaben aufgeben und ich nicht darum herum kommen würde, mir die nötige Information einzuholen. Das Ereignis, welches sich im Klassenraum zugespielt hatte, ließ mich für mehrere Minuten nicht mehr los und ich fragte mich, ob Prof. Snapes Berührung wohl ein Zufall gewesen war, kurz nachdem ich intensiv über ihn nachgedacht hatte. Schließlich ermahnte ich mich selbst dabei, mich nicht zu sehr in etwas zu verstricken, was mir später noch zum Verhängnis werden könnte. So fantastisch es sich auch anfühlen mochte.
Darüber, wie mir Hogwarts und der Unterricht gefiel, schrieb ich meiner Mutter in einem Brief, der fünf Pergamentblätter umfasste. Ich hatte ihr versprochen, ihr regelmäßig zu schreiben und daran wollte ich mich halten. Auf den Ländereien gab es die Eulerei, in der sich jeder Schüler ohne Anmeldung jederzeit eine Eule ausleihen konnte. Ansonsten vertrieb ich mir meine Freizeit entweder in der Schulbibliothek, weil ich unbedingt mehr über die Magie und ihrer Welt herausfinden wollte oder unterhielt mich mit Samanta, die oft im Gemeinschaftsraum der Slytherins saß. Ich hatte mich von Anfang an sehr gut mit ihr verstanden und wir fanden immer ein Thema, worüber wir sprechen konnten. Samanta betonte sehr oft, wie viel Angst sie wegen ihrer ZAG-Prüfungen hatte und wie sehr sie mich beneiden würde. Ich hingegen machte ihr deutlich, wie schwierig es teilweise für mich war, mich in der neuen Welt zurechtzufinden. Es gab so viele Dinge, die ich nicht verstand, weil ich sie nicht kannte und stand im Gegensatz zu vielen anderen Schülern an einem Nullpunkt. Ich war nicht nur ein Muggel, sondern hatte erst vor kurzem erfahren, dass es so etwas wie Zauberer, Hexen und Magie überhaupt gab. Samanta dagegen stammte von einer Magierfamilie ab, die ihren Ursprung auf dem afrikanischen Kontinent hat. Doch leider wusste sie selbst nicht viel darüber, da viele Quellen im Laufe der Jahre verloren gegangen sind. Aus diesem Grund hatte sie sich vorgenommen, eines Tages nach Afrika zu reisen, um ihren Ursprung näher ergründen zu können.
Meine Katze hatte sich ebenfalls gut in Hogwarts eingelebt. Ich musste mir darüber, wie sie versorgt werden sollte, absolut keine Gedanken machen, da sie von den Hauselfen ihr Futter bekam. Ich hatte noch nie einen Hauself zu Gesicht bekommen und hielt sie lange Zeit für ein Märchen. Auf der anderen Seite gab es nirgends im ganzen Schloss Unordnung, die Wäsche war innerhalb eines Tages gewaschen, die Betten gemacht und das Essen kam auch pünktlich auf den Tisch. Mochte also sein, dass daran etwas dran war. Allerdings fand ich die Tatsache, dass sich scheinbar unsichtbare Wesen im Schloss herumtrieben, sehr gruselig und hoffte inständig, nicht eines Tages einem mitten in der Nacht zu begegnen.
Das Ende der Woche wurde mit einem Ereignis beendet, welches mir persönlich nicht besonders wichtig war. Es war mein zwanzigster Geburtstag und fiel auf einen Samstag. Für gewöhnlich verbrachte ich diesen Tag im engsten Kreis meiner Familie. Da sie mir in Hogwarts aber fehlte, wollte ich den Tag am liebsten totschweigen, weil ich nicht noch mehr Aufmerksamkeit wollte, wie ich sie schon innerhalb der ersten Tage unfreiwillig erhalten hatte. Ich begann den Tag, wie jeden anderen auch, indem ich zum Frühstücken in die große Halle ging. Ich hatte sie gerade betreten, als mir mehrere Schüler zuwinkten und mir einige sogar Geburtstagsgrüße zuriefen. Ich staunte nicht schlecht, denn ich konnte mich nicht daran erinnern, sie jemals über meinen Geburtstag in Kenntnis gesetzt zu haben. Um meine angeborene Höflichkeit zu bewahren, bedankte ich mich und setzte mich schließlich an den Tisch der Slytherins. Jemand hatte den Tagespropheten liegen gelassen, der mir sofort offenbarte, woher die Schüler von meinem Geburtstag wussten.
Marie Spring wird heute 20! Herzlichen Glückwunsch wünscht die Redaktion des Tagespropheten!
Was sollte das nur, fragte ich mich und ein seltsames Gefühl überkam mich. Auf der einen Seite fühlte ich mich sehr geehrt, auf der anderen Seite war es mir aber auch sehr unangenehm, weil ich es nicht mochte, im Mittelpunkt zu stehen. Ich drehte die Zeitung schließlich um und wollte das Frühstück so schnell wie möglich hinter mich bringen. Als ich gerade mein Toast aufgegessen hatte, flogen die Posteulen in der großen Halle ein, die entweder Briefe oder Päckchen trugen. Schließlich landeten zwei - ein großes und ein kleines - direkt vor meiner Nase. Neugierig ergriff ich das größere von beiden und riss behutsam das Papier auf. Dem Päckchen war eine Karte beigelegt worden.
Meine liebe Marie.
Deine Mama, Christian, Felix und Aileen wünschen dir alles Gute zum Geburtstag! Du fehlst uns sehr. Wir hoffen, dass du dich wohlfühlst und du in Hogwarts einen schönen Tag verbringen wirst und ein bisschen feierst. Ich hoffe du freust dich über dein Geschenk.
Wir haben dich lieb!
Ich bekam Tränen in den Augen, denn die Karte rührte mich unheimlich. Es freute mich, dass mir meine Familie ein Päckchen geschickt und ein Karte geschrieben hatte, die sogar von meinen Geschwistern unterschrieben war. Schließlich holte ich das Geschenk heraus und erkannte, dass es sich dabei um das Kleid handelte, welches ich meiner Mama einmal in einem Onlineshop gezeigt hatte und freute mich umso mehr, dass sie sich daran erinnert und sich die Mühe gemacht hatte, es direkt nach Hogwarts zu schicken. Das Kleid konnte als Mantel getragen werden und wirkte sehr edel. Es war aus schwarzem, schwerem Samt und wurde von silbernen Knöpfen geziert. Nachdem ich es begutachtete hatte, legte ich es schließlich sorgfältig zusammen und in das Päckchen zurück. Schließlich ergriff ich das kleinere Päckchen. Es fühlte sich sehr leicht an und als ich es öffnete, entnahm ich daraus einen Brief, dessen Handschrift mir bekannt vorkam.
Liebe Marie.
Weil ich heute leider auf Grund eines auswärtigen Termins nicht in Hogwarts sein kann, um dir persönlich gratulieren zu können, wünsche ich dir über diesem Wege alles Gute zu deinem 20. Geburtstag. Kaum zu glauben, dass du erst in der 1. Klasse bist.
Weil ich weiß, dass du eine Liebhaberin von Süßigkeiten bist, habe ich dir eine kleine Auswahl vom Honigtopf einpacken lassen, in dem ich sozusagen Stammgast bin. Aber sei dir gewahrt: Einiges davon ist mit höchster Vorsicht zu genießen.
Ich wünsche dir einen erholsamen Tag und wer weiß, vielleicht findet sich ja der eine oder andere, der mit dir deinen Tag feiern möchte.
Herzliche Grüße,
Albus Dumbledore
Das war tatsächlich eine große Überraschung, dachte ich mir sofort. Ich entnahm aus dem Päckchen eine kleine Tüte mit der Aufschrift 'Honigtopf', die voller Süßigkeiten war und freute mich sehr darüber. Ich stellte mir die Frage, ob Dumbledore wohl jedem Schüler zum Geburtstag gratulierte, geschweige denn, ihm Geschenke machte. Schließlich überlegte ich auch, wie ich den Tag verbringen sollte. Als erstes würde ich meine Geschenke in den Gemeinschaftsraum bringen und eigentlich war der Samstag ein guter Tag, um in Ruhe in der Bibliothek arbeiten zu können. Ich wollte außerdem verhindern, noch mehr Aufmerksamkeit zu erhalten oder dass man auf die Idee kommen würde, mich zu einer spontanen Überraschungsparty einzuladen. Ich wollte alles, aber nur das nicht. Also beendete ich früher als die meisten anderen mein Frühstück, um meinen Plan in die Tat umzusetzen.
Ich genoss die Ruhe, die innerhalb der Bibliothek herrschte. Ich genoss sie so sehr, dass ich die Zeit vollkommen vergaß. Ich war viel zu sehr in einem Artikel vertieft, in dem es um Gesetze und Bestimmungen ging, die den Zweck erfüllen sollten, bestimmte Orte und Plätze der Magierwelt vor der Muggelwelt geheim zu halten. In den meisten Fällen geschah das durch bestimmte Zauber, die die entsprechenden Orte entweder unsichtbar machten oder tarnten - so wie es beispielsweise beim Schloss Hogwarts der Fall war. Ich bemerkte erst gar nicht, wie Maggie plötzlich die Bibliothek betrat. Erst als sie auf meinen Schoß sprang, schreckte ich auf und ich war gezwungen, mich vom Buch abzuwenden und in das Gesicht meiner Katze zu schauen. Sie machte einen Buckel, schnurrte heftig und mauzte ein paar Mal ganz so, als würde sie mir etwas mitteilen wollen. Maggie sprang von meinem Schoß herunter, ging wenige Meter voraus und wartete dann an einem Bücherregal, welches nach links zum Ausgang führte. Ich hingegen sah meine Katze völlig verwirrt an.
»Maggie, was ist los?«, fragte ich sie leicht genervt. Ich stand auf und ging wenige Schritte auf sie zu. Maggie machte erneut einen Buckel, mauzte mehrmals und eilte wieder einige Meter voraus. Ich hatte das Gefühl, dass sie mir etwas zeigen wollte und folgte ihr so lange, bis sie immer schnell wurde. »Maggie! Warte doch auf mich!«, rief ich und beschleunigte meine Schritte. Sie eilte aus der Bibliothek Richtung Treppenhaus und schließlich lief sie die Treppen hinunter. Ich folgte ihr immer weiter, bis wir ganz unten in der Eingangshalle ankamen. Sie lief weiter, den Gang zum Kerker hinunter. Ich befürchtete schon, dass mich genau das erwarten würde, was ich am wenigsten wollte. Bestimmt würde mich gleich eine Gruppe Slytherins erwarten und mich dazu zwingen, meinen Geburtstag mit ihnen zu feiern. Allerdings führte mich Maggie zu einem anderen Gang, der zum Klassenraum für Zaubertränke führte. Was konnte denn nur passiert sein, dass mich Maggie ausgerechnet hierhin führt? Sie ging auch an dem Klassenraum vorbei und wurde schließlich immer schneller, bis ich sie nicht mehr sehen konnte. Mein Herzschlag beschleunigte sich.
»Maggie?!« rief ich halblaut. Was war nur in sie gefahren? Ich eilte weiter den Gang entlang, bis ich eine Tür wenige Meter zu meiner rechten bemerkte, die offen stand. Ich ging etwas langsamer und spähte schließlich hinein. Es handelte sich um einen großen Raum, an dessen Wand mehrere Regale standen, in denen entweder Bücher steckten oder verschiedene Behätlnisse, von denen einige leer waren, andere wiederum gefüllt mit Flüssigkeiten, eingelegten Tieren oder Pflanzen, die ich nicht bestimmten konnte. In der Mitte des Raumes stand ein kreisrunder Tisch, an dem zwei Sessel standen. Insgesamt wirkte der Raum sehr düster, ganz so wie der Gemeinschaftsraum der Slytherins. Dennoch hatte alles irgendwie seine Ordnung. Allmählich dämmerte mir, um was für einen Raum es sich handeln musste. Es konnte nur das Büro von Prof. Snape sein denn ich wusste, dass sich dieses ganz in der Nähe des Klassenraums für Zaubertränke befand. Unbehagen breitete sich in mir aus, weil ich mir gut vorstellen konnte, dass es Prof. Snape sicherlich nicht gut heißen würde, mich hier ohne Ankündigung anzutreffen. Ich sah mich um in der Hoffnung, Maggie hier irgendwo zu entdecken, um mit ihr das Büro schnell wieder verlassen zu können. Schließlich sah ich sie in der Nähe des Tisches oben auf einem Regal sitzend.
»Maggie!«, rief ich erneut. »Was machst du denn hier? Komm da sofort runter!« Maggie gab ein widerwilliges Geräusch von sich, was sie des öfteren tat, wenn ich sie ermahnte. Weil sie mir nicht gehorchte, ging ich eiligen Schrittes auf sie zu, als ich realisierte, dass wir nicht mehr allein waren. Prof. Snape stand weiter hinten in seinem Büro und hatte seine Arme hinter seinem Rücken verschränkt. Er schien gerade aus einem Raum gekommen zu sein, der sich weiter hinten befand.
»Sir«, sagte ich erschrocken. »Es tut mir ja so schrecklich leid. Ich wollte hier nicht einfach herein platzen, aber meine Katze…«
»Hat Sie zu mir geführt, wie ich es beabsichtigt hatte«, unterbrach Prof. Snape mich. Ich sah erst ihn, dann Maggie verwirrt an. »Ach… Sie wollten, das?« In dem Moment sprang Maggie vom Regal herunter und eilte aus dem Büro. Ich sah ihr vollkommen perplex nach, ehe ich verwirrt Prof. Snape ansah. Er stand noch immer am gleichen Platz. »Was gibt es denn, Sir?«, fragte ich langsam. Prof. Snape ging langsam auf mich zu, hielt seine Hände aber weiterhin hinter seinem Rücken verschränkt. »Ich habe etwas für Sie, das Sie vielleicht interessieren könnte.« Prof. Snape stand nun vor mir und ich konnte meine Verwirrung nicht verbergen. »Sie haben etwas für mich, Sir?«, fragte ich ungläubig. Anstatt zu antworten, reichte er mir ein Buch, welches er hinter seinem Rücken verborgen gehalten hatte. Ich nahm es an mich und entnahm anhand des Titels, dass es sich um ein Lehrbuch handelte. 'Höchst potente Zaubertränke'. Es fühlte sich schwer an und wirkte sehr alt. Ich wusste in dem Moment nicht, was ich darauf erwidern sollte. »Dieses Buch«, sagte ich schließlich, »ist mir in der Bibliothek noch gar nicht untergekommen.« Ich sah Prof. Snape an, der leicht lächelte. »Nun, dieses Buch ist ausschließlich in der verbotenen Abteilung zu finden, Miss Spring.« Ich staunte nicht schlecht. »In der verbotenen Abteilung, Sir? Warum geben Sie mir das?« Prof. Snape zögerte, ehe er antwortete:
»Mir ist nicht entgangen, dass Sie großes Interesse am Brauen von Tränken haben und dachte mir, dass Sie vielleicht mehr darüber wissen wollen.« Eine Pause trat ein, ehe er hinzufügte:
»Außerdem ist mir auch nicht entgangen, dass heute Ihr Geburtstag ist. Ich halte es also noch dazu für ein… passendes Geschenk. Für einen entsprechenden Anlass.« Ich sah betreten zu Boden. »Das ist sehr nett von Ihnen, Sir. Ich danke Ihnen. Aber das wäre wirklich nicht nötig gewesen.« Prof. Snapes Geste überraschte mich, denn mir wäre nicht einmal im Traum eingefallen, dass er mir jemals ein Geschenk machen würde. Es bedeutete mir sehr viel und ich ertappte mich dabei, wie ich Prof. Snape etwas zu lange mit einem verstohlenem Lächeln ansah. Abrupt wandte ich meinen Blick von ihm ab. »Passen Sie gut darauf auf«, ermahnte er mich. »Das Buch ist sehr wertvoll und könnte, wenn es in die falschen Hände geriete, für verstörende Reaktionen sorgen.«
»Achso?«, sagte ich unsicher. Prof. Snape schien amüsiert, ging darauf aber nicht weiter ein. »Sie werden Ihren Geburtstag sicherlich noch ausgiebig verbringen?« fragte er mich stattdessen. »Nein, Sir«, sagte ich sofort.
»Ich mache mir nicht sehr viel aus meinem Geburtstag. Ich ziehe es vor, den Tag in Ruhe zu verbringen, Sir.« Prof. Snape schien es nicht zu überraschen, indem er trocken erwiderte:
»Soso… Sie feiern also lieber im Stillen?« Ich bestätigte:
»Ja… Schon, Sir.« Prof. Snape sah mich eingehend an. »Nun, wenn das so ist, Sie Ihre Zeit also entbehren können… würde ich heute Abend sehr gerne mit Ihnen in Ruhe sprechen.« Ich sah Prof. Snape mit großen Augen an. »Mit mir sprechen, Sir?«
»Gibt es etwas bestimmtes, was Sie gerne trinken?«, wollte er wissen, ohne auf meine Frage weiter einzugehen. Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Sir«, antwortete ich. Ich sah erneut betreten zu Boden und hielt das Buch krampfhaft an meine Brust. »Aber ich komme sehr gern«, sagte ich schließlich. »Fein. Dann erwarte ich Sie um 21 Uhr in meinem Büro«, merkte Prof. Snape an.
»In Ordnung, Sir«, sagte ich kleinlaut. »Und danke für das Buch, Professor.« Mit einem letzten Lächeln wandte ich mich von ihm ab und ließ ihn in seinem Büro zurück. Ich eilte den Gang zurück, diesmal Richtung Gemeinschaftsraum des Slytherins. Ich merkte, wie sich Verwirrung, aber auch Freude in mir ausbreitete. Ich wusste dennoch nicht, wie ich meine Gedanken ordnen sollte. Meine Katze verhielt sich von Zeit zu Zeit immer merkwürdiger und war scheinbar dazu in der Lage, Befehlen anderer zu folgen. Aber was genau sollte das? Prof. Snape hatte mir ein Geschenk gemacht - noch dazu ein sehr wertvolles und… verbotenes. Und zu guter letzt wollte er auch noch, dass ich ihn abends in seinem Büro aufsuche. Warum bestand er so darauf und was wollte er damit bezwecken? Er hatte zwar erwähnt, mit mir sprechen zu wollen, aber er hätte schon vorher genügend andere Gelegenheiten dazu gehabt. Ich verstand bisher den Sinn noch nicht und konnte noch keine Wertigkeit feststellen. Insgeheim hatte ich aber das Gefühl, dass es für irgendetwas gut war.
Den restlichen Tag verbrachte ich wohl oder übel im Gemeinschaftsraum, nachdem ich das Geschenk von Prof. Snape sicher in meinem Koffer verstaut hatte. Es gab eine große Anzahl von Schülern, die mir ein Gespräch aufzwingen wollten und obwohl ich anfänglich keine Aufmerksamkeit wollte, hatte sich herausgestellt, dass es nicht die schlechteste Methode war, sich abzulenken und die Zeit verstreichen zu lassen. So verging sie schließlich wie im Fluge, sodass es schon sehr bald Zeit für das Abendessen war. Anschließend zog ich mich im Schlafsaal zurück, um einen Blick in das neue Buch zu werfen. Ich verstand sehr schnell, warum man es nur in der verbotenen Abteilung finden konnte. Es wurden ausschließlich Tränke thematisiert, die die Gestalt eines Menschen in allen möglichen Formen verändern und schlimme Folgen haben konnten, wenn man sie falsch zubereitete. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Brauen potenter Tränke ausschließlich höheren Zauberern oder Hexen bestimmt war, da reichhaltige Erfahrung sowie Fachwissen notwendig war, um Risiken zu vermindern. Die Illustrationen der Wirkungen, Nebenwirkungen und Unfälle waren größtenteils grausam und zeigten von verstümmelten Körperteilen bishin zu zombieähnlichen Kreaturen alles, was nur dazwischen liegen konnte. Noch konnte ich mir nicht erklären, warum Prof. Snape mir dieses Buch geschenkt hatte, aber es faszinierte mich, auch wenn es unheimlich war.
Kurz vor 21 Uhr entschloss mich dazu, mich allmählich auf dem Weg zu Prof. Snapes Büro zu machen. Während ich im Begriff war, den Gemeinschaftsraum zu verlassen, hatte ich eine Ausrede parat, als mich einige Mitschüler darauf aufmerksam machten, dass es verboten war. Ich musste dazu nicht einmal lügen. Ob ich ihnen hinterher eine Erklärung schuldig bleiben würde, würde sich noch herausstellen. Ich ging den Gang Richtung Büro entlang und je näher ich diesem kam, desto wilder geriet das Blut in mir in Wallung. Mit wild schlagendem Herzen klopfte ich an Prof. Snapes Tür, woraufhin ein zwar leises, aber dennoch gut hörbares »Herein« folgte. Ich öffnete und betrat das Büro. Prof. Snape hatte sich gerade von seinem Platz am runden Tisch erhoben. »Miss Spring«, sagte er nüchtern. »Immer herein. Setzen Sie sich.« Ich tat wie mir geheißen und nahm in dem Sessel am Tisch Platz. Prof. Snape wandte sich ab und ging zu einem Schrank, aus dem er eine Flasche sowie zwei kleine Gläser holte. Danach begab er sich zum Tisch zurück. »Ich gehe davon aus«, begann Prof. Snape, während er Flasche und Gläser abstellte, »dass Sie noch nicht in den Genuss von Feuerwhisky gekommen sind?« Ich schüttelte den Kopf.
»Nein, Sir. Ich trinke normalerweise nicht.«
»Heute werden Sie etwas trinken«, sagte Prof. Snape und schenkte ein. Er stellte mir das Glas vor die Nase und setzte sich ebenfalls, woraufhin er mich eingehend ansah. »Trinken Sie, Miss Spring«, sagte er. Ich zögerte für einen Moment, bis ich schließlich das Glas nahm und an dem Getränk nippte. Weil ich erst kaum etwas schmeckte, nahm ich einen größeren Schluck und merkte daraufhin ein scharfes Brennen in meiner Kehle. Ich stellte das Glas ab und holte tief Luft. »Der ist sehr stark«, sagte ich daraufhin. Prof. Snape nahm ebenfalls einen Schluck und hatte mich nicht aus den Augen gelassen, was mich nervös werden ließ. Das erste Mal war ich mit Prof. Snape vollkommen allein. Ich dachte an den Tag zurück, an dem ich ihm das erste Mal begegnet war, um mich von meiner Nervosität abzulenken. »Sir«, ergriff ich schließlich das Wort, »warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie ein Lehrer von Hogwarts sind, als wir uns im Tropfenden Kessel begegnet sind?«
»Hätte ich das etwa tun sollen?«, erwiderte Prof. Snape daraufhin. »Ich weiß nicht, Sir« erwiderte ich. »Ich dachte nur, weil wir immerhin über Hogwarts gesprochen haben und ich Sie gefragt hatte, ob Sie die Schule kennen würden…« Ich merkte, wie unsicher ich war. »Ich bin davon ausgegangen, dass ich Sie nie wieder sehe«, fuhr ich mit einem leichten Lächeln fort. Ich sah Prof. Snape ins Gesicht, dessen Ausdruck sich nicht verändert hatte. »Ich war einfach nur sehr überrascht, Sie hier zu sehen«, sagte ich schließlich. Ein kurzes Lächeln war auf dem Gesicht von Prof. Snape erkennbar, bevor er erwiderte:
»Nun, Miss Spring. Sie haben mich ebenfalls sehr überrascht.« Schweigend sah ich ihn an. »Ich habe Sie überrascht?«, hakte ich schließlich ungläubig nach. »Warum?« Prof. Snape nahm einen kleinen Schluck von seinem Feuerwhisky, ließ mich dabei aber nicht aus den Augen. Schließlich antwortete er:
»Ich habe eher damit gerechnet, dass Sie das Haus Slytherin meiden würden. Aber stattdessen… sind Sie hier.« Mich stimmte seine Äußerung nachdenklich und ich dachte an das, was ich in 'Geschichte von Hogwarts' gelesen sowie daran, was ich von anderen Schülern gehört hatte. »Meinen Sie etwa«, setzte ich an, »weil das Haus Slytherin mehr Schwarzmagier hervorgebracht hat als andere Häuser von Hogwarts? Dass ich es deswegen meiden würde?«
»Zum Beispiel«, sagte Prof. Snape langsam. Ich schüttelte den Kopf, als ich dem widersprach:
»Das ist doch aber Unsinn. Ich glaube nicht daran, dass es an Slytherin liegt, sondern daran, welche Entscheidungen wir fällen und wozu wir uns hinreißen lassen, Sir. Denken Sie das etwa nicht?« Prof. Snape lächelte erneut und diesmal hielt es länger an als gewöhnlich. »Das ist eine sehr interessante Betrachtungsweise. Dennoch…« Eine Pause trat ein, »glaube ich, dass Sie besondere Begabungen, Interessen und vielleicht sogar gewisse Neigungen haben. Sonst hätte der Sprechende Hut Sie nicht in mein Haus geschickt.« Daran hatte ich noch gar nicht gedacht, wie mir einfiel. Allerdings wusste ich kaum etwas über Magie geschweige denn darüber, was meine Fähigkeiten waren. Wusste der Sprechende Hut mehr als ich? »Sir«, erwiderte ich schließlich, »ich weiß doch kaum etwas über Magie. Ich wusste ja bis vor wenigen Wochen noch nicht einmal, dass ich eine Hexe bin.«
»Das ist durchaus korrekt«, gab Prof. Snape zur Antwort. »Aber wie steht es um Ihre Interessen? Diese werden Sie doch sicherlich kennen?« Ich überlegte. Konnte das etwa eine Rolle spielen? Doch dann fiel mir ein, wie ich reagierte, wenn ich Prof. Snape ansah. Er war eindeutig eine Person, die mich faszinierte, konnte mir aber nicht vorstellen, dass es etwas damit zu tun haben sollte, in welches Haus ich gewählt worden war, geschweige denn, dass er darauf hinaus wollte. Schließlich antwortete ich:
»Ich interessiere mich für vieles, Sir. Je außergewöhnlicher die Dinge sind, desto interessanter sind Sie für mich. Mich fasziniert alles, was gegensätzlich und widersprüchlich ist. Ich mag das Geheimnisvolle, das Unergründliche. Ich glaube daran, dass in allem etwas Gutes und Großartiges steckt und letztlich auch daran, dass es an jedem Ort - so dunkel er auch sein mag - auch einen hellen Platz gibt.« Ich lächelte und nahm einen Schluck von meinem Whisky, der mich für einen kurzen Moment betäubte. »Sie mögen also geheimnisvolle und verbotene Dinge, Miss Spring?« Ich sah ihn überrascht an. »Verbotene Dinge… ich weiß nicht«, sagte ich unsicher. »Ich halte mich grundsätzlich an Regeln, um keine Probleme zu bekommen, Sir.« Prof. Snape lächelte zufrieden, wobei ich noch immer nicht abschätzen konnte, worauf er hinaus wollte. »Sie überraschen mich immer mehr, Miss Spring.« Ich merkte, wie mein Gesicht heiß wurde, und hoffte, dass Prof. Snape nicht bemerken würde, wie sehr es mir schmeichelte. »Und woran denken Sie, wenn Sie mich ansehen, Miss Spring?« Erschrocken sah ich auf. »Sir?«, fragte ich schließlich. »Mich würde interessieren, an was Sie denken, wenn Sie mich ansehen.« Wiederholte Prof. Snape nach einer kurzen Pause. Passierte das gerade wirklich? Ich konnte ihm doch unmöglich sagen, was ich dachte, insbesondere über ihn. »Sir«, sagte ich erneut, »das ist mir wirklich sehr unangenehm. Ich wollte Ihnen nicht das Gefühl geben, Sie so anzustarren. Es tut mir sehr leid und wird nicht wieder vorkommen.«
»Warum weichen Sie meiner Frage aus?« wollte Prof. Snape wissen. Allerdings wirkte er nicht erbost, sondern viel mehr amüsiert. »Warum sind Sie so nervös?« Ich nahm erneut einen Schluck von meinem Getränk. Es war mir unsagbar peinlich und ich fühlte mich erneut ertappt. »Sir… Ich kann Ihnen nicht sagen, an was ich denke. Das wäre nicht vernünftig…«
»Und ich sage, sagen Sie es mir.« Prof. Snape beharrte darauf, strahlte dabei aber eine Ruhe wie eh und je aus, die etwas bedrohlich auf mich wirkte. Sollte ich es wirklich wagen und setzte ich womöglich etwas aufs Spiel? Ich hatte das Gefühl, mich in einer Zwickmühle zu befinden und keine Wahl zu haben. Ich wählte meine Worte dennoch mit Bedacht, während ich sprach:
»Ich denke oft daran wie es wohl wäre, wenn Sie nicht mein Lehrer wären, Sir.« Auf der einen Seite bereute ich es sofort, es ihm offenbart zu haben. Auf der anderen Seite dachte ich mir, dass es sowieso nicht noch schlimmer kommen könnte. Ich trank das Glas leer, stellte es auf den Tisch und erzählte einfach weiter:
»Sie haben so eine… gewisse Ausstrahlung, die mich anzieht. Die Art wie Sie sprechen, wie Sie sich bewegen. Und die Art, wie Sie mich ansehen... Ich mag Ihre Augen, Sir.« Ich fühlte mich unsagbar beschämt und wollte am liebsten im Boden versinken. Ich konnte Prof. Snape nicht einmal ansehen, sondern starrte nur auf die Tischplatte. Prof. Snape schenkte mir nach. »Trinken Sie und erzählen Sie weiter.« Es war fast so als würde er spüren, dass ich noch mehr zu sagen hatte, dabei war dem nichts weiter hinzuzufügen. Ich hatte schon zu viel gesagt.
»Schon als ich Sie das erste Mal im Tropfenden Kessel gesehen habe, fand ich Sie sehr interessant. Sie sind einfach so… anders. Aber dennoch… die Tatsache, dass Sie mein Lehrer sind und ich mehr empfinde, als ich dürfte… Es fühlt sich so verboten an.« Hilflos sah ich Prof. Snape ins Gesicht, doch es war absolut nicht zu erkennen, dass es ihm unangenehm zu sein schien. Nach wie vor wirkte er sehr beherrscht und selbstsicher. Als er zum Reden ansetzte, schien seine Stimme förmlich Besitz von mir zu ergreifen:
»Aber Sie haben eine Vorliebe für verbotene Dinge. Nicht wahr, Miss Spring?« Meine Augen weiteten sich und mein Herz raste. Die Art, wie er diese Frage stellte, fesselte mich völlig und versetzte mir einen impulsiven Schlag, der sich in meinem gesamten Körper auszubreiten schien. Ich war plötzlich wie gelähmt. Ohne großartig darüber nachzudenken und beinahe hypnotisch erwiderte ich:
»Ja, Sir… Ich fürchte schon.« Prof. Snape trank sein Glas leer, knallte es auf den Tisch und schob es schließlich weit von sich. »Ich sollte nicht mehr trinken«, sagte er mehr zu sich selbst. Er rückte etwas näher zu mir und ich wehrte mich nicht dagegen, indem ich etwa zurückweichte. Prof. Snape ergriff mein Glas, das auf dem Tisch stand und schob es in meine Hand, wobei seine Hand meine berührte. Diesmal zog er sie allerdings nicht sofort zurück, sondern ließ sie auf meiner ruhen. »Nur damit wir uns verstehen«, sagte Prof. Snape ruhig, »ich möchte nicht, dass Sie damit aufhören mich anzusehen.« Während er dies sagte, berührte ich sanft mit meinem Zeigefinger seine Hand, die noch immer mein Glas hielt. Prof. Snape war mir plötzlich so nah und in meinem gesamten Körper kribbelte es. »Wie Sie wünschen, Sir«, sagte ich schließlich. »Trinken Sie…«, sagte er wieder, wobei er mit seinen Fingern meine Hand umspielte. Ich tat wie mir geheißen, wobei sich anschließend ein mulmiges Gefühl in mir breit machte. Mein Verstand war schon leicht benebelt. »Ich fürchte, ich kann gleich nicht mehr, Sir.« Mir wurde schwindelig und ich hatte die Befürchtung, bald vom Stuhl zu fallen. Ich griff Prof. Snapes Hand fester, hielt mich an seinem Arm fest und stütze meinen Kopf an seine Schulter, um ihn für einen kurzen Moment auszuruhen. Ihm auf einmal so nahe zu sein, fühlte sich wunderbar an und plötzlich war mir alles egal. Ich spürte, wie eine Hand leicht meinen Rücken strich, während die andere Hand sich langsam vom Griff aus meiner löste. »Ich bringe Sie zum Gemeinschaftsraum zurück«, sagte er schließlich sanft. Ich nickte zu meinem Einverständnis und erhob mich von meinem Platz. Prof. Snape hielt mich und sah mich erneut lange an. Ich erhaschte einen Blick in seine Augen und beinahe war mir, als würde sich darin etwas widerspiegeln, was ich vorher noch nicht gesehen hatte. Ich konnte es weder benennen, noch deuten, aber sein Blick war intensiv und bohrend. Prof. Snapes Gesicht kam dem meinen plötzlich so nahe, dass ich meinen Kopf vor Scham zur Seite drehte. Wenige Augenblicke vergingen. »Kommen Sie, Miss Spring«, sagte er ruhig. Ich verließ mit ihm sein Büro und danach folgte ein schweigender Gang Richtung Gemeinschaftsraum. Ich konnte zwar allein gehen, aber ich merkte, wie betrunken ich war und wie mir Prof. Snape, einem Schatten gleich, folgte. Ich wollte nur noch ins Bett, weil ich plötzlich schrecklich müde war. Schließlich blieben wir vor der Wand stehen, die zum Gemeinschaftsraum führte. Ich drehte mich noch einmal um, um Prof. Snape anzusehen. »Das war ein sehr schöner Abend, Sir. Danke für alles«, sagte ich und hatte das Gefühl, zu taumeln. Prof. Snape trat ein wenig näher und sah zufrieden aus. »Sie sollten nun zu Bett gehen, während ich über den heutigen Abend nachzudenken habe«, sagte er. Ich verstand nicht, worauf er hinaus wollte, ging aber auch nicht näher darauf ein. Nach einigen Augenblicken wandte ich mich von ihm ab, sagte das Passwort, woraufhin sich die Wand öffnete. »Gute Nacht, Sir«, sagte ich schließlich, als ich mich ein letztes Mal umgedreht hatte. »Gute Nacht«, sagte Prof. Snape.
Völlig betäubt und möglichst leise - weil ich niemanden wecken wollte - ging in zum Schlafsaal hinauf. Maggie hatte es sich bereits in meinem Himmelbett gemütlich gemacht und gurrte kurz, als sie mich bemerkte. Ich entkleidete mich, schlüpfte in das Bett und dachte an die Ereignisse des Tages zurück. Er war wunderbar gewesen, etwas ganz besonderes. Insbesondere der Abend bei Prof. Snape hatte in mir etwas bewirkt und ich fragte mich, ob es bei ihm wohl genauso war. Er war mir so nahe gekommen und es hatte sich wunderbar angefühlt. Was in mir vorging, konnte ich nicht beschreiben, aber es fühlte sich wunderschön an. Ehe ich länger darüber nachdenken und die Erinnerung daran zurück holen konnte, fielen mir die Augen zu und schlief tief und fest. Ich begegnete Prof. Snape im Traum wieder, wie er mich in seinen Armen hielt. Seine Augen strahlten ein leidenschaftliches Verlangen aus. Schließlich zog er mein Gesicht näher an seines, bis sich unsere Lippen knapp berührten. Doch ehe das geschehen konnte, erwachte ich mit stark klopfendem Herzen.
Seit dem Vorfall, der sich am Abend meines Geburtstages ereignet hatte, gingen seltsame Dinge in mir vor, die ich noch nie zuvor erlebt hatte. Prof. Snape hatte es geschafft, meine Gefühle für ihn noch einmal deutlich zu verstärken. Ich dachte oft darüber nach und fragte mich, was eigentlich genau passiert war. Prof. Snape hatte mich mehr oder weniger dazu genötigt, von dem starken Feuerwhisky zu trinken und es hatte gar nicht lange gedauert, bis er mich regelrecht betrunken gemacht hatte. Ich hatte ihm meine Gedanken offenbart, dass er mich faszinierte und ich mir wünschte, dass es weniger kompliziert wäre. Prof. Snape war mir außerdem so nahe gekommen wie noch nie zuvor. Unsere Hände hatten sich erneut berührt und es hatte länger als nur eine halbe Sekunde angedauert. Am meisten irritiert hatte mich die Situation in der ich glaubte, er würde mich jeden Moment küssen und weil ich so beschämt darüber war, hatte ich meinen Kopf weg gedreht. Ich wusste nicht, ob ich mir nur etwas vormachte. Prof. Snape schien das ganze etwas gelassener zu sehen. Er machte mir aber auch nicht den Eindruck, dass er etwas bereute. Es blieb nach wie vor bei kurzen, aber überaus intensiven Blicken, die für mich noch immer ein Rätsel waren. Während des Unterrichts bei Prof. Snape gab ich mir die größte Mühe, mich zu konzentrieren und nicht den Eindruck zu erwecken, seine Nähe sonderlich zu vermissen. So sehr er mich auch faszinierte musste ich aufpassen, keinen Verdacht bei meinen Mitschülern zu erregen. Alle Slytherinschüler mochten Prof. Snape - sie verehrten ihn sogar regelrecht. Sie schätzten seine Strenge und seine Intelligenz und hielten ihn für den besten Lehrer der gesamten Schule. Einige wünschten sich sogar, dass er Schulleiter wäre. Je näher ich darüber nachdachte, desto bewusster wurde mir, was das für Vorteile haben könnte. Aber wäre es dann so gelaufen, wie es bei Dumbledore der Fall gewesen war? Hätte Prof. Snape mich persönlich besucht um mir zu sagen, dass ich eigentlich eine Hexe war und er mich gerne an seiner Schule hätte? Ich bezweifelte es irgendwo. Prof. Snape war so ganz anders als Prof. Dumbledore.
Es vergingen mehrere Tage und schließlich auch mehrere Wochen, was für mich den großen Vorteil einbrachte, dass es gleichzeitig auch das Ende der Besenflugstunden bedeutete. Ich konnte mich zwar mittlerweile auf einem Besen gut halten und war dazu in der Lage, kleinere Flugrunden gut zu überstehen, allerdings war mir dabei noch immer unbehaglich zumute. Weil Madame Hooch unsere Flugfähigkeiten benoten musste, gab sie mir ein C+ für meine Mühen, was für mich aber vollkommen in Ordnung war. Ich machte gedanklich drei Kreuze und konnte die Stunde aus meinem Plan endlich streichen.
Ich wurde ansonsten sowohl während des Unterrichts, als auch darüber hinaus sehr gut eingespannt. Die Lehrer gaben uns mehr und mehr Hausaufgaben auf, sodass der Großteil die Schüler bis spät in den Abend hinein damit beschäftigt waren, ihre Aufsätze zu schreiben oder Zauber zu üben. Wenn ich mich einmal an einen Aufsatz setzte, beschäftige ich mich so intensiv damit, dass sie manchmal den Rahmen des Inhalts völlig sprengten und deutlich länger wurden als von der Lehrern vorgegeben wurde. Insbesondere Prof. McGonagall war hellauf begeistert, wie sie mir später mitteilen ließ.
»Also Miss Spring, ich muss schon sagen, Sie begeistern mich mit ihren Texten. Sie beschreiben so detailliert und gehen weit in die Materie hinein. Das ist sehr hohes Niveau. Weiter so!« Die anderen Lehrer hielten sich eher zurück. Prof. Binns schien es so oder so ziemlich egal zu sein, was die Schüler ablieferten. Prof. Flitwick gab während der Unterrichtszeit nie Aufsätze auf, sondern beharrte darauf, dass seine Schüler die Zauber übten. Prof. Knight, der den Slytherins nicht traute, kommentierte gar nicht und Prof. Snape legte Wert auf die Vorbereitung auf die nächste Stunde was bedeutete, dass wir Zutatenlisten beschaffen oder Brauanleitungen erstellen sollten. Prof. Sprout hingegen teilte uns oft mit, mit was wir uns in den nächsten Stunden beschäftigen würden und sollten das Wissen dafür entsprechend zusammentragen. Das einzige Fach, für das ich mich weniger anstrengte, war Astronomie und die Tatsache, dass wir kaum bis keine Hausaufgaben aufbekamen, war eine große Erleichterung für mich.
Wenn ich gerade nicht mit den Hausaufgaben beschäftigt war oder damit, Buchartikel zu lesen, die mich interessierten, zauberte ich heimlich. Ich war einige Tage damit beschäftigt, einen geeigneten Ort zu finden, an dem ich üben konnte, was sich allerdings als schwierig erwies. Das gesamte Schloss war oftmals voll mit Schülern. In der Bibliothek war das Üben von Zaubern streng verboten. Die Klassenräume waren entweder besetzt oder abgeschlossen und der Gemeinschaftsraum eignete sich ebenfalls kaum, da sich ständig Schüler dort aufhielten. Da ich es also für ziemlich aussichtslos hielt, im Schloss eine geeignete Räumlichkeit zu finden, versuchte ich es außerhalb des Schlosses auf den Ländereien. Zugegeben, es sagte mir nicht sonderlich zu, denn der Oktober war sehr ungemütlich und kalt. Allerdings hatte das den Vorteil, dass die Kälte andere Schüler fern hielt und ich so in Ruhe nach einem Ort Ausschau halten konnte. Ich wusste, dass es nicht erlaubt war, den Wald zu betreten, demnach konnte ich diesen sofort ausschließen. Das Quidditchfeld eignete sich ebenfalls nicht, da dort meistens die Mannschaften trainierten. Schließlich entdeckte ich eine Stelle am großen See, die sich als Übungsplatz für meine Experimente sehr gut eignen sollte. Aber weil ich die Kälte wirklich nicht gerne mochte, begab ich mich die erste Zeit höchstens alle drei bis vier Tage nach draußen, um neue Zaubersprüche auszuprobieren, auf die ich in der Bibliothek gestoßen war.
Den Rest meiner Freizeit verbrachte ich oft mit Samanta, die allerdings auf Grund ihrer ZAG-Prüfungen ziemlich im Stress war. Sie war allerdings auch dankbar dafür, wenn ich für Ablenkung sorgte und wir über alles mögliche sprachen, nur nicht über den Unterricht. Es war dann oft so, dass wir uns abends in eine ruhige Ecke des Gemeinschaftsraumes setzten, so wie auch an einem Abend, an dem Samanta den Eindruck erweckte, über etwas anderes noch sehr besorgt zu sein. Ich spürte, dass ihr etwas auf dem Herzen lag und ich machte ihr das Angebot, jederzeit mit mir sprechen zu können. Ich war sehr verwundert darüber, dass sie dieses Angebot sofort annahm.
»Weißt du… Wir kennen uns noch nicht sehr lange. Aber wir verstehen uns schon so gut und ich habe bei dir den Eindruck, dass ich dir vertrauen kann«, begann sie. »Es gibt da etwas, dass mir schon sehr lange Sorge bereitet, aber ich kann mit niemandem darüber sprechen.«
»Und warum nicht?«, fragte ich. Samanta schien sehr verunsichert zu sein. »Es ist… so etwas wie ein Geheimnis. Aber ich schäme mich auch sehr dafür und weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich glaube, mich wird niemand verstehen.«
»Das kannst du nicht wissen, nicht ehe du es jemandem erzählt hast, oder?«, fragte ich Samanta schließlich.
»Jaaa… wahrscheinlich schon.«
»Und wenn du dich für etwas schämst, solltest du es jemandem erzählen, dem du sehr vertraust. Du hast gerade gesagt, dass du mir vertrauen kannst. Dann erzähle es mir. Vielleicht kann ich dir ja helfen.« Samanta lächelte erleichtert und atmete einmal tief durch. »Okay«, sagte sie schließlich. »Weißt du… es gibt da eine Person, die mir sehr wichtig ist. Sie ist mir sogar sehr wichtig, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Du bist also in jemanden verliebt?«, hakte ich nach. Samanta nickte kaum merklich. »Ja, ich glaube schon. Die Sache ist nur die… es gibt mehrere Probleme. Und die machen die ganze Sache sehr kompliziert.« Irgendwie kam mir das sehr bekannt vor. Samanta redete nicht weiter, also hakte ich erneut nach:
»Was sind das denn für Probleme?« Samanta zögerte wieder. Es schien ihr sehr unangenehm zu sein.
»Marie… du darfst es wirklich niemandem erzählen. Bitte versprich es mir!«
»Ich sagte doch schon, dass du mir vertrauen kannst«, sagte ich ungeduldig. »Jetzt sag schon.« Samanta atmete erneut tief durch. »Also gut«, begann sie. »Diese Person… sie ist… naja sie ist ein Mädchen. Ich bin in ein Mädchen verliebt.« Samanta fasste sich mit ihrer Hand an die Stirn und wirkte beschämt. »Aber Samanta«, sagte ich beistehend, »das ist doch absolut nichts Schlimmes.« Samanta sah erleichtert auf. »Du findest das also nicht schlimm? Oder… unnormal?« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, absolut nicht«, bestätigte ich. »Wir leben doch außerdem in einer modernen Zeit. Aber du hast Angst davor, es offen zuzugeben und denkst, andere würden das nicht tolerieren?«
»Es weiß einfach niemand. Und ich weiß einfach nicht, wie alle reagieren würden, wenn ich mit einer Frau zusammen wäre.« Ich verstand das sehr gut. »Also darüber machst du dir solche Sorgen?«, hakte ich erneut nach. »Du wärst gerne mit ihr zusammen und kannst aber nicht, weil du Angst hast?« Samanta nickte. »Ja… »
»Und was denkt sie darüber? Wer ist sie überhaupt?«, wollte ich wissen. »Ihr Name ist Levia. Sie ist im Haus Ravenclaw und besucht ebenfalls meine Jahrgangsstufe. Und was sie darüber denkt… ich bin mir da manchmal nicht so sicher. Sie sagt mir sehr oft, dass sie mich lieb hat und sich hingezogen fühlt. Aber ich glaube, sie traut sich ebenfalls nicht. Ich weiß aber auch nicht, ob es ihr wirklich ernst ist oder ob sie das nur so daher sagt. Das wäre ziemlich große Scheiße, weil das nämlich viel in mir bewirkt, verstehst du?«
»Es ist nie schön, wenn jemand etwas sagt, was er oder sie aber gar nicht so meint«, erwiderte ich. »Schau. Im Grunde genommen ist es doch nichts anderes, als würdest du einen Jungen lieben. Eigentlich ist das nämlich vollkommen egal. Ihr müsst es auf jeden Fall probieren und dürft nicht an die anderen denken. Vergiss nicht, dass du zum Haus Slytherin gehörst und… wir Prof. Snape als Hauslehrer haben. Er würde es niemals zulassen, dass jemand seine Schüler schikaniert.« Ich dränge meinen Gedanken an ihn sofort wieder beiseite. »Und ich auch nicht, wenn es um dich geht und um das, was du dir wünschst«, fügte ich schließlich hinzu.
»Das ist so lieb von dir, dass du das sagst«, sagte Samanta. »Das meine ich auch wirklich ganz ehrlich«, betonte ich. »Aber zuerst musst du herausfinden, was Levia wirklich von dir denkt. Denn, wenn du deine Energie für nichts und wieder nichts verschwendest, ist das blöd. Das würde dir nicht gut tun.« Samanta nickte zur Bestätigung. »Ich weiß… Deswegen hatte ich ja so gehofft, dass ich mich mit ihr einmal ganz in Ruhe in Hogsmeade treffen könnte, um mit ihr über alles zu reden. Aber leider darf ich nicht mit.« Samanta schaute betreten zu Boden. »Warum darfst du nicht nach Hogsmeade?«, wollte ich wissen. »Ich habe beim letzten Mal Mist gebaut. Ich habe etwas zu viel getrunken und mehrere Hausregeln gebrochen. Das konnte Prof. Snape nicht dulden. Also hat er mir Hogsmeadeverbot erteilt, damit das nicht noch einmal passiert.« Das war natürlich eine blöde Sache. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen war. »Wann ist der Ausflug nach Hogsmeade denn?«, fragte ich sie schließlich, denn ich hatte tatsächlich keine Ahnung. »Der Ausflug findet in diesem Jahr das erste Mal am letzten Wochenende vor Weihnachten statt.«
»Okay. Wir haben also noch ein bisschen Zeit. Das ist gut«, sagte ich beinahe zu mir selbst. »Mach dir darüber jedenfalls keine Sorgen. Wir bekommen das schon irgendwie hin. Ich werde mit Prof. Snape sprechen und versuchen, ihn zu überreden, dass du doch mit kannst.« Samanta sah mich ungläubig mit großen Augen an.
»DAS würdest du ernsthaft für mich tun?«
»Klar«, sagte ich entschlossen. Ich wusste natürlich nicht, ob es funktionieren würde. Aber ein Versuch war es vielleicht Wert. »Mann Marie… ich weiß gar nicht was ich sagen soll.«
»Naja, noch ist ja nichts geklärt. Bedanke dich am besten nicht zu früh. Ich versuche es aber«, sagte ich bestimmend. Ein kurzes Schweigen trat ein und Samanta erweckte den Anschein, als würde sie noch etwas sagen wollen. Noch ehe ich nachfragen konnte, was los war, ergriff sie das Wort, wobei sie leicht schelmisch dabei wirkte:
»Du… sag mal. Wo wir gerade von Snape sprechen… Ist dir eigentlich schonmal aufgefallen, wie er dich ständig anstarrt?« Mein Herzschlag setzte für einen kurzen Moment aus. Ich hatte mit vielen gerechnet, aber nicht damit. »Er starrt mich nicht an!«, protestierte ich sofort und Samanta fing an zu grinsen. »Oh doch, Marie. Ist dir wirklich noch nie aufgefallen, wie oft er dich ansieht und vor allem wie er das tut?« Ich merkte, wie mir die Röte ins Gesicht stieß. »Wann ist dir das denn aufgefallen?«, wollte ich wissen und versuchte, meine Nervosität zu verbergen. Mein Herzschlag hatte sich stark beschleunigt. »Naja… Ist nicht wirklich schwierig, denn er ist ziemlich oft in deiner Nähe. Und da wir ja ebenfalls sehr oft zusammen sind, fällt mir das nun einmal auf«, sagte Samanta gelassen. »Er wirkt auch während des Unterrichts total ruhig und nachdenklich. Das ist echt seltsam. Wenn man also eins und eins zusammenrechnet, könnte man fast darauf kommen, dass es etwas mit dir zu tun haben könnte.«
»Das ist doch Quatsch!«, sagte ich abfällig. »Ich glaube, du bildest dir das ein. Und außerdem… selbst wenn. Mich glotzt doch fast jeder hier an. Schon vergessen? Ich bin schon einhundert Jahre alt!« scherzte ich übertrieben. Samanta lachte. »Glaub mir. Das liegt nicht daran. Willst du wissen, was ich denke, Marie?«
»Ich glaube nicht«, sagte ich schnell. »Ich glaube«, sagte Samanta und machte danach eine künstlerische Pause, »dass unser Professor auf dich steht!«
»Bist du wahnsinnig?«, fragte ich empört. »Wie kommst du denn darauf?« Samanta lachte schadenfroh. »Ich stehe zwar auf Mädchen, aber ich kenne diesen Blick. Und ich wette mit dir, dass er auf dich steht.« Das verschlug mir vollkommen die Sprache. Ich sank in meinen Sessel zurück und schwieg. Konnte sie Recht haben? Und vor allem, wie kann es sein, dass ihr das aufgefallen war? Und wenn nun andere das ebenfalls bemerkt hatten? »Ist alles ok, Marie?«, fragte Samanta schließlich. »Ich… weiß nicht«, sagte ich langsam. Samanta hatte mir eine große Sache anvertraut und ich fragte mich, ob auch ich ihr etwas anvertrauen konnte. Aber was sollte ich ihr sagen? Sollte ich ihr davon berichten, was am Abend meines Geburtstages passiert war? Oder gar von dem ersten Abend, als ich ihm im Tropfenden Kessel begegnet war? Was er in mir auswirkte, wenn ich ihn auch nur ansah? »Meinst du das wirklich ernst, was du gerade gesagt hast, Samanta?«, fragte ich sie schließlich, um mir Vergewisserung zu verschaffen. Samanta zuckte mit den Schultern. »Ich sage dir nur, was mir aufgefallen ist und was ich denke. Ich finde nur, dass du es ebenfalls wissen solltest, denn anscheinend bekommst du ja echt nichts mit. Außerdem ist das lustig mit anzusehen, denn du hättest ihn die Jahre vor dir mal erleben müssen. Er war teilweise unausstehlich. Aber seitdem du hier bist, ist er irgendwie anders. Er ist teilweise zwar immernoch nicht auszuhalten, aber… anders eben. Ich habe ihn vorher noch nie so erlebt.«
»Das ist absolut nicht lustig, Samanta«, sagte ich, allerdings weniger vorwurfsvoll, sondern viel eher besorgt.
»Was ist denn los, Marie? Ich wollte dich nicht ärgern, falls du das denkst. Ist doch nur Spaß.«
»Nein, das ist es nicht…« erwiderte ich daraufhin. »Ich habe ebenfalls ein großes Geheimnis. Aber darüber mit irgendjemandem zu sprechen, wäre… tödlich.« Ich wusste, dass es eine Übertreibung war, allerdings fiel mir kein anderes Wort ein. »Jetzt bin ich aber neugierig!«, sagte Samanta mit großen Augen. »Ich werde nicht schlafen können, wenn du es mir nicht erzählst.« Ich musste ein wenig schmunzeln. Schließlich fasste ich den Entschluss, ihr nicht alles zu erzählen. Ich beichtete ihr, dass Prof. Snape mich faszinierte und gab zu, dass ich manchmal seinen Blick förmlich spürte. Ich erzählte ich auch von der Situation im Tropfenden Kessel und dass er mich letztens in sein Büro zitiert hatte, um mit mir zu sprechen. Ich verlor kein Wort darüber, wie er mich berührt hatte oder wie nahe er mir gekommen war oder gar, wie betrunken ich letztlich sein Büro verlassen und dass er mich bis zum Gemeinschaftsraum begleitet hatte. Ich gab lediglich zu, ihn anziehend zu finden. Und je mehr ich erzählte, desto klarer wurde mir einiges. Ich erinnerte mich daran, wie oft ich mich beobachtet gefühlt hatte, wenn ich die Gänge im Schloss entlang ging oder wenn ich in der Bibliothek saß. Auch während der Mahlzeiten war es nicht selten vorgekommen, dass ich etwas spürte. Ich erzählte Samanta aber auch, dass mich meine Gefühle verunsicherten. Schließlich war Prof. Snape noch immer mein Lehrer. Ich kannte das aus der Muggelwelt, dass es nicht nur verpönt war, sich auf einen Lehrer einzulassen, sondern es auch zu Problemen führen konnte. Samanta hatte mir aufmerksam zugehört und mich nicht ein Mal unterbrochen.
»Du stehst also ernsthaft auf Snape?«, frage Samanta ungläubig. Ich zuckte mit den Schultern. »Anscheinend schon…«, gab ich zur Antwort. »Okay, das ist echt kompliziert«, erwiderte Samanta daraufhin. »Aber glaubst du nicht, dass Dumbeldore da ganz cool drauf ist?« Ich sah Samanta verwirrt an. »Prof. Dumbledore? In wie fern?«, wollte ich wissen. »Naja, Dumbledore faselt doch regelmäßig davon, dass er an die Liebe glaubt und sie schätzt. Und Snape wird schon wissen, was er macht. Und wenn er echt verknallt ist in dich, dann wird das ok sein und Dumbledore wird ihn oder dich deswegen nicht rauswerfen.Schließlich darf man nicht vergessen, dass du schon längst volljährig bist.«
»Du bist mit deinen Gedanken viel zu weit weg, Samanta. Ich glaube nicht, dass Prof. Snape verknallt in mich ist…«
»Aber du machst dir Sorgen darüber«, unterbrach mich Samanta. »Ja… Aber nur, weil ich an so etwas wie Konsequenzen nun einmal denke…« Samanta unterbrach mich sofort erneut. »Jetzt mach mal halblang. Snape steht auf dich.« Weil sie meinen skeptischen Blick bemerkte, berichtigte sie:
»Ok. Nehmen wir mal an, er steht auf dich. Wenn du ihn ebenfalls magst, dann solltest du es probieren und einfach vergessen, dass er dein Lehrer ist. Wen interessiert das schon?«
»Naja… die Schüler vielleicht? Oder die anderen Lehrer?« Samanta sah mich ermahnend an. »Okay, warte mal: Du hast gerade zu mir gesagt, die anderen sollen mir egal sein. Warum sollten dir die anderen also nicht egal sein?« Ich erkannte, dass ich Samanta zustimmen musste. »Du machst dir echt zu viele Gedanken. Warte doch erst einmal ab, was passiert. Ob er dich wieder zu einem Gespräch einlädt…« zwinkerte sie. Ich musste lachen.
»Du musst mich in jedem Fall auf dem Laufenden halten, ok?« Ich nickte. »In Ordnung. Aber wir fassen keine übereifrigen Schlüsse. Und vor allem bleibt das unter uns.«
»Aber klaro!«, stand Samanta mir bei. Nach unseren Gespräch war mir klar geworden, wie erleichtert ich darüber war, es ihr anvertraut zu haben. Noch dazu hatte sie mir ebenfalls etwas anvertraut und das fühlte sich gut an. Was sich außerdem gut anfühlte war die Tatsache, dass ich eine sehr gute Freundin dazu gewonnen hatte. Wenn ich eines wusste dann, dass sich nur Freunde ihre Geheimnisse miteinander teilten. Ich hatte Samanta außerdem versprochen, ihr bei ihrem Problem zu helfen, was ich auf jeden Fall einhalten wollte. Sobald die Situation es hergeben würde, würde ich Prof. Snape darum bitten, das Ausflugsverbot zu revidieren. Ich musste ihn einfach nur überzeugen. Irgendwie.
Es war ein verregneter und stürmischer Oktoberdonnerstag, der sogar den Kerker im Schloss noch düsterer werden ließ als sonst. Zudem war es ungemütlich kalt und so nutzte ich das Feuer unter meinem Kessel während der Zaubertrankstunde als Wärmequelle. Zusätzlich machte ich mir Gedanken, die mich innerlich erwärmten und hatte dabei nicht vergessen, was Prof. Snape mir gesagt hatte.
»Ich möchte nicht, dass Sie damit aufhören mich anzusehen.«
Immer, wenn ich meine Augen auf Prof. Snape richtete, trafen sich unsere Blicke für einen kurzen Moment. Ich vermied es, eine allzu intensive Spannung entstehen zu lassen. So ging das jetzt mehrere Wochen, seit dem Abend meines Geburtstages, an dem ich eine angenehme Zweisamkeit mit Prof. Snape verbracht hatte. Nach wie vor war es mir nicht möglich, dieses Ereignis zu bewerten. Es hatte so viel in mir bewirkt und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als das erneut erleben zu dürfen. Ich gab zu, ich vermisste seine Nähe und wollte noch einmal seine Hand auf meiner Spüren. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen und spürte, wie sich Wärme in mir ausbreitete. Ich dachte an meine Träume und an meine Fantasien, in denen ich Prof. Snape noch näher gekommen war und daran, wie sehr ich es liebte. Jede Berührung, ob die seiner Hände an meinem Körper oder seine Lippen auf meinen, waren mir so real erschienen und ernüchterten mich jedes Mal wieder, wenn ich allein in meinem Himmelbett aufwachte. Ich öffnete meine Augen wieder und musste schmunzeln. Dass ich meine Gefühle für Prof. Snape bereits Samanta anvertraut hatte, verunsicherte mich nicht im geringsten. Im Nachhinein war mir sogar bewusst geworden, dass es mich zusätzlich bestärkte und mir Mut gab, weiterhin zu empfinden, zu wünschen und zu träumen. Samanta hatte mir Hoffnungen gemacht, indem sie darauf bestand, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und herauszufinden, was Prof. Snape wollte.
Schließlich wurde ich in das Hier und Jetzt zurückgezogen, als der Trank seinen Siedepunkt erreicht hatte und es Zeit war, die Flammen zu löschen. Prof. Snape begutachtete am Ende der Stunde den Inhalt unserer Kessel und war insgesamt unzufrieden mit der Gesamtleistung.
»Ich erwarte von Ihnen in der nächsten Stunde etwas mehr Konzentration und außerdem möchte ich, dass Sie mir vor der nächsten Stunde einen Aufsatz über die heutige Stunde aushändigen. In diesem werden Sie mir ganz genau erklären, wie Sie den Auffrischungstrank korrekt zubereiten. Ich werde keine Fehler dulden, insbesondere nicht von den Schülern meines Hauses.« Ein Stöhnen war zu vernehmen, aber ich nahm es mittlerweile mit Leichtigkeit. Es war schließlich nur ein Aufsatz. »Die Stunde ist hiermit beendet«, sagte Prof. Snape missgelaunt.
»Miss Spring, Sie bleiben noch. Alle anderen sind entlassen.« Überrascht sah ich auf. Ich ließ mir extra Zeit beim Aufräumen meines Platzes und trat näher an das Pult heran, als ich fertig war.
»Sie wollten mich sprechen, Professor?« Prof. Snape hatte sich von seinem Platz erhoben und sah mich an, während er sprach. »Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass ich Sie morgen Abend in meinem Büro erwarte. Wir haben etwas Wichtiges zu bereden. Gleiche Uhrzeit wie gehabt, Miss Spring.« Ich nickte zu meinen Einverständnis. »Wie Sie wünschen, Sir«, sagte ich. »Außerdem…«, fügte er hinzu, »möchte ich betonen, dass meine Unzufriedenheit keinesfalls Sie betrifft. Ich bin mit ihren Leistungen sehr zufrieden und erwarte lediglich, dass Sie so weitermachen wie bisher.« »Ja, Professor«, sagte ich, wobei mir leichte Röte ins Gesicht stieg. Schließlich nahm ich meine Sachen in die Hand und verließ den Klassenraum. Auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum machte sich eine deutlich spürbare Vorfreude in mir breit. Allerdings war ich mir noch nicht sicher, ob es ein gutes Gespräch sein würde.
Der nächste Tag zog sich elendig hin. Die Stunden wollten nicht vergehen und ich tat mich sehr schwer damit, meine freie Zeit verstreichen zu lassen. Ich hatte bereits den Aufsatz für Prof. Snape beendet, aber es war gerade einmal kurz nach 18 Uhr. Die Bibliothek war schon geschlossen, also konnte ich mich dort nicht mehr aufhalten. Samanta war damit beschäftigt, für ihre ZAG-Prüfungen zu lernen, wobei ich ihr nicht behilflich sein konnte. Schließlich hatte ich mich mit einem Buch in einen Sessel gesetzt und es dauerte gar nicht lange, als sich Maggie zu mir gesellte, um gestreichelt zu werden. Als es schließlich Zeit zum Abendessen war, ließ ich mir beim Essen reichlich Zeit. Anschließend entschied ich mich dafür, mich noch für eine Weile aufs Ohr zu legen, wobei ich nicht wirklich schlief, sondern maximal vor mich hindöste. Erst als es viertel vor neun war, zog ich mir das schlichte, schwarze Kleid an, welches ich bereits im Tropfenden Kessel getragen hatte und wollte sicher gehen, auch möglichst gut auszusehen. Aufregung machte sich in mir breit und es wurde nicht besser, als ich den Gemeinschaftsraum verließ und mich inklusive dem bereits fertig gestellten Aufsatz auf den Weg zum Büro von Prof. Snape machte.
Als ich an die Tür geklopft hatte, öffnete Prof. Snape diese. »Kommen Sie herein.« Ich betrat das Büro und hörte, wie die Tür diesmal geschlossen wurde. Prof. Snape rauschte an mir vorbei und blieb an seinem runden Tisch stehen. Ich ging ihm nach und reichte ihm meine Pergamentrolle, die mit einem schwarzen Stoffband zusammen gehalten wurde. »Der Aufsatz, Sir«, sagte ich. Prof. Snape machte ein etwas verwundertes Gesicht.
»Das ging schnell bei Ihnen. Und was soll das Band?«
»Die Bänder dienen zur Orientierung, Sir. Ich schreibe oft an mehreren Aufsätzen und so vertausche ich die Rollen nicht.« Prof. Snape zog seine Brauen nach oben. »Raffiniert«, sagte er trocken. Er nahm die Rolle an sich und legte sie auf den runden Tisch. Anschließend verschränkte er seine Hände hinter seinem Rücken und sah mich an. Es wirkte fast so, als würde ich ihm für irgendetwas eine Erklärung schuldig sein. Schließlich ergriff ich das Wort:
»Sie wollten mit mir etwas Wichtiges besprechen, Sir?« Prof. Snape setzte sein eigentümliches Lächeln auf, bevor er sprach. »Allerdings. Ich habe ausgiebig über den letzten Abend nachgedacht, Miss Spring.«
»So?«, fragte ich und versuchte, möglichst überrascht zu klingen. »Sie etwa nicht?«, wollte Prof. Snape wissen. Ich war verunsichert. Was wollte er hören? »Ich…«, begann ich, wobei ich erst kein Wort hervor brachte.
»Ja, schon.« Ich sah betreten zu Boden und wagte es nicht, Prof. Snape anzusehen, weil ich mich schämte.
»Nun, Miss Spring, Sie waren mutig genug, Ihre Gedanken vor mir auszusprechen. Sie haben sich mir anvertraut und nun möchte ich auch Ihnen etwas anvertrauen.« Ich sah zu ihm auf, fragte aber nicht weiter.
»Die Wahrheit ist…«, begann er, »dass ich bereits über Ihre Gedanken sehr gut Bescheid wusste.« Verwirrt sah ich ihn an. »Was meinen Sie damit, Sie wussten Bescheid? Und woher?« Prof. Snape schien amüsiert. »Ich habe eine Begabung dafür, die Gedanken und Gefühle meines Gegenübers zu erkennen und zu deuten.« Ich verstand noch immer nicht, also hakte ich nach:
»Wollen Sie mir damit etwa sagen, dass Sie Gedanken lesen können, Sir?« Prof. Snape lächelte wieder. »Die korrekte Bezeichnung für diese Begabung nennt sich 'Legilimentik'. Demnach bin ich also ein Legilimentor.« Davon hatte ich noch nie gehört und was noch viel bedeutender war, es schockierte mich. Auf der anderen Seite erklärte das einiges. Dennoch verstand ich es nicht richtig. »Aber wenn Sie meine Gedanken bereits kannten, warum haben Sie mich dann gefragt, was ich denke?«
»Können Sie sich diese Frage nicht selbst beantworten?« Ich sagte nichts. »Ich wollte es von Ihnen hören« fuhr er fort. »Ich wollte wissen, ob Sie ehrlich zu mir sind.«
»Aber warum?«, fragte ich völlig verständnislos. Plötzlich änderte sich Prof. Snapes Miene und mein Herzschlag setzte für einen Moment aus. Ich erkannte Anzeichen von Triumph und so etwas wie… Macht. Prof. Snape trat näher und sah mich intensiv an. »Glauben Sie, es ist mir entgangen, wie Sie mich ansehen, Miss Spring?« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Sonst hätten Sie mich ja beim letzten Mal nicht gefragt, was ich denke.«
»Ich kenne Ihre Fantasien und Wünsche, Miss Spring. Und dennoch… all das und ihre Worte, so inspirierend und reizvoll sie auch sind… Ich bin stets ein Mann der Taten.« Ich schluckte schwer. »Ein Mann der Taten?«
»Ich habe mir die Frage gestellt«, fuhrt Prof. Snape fort, wobei er, während er sprach, mich halb umrundete, sodass er schließlich zu meiner Linken stand, »wie weit Sie wohl bereit wären zu gehen.«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen, Sir«, sagte ich, wobei sich mein Herzschlag mehr und mehr beschleunigte. Ich war schrecklich aufgeregt. »Sie befolgen stets Regeln, Miss Spring? Jedenfalls waren das ihre Worte…« Ich nickte. »Ja, Sir. Natürlich.«
»Dann wären Sie auch bereit, meine Regeln zu befolgen?« Worauf wollte er nur hinaus? Er sprach in Rätseln.
»Ich glaube schon, Sir. Aber ich kenne Ihre Regeln ja nicht.«
»Darauf wollte ich gerade hinaus. Um mir zu zeigen, wie folgsam Sie sind, habe ich einige Regeln aufgestellt, die ich gleich formulieren werde. Ob Sie sich dem fügen wollen, liegt ganz bei Ihnen. Wenn Sie den Mut dazu haben, bleiben Sie. Wenn nicht, dann verlassen Sie mein Büro.« Ich hatte also eine Wahl, aber was genau bedeutete das? Auf was würde ich mich genau einlassen? Ich wusste, dass es nur eine Möglichkeit gab, es herauszufinden. »Ich bleibe!«, sagte ich schließlich. Prof. Snape lächelte triumphierend. »Gut«, sagte er schließlich. »Die erste Regel wird sein, dass ich dich zukünftig bei deinem Vornamen anspreche und 'Du' zu dir sagen werde. Was dich betrifft, so wirst du mich weiterhin mit 'Sir' ansprechen. Ich bin der Meinung, dass diese Regel einiges viel einfacher machen wird und zudem deine Position am besten widerspiegelt. Hast du das so weit verstanden?«
»Ja, Sir«, sagte ich. »Zweitens möchte ich dich besser im Auge behalten. Aus diesem Grund wirst du dich zukünftig, sowohl während meines Unterrichts, als auch während deiner Mahlzeiten, stets in meiner Nähe aufhalten. Verstanden?«
»Ja, Sir. Das werde ich«, willigte ich ein. »Sieh mich an!«, sagte Prof. Snape plötzlich beherrschend. Ich tat wie mir geheißen und sah in seine schwarzen Augen. »Kommen wir jetzt zu den wirklich interessanten Punkten.« Nachdem er das gesagt hatte, trat er mir so nahe, wie er mir bereits schon einmal gekommen ist. Prof. Snape sah mich von oben bis unten an. »Du wirst mir zu jeder Zeit Respekt entgegen bringen und mir gehorchen. Du tust, was ich dir sage.«
»Ja, Sir«, sagte ich, ohne zu zögern. Daraufhin drängte er mich näher an seinen Schreibtisch heran, indem er einige Schritte machte und ich demnach gezwungen war, zurückzuweichen, bis ich an die Tischkante stieß.
»Nimm deine Hände hinter deinen Rücken und dreh dich um«, sagte er ruhig. Ich tat wie mir geheißen, führte meine Arme nach hinten und drehte mich langsam um, sodass ich mitten in den Raum sah. Prof. Snape trat noch näher, sodass er direkt hinter mir stand. Nur wenige Zentimeter trennten uns. »Viertens…«, sagte er schließlich, »wirst du jegliche Annäherung meinerseits zulassen. Du wirst nicht vor mir zurückweichen und wirst jede Art von Berührung über dich ergehen lassen.«
»Ja, Sir«, sagte ich erneut, ohne darüber nachzudenken. Prof. Snape umklammerte mit einem Arm meine Hüfte, sodass seine Hand an meinem Bauch lag. Plötzlich ergriff er mich mit der anderen Hand an den Haaren. Dieser Überraschungsmoment und die Tatsache, dass es leicht wehtat, überwältigten mich so sehr, dass ich kurz aufstöhnte. Die Hand an meinem Bauch hingegen wanderte zu meinem Hinterteil und es dauerte gar nicht lange, als ich sie schließlich unter meinem Kleid spürte. Eine heftige Erregung überkam mich. Nach einigen Minuten schob Prof. Snape mein Kleid nach oben und erkundete mein nacktes Hinterteil, bis er seine Hand schließlich zwischen meine Beine schob. Ich merkte einen kräftigen Ruck am Haarschopf und war gezwungen, meinen Nacken nach hinten zu legen, sodass mein Kopf an Prof. Snapes Brust angelegt war. Ein Finger glitt unter meinen Slip und schließlich tiefer zwischen meine Beine, was mich merklich aufstöhnen ließ. »Anscheinend gefällt dir, was ich mit dir anstelle«, sagte Prof. Snape leise in mein Ohr. Nachdem er das gesagt hatte, führte er einen Finger an meine Knospe, die er daraufhin langsam umspielte. Ich fing heftiger zu stöhnen an. Prof. Snape ließ sich dadurch nicht vollkommen aus der Ruhe bringen, sondern fuhr mit leiser Stimme fort:
»Solltest du die Regeln nicht befolgen, mich anlügen oder mir dein Verhalten zuwider sein, wird das Konsequenzen haben. Ich werde das Strafmaß bestimmen und du solltest dir darüber im Klaren sein, dass diese Strafen mit Schmerzen verbunden sein werden. Hast du das verstanden, Marie?«
»Ja, Sir«, stöhnte ich. Daraufhin ließ die Hand zwischen meinen Beinen von mir ab und ich wurde heftig herum gedreht, sodass ich Prof. Snape in das Gesicht sah. Die andere Hand hielt mich nach wie vor fest am Haarschopf. »Hast du Angst vor mir?«, fragte er schließlich bohrend. »Nein, Sir«, antwortete ich daraufhin, noch immer erregt. Prof. Snapes Mund kräuselte sich zu einem Lächeln, das auf eine gewisse Art und weise gefährlich wirkte. »Ich bin davon überzeugt…«, sagte er schließlich, »früher oder später wirst du Angst vor mit bekommen. Spätestens dann, wenn dich die erste Strafe erwartet.« Ich sah ihm in seine schwarzen Augen, die das erste Mal Gier widerspiegelten. Ich hatte das noch nie in dieser Form bei ihm gesehen, aber es erregte mich. Ich führte meine Hände an Prof. Snapes Brust und umfasste seinen Hals. Die Hand an meinem Haarschopf ließ von mir ab, nahm mich am Kragen und drückte mich an ein Regal, was sich in nächster Nähe befand. Ich ließ nicht von Prof. Snape ab, der seine Hände erneut unter mein Kleid schob. Ich legte meine Stirn auf seiner Brust ab und genoss es, wie er mich streichelte. Es fühlte sich wunderbar an und ich wollte, dass es niemals aufhört. Als ich seine Hände nicht mehr spürte, sah ich Prof. Snape erneut ins Gesicht, direkt in seine schwarzen Augen. Er ergriff behutsam mein Kinn und küsste für einen kurzen Moment meinen Hals und meine Wange. Mein Herz raste und mir wurde plötzlich ganz warm und leicht schwindelig. Es fühlte sich fantastisch an. »Sir«, sagte ich leicht benommen. »Warum… warum lassen Sie sich darauf ein?« Es dauerte eine Weile, ehe Prof. Snape darauf eine Antwort gab. »Wir sind beides erwachsene Menschen, Marie. Und auf wen oder was ich mich einlasse, ist meine Entscheidung.« Ich nickte, obwohl ich Unsicherheit verspürte. »Natürlich, Sir.«
»Du solltest jetzt schlafen gehen«, sagte er schließlich. Ich nickte erneut und war ein wenig enttäuscht. »Es war sehr schön mit Ihnen, Sir«, sagte ich schließlich, um meine Dankbarkeit zu zeigen. Prof. Snape wirkte zufrieden. »Vergiss die Regeln nicht«, erinnerte er mich. »Ja, Sir. Gute Nacht« erwiderte ich, ehe ich das Büro schließlich verließ. Draußen auf dem Gang hielt ich kurz inne, horchte in mich hinein und atmete ein paar Mal ein und aus. Mir war noch immer leicht schwindelig vor Erregung. Das, was an diesem Abend passiert war, sollte mich so schnell nicht loslassen. Ich musste für einen Moment für mich sein und über das nachdenken, was passiert war - und zwar sehr viel auf einmal. Auf was habe ich mich da nur eingelassen? Und was genau wollte Prof. Snape mit den Regeln bezwecken? Wollte er mich kontrollieren? All diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, während ich zügig zurück zum Gemeinschaftsraum ging. Dort angekommen bemerkte ich, dass sich Samanta noch dort aufhielt, die mich erwartungsvoll ansah. Sie stürmte auf mich zu und sprach möglichst leise.
»Es ist wieder passiert, oder?«
»Ja«, sagte ich nüchtern. Samanta grinste, allerdings konnte ich ihres nicht erwidern. »Was wollte er denn von dir?«, hakte sie nach. »Wir…« brachte ich hervor, »treffen uns jetzt wahrscheinlich häufiger um… zu reden.« Es war völlig absurd, allerdings konnte ich Samanta nicht erzählen, was wirklich passiert war. Die Röte stieß mir ins Gesicht. Samanta stupste mich zänkisch, aber liebevoll an. »Ist gut. Ich frage dich nicht weiter. Ich werde jetzt ins Bett gehen, denn ich bin echt müde. Bis morgen, Marie.«
»Bis morgen«, sagte ich wie in Trance. Ich blieb noch eine Weile regungslos im Gemeinschaftsraum stehen und wurde mir bewusst, wie still es auf einmal war. Sämtliche Schüler schliefen schon und keiner von ihnen wusste darüber Bescheid, was gerade in mir vor sich ging. Die meisten würden davon nicht einmal träumen, weil sie dafür noch viel zu jung waren. Schließlich musste ich grinsen und konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Es fühlte sich plötzlich so gut an, die Älteste und erwachsen zu sein.
Der Oktober neigte sich allmählich dem Ende entgegen und wurde mit einem großartigen Halloweenfest verabschiedet. An diesem Tag war die große Halle mit allerhand gruseligen Dekorationen geschmückt. Anstelle der Kerzen befanden sich geschnitzte Kürbisse an ihren Plätzen, Spinnweben zierten Wände und Möbel, der Boden war verstaubt und an einigen Stellen waren Blutstropfen zu sehen - hoffentlich keine echten. Die Tische waren überladen mit den verschiedensten Leckereien, welche aus Würstchen, Pasteten, Braten, Salaten, aber auch aus Kuchen, Torten und Keksen bestanden. In der großen Halle hatten sich alle Geister des Schlosses eingefunden, die zusätzlich für eine schaurige Stimmung sorgten. Noch dazu hatte ich noch nie so viele Geister auf einmal gesehen und mir wurde schaurig zumute bei dem Anblick. Ich war fasziniert davon, wie viel Mühe man sich gegeben hatte. In Deutschland hatten wir mit Halloween nicht sonderlich viel zu schaffen. In den meisten Fällen ging man verkleidet um die Häuser, um einige Süßigkeiten abzustauben. Für den Fall, dass niemand welche geben wollte, wurde ihnen Streiche gespielt oder aber man ließ es bleiben. Halloween schien in Hogwarts ein regelrechtes Fest zu sein und ich spürte sogar eine ganz eigene Form von Magie. Die Geister schienen sich prächtig zu amüsieren und erschienen mir so lebhaft, dass man hätte meinen können, sie wären völlig normale Menschen, wäre da nicht die Sache, dass man durch sie hindurch sehen konnte. Wer mich an dem Abend am meisten überraschte, war meine Katze Maggie. Inzwischen scheute sie sich nicht mehr davor, ihre vier Pfoten in die große Halle zu setzen. Sie hielt mir mittlerweile nicht nur einen Platz ganz vorne am Slytherintisch frei, sodass ich ganz in der Näh des Lehrertisches saß, sondern sie leistete mir während der Mahlzeiten Gesellschaft. Am Abend des Halloweenfests ging ich jedoch davon aus, dass sie sich wegen der gruseligen Stimmung nicht zu uns trauen würde. Allerdings belehrte meine Katze mich eines Besseren, denn die schaurige Atmosphäre schien sie nicht im Geringsten zu interessieren. Auch vor den Geistern schien sie keine Angst zu haben. Maggie war an dem Abend der Star der Stunde, da sie viele Herzen eroberte. Sie war so zutraulich wie noch nie und ließ sich von allen möglichen Leuten streicheln. Selbst die Lehrer waren hin und weg von meiner Katze, insbesondere Prof. Dumbledore und Prof. McGonagall schienen gerührt von ihrer Anwesenheit. Selbst bei Prof. Snape konnte ich beobachten, dass er gegenüber Maggie nicht abgeneigt war, sondern sie einige Male sehr liebevoll streichelte. Es war so rührend, dass es mein Herz erweichen ließ.
Nachdem der Oktober gegangen war, begrüßte uns der November mit einer üblen Laune, die uns Regen und Wind bescherte. Demnach vermied ich es, mich allzu lange außerhalb des Schlossgeländes aufzuhalten, obwohl es mir im Laufe meiner Zauberübungen gelungen war, einen Schild heraufzubeschwören, der mich vor Wind und Regen schütze. Der Nachteil war nur, dass er nur wenige Minuten anhielt und er mich viel Energie kostete. Ich war also gezwungen, das Üben vorerst einzustellen und mich wohl oder übel doch nach einer Möglichkeit innerhalb des Schlosses umzusehen. Meine Motivation dafür war sehr groß, denn je mehr Ablenkung ich haben konnte, desto besser war es für mich und dafür gab es einen ganz bestimmten Grund: Prof. Snape. Je mehr ich an ihn dachte, desto stärker wurden meine Erinnerung in Verbindung zu dem, was an jenem Abend geschehen war: Prof. Snape hatte mir offenbart, von meinen Gedanken, die ihn betrafen, schon lange zu wissen. Er war gewillt, mich auf die Probe zu stellen und hatte sich Regeln ausgedacht, an die ich mich zukünftig halten sollte. Dabei hatte er mir die Wahl gelassen. Ich hätte das Büro verlassen können, doch ich tat es nicht, sondern hatte mich darauf eingelassen, seine Regeln zu befolgen. Es war ein Moment, in dem mein Verstand völlig aussetzte - und zwar von ganz allein. Neugierde und Erregung hatten meinen Verstand benebelt, nachdem ich so unsittlich und intim berührt worden war, dass ich seither darüber Stillschweigen bewahrte. Seitdem hatte ich ein großes Geheimnis. Es gab bisher nur eine einzige Person, die meine Gefühle für Prof. Snape kannte und das war Samanta. Sie wusste lediglich, dass er mich faszinierte und ich ihn interessant fand. Samanta wusste aber ebenso, dass er das gleiche für mich empfinden musste. Ihr war nicht nur aufgefallen, wie er mich ständig ansah oder meine Nähe suchte, sondern dass er sich im Allgemeinen verändert zu haben schien, was ich aber nicht beurteilen konnte. Es gab nur eine Sache, die ich ganz genau wusste: So oft mich Samanta auch gefragt hätte, was an dem besagten Abend geschehen war, ich hätte ihr davon nichts erzählt. Ich ließ Samanta in dem Glauben, dass wir etwas Zeit miteinander verbracht und uns unterhalten hatten. So weit es mir möglich war, versuchte ich, meine Gefühle für Prof. Snape zu ignorieren, was mir aber nicht immer gelang. Es war schier unmöglich, wenn ich während des Zaubertrankunterrichts mit seiner Anwesenheit konfrontiert wurde. Seitdem es die Regeln gab, hatte sich etwas verändert. Ich spürte regelrecht, wie sich unsere Bindung zusätzlich verstärkt hatte. Während alle anderen Schüler den Raum nach Unterrichtsschluss verließen, ließ ich mir viel Zeit, um meinen Platz in Ordnung zu bringen oder unsere Trankproben abzugeben. Oftmals blieb es nicht bei unseren intensiven Blicken, sondern Prof. Snape nahm sich das Recht heraus, mich erneut zu berühren. Er betonte jedes Mal, wie sehr er es bedauerte, nicht viel Zeit zu haben und so ließ er mich in völliger Erregung gehen. Also suchte ich mir anderweitige Beschäftigung und tröstete mich damit, dass die Situation nun einmal kompliziert sei. Die Tatsache jedenfalls, dass er Interesse an meiner Person hegte, mache die ganze Sache nicht zwangsläufig einfacher. Vielleicht war er genauso verunsichert, wie ich oder er traute sich nicht, die Verbindung weiter zu vertiefen. Ich wusste letzten Endes nicht, was in dem Mann vor sich ging, da er es zu gut verbarg.
Am Montagmorgen wurde ich mit einem Brief am Frühstückstisch überrascht. Ich war schon davon ausgegangen, dass er von meiner Mutter sein müsste, wurde aber eines Besseren belehrt, als ich die Schrift erkannte.
Liebe Marie.
Es sind jetzt einige Wochen vergangen und ich würde mich freuen, wenn du mir heute Abend um 21 Uhr Gesellschaft leisten würdest. Ich möchte sehr gerne einige Worte mit dir wechseln. Mein Büro befindet sich in der zweiten Etage hinter den Wasserspeiern. Das Passwort zu meinem Büro lautet 'Himbeermarmelade'.
Bis später hoffentlich.
Albus Dumbledore
Der Gedanke, mich erneut mit Prof. Dumbledore unterhalten zu können, erfreute mich. Obwohl ich knapp zwei Monate in Hogwarts verbrachte hatte, war es mir bis dato nicht möglich gewesen, mit ihm sprechen zu können. Seit dem Besuch bei mir zu Hause war eine Menge geschehen und ich hoffte, einige Antworten auf meine Fragen bekommen zu können. Ich dachte dennoch so wenig wie möglich über das bevorstehende Treffen in der Hoffnung, kein noch schlechteres Gewissen zu bekommen, als ich es sowieso schon hatte. Ich durfte Prof. Dumbledore auf gar keinen Fall offenbaren, was ich über Prof. Snape dachte. Ich hatte es Prof. Dumbledore schließlich zu verdanken, dass ich überhaupt in Hogwarts war und wollte es mir auf gar keinen Fall kaputt machen. Das durfte nicht geschehen. Schließlich machte ich mich am Abend ganz gelassen auf dem Weg zum Büro des Schulleiters. An den zwei Wasserspeiern angekommen, sagte ich das mir bekannt gegebene Passwort und passierte den Durchgang zu einer Treppe, die mich gleich darauf nach oben Richtung Turmzimmer beförderte, welches das Schulleiterbüro war. Oben angekommen, stand ich vor einer massiven Holztür. Ich klopfte und vernahm ein freundliches »Herein«. Nachdem ich schließlich das Büro betreten hatte, fand ich mich in einem Vorzimmer wieder, in dem mehrere Schränke, Vitrinen und Gerätschaften standen, dessen Funktion ich nicht ausmachen konnte. Mehrere Porträts zierten die Wand. Einige der darauf abgebildeten Personen sahen mich neugierig und freundlich an, andere schienen zu schlafen, weil sie die Augen geschlossen hatten. Die Tatsache, dass sich die abgebildeten Personen bewegen konnten, faszinierte mich noch immer.
»Marie«, hörte ich Prof. Dumbledore erfreut sagen, der ebenfalls das Vorzimmer betreten hatte, »wie schön, dass du deine Zeit entbehren konntest.« Ich sah von den Porträts an der Wand zu ihm hinüber und lächelte.
»Selbstverständlich, Professor. Schließlich ist es schon eine Weile her, dass wir uns gesprochen haben.« Prof. Dumbledore nickte zustimmend. »Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach ist, Schulleiter einer Zaubererschule zu sein«, fügte ich hinzu. »Das ist wohl wahr«, bestätigte er. »Man hat als Schulleiter nicht nur eine hohe Verantwortung zu tragen, sondern auch jede Menge Pflichten.«
»Wer sind all diese Personen auf den Bildern?«, wollte ich wissen. » Diese Herrschaften hier «, sagte er mit einer ausschweifenden Geste in ihre Richtung, »sind die ehemaligen Schulleiter von Hogwarts. Von ihnen wirst du sicherlich schon gelesen haben.« Ich nickte. »Ja, in der Tat. Sind die Porträts denn dazu in der Lage, Ihnen Ratschläge zu erteilen, wenn Sie mal welche brauchen?«
»Das ist eine komplizierte Angelegenheit«, erwiderte Prof. Dumbledore. »Bei den Porträts funktioniert es nicht, wie bei uns Menschen. Es sind in erster Linie magische Abbilder. Hin und wieder ist es möglich, ihnen kleinere Aufträge zu erteilen, wie beispielsweise Nachrichten zu übermitteln, indem sie von einem Porträt zum anderen wandern. Aber dennoch… haben die Porträts, so wie du sie hier siehst, an Menschlichkeit und Leben verloren.« Prof. Dumbledore sprach möglichst leise, wahrscheinlich damit die Porträts es nicht hören konnten. Ich sah mich weiterhin etwas genauer im Büro um und erblickte einen Vogel, der auf einer Stange saß. Dieser hatte rot-orangenes Gefieder, das an lodernde Flammen erinnerte. »Ist das ein Phönix?«, fragte ich erstaunt, wandte meinen Blick aber nicht vom Vogel ab. In einem Buch war ich auf einen Artikel gestoßen, der Phönixe beschrieben und Abbildungen von ihnen gezeigt hatte. »Ja, das ist Fawkes«, antwortete Prof. Dumbledore. »Er ist mein treuer Begleiter schon seit vielen Jahren.« Ich ging etwas näher an den Vogel heran und betrachtete ihn. Er sah wunderschön aus und wirkte geradezu majestätisch. »Fawkes wird Ihnen nie von der Seite weichen«, sagte ich dann, »ich habe gelesen, dass Phönixe niemals sterben, sondern aus ihrer Asche wieder auferstehen. Wenn ich da an meine Maggie denke… eines Tages wird sie gehen und für immer fort bleiben. Der Gedanke macht mich traurig.«
»Aber Marie«, sagte Prof. Dumbledore aufmunternd, »du solltest weniger daran denken, was später einmal sein könnte. Wir müssen uns leider eines Tages alle von dieser Welt verabschieden, demnach sollten wir an die Zeit denken, die unmittelbar vor uns liegt.« Diese Worte stimmten mich nachdenklich. »Sie haben natürlich Recht, Sir. Ich mache mir manchmal einfach zu viele Gedanken.«
»Das ist immernoch besser, als sich gar keine zu machen«, zwinkerte Prof. Dumbledore. »Komm, setzen wir uns an meinen Schreibtisch, damit wir es etwas bequemer haben.« Ich folgte ihm in einen weiteren Raum hinein, der seinen Schreibtisch aus dunklem Holz erkennen ließ. Prof. Dumbledore setzte sich in seinen Sessel, der sich hinter dem Tisch befand und ich nahm ihm gegenüber Platz. Schließlich ergriff er das Wort:
»Wie ich sehe, hast du dich in Hogwarts bereits sehr gut eingelebt und auch der Unterricht scheint dir keinerlei Probleme zu bereiten. Die Lehrer berichten mir ständig nur Gutes über dich.« Ich merkte, wie ich rot wurde und sah zu meinen Füßen. »Wie denn… etwa alle?«, fragte ich nach. »Hast du etwa deine Bedenken?«, fragte Prof. Dumbledore. »Nicht unbedingt«, erwiderte ich. »Aber… einige Lehrer sind so streng, dass man gar nicht vermuten würde, dass sie überhaupt Lob aussprechen.«
»Ah, du sprichst von Prof. Snape«, warf Prof. Dumbledore ein. »Gerade er berichtet in höchsten Tönen von dir.« Mein Herzschlag beschleunigte sich. »Wirklich?«, hakte ich nach und Prof. Dumbledore nickte. »Ja. Er hat mir erst vor kurzem berichtet, für wie talentiert er dich hält und dass er darauf sehr stolz ist.« Mir stieß die Röte derart ins Gesicht, dass ich die Hitze deutlich spüren konnte. Es verschlug mir glatt die Sprache und ich drängte meinen Gedanken an Prof. Snape eilig beiseite. »Wissen Sie… Ich dachte eigentlich eher an Prof. Knight«, gab ich schließlich zu. »Ich habe gehört, dass er den Slytherins insgesamt eher misstraut. Stimmt das?« Prof. Dumbledore schien amüsiert, was mich sehr verwirrte. »Prof. Knight hält sehr an den Traditionen fest und nimmt manchmal vieles, was er aus Büchern oder Erzählungen kennt, für voller, als man eigentlich nehmen sollte. Leider konnte ich ihn bisher noch nicht dazu bewegen, etwas weiter über den Tellerrand zu blicken. Aber da ich ein verständnisvoller Mensch bin, akzeptiere ich seine Schwächen.« Ich realisierte, dass ich mit meinen Vermutungen gar nicht so falsch gelegen hatte. Prof. Knight war also in der Tat nur engstirnig und stur. »Mir ist auch nicht entgangen, dass du dich mit deinen Mitschülern sehr gut zu verstehen scheinst«, teilte mir Prof. Dumbledore mit.
»Ja, das stimmt«, gab ich zur Antwort. »Ich hatte erst befürchtet, mein Altersunterschied könnte sie verunsichern, aber den Eindruck habe ich nicht. Es scheint niemanden sonderlich zu stören.« Prof. Dumbledore sah mich eingehend an, ehe er erwiderte:
»Das liegt daran, weil dich die anderen schätzen, Marie. Sie respektieren und bewundern dich.« Ich machte große Augen. »Mich bewundern? Warum?«
»Du bist freundlich, respektvoll und hilfsbereit. Obwohl du älter bist als die anderen, behandelst du sie nicht von oben herab, sondern zollst ihnen Respekt und Dankbarkeit. Du nimmst dir Zeit für Menschen, die Hilfe brauchen und zeigst Verständnis für die Schwächen und Probleme anderer.«
»Warum sollte ich das auch nicht tun?«, hielt ich dagegen. »Für dich sind diese Dinge selbstverständlich, Marie. Für andere nicht unbedingt. Noch dazu sind diese Eigenschaften alle zusammen äußerst selten«, sagte Prof. Dumbledore. Ich erinnerte mich daran, wie ein Mädchen zu mir sagte, ich sei viel zu nett für jemand aus Slytherin. »Sir…«, sagte ich schließlich, »sind Sie der Meinung, dass ich eigentlich gar nicht zu Slytherin passe?« Prof. Dumbledore wirkte nachdenklich. »Nein, Marie. Das glaube ich nicht. Zudem würde ich die Fähigkeiten des Sprechenden Hutes anzweifeln, würde ich anderes denken.« Er machte eine kurze Pause. »Wie kommst du zu der Vermutung, nicht nach Slytherin zu passen?« Ich war unsicher. »Man hat mir schon mehrmals gesagt, ich sei so ganz anders, als die meisten anderen Slytherins.« Ich machte eine Pause, weil ich mir nicht sicher war, ob ich Prof. Dumbledore davon erzählen sollte. Schließlich entschied ich mich dafür und fuhr fort:
»Außerdem… hat selbst Prof. Snape gesagt, er hätte gedacht, dass ich sein Haus ablehnen würde. Demnach hat es ihn sehr überrascht, als mich der Sprechende Hut in sein Haus geschickt hat.« Prof. Dumbledore ging in sich. »Um ehrlich zu sein, Marie«, sagte er schließlich, »habe ich vermutet, dass das passieren würde.« Ich blickte auf. »Sie haben es vermutet?«, fragte ich ungläubig. Prof. Dumbledore nickte langsam. »Ja, Marie. Und um noch ehrlicher zu sein, ich wusste es sogar. Denn für gewöhnlich irre ich mich selten, wenn es um meine Schüler geht oder um jene, die es werden sollen.« Das überraschte mich sehr. Ich war mir bereits darüber im Klaren, dass Prof. Dumbeldore sehr viel wusste. »Ich verstehe nicht ganz, Sir«, sagte ich schließlich irritiert, »wie konnten Sie das vorher wissen?« Prof. Dumbledore verschränkte seine Finger ineinander und sah mich eingehend an. »Es gab gewisse Anzeichen, die darauf hindeuteten«, sagte Prof. Dumbledore trocken. »Was für Anzeichen?«, wollte ich wissen. Prof. Dumbledore sah kurz auf seine Tischplatte, ehe er mich erneut ansah und darauf erwiderte:
»Erinnerst du dich noch an die Frage, die ich dir einst stellte? Ich wollte von dir wissen, was sich genau ereignet hatte, kurz bevor dein Stiefvater starb.« Wieder nickte ich, aber es war mir unangenehm, daran erinnert zu werden. »Ja, Sir. Ich erinnere mich.« Prof. Dumbledore sah mich über seine Brillengläser hinweg an. »Dass ich dir diese Frage gestellt habe, hatte einen Grund, Marie. Und es war mir wichtig, es von dir zu erfahren. Nachdem du es mir erzählt hattest, wurde mir vieles sehr klar vor Augen geführt. Mittlerweile verstehe ich die Zusammenhänge und sie decken sich mit dem, was ich einst vermutete. Bevor ich es dir näher erläutere, möchte ich dir sehr gerne etwas zeigen.« Nachdem Prof. Dumbledore das gesagt hatte, erhob er sich von seinem Platz und ging zu einem Schrank, der sich zu seiner Linken befand. Er ergriff etwas, das nach einer Zeitung aussah und reichte es mir.
»Der Tagesprophet?« Der Titel der Zeitung, den ich schon so oft gesehen hatte, verriet es mir sehr schnell. Aber nur wenige Sekunden später wurde ich auf etwas anderes aufmerksam gemacht, was mir glatt den Atem verschlug. Ich erkannte ein Bild meiner selbst, welches irgendwann zufällig entstanden sein musste. Die Überschrift des Artikel verriet mir, dass es in diesem um mich ging. Ein unangenehmes Gefühl überkam mich, als ich zu lesen begann.
Junge Hexe in einem familiären Todesfall verwickelt
Nach mehrwöchigen Ermittlungen des Zaubereiministeriums hat sich nun herausgestellt, dass die junge Hexe - Marie Spring - in einem familiären Todesfall verwickelt ist. Das Ministerium steht vor einem Rätsel, denn die magischen Kräfte der jungen Frau blieben all die Jahre unbeachtet, bis sie einem Familienvater das Leben kostete. Wie es zu dem Todesfall kam, ist bisher unbekannt. Derzeit berät das Ministerium darüber, was mit der jungen Hexe geschehen soll. Bisher weiß man nur, dass ihre Kräfte unkontrolliert und gefährlich sind. »Diese junge Frau ist eine tickende Zeitbombe«, erklärt ein Minsiteriumsmitarbeiter aufgelöst der sich mit uns in Verbindung setzte. »Fälle wie diese sind sehr selten und wir müssen schnell handeln, ehe noch schrecklicheres geschieht...«
Ich hörte auf zu lesen, noch ehe ich am Ende angelangt war. Ich war völlig entsetzt und wusste darauf nichts zu erwidern. Prof. Dumbledore, der wieder Platz genommen hatte, sah mich mitfühlend an. »Ich kann dich beruhigen, Marie. Dieser Artikel ist niemals erschienen, weil ich es verhindern konnte.« Ich war noch immer völlig neben der Spur. »Sie haben es verhindert? Warum? Und wie?«, hakte ich nach. Prof. Dumbledore sah mich erneut eingehend an, ehe er erwiderte:
»Ich hatte vor, dich an meine Schule zu holen, um dich unterrichten zu lassen. Wäre der Artikel so erschienen, hättest du fälschlicherweise einen sehr schlechten Ruf genossen. Das konnte ich nicht zulassen. Noch dazu hat es der Tagesprophet wieder einmal geschafft, an Informationen zu gelangen, die er niemals hätte einholen dürfen, weil sie streng vertraulich waren. Dadurch, dass ich sehr eng mit dem Zaubereiministerium zusammen arbeite, war es mir möglich, die Ausgabe des Tagespropehten abzufangen. Das ist alles, was du wissen solltest.« Allmählich wurde mir klar, warum der Tagesprophet ständig über mich schrieb. Ich konnte mir vorstellen, dass er nur darauf aus war, mehr über mich in Erfahrung zu bringen. Deswegen auch das Interesse an dem Interview. »Dann kann ich Ihnen dafür wohl nur danken, Sir«, sagte ich besorgt. »Ich habe es sehr gern getan, Marie. Und nun erzähle mir, was dich so bedrückt.« Prof. Dumbledore hatte erkannt, dass es etwas gab, was mir nicht gut gefiel. Das Lesen des Artikels hatte alte Wunden aufgerissen und ich hatte gehofft, dass man mich damit nicht erneut konfrontieren würde. Aber es war zu spät. »Es ist wirklich wahr, oder?«, fragte ich Prof. Dumbledore. »Ich bin also tatsächlich Schuld daran, dass mein Stiefvater tot ist.«
»Marie…« erwiderte er. »Von Schuld kann hier nicht die Rede sein.«
»Doch, Sir«, protestierte ich sofort und ich merkte, wie mir die Tränen kamen. »Als sie mich gefragt hatten, was geschehen war, habe ich Ihnen eine Sache verschwiegen.« Ich schluckte schwer, ehe ich fortfuhr:
»An dem Tag, als mein Stiefvater meiner Mutter weh getan hatte, als sie da so auf dem Boden lag, habe ich ihr nicht nur versprochen, dass er das nie wieder tut, sondern ich habe mir sogar gewünscht, dass er stirbt. Ich habe es nicht laut ausgesprochen, aber ich habe gedacht, dass es besser so wäre, weil wir dann endlich in Frieden leben könnten. Das ist auch der Grund, weswegen ich mir nichts vormache. Ich weiß, dass ich dafür verantwortlich bin, dass er tot ist. Ich weiß es sogar schon sehr lange, weil ich es instinktiv gespürt habe. Deswegen habe ich darüber auch nie mit jemandem gesprochen. Das schlimmste an der Sache ist, dass sie mir nicht einmal Leid tut.« Ich pausierte und konnte meine Tränen nicht zurückhalten. »Und dennoch«, erwiderte Prof. Dumbledore ruhig, »zeigst du deine Gefühle ganz bewusst, Marie.«
»Ich habe Angst, Sir!«, gab ich schließlich zu. »Ich habe Angst, dass so etwas noch einmal passiert.«
»Auch in dieser Hinsicht kann ich dich beruhigen, Marie: Das wird es nicht.«
»Wie können Sie sich da so sicher sein?«, fragte ich hilflos. »Weil du jetzt auf einer Schule bist, die dich lehren wird, deine Kräfte zu verstehen und zu kontrollieren«, antwortete Prof. Dumbledore entschlossen.
»Sicherlich verstehst du jetzt auch, warum es mir so wichtig war, dich hier aufzunehmen. Und jetzt beruhige dich und höre mir zu, Marie. Bitte.« Ich sah zu Prof. Dumbledore auf, der nicht den Eindruck machte, mich für etwas verurteilen zu wollen. In seinem Blick lag Mitleid und Verständnis, der auf mich einwirkte und beruhigte.
»Du konntest nicht wissen, welche Kräfte in dir ruhen, demnach kann man in deinem Fall nicht von Schuld sprechen. Der bloße Gedanke an etwas macht jemanden nicht zu einem Schuldigen und ich glaube auch nicht, dass dein Gedanke daran dazu beigetragen hat, dass dein Stiefvater sein Leben verlor. Das ganze ist viel komplexer, als es im ersten Moment scheint.« Prof. Dumbledore machte eine Pause, ehe er weiter erzählte:
»Wie ich dir bereits erklärt habe, entwickeln junge Zauberer und Hexen bereits im Kindesalter ihre magischen Fähigkeiten. Was dich betrifft, so bin ich fest davon überzeugt, dass sie schon lange existierten, noch bevor sie sich schlussendlich gezeigt haben. Es haben lediglich gewisse Umstände dafür gesorgt, dass sich deine Fähigkeiten nicht voll entwickeln konnten, weil du all die Jahre damit beschäftigt warst, dich um andere zu sorgen. Das hat dazu geführt, dass deine Kräfte unterdrückt und ignoriert worden sind. Erst als Gefahr drohte und du dich nicht mehr zu helfen wusstest - sozusagen in der Not - sind sie schließlich ausgebrochen, wenn auch völlig unkontrolliert.« Ich hatte Prof. Dumbeldore aufmerksam zugehört und dachte nach. All die Jahre war es mir nie möglich gewesen, mich voll zu entfalten. Ich war viel zu sehr in die Familie eingespannt, weil mir keine Wahl geblieben ist. Es war mir immer wichtig gewesen, es meiner Familie - und letzten Endes auch mir - so angenehm wie möglich zu machen, um einigermaßen friedlich leben zu können. Jedenfalls, so fern es überhaupt möglich war. »Deine Gefühle, deine Emotionen sind der eigentliche Schlüssel, Marie. Durch deine Kräfte, die so lange im Verborgenen lagen war es dir letzten Endes möglich, deine Familie, die du über alles liebst, vor einer Gefahr zu schützen. Das ist eine großartige Fähigkeit. In deinem Fall hat es das Leben desjenigen gekostet, der die Gefahr selbst gewesen ist. Und wie alles im Leben seine guten und schlechten Seiten hat, so ist es mit der Magie ganz genauso. So großartig sie auch sein mag, desto gefährlicher ist sie auch, wenn man nicht weiß, wie man mit ihr umzugehen hat. Deswegen ist die Kontrolle darüber so wichtig. Und deswegen bist du hier. Um zu lernen und um zu verstehen.«
»Aber Sir«, erwiderte ich endlich, »ich verstehe nicht, wie Sie einfach so darüber hinweg sehen können. Die Tatsache, dass jemand gestorben ist, ist doch sehr schlecht, Sir.«
»Es geht weniger darum, was gut oder schlecht ist, Marie. Es geht darum, dass es unvermeidbar war. Du konntest nichts dagegen tun.«
»Wollen Sie mir damit etwa sagen«, fragte ich vorsichtig nach, »dass es so kommen musste?« Ohne zu zögern nickte Prof. Dumbledore. »Ja, Marie. Es musste so kommen. Zudem muss man sich die Frage stellen, wie hoch der Schaden gewesen wäre, wäre es nicht passiert. Es war ein Unfall und dich trifft keinerlei Schuld. Man hätte vorher darauf kommen sollen, dass du magisches Blut in dir trägst. Andernfalls können Unfälle wie diese passieren. Oder schlimmeres…«
»Ist so etwas schon einmal passiert?«, wollte ich wissen. »Oh, ja«, antwortete Prof. Dumbledore besorgt und verweilte für einen Moment. »Allerdings ist das schon lange her. Das Ausmaß der Katastrophe war erschreckend und es war viel Arbeit notwendig, um alles wieder in Ordnung zu bringen.«
»Was ist mit der Person geschehen, die die Katastrophe verursacht hat?«, fragte ich vorsichtig. Doch Prof. Dumbledore sah mich mit einem Blick an, der nichts Gutes bedeutete. »Es handelte sich um ein junges Mädchen«, sagte er voller Bedauern. »Sie hat es nicht überlebt.« Mein Herzschlag setzte aus und ich sah betreten zu Boden. »Allerdings ist das eine andere Geschichte. Und jede Geschichte hat ein anderes Ende«, pflichtete Prof. Dumbledore mir bei, wobei er noch hinzufügte:
»In einer Sache sind wir uns allerdings einig. Du bist keine gewöhnliche Hexe, Marie. Das ist auch der Grund, warum dir ein gewisser Zauberstab gehört.« Ich sah Prof. Dumbledore überrascht an. »Sie wissen von meinem Zauberstab?« Prof. Dumbledore lächelte. »Jeder weiß von deinem Zauberstab, Marie.« Ich holte diesen aus meinem Umhang und sah ihn mir noch einmal an. »So meinte ich das nicht, Sir«, sagte ich schließlich. »Ich hatte gehofft, Sie könnten mir vielleicht näheres dazu sagen.«
»Darf ich ihn mir einmal näher anschauen?«, fragte Prof. Dumbledore. Ich nickte zu meinem Einverständnis und reichte ihm meinen Zauberstab. Er betrachtete ihn und schwang ihn ein Mal, aber nichts geschah. »Wie du siehst«, sagte er schließlich, »kann ich ihn nicht benutzen, so wie alle anderen außer du ihn ebenfalls nicht benutzen können. Und weil er nur auf dich reagiert, ist es schier unmöglich, mehr über diesen Zauberstab zu sagen. Er offenbart sich uns nicht.«
»Aber warum ist da so?«, wollte ich wissen. Prof. Dumbledore gab mir den Zauberstab zurück und musste zugeben, dass er es nicht wusste. »Es gibt einige wenige Stäbe, die ganz besondere Kräfte haben und nur jenen gehorchen, die diese entfalten können. Fest steht nur eines: Der Zauberstab hat dich ausgesucht und das hat seinen Grund.«
»Ronald hat mir erzählt, dass man nicht einmal genau weiß, woraus der Stab besteht. Und es gibt sogar eine Legende.« Prof. Dumbledore nickte. »Ja. Ich kenne die Legende.«
»Und glauben Sie, dass da etwas Wahres dran ist?« Prof. Dumbledore dachte nach und erwiderte dann:
»Legenden sind im Allgemeinen dafür bekannt, sehr umstritten zu sein. Ich bedaure es sehr, dir nicht mehr darüber erzählen zu können.« Ich sah enttäuscht drein. Ich hatte gehofft, dass mir Prof. Dumbledore, der so viel wusste, mir mehr sagen konnte. »Ich bin davon überzeugt, eines Tages wirst du das Rätsel deines Zauberstabes lösen. Ich kann dir nur den Rat geben, verschiedene Zauber auszuprobieren und zu beobachten, wie sie sich auf den Stab auswirken. Vielleicht gibt es einige Zauber, die schwieriger zu bewirken sind als andere. Hast du in der Hinsicht bereits Unterschiede bemerken können?«
»Nein, Sir«, sagte ich schließlich. »Du hast also keinerlei Schwierigkeiten?«, hakte Prof. Dumbledore nach einer Pause nach. Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Ganz im Gegenteil. Es fühlt sich sogar so an, als wäre der Zauberstab ein Teil von mir.« Prof. Dumbledore schien beeindruckt. »Sir…«, sagte ich schließlich. »Was hat das alles jetzt genau mit Slytherin zu tun? Sie sagten, Sie hätten bereits vorher gewusst, dass mich der Hut nach Slytherin schicken würde.« Prof. Dumbledore lächelte. »Das ist richtig. Es ist so, dass die Auswahl von den Fähigkeiten, Stärken und auch von den Eigenschaften der Schüler abhängig ist. Der Sprechende Hut ist sehr gut darin, all das zu erkennen und schließlich eine Entscheidung darüber zu fällen. Sicherlich erinnerst du dich noch daran, was er dir gesagt hat?« Ich dachte nach, ehe ich darauf eine Antwort gab. »Er sagte, er würde in mir etwas sehen. Etwas… Besonderes. Potenzial, aber auch, dass meine Kräfte noch nicht ausgereift seien. Und dass ich eine gute Führung benötigen würde… Allerdings weiß ich nicht, was er genau mit Potenzial meint...«
»Nun das…«, sagte Prof. Dumbledore schließlich, »gilt es herauszufinden. Kaum jemand, der an diese Schule kommt wird wissen, was ihn erwartet. Wozu er sich verleiten lässt, welche Entscheidungen er trifft. Aber letzten Endes sind es genau diese, die uns ausmachen.« Ich nickte zustimmend. »Das sehe ich ganz genauso. Dennoch irritiert es mich, dass einige der Ansicht sind, ich würde nicht nach Slytherin passen.« Prof. Dumbledore rückte ein wenig auf seinem Sessel hin und her, als würde er eine bequemere Position suchen. »Nun Marie, was das betrifft, so gibt es genau zwei Möglichkeiten: Du kannst diejenigen, die nicht an dich glauben, in ihrem Irrglauben lassen und akzeptierst es oder aber du belehrst sie eines Besseren, indem du sie davon überzeugst, dass du dort richtig bist. Was aber das wichtigste dabei ist, dass du von dir selbst überzeugt bist. Zweifelst du an dir selbst?« Ich schüttelte langsam den Kopf. »Nein, Sir.« Prof. Dumbledore nickte zufrieden. »Sehr gut, Marie. Denn das solltest du auch nicht.« Ich freute mich darüber, dass Prof. Dumbledore anscheinend an mich glaubte. Während ich über all das nachdachte, was mir Prof. Dumbledore gesagt hatte, fiel mir noch eine Sache ein, bei der er mir vielleicht behilflich sein könnte:
»Sir, Sie kennen nicht zufällig jemanden, der Zauberstäbe machen kann?« Prof. Dumbledore überlegte.
»Nein, leider kenne ich niemanden. Dir scheint die Bedeutung deines Zauberstabes wohl ganz besonders wichtig zu sein. Ich fürchte allerdings, dass auch er dir nicht helfen kann.«
»Es geht nicht um meinen Zauberstab«, gab ich zur Widerrede. »Ronald hat mir erzählt, dass er Ollivander's womöglich bald schließen muss, wenn er keinen neuen Zauberstabmacher findet. Ich habe ihm versprochen, jemanden für ihn zu finden. Jedenfalls möchte ich es gerne versuchen.«
»Ah«, machte Prof. Dumbledore. »Ich bin davon überzeugt, dass du jemanden finden wirst. Nicht unbedingt heute oder morgen, aber eines Tages wird dir ein Licht aufgehen und du wirst eine Lösung parat haben. Dessen bin ich mir sicher.« Er zwinkerte und ließ mich mit meinem Gedanken wieder allein. »Wenn Sie es sagen, Sir«, sagte ich schließlich entmutigt. »Nur nicht den Mut verlieren, Marie. Vertraue dir selbst.«
»In Ordnung«, sagte ich schließlich. »Wir haben heute über sehr viele Dinge gesprochen und sicherlich wirst du über einiges nachzudenken haben«, fuhr Prof. Dumbledore fort. »Gibt es noch etwas, worüber du gerne mit mir sprechen möchtest?« Ich schätzte das Angebot sehr, allerdings wusste ich ganz genau, dass es nicht klug gewesen wäre, es für meine Probleme in Anspruch zu nehmen. Ich konnte Prof. Dumbledore auf keinen Fall offenbaren, was ich für Prof. Snape empfand, obwohl ich kurz daran gedacht hatte. Ich hielt es schließlich für das beste, dankend abzulehnen. »Nein, Sir. Vorerst gibt es nichts.« Prof. Dumbledore nickte. »Da fällt mir gerade noch etwas ein«, sagte er plötzlich. »Am letzten Wochenende vor Weihnachten findet erstmals der Ausflug nach Hogsmeade statt. Normalerweise ist es den Erst- und Zweitklässlern nicht gestattet, daran teilzunehmen. In Angesicht der Tatsache, dass du mit deinen zwanzig Jahren längst die Volljährigkeit erreicht hast, können wir bei dir eine Ausnahme machen. Du hast von mir also die offizielle Erlaubnis, am Ausflug teilzunehmen.« Ich lächelte.
»Danke, Sir. Das ist sehr nett von Ihnen.« Ich erinnerte mich daran, welches Versprechen ich Samanta gemacht hatte. Ihr ist es verboten worden, am Ausflug teilzunehmen, da sie beim letzten Mal gegen Regeln verstoßen hatte. Ich musste Prof. Snape noch irgendwie dazu überreden, sie doch mitgehen zu lassen. »Worüber denkst du nach, Marie?«, unterbrach mich Prof. Dumbledore bei meinem Gedanken. »Ach, wissen Sie…«, sagte ich nach einer kleinen Verzögerung, »wo wir gerade über Hogsmeade sprechen: Mir ist gerade eingefallen, dass ich noch jemanden etwas versprochen habe. Leider kam ich noch nicht dazu, das Versprechen einzulösen.«
»Ah…«, machte Prof. Dumbledore erneut. »Manchmal kann es hilfreich sein, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten«, sagte er, als hätte ich ihn um einen Rat gebeten. »Den richtigen Zeitpunkt, Sir?«, hakte ich nach. Prof. Dumbledore sah mich erneut über seine Brillengläser hinweg an. »Manchmal gibt es Situationen, die sich als erfolgreich erweisen können, wenn man sie als die richtigen einschätzt. Wenn dieser Zeitpunkt also gekommen ist, dann zögere nicht, ihn entsprechend zu nutzen. Und deine Vorteile, Marie.« Er zwinkerte, aber ich verstand nicht, worauf er damit hinaus wollte. »Danke für den Ratschlag, Sir«, sagte ich schließlich in der Hoffnung, weniger verwirrt zu klingen, als ich war. »Wie ich sehe, ist die Zeit schon weit voran geschritten. Ich möchte dir nur ans Herz legen, dass du jederzeit zu mir kommen kannst, wenn es etwas gibt, worüber du zu sprechen gedenkst.«
»Danke, Sir. Das werde ich gerne beherzigen.« Prof. Dumbledore nickte zufrieden und ich erhob mich vom Platz. Bevor ich das Büro verließ, wandte ich mich noch einmal um. »Ach Sir, das hatte ich ja beinahe vergessen. Ich wollte mich bei Ihnen noch für das Geburtstagsgeschenk bedanken. Vielleicht komme ich demnächst auch mal dazu, etwas von den Süßigkeiten zu probieren.«
»Gern geschehen, Marie. Und lass dir nur Zeit.«
Schließlich verließ ich das Büro mit gemischten Gefühlen. Mir war einiges deutlich klarer geworden und ich verstand auch, warum es so wichtig war, in Hogwarts zu sein. Dennoch hatte mich der Artikel des Tagespropheten nicht nur verunsichert, sondern regelrecht schockiert. Die ganzen Artikel über mich in der letzten Zeit waren also nur Schmeicheleien in der Hoffnung, dass ich mich eines Tages dazu bereit erklären würde, mich auf ein Interview einzulassen. Schließlich musste der Tagesprophet den Artikel über mich zurück ziehen und hatte demnach eine interessante Geschichte geopfert, die die Magierwelt wahrscheinlich in Aufruhr versetzt hätte. Irgendwo machte es mich wütend, aber es zeigte mir auch, dass es selbst in der Magierwelt nicht immer ehrlich zuging. Abgesehen von der Geschichte hatte ich den Eindruck, dass Prof. Dumbledore mehr wusste, als er zugeben wollte. Es schien ihm aus irgendeinem Grund wichtig zu sein, dass ich selbst nach Lösungen suchte. Also fasste ich den Entschluss, mich zukünftig mehr auf mich selbst zu konzentrieren und mehr herauszufinden. Ich musste so schnell es ging eine Möglichkeiten finden, meine Zauberübungen fortführen zu können und hatte sogar eine Idee.
Maggie hatte sich schon auf meinem Bett eingekuschelt, die wie üblich maunzte, als sie mich sah.
»Maggie«, sagte ich liebevoll, »ich glaube, ich könnte deine Hilfe gebrauchen.« Maggie setzte sich auf und sah mich erwartungsvoll an, was auf eine gewisse Art und Weise seltsam war. »Könntest du für mich einen Ort im Schloss suchen, in dem ich Zauber üben kann? Du bist doch so gut darin, Orte zu finden.« Maggies Blick senkte sich, als würde sie überlegen. Schließlich rollte sie sich ein, mit dem Rücken zu mir. »Es war ja nur eine Frage…«, sagte ich enttäuscht. Ich streichelte sie und Maggie leckte meine Hand. »Du musst es auch nicht heute oder morgen für mich tun«, sagte ich schließlich und begab mich ebenfalls ins Bett. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war Maggie nicht mehr da, was mich verwunderte, weil sie für gewöhnlich immer mit mir zusammen aufstand. Meine Katze hielt sich also nicht an Regeln und schien auch keine festen Ordnungen oder Prinzipien zu haben. »Meine Katze wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben«, sagte ich, schüttelte den Kopf und konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
Ich dachte oft an das Gespräch, welches ich mit Prof. Dumbledore geführt hatte. Und je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer erschienen mir die Dinge. Ich war Prof. Dumbledore sehr dankbar für seine Offenheit, denn diese hatte mir zugleich ein Gefühl von Leichtigkeit verschafft. Gewiss, es lagen etliche Angelegenheiten nach wie vor im Dunkeln, aber mir wurde bewusst, dass man nicht immer alles am Anfang verstehen konnte. Und genau dort befand ich mich. Am Anfang. Prof. Dumbledore glaubte an mich und glaubte auch daran, dass mich am Tod meines Stiefvaters keine Schuld traf, obwohl ich zugegeben hatte, dass ich einst diesen Wunsch verspürte, ohne die Gewissheit darüber zu haben, dass er auch tatsächlich einträfe. Prof. Dumbledore hatte mir deutlich gemacht, wie wichtig es für mich war, in Hogwarts zu sein. Meine Aufgabe würde darin bestehen, meine Kräfte verstehen zu lernen und kontrollieren zu können, um sie richtig einzusetzen. Was ich nicht verstehen konnte war, in wie fern meine Emotionen, die ich damals verspürte, mit meinen magischen Kräften zusammenhängen sollten, geschweige denn, woher sie überhaupt kamen. Meine Mutter war ein Muggel, über meinem Vater war mir nichts bekannt. Ich wusste nur, dass er noch lebte, er den Kontakt zu meiner Mutter oder mir aber immer gemieden hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er ein Zauberer sein soll – davon abgesehen hätte es mir meine Mutter sicherlich erzählt. Auch über den Rest meiner Familie wusste ich nicht viel. Meine Großmutter war verschollen, mein Großvater ebenso. Meine Tanten und meine Onkel waren ebenfalls Muggel. Die Tatsache, dass ich nichts über meine Familie wusste, machte mich beinahe wahnsinnig und traurig. Zu gerne hätte ich in Erfahrung gebracht, woher meine Fähigkeiten kamen. Vielleicht würde ich es eines Tages herausfinden, vielleicht aber auch nicht. Dann war da noch die Sache mit meinem Zauberstab, der mir ebenfalls ein Rätsel war. Niemand konnte mir sagen, woher er kam oder warum ihn niemand außer mir benutzen konnte. Auch das musste ich wohl allein herausfinden. Eine Sache wusste ich ganz genau: Ich hatte es Prof. Dumbledore nicht nur zu verdanken, dass ich in Hogwarts war, sondern auch, dass er mich vor einem schlechten Ruf bewahrt hatte. Beinahe wäre es dem Tagespropheten gelungen, einen Artikel über mich zu veröffentlichen, der nichts anderes als Halbwissen und Spekulationen enthielt und dafür gesorgt hätte, dass man mich in ein schlechtes Licht gerückt hätte. Die gesamte Magierwelt hätte davon vernommen und so auch die ganze Schule. Ich malte mir aus, wie meine Mitschüler reagiert hätten. Mit Sicherheit hätte man mich gemieden, mit dem Finger auf mich gezeigt und mich auf Grund meiner unkontrollierbaren Kräfte für eine Bedrohung gehalten. Vielleicht hätte man mich sogar eine Mörderin geschimpft. Unter diesen Umständen hätte ich es in Hogwarts nicht ausgehalten, dessen war ich mir sicher.
Umso mehr schmerzte es mich, dass ich Prof. Dumbledore nicht anvertrauen konnte, was ich für Prof. Snape empfand, dem ich mehrere Male sehr nahe gekommen war. Darüber hinaus hatte ich mich mit ihm heimlich auf eine sonderbare Art und Weise verbündet - wenn man es überhaupt so nennen konnte. Prof. Snape wusste, dank seiner Fähigkeit, Legilimentik einzusetzen, was ich dachte und sehr wahrscheinlich wusste er auch, was ich empfand. Was mich betraf, so konnte ich nicht einschätzen, ob er genauso fühlte wie ich oder ob er nur ein Spiel mit mir trieb. Tatsächlich war ich mir, was seine Person betraf, sehr unsicher und konnte ihn nicht einschätzen. Immer wenn ich ihn ansah, zerriss es mir fast das Herz. Obwohl er mir so nahe gekommen war, erschien er mir so unnahbar. Auf der anderen Seite ging er einen hohen Preis ein, aber das gleiche betraf auch mich. Prof. Dumbledore würde dazu befugt sein, sowohl seinen Lehrer zu entlassen, als auch mich von der Schule zu verweisen. Schließlich war es sehr heikel, eine engere Bindung mit einem Lehrer einzugehen. Je mehr ich darüber nachdachte, desto größer wurde meine Angst und kam bald zu dem Punkt, unbedingt Abstand gewinnen zu müssen. Ich musste versuchen, mich auf andere Dinge zu konzentrieren, über dessen Wichtigkeit ich mir im Klaren war. Ich konnte meine Zukunft wegen eines Lehrers, der mir übel den Kopf verdrehte und vielleicht nur seinen Spaß daran hatte, nicht aufs Spiel setzen. Ich entschloss mich dazu, mich zwar während des Zaubertrankunterrichts sowie der Mahlzeiten weiterhin an die Regel zu halten, nämlich mich möglichst in seine Nähe zu setzen, allerdings mied ich jeglichen Blickkontakt zu Prof. Snape. Ich konzentrierte mich während seines Unterrichts auf meine Aufgabe und sah nur flüchtig zu ihm herüber, denn völlig ignorieren konnte ich ihn nicht. Ich verhielt mich so neutral, wie es mir nur möglich war und sobald der Unterricht beendet wurde, verließ ich den Klassenraum mindestens genauso schnell, wie meine Mitschüler - wenn nicht sogar schneller. Um noch einen drauf zu setzen, ging ich sogar nicht zum Mittagessen. Ich verspürte die meiste Zeit sowieso keinen Hunger, außerdem genoss ich die Zeit, die ich allein sein konnte. Maggie hatte leider noch keinen Raum für mich gefunden, in dem ich hätte Zauber üben können, also blieb ich meistens im Gemeinschaftsraum, um mich auf die nächste Unterrichtseinheit vorzubereiten oder aber ich arbeitete in der Bibliothek.
Es war Samstag und gleichzeitig das erste Quidditchspiel des Schuljahres, bei dem Slytherin gegen Ravenclaw antreten sollte. Die ganze Schule war in Aufruhr deswegen und fand kein anderes Thema. Quidditch war nicht nur die beliebteste Sportart unter Magiern und Hexen, sondern gehört seit des Bestehens von Hogwarts zur Schultradition. Jedes Haus hatte seine eigene Mannschaft, die sorgfältig zusammen gestellt wurde und regelmäßig auf dem Spielfeld trainierte. Jede Mannschaft trat gegeneinander an und die mit den meisten Punkten würde am Ende des Schuljahres den Quidditchpokal gewinnen. Während die Schüler nach dem Frühstück zum Quidditchfeld gingen, schmiedete ich meinen ganz eigenen Plan, von dem niemand wusste. Samanta, zu der ich mittlerweile ein freundschaftliches Verhältnis pflegte, hatte sich anscheinend in den Kopf gesetzt, dass ich sie begleiten würde. Aus diesem Grund hatte ich meine Schwierigkeiten, sie abzuschütteln, bis sie schließlich ungeduldig wurde.
»Wollen wir nicht so langsam mal los? Das Spiel beginnt in einer viertel Stunde.« Ich dankte ab. »Geh du ruhig. Aber ich werde nicht zum Spiel gehen.« Daraufhin sah sie mich empört mit großen Augen an. »Was soll das heißen, du gehst nicht hin? Slytherin spielt gegen Ravenclaw. Du musst hingehen!«
»Ich möchte aber nicht«, hielt ich dagegen. »Quidditch ist nicht mein Ding und außerdem… muss ich mal einen Moment für mich sein.« Samanta sah besorgt drein. »Ist alles in Ordnung?« Ich zuckte mit den Schultern.
»Ich bin in letzter Zeit einfach nur sehr durcheinander.«
»Wegen Snape?«, fragte sie möglichst leise. Ich sagte nichts, sondern sah Samanta einfach nur an. Ich konnte ihr darauf keine Antwort geben. »Ok, Marie. Ich habe kein Problem damit, wenn du nicht mitkommen willst, auch wenn ich es schade finde. Allerdings wird Snape das nicht gut finden.«
»Ich glaube, dass es ihm egal ist.« Doch sie schien es anders zu sehen. »Naja, Slytherin ist sein Haus. Und ihm ist Loyalität gegenüber seinem Haus sehr wichtig. Er könnte sich in seinem Ego gekränkt fühlen, wenn du nicht zum Spiel gehst.«
»Das ist doch Unsinn«, protestierte ich. »Wahrscheinlich wird es ihm nicht einmal auffallen.« Samanta rolle mit den Augen. »Wie du meinst. Also ich gehe dann jetzt, ok?« Ich nickte. Es tat mir irgendwo Leid, Samanta nicht zu begleiten, aber in dem Fall setzte sich meine Sturheit durch. Ich glaubte nicht wirklich daran, dass Prof. Snape auffallen würde, ob ich beim Spiel wäre oder nicht. Außerdem war es mir auch egal. Alles was ich wollte, war meine Ruhe. Ich machte mir Gedanken um einen Ort, an dem ich mich zurückziehen konnte. Der Gemeinschaftsraum würde sicherlich leer sein, allerdings wollte ich nicht riskieren, dass mich noch jemand auf dem Weg dorthin sehen würde, um mich erneut auszufragen, warum ich nicht auf dem Weg nach draußen wäre. Ich nahm meine Beine in die Hand und lief zum Treppenhaus, um mich auf dem Weg in die Bibliothek zu machen. Dort würde sich keiner von den Schülern aufhalten und der Bibliothekarin Madame Pince würde es nicht auffallen, wenn sich jemand in die Bibliothek schlich. Sie wurde immer nur dann aufmerksam, wenn es in dieser unruhig wurde. Dort angekommen, setzte ich mich an einen Tisch, der sich weiter hinten in der Bücherei befand. Ich breitete mich dort mit meinem Federkiel und Pergamentrollen aus, die ich aus reiner Vorsorge immer in meiner Tasche trug und grübelte für einen Moment. Ich würde sehr wahrscheinlich die einzige sein, die nicht beim Spiel wäre und vielleicht nähmen mir es einige sogar übel. Allerdings empfand ich so etwas wie ein Ehrgefühl nicht, sondern mir war es vollkommen gleichgültig, wer am Ende den Pokal gewinnen würde. Ich wusste nur, dass Slytherin bisher die meisten Hauspunkte hatte und viele davon waren mir zu verdanken. Demnach trug ich meinen Teil dazu bei, Haus Slytherin alle Ehre zu machen.
Um mich abzulenken, stöberte ich in einigen Büchern, die für das Fach Kräuterkunde ganz hilfreich sein könnten. Wir beschäftigten uns momentan verstärkt mit den wichtigsten Heilpflanzen, die für viele Zaubertränke eine wichtige Zutat waren und sollten von Zeit für Zeit einen eigenen Katalog erstellen mit den wichtigsten Eigenschaften und Merkmalen der wichtigsten Pflanzen. Am Ende hatte ich drei Bücher auf den Tisch zu liegen und nahm mir jedes einzelne vor, um sie nach relevanten Exemplaren zu durchforsten. Wie schnell dabei die Zeit verging, merkte ich gar nicht. Auch hatte ich keinen Überblick darüber, ob das Quidditchspiel noch lief oder bereits vorüber war, da man das Feld von der Bibliothek aus nicht sehen konnte. Erst als ich mit dem zweiten Buch fertig war, warf ich einen Blick auf die Uhr. Es war bereits kurz vor zwölf, demnach waren fast drei Stunden vergangen und es würde gleich Mittagszeit sein. Ich überlegte kurz, ob ich diesmal zum Mittagessen gehen sollte, entschied mich erneut dagegen. Allerdings hatte ich auch keine Lust mehr, mich weiterhin mit meiner Aufgabe auseinanderzusetzen und hielt es für das beste, eine Pause einzulegen und sie entsprechend zu vertagen. Sicherlich schadete es nicht, sich jetzt auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum zu machen. Zumindest dachte ich das.
Ich hatte mich gerade von meinem Platz erhoben, um die Bücher zurück in das Regal zu stellen, als ein seltsames Gefühl ganz plötzlich Besitzt von mir ergriff. Beinahe so, als wäre ich bei einer Sache ertappt worden. Ich hielt kurz inne und horchte in mich hinein, ehe ich jedes einzelne Buch zurück an ihren Platz stelle. Ich war dabei äußerst behutsam und vorsichtig, als wollte ich einem Gespräch lauschen und möglichst kein Geräusch machen. Allmählich wurde mir mehr und mehr bewusst, was ich spürte. Ich wusste plötzlich, dass ich nicht mehr allein war, drehte mich intuitiv herum und hielt für einen kurzen Moment den Atem an. Gleichzeitig erhöhten sich die Schläge meines Herzens, als wollte es aus meiner Brust heraus brechen. Nur wenige Meter vor mir – an einem Regal angelehnt – stand Prof. Snape. Seinem Gesichtsausdruck war eindeutig zu entnehmen, dass er ziemlich verärgert war, was mich zusätzlich einschüchterte.
»Hier steckst du also«, sagte er so leise, dass es fast gefährlich wirkte. Ich sagte gar nichts, sondern sah ihn schweigend an. »Warum bis du nicht in der großen Halle beim Mittagessen?«, fragte er daraufhin. Ich schluckte schwer und sah kurz zu Boden, ehe ich darauf erwiderte:
»Ich habe keinen Hunger, Sir.« Prof. Snape sah mich misstrauisch an. »Und was ist mit den Tagen zuvor? Möchtest du mir gerade etwa sagen, dass du ganz zufällig zur gleichen Zeit ganz plötzlich keinen Hunger mehr verspürst?« Er hatte mich durchschaut und war einfach zu gut darin, unehrliche Antworten sofort zu erkennen.
»Ich wollte in Ruhe arbeiten, Sir«, gab ich kleinlaut zur Antwort in der Hoffnung, glaubwürdiger zu klingen, was mir aber nicht gelang. »Und du hältst es für klug, deine regelmäßige Nahrungsaufnahme zu verweigern?« Ich schüttelte den Kopf, was Prof. Snape allerdings nur noch zorniger machte. Er kam langsam näher und blieb nur wenige Schritte vor mir stehen. »Wie bitte?«, fragte Prof. Snape erzürnt. Ich wusste erst nicht, was er meinte und stand völlig verwirrt da, bis es mir einfiel. »Ich meine, Nein Sir. Es ist nicht klug.«
»Und beim Quidditchspiel warst du auch nicht...«, merkte Prof. Snape an. Ich erwiderte nichts darauf, sondern sah betreten zu Boden. »Nun, welche Ausrede fällt dir dazu ein, Marie?« Völlig hilflos stand ich vor ihm und wusste darauf keine Antwort zu geben. Es war mir plötzlich sehr unangenehm. »Ich wollte die Zeit sinnvoller nutzen, Sir. Also bin ich hierher gegangen, um in Ruhe arbeiten zu können.« Ich hatte die Hoffnung, dass er dafür Verständnis haben würde, allerdings sah er mich erneut misstrauisch an. »Das ist nicht nur inakzeptabel, sondern sehr bedauerlich, denn du hast den wohlverdienten Sieg der Slytherinmannschaft verpasst.« Ich schluckte schwer, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. »Du scheinst es seit kurzem besonders eilig zu haben...«, fuhr er schließlich fort. Ich sah ihn fragend an, woraufhin Prof. Snape erwiderte:
»Sobald mein Unterricht beendet ist, flüchtest du regelrecht aus dem Klassenzimmer. Man könnte glatt auf die Idee kommen, dass du mir aus dem Weg gehst. Ist das so, Marie?« Ich schüttelte den Kopf, wagte es allerdings nicht, Prof. Snape ins Gesicht zu sehen und hielt meine Bücher krampfhaft fest. Daraufhin machte er einen zügigen Satz, packte mich am Kragen und drückte mich fest gegen das Regal, welches sich hinter mir befand. Vor lauter Schreck ließ ich meine Bücher krachend auf den Boden fallen, was die gesamte Bibliothek aufgeschreckt hätte. »Wenn ich dir eine Frage stelle«, setzte Prof. Snape, ohne seine Stimme zu erheben, »hast du mir gefälligst zu antworten.«
»Was ist das hier für ein Lärm?« Das war Madame Pince. Noch bevor sie um die Ecke kommen konnte, ließ Prof. Snape von mir ab. Als sie uns schließlich vor dem Regal stehen sah, ergriff er das Wort:
»Miss Spring hat nur ihre Bücher fallen gelassen. Sie wollte sie gerade aufheben. Nicht wahr, Miss Spring?«
»Ja, Sir«, bestätigte ich und fing an, die Bücher vom Boden aufzuheben, wobei ich direkt vor seinen Füßen kniete. »Um den Rest kümmere ich mich, Madame Pince. Sie können wieder zu ihrem Platz zurückgehen.« Madame Pince murmelte etwas vor sich hin, was ich nicht verstehen konnte und entfernte sich. Als ich die Bücher aufgehoben hatte, stellte ich diese auf der Regalablage ab, ehe ich mich wieder Prof. Snape zuwandte. Er drückte mich erneut gegen das Regal, diesmal etwas behutsamer, nahm mein Kinn in die Hand, sodass ich gezwungen war, ihn direkt anzusehen. Ich zitterte am ganzen Körper. »Ich glaube es ist an der Zeit, dir eine kleine Lektion zu erteilen, Marie.» Er sah mir intensiv in die Augen. »Ich erwarte dich heute Abend um 22 Uhr in meinem Büro. Dann werden wir über deine Strafe sprechen und du wirst sie noch heute entgegen nehmen. Verstanden?«
»Ja, Sir«, erwiderte ich, noch immer am Leib zitternd. Prof. Snape ließ von mir ab, musterte mich noch ein letztes Mal und rauschte aus der Bibliothek. Plötzlich war ich wieder allein und man hätte meinen können, es wäre nichts geschehen, wäre da nicht die heftige Erregung in mir, die sich wieder in mir regte. Es fiel mir schwer zu realisieren, was gerade passiert war. Ich hätte niemals gedacht, dass Prof. Snape einfach auftauchen würde, um mich zur Rede zu stellen. Anscheinend hatte ich mich geirrt. Ihm war nicht nur aufgefallen, dass ich nicht beim Quidditchspiel war, sondern darüber hinaus auch, dass ich ihm aus dem Weg gegangen war - zumindest hatte er das so wahr genommen. Ich war völlig durcheinander und wusste nicht, was ich denken sollte. Ich wollte aus der Bibliothek so schnell wie möglich verschwinden und begab mich zurück zum Gemeinschaftsraum.
Dort angekommen, erblickte ich sofort Samanta, die ziemlich aufgeregt zu sein schien. Sie eilte zu mir herbei und hielt inne, als ihr auffiel, dass ich ziemlich aufgelöst war. »Ist alles in Ordnung mit dir?« Ich schüttelte den Kopf.
»Du hast Recht gehabt«, erwiderte ich auf der Stelle. »Prof. Snape war wirklich nicht sehr glücklich darüber, dass ich nicht beim Quidditchspiel gewesen bin.«
»Was ist denn passiert?«, fragte sie im Flüsterton. Ich setzte mich in einen der Kaminsessel. Samanta tat es mir gleich und setzte sich mir gegenüber. Der Gemeinschaftsraum war außer uns völlig leer. Sehr wahrscheinlich waren die anderen noch beim Mittagessen. Ich nutzte die Situation aus und erklärte ihr kurz von der Sache, die sich in der Bibliothek abgespielt hatte, dass Prof. Snape plötzlich dort war und mich zur Rede gestellt hatte. »Er war… richtig wütend«, beendete ich schließlich. Ich dachte daran wie er mich angesehen hatte. In seinem Blick hatte sich ein Anflug von Zorn gezeigt, der mich verunsichert hatte. Ich dachte auch daran, wie er mich gegen das Bücherregal gedrückt und mit welch bedrohlichen Stimme er zu mir gesprochen hatte. Alles Details, von denen ich Samanta nichts erzählte. »Ich soll heute Abend in sein Büro kommen«, sagte ich schließlich. »Oh…«, machte Samanta. »Hat er dir denn nicht gesagt, was du da sollst?« Ich schüttelte den Kopf. »Darüber will er mit mir sprechen, wenn ich da bin.« Ich sah Samanta hilflos an und dachte sofort daran, was ich ihr versprochen hatte. »Ich habe es echt vermasselt…« sagte ich schließlich. »Was meinst du?«, wollte Samanta wissen. »Wenn ich ihn wütend gemacht habe, dann werde ich ihn wohl kaum fragen können, ob er dich nach Hogsmeade lässt, oder?« Ich war völlig verzweifelt und war in dem Moment selbst wütend auf mich. »Ich wollte ihn eigentlich bald gefragt haben…«
»Hey.«, sagte sie schließlich aufmunternd. »Hör mal… ich habe das verbockt und nicht du. Wenn es nicht klappen sollte, werde ich dir die Schuld dafür doch nicht geben.«
»Trotzdem…«, widersprach ich. »Ich habe es dir versprochen, dass ich es zumindest versuche. Es dauert nicht mehr lange, dann ist der November vorbei.« Samanta lächelte, anstatt mich enttäuscht anzusehen. »Wie haben aber noch Zeit.« Ich sah in das knisternde Kaminfeuer und fing für einen Moment die Melancholie auf. »Ist er denn…«, sagte ich schließlich nachdenklich, »sehr nachtragend?«
»Snape?«, betonte Samanta. »Bei dir doch nicht, Marie… Ich glaube er ist einfach in seinem Ego gekränkt, das ist alles. Wie ich es schon vermutet habe.«
»Ich verstehe aber noch immer nicht, warum das so sein sollte«, gab ich zur Antwort. »Ach, Marie…«, gab Samanta mit einem Kopfschütteln zur Antwort. »Jetzt überleg doch mal«, sagte sie leise. »Snape ist total verschossen in dich.«
»Das hatten wir schon, Samanta!«, unterbrach ich sie. Es machte mich nervös, wenn sie es nahezu betonen musste. »Er ist nicht in mich verschossen!«, hielt ich heftig dagegen. Doch Samanta lächelte nur schelmisch.
»Klar, Marie. Und deswegen sucht er dich in der Bibliothek auf - in der du ganz allein warst.«
»Ich war nun einmal dort. Es war niemand sonst da, weil gerade Mittagspause war«, protestierte ich. Samanta rollte ungeduldig mit den Augen. »Eben! Außerdem gibt es da noch etwas, was ich dir gern vorhin schon gesagt hätte. Snape hat mich nämlich gefragt, wo du steckst, weil er dich nicht gesehen hat. Jetzt sag mir bitte nochmal, dass es ihm egal ist.« Erwartungsvoll sah sie mich an. »Was?«, fragte ich entsetzt. »Was soll das heißen, er hat gefragt, wo ich stecke?« Samanta sah mich schuldbewusst an. »Snape kam nach dem Spiel auf mich zu und hatte nach dir gefragt. Er wollte von mir wissen ob ich weiß, wo du bist.«
»Und was hast du ihm gesagt?«
»Ich habe ihm nur gesagt, du wärst nicht in Stimmung und bräuchtest Zeit für dich. Ich habe ihm nicht gesagt, dass du keine Lust hattest, dir das Spiel anzusehen oder sonst etwas in der Art. Jedenfalls erklärt das jetzt so einiges.« Ich sagte daraufhin nichts, sondern dachte nach. Mir wurde bewusst, dass er sehr wahrscheinlich etwas anderes in Samantas Kopf gesehen hatte. Schließlich hatte sie am Morgen schon die Befürchtung gehabt, dass es an Prof. Snape lag, dass ich nicht zum Spiel gehen wollte. Für den Fall, dass Samanta in dem Moment daran gedacht hatte, musste es Prof. Snape ebenfalls gesehen haben. Das erklärte auch seine Wut. »Ach komm, jetzt mach dir keine Gedanken,« tröstete Samanta mich schließlich. »Wahrscheinlich musst du nur ein paar Sätze schreiben oder so…« Ich wollte es ihr gerne glauben, aber die Tatsache, dass er mich abends um 22 Uhr in seinem Büro sehen wollte, ließ mich zweifeln. Zudem wusste Samanta auch nicht, was bisher zwischen uns gelaufen war. Prof. Snape empfand keine Scham und sehr wahrscheinlich würde er sie auch bei einer Bestrafung nicht haben. Darüber hinaus hatte er im Rahmen seiner Regeln bereits betont, dass mich Bestrafungen erwarteten, würde ich gegen diese verstoßen. Aber das war eine Sache, die ich Samanta unmöglich sagen konnte. Es blieb mir nichts anderes übrig, als abzuwarten. »Wenn du das sagst…« sagte ich schließlich und versuchte, ein Lächeln aufzusetzen. »Wird schon nicht so schlimm werden. Und sonst machst du ihm einfach schöne Augen.«
»Hör auf damit…«, widersprach ich, musste aber selber grinsen.«
Anschließend entschuldigte sich Samanta, dass sie noch einiges an Hausaufgaben zu tun hätte und für ihre bestehenden Prüfungen lernen musste. Sie wollte deswegen den Tag noch sinnvoll nutzen und ich beschloss, es ihr gleichzutun. Ablenkung würde sicherlich nicht schaden. Wir setzten uns also an den großen Tisch und breiteten unsere Sachen aus. Samanta beschwerte sich darüber, dass die Lehrer trotz der anstehenden ZAG-Prüfungen so viele Hausaufgaben aufgaben. Deswegen wollte sie am Wochenende möglichst viel abhaken, was ich gut verstehen konnte. Ich setzte mich an den Aufsatz für Prof. McGonagall, die sich sehr wahrscheinlich wieder freuen würde, wenn sie meinen langen Aufsatz lesen durfte. Also gab ich mir extra viel Mühe. Danach schrieb ich noch einen Brief an meine Mutter. Ich erzählte ihr, wie kalt und stürmisch es hier bei uns war und dass ich befürchtete, wie ungemütlich wohl der Winter werden könnte. Ich schrieb ihr auch, wie seltsam sich Maggie teilweise verhielt, dass es manchmal Tage gab, an denen sie sich nur selten blicken ließ. Auch schrieb ich darüber, wie gut mir Hogwarts und der Unterricht gefielen. Dabei ging ich allerdings nicht auf die Einzelheiten ein, schließlich musste ich daran denken, dass meine Mutter von Magie sehr wahrscheinlich nichts verstehen würde. Ich offenbarte ihr, dass ich vor kurzem ein Gespräch mit Prof. Dumbledore hatte, welches sehr gut verlaufen ist und mir viel Mut und Stärke eingebracht hatte. Schließlich beichtete ich ihr in dem Brief auch, dass es jemanden gab, der mein Herz höher schlagen ließ. Ich schrieb ihr allerdings nicht, dass es sich bei demjenigen um meinen Lehrer handelte. Ich wollte nämlich nicht, dass sie mich mit einer Intrige in Verbindung brachte, die mir Probleme, die dafür prädestiniert war, mir Probleme zu bereiten, sondern wollte sie wissen lassen, dass es mir gut ging. Als ich den Brief schließlich fertig geschrieben hatte, war es schon kurz vor dem Abendessen. Und weil ich zu Mittag nichts gegessen hatte, war mein Hunger umso gewaltiger. Ich ging mit klopfendem Herzen in die große Halle und der Herzschlag beschleunigte sich noch mehr, je näher ich dem Lehrertisch kam, an dem bereits Prof. Snape Platz genommen hatte. Als ich mich an den Tisch setzte – und zwar so, wie Prof. Snape es aufgetragen hatte – machte sich sofort eine Spannung in mir breit, die mich dazu veranlasste, noch einmal zu ihm zu blicken. Sein inniger Blick verriet mir, dass er der Auslöser dafür war und sich keine Mühe gab, sie zu lösen. Seine Augen waren wie Scheinwerfer, die mich vollkommen mit Hitze überfluteten, nur mit dem Unterschied, dass das Licht für andere nicht sichtbar war. In dem Moment war es meine Bühne und sämtliche Menschen, die sich in der großen Halle befanden, wurden völlig ausgeblendet. Niemand außer mir vernahm das überragende Gefühl, welches von mir Besitz ergriffen hatte. In Prof. Snapes Blick lag Gier und eine gewisse Schadenfreude, weil er ganz genau wusste, was mich in knapp drei Stunden erwarten würde. Ich zwang mich, von ihm wegzusehen und sah, dass Samanta mir gegenüber saß. Sie grinste frech, was ich zwar unverschämt fand, auf der anderen Seite war ich ihr aber auch dankbar dafür, dass sie mich nicht verspottete, sondern mich eigentlich nur aufmuntern wollte. Dennoch versuchte ich, sie mit ungeduldigen Blicken meinerseits zu bremsen und daran zu erinnern, dass wir nicht allein waren. Insgesamt herrschte am Tisch der Slytherins eine feierliche Stimmung. Dass ich mir das Quidditchspiel nicht angesehen hatte, schien entweder niemand bemerkt zu haben oder niemanden sonderlich zu interessieren, weil mich niemand darauf ansprach. Ich musste schließlich zugeben, sehr erfreut darüber zu sein, dass sich meine Mitschüler freuten und wer weiß, vielleicht war Quidditch am Ende ja doch gar nicht so schlecht. Ich ahnte allerdings, dass mir so oder so nichts anderes übrig bleiben würde, als zum nächsten Spiel gehen zu müssen.
Je später es wurde, desto nervöser wurde ich auch. Nach dem Abendessen, welches ziemlich lustig verlief, hatte ich mich in den Schlafsaal begeben, um mich etwas auszuruhen. Ich hatte am Ende gemerkt, dass ich etwas zu viel gearbeitet und die Müdigkeit von mir Besitz ergriffen hatte. Nachdem ich knapp eine Stunde geschlafen hatte, fühlte ich mich zwar deutlich ausgeruhter, aber meine Aufregung wuchs mit jeder Minute, die verging. Ich machte mir Gedanken darüber, was ich anziehen sollte und entschied mich für das schlichte schwarze Kleid, welches ich bereits im Tropfenden Kessel getragen hatte. Dazu zog ich mir Strümpfe an, die mir bis zum Oberschenkel reichten sowie meine schwarzen Stiefel. Ich begutachtete mein Gesicht im Spiegel und zog meinen Kajal nach. Auch wenn ich Prof. Snapes Geschmack nicht gut kannte war ich zuversichtlich, dass ich ihm gefallen könnte. Es war zehn Minuten vor zehn, als ich mich vom Schlafsaal aus in den Gemeinschaftsraum schlich. Da es bis zum Büro nicht sehr weit war, ließ ich mir Zeit. Es herrschte vollkommene Stille, hin und wieder war das Tröpfeln von Wasser zu vernehmen. Ich fragte mich, wie viel die Decke wohl standhalten konnte, denn über dieser lag der große See, dem wir die Kälte und feuchten Wände zu verdanken hatten. Ich konnte mir vorstellen, dass es hier in den Sommermonaten besonders angenehm sein würde, da das Gewölbe ein Durchdringen von Wärme unmöglich machte. Ich ließ von meinen Gedanken ab, je näher ich der Tür des Büros kam. Mein Herz klopfte wie wild, sodass es schmerzte und als ich anklopfte und schließlich eintrat, schlug mir sofort eine Atmosphäre entgegen, die mich verängstigte. Ich schloss leise die Tür und konnte Prof. Snape erst nicht entdecken, was mich nervöser werden ließ. Unsicher sah ich mich um, bis ich ihn schließlich weiter hinten im Raum sehen konnte. Anscheinend war er gerade damit beschäftigt, etwas in ein Regal zu räumen. Vorsichtig trat ich näher. Als sich Prof. Snape plötzlich herumdrehte, war ich ganz aufmerksam und versuchte so gut es mir nur möglich war, meine Nervosität und Unsicherheit zu verbergen.
»Guten Abend, Sir«, sagte ich eingeschüchtert. Prof. Snape hatte eine harte Miene aufgesetzt, die mir nicht verriet, in was für einer Stimmung er gerade sein mochte. Langsam trat er näher, während er sprach. »Du bist pünktlich, wie ich sehe.« Ich schwieg. »Solltest du allerdings darauf hoffen, dass ich Nachsicht zeige, muss ich dich enttäuschen, Marie.« Ich sagte wieder nichts, sondern sah ihn einfach nur an. Mein Herz raste und ich merkte, wie sich die Situation anspannte. »Du weißt, warum du hier bist?«, fragte er rhetorisch. Ich sah betreten zu Boden. »Wir… wollten über meine Strafe sprechen, Sir«, sagte ich tonlos. Als ich Prof. Snape in das Gesicht sah, war noch immer kein Ausdruck zu erkennen. Seine Hände hatte er hinter seinem Rücken verschränkt. Langsam trat er näher. »Korrekt«, sagte er leise. »Ich habe lange überlegt, welche Strafe für dein Fehlverhalten angemessen sein könnte.« Eine kurze Pause trat ein. Prof. Snape ging ein paar Schritte und umging mich, während er fortsetzte. »Fassen wir noch einmal zusammen, Marie«, wieder eine Pause. Ich hörte seine Schritte hinter mir, drehte mich allerdings nicht nach ihm um. »Du bist nicht zum Slytherinspiel erschienen, was ich in keinem Falle dulden kann. Was ich dir allerdings am meisten anlaste ist die Tatsache, dass du mich belogen hast.«
»Ich habe Sie nicht belogen, Sir«, widersprach ich heftig. Prof. Snape blieb abrupt stehen und sah mich ausdruckslos an. »Du zweifelst also an meiner Intelligenz und an meinen Fähigkeiten, Marie? Das gibt einen Strafpunkt mehr.«
»Sir…«, sagte ich. »Ich bezweifle all das nicht. Aber ich habe nicht gelogen!« Ich fühlte mich im Unrecht.
»Als ich dich gefragt habe, ob du mir aus dem Weg gehen würdest, hast du verzweifelt versucht, das abzuschlagen. Was eindeutig als Lüge zu bewerten wäre.«
»Aber Sir…«
»Ruhe…«, sagte er bedrohlich, ohne die Stimme zu erheben und fuhr mit seiner Aufzählung fort:
»Du verlässt fluchtartig meinen Unterricht und ich musste in den letzten Tagen verstärkt feststellen, dass du mich nicht einmal mehr ansiehst.« Eine kurze Pause trat ein. »Möchtest du das etwa abstreiten?«, fragte er mich bohrend. »Nein, Sir,« sagte ich hilflos. »Es tut mir Leid…« Während ich das sagte, trat er näher. »Das sehen wir dann, nicht wahr?«, erwiderte Prof. Snape schließlich. Er sah mich an. Lange und intensiv. »Die Frage, die sich mir stellt ist, warum du mir aus dem Weg gehst, Marie…«, sagte er schließlich. »Ich weiß es nicht Sir«, sagte ich fast flehend, was ihn allerdings in keiner Weise zu beeindrucken schien. »Dann wird es wohl Zeit, dass ich dir ein wenig auf die Sprünge helfe…« Prof. Snape stieß mich gegen das Regal hinter mir und umfasste meinen Hals, sodass ich nur schwer Luft bekam. Ich atmete flach und spürte mein Herz in meiner Brust. Fingernägel krallten sich in meine Haut. Ich schloss meine Augen. Eine andere Hand griff unter mein Kleid und krallte sich in meinen Oberschenkel, sodass es wehtat. Ich stöhnte auf, öffnete abrupt die Augen und sah in die Prof. Snapes, wobei ich mich sofort wieder in ihnen verlor. Wie sehr ich dieses Gefühl vermisst hatte. Es dauerte einige Sekunden, ehe sich die Hand von meinem Hals löste und mich stattdessen am Nacken packte, was mich kurz aufschrecken ließ. Dennoch erregte es mich auf eine Weise. Prof. Snape führte seine Hand an meinen Haarschopf, ergriff diesen und führte mein Gesicht so, dass ich gezwungen war, ihn anzusehen.
»Und jetzt«, sagte er schließlich, »wirst du mir brav folgen.« Er ließ von mir ab, drehte sich herum und ich folgte ihm. Wir gingen durch sein Büro hindurch, auf eine Tür zu, die sich ganz am Ende befand. Wir passierten diese und befanden uns in einem Gang, der uns mitten in einen Raum führte, der nur spärlich durch Fackeln an den Wänden beleuchtet wurde und vollkommen leer war.
»Da wären wir«, sagte Prof. Snape nüchtern. Er trat langsam näher. »Ich werde dich heute lehren was es bedeutet, meine Regeln zu brechen sowie unaufmerksam und unehrlich mir gegenüber zu sein.« Eine Pause trat ein. Ich schluckte schwer, schwieg aber weiterhin. Ich hatte keine Vorstellung darüber, was hier gleich passieren würde, weswegen sich in mir eine Spannung ausbreitete. »Als erstes wirst du dich ausziehen«, sagte er schließlich streng. Mein Herzschlag setzte für einen kurzen Moment aus und meine Augen weiteten sich. Ich blieb wie paralysiert stehen, regte mich nicht. »Ich warte, Marie!« Ich sah beschämt zu Boden. »Aber, Sir… Ich kann doch nicht…«
»Das ist amüsant, Marie«, sagte Prof. Snape. »Lässt du jetzt etwa das kleine schüchterne Mädchen heraushängen? Als ich dich unter deinem kurzen Kleid berührte, hat es dich nicht sonderlich gestört. Und nun möchtest du dich vor mir nicht zeigen?« Ich musste einsehen, dass er damit nicht ganz Unrecht hatte, allerdings war es mir unangenehm, weil Prof. Snape mir eindeutig seinen Willen aufzwingen wollte. Schließlich erkannte ich aber, dass ich keine Wahl hatte, schloss kurz meine Augen, nahm meinen Mut zusammen und zog mir erst die Stiefel, danach meine Strümpfe und anschließend das Kleid über dem Kopf aus. Bis auf meinem Slip war ich völlig entblößt. Prof. Snape trat langsam näher und machte einen zufriedenen Eindruck. Er berührte meinen Hals und schließlich meine nackte Brust, führte seine Hand an meinen Po. »Zieh den auch aus, Marie…«, sagte er, nachdem er einen Finger unter den Stoff meines Slips geschoben hatte und ihn leicht auseinander zog. Ich tat wie mir geheißen, zog meinen Slip langsam aus, ohne meinen Blick von Prof. Snape abzuwenden. Seine Hand berührte noch einmal kurz meinen Hintern, während er fortfuhr:
»Und jetzt… dreh dich um.« Auch diesen Befehl befolgte ich gehorsam. »Lauf auf die Wand zu und führe deine Arme nach oben.« Ich tat wie mir geheißen und bemühte mich, meine Gedanken so gut es ging abzuschalten. Noch immer konnte ich mir kein Bild davon machen, was geschehen würde, meine Aufregung wurde stärker und stärker. Nachdem ich meine Arme nach oben ausgestreckt hatte, merkte ich, wie Ketten meine Hände fesselten, die aus dem Nichts erschienen waren. Plötzlich bekam ich Angst und sah mich hektisch um. Es war vollkommen ruhig und man hätte meinen können, dass ich allein im Raum war. Völlig verwirrt stand ich an der Wand und starrte sie an. Es wäre unmöglich gewesen, mich von allein aus den Fesseln zu befreien. Als ich hinter mir leise Schritte vernahm, sträubten sich meine Nackenhaare. Noch elektrisierender war es, als eine Hand meinen Rücken streichelte. »Wirklich bedauerlich, dass ich dich heute nicht unter anderem Umständen begrüßen konnte«, sagte Prof. Snape enttäuscht, der dicht hinter mir stand. Nach einer gefühlten halben Minute entfernte er sich. Wieder war es vollkommen ruhig, aber meinen Herzschlag vernahm ich sehr deutlich. Plötzlich wurde die Stille durch ein Flüstern gebrochen, welches mir Gänsehaut verschaffte.
»Flagrumsortia.« Es klang wie ein Zauberspruch, den ich allerdings nicht kannte. Die Spannung im gesamten Raum wurde kontinuierlich gesteigert. Mir wurde bewusst, dass Prof. Snape die Situation vollkommen im Griff hatte. Weil mein Herz so schnell raste, das mir die Brust wehtat schloss ich die Augen, um mich selbst zu beruhigen zu versuchen. Ich dachte für einen Moment an gar nichts und hatte meinen Kopf an die steinerne Wand gelehnt. Ich atmete den Staub, der sich an den Steinen gesammelt hatte, ein und konnte den Verfall riechen, der im Mauerwerk hauste. Mit einem Mal konnte ich ein Geräusch vernehmen, was ich erst nicht einordnen konnte, mir aber einen heftigen Schrecken einjagte. Es klang wie ein Schwingen und noch bevor ich daran einen weiteren Gedanken verschwenden konnte, spürte ich einen ziemlich heftigen Schlag auf meinem Rücken, der mich so sehr schockierte, dass ich mir dessen erst gar nicht richtig bewusst wurde. Ich erschrak, fuhr auf, doch bekam keinen Ton aus mir heraus, obwohl ich hätte schreien müssen. Nur wenige Sekunden später erfolgte der zweite Schlag und diesmal vernahm ich den Schmerz sehr deutlich. Ich schrie auf und biss die Zähne zusammen. Ich lehnte meine Stirn gegen die Wand und atmete tief aus und ein. Der Schmerz, der für gewöhnlich hätte abklingen müssen, schien sich regelrecht in mich hineinzufressen. Danach folgte der dritte Schlag, der sich anfühlte, als würde in mir der Blitz einschlagen. Ich schrie erneut und der Schmerz war so gewaltig, dass er meinen gesamten Körper betäubte und regelrecht Besitz von meinem Verstand ergriff. Ich war binnen weniger Minuten nicht mehr dazu in der Lage zu denken oder etwas um mich herum wahrzunehmen. Es gab nur mich, meinen Körper und den Schmerz, der mich bitter durchzog. Ein weiterer Schlag folgte und ich schrie erneut, diesmal aus vollem Hals. Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten, allerdings fühlte ich binnen weniger Augenblicke gar nichts mehr. Keine Angst, keine Spannung oder gar die Schläge meines Herzens, welches meine Brust zu durchbrechen drohte. Ich fühlte keinen Scham und hatte auch nicht das Bedürfnis, um Gnade zu flehen. In dem Moment akzeptierte und empfing ich meine Strafe, ohne über die Wertigkeit dieser nachzudenken - weil es mir auch schier unmöglich war. Mit jedem Schlag brannte sich der Schmerz tiefer und tiefer in mir, betäubte meine Sinne völlig, bis ich regelrecht blind wurde. Plötzlich blieb mein Verstand völlig aus und mein Körper verlor seine Kraft. Ich verlor vollkommen die Kontrolle über mich und schließlich auch sämtliche Gedanken. Ich verirrte mich in eine Welt, die vollkommen dunkel war und dennoch fühlte ich mich in dieser nicht allein. Für einen Moment blieb ich in dieser Welt und spürte eine angenehme Wärme, die mich umgab. Als ich meine Augen öffnete dachte ich zuerst, ich würde in jene Welt blicken, die ich just in dem Moment verlassen hatte: In ein Paar schwarzer Augen, die mich eingehend und ergriffen fokussierten. Ich erkannte diese Augen sofort.
»Professor…«, flüsterte ich. Ich lag in Prof. Snapes Armen, in seinen Umhang gehüllt und genoss für einen Moment die von ihm ausgehende Wärme. »Was ist passiert?«, flüsterte ich. Ich konnte mich an nichts erinnern und fühlte mich seltsam schwach, als hätte ich tagelang nicht geschlafen. Mein Kopf pochte und schmerzte. Schließlich setzte meine Wahrnehmung erneut aus und schloss meine schweren Augen. Als ich ein weiteres Mal erwachte, war ich zunächst völlig orientierungslos, als ich realisierte, dass ich nicht in meinem Bett lag. Ich konnte mich noch immer nicht daran erinnern, was passiert war, fühlte mich eigenartig schwach und war völlig neben der Spur. Ich wusste erst nicht, wo ich mich befand, als ich schließlich Schritte näher kommen hörte und Prof. Snape herein treten sah. Er kam behutsam näher. Es gab keinen Zweifel, dass ich mich in seinem Zimmer in seinem Bett befand.
»Professor…«, sagte ich verwirrt, doch Prof. Snape unterbrach mich:
»Wie fühlst du dich?«, wollte er wissen. In seinem Gesicht lag ein Hauch von Mitgefühl, was mich zusätzlich irritierte. Wenn ich mich doch nur erinnern konnte, was passiert war. »Ich bin schrecklich müde…«, antwortete ich. Prof. Snape entfernte sich und ging zu einem Schrank, der sich vor dem Bett befand. Daraus entnahm er ein kleines Fläschchen. »Trink das«, wies er mich an, als er sich dem Bett wieder näherte und mir das Fläschchen reichte. »Was ist das?«, wollte ich wissen, nachdem ich es an mich genommen hatte.. Prof. Snape lächelte amüsiert. »Ein Stärkungstrank. Kein Gift, Marie.« Ich richtete mich etwas auf, wobei ich feststellte, dass ich vollkommen nackt war. Ich zog die Decke näher an mich. »Sobald die Wirkung eingesetzt hat, bringe ich dich zurück in den Gemeinschaftsraum.«
»Wollen Sie mir denn gar nicht sagen, was passiert ist?«, erwiderte ich. Prof. Snape sah noch immer amüsiert drein. »Dein Körper ist zu geschwächt und du brauchst Ruhe. Wir werden über alles ganz in Ruhe sprechen.« Völlig entgeistert sah ich ihn an. Ich fühlte mich in der Tat sehr schwach. »Trink.«, wies er mich an, allerdings in einem sanften Ton. Ich entkorkte sogleich das Fläschchen und trank dessen Inhalt leer. Es dauerte gar nicht lange, als die Wirkung einsetzte. Ich fühlte mich besser und weniger benebelt. »Zieh dich an und komm in mein Büro, sobald du fertig bist.« Prof. Snape entfernte sich und ließ mich allein zurück. Meine Sachen waren sauber auf dem Nachtschrank neben dem Bett zusammen gelegt. Ich war noch immer recht müde, zu sehr, um über alles nachzudenken, geschweige denn zu überlegen, was passiert sein könnte. Nachdem ich mich angekleidet hatte, ging ich aus dem Zimmer und ging den Korridor entlang, der mich zu einer Abzweigung führte. Zu meiner Linken konnte ich weiter hinten die Treppe erkennen, die zum Erdgeschoss des Schlosses führte. Also bog ich links ab, da sich Prof. Snapes Büro in unmittelbarer Nähe der Treppe befand. Als ich schließlich eintrat, sah ich Prof. Snape an seinem Schreibtisch sitzend, der einen müden Eindruck machte, sich allerdings aufrichtete, als er mich bemerkte. Ein Blick auf die Wanduhr verriet mir, dass es kurz nach vier Uhr war - also mitten in der Nacht. Ich folgte Prof. Snape nach draußen, wobei wir kein Wort miteinander sprachen. Als wir schließlich vor der Wand des Gemeinschaftsraumes standen und diese auf das Passwort wartete, musste ich feststellen, dass ich es vergessen hatte. Ich sah Prof. Snape an und verstand nun auch, warum er mir gefolgt war. Ihm war bewusst, dass mein Verstand noch völlig benebelt sein musste, was mir völlig schleierhaft war.
»Du wirst dich wieder an alles erinnern, sobald du ausgeschlafen hast«, sagte er. Ich sah zu Boden und schließlich zu ihm. Nach wenigen Augenblicken, kam er einen Schritt näher und nahm meine Hände in seine. Ich sah ihm noch einmal in seine Augen und ich lächelte verlegen. Ohne großartig darüber nachzudenken, ging ich einen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn. Prof. Snape umfasste meine Taille und drückte mich fest an sich. In diesem Moment wurde ich daran erinnert, wie sehr ich seine Nähe vermisst hatte. Ich ließ von ihm ab und konnte aus seinem Gesicht entnehmen, dass ihn irgendetwas bedrückte. Es war sehr befremdlich, ihn so zu sehen. »Marie…«, sagte er schließlich, »warum bist du mir in den letzten Tagen aus dem Weg gegangen?« Völlig überrascht sah ich in sein Gesicht und hatte den Eindruck, dass er das erste Mal Verletzlichkeit zeigte. Es regte sich etwas in mir und wurde daran erinnert, wie schwierig es für mich in den letzten Tagen gewesen war, seine Nähe auszuhalten, geschweige denn sie zu meiden. »Ich dachte, es wäre besser so«, sagte ich leicht verlegen. Traurig sah ich zu Boden. »Bitte du das nie wieder, Marie«, bat er mich schließlich. »Versprich es mir.« Ich sah zu ihm auf und erkannte, dass es ihm ernst war. Anscheinend hatte ich einen wunden Punkt getroffen und dennoch verstand ich die Zusammenhänge, warum ich in seinem Bett aufgewacht bin und mich nicht erinnern konnte, nicht im Geringsten. Ich nickte. »Ich verspreche es, Sir. Wenn es Ihnen so wichtig ist…« Prof. Snape trat näher an mich heran, nahm mein Gesicht in seine Hände und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Daraufhin stellte sich ein leichtes Schwindelgefühl ein, obwohl mein Blut in Wallung geriet und mir wohlig warm wurde. »Du solltest jetzt schlafen gehen«, sagte er schließlich sanft. Ich nickte, nachdem sich mein Herzschlag etwas beruhigt hatte.
»Jobberknoll«, sagte er, der Wand Richtung Gemeinschaftsraum zugewandt, die sich daraufhin öffnete. »Gute Nacht, Professor«, sagte ich, noch immer völlig neben der Spur. »Gute Nacht, Marie«, erwiderte Prof. Snape. Ich betrat den Gemeinschaftsraum und wandte mich noch einmal zu ihm um, der seinen Blick nicht von mir abgewendet hatte. Ich hatte keine Ahnung, was passiert war, aber irgendetwas war anders. Ich konnte es regelrecht spüren, demnach wusste ich es ganz genau.
Am nächsten Morgen stellte sich heraus, dass Prof. Snape die Wahrheit gesagt hatte. Gleich nachdem ich meine Augen öffnete, wusste ich sofort wieder, was passiert war. Es erschien mir allerdings so unwirklich, dass ich nach wie vor an der Realität zweifelte. Ich fühlte mich ausgeruhter denn je, was in Zusammenhang damit stand, dass ich für meine Verhältnisse lange geschlafen hatte - es war bereits kurz vor halb elf. Auch die Tatsache, dass ich mir gar nicht erst die Mühe gemacht hatte, mich auszukleiden bevor ich in das Bett ging, fand ich ziemlich merkwürdig. Doch ich erinnerte mich daran, mich sehr schwach gefühlt zu haben und ich wahrscheinlich einfach zu müde dafür gewesen bin. Das erste was ich tat war, meinen Rücken in dem Spiegel des Schlafsaals zu begutachten und musste feststellen, dass keinerlei Striemen oder ähnliches zu sehen waren. Ich hielt es für schier unmöglich - hatte ich mir das alles nur eingebildet? Völlig durcheinander begab ich mich in den Gemeinschaftsraum, in dem viele Schüler anwesend waren. Samanta saß an einem der Arbeitstische und war in ihrem Lernstoff vertieft. Ich ging davon aus, dass sie ganz bestimmt wissen wollen würde, was am Vorabend passiert war. Aber was sollte ich ihr erzählen?
»Hi, Samanta«, sagte ich schließlich. Daraufhin sah sie auf und wirkte erleichtert. »Hey! Hast du etwa bis gerade eben geschlafen? Ist alles in Ordnung mit dir?« Ich nickte zur Beruhigung. »Ja, es ist alles in Ordnung. Im Großen und G jedenfalls.« Samanta sah sich um, um sich zu vergewissern, dass uns niemand zuhörte. »Und? Was musstest du machen?«, wollte sie schließlich wissen. »Was?«, fragte ich verwirrt. »Du weißt schon!«, hakte Samanta nach. »Bei IHM!«
»Achso…«, erwiderte ich. Ich konnte ihr auf gar keinen Fall erzählen, was wirklich passiert war, also musste ich mir eine Notlüge einfallen lassen. »Wir haben uns unterhalten«, antwortete ich schließlich, wobei meine Antwort nicht völlig falsch war. Samanta blickte ungläubig drein. »So lange? Du warst mehrere Stunden weg…«
»Es war ein sehr langes Gespräch«, gab ich zur Antwort. Samanta war nach wie vor skeptisch. Sie ahnte, dass das nicht alles gewesen sein musste. »Eigentlich soll ich darüber mit niemanden sprechen…«, sagte ich schließlich.
»Oooh«, machte Samanta geheimnisvoll. »Du hast also ein Geheimnis mit ihm…«
»Ja… so in etwa kann man das wohl ausdrücken. Und ganz fertig sind wir damit auch noch nicht.« Samanta machte große Augen. »Was heißt das?«
»Wir… werden uns noch einmal unterhalten, fürchte ich. Ich kann das Ganze noch nicht einordnen, weißt du?«
»Nein. Ich verstehe ehrlich gesagt gar nichts, aber das ist auch vollkommen okay.« Ich war auf der einen Seite erleichtert, dass sie das so sah. Auf der anderen Seite hätte ich mich wohler gefühlt, wenn ich ihr alles erzählen könnte. »War es denn eine sehr harte Strafe?«, fragte sie schließlich. Ich nickte. »Ja, so ziemlich. Ich weiß jetzt jedenfalls, dass…« 'Ich ihn nicht aus dem Weg gehen sollte', wollte ich sagen. »Was?«, hakte Samanta nach. »Dass ich beim nächsten Quidditchspiel dabei sein werde. Und ich ihn nicht verärgern sollte.«
»Wen?«, fragte Samanta. »IHN!«, sagte ich betonend. »Aaaah«, machte Samanta dann. »Dann ist das wohl klar.« Sie zwinkerte. »Und… ist er noch sauer?« Ich schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Glaube ich jedenfalls nicht. Allerdings habe ich ihn heute ja auch noch nicht gesehen.«
»Ich auch nicht«, gab Samanta zu. »Wie, du auch nicht? Warst du nicht in der großen Halle?«
»Doch, ich schon. Aber Snape nicht.« Mir fiel ein, dass ich für mehrere Stunden sein Bett besetzt hatte, weswegen er nicht schlafen konnte. Mir stieg die Röte ins Gesicht. »Was ist denn?«, lachte Samanta. »Ach… nichts«, schlug ich ab. »Ich glaube… wir haben uns einfach wirklich zu lange unterhalten. Er wird wohl noch geschlafen haben.« Samanta kicherte. »Klar. 'Unterhalten'.« Sie machte beim Wort unterhalten Anführungszeichen in die Luft. »Haben wir aber!«, wehrte ich mich. »Das weiß ich doch, Marie. Ich meine auch eher das Geheimnis«, flüsterte sie. »Wir haben nicht...«, hielt ich dagegen, wobei ich den Satz nicht auszusprechen vermochte. Samantas Augen wurden erneut größer. »Was habt ihr nicht?«
»Na, DAS!« Doch weil Samanta entweder so tat, als würde sie nicht wissen, was ich meinte oder weil sie es tatsächlich nicht wusste, wurde ich konkreter:
»Samanta! Wir haben nicht… wir wurden nicht intim miteinander, falls du das denken solltest.« Ich wurde erneut rot. Samanta grinste. »Findest du das schade?«
»Samanta!«, zischte ich. »Was denn? Du magst ihn doch. Und das gehört doch nun einmal dazu. Oder denkst du, Snape ist da anderer Meinung?«
»Ich weiß es nicht«, musste ich zugeben. »Aber wir kennen uns kaum…«
»Seit wann muss man sich denn dafür näher kennen, Marie? Komm schon, wir beide sind alt genug und wissen, wie das heutzutage läuft.« Das war nicht nur ein sehr heikles Thema, sondern auch äußerst unangenehm. Zudem wollte ich auf keinen Fall, dass diese ganze Situation nur eine oberflächliche Sache war. Wie kam ich nur auf die Idee, dieses Thema überhaupt anzuschneiden? »Seid ihr euch denn überhaupt schon näher gekommen?«, fragte Samanta neugierig und war ihr dafür irgendwo dankbar, weil ich aus meinem Gedanken herausgerissen wurde. »Bitte lass uns nicht hier darüber sprechen, okay?«, bat ich. »Oh, verstehe«, sagte sie schließlich. »Und was wirst du jetzt tun?«
»Ich… werde mir Ablenkung suchen, denke ich.« Samanta fasste mich an der Schulter. »Hey. Es ist vollkommen in Ordnung. Ich möchte nur dass du weißt, dass ich für dich da bin, okay? Ich stehe hinter dir.«
»Ich weiß. Dafür bin ich dir auch sehr dankbar.« Wir lächelten uns beide an. »Ich denke, ich werde bis zum Mittagessen nach draußen gehen.«
»Bist du sicher? Es ist ziemlich kalt draußen«, erinnerte Samanta mich. »Das wird schon«, erwiderte ich. Daraufhin zuckte Samanta mit den Schultern. Ich ging noch einmal zurück in den Schlafsaal, um mir meinen wärmsten Umhang überzuziehen, nahm den Brief an mich, den ich an meine Mutter geschrieben hatte und verließ den Gemeinschafstraum, um für eine Weile nach draußen zu gehen. Auf dem Weg stellte ich fest, dass ich Maggie noch gar nicht gesehen hatte, was sehr ungewöhnlich war. Ich ging davon aus, dass ich ihr sicher später begegnen würde. Als ich die Haupteingangstür des Schlosses öffnete, kam mir eine bittere Kälte entgegen. Es war allerdings ein sehr schöner Tag. Helle Sonnenstrahlen hatten sich über die Ländereien von Hogwarts gelegt. Anscheinend bescherte uns der November in seinen letzten Tagen die letzte Wärme, die er zu geben hatte. Ich begab mich als erstes in die Eulerei, um meinen Brief wegzuschicken. Ich wusste nicht genau, wie schnell die Eulen mit der Post waren, aber sehr wahrscheinlich würde der Brief entweder noch heute Abend oder morgen früh bei meiner Familie ankommen, schätzte ich. Anschließend schlenderte ich die Ländereien entlang und dachte nach.
Das, was am Tag zuvor geschehen war, ließ mich nicht mehr los. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass die Bestrafung in Form einer Folterung ausarten würde. So nannte man es doch, wenn man mit einem Instrument - egal ich welcher Form – geschlagen wurde? Die Tatsache, dass ich keinerlei Spuren davon trug, irritierte mich allerdings. Ich erinnerte mich daran zurück, dass ich Schmerzen verspürt hatte, die etwas Seltsames in mir ausgelöst hatten. Ich hatte einige Male geschrien und doch wollte ich aus irgendeinem Grund nicht, dass es aufhörte. Das Ganze ging schließlich so weit, dass ich am Ende das Bewusstsein verlor, nachdem sich nach und nach sämtliche Sinne verabschiedet hatten. Was unmittelbar danach geschah, wusste ich nicht mehr außer, dass ich in Prof. Snapes Bett wach geworden war. Es gab keinerlei Hinweise darauf, dass er sich an mir vergangen hatte und konnte es mir auch nicht wirklich vorstellen. Prof. Snape war sehr fürsorglich gewesen, was ich an ihm gar nicht kannte. Und die Tatsache nicht zu wollen, dass ich ihm aus dem Weg ginge, rührte mich zu tiefst. Ich konnte nicht erkennen, in wie fern das alles zusammen passte. Einerseits hatte Prof. Snape keinerlei Skrupel mir wehzutun, andererseits konnte er so sanftmütig sein. Es machte mich verrückt nicht zu wissen, was er mit der gestrigen Aktion bezwecken wollte.
Ich stand nahe des großen Sees, in dessen Tiefe sich die Kerker des Schlosses befanden. Vielleicht weilte Prof. Snape gerade dort unten oder saß grübelnd in seinem Büro oder in seinem Zimmer - vielleicht ließ ihm das alles aber auch vollkommen kalt und er verschwendete keinen Gedanken an der gesamten Situation. Als ich den großen See betrachtete wurde mir bewusst, dass es da ein Sprichwort gab welches hieß 'Stille Wasser sind tief'. Ich musste lächeln bei diesem Gedanken. Ich tauchte meine Hand in das kühle Nass und beobachtete die Bewegungen an der Stelle, die meine Finger berührte hatten. Ringe, die sich immer weiter entfernten, bis sie schließlich komplett verschwanden. Nachdem ich meine Hand aus dem Wasser gezogen hatte, fielen Wassertropfen von meinem Finger und tauchten in den nassen Spiegel ein, wurde letztlich wieder eins mit ihrem Element. Eisige Kälte hatte meine Hand umschlossen. Ich genoss die vollkommene Stille und schloss für einen Moment meine Augen. Der Wind peitsche mir durch die Haare und hinterließ eine kalte Brise, die mein Gesicht streichelte. Ich öffnete die Augen wieder, sah der Sonne entgegen und konzentrierte mich auf die Wärme, die von ihr ausging und spürte sie für einen ganz kurzen Moment, wie einen sanften Kuss auf meiner Stirn. Ich spürte mein Herz in meiner Brust schlagen und je mehr ich an den gestrigen Tag zurück dachte, desto heftiger schlug es. Die Bilder in meinem Kopf wandelten sich. Ich dachte daran zurück, wie Prof. meine Hände gehalten, wie er meine Taille berührt, während ich ihn umarmt hatte. Ich dachte daran, wie schön es für mich gewesen war, in seinen Armen zu liegen, ihm so nahe zu sein. Ich dachte an das, was er in mir auslöste, wenn ich ihn ansah, während er mich berührte. Es machte keinen Unterschied, ob er dabei nett oder streng war. Allein die Tatsache, dass er der Mann war, der mein Herz berührte, zählte. Mit einem Mal musste ich mir eingestehen, dass ich mich verliebt hatte und ich das schon seit längerem war. Ich wollte es nie zugeben, weil ich Angst vor den Folgen hatte. Für den Fall, dass er genauso fühlte wie ich, mussten wir einen Weg finden, es zu akzeptieren und das beste daraus zu machen. Aber bis dahin war der Weg noch weit und der Zeitpunkt noch lange nicht der richtige. Die Tatsache, dass irgendwann auch Prof. Dumbledore davon erfahren musste, machte die ganze Situation nicht einfacher und die Angst vor eventuellen Konsequenzen war nicht nur da, sondern immens. Ich musste einsehen, dass es an der Zeit war, sich Gewissheit zu verschaffen. Wenn Prof. Snape nicht wollte, dass ich mich von ihm entfernte, musste es dafür einen Grund geben. Ich spürte, dass der Zeitpunkt, diesen zu ergründen, unmittelbar bevorstand und dass ich Vorteile inne hatte, die ich nutzen konnte. All diese Gedanken trug ich bei mir, während ich mich außerhalb des Schlosses bewegte. Erst als ich das Schloss wieder betrat, weil es mir dann doch zu kalt wurde, konnte ich sie halbwegs beiseite schieben. Meine Gedanken waren deutlich klarer, aber nach wie vor blieben einige Fragen unbeantwortet. Ich würde im Laufe des Tages noch Prof. Snape aufsuchen in der Hoffnung, dass er Zeit für mich haben und er sich an seinem Versprechen halten würde. Zumindest war er mir das schuldig.
Nach der regen Unruhe zu urteilen, die in der Eingangshalle herrschte, musste es kurz vor dem Mittagessen sein. Eilig legte ich meinen Umhang im Schlafsaal ab und begab mich in die große Halle. Wie üblich, nahm ich ganz vorne am Slytherintisch Platz und spähte zu Prof. Snape herüber, der ebenfalls anwesend war. In seinem Gesichtsausdruck lag die Ruhe selbst und ich ärgerte mich darüber nicht zu wissen, was er gerade wohl denken mochte. Zudem beunruhigte mich die Abwesenheit meiner Katze, der ich nach wie vor noch nicht begegnet war.
»Hat irgendjemand von euch Maggie gesehen?«, fragte ich in die Runde. Zur Antwort erhielt ich stummes Kopfschütteln und auch Samanta konnte nichts anderes erwidern. »Sie ist doch bestimmt im Schloss unterwegs«, sagte sie. »Oder fängt Mäuse«, gab ein Slytherin mit dem Namen Simon zur Antwort. »Maggie fängt keine Mäuse«, hielt ich dagegen. »Sie ist eine Katze, Marie. Katzen fangen Mäuse«, mischte sich Samanta ein. Ich machte eine abfällige Handbewegung. »Maggie macht so etwas nicht.« Ich kannte meine Katze gut. Sie hatte noch nie irgendein Kleintier gefangen und ich konnte es mir demnach absolut nicht vorstellen, dass sie heimlich auf Mäusejagd ging. »Sie wird schon irgendwann aufkreuzen«, munterte mich Samanta auf. »Bestimmt«, sagte ich und nahm mir etwas von dem Hähnchen. »Sag mal, wo warst du eigentlich?«, wollte eine Slytherin namens Luisa wissen, die neben Simon saß. »Draußen«, sagte ich trocken. »Nicht gerade eben. Sondern gestern Abend.« Ich schluckte. Was ging sie das denn an, dachte ich. »Ich… hatte noch etwas Wichtiges zu erledigen«, sagte ich schließlich. Als ich Samanta ansah, rollte sie mit den Augen und stand mir bei:
»Jaaaa… du arbeitest doch gerade an der Sache!«
»An der Sache?«, fragte ich sie verwirrt. Samanta machte ungeduldige Augenbewegungen, als wollte sie auf etwas hinaus. Schließlich ging mir ein Licht auf. »Achsooo. Ja, die Sache. Genau.« Samanta grinste und ich tat es ihr gleich. Die anderen zuckten nur mit den Schultern, weil sie uns nicht verstanden. Ich aß großzügig und sah immer mal wieder zu Prof. Snape herüber. Ab und an fing er meine Blicke auf und wirkte konzentriert. Ich musste nur aufpassen, ihn nicht allzu lange anzustarren, um bei den anderen Schülern keinen Verdacht zu erregen. Dennoch war die Versuchung, ihn genauer zu beobachten, sehr groß. Und das Bedürfnis, ihm erneut nahe zu sein, noch viel mehr. Ich dachte mit Absicht an den gestrigen Tag zurück, weil Prof. Snape wahrscheinlich das gleiche sehen würde, sollte er in meinem Kopf herumstöbern. Ich war völlig in Gedanken versunken, als ich plötzlich aus diesen ruckartig herausgezogen wurde.
»Schau mal, wer da kommt, Marie!«, rief Samanta. Ich blickte in Richtung Tür der großen Halle und sah Maggie immer näher kommen. »Süße, wo warst du denn die ganze Zeit?« Maggie schüttelte sich einmal und maunzte, bevor sie sich neben mich setzte. Ich streichelte sie und spürte Erleichterung. Sie nahm die Streicheleinheiten dankbar an und leckte meine Hand. Schließlich sprang sie von der Bank herunter, setzte sich direkt neben sie und starrte mich an. Die ersten Minuten ignorierte ich es völlig und begann damit, mich mit einigen der Mitschüler zu unterhalten. Doch irgendwann machte mich Maggies Anstarren nervös. »Was ist denn?«, fragte ich sie genervt. Maggie maunzte so laut, dass es mir fast unangenehm war und einige der Schüler und Lehrer zu ihr schauten. Sie ging ein paar Schritte auf mich zu, tänzelte zwischen meinen Beinen umher, setzte sich wieder vor die Bank und starrte mich erneut an, nachdem sie sich einmal geschüttelt hatte. Mir kam ihr Verhalten nicht nur verdächtig, sondern auch sehr bekannt vor. Sie hatte sich schon einmal so verhalten und mich zum Büro von Prof. Snape geführt. Wenn sie sich so hibbelig verhielt konnte das nur bedeuten, dass sie mir etwas zeigen wollte.
»Ich weiß jetzt, was sie will«, sagte ich schließlich mehr zu mir selbst und stand auf. »Was ist denn los«, wollte Samanta wissen. In dem Moment fiel mir ein, dass ich Samanta noch gar nicht erzählt hatte, dass ich meine Katze neulich um einen Gefallen gebeten hatte. Also sagte ich einfach:
»Du weißt schon… die Sache.« Mit diesen Worten folgte ich Maggie, die allerdings so schnell aus der Halle hechtete, dass ich meine Schritte beschleunigen musste. »Maggie, warte!«, rief ich. Ich stürmte aus der Halle heraus und konnte gerade noch sehen, wie Maggie schnurstracks Richtung Treppenhaus lief. Ich folgte ihr eiligen Schrittes und hatte Schwierigkeiten damit, die Treppen rechtzeitig zu erreichen. Weil sich die Treppen nämlich ständig von selbst bewegten, musste man oftmals warten, ehe sie ihre Richtung wechselten. Maggie dagegen lief das Treppenhaus empor, als hätte sie noch nie etwas anderes getan und blieb erst still sitzen, als ich den zweiten Stock erreichte.
»Warum musst du eigentlich immer so hetzen?«, sagte ich völlig außer Puste. Meine Worte ignorierend führte sie mich an ein ganz anderes Ende des Stockwerks, welches mir vollkommen unbekannt war. Ich wusste zwar, dass ich hier schon einmal gewesen bin, weil sich Prof. Dumbledores Büro in diesem Stockwerk befand, doch jetzt gerade stand ich in einer völlig anderen Ecke. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass hierher besonders viele Schüler kamen. Es schien hier nichts zu geben, außer einer Tür, vor der sich Maggie hingesetzt hatte. Als ich näher trat, sah Maggie erst zu der Tür hinauf, anschließend sah sie mich erwartungsvoll an. Als ich die Tür jedoch öffnen wollte, regte sie sich nicht. »Sie ist verschlossen«, sagte ich enttäuscht. Daraufhin stützte sich Maggie gegen die Tür und maunzte einmal. Nur wenige Sekunden später wurde sie von der anderen Seite entriegelt und einen Spalt breit geöffnet, was Maggie dazu veranlasste, durch diesen zu schlüpfen. Ich öffnete dir Tür vorsichtig und trat vorsichtigen Schrittes ein. Sofort konnte ich erkennen, dass Licht durch mehrere Fenster schien, das den Raum erhellte. Noch ehe ich mich eher umsehen konnte, wurde die Tür hinter mir abrupt geschlossen und ich erschrak. Als ich anschließend eine über mir schwebende Gestalt erblickte, wurde mir erneut ein Schreck eingejagt. Ich stelle fest, dass es sich bei dieser Gestalt um ein Geistermädchen handelte, das ich zuvor noch nie gesehen hatte. Sie wirkte sehr schüchtern, hatte schwarze Haare zu zwei Zöpfen gebunden, trug ein Kleid sowie Kniestrümpfe.
»Hallo«, sagte ich vorsichtig, nachdem sich mein Herzschlag etwas beruhigt hatte. »Wer bist du?«, wollte ich wissen. »Ich bin die Maulende Myrte«, sagte sie mit einer etwas schrillen Stimme. »Die Maulende Myrte?«, fragte ich verwundert. Ich hatte anscheinend noch nicht alle Geister von Hogwarts kennen gelernt und von der Maulenden Myrte hatte noch nie jemand etwas erzählt. »Ich habe dich gar nicht auf der Halloweenfeier gesehen bei den anderen Geistern…«, sagte ich schließlich. »Ich bin nicht da gewesen!«, sagte sie trotzig. »Mich mag sowieso niemand, deswegen bin ich viel lieber hier allein.« Das Geistermädchen mit dem Namen Maulende Myrte machte einen betrübten Eindruck. »Ich bin Marie«, sagte ich schließlich höflich. »Ich weiß, wer du bist«, antwortete Myrte. »Deine Katze ist oft bei mir gewesen und hat mir von dir erzählt.« Sie kicherte. Ich staunte nicht schlecht. Konnten Geister also mit Katzen sprechen? »Du hast dich mit Maggie unterhalten?«, fragte ich erstaunt. »Natürlich. Du unterhältst dich doch auch mit ihr. Warum sollte ich das also nicht auch tun?« Mir wurde bewusst, dass mit Myrte wahrscheinlich nicht unbedingt zu spaßen war und sie ein empfindliches Gemüt hatte. Ich musste meine Worte bei ihr mit Bedacht wählen. »So habe ich das nicht gemeint«, sagte ich sanft.
»Ich kenne sonst niemanden, der sich mit meiner Katze unterhält, verstehst du? Maggie ist nicht umsonst meine beste Freundin, was aber viele nicht unbedingt verstehen.« Ich setzte ein freundliches Lächeln auf in der Hoffnung, sie diesmal nicht verärgert zu haben. »Deine Katze hat mir erzählt, dass du einen Raum suchst, um ein wenig üben zu können«, sagte sie, meinen Satz zuvor ignorierend. »Ja, das stimmt«, gestand ich. »Ist das hier dein Zimmer?«
»Oh ja. Nach all den Jahren gehört es endlich mir allein. Das hier war früher ein Mädchenklo. Aber ich habe zu oft Sachen nach den Mädchen geworfen, die hier einfach reingekommen sind und mich mit ihrem albernen Gegacker genervt haben. Dabei sind einige Sachen kaputt gegangen.« Myrte lachte amüsiert, was irgendwie ansteckend war. »Schließlich wurde das Klo geschlossen und nun stört mich niemand mehr.«
»Das bedeutet also, dass hier normalerweise niemand rein kann?« Myrte schwebte im Raum umher und schien plötzlich gut drauf zu sein. »Genau so ist es. Kein Ärgern und keine Störungen mehr.« Ich kratze mich am Kopf.
»Und dennoch hast du mir gerade die Tür geöffnet. Warum?«, hakte ich nach. »Deine Katze hat mir viel von dir erzählt und im Laufe der Zeit haben wir uns angefreundet. Ich mag deine Katze und wenn du möchtest, darfst du diesen Raum nutzen. Unter einer Bedingung.« Irgendwo schmeichelte mir dieses tote Mädchen. Obwohl sie mich noch nie gesehen hatte, war sie dazu bereit, mir ihr Zimmer zur Verfügung zu stellen. Auf der anderen Seite fürchtete ich mich vor dem, was die Bedingung sein würde. »Was für eine Bedingung?«, fragte ich verunsichert.
»Wenn ich mit deiner Katze spielen darf.« Ich atmete erleichtert auf und verkniff mir das Lachen. »Natürlich darfst du mit meiner Katze spielen.«, antwortete ich. Myrte lachte erheitert auf. »Gut. Dann bist du jederzeit willkommen!«
»Das… ist sehr nett von dir, Myrte. Vielen Dank.« Sie schwebte auf mich zu und machte einen glücklichen Eindruck. »Dürfte ich mir dein Zimmer einmal in Ruhe anschauen?« Sie nickte. Ich sah mich um und stellte fest, dass ich hier sehr viel Platz haben würde. An den Wänden waren teilweise noch Rohre und Garnituren angebracht. Neben dem zahlreichen Staub auf dem Boden, fanden sich auf diesem vereinzelte kleine Wasserpfützen. An der Decke hingen mehrere Spinnweben. Obwohl Myrtes Raum einen kläglichen und heruntergekommenen Eindruck machte, war ich ziemlich sicher, dass sich in diesem Schloss womöglich kein besserer Raum hätte finden können, als dieser hier. Niemand würde mich stören, da er für andere schlichtweg nicht zugänglich wäre. »Und es macht dir auch wirklich nichts aus, wenn ich hier Zauber übe?«, fragte ich vorsichtshalber noch einmal nach. »So lange du die Zauber nicht gegen mich richtest, habe ich nichts dagegen«, betonte Myrte. »Keine Sorge«, sagte ich, »ich werde aufpassen und dich nicht verärgern. Ich bin dir jedenfalls sehr dankbar, Myrte. Dankeschön.« Sie lächelte verlegen und ich hatte den Eindruck, als würde ihr Gesicht ein dunkleres Grau annehmen, fast so als würde sie erröten. »Und wie komme ich hier hinein?«, wollte ich wissen.
»Deine Katze wird dir dabei helfen. Sobald ich sie höre, öffne ich dir Tür.« Ich nickte, um ihr mein Verständnis auszudrücken. »Du musst mir allerdings versprechen, dass du diesen Raum niemanden zeigst. Er ist geheim. So geheim, dass nicht einmal 'Alohomora' die Tür öffnen kann.« Ich wusste, dass 'Alohomora' der Zauber war, mit dessen Hilfe man verschlossene Türen oder andere Gegenstände öffnen konnte. Und wenn man die Tür zu Myrtes Zimmer schon damit nicht öffnen konnte, musste sie magisch versiegelt sein. »Niemand wird davon erfahren. Ich schwöre es«, versprach ich. Myrte sah zufrieden aus. »Gut. Wenn du magst, kannst du gleich mit dem Üben beginnen. Aber pass auf, dass du die Rohre nicht triffst, wenn du nicht nass werden willst.« Wieder kicherte sie. »In Ordnung. Danke für den Tipp«, erwiderte ich. Daraufhin legte ich meine Sachen ab und nahm meinen Zauberstab zur Hand, um einige Zauber auszuprobieren. Ich würde mir zukünftig noch Gedanken über geeignete Ziele machen müssen, kam mir in den Sinn, denn ich wollte nicht mutwillig etwas zerstören. Als ich das Gefühl hatte, dass es für das erste genug wäre, begab ich mich zurück zu Myrte, die gerade mit Maggie spielte. Sie sah glücklich aus.
»Ich würde mich dann vorerst von dir verabschieden. Maggie kann allerdings noch bleiben, wenn sie will«, sagte ich zu ihr. »Du gehst schon?«, fragte sie enttäuscht. Es tat mir fast Leid. »Ich komme wieder, versprochen. Und ich bin dir wirklich sehr dankbar. Aber ich habe da noch etwas zu erledigen, weißt du?« Sie nickte. »Und deine Katze kann wirklich noch bleiben?«, wollte sie sich vergewissern. »Aber natürlich«, gab ich zur Antwort, »meine Katze ist ein freies Wesen. Wenn sie dir noch Gesellschaft leisten möchte, darf sie das natürlich.«
»Danke. Ich mag sie wirklich sehr«, sagte sie glücklich. »Ich wollte immer eine Katze haben, aber meine Eltern haben es verboten.«
»Aber dafür ist es doch nie zu spät, oder?«, erwiderte ich. Myrte sah mich fragend an. »Jetzt, wo du dieses Zimmer für dich hast und sowieso oft allein bist, kannst du dir noch immer eine Katze anschaffen.«
»Ich weiß nicht…«, zögerte sie. »Die meisten Katzen mögen keine Geister. Und wie soll ich mir selbst eine suchen, wo ich doch ein Geist bin.« Myrte war sehr traurig und schien ihr Geisterdasein nicht sonderlich zu mögen. »Hmmm…«, machte ich. »Du darfst mit Maggie jedenfalls so lange spielen, wie du möchtest.«
»Danke, Marie.« Es freute mich, dass ich ihr anscheinend so leicht eine Freude machen konnte, auch wenn ich erkannte, dass sie sehr einsam war. Nur zugeben wollte sie es nicht, was ich ebenfalls gut verstehen konnte. Ich verabschiedete mich ein letztes Mal und verließ das ehemalige Mädchenklo. Auch bei Maggie würde ich mich noch bedanken müssen, schließlich hatte ich das alles ihr zu verdanken. Jetzt verstand ich auch, warum sie oft nicht anwesend war und ich fand es rührend, dass sie sich anscheinend so viel Mühe gegeben hatte, um diesen Raum für mich zu finden.
Ich wusste nicht genau, wie viel Zeit vergangen war, als ich mich auf dem Weg zurück Richtung Eingangshalle machte. Ich hatte ein ganz bestimmtes Ziel. Nachdem ich so viel über den gestrigen Tag nachgedacht hatte, musste ich unbedingt mit Prof. Snape sprechen. Ich musste in Erfahrung bringen, was er mit seiner eigentümlichen Art der Bestrafung bezwecken wollte. Ein paar Schüler hielten sich in der Eingangshalle auf und auch die große Halle war gut besucht. Über den Tag trafen sich dort viele Schüler, um gemeinsam die Hausaufgaben zu machen oder zu lernen. In den meisten Fällen führte einer der Lehrer Aufsicht, aber Prof. Snape konnte ich nicht entdecken, was mich dazu veranlasste, ihn in sein Büro aufzusuchen. Ich wusste mittlerweile, dass er sehr viel Zeit in seinem Büro verbrachte, doch wusste niemand so genau, was er dort eigentlich trieb. Die meisten Schüler interessierte das allerdings auch nicht und waren hingegen froh, wenn er nicht in ihrer Nähe war. Gegenüber den Slytherins war er verhältnismäßig freundlich und bevorzuge sie gerne. Den Schülern aus den anderen Häusern bürdete er gerne Strafen auf oder zog ihnen Hauspunkte ab - zumindest hatte ich das gehört. Wenn es wirklich stimmte, dann war es sicherlich keine besonders faire Methode, aber Prof. Snape war sehr stolz darauf, Hauslehrer von Slytherin zu sein und es war nun einmal seine Art. Prof. Dumbledore schien diese jedenfalls zu akzeptieren, demnach konnte es nicht so falsch sein. Zudem wusste ich bereits, dass die einen oder anderen Mitschüler gern zu Übertreibungen neigten.
Ich war sehr aufgeregt, als ich vor seiner Bürotür stand und fragte mich, ob ich es wirklich riskieren sollte, ihn mitten am Tag zu stören. Doch mein Anliegen betraf schließlich uns beide, zudem hatte er ein gemeinsames Gespräch versprochen. Ich nahm meinen Mut zusammen, klopfte an und wartete. Nach einigen Sekunden konnte ich leise Schritte vernehmen, bevor die Tür geöffnet wurde. Als Prof. Snape erkannte, dass ich diejenige war, die seine Anwesenheit ersuchte, erhellte sich seine Miene ein wenig.
»Marie…«, sagte er. »Komm herein.« Ich tat wie mir geheißen. Prof. Snape schloss die Tür und rauschte an mir vorbei. »Störe ich Sie gerade, Sir?«, fragte ich vorsichtig. »Nein«, antwortete Prof. Snape. »Setz dich.« Er bot mir wie gewohnt den Platz an seinem runden Tisch an, nachdem er ebenfalls Platz genommen hatte. »Um ehrlich zu sein, habe ich dich schon erwartet.« Er lächelte eigentümlich. »Wie ist dein befinden heute?«, wollte er wissen, nachdem ich mich gesetzt hatte. »Gut, denke ich.« Prof. Snape lächelte. »Du bist sicher hergekommen, weil du einige Fragen haben wirst, habe ich Recht?« Es erstaunte mich immer wieder, wie er meine Worte vorweg nahm. Ich nickte. »Ja, Sir. Die habe ich in der Tat.« Ich pausierte und suchte nach einem Anfang. »Was… ist gestern genau passiert, Sir?«, fragte ich schließlich. Prof. Snape hatte seine Hände auf dem Tisch zusammengefaltet und musterte mich eingehend. »Woran erinnerst du dich?«, fragte er mich. Ich zuckte kurz mit den Schultern. »Ich bin mir nicht sicher, ob einiges davon wirklich passiert ist, Sir.«
»Dann beschreibe es«, forderte er mich auf, allerdings weniger beharrlich als sonst, was mir eindeutig zeigte, dass er heute in einer ganz anderen Stimmung war. Diesmal ging keinerlei Bedrohung von ihm aus. »Wir waren in diesem Raum«, begann ich. »Ich erinnere mich daran, dass ich mich ausziehen und an die Wand stellen sollte. Ich spürte eiserne Fesseln an meinen Handgelenken…« Jetzt noch einmal alles auszusprechen, was passiert war, erschien mir äußerst merkwürdig. Noch dazu, weil es in Gegenwart von Prof. Snape geschah, der mich aufmerksam und amüsiert ansah. »Weiter?«, wollte er wissen. »Sie haben… eine Zauberformel gesprochen, glaube ich. Und dann war da dieser Schmerz…«
»Und wie war es für dich?«, hakte er nach. »Ich… bin nicht sicher, Sir. Ich habe so etwas noch nie zuvor gespürt.«
»Beschreibe es für mich«, forderte er wieder, wobei er mich nicht aus den Augen ließ. Also versuchte ich es:
»Zuerst war ich völlig entsetzt und konnte ihn nicht einordnen. Er wurde immer stärker und ich hatte dein Eindruck, dass er nicht abklingen würde. Am Ende… schien er regelrecht Besitz von mir zu ergreifen. Ich konnte irgendwann gar nichts mehr denken oder fühlen. Das war sehr merkwürdig.«
»Interessant«, gab Prof. Snape zur Antwort. »Was genau war das?«, wollte ich wissen. »War das ein Zauber, Sir?« Prof. Snape lächelte erneut. Geheimnisvoll. »Flagrumsortia«, sagte er und ich erinnerte mich wieder. »Sie haben mich ausgepeitscht, Sir«, sagte ich entrüstet. »Ja und nein«, sagte Prof. Snape völlig gelassen. »Du wirst sicherlich bemerkt haben, dass du keinerlei Spuren davongetragen hast.« Das war vollkommen richtig. Ich nickte wieder. »Das stimmt, Sir. Aber was genau haben Sie dann gemacht?« Prof. Snape schien es zu genießen, dass ich keine Ahnung hatte und er mehr oder weniger in Erklärungsnot geriet. »Ein sehr alter Zauber, der kaum noch bekannt ist. In einer Zeit, die weit vor unserer liegt wurde er gerne benutzt, um den Opfern Informationen zu entlocken oder deren Willen zu brechen. Allerdings ist er weniger gefährlich, als die meisten glauben, wenn man weiß, wie man ihn anwenden muss.«
»Warum haben Sie sich für diese Methode entschieden, Sir?«, wollte ich wissen. Prof. Snape sah kurz auf seine Hände, ehe er fortfuhr:
»Ich habe lange nach einer geeigneten Strafe gesucht, Marie. Ich kam letztlich zu dem Entschluss, mich für eine besonders strenge und harte Variante zu entscheiden.« Was bedeutete das nur? »Ich wollte, dass du leidest, aber ich wollte dich nicht ernsthaft verletzten.« Diese Aussage irritierte mich. Ich erinnerte mich daran, was für Schmerzen ich verspürt hatte. »Sie wollten mir also wehtun?« fragte ich. Prof. Snapes Blick war bohrend. »Ich würde lügen, wenn ich es verneinte, Marie. Aber ich wollte viel mehr damit bezwecken.« Eine Pause trat ein, ehe er fortfuhr:
»Ich wollte testen, wo deine Grenzen liegen, wie weit ich gehen kann und letztlich auch, ob du mir vertraust.« Das überraschte mich und dennoch verstand ich es nicht. »Es war mir möglich, den Grad des Schmerzen, den du verspürten würdest, zu bestimmen und auch, was er mit dir anrichtet. Du hast dich meinem Willen unterworfen, demnach ist genau das passiert, was ich wollte.«
»Ich verstehe den Zusammenhang nicht richtig«, sagte ich. »Sie wollten wissen, ob ich ihn vertrauen kann, indem Sie mir Schmerzen zufügen? Mich leiden lassen?«
»Das ganze ist weitaus komplexer und ich erwarte nicht, dass du meine Gedankengänge dahinter verstehst. Dennoch: Überlege was zuvor passiert ist«, wandte er ein, »und erinnere dich daran, dass du dich meinen regeln unterworfen hast.«
»Ich erinnere mich daran. Sehr gut sogar«, sagte ich. »Dann sei dir darüber im Klaren, dass du nicht über deine Art der Bestrafung bestimmst oder welchen Zweck sie erfüllen soll. Sei dir darüber bewusst, dass ich dir damit eine Lektion erteilen wollte.« Eine Pause trat ein. »Zudem frage ich mich«, fuhr er fort, »warum du nicht in Erwägung gezogen hast, mich um Gnade anzuflehen oder darum gebeten hast aufzuhören, Marie.« Ich musste nicht lange überlegen, um ihm darauf eine Antwort zu geben. »Ich wollte es nicht«, gab ich schließlich zur Antwort und das war die Wahrheit. »Ich wollte… Sie nicht noch einmal enttäuschen, Sir…« Prof. Snape triumphierte, wie aus seinem Gesichtsausdruck zu entnehmen war. »Du hast also an mich gedacht, Marie?« Wieder nickte ich. »Ja… jedenfalls für einen kurzen Moment, bis ich schließlich nicht mehr konnte.« Ich pausierte, ehe ich schließlich weiter nachhakte:
»Habe ich wirklich mein Bewusstsein verloren, Sir?«
»Ja, Marie. Die Maßnahme hat dich sehr viel Energie gekostet.«
Und… was genau ist danach passiert, Sir?« Prof. Snape lächelte erneut. »Ich habe das Ganze sofort abgebrochen und dich in meine Obhut gebracht.« Ich erinnerte mich daran, wie ich in seinen Armen gelegen hatte. Ich war mir noch immer nicht sicher, ob es wirklich passiert oder es nur ein Traum gewesen ist. »Ist es schlecht, dass ich ohnmächtig geworden bin, Sir?«, fragte ich, um von meinem Gedanken abzulenken. »Nein, Marie. Da du keine Kontrolle über die Situation hattest, hättest du dagegen nichts tun können«, antwortet er. Seine Antwort beruhigte mich. Dennoch gab es da eine Sache, die mich interessierte. »Und wie war das für Sie?«, fragte ich schließlich. Prof. Snape zog seine Brauen nach oben und lächelte auf eine Art, die mich erregte.
»Äußerst zufrieden stellend. Noch dazu hast du Stärke und Tapferkeit bewiesen, was ich dir ebenfalls hoch anrechne.« Ich errötete leicht. »Dann sind Sie mir also nicht mehr böse, Sir?«
»Nein«, antwortete er sanft. »Ich war dir nie böse.« Das überraschte mich. »Aber… Sie haben auf mich den Eindruck gemacht, als wären Sie es«, gab ich zurück. »Ich... bin ein schlechter Verlierer, fürchte ich.« Ich sah ihn fragend an, weil ich nicht richtig verstand. »Du bist mir aus dem Weg gegangen und ich habe nicht verstanden, warum.« Ich sah betreten zur Tischplatte. »Warum warst du der Meinung es wäre besser, wenn du mir aus dem Weg gehen würdest?«, fragte er schließlich. Als er mir beim letzten Mal die Frage gestellt hatte, konnte ich ihm darauf keine gescheite Antwort geben. »Ich konnte es teilweise nicht ertragen, Sie anzusehen, Sir«, gab ich zu. »Ich wurde jedesmal daran erinnert wie es sich für mich anfühlt, wenn Sie mich ansehen. Oder wenn Sie mich berühren… Zudem wusste ich das Ganze nicht einzuordnen. Ich war sehr überfordert mit der Situation, Sir.« Es fiel mir sehr schwer, das vor ihm zuzugeben, sodass mir fast die Tränen kamen. Prof. Snape sah nachdenklich drein. »Also lag ich damit richtig, dass du es eigentlich nicht wolltest?« Ich nickte und war beschämt zugleich. »Ja, Sir… Ich dachte wirklich, es wäre besser so, damit ich mir nichts vormache, Sir.« Eine Träne lief mir über die Wange. »Marie…«, sagte Prof. Snape sanft. Als ich ihn ansah, lag Mitgefühl in seinem Blick. »Ich werde dafür sorgen, dass du dich zukünftig nicht mehr quälen musst. Das verspreche ich dir. Ich fürchte, ich bin nicht sonderlich gut darin, meine Zuneigung dir gegenüber zu zeigen.« Ich machte große Augen. Gestand er sich etwa gerade selbst seine Fehler ein? Er streckte seine Hand in meine Richtung aus. »Komm her«, sagte er. Ich stand auf und ergriff sie. Daraufhin zog sie mich in seine Richtung, sodass ich ihm wieder ganz nahe war. Schließlich erhob sich Prof. Snape ebenfalls von seinem Platz. »Du wirst diesmal deinen Kopf nicht wegdrehen«, sagte er daraufhin. »Was?«, fragte ich, irritiert und mit klopfendem Herzen. Doch noch ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, zog er mich an sich und küsste mich. Ich schloss instinktiv meine Augen und genoss seine Lippen auf meinen. Es fühlte sich absolut fantastisch an und ich war überrascht, wie viel Leidenschaft in diesem Kuss lag. Ich legte meine Arme um Prof. Snapes Hals, während er mich noch fester an sich drückte. Nach einer gefühlten halben Minute entfernten sich seine Lippen von meinen. Unsere Blicke trafen sich und mein Herz schlug wie verrückt. »Ich will, dass du mit mir redest, wenn dich etwas beschäftigt, Marie.« Ich nickte, noch immer völlig benebelt. Ich war völlig durcheinander und überrumpelt von Prof. Snapes Kuss.
»Ich wollte sowieso noch mit Ihnen sprechen, Sir. Allerdings befürchte ich, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt.«
»Das sehe ich anders«, hielt er dagegen, während er seine Hände unter mein Kleid führte. »Ich habe jetzt Zeit und wo du schon einmal hier bist…»
»Es geht dabei nicht um mich«, erwiderte ich. Prof. Snape ließ langsam von mir ab, setzte sich wieder, hatte aber noch immer meine Hand ergriffen. »Um was geht es?«, fragte er schließlich. Ich zog den Sessel näher zu mir heran und setzte mich. »Es… geht um Samanta«, sagte ich. »Um Miss Magoro also?«, hakte er nach. »Ja«, erwiderte ich daraufhin. »Sie hat mir erzählt, dass sie nicht mit nach Hogsmeade darf, weil sie das letzte Mal gehen die Regeln verstoßen hatte.« Ich machte eine kleine Pause. »Wäre es vielleicht möglich, diesmal eine Ausnahme zu machen und ihr dieses eine Mal zu erlauben, doch nach Hogsmeade gehen zu dürfen?«
»Hat Sie dich um diesen Gefallen gebeten?«, fragte er. »Nein. Die Idee kommt von mir. Samanta hat mir eine Sache anvertraut und es wäre mir sehr wichtig, wenn Sie sich um diese Angelegenheit kümmern könnte.«
»Was für eine Angelegenheit?«, hakte er nach. Das war sehr heikel, schließlich hatte ich versprochen, niemanden davon zu erzählen. »Um eine Herzensangelegenheit«, sagte ich. Prof. Snape sah mich einige Sekunden lang an, ehe er erwiderte:
»Die Sache ist die: Ich vertraue Miss Magoro nicht, da sie schon einmal gegen Regeln verstoßen hat. Ich bin ein sehr konsequenter Mensch, Marie und bin der Meinung, dass sie aus ihren Fehlern lernen sollte.«
»Natürlich«, bestätigte ich. »Sie bereut es auch wirklich sehr. Und Samanta hat mir versprochen, dass sie sich diesmal vernünftig verhalten wird. Vielleicht kann man sich auf einen Kompromiss einigen?«
»Warum setzt du dich für sie ein?«, fragte er. »Samanta ist neben Maggie meine beste Freundin«, betonte ich. »Wenn ich ihr helfen kann, dann versuche ich es. Es wäre mir sehr wichtig, Sir…« Prof. Snape dachte nach.
»Und wer garantiert mir, dass sie sich diesmal an die Regeln halten wird?«
»Ich garantiere dafür!«, sagte ich sofort. Ich vertraue Samanta. »Und für den Fall, dass sie die Regeln erneut bricht, was machen wir dann?« Ich überlegte. »Dann… bestrafen Sie mich«, gab ich entschlossen zur Antwort. Das schien Prof. Snape nicht nur zu überraschen, sondern auch zu amüsieren. »Hast du etwa noch nicht genug?«, fragte er schelmisch lächelnd. »Es ist ein Angebot, Sir«, erwiderte ich. Prof. Snape sah mich erneut an und das Angebot schien ihm nicht unbedingt zuwider zu sein, nach seinem Ausdruck zu urteilen. »Durchaus verlockend…«, sagte er. »Bitte, Sir…«, betonte ich. Prof. Snape überlegte noch immer, wobei er es sichtlich genoss, dass er mal wieder die Kontrolle über etwas hatte. »Ich werde es mir überlegen«, antwortete er und mir fiel ein Stein vom Herzen, weil er zumindest nicht sofort 'Nein' gesagt hatte. Ich lächelte. »Danke, Sir.« Er sah mich noch immer sehr intensiv an. »Möchtest du mir sonst noch etwas mitteilen, Marie?«, fragte er schließlich. Ich überlegte, ob er auch etwas Bestimmtes hinaus wollte, als ich mich entschied:
»Ich… mag Sie sehr gerne, Sir. Und der Kuss vorhin… war sehr schön.« Ich lief rot an, was mich ärgerte, weil es albern wirkte. Prof. Snape aber nahm mein Gesicht in seine Hand und streichelte es. Er drückte mir erneut einen warmen Kuss auf meinen Mund. Was war nur mit ihm geschehen? »Das beruht auf Gegenseitigkeit. Und zukünftig werde ich mir mehr Mühe geben, es dir auch zu zeigen.«, sagte er schließlich sanft und küsste mich erneut sehr intensiv. Ich lächelte und er erwiderte es auf seine eigentümliche Art. »Sir…«, sagte ich. »Was ist eigentlich mit Ihnen? Werden Sie in Hogsmeade sein?« Prof. Snape machte ein leicht gequältes Gesicht. »Ich halte für gewöhnlich nichts von diesem Trubel«, gab er zur Antwort. »Verstehe…«, sagte ich enttäuscht. »Du solltest jetzt besser gehen«, sagte er dann, nachdem er von mir abgelassen hatte. »Ist gut«, bestätigte ich. Ich erhob mich langsam vom Platz und obwohl ich das starke Bedürfnis hatte zu bleiben, verließ ich sein Büro.
Die Gefühle, die in mir vorgingen, waren unbeschreiblich. Der Kuss hatte mich völlig überrascht und zugleich umgehauen. Nicht einmal mein erster Kuss und die, die darauf folgten, waren annähernd so schön und so intensiv gewesen. In meinem Kopf kreiste es und sämtliche Reize schienen vollkommen durcheinander zu sein. Für einen Moment war ich völlig orientierungslos und wusste gar nicht, wohin ich eigentlich gehen wollte. Auch wusste ich nicht, ob es besser war allein oder von anderen Menschen umgeben zu sein. Ich hielt es dennoch für das beste, vorerst in den Gemeinschaftsraum zurückzugehen. Dort angekommen, sah ich Samanta konzentriert am Arbeitstisch sitzend. Lernte sie etwa immernoch? Einige andere Schüler saßen am Kamin oder spielten Zaubererschach. Maggie hatte sich in einen der Sessel eingekuschelt und war wohl vom Spielen mit Myrte müde geworden. Als ich sie so sah fiel mir ein, dass ich mich bei meiner Katze noch gar nicht richtig bedankt hatte, was es noch nachzuholen galt. Völlig gedankenlos ging ich auf Samanta zu und setzte mich zu ihr mit an den Tisch. Als sie mich bemerkte, schienen ihr glatt die Augen aus dem Kopf zu fallen.
»Was ist denn mit dir passiert?«, fragte sie entsetzt. »Ich habe mit ihm gesprochen«, sagte ich. »Ich habe ihn gefragt, ob er dich nach Hogsmeade lässt.« Samanta ließ sofort ihren Federkiel fallen. »Und was hat er gesagt?«
»Er überlegt es sich«, antwortete ich. »Ich hoffe, ich konnte ihn überzeugen.« Samantas Augen waren noch immer groß vor Staunen. »Dass du ihn tatsächlich gefragt hast…«
»Samanta…«, flüsterte ich. Sie war die einzige Person, die wusste, was ich für Prof. Snape empfand und hatte das Bedürfnis mir von der Seele zu reden, was vorhin geschehen war. »Er hat mich geküsst.« Ich sprach sehr leise und noch immer entgeistert. Abrupt hielt sich Samanta beide Hände vor den Mund. »Dein Ernst?«, fragte sie lachend. Ich nickte. »Wie… Wie, ist das passiert?«
»Einfach so… Er hat es einfach getan.«
»Und wie war es?« Ich schüttelte den Kopf. Aber nicht, weil ich es nicht schön gefunden hatte, sondern weil mich die Tatsache, dass es überhaupt geschehen war, nach wie vor überrumpelte. »Es war… unglaublich. Es war das schönste, was ich jemals gespürt habe.«
»War es ein langer Kuss?«, fragte sie flüsternd. Ich nickte. »Ja. Sehr lang. Und sehr intensiv. Und… fordernd.«
»Scheiße, Marie«, sagte sie entrüstet. Sie konnte es ebenfalls kaum glauben, aber sie schien sich für mich zu freuen. »Bitte sag nie wieder, dass er nicht verknallt in dich ist«, sagte sie energisch. Ich zuckte die Schultern. Vielleicht war er es tatsächlich. In jedem Fall war irgendetwas mit ihm geschehen und ich konnte mir vorstellen, dass es in enger Verbindung mit der Bestrafungsaktion stand. Vielleicht hatte ich irgendetwas zu ihm gesagt und ich wusste es nicht mehr. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich mich ihm unterworfen hatte und er darauf stand, wenn Frauen das taten. Oder vielleicht hatte er auch spezielle Neigungen, von denen ich noch nichts wusste.
»Hallo? Marie?« Ich hatte völlig vergessen, dass Samanta noch anwesend war. »Sorry. Ich bin nur ein wenig durcheinander.« Samanta grinste. »Und was jetzt? Wie geht es weiter?« Das war eine gute Frage. »Ich würde sagen, wir warten einfach ab. Ich glaube, es wäre das beste«, gab ich zur Antwort.
Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, welche Erfahrungen noch auf mich warten würden. Geschweige denn, auf was ich mich eingelassen hatte.
Schließlich wurde es Dezember, der uns Kälte, Frost und jede Menge Schnee bescherte. Die Ländereien rundum des Schlosses lagen außerdem in vollkommener Stille, die durch das letzte Quidditchspiel in diesem Jahr noch einmal gebrochen wurde. Gryffindor spielte gegen Hufflepuff und dieses Spiel ließ ich mir diesmal nicht entgehen. Die Zuschauer feuerten ihre Lieblingsmannschaft an, wobei ich mich selbst eher zurückhielt. Auf der einen Seite war es ganz interessant, den Spielern zuzusehen, auf der anderen Seite war Quidditch ein gefährliches Spiel - für meine Verhältnisse zu gefährlich. Nicht selten kam es vor, dass ein Mitspieler einen Klatscher abbekam oder sogar fast bis ganz vom Besen fiel. Selbst ich auf der Zuschauertribüne hatte Angst, einen der Bälle abzubekommen oder davor, dass einer der Spieler direkt in die Tribüne raste. Aus diesem Grund fühlte ich mich nicht sonderlich wohl, von der Eiseskälte ganz zu schweigen. Als das Spiel durch das Fangen des Schnatzes seitens Gryffindor beendet wurde, war ich heilfroh, wieder zurück in das Schloss gehen zu können.
Während die Natur unter ihrer dicken Schneedecke ruhte, herrschte bereits vor dem ersten Advent rege Weihnachtsstimmung. Der Wildhüter Hagrid brachte vier große Weihnachtsbäume, die er in der großen Halle direkt hinter dem Lehrertisch aufstellte. Einige der Lehrer dekorierten diese mit Christbaumkugeln und Sternen aus Kristall sowie magischen Kerzen. Nicht selten kam es vor, dass der eine oder andere Schlossgeist ein Weihnachtslied summte. Und weil die meisten Schüler über die Ferien zu ihren Familien fahren würden, um mit ihnen das Weihnachts- und Neujahrsfest zu feiern, ließ ihre Konzentration während und auch nach dem Unterricht deutlich nach. Alle waren viel zu aufgeregt, endlich wieder bei der Familie sein zu können - eine Sache, die mir verwehrt blieb, weil der Heimweg für mich zu lang und zu umständlich sein würde. In meinem nächsten Brief, den ich an meine Mutter schrieb, erzählte ich ihr, wie traurig ich darüber war, nicht bei ihr und meinen Geschwistern sein zu können. Dafür hatte ich ihr aber versprochen, mir für das nächste Jahr etwas einfallen zu lassen, um sie besuchen zu können. Dennoch machte sich in mir eine Traurigkeit breit und nicht einmal die Tatsache, dass auch andere wenige Schüler in Hogwarts blieben, konnte mich trösten.Nach dem Grund, warum sie nicht nach Hause gingen, fragte ich gar nicht erst, weil ich das Thema nicht anschneiden wollte. Eine Ausnahme machte ich bei Samanta. Von ihr wusste ich, dass Weihnachten bei ihr immer groß gefeiert wurde. Allerdings war ihre Heimreise auch nicht so kompliziert wie bei mir, da sie im Herzen von London wohnte.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass du hier eine schöne Zeit haben wirst,« sagte sie. Sie wusste aber auch, dass Weihnachten in Hogwarts nicht dasselbe war, wie Weihnachten zu Hause. Und seitdem unser Stiefvater nicht mehr bei uns war, würde das Fest deutlich entspannter und friedvoller verlaufen. Ich dachte an das letzte Weihnachtsfest, welches das schönste gewesen ist, an das ich mich erinnern konnte. Meine Mutter war schon immer darum bemüht gewesen, jedem seinen Wunsch zu erfüllen und das obwohl wir nie viel Geld hatten. Den einzigen Wunsch, den ich jemals gehabt hatte war, eine Katze zu haben, die ich bereits besaß. Seitdem war ich so gesehen wunschlos glücklich. Viel eher die Gegebenheit, anderen eine Freude zu bereiten, machte mich glücklich. Bereits während meiner Schulzeit hatte ich mein eigenes Geld verdient und oft gespart. Letzten Endes hatte mir meine Bescheidenheit ermöglicht, ganz problemlos meine Schulsachen für Hogwarts zu kaufen und würde noch genügend von dem Geld haben, um meiner Familie wenigstens Weihnachtsgeschenke kaufen zu können. Deshalb freute ich mich schon sehr auf den Ausflug in das Zaubererdorf Hogsmeade.
Während der Großteil meiner Mitschüler bereits auf Ferienmodus gestellt war, war der Unterricht für mich eine wunderbare Gelegenheit, mich von allen anderen Gedanken abzulenken. Seit dem Tag, an dem mich Prof. Snape geküsst hatte, fiel es mir sehr viel schwerer, seinem Unterricht zu folgen. Das war teilweise sogar so unangenehm, dass Prof. Snape selbst das nicht nur bemerkte, sondern sich einen Spaß daraus machte und dies nicht unkommentiert ließ. Während seines Unterrichts schweifte ich mehrfach ab und dachte an den Tag zurück, an dem ich das erste Mal seine Lippen auf meinen gespürt hatte. Ich dachte daran, wie warm mir plötzlich geworden war und was für ein Kribbeln es in meiner Bauchgegend verursachte hatte. Ich dachte daran, wie fordernd und leidenschaftlich sein Kuss gewesen und wie übermäßig stark das elektrisierende Gefühl geworden war, welches Begriff von mir ergriffen hatte. Erst nachdem ich Prof. Snapes bohrende Stimme vernommen, die mich eindeutig ermahnte hatte, wurde ich aus meinen Gedanken abrupt heraus gerissen:
»Miss Spring, hören Sie auf zu träumen, sondern konzentrieren Sie sich auf Ihren Kessel!« Einige Schüler kicherten, was mir ziemlich peinlich war. Ich war rot angelaufen und so beschämt, dass ich daran während des Unterrichts nicht mehr denken wollte. Auch während der Stunde - als außer mir niemand mehr anwesend war - wurde ich erneut ermahnt, allerdings etwas sanfter:
»Du musst etwas vorsichtiger sein mit dem, an was du so denkst, Marie.« Dabei hatte er sich mit seinen Armen auf die Bank gestützt, an der ich noch immer saß und sein eigentümliches Lächeln aufgesetzt, was eindeutig darauf hindeutete, dass er es nicht böse meinte. »Denk daran, dass wir während des Unterrichts nicht allein sind.«
»Es tut mir leid, Professor«, erwiderte ich sofort schuldbewusst. Anschließend ergriff er mein Kinn und küsste mich auf ein Neues, sodass ich fast dahin geschmolzen wäre. Sein anschließender forscher Blick erregte mich zusätzlich und ich wäre am liebsten auf und davon gestürmt. Doch stattdessen fiel ich ihm um den Hals und kletterte währenddessen halb auf meinen Tisch. Ich ließ all meine Hemmungen fallen und küsste ihn auf die Art und Weise, wie ich es schon seit längerem immer tun wollte. Mein Körper verriet mir außerdem, dass ich noch viel mehr wollte. Aber die Tatsache, dass ich nur noch wenige Minuten hatte, um nicht zu spät zum Verwandlungsunterricht zu kommen, geschweige denn, dass sehr wahrscheinlich gleich die nächste Klasse erwartet würde, ließ die Vernunft in mir walten. »Ich sollte jetzt besser gehen«, sagte ich, während ich noch immer festgehalten wurde. »Offensichtlich solltest du das. Und sollte ich von Prof. McGonagall erfahren, dass du zu spät warst, gibt das Strafpunkte für dich, Marie.« Er lächelte schelmisch, was mich fast in den Wahnsinn trieb.
»Ist gut, Sir«, sagte ich, denn ich war mir uneinig darüber, ob ich es schlecht oder gut finden sollte. Zügig verließ ich das Klassenzimmer, allerdings mit einem fantastischen Gefühl. Auch die nächsten Unterrichtsstunden, die darauf folgten, verliefen in gewisser weise ähnlich. Zwar sah ich mir vor, weniger zu träumen, aber ein Kuss gab es am Ende jeder Stunde für mich immer. Ich genoss unsere kurzen Momente, musste aber auch einsehen, dass er noch immer einen Job zu machen hatte und Zeit für sich brauchte. Aus diesem Grund begab ich mich niemals ohne Aufforderung zu seinem Büro, weil ich das Bedürfnis hatte ihn zu sehen oder ihn gar zu spüren. So groß mein Bedürfnis nach Zweisamkeit auch war, meine Selbstbeherrschung nahm immer überhand. Nachdem meine Katze außerdem dafür gesorgt hatte, dass ich endlich einen Übungsraum ganz für mich allein hatte, verbrachte ich in diesem oft meine Zeit, wenn ich nichts anderes zu tun hatte. Ich nutzte Myrtes Raum zum Zwecke meines Selbststudiums. Meine Neugierde hatte mich seit dem Beginns meines Studiums an Hogwarts nie verlassen. Ich hatte mich schon - ohne andere davon wissen zu lassen - mit anderen Zaubersprüchen beschäftigt, die man in Büchern unserer Bibliothek finden konnte. Und weil ich nach und nach feststellen musste, dass man in dem ehemaligen Klo an Zerstörungen von Wänden oder Garnituren nicht unbedingt vorbeikam, befasste ich mich ziemlich schnell mit dem Reparo-Zauber, der es mir möglich machte, sämtliche Zerstörungen wiederherzustellen. Ich hatte schon damit gerechnet, dass Myrte es weniger lustig finden würde, wenn ich ihr Zimmer demolierte, aber sie schien es dagegen eher zu amüsieren. Myrtes Gesellschaft stellte sich als äußerst angenehm heraus. Ich hielt mich stets an das Versprechen und kam niemals ohne meiner Katze.
An dem Freitagmittag schließlich - einen Tag vor dem lang und heiß ersehnten Hogsmeadeausflug, wurde ich in dem wohl schlimmsten Schrecken versetzt, den ich jemals erleben durfte. Ich war gerade auf dem Weg zum Mittagessen in die große Halle und ahnte nichts böses, als ich hinter mir eine Hand an meinem Arm spürte und so heftig herum gewirbelt wurde, dass ich mich um fast einhundertachzig Grad drehte und beinahe ins Stolpern kam. Ich sah in Samantas breit grinsendes Gesicht und ehe ich irgendein Wort von mir geben konnte, fiel sie mir um den Hals und drückte mich so fest, dass ich fast keine Luft mehr bekam.
»Danke, Marie! Dankedankedanke!«, kam zur gleichen Zeit aus ihrem Mund. Ich wusste erst nicht, was sie meinte, als es mir plötzlich dämmerte. »Snape hat mich heute in sein Büro bestellt«, sagte sie, nachdem sie sich von mir gelöst hatte. »Er hat mir erlaubt, dass ich nach Hogsmeade darf!« Ihr freudestrahlendes Gesicht war unbezahlbar und mein Herz machte einen Hüpfer. Ich hatte ihn also tatsächlich überreden können. »Wow!«, sagte ich und freute mich mit ihr. »Das ist wunderbar!«
»Ja! Und das ganze verdanke ich allein dir. Ich bin dir so unendlich dankbar! Du hast was gut bei mir!«
»Unsinn!«, sagte ich sofort. »Du tust bereits genug für mich. Außerdem habe ich dir ja versprochen, dass ich es versuche.« Ich lächelte und Samanta tat es mir gleich. »Allerdings«, fuhr ich fort, »kann ich mir nicht vorstellen, dass er es einfach so erlaubt hat.«
»Ich darf mich ausschließlich bei Madam Puddifoot's sehen lassen.«
»Wer ist das denn?«, wollte ich wissen. Samanta lachte. »Das ist ein Cafè. Dort werden keine alkoholischen Getränke serviert und komme also erst gar nicht in Versuchung.« Ich musste schmunzeln. »Ah, verstehe. Und ist das in Ordnung für dich?«
»Absolut. Ich werde gleich noch mit Levia sprechen.«
»Das hört sich gut an«, gestand ich. »Allerdings werde ich heute Nachmittag noch ein bisschen was tun müssen«, seufzte Samanta. »Ich werde dafür in die große Halle gehen, denn im Gemeinschaftsraum ist in der letzten Zeit der Teufel los, sodass man dort nicht in Ruhe arbeiten kann.« Das stimmte. Gerade in den letzten Tagen vor den Ferien waren die Schüler ganz besonders aufgeregt und fügten sich in Cliquen zusammen, um die Zeit noch einmal gemeinsam zu verbringen. »Klingt sinnvoll«, gab ich zu. »Vielleicht schließe ich mich dem sogar an. Ich habe auch noch ein bisschen was zu tun.« In dem Moment rauschte Prof. Snape an uns vorbei, was mir völlig den Atem verschlug. Ohne sich umzudrehen betrat er die große Halle und ich schaute ihm nach. »Vielleicht sollten wir so langsam zum Mittagessen gehen?«, fragte Samanta zögerlich. Sofort schüttelte ich sämtliche Gedanken ab. »Gute Idee«, bestätigte ich. An Samantas Grinsen hatte ich mich allmählich gewöhnt, genauso wie sie sich daran, dass ich in Schweigen geriet, wenn Prof. Snape in unserer Nähe war.
Am Nachmittag schließlich hatte ich meinen ganzen Kram zusammen gepackt, um in Ruhe in der großen Halle arbeiten zu können. Da um diese Zeit meistens ein Lehrer Aufsicht führte, konnte gewährleistet werden, dass dort zumindest Ruhe herrschte. Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass diesmal Prof. Snape an der Reihe war, die Schüler in der Halle zu beaufsichtigen. Es herrschte absolute Stille, allerdings waren auch kaum Schüler anwesend. Mit klopfendem Herzen betrat ich die Halle und setzte mich zu Samanta an den Tisch. Als sie mich sah, lächelte sie. Ich legte meine Bücher zurecht und begann, an dem Aufsatz für Zaubertränke zu arbeiten, den wir über die Ferien schreiben mussten als Strafe dafür, dass auch Prof. Snape nicht mit der mangelnden Konzentration seiner Schüler verschont blieb. Mir machte die Aufgabe nur wenig aus, schließlich würde ich in den Ferien so oder so genug Zeit und wahrscheinlich nichts weiter zu tun haben. Trotz alledem konnte ich nicht anders, als hin und wieder zu Prof. Snape zu schauen. Ich tat es oft, wenn ich überlegte, wie ich einen Satz formulieren sollte. Ab und zu trafen sich unsere Blicke, was mir Gänsehaut verschaffte. Schließlich schaffte ich es doch, mich voll und ganz auf den Aufsatz zu konzentrieren und arbeitete diszipliniert. Erst als sich Samanta von ihrem Platz erhob, wurde ich aus der Arbeit heraus gerissen. »Ist alles in Ordnung?«, fragte ich sie besorgt, weil sie einen genervten Eindruck machte. »Jaaa… ich gehe nur mal eben zur Toilette.« Ich sah Samanta nach, wie sie zügig die große Halle verließ. Dass sie ihre Sachen auf dem Tisch liegen gelassen hatte musste bedeuten, dass sie tatsächlich gleich zurück kommen musste. Ich fragte mich, wie oft und wie lange Samanta nun schon gelernt hatte. Ich zweifelte absolut nicht daran, dass sie ihre ZAG-Prüfungen problemlos bestehen würde. Zudem bewunderte ich sie für ihren Fleiß und war der Meinung, dass es ihr einige Schüler durchaus gleichtun könnten. Plötzlich bemerkte ich, wie über mir etwas umherflatterte und schließlich vor meiner Nase landete. Nach näherem Hinschauen realisierte ich, dass es ein Zettel war, der in Form eines Vogels gefaltet wurde. Behutsam nahm ich ihn in die Hand und entfaltete diesen. Die Schrift auf diesem Zettel kannte ich nicht. Es war eine außergewöhnlich schöne Schrift, sehr gut leserlich mit reichlich Abstand zwischen den Buchstaben. Die Striche waren besonders hervorgehoben und die Rundungen besonders schwungvoll. Ich las die Notiz, die nur aus einem Satz bestand:
»Ich treffe dich morgen in dem Gasthaus 'Drei Besen' um 15 Uhr.«
Meine Augen weiteten sich. Ich sah mich um und sah zu Prof. Snape herüber, der mich nur sehr kurz ansah, wahrscheinlich um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich sah noch einmal den Zettel an und erinnerte mich daran, dass ich ihn gefragt hatte, ob er ebenfalls in Hogsmeade sein würde. Laut seiner Aussage schien er nicht sonderlich begeistert gewesen zu sein. Konnte es sein, dass er es sich anders überlegt hatte? Ich spürte förmlich, wie das Blut in mir in Wallung geriet. Dass Samanta die Halle wieder betreten hatte, fiel mir zunächst gar nicht auf. Erst als sie wieder Platz genommen hatte, wandte ich meinen Blick wieder vom Zettel ab und versteckte diesen unter einer Buchseite. Ich war mit einem Mal völlig verwirrt und musste mir eingestehen, dass es unter diesen Umständen keinen Sinn machen würde, das Schreiben am Aufsatz fortzusetzen. Dafür war ich viel zu aufgewühlt. Entschlossen packte ich meine Sachen zusammen und Samanta sah überrascht auf.
»Kommst du mir?«, fragte ich sie in der Hoffnung, dass sie sich vom Lernen abwendete. Sie machte einen ziemlich müden Eindruck. »Komm schon, du musst doch irgendwann mal eine Pause einlegen. Zu viel lernen ist auch nicht gut«, sagte ich leise. »Na gut«, gestand sie. Daraufhin packte auch sie ihre Sachen und wir verließen beide die große Halle. Ich blicke noch ein letztes Mal zu Prof. Snape, der meinen Blick auffing. Ich lächelte ihm zu und Vorfreude machte sich in mir breit.
»Wo sollen wir hingehen?«, fragte Samanta mich. »Irgendwohin, wo wir in Ruhe reden können. Ich muss dir etwas zeigen«, antwortete ich etwas aufgeregt. »Vielleicht haben wir ja Glück und der Gemeinschaftsraum ist etwas leerer geworden.«
»Lass uns nachsehen«, schlug ich vor. Dort angekommen stellten wir fest, dass nur wenige Schüler anwesend waren. Der Arbeitstisch war frei, also setzen wir uns dorthin und legten unsere Sachen ab. »Also, was willst du mir zeigen?«, fragte Samanta neugierig. Ich schlug das Zaubertrankbuch auf, in welches ich den Zettel gelegt hatte und zeigte diesen Samanta. Sie las die Notiz und machte große Augen. »Ist der von Snape?«, fragte sie leise. Ich zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich hatte gehofft, du könntest seine Schrift erkennen.«
»Hat er dir den Zettel nicht gegeben?«, fragte sie, doch ich schüttelte mit dem Kopf. »Er war plötzlich einfach vor meiner Nase. Ich habe nicht gesehen, von wem der Zettel kam.«
»Dann ist das doch wohl klar. Der Zettel ist eindeutig von ihm.« Ich war mir unsicher. »Wie kannst du dir da so sicher sein? Mir ist aufgefallen, dass die Schrift eher ungewöhnlich ist für einen Mann.« Samanta war allerdings nicht überzeugt. »Also Dumbledore hat ebenfalls eine sehr schöne Schrift. Aber seine ist es nicht. Marie, die große Halle war fast leer. Und erzähltest du nicht, du hättest ihn gefragt, ob er nach Hogsmeade kommt?«
»Er hat gesagt, er wird nicht dort sein«, erwiderte ich. »Nein, hat er nicht. Er hat gesagt, es wäre normalerweise für ihn nichts, Marie. Normalerweise! Vielleicht hat er es sich anders überlegt?« Könnte Samanta Recht haben? Es sprach einiges dafür. Allerdings hatte ich mir schon sehr oft in meinem Leben Hoffnungen gemacht und bin letzten Endes doch enttäuscht worden. Doch wer außer Prof. Snape würde mir diesen Zettel schreiben? Andererseits passte das nicht zu ihm. So weit ich ihn bisher einschätzen konnte war die Wahrscheinlichkeit, dass er es mir persönlich sagen würde, viel größer. Sämtliche Überlegungen kreisten in meinem Kopf herum und ich wusste nicht, was ich denken sollte und was nicht. »Jetzt mach dich doch nicht verrückt«, sagte Samanta amüsiert. »Auch wenn ich seine Schrift nicht kenne, bin ich mir ziemlich sicher, dass der Zettel von ihm ist.«
»Ich hoffe es!«, sagte ich betonend. »Was hat Levia eigentlich gesagt? Hast du mit ihr gesprochen?«, fragte ich schließlich, um vom Thema abzulenken. Samanta nickte und lächelte. »Ja, wir treffen uns morgen in dem Cafè, von dem ich dir erzählt habe.« Ich lächelte ebenfalls, weil es mich freute, dass sei es arrangieren konnte.
»Und dieses 'Drei Besen'… warst du schon einmal dort?«, wollte ich wissen. »Jeder Schüler kennt das 'Drei Besen'. Es ist das beliebteste Gasthaus in dem Dorf.« »Aber… bedeutet das nicht, dass dort sehr viele Leute sein werden? Das passt doch wieder gar nicht zu Prof. Snape…«, sagte ich verzweifelt. »Alle Schüler würden uns dort sehen!«
»Vielleicht ja auch nicht. Vielleicht gibt es ja noch extra Räume oder so.« Samanta kannte immer eine Ausrede und versuchte alles, um mich zu beruhigen. Vielleicht hatte sie ja Recht, aber vielleicht irrte sie sich auch. »Ich würde vorschlagen, wir reden jetzt nicht mehr darüber, sondern warten einfach den morgigen Tag ab«, gab sie schließlich nach. »Gute Idee«, bestätigte ich.
Am nächsten Tag machten sich alle Schüler, die die Erlaubnis hatten, am Ausflug teilzunehmen, auf dem Weg nach Hogsmeade. Weil es sehr kalt war, hatte ich mir einen dicken Pullover und eine dicke Strumpfhose zu meinem Rock sowie meinen wärmsten Umhang angezogen. Der Wind war eisig kalt und die mächtige Schneedecke lag nach wie vor über der Landschaft. Während ich mit Samanta den Weg Richtung Dort entlang lief, bestaunte ich die Umgebung. Wenn es bei mir zu Hause schneite, blieb der Schnee selten lange liegen.
»Ich finde den Winter hier in Hogwarts sehr schön«, sagte ich zu Samanta. »Ja, das stimmt wohl«, gab Samanta zu. »Aber er ist auch besonders kalt. Zu Weihnachten liegt hier jedenfalls immer Schnee.«
»Wirklich?«, fragte ich erstaunt. Es war immer meine Traumvorstellung gewesen, dass es an Weihnachten entweder schneite oder bereits Schnee lag. »Ja, das ist so«, sagte Samanta lächelnd. Wir gingen gemeinsam ein Stück und schwiegen, während ich mir die Umgebung weiterhin ansah. »Marie?«, sagte Samanta schließlich und unterbrach die Stille. »Danke nochmal, dass du mir das hier möglich gemacht hast. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn ich Snape gefragt hätte, hätte er es mir niemals erlaubt.«
»Ach, das ist doch nichts!«, sagte ich daraufhin. »Doch, Marie. Das ist sogar sehr viel.« Sie blieb abrupt stehen und hielt mich a Arm. »Snape hat das nicht für mich gemacht«, sagte sie, aber ich wusste nicht, worauf sie hinaus wollte. »Was meinst du?«, fragte ich. »Naja… er hat gesagt, dass ich das allein dir zu verdanken habe. Das sagt er nicht einfach nur so.«
»Das hat er gesagt?«, fragte ich ungläubig und setzte meine Schritte fort. Samanta folgte mir und nickte.
»Was hat er denn noch gesagt?«, wollte ich wissen, weil ich nun doch neugierig war. »Nichts weiter«, sagte Samanta zügig. »Einfach nur, dass du ein gutes Wort für mich eingelegt hast und ich dir dankbar sein soll.«
»Aber das bist du doch«, hielt ich dagegen. »Trotzdem war das keine Selbstverständlichkeit von dir«, erinnerte sie mich. »Du bist meine Freundin, Samanta. Da ist es für mich selbstverständlich, dir zu helfen. Ich mache das gerne.«
»Du bist echt etwas besonderes«, betonte Samanta und ich wurde rot. »Warum denn?«, fragte ich amüsiert.
»Du bist nicht nur nett, sondern du setzt dich auch für andere ein. Du hältst dein Wort und hältst an dem fest, was du liebst.« Diese Worte, die auch von Prof. Dumbledore hätten sein können, berührten mich. »Das ist sehr nett von dir, Samanta. Aber du bist auch nett, setzt dich auch für andere ein und hältst auch an dem fest, was du liebst.«
»Ich war aber nicht immer so«, sagte Samanta beschämt. »Was soll das heißen? Warst du früher anders?«
»Oh ja. Ich war als Kind richtig furchtbar, sagen meine Eltern immer. Ich habe immer damit angegeben, dass ich eine Hexe bin und mich für etwas besseres gehalten. Ich habe andere Kinder oft geärgert und ihnen sogar wehgetan.«
»Echt? Das kann ich mir aber überhaupt nicht vorstellen«, antwortete ich ungläubig. »Doch, so war das aber. Ich kam nach Slytherin und hatte die falschen Freunde. Wir ärgerten ständig andere und hänselten sie, wenn wir sie nicht mochten.«
»Und was ist passiert, dass du dich so verändert hast?«, wollte ich wissen. »Ich bekam meine Art irgendwann selbst zu spüren. Und zwar von anderen. Von meinen so genannten 'Freunden'«, antwortete Samanta. »Ich habe einer falschen Person davon erzählt, dass ich Gefühle für Mädchen habe. Sie hat mich damit aufgezogen und wollte es den anderen erzählen. Ich habe sie angefleht, das nicht zu tun. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr sie mich damit in der Hand hatte. Meine Angst, dass andere mich deswegen auslachen und meiden würden, war einfach viel zu groß«
»Wie bitte? Das ist ja schrecklich…«, sagte ich völlig entsetzt und blieb stehen. »Wie bist du da wieder heraus gekommen aus der Sache?«
»Ruhe hatte ich endlich, als die die Schule verlassen musste. Sie wurde von der Schule verwiesen, weil sie kleinkriminell war. Diebstahl, Erpressung und solche Sachen. Und das konnten die Lehrer nicht dulden. Danach habe ich mich von den anderen abgewendet und mir neue Freunde gesucht. So habe ich irgendwann Levia kennen gelernt und habe festgestellt, dass sie das gleiche empfindet, wie ich für sie. Das habe ich dir ja erzählt.« Sie setzte ihren Weg fort und ich ging ihr nach. »Ja, das hast du. Also… hast du sozusagen aus deinen Fehlern gelernt und bist jetzt ganz anders?«
»Japp. Und seitdem ich dich kenne, will ich auch nicht mehr so sein wie früher.« Sie drehte sich zu mir um.
»Du glaubst gar nicht, wie dankbar ich dafür bin, dich zu kennen. Und ich schäme mich für das, was ich anderen angetan habe. Ich habe mir sogar eine Zeit lang gewünscht, nicht mehr in Slytherin zu sein.«
»Samanta…«, sagte ich und nahm ihre Hand. »Ich freue mich sehr, dass du in mir einen wertvollen Menschen erkennst. Ich bin auch sehr froh, dich zu kennen und mir ist es egal, wie du früher warst.« Ich pausierte und Samanta lächelte, wobei sie Richtung Boden blickte. »Und dass du oder wir im Haus Slytherin sind, macht uns nicht zu bösen oder schlimmen Menschen. Es zählt nur, was jetzt ist und die Entscheidungen.«
»Danke, dass du das so siehst«, sagte Samanta. »Und jetzt lass und weitergehen, sonst kommen wir erst gegen Mittag in Hogsmeade an«, sagte ich etwas neckisch und Samanta lachte. Wir beschleunigten unsere Schritte etwas und nach gut einer viertel Stunde waren die ersten Häuser des Dorfes zu erkennen. Es waren nur noch wenige hundert Meter. Als wir schließlich zwischen den ersten Häusern standen, ergriff Samanta das Wort:
»Ich muss jetzt die Straße hier entlang. Ganz am Ende ist das Cafè.« Ich nickte. »Du kannst dich hier übrigens nicht verlaufen. Es ist hier sehr übersichtlich.«
»Das ist gut zu wissen«, sagte ich. Daraufhin verabschiedeten wir uns. Während Samanta Richtung Cafè ging, machte ich einen Rundumblick. Ich stand direkt vor 'Dervish & Banges'. An dessen Seitenstraße ging es noch weiter und rechts neben mir erstreckten sich mehrere aneinandergereihte Häuser. Nach einer kurzen Überlegung fasste ich den Entschluss, jedes Haus nach und nach abzugehen. Den Laden 'Dervish & Banges' - einem Laden für Zauberutensilien - betrat ich als erstes. Dort gab es alles mögliche von den einfachsten Aufbewahrungsgegenständen bishin zu den kompliziertesten Geräten, die Flüche oder zauberhafte Wesen aufspüren konnten. Da ich auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken war, dachte ich zunächst, ich würde in diesem Laden wahrscheinlich eher nichts finden, bis ich auf einen sehr interessanten kleinen Kasten stieß. Er war vollkommen versilbert und fühlte sich relativ schwer an. Als ich es öffnete, sah ich nur rotes Innenfutter.
»Entschuldigen Sie, Miss«, sprach ich die Dame an der Theke an. »Was ist das genau für ein Kasten?«
»Diese kleine Truhe ist durch ein Ausdehnungszauber verzaubert worden. Du kannst dort alles hinein tun, was nicht größer ist als die Truhe selbst, aber dafür so viel du willst. Sie wird niemals voll und nichts geht mehr verloren.« Ich dachte an all den möglichen Kram, den meine Mutter immer hatte: Diverse Schminkartikel, Schmuck, Schlüssel, Knöpfe und ähnliches. Mit Hilfe dieses Kästchens könnte sie all diese Dinge verstauen, demnach erwies es sich als das perfekte Geschenk und ich kaufte es. Als ich den Laden wieder verlassen hatte, fiel mein Blick auf die nächsten beiden Läden, die gegenüber von mir waren. Zuerst wollte ich allerdings wissen, wohin die Straße hinter mir führte. Es folgten als erstes mehrere Wohnhäuser, aus denen hin und wieder Bewohner schauten. Ich stellte mir vor, wie es wohl sein müsste, hier in diesem Dorf zu leben. Die Häuser wirkten teilweise recht alt und waren unterschiedlich groß. Wären jetzt die Hogwartsschüler nicht hier, wäre das Dorf sehr wahrscheinlich sehr ruhig. Ich betrachtete die Straße und konnte in der Ferne ein Haus erkennen, was ziemlich baufällig aussah. Die Fensterläden wirkten marode und schienen von den Fenstern bald abzufallen. Oben an der Tür war ein Kopf eines Wildschweins zu erkennen. Spätestens als ich den Namen las, wurde mir klar, was das zu bedeuten hatte. Es handelte sich um das Gasthaus 'Der Eberkopf', dem Zauberer und Hexen unter siebzehn Jahren der Besuch verwehrt blieb. Ich hatte gehört, dass sich seltsame Gestalten oft dort aufhielten und der Wirt sehr unfreundlich war. Als plötzlich die Tür knarrend aufsprang und eine bucklige, unansehnliche Hexe das Gasthaus verließ, machte zügig kehrt und ging die Straße wieder zurück, aus der ich gekommen war. Ich wollte mir die nächsten beiden Läden vornehmen.
Ich betrat einen Laden mit dem Namen 'Scrivenshafts'. Dabei handelte es sich um ein Schreibwarengeschäft. Ich genoss die Atmosphäre in dem Laden und fühlte mich auf Anhieb sehr wohl. Es gab alle möglichen Arten von Federkielen, Pergamentblättern und verschiedenfarbige Tinte. Ich dachte mir, es könne sicherlich nicht schaden, neue Pergamentrollen mitzunehmen und suchte mir zwei Rollen aus. Als ich an die Ladentheke heran trat, wurde meine Aufmerksamkeit durch zwei Federn geweckt, die auf der Theke auf einem kleinen Pult aufgestellt waren. Eine schwarze und eine weiße Feder waren sorgfältig auf weißen Pergament drapiert. Mir gefielen die Federn, insbesondere die weiße. Sie war so weiß wie mein Zauberstab. Weil die schwarze Feder außer der Farbe der anderen von der Form glich, brachte sie die Vermutung nahe, dass die Federn zusammen gehörten. Ein Hinweis war auf einem Schild angebracht:
»Interpersonelle Kommunikationsfedern - Mit diesen magischen Federn machen Sie die Kommunikation zu Ihrer erwählten Person nicht nur einzigartig, sondern auch für jeden anderen unzugänglich. Ideal für Spione, Agenten, Schnüffler, aber auch für jeglich andere Personen, die eine ganz besondere Form der Kommunikation erleben wollen. Fragen Sie unseren Mitarbeiter, er wird Sie gerne beraten.«
Das klang hoch interessant. Allerdings konnte ich mir noch immer nicht erklären, was es genau mit diesen Federn auf sich haben sollte. »Na? Haben die Federn Ihr Interesse geweckt?« Ich sah erschrocken auf. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass jemand an die Theke heran getreten war. »Ja, Sir«, sagte ich etwas unsicher. »Was sind das genau für Federn« Der karge Mann an der Theke lächelte freundlich. »Diese Federn sind etwas ganz besonderes und funktionieren nur zusammen«, sagte er begeistert. »Können Sie es mir erklären, bitte?«, fragte ich interessiert. »Aber natürlich. Bei den Federn handelt es sich um Rabenfedern. Raben sind sehr intelligente Tiere und diese Federn sind so verzaubert, dass die Kommunikationspartner, die sich gegenseitig als Gesprächspartner auserwählen, miteinander kommunizieren können, ohne dass ihre Briefe von anderen gelesen werden können. Das ist sehr komplexe Magie.«
»Aber Sir«, sagte ich irritiert. »Sie sagten gerade Rabenfedern. Aber Raben sind doch schwarz. Warum ist die eine Feder dann weiß?« Der Mann lächelte wieder. »Die weiße Feder stammt von einem weißen Raben. Weiße Raben sind äußerst selten und kommen in mehreren hundert Jahren vielleicht nur drei Mal vor.«
»Ein weißer Rabe, sagen Sie?«, ich war vollkommen hin und weg von dieser Vorstellung. Der Mann an der Theke nickte. »Und in wie fern gehören die Federn nun zusammen, Sir?«
»Oh«, machte er. »Die beiden Raben gingen miteinander. Aus diesem Grund bestand von Natur aus schon eine ganz besondere Verbindung zu den Federn und hat die Verzauberung erst möglich machen können.«
»Die Raben waren… also zusammen? Als Paar?«
»Allerdings«, sagte er und lächelte wieder. »Diese Federn sind schon sehr alt und der Zauberer, der die Federn verzaubert hat - ein gewisser Sir Archibald Crowner - hat die Vögel beobachtet und die Federn der Vögel gesammelt. Und dann hat er das hier geschaffen.«
»Und wie genau funktioniert das genau? Sie haben erwähnt, die Gesprächspartner müssen sich 'auserwählen'?«
»Es ist im Grunde genommen ganz einfach. Die Gesprächspartner erkennen sich jeweils gegenseitig an, indem sie es auf einem Blatt Pergament festhalten. Wenn einer der beiden auf einem Stück leerem Pergament eine Nachricht verfasst, kann sein Partner diese lesen. Nachdem die Nachricht gelesen wurde, verschwindet sie auf dem Pergament einfach, sodass es vollkommen leer ist und wiederverwendet werden kann. Wichtig dabei ist nur, dass das Pergament nicht beschrieben sein darf, denn sonst funktioniert der Zauber nicht. Sonst kann jegliche Art von Pergament verwendet werden. Die Funktionsweise ist allerdings auch noch einmal sehr genau in der Beschreibung beschrieben. Diese gibt es selbstverständlich beim Kauf mit dazu.«
»Verstehe«, sagte ich. »Wie wie soll das Paar denn kosten?«
»150 Galleonen«, sagte der Ladenbesitzer und ich musste schlucken. »Oh je… ich dachte mir schon, dass sie recht teuer wären.«
»Die Federn waren sogar mal deutlich teurer. Aber weil sie schon sehr lange hier stehen, haben wir den Preis deutlich gesenkt.«
»Sie sollten den Preis jedenfalls nicht noch weiter senken«, sagte ich. »Wenn ich das Geld hätte würde ich Ihnen sogar mehr geben. Aber leider muss ich mit dem Geld, was ich habe, noch eine Weile auskommen. Vielleicht kaufe ich sie mir irgendwann.« Der Ladenbesitzer lächelte wieder. »Ich glaube, die Chancen stehen gut. Denn die Leute hier geben nicht unbedingt gerne viel Geld aus. Und die wenigsten können Federn wie diese hier gebrauchen.« Ich lächelte ebenfalls. »Ich muss zugeben, ich finde sie einfach nur schön, aber auch sehr interessant. Fürs erste nehme ich aber erst einmal die Pergamentrollen hier.« Ich bezahlte, der Mann an der Theke bedankte sich und ich wollte mich zum nächsten Geschäft begeben.
Ich hatte bisher ein Geschenk für meine Mutter, aber es fehlten noch welche für meine Geschwister. Sowohl der Scherzartikelladen 'Zonkos', als auch das Süßigkeitengeschäft ' Der Honigtopf' erwiesen sich schnell als ideal dafür. Ich kannte mich wenig mit Scherzartikeln aus und ließ mich von einigen Schülern, die bei 'Zonkos' regelmäßig einkauften, beraten. Ich entschied mich letztlich für Scherzsüßigkeiten, wie Nasenblutendrops, Schluckauf- und Kotzpastillen sowie Ekel-Bertie Botts Bohnen, mit denen meine Brüder ein paar ihrer Freunde schocken konnten. Außerdem kaufte ich im 'Honigtopf' noch diverse Süßigkeiten ein, von denen mich einige ebenfalls magisch anzogen. Weil ich aber noch eine Tüte von Prof. Dumbledore hatte, kaufte ich nichts für mich, sondern ausschließlich für meine Geschwister. Aber auch Samanta wollte ich eine Freude machen und ließ eine Auswahl von Leckereien für sie einpacken von denen ich dachte, dass sie ihr gefallen würden. Anschließend ging ich noch zu 'Gladrags', dem Bekleidungsgeschäft. Und weil es dort so viele Sachen gab, die mir sehr gut gefielen, verbrachte ich dort auch die meiste Zeit. Ich probierte mehrere Kleider an und entschied mich schließlich für ein schwarzes aus Samt, das mehrere silberne Knöpfe hatte. Außerdem war ich vollkommen fasziniert von den selbstschnürenden Korsetts. Ich hatte nicht einmal Hilfe benötigt, um sie anzuziehen. Mir gefielen die Korsetts so gut, dass ich am liebsten gleich mehrere mitgenommen hätte. Aber weil ich Rücksicht auf mein Geld nehmen wollte, entschied ich mich für eins. Auf jeden Fall wollte ich jetzt immer zu 'Gladrags' gehen, wenn es nach Hogsmeade ging. Und weil mir das schwarze Kleid auf Anhieb sofort so gut gefallen hatte, behielt ich es gleich an. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es schon halb drei war. Ich war erstaunt, wie schnell die Zeit vergangen war und hoffte, dass das Treffen von Samanta und Levia gut lief. Ich dachte daran, dass ich gleich im 'Drei Besen' verabredet sein würde und wurde plötzlich sehr nervös.
Das Gasthaus 'Drei Besen' befand sich ganz am Ende der Hauptstraße von Hogsmeade. Ich ging an 'Zonkos' und dem 'Honigtopf' vorbei sowie an mehreren Wohnhäusern, die die Straße flankierten. Ich überquerte einen Weg, an dessen Ende ein Haus lag, welches man 'Heulende Hütte' nannte. Es gab mehrere unheimliche Geschichten zu diesem Ort und es war allen verboten, dorthin zu gehen. Nach den Geschichten zur Folge sollten alle diejenigen, die jemals ein Fuß in das Haus gesetzt hatten, bis zum Ende ihres Lebens wahnsinnig geworden sein. Einige sollen sich selbst das Leben genommen haben. Ich zweifelte stets an dem, was andere erzählten, wollte das Verbot aber trotzdem nicht brechen. Davon abgesehen machte das Haus nicht im geringsten den Eindruck, dass es dort besonders gemütlich sein würde. Auf der Seite der 'Heulenden Hütte' verliefen auch die Bahnschienen. Der Bahnhof, an dem alle Hogwartsschüler ausstiegen, lag ebenfalls nur einige hundert Meter entfernt, wenn man der Hauptstraße weiter folgte. Doch mein Ziel veranlasste mich dazu, der nächsten Abzweigung nach links zu folgen. Ganz am Ende der Straße lag eine beschauliche Hütte, die gut besucht zu sein schien, wie ich dem Lärm daraus entnehmen konnte. Die Hütte war in einem pfleglichen Zustand und lud dazu ein, sie zu betreten. Als ich eintrat, wurde ich von der Menge an Leuten regelrecht erschlagen. Sowohl der Tresen, als auch die Tische waren voller Menschen und ich erkannte mehrere Hogwartsschüler wieder, die alle vergnügt an ihren Getränken nippten, sich lautstark unterhielten oder herzhaft lachten. Ich schaute mich um in der Hoffnung, Prof. Snape irgendwo zu entdecken, aber ich sah ihn nicht. Zudem konnte ich mir auch gar nicht vorstellen, dass er mich hier tatsächlich treffen wollte, weil es einfach viel zu voll war. Ich befürchtete das schlimmste, nämlich dass die Notiz gar nicht von ihm stammte. Vielleicht handelte es sich um einen dummen Scherz, weil jemand mitbekommen hatte, dass ich von Prof. Snape fasziniert war. Oder vielleicht wollte sich auch jemand ganz anderes mit mir verabreden. Jemand, dessen Anwesenheit mir bisher nie aufgefallen war. Oder was wäre, wenn die Notiz doch von ihm war und er es sich anders überlegt hatte? Oder würde er vielleicht noch kommen? Ich blickte mich erneut um. Einige Schüler, die meine Anwesenheit bemerkt hatten, winkten mir zu und ich winkte zögerlich zurück. Enttäuschung machte sich in mir breit, mein Herz wurde so schwer wie ein Stein und die Enttäuschung und Verzweiflung wurde plötzlich so groß, dass ich am liebsten geweint hätte.
Als ich es schließlich kaum noch ertragen konnte, an diesen befremdlichen und völlig überfüllten Ort zu sein, dessen Ausgelassenheit mich fast schon abschreckte, hielt ich es für das beste, einfach zu gehen. Ich drehte mich um und wollte das Gasthaus gerade verlassen, als ich von einer völlig fremden Person abgehalten wurde. Ich merkte nur, wie mich eine zarte Hand an der Schulter ergriff und mich schließlich zurückzog. Als ich mich umdrehte um auszumachen, wer mich festhielt, blickte ich in das Gesicht einer sehr ansehnlichen Dame mittleren Alters. Sie hatte blondes, gelocktes Haar, welches von einem braunem Haartuch gehalten wurde. Sie trug ein schlichtes Gewand und darüber eine Fellschürze.
»Miss Spring, richtig?«, fragte sie freundlich. Ich nickte verunsichert. »Ja. Woher wissen sie das?«, fragte ich verwirrt. Die Dame lächelte. »Man hat mich bereits darüber unterrichtet, dass sie hier eintreffen würden. Ich bin übrigens Madame Rosmerta und für die Bedienung zuständig.« »Sie wussten also, dass ich kommen würde?«, fragte ich neugierig. Madame Rosmerta nickte und zwinkerte. »So ist es. Sie werden schon erwartet, deswegen folgen sie mir bitte.« Sie drehte sich um und ich folgte ihr bis zum anderen Ende des Gasthauses, wo es eine weitere Tür gab.
»Dieser Bereich ist für Schüler streng untersagt«, sagte Madame Rosmerta, als wir uns in eine Art Zwischenflur befanden. »Hier geht es zu unserem Lager nach unten und zu weiteren Räumen, die hin und wieder für Besprechungen genutzt werden.« Wir gingen an Treppen vorbei, die eindeutig nach unten führten und schließlich auf eine weitere Tür zu. Madame Rosmerta blieb stehen, klopfte an, öffnete und hielt mir die Tür auf. Ich zögerte für einen Moment, ehe ich verstand, dass ich eintreten sollte. Als ich den Raum schließlich betrat, blieb mir fast das Herz stehen. An einem einsamen Tisch auf einer Couch saß Prof. Snape, der mich erwartungsvoll ansah. Es vergingen nur wenige Sekunden, als das Schweigen gebrochen wurde: »Ich bin gleich wieder da und nehme Ihre Bestellung auf«, sagte Madame Rosmerta und schloss die Tür hinter sich, als sie ging und mich mit Prof. Snape allein im Raum zurückließ. Völlig verwundert sah ich zu Prof. Snape und stellte meine Sachen ab.
»Überrascht?«, fragte mich Prof. Snape süffisant lächelnd. Ich zog mir meinen Umhang aus, während ich darauf erwiderte: »Ja, irgendwie schon.« Ich legte meinen Umhang über die Couchlehne und setzte mich so, dass ungefähr ein Meter zwischen Prof. Snape und mir frei blieb. Er trug - wie immer - seine schwarze Hose und schwarzes Hemd mit den vielen Knöpfen. Sein Umhang lag links neben ihm. »Wie kommt es, dass Sie nun doch hier sind?«, fragte ich ihn schließlich, noch immer völlig verwirrt. Prof. Snape runzelte die Stirn. »Ich hielt es für eine nette Abwechslung.«
»Verstehe«, sagte ich schließlich. »Ich freue mich jedenfalls sehr, Sie zu sehen. Ich war mir nicht sicher, ob die Notiz wirklich von ihnen stammte. Mir erschien das etwas… nun ja, ungewöhnlich.« Prof. Snape lächelte erneut. »Das war es durchaus. Aber ich hielt es für die beste Methode, dich in jedem Falle noch rechtzeitig zu erreichen.« Ich lächelte verlegen, rückte ich mich auf der Couch etwas zurecht, wobei das Kleid ein wenig nach oben rückte und etwas Haut meiner Oberschenkel zeigte, bis wohin meine Strümpfe reichten. Prof. Snapes Blick blieb schließlich auf meinen freien Beinen haften. Als ich das bemerkte, rückte ich mein Kleid etwas zurecht.
»Hübsches Kleid«, sagte er mit einem koketten Unterton. »Du solltest es öfters tragen.« Ich errötete. »Danke. Sir. Ich habe es mir allerdings gerade eben erst gekauft.« »Tatsächlich?«, fragte Prof. Snape neugierig. »Und du hast es gleich anbehalten?« Verstohlen schaute ich auf die Tischplatte. »Nun, ja...«, sagte ich schüchtern. »Ich dachte mir, es könnte Ihnen vielleicht gefallen. Ich habe natürlich gehofft, dass ich Sie hier antreffen würde, Sir«, gab ich klein bei. Prof. Snape schmunzelte. »Käme etwa sonst noch jemand in Frage, der dich gerne eingeladen hätte?«
»Nicht, dass ich wüsste, Sir.« Prof. Snape schien zufrieden. »Such dir etwas zu trinken aus, Marie«, sagte er schließlich, ohne den Blick von mir abzuwenden. Nervös ergriff ich die Karte und studierte sie. Schließlich blieb ich bei den vielen Metsorten hängen, die mich besonders interessierten. »Der Met soll hier besonders gut sein, habe ich gehört.« Ich erstarrte, weil ich seien Bemerkung nicht für einen Zufall hielt. »Tatsächlich?«, fragte ich, ohne den Blick von der Karte abzuwenden. »Vielleicht… sollte ich besser etwas ohne Alkohol trinken, Sir.« Ich dachte dabei an den Abend meines Geburtstages, an dem mir Prof. Snape Feuerwhisky angeboten hatte, der mich im Nachhinein völlig betrunken gemacht hatte. Als mir die Karte aus meiner Hand ruckartig entrissen wurde, sah ich erschrocken in Prof. Snapes Gesicht. »Du trinkst das, was du gerne möchtest und nicht das, was du solltest«, sagte er herrisch. »Ist gut, Sir«, entgegnete ich aufgeregt, »ich weiß jetzt, was ich nehme.«
»Fein«, sagte er freundlich und warf die Karte gleichgültig zurück auf den Tisch. In dem Moment kam Madame Rosmerta herein. »Verzeihung, dass ich erst jetzt komme. Das Gasthaus ist heute einfach zu voll. Was darf es für Sie sein?« Madame Rosmerta sah mich an und wartete auf meine Antwort. »Ich nehme den scharfen Met«, sagte ich selbstsicher. »Sind Sie sicher?«, fragte sie erstaunt. Ich nickte. »Ja… so ziemlich. Oder empfehlen Sie ihn nicht?«
»Dochdoch«, sagte sie eifrig. »Er hat es nur ziemlich in sich. Aber probieren Sie ihn ruhig. Sollten er Ihnen zu stark sein, bringe ich Ihnen gerne etwas anderes.«Ich lächelte matt. »Und was darf es für Sie sein, Professor Snape?«
»Ich nehmen den Elfenwein«, sagte Prof. Snape tonlos. »Gute Wahl. Ich bin gleich wieder da«, sagte Madame Rosmerta und verschwand. Nach einigen Sekunden Stille ergriff ich erneut das Wort:
»Übrigens danke, dass Sie Samanta erlaubt haben, doch nach Hogsmeade gehen zu können, Sir.« Prof. Snape lächelte missbilligend. »Wollen wir hoffen, dass sie sich diesmal an die Regeln hält, nicht wahr?« Schlagartig musste ich daran denken, welches Angebot ich gemacht hatte für den Fall, dass sie es nicht täte. Ich errötete. »Ich bin ganz zuversichtlich«, sagte ich. »Sir…«, fügte ich nach einer kurzen Pause hinzu. »Stimmt es eigentlich, dass Samanta vor einigen Jahren… Naja, anders war?« Prof. Snape sah mich neugierig an. »Wie kommst du darauf?«, wollte er wissen. »Sie hat es mir erzählt«, entgegnete ich. »Aber ich kann mir das gar nicht so richtig vorstellen. Und wenn es wirklich so war, dann müssten Sie das wissen.«
»Miss Magoro hat sich tatsächlich sehr verändert«, erwiderte Prof. Snape trocken. »Und wussten Sie, dass sie damals Probleme hatte?« Prof. Snape sah mich überrascht an. »Ich muss zugeben, mich mit ihr nicht sehr ausgiebig beschäftigt zu haben. Sie schien mir in gutes Gesellschaft zu sein. Jedenfalls habe ich sie selten allein gesehen.«
»Ich verstehe«, sagte ich knapp und dachte nach. Es wunderte mich schon ein wenig, dass Prof. Snape von dem, was mir Samanta erzählt hatte, nichts mitbekommen haben soll. »Von welcher Art von Problem sprechen wir da, Marie?«, wollte er wissen. »Sie… ist erpresst worden. Von einer angeblichen Freundin, dessen sich Samanta anvertraut hatte. Sie wurde allerdings der Schule verwiesen.«
»Ah«, machte Prof. Snape. »Dann weiß ich, wen du meinst. Was mich allerdings interessieren würde, warum dir Miss Magoro so etwas erzählt.«
»Wir kamen darauf, nachdem sich Samanta bei mir bedankt hatte. Dafür, dass ich dafür gesorgt hätte, dass ihr Verbot aufgehoben worden ist. Sie sagte… ich sei etwas Besonderes.« Meine Stimme senkte sich etwas. Es freute mich noch immer, dass Samanta so über mich dachte. »Und als ich dann sagte, dass ich so besonders gar nicht sei, sondern Samanta genauso nett ist wie ich, hatte sie mir davon erzählt, dass sie früher anders gewesen ist.«
»Du bist sehr bescheiden, Marie«, sagte Prof. Snape mit einem leichten Lächeln. Plötzlich klopfte es an der Tür und Madame Rosmerta trat ein, um uns die Getränke zu bringen. Nachdem sie wieder gegangen war, nippte ich vorsichtig am Met. Ich merkte sofort, dass er recht scharf war, aber es war sehr angenehm. Der Met schmeckte sehr süß und wärmte mich innerlich. Prof. Snape hatte ebenfalls einen Schluck von seinem Wein genommen. »Wie schmeckt er dir?«, wollte er wissen. »Ziemlich gut«, gab ich zur Antwort. »Fein«, erwiderte Prof. Snape daraufhin. Ich überlegte für einen Moment, ob ich die Situation nutzen sollte, um einige Fragen zu stellen. Es fiel mir nach wie vor schwer abzuschätzen, wie offen Prof. Snape war, in wie weit er etwas über sich preisgeben wollte. Auf der anderen Seite hatte ich den Eindruck, er würde mich hingegen recht gut kennen. Zumindest hatte er die Fähigkeit, Emotionen und Gedanken sehr gut einschätzen und interpretieren zu können. Etwas, was ich nicht konnte. Schließlich ergriff ich das Wort und wagte einen Versuch:
»Sir, verraten Sie mir etwas über sich?«, erwartungsvoll blickte ich in Prof. Snapes Gesicht, welches nur schwer zu deuten war. »Es gibt nicht vieles, was sich über mich zu wissen lohnt«, gab er zur Antwort. »Ich bin ein akzeptabler Lehrer, verbringe die meiste Zeit auf dieser Schule und ziehe es vor, meine Wege allein zu gehen.«
»Also«, erwiderte ich vorsichtig, »haben Sie kein besonders großes Bedürfnis nach zwischenmenschlichen Beziehungen jeder Art?« In dem Moment fragte ich mich, ob es eine zu direkte Frage war. Prof. Snape grübelte.
»Ich pflege durchaus wertvolle Verbindungen, neige aber nicht dazu, diese anderen unbedingt zu offenbaren. Ganz besonders nicht jenen, die es nichts anzugehen hat.« Ich musste in dem Moment an Samanta denken, die über das Verhältnis zwischen Prof. Snape und mir unterrichtet war. »Also… pflegen Sie durchaus Verbindungen zu… zu Frauen, Sir?« Es kam mir dumm vor, diese Frage zu stellen. Prof. Snape schien über diese Frage allerdings viel mehr belustigt. »Du bist sehr neugierig, Marie. Aber ich kann dich beruhigen.«
»Bin ich zu direkt, Sir?«, fragte ich sofort, weil es mir unangenehm war. Prof. Snape senkte seinen Blick.
»Nein. Ich schätze dein Interesse an mir. Auch wenn es eher ungewohnt ist.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte ich neugierig. Prof. Snape nahm einen Schluck von seinem Wein, ehe er erwiderte:
»Ich meine die Tatsache, dass ich dein Interesse schätze. Normalerweise interessiert es mich nicht im geringsten, wie andere von mir denken oder was sie von mir halten.«
»Reden Sie deswegen auch so ungern über sich?«, fragte ich. »Es war nie meine Priorität, mich in den Mittelpunkt zu drängen«, antwortete Prof. Snape ruhig.
»Und dennoch sind Sie in meiner Gegenwart so anders«, sagte ich mehr zu mir selbst und senkte den Blick ebenfalls. Prof. Snape schwieg und trank hastig einen Schluck von seinem Wein. »Jedenfalls«, nahm ich das Gespräch wieder auf, »finde ich, dass Sie… Sie sind…«, mir blieben die Worte im Hals stecken, aber Prof. Snape sah mich forsch und abwartend an. »Weiter?«, forderte er. »Geheimnisvoll…«, sagte ich und musste an meine Worte im Tropfenden Kessel denken. »Und jetzt verstehe ich sogar den Sinn hinter diesem Wort. Viel mehr als damals, als ich Sie das erste Mal in London getroffen habe. Ich wusste einfach, dass Sie etwas interessantes an sich haben.« Prof. Snape lächelte ebenfalls an dem Gedanken daran. Ich lächelte verstohlen, ehe ich fortfuhr:
»Darf ich mal ganz ehrlich zu Ihnen sein, Sir?« Prof. Snape sah mich mit vollstem Interesse an. »Immer, Marie. Zudem kennst du meine Erwartungen«, erinnerte er mich. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, atmete einmal tief durch und zwar möglichst unauffällig. Schließlich erwiderte ich das Wort:
»Ich finde, Sie sind ein… ein reizvoller Mann. Jedenfalls für mich. Ich hielt sie im Tropfenden Kessel schon für ziemlich interessant.« Prof. Snape hatte seinen Blick nicht von mir angewendet. Wie versteinert saß er neben mir, nach wenigen Augenblicken setzte er zum Trinken an, leerte sein Glas und stellte es auf den Tisch. »Nur sind Sie es jetzt noch viel mehr. Nach all dem, was passiert ist«, fuhr ich mit verhaltener Stimme fort. Ich wollte gerade mein Glas ergreifen, um daraus zu trinken, als Prof. Snape schlagartig meine Hand ergriff. Ich war so überrascht, dass ich direkt in sein Gesicht blickte, in dem sich ein Ausdruck abzeichnete, den ich nicht deuten konnte. Er zog mich näher zu sich heran, sodass wir Bein an Bein nebeneinander saßen. Er führte sein Gesicht näher an meines und küsste mich leidenschaftlich. Seine Lippen schmeckten süß und wärmten die meinen. Er ließ meine Hand los und umgriff mit beiden Händen meinen Oberkörper, zog mich noch näher an sich, sodass ich mich letztlich zwischen seinen Beinen auf der Couch kniete, um meinen Halt zu finden. Als er sich behutsam von mir löste, verschlug es mir den Atem. Er hatte es einfach wieder getan. Er hatte sich genommen, was er wollte. Das gefiel mir.
»Mir ist nicht entgangen, was du von mir hältst, Marie«, sagte er leise. Nach einigen Sekunden, in denen er mich eingehend musterte, fuhr er fort:
»Ich sehe tagtäglich deinen Blick, wie er förmlich nach mehr fleht. Ich sehe jeden Tag, wie du vor mir erzitterst und wie ungehalten du wirst, wenn ich dich berühre.« Er führte seine Hände weiter nach unten. Ich hob meine Hüfte ein wenig an, sodass er mühelos mein Kleid nach oben schieben konnte, um mich darunter zu berühren. Während er dies tat, passierte genau das, was Prof. Snape gerade geäußert hatte: Ich wurde völlig ungehalten. Ich legte meine Arme um seinen Hals und wendete meinen Blick nicht von ihm ab. »Mittlerweile kenne ich deine Gedanken ziemlich gut, Marie.« Eine Pauste trat ein, in der ich mein Herz heftiger in meiner Brust spürte. »Sie haben mich inspiriert,« sagte er, während er mich intensiv ansah. »Schließlich hast du mich neugierig gemacht, also habe ich alles mögliche ausprobiert, um sie näher zu ergründen. Um herauszufinden, wie viel wirklich dahinter steckt. Deswegen habe ich mir auch die Bestrafung für dich einfallen lassen. Und der Zeitpunkt dafür war ziemlich perfekt.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte ich leise. Prof. Snape lächelte süffisant. »Zufälligerweise hattest du ein paar Regeln gebrochen. Das schien mir der perfekte Augenblick zu sein, um dich auf die Probe zu stellen.«
»Heißt das, Sie haben nur darauf gewartet, Sir?«, fragte ich irritiert. »Ich habe dich ziemlich genau beobachtet«, gab er zu, »und die Gelegenheit am Schopf gepackt.«
»Sir«, sagte ich etwas zögerlich, »Sie wussten, dass Sie mir wehtun würden. Was ich aber nicht verstehe ist, warum Sie das wollten… Gefällt es Ihnen, Frauen wehzutun, Sir?« Prof. Snape lächelte amüsiert und streichelte mein Gesicht. »Ich mag es, dir wehzutun«, sagte er. Meine Augen vergrößerten sich. Ich wusste außerdem nicht, ob ich es gut oder schlecht finden sollte. »Ich erwarte nicht, dass du es unbedingt verstehst, Marie. Aber ich habe eine leicht sadistische Ader. Und dir scheint es ebenfalls zu gefallen. Habe ich Recht?« Ich wusste ihm darauf erst keine Antwort zu geben. Ich war verunsichert. »Ich weiß nicht, Sir… Ich habe vorher noch nie diese Erfahrung gemacht.«
»Nun, ich weiß es aber«, sagte Prof. Snape erhebend. Er küsste sanft meinen Hals und ich wollte am liebsten zerfließen. Er führte er seine Hände erneut unter mein Kleid und streichelte mein nacktes Gesäß, während er mich erneut küsste. Die Erregung in mir wuchs gewaltig an. Ich umarmte seinen Hals und erwiderte jeden einzelnen Kuss. Ich stöhnte und drückte mich heftiger an ihn. Prof. Snape nahm mich an den Haaren, führte seine Lippen an mein Ohr und flüsterte:
»Ich weiß ganz genau was du willst, Marie.«
»Was ich will, Sir?«, fragte ich unsicher. »Ich glaube, das weißt du ziemlich genau«, entgegnete er und nahm mich fester an den Haaren, sodass es wehtat. Ich stöhnte auf und war gezwungen, ihn direkt anzusehen. »Ich sehe und spüre sehr deutlich, was gerade in dir vor sich geht, Marie. Und dein Schoß würde es mir verraten. Ich will es aber von dir hören.« Er packte mich noch etwas fester, sodass mir fast die Tränen kamen. Prof. Snape schien meinen Schmerz zu genießen. »Ich kenne dein Verlangen, das du schon seit einiger Zeit hegst, habe ich Recht?« Das Überlegen fiel mir in dem Moment äußerst schwer. Darüber hinaus war ich nicht sicher, ob er auf das anspielte, was ich in dem Moment dachte. »Du willst, dass ich dein Verlangen stille. Stimmt's, Marie?« Ich wusste ihm darauf erst keine Antwort zu geben. Erst, als das Ziepen in meinen Haaren stärker wurde und mir Tränen in die Augen trieb, erwiderte ich darauf:
»Ja, Sir.«
»Was genau?«, hakte er streng nach und zog noch etwas mehr. »Ich wünsche… dass Sie mein Verlangen stillen, Sir«, stöhnte ich. »Geht es auch etwas konkreter? Sag es!«
»Ich will, dass Sie mich nehmen. Jetzt!«, sagte ich und der Griff an meinen Haaren lockerte sich sofort. Prof. Snape küsste mich erneut und schob seine Hand unter meinen Slip. »Wie ich mir schon gedacht hatte«, sagte er schließlich, als er mich wieder ansah. »Es wäre ein Leichtes, dich hier und jetzt zu nehmen…« Seine direkten Worte und seine Enttäuschung, wie ich sie aus seiner Stimme vernehmen konnte, wirkten auf mich ein und ließ meinen Unterleib zucken. »Aber Sie wollen es nicht?«, fragte ich vorsichtig. Prof. Snape lächelte gemein und ordinär. »Ich bin ein Meister der Selbstbeherrschung und Disziplin, Marie. Ich halte es für das beste, den richtigen Moment abzuwarten.«
»Den richtigen Moment?«, wiederholte ich. »Wenn es so weit ist, wirst du das verstehen«, war seine Antwort darauf. »Wie Sie meinen«, sagte ich enttäuscht, aber noch immer berauscht. Ich schmiegte ich an seine Brust und genoss diesen Moment, auch wenn es mir sehr schwer fiel, meine innere Aufgewühltheit zu ertragen. Ich konnte Prof. Snapes Herz deutlich schlagen hören. Kräftig und schnell. Es beruhigte mich und für einige Minuten schloss ich meine Augen, atmete tief durch und versank in vollkommener Stille. Ich atmete deutlich gleichmäßiger und wünschte mir, dass dieser Moment niemals enden würde. Es fühlte sich so schön an, ich wollte nicht, dass es jemals aufhörte. Bald würde ich wieder ganz allein sein. Morgen würde Samanta - wie viele andere Schüler auch - nach Hause fahren, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Die Tatsache, dass ich in Hogwarts bleiben musste, schmerzte mich. In diesem Moment löste sich Prof. Snape von mir und sah mir ins Gesicht. Er erkannte sofort, dass etwas nicht stimmte.
»Was hast du, Marie?« Ich zögerte erst, ob ich ihn damit belästigen sollte. Schließlich war es eine Sache, die nur mich beschäftigte, an der man nichts ändern konnte. »Es ist nur… die Tatsache, dass ich über Weihnachten nicht zu Hause sein kann. Mir ist gerade eingefallen, dass morgen sämtliche Schüler abreisen und ich… nun ja, ich leider nicht.« In Prof. Snapes Blick lag Mitgefühl. »Ich bedauere es sehr, dass es dich traurig macht.« Er grübelte für einen Moment. Wahrscheinlich konnte er sich denken, dass er gegenüber dieser Situation machtlos war. Behutsam streichelte er meine Wange und sah mir tief in die Augen. »Deine Familie wird dich sicher sehr vermissen. Und wenn du über die Ferien nicht hier wärst…«, er pausierte und sah mich eindringlich an. »Du würdest mir fehlen, Marie.« Mein Herz begann zu rasen. »Wirklich?«, fragte ich leise und überrascht. Prof. Snape nickte fast unmerklich. Er senkte seinen Blick. »Aber ich kann verstehen, dass du lieber bei deiner Familie wärst.«
»Es ist so ungewohnt für mich«, erwiderte ich. »Das alles.«
»Ich werde tun, was ich kann, um dir die Zeit so schön wie möglich zu machen. Das verspreche ich dir«, sagte Prof. Snape entschlossen. Mir fehlten die Worte. »Warum… warum ist es Ihnen so wichtig?« Prof. Snape sah mich erneut sehr intensiv an, aber diesmal lag ein Ausdruck von Befangenheit in seinen Augen, was mich verunsicherte. »Weil ich will, dass du glücklich bist.« Seine Worte rührten mich und es lag kein Zweifel daran, dass er das ernst meinte. Ich konnte nicht anders, als es mit einem leichten Lächeln zu erwidern. »Schon besser«, sagte er daraufhin und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
Nach einigen Minuten löste ich mich von ihm, aber wir blieben Arm in Arm, während wir unsere Getränke leerten. Madame Rosmerta kam noch einige Male, um uns Getränke zu bringen, wobei ich mich nach dem ersten Met auf gewürzten Kirschsaft beschränkte. Die Situation in dem Gasthaus war insgesamt etwas vollkommen Neues für mich und alles schien mir so vertraut. Prof. Snape stellte mir Fragen über meinen Unterricht, wie gut ich zurecht käme und ob ich Schwierigkeiten hätte. Er wollte wissen, was ich in meiner Freizeit trieb und wie viel Zeit ich mit Samanta verbrachte. Er war interessiert daran, was für Bücher ich las, wie oft ich lernte, wie viel Zeit ich für meine Hausaufgaben investierte. Schließlich wollte er wissen, wie lange ich meine Katze schon hatte. Auch ihm war aufgefallen, dass sie sich oft ungewöhnlich verhielt und mir gegenüber ganz besonders zutraulich war.
»Du hast sie anscheinend gut erzogen«, hatte er gesagt. »Man erzieht Katzen nicht, Sir«, hatte ich daraufhin belustigt erwidert. Auf sein Argument, sie würde mir gehorchen, antwortete ich:
»Sie gehorcht mir nicht wirklich. Sie hört nur dann auf mich, wenn sie es will.So wie ich manchmal«, hatte ich scherzhaft eingeworfen. Das war der Moment gewesen, in dem ich das wohl eindeutigste Lächeln an Prof. Snape gesehen hatte, was mich zusätzlich erheitert hatte. Im Laufe unseres Gesprächs hatte ich keinen Zweifel daran, dass er wahrscheinlich mehr wusste, als er zugeben wollte. Er nahm jedes meiner Worte mit Sorgfalt auf und schien sie so zu verarbeiten, dass er sie behutsam in seinem Gedächtnis abspeicherte. Ich hatte mir sogar die Frage gestellt, ob er bereits wusste, wie viel ich für ihn empfand und wie er das auffasste. Für einen Moment hatte ich darüber nachgedacht, es ihm einfach zu sagen, hatte mich letzten Endes aber doch dagegen entschieden aus Angst, der perfekte Augenblick würde zerbrechen. Ich hatte die Zeit bereits völlig vergessen und erst als mein Magen zu knurren begann, wurde ich daran erinnert, wie viel Zeit eigentlich vergangen war.
»Wenn du Hunger hast, sollten wir zurück zum Schloss gehen«, sagte Prof. Snape. Mir gefiel der Vorschlag nur minder, denn ich hatte mich zu sehr an die Zweisamkeit gewöhnt und wollte mich ihrer so schnell nicht wieder entbehren. »Jetzt schon?«, fragte ich enttäuscht. Prof. Snape sah mich schmunzelnd an. »Wir sitzen schon seit mehreren Stunden hier. Und wenn das Abendessen vorüber ist, bekommst du nichts mehr.« Ich schmollte, aber wie ich Prof. Snape kannte, würde er hartnäckig bleiben. »Zieh dir deinen Umhang an, danach gehen wir.« Wir standen auf, zogen unsere Umhänge über und waren gerade im Begriff zu gehen, als mir etwas einfiel:
»Sir, was ist mit der Bezahlung?«
»Bereits erledigt, Marie. Komm.« Ich zuckte mit den Schultern und folgte Prof. Snape zurück Richtung des Ausgangs - den gleichen Weg, den ich mit Madame Rosmerta gegangen war. Als wir im Hauptraum waren, wo sich auch die Theke befand, stellte ich fest, dass kein einziger Schüler mehr im 'Drei Besen' anwesend war. Ein Blick auf die Uhr über der Theke verriet mir, dass es bereits fast viertel vor acht war. Beinahe fünf Stunden hatte ich mit Prof. Snape im Gasthaus verbracht. Normalerweise wäre das ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, weil ich nie so lange an einem fremden Ort blieb. Erstaunlich, wie schnell die Zeit vergangen war. Ich bedankte mich aus reiner Höflichkeit bei Madame Rosmerta für ihre Gastfreundlichkeit und folgte Prof. Snape zügig nach draußen. Anstatt den Weg Richtung Hauptstraße zurück zu gehen, bog er eiligen Schrittes in die andere Richtung ab. Verwirrt folgte ich ihm.
»Sir...«, ergriff ich das Wort. »Wohin gehen Sie?« Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, da er vor mir lief.
»Richtung Kerker, wo wir beide hin wollen. Das ist eine Abkürzung.« Ich sagte nichts, sondern konzentrierte mich darauf, mit ihm Schritt zu halten. Er lief so schnell, dass ich zwangsläufig daran denken musste, wie gut meine Katze darin war, mich von einem Ort zum anderen zu hetzen. Es war bereits dunkel rundum des Schlosses, sodass ich Schwierigkeiten hatte, die Umgebung ausfindig machen zu können. Erst als ich vor mir die Schlossmauer erkannte, stellte sich mein Behagen wieder ein. Prof. Snape ging auf die Mauer zu und nahm eine Treppe, von deren Existenz ich nicht einmal wusste. Ich tat es ihm gleich und ging mehrere Stufen hinunter, die uns mitten in das Gewölbe unterhalb des Schlosses führten. Ich vernahm das Öffnen einer massiven Tür und passierte diese, während Prof. Snape sie offen hielt. Es war plötzlich stockdunkel und ich konnte meine eigenen Hände nicht mehr sehen. Plötzlich flammten mehrere Fackeln an der Steinmauer auf und gaben den Blick in einen Gang frei, der jedoch kein Licht am Ende erkennen ließ.
»Hast du Angst im Dunkeln?«, fragte Prof. Snape hinter mir, nachdem er die Tür geschlossen hatte. Ich schüttelte den Kopf. »Angst vielleicht nicht. Aber Dunkelheit verunsichert mich.« Prof. Snape schmunzelte vergnügt. »Soso... sie verunsichert dich also.« Ohne weiter darauf einzugehen ging er an mir vorbei. »Nimm meine Hand«, sagte er und ich tat wie mir geheißen. Ich folgte ihm den Gang entlang, der immer weiter in das Herz des Kerkers führte und den Anschein machte, dass es hier nichts zu geben schien. Sicherlich würden wir schon bald die Stelle passieren, an der Prof. Snapes Büro und seine Gemächer lagen, in unmittelbarer Nähe das Klassenzimmer für Zaubertränke und letztlich auch der Slytherin Gemeinschaftsraum. All das waren Orte, die tagtäglich mit Leben bewohnt wurden. Und irgendwo hier gab es auch jenen Raum, in dem ich meine Strafe empfangen hatte. Meine Orientierung war allerdings nicht gut genug, um es zu wissen; ich konnte es lediglich vermuten. Schließlich färbte sich das Licht in grün, was bedeuten musste, dass wir unterhalb des Sees weilten. Jetzt konnte es nicht mehr weit sein. Wir liefen noch einige hundert Meter und ich erkannte den Gang endlich wieder. Ganz am Ende lag die Treppe, dessen Stufen hinauf in das Erdgeschoss führten. Vor Prof. Snapes Bürotür blieben wir schließlich stehen.
»Wir sind schon da«, stellte ich fest und Prof. Snape nickte knapp. Ich war zuerst verunsichert und wusste nicht, was ich sagen sollte. »Das war ein sehr schöner Abend, Sir.« Betrübtheit schwang in meiner Stimme mit und es fiel mir schwer, ihm direkt ins Gesicht zu sehen. Würde jetzt wieder alles so sein wie vorher? »Ja, das war es.« Seine Sanftmut in seiner Stimme veranlasste mich dazu, ihn noch einmal direkt in die Augen zu schauen. Ich wünschte, seinen Blick richtig gedeutet zu haben, denn für mich spiegelte sich dort Sehnsucht wieder, aber vielleicht irrte ich mich auch. »Dann sollte ich jetzt wohl gehen«, ergriff ich das Wort, um mich von seinem Blick abzulenken. »Wenn du noch etwas zu Abend essen möchtest, dann solltest du das«, entgegnete Prof. Snape. Noch bevor ich mich zum Gehen wendete, nahm er meine Hand, als wollte er mich davon abhalten. »Marie…«, sagte er. »Ich möchte dich um einen kleinen Gefallen bitten. Zwei Dinge, um es genau zu sagen.« Erwartungsvoll sah ich ihn an. »Was denn?«
»Ich hätte ganz gerne, dass du zukünftig 'Severus' und 'Du' zu mir sagst, wenn wir unter uns sind.« Mein Herz schlug plötzlich wie wild und meine Augen weiteten sich. »Das erscheint mir zumindest deutlich vertrauter, findest du nicht auch?«, fügte er hinzu. Ich nickte langsam. »Wie Sie wünschen… Ich meine… wie du wünschst. Und Nummer zwei?«
»Wenn es nicht zu viel von dir verlangt ist würde ich mich freuen, wenn du mich… ab und zu mal besuchen könntest.« Ergriffen sah ich Richtung Fußboden. »Halte ich dich nicht von der Arbeit ab?«, fragte ich, doch Severus verneinte dies. »Dann komme ich gerne ab und zu vorbei«, erwiderte ich und lächelte. »Geh jetzt essen«, sagte Severus schließlich. »Was ist mit dir?«, wollte ich wissen. Severus zögerte, antwortete dann aber:
»Ich brauche vorerst etwas Zeit für mich. Wir sehen uns morgen.« Ich sagte nichts dazu, sondern nickte nur. Ich würde ihn am heutigen Tage also nicht wieder sehen, aber es war in Ordnung für mich. Der heutige Tag war mehr, als ich es mir jemals hätte erträumen können. Ich spürte, dass ein undefinierbarer Zauber in der Luft lag. Severus drückte mir einen letzten Kuss auf die Stirn, bevor ich mich von ihm abwendete.
Ich beeilte mich, um in der großen Halle noch etwas zu Abend essen zu können. Sie war nicht mehr voll besetzt und ich stellte fest, dass Samanta nicht da war. In mir herrschte eine heftige Aufregung, sodass mir das Essen schwer fiel. Es war so viel passiert und ich wusste noch immer nicht, diese Ereignisse richtig zu ordnen. Severus hatte mir so viele Fragen gestellt, er hatte nur wenig über sich erzählt und dennoch hatte ich das Gefühl, ihn etwas besser einschätzen zu können als sonst. Mein Verdacht, dass er noch andere Seiten an sich hatte, die er gerne vor anderen verbarg, hatte sich ebenfalls bestätigt. Zudem wusste ich, dass er mich begehrte. Zu guter Letzt hatte er mir das 'Du' angeboten, was für mich von allen Begebenheiten die ungewöhnlichste und merkwürdigste war neben der Tatsache, dass er mich anscheinend häufiger sehen wollte. Daran musste ich mich erst gewöhnen, aber Severus Hintergedanke, dass er dadurch mehr Vertrauen erwecken wollte, gefiel mir. Nachdem ich mein Mahl beendet hatte, eilte ich zum Gemeinschaftsraum der Slytherins. Ich erblickte sofort Maggie, die sich im Sessel vor dem Kamin zusammen gerollt hatte und fest zu schlafen schien. Sie mauzte zur Begrüßung, als ich sie streichelte. In dem Moment kam Samanta mit glücklichem Gesicht auf mich zu.
»Wo warst du?«, fragte ich sie. »Wo warst DU?«, hielt Samanta dagegen. »Du bist gar nicht beim Abendessen gewesen.«
»Doch«, erwiderte ich, »ich komme gerade aus der großen Halle. Ich war… etwas verspätet.« Samanta sah mich mit großen Augen an und nickte hinüber zum Arbeitstisch, der wie gewohnt leer war zu dieser Uhrzeit. Wir setzten uns. »Also, wie war es mit Levia?«, ergriff ich das Wort. Samanta lächelte leicht. »Es war großartig. Wir sind recht lange im Café geblieben und gemeinsam zurück zum Schloss gegangen.«
»Und weiter?«, hakte ich nach. »Nun ja…«, gab Samanta zur Antwort. »Wir wollen mehr Zeit miteinander verbringen.«
»Das klingt doch gut«, sagte ich begeistert. »Das ist doch das, was du wolltest, oder nicht?« Samanta nickte.
»Ja«, sagte sie. »Wir wollen es miteinander versuchen. Und wir sind der Meinung, dass wir uns eben nicht ständig verstecken können. Dennoch war es mir sehr wichtig, mit ihr in Ruhe reden zu können.«
»Das kann ich verstehen«, gab ich zurück. »Wirst du sie in den Ferien sehen?« Enttäuscht schüttelte Samanta den Kopf. »Levia wohnt in Wales, demnach wird das leider nicht so einfach.«
»Was ist mit Portschlüsseln? Oder dieses andere Reisedings, wovon ich gelesen habe?«
»Du meinst 'Apparieren'?« Mir fiel es wieder ein. »Ja, genau das meine ich. Was ist damit?«
»Wir sind beide noch nicht volljährig, um apparieren zu dürfen. Und einen Portschlüssel zu kreieren ist sehr kompliziert.«
»Achso«, sagte ich enttäuscht. »Das ist aber schade.«
»Nicht so schlimm«, entgegnete sie und lächelte. »Und wie war es bei dir?«, fragte Samanta, etwas vorsichtiger, als sie es sonst immer tat. Ich wusste, dass es eigentlich keine Worte für diesen Tag gab. »Es war… einmalig«, sagte ich schließlich. »Heißt das also, dass ich Recht hatte und die Notiz von Snape kam?« Ich nickte. Danach erzählte ich ihr, was passiert war. Ich versuchte mich möglichst nicht in kleineren Details zu verlieren. Ich betonte, wie vertraut mir die ganze Situation erschienen war. Doch all die Dinge, die nur für mich bestimmt gewesen waren, behielt ich auch für mich. Ich wusste nun, dass Severus keinen Wert darauf legte, wenn unbefugte Personen Einblick in seine Privatsphäre erhielten. Auch erzählte ich Samanta nicht, dass er mir das 'Du' angeboten hatte.
»Dann hattet ihr also ein Zimmer ganz für euch allein? Und dort seid ihr fast fünf Stunden gewesen?« Ich zuckte mit den Schultern. »Sieht so aus.« Samanta schüttelte mit dem Kopf. »Und mehr war nicht?« Ich sah sie fragend an. »Irgendwie scheint das ganze so, dass keiner von euch beiden den Mut hat zu sagen, was ihr füreinander empfindet.«
»Naja«, begann ich. »Irgendwie wissen wir das schon. Aber wir wissen es eben durch… andere Weise.«
»Hat er dich wieder geküsst?«, fragte sie und hielt sich die Hand vor dem Mund. Ich nickte und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Der Tag heute war wunderschön. Und ich freue mich am meisten darüber, dass es bei uns beiden anscheinend der Fall war.« Schließlich mussten wir beide lachen.
Am nächsten Morgen trafen sich die Schüler das letzte Mal in dem Jahr in der großen Halle zusammen, um gemeinsam das Frühstück einzunehmen. Die Stimmung war lebhaft, aber so richtig konnte ich mich dieser nicht anschließend. Ich verhielt mich ziemlich still an dem Morgen. Prof. Snape war ebenfalls anwesend und schien in ein Gespräch mit Prof. Knight vertieft. Samanta hatte mir gegenüber Platz genommen und ihr war anzusehen, dass sie etwas Mitleid mit mir hatte.
»Sehe es positiv«, sagte sie schließlich. »Du wirst jede Menge Zeit nur für dich allein haben und bestimmt wirst du im nächsten Jahr einen Weg gefunden haben, deine Familie zu besuchen.«
»Ich habe es meiner Ma versprochen«, sagte ich ihr. »Dann wirst du erst recht einen Weg finden«, zwinkerte Samanta. »Ja, vielleicht.« Auch Maggie war in der großen Halle zugegen und spielte mit der Weihnachtsdeko auf den Tischen. Sie ließ Christbaumkugeln kullern, bis sie herunterfielen. Anschließend jagte sie ihnen auf dem Fußboden nach. Als sich Prof. Dumbledore von seinem Platz erhob, um eine Ansprache zu halten, hielt das Maggie nicht davon ab, ihr albernes Spiel fortzusetzen. Die Schüler hingegen schauten auf.
»Meine Lieben Schüler«, sagte Prof. Dumbledore. »Bevor sich der Großteil von euch auf den Heimweg macht, möchte ich euch allen ein Frohes Weihnachtsfest wünschen sowie ein Frohes Neues Jahr, in dem wir uns hoffentlich alle wiedersehen. Genießt das Fest mit eurer Familie und euren Lieben.« Eine Pause trat ein, in der das Kullern einer von Maggies Kugeln auf dem Boden deutlich zu hören war. Maggie war noch immer völlig abgelenkt und störte sich nicht daran, dass mehrere Augen auf sie gerichtet waren und einige, die ihrem Treiben zusahen, kicherten. Erst als Prof. Dumbledore seine Ansprache wieder fortsetzte, galt die Aufmerksamkeit wieder ganz ihm.
»Einige wenige von euch werden die Weihnachtsferien und somit das Weihnachtsfest hier in Hogwarts verbringen. Betrachtet Hogwarts als euer zu Hause und fühlt euch willkommen und geborgen. Und solltet ihr euch einmal einsam fühlen, dann haltet fest an dem, was ihr habt und denkt an jene, die euch lieben. Und wer weiß… vielleicht wartet noch die eine oder andere Überraschung auf euch.« Prof. Dumbledore pausierte und sah in meine Richtung. Ein unauffälliges Zwinkern irritierte mich zunächst, weil ich nicht sicher war, ob es mir gelten sollte. Ich sah mich um, aber niemand sonst schien diese Reaktion bemerkt zu haben.
Innerhalb des Schlosses herrschte ganz plötzlich eine unheimliche Stille, sodass es mir schon fast unangenehm war, mich in den Gängen aufzuhalten. Wo auch immer ich mich aufhielt, ob in der Bibliothek oder in Myrtes Zimmer sowie auf den Fluren des Schlosses, weit und breit waren die Stimmen sowie das Gelächter vieler anderer Schüler nicht zu vernehmen. Natürlich nahm diese Begebenheit dem Schloss sämtliches Leben. Insgesamt waren wir nur noch vierzehn Schüler, die über die Weihnachtsferien in Hogwarts blieben, davon waren zwei Gryffindors, fünf Hufflepuffs, sechs Ravenclaws und drei Slytherins. Von den Lehrern blieben sowohl die Hauslehrer, - Prof. McGonagall, Prof. Flitwick, Prof. Sprout sowie Severus - als auch Prof. Knight und Prof. Dumbledore, ganz zu schweigen von dem Wildhüter Hagrid, der Hogwarts seit vielen Jahren nur selten verlassen hatte. Und weil wir so wenige Schüler waren, hielten wir uns ausnahmsweise einmal nicht an die Tischordnung. Mein Vorschlag, sich doch einfach zusammenzusetzen, um sich in den einzelnen Gruppen nicht allzu verloren vorzukommen, war zwar ungewöhnlich, wurde aber dankbar angenommen. Schließlich beanspruchten wir den Tisch der Slytherins für uns und es stellte sich schnell heraus, dass die Idee gar nicht so verkehrt war. Wir lernten uns besser kennen und sogar die beiden anderen Slyterhins, die einen sehr verschlossenen Eindruck auf mich machten, schienen aufzutauen. Wir sprachen schließlich auch über die Gründe, warum der Einzelne in Hogwarts blieb. So erfuhr ich, dass Edward - ein Gryffindor - sich freiwillig dafür entschieden hatte, in Hogwarts zu bleiben, weil sich innerhalb seiner Familie über die Feiertage nur gestritten wurde, wovon er verschont bleiben wollte. Stephanie hingegen - sie war eine Ravenclaw - hielt von Weihnachten nichts. Sie war besonders ehrgeizig und das Lernen schien ihr wichtiger zu sein als das Zusammensein mit ihrer Familie. Timothy, ein sehr verschwiegener Slytherin, hielt Weihnachten für überflüssig und konnte dem ganzen nichts abgewinnen. Der andere Slytherin mit den Namen Orlando hätte hingegen seine Ferien sehr gerne mit der Familie verbracht. Weil er aber - ebenso wie Samanta - kurz vor seinen ZAG-Prüfungen stand und seine Leistungen in der letzten Zeit rapide abgenommen hatten, wollte er die Ferien nutzen, um sich besser vorzubereiten. Ich für meinen Teil empfand es als sehr traurig, dass man dafür die Zeit mit der Familie opfern musste. Was mich betraf, so wussten die anderen bereits woher ich kam und dass es sich für mich als schwierig herausstellte, so einfach nach Hause zu kommen. Der Hogwarts-Express fuhr nur bis zum Bahnhof King's Cross nach London und es gab leider keine anderweitigen Verbindungen bis zu mir nach Hause. Und eben weil die anderen davon wussten, sprachen wir kaum über mich, wofür ich sehr dankbar war. Über mich wollte ich am wenigsten sprechen.
Je näher Weihnachten rückte, desto mehr verfiel ich der Betrübtheit. Um ihr nicht gänzlich zu verfallen, suchte ich mir Ablenkung, indem ich ein Buch las, zu Myrte ging oder einen Spaziergang im Schloss machte. Aber leider konnte mich nichts davon so richtig trösten. Missmutig verschickte ich sämtliche Weihnachtsgeschenke über Eulenpost in der Hoffnung, dass die Pakete pünktlich ankommen würden. Auch Severus besuchte ich gelegentlich. Ich hatte gehofft, dass zumindest er dazu in der Lage sein würde, mich ein wenig aufzuheitern, allerdings war er die meiste Zeit damit beschäftigt, seine Zutaten zu kontrollieren und auszusortieren sowie Aufsätze zu lesen oder Hausaufgaben zu kontrollieren. Wenn ich bei ihm war, nahm er sich zwar auch Zeit für mich, allerdings war er im Großen und Ganzen verhältnismäßig abweisend, schien sehr abgelenkt und angespannt. Ich hatte den Eindruck, dass er entweder sehr konzentriert war oder dass ihm tatsächlich etwas bedrückte. Doch immer, wenn ich ihn darauf ansprach, schob er das Thema hastig beiseite. Ich verstand seine plötzlich auftretende Distanz nicht, so sehr ich es auch versuchte, dafür ein wenig Verständnis aufzubringen. Schließlich geschah genau das, was ich am wenigsten vermeiden wollte: Ich war traurig und ich fühlte mich allein. Meine Katze war das einzige Wesen, welches mir regelmäßig Gesellschaft leistete und sich am wenigsten daran störte. Maggie schien zu spüren, dass mit mir etwas nicht stimmte, denn sie wich mir kaum von der Seite. Ich wünschte mir plötzlich, bei meiner Familie zu Hause sein zu können. Ich vermisste sie schrecklich und ärgerte mich darüber, mit Prof. Dumbledore darüber nicht gesprochen zu haben. Er hätte bestimmt eine Lösung parat gehabt, vielleicht hätte er mir sogar einen Portschlüssel gemacht. Insbesondere der letzte Tag vor Weihnachten tat mir im Herzen weh. Ich versuchte, so gut es mir möglich war, meinen Schmerz vor den anderen zu verbergen und beteiligte mich kaum an den Gesprächen bei Tisch. Ich aß an dem Abend nur sehr wenig und ging sehr früh ins Bett, ohne Severus vorher zu besuchen. Doch das Einschlafen fiel mir schwer und schließlich ließ ich meine Tränen, die ich die Tage zuvor unterdrückt hatte, einfach kommen und weinte. Ich weinte das erste Mal nach langer Zeit bittere Tränen, bis ich endlich im Schlaf meinen Trost fand.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlten sich meine Augen furchtbar schwer an. Lustlos wusch ich mir mein Gesicht und kleidete mich an. Hätte sich mein Hungerfegühl nicht eingestellt, so wäre ich am liebsten im Bett geblieben. Als ich die Treppe des Schlafsaals hinunterstieg, um planmäßig vom Gemeinschaftsraum zur großen Halle zu gehen, merkte ich sofort, dass etwas anders war als sonst. Das für gewöhnlich grünliche Licht schien in mehreren Farben gebrochen, denn der gesamte Gemeinschaftsraum funkelte in vielen verschiedenen bunten Farben - der Fußboden, die Wände sowie die Decke. Das Feuer im Kamin knisterte und daneben stand ein etwa eineinhalb Meter hoher Weihnachtsbaum, der mit bunten Lichtern geschmückt war. Ich trat näher heran, um mir das Spektakel von der Nähe anzusehen. Ich stellte mir die Frage, wie der Weihnachtsbaum seinen Weg hierher gefunden hatte, denn ich hatte am Tage sowie am Abend zuvor keinerlei Geräusche vernehmen können, die darauf hätten hindeuten können. Die Lichter des Baumes strahlten und funkelten und hatten eine nicht nur beruhigende Wirkung auf mich, sondern sahen auch noch wunderschön aus - so wunderschön, dass ich mich nicht daran erinnern konnte, jemals so etwas Schöneres gesehen zu haben. Unter dem Weihnachtsbaum lagen mehrere Geschenke, an denen jeweils ein Schild befestigt war. Ich ging in die Knie, um sie mir näher anzusehen. Jedes Schild auf den einzelnen Päckchen trug meinen Namen. Maggie kam neugierig näher und beschnupperte die Umgebung, die auch für sie vollkommen befremdlich war, sodass sie sich nur vorsichtig in den Raum tastete. Neugierig und meinen Kummer vollends vergessend, nahm ich eines der Päckchen in die Hand und entnahm als erstes eine Karte, die an mich adressiert war. Sie war von meiner Mutter.
»Liebe Marie.
Sei nicht traurig, dass du in diesem Jahr nicht bei uns sein kannst. Wir vermissen dich alle sehr, aber ich möchte, dass du glücklich bist, die Ferien genießt und trotzdem schöne Weihnachten hast. Natürlich habe ich dich nicht vergessen. Ich hoffe, du freust dich über das Geschenk.
Deine Mama.«
Die Karte war außerdem von meinen Geschwistern unterschrieben worden. Langsam packte ich das Geschenk aus. Ein sehr dicker Mantel, der viele Stickereien hatte und mit Spitze verziert war, kam zum Vorschein. Ich erinnerte mich daran wie ich meiner Mutter geschrieben hatte, dass es hier sehr kalt war. Sie hatte demnach das perfekte Geschenk ausgesucht und es freute mich wahnsinnig Ich suchte nach weiteren Päckchen, denen eine geschriebene Karte beigelegt war und ergriff ein sehr kleines. Ich las die Karte:
»Frohe Weihnachten, Marie.
Ich hoffe, dir ist es nicht zu langweilig in Hogwarts ohne mich und dass die mein Geschenk gefällt. Ich habe es gesehen und musste sofort an dich denken. Du fehlst mir jedenfalls, denn ohne dich ist es nicht do lustig. Ich hoffe mit dir und deinem Verehrer läuft alles :-D.
Bis zum nächsten Jahr!
Samanta«
Mein Herz mache vor Freude einen Hüpfer. Schnell packte ich das Geschenk aus und hielt eine kleine Schachtel in der Hand. Als ich sie öffnete, erblickte ich einen Ring in Form einer Katze. Sofort stecke ich den Ring an, der mir genau passte. Ich bewunderte ihn für einige Sekunden, ehe ich mich dem nächsten Päckchen zuwendete, an welchem ebenfalls eine Karte befestigt war.
»Liebe Marie.
Ich habe für heute Abend um acht Uhr eine kleine Weihnachtsfeier geplant und würde mich sehr freuen, dich auf dieser begrüßen zu dürfen. Die anderen Schüler und Lehrer sind ebenfalls eingeladen sowie unsere Schlossgeister, die hoffentlich mit ihrem Gesang für Weihnachtsstimmung sorgen werden. Ich freue mich auf dich.«
Das dazugehörige Päckchen, welches schwer in der Hand lag, enthielt ein Buch mit dem Titel »Die Magie der Mentalität - Den eigenen Verstand verstehen und anwenden lernen«
»Das ist interessant«, sagte ich zu mir selbst. Ich schlug das Buch auf und überflog das Inhaltsverzeichnis. In dem Buch ging es also um die Fähigkeit, mit dem Verstand zu zaubern? Das würde ich mir in den nächsten Tagen auf jeden Fall genauer ansehen. Ich legte das Buch sachte beiseite und sah mir die restlichen Geschenke an. Jedes davon trug meinen Namen, aber es gab keinen Hinweis, von wem sie waren. Ich öffnete jedes einzelne und stellte fest, dass jedes Geschenk ausschließlich Dinge beinhaltete, die ich gerne mochte: Verschiedene Pralinensorten, die ich im Honigtopf bewundert hatte sowie eine große Auswahl Laktritzsorten, eine Flasche hochwertigen Met und andere Kleinigkeiten, die hauptsächlich zum Essen bestimmt waren. Selbst Maggie hatte ein Geschenk bekommen - »Besondere Leckereien für die Katze der Hexe« aus der 'Magischen Menagrie'. Ich überlegte, wo ich den Namen des Geschäfts schon einmal gehört oder gelesen hatte, doch es wollte mir nicht einfallen. Maggie nahm das Leckerchen dankbar entgegen und mauzte zum Dank. Ich war hin und weg von den vielen Geschenken und meine Traurigkeit war wie weggeblasen. Ich räumte das Papier beiseite und ordnete meine Geschenke, bevor ich mich auf dem Weg in die große Halle machte. Auf dem Weg dorthin wurde ich allerdings aufgehalten, als ich den Gang Richtung Treppe abbiegen wollte. Severus stellte sich mir in den Weg und ergriff das Wort.
»Bevor du zum Frühstück gehst, habe ich noch etwas für dich. In mein Büro bitte.« Ohne etwas zu erwidern, folgte ich ihm zu seinem Büro. Dort angekommen, trat Severus an seinen Schreibtisch, auf dem ein Päckchen lag. Darauf lag ein Päckchen. Severus sah mich mit den Armen hinter seinem Rücken verschränkt an. »Für dich«, sagte er. Ruhelos sah ich ihn an und wusste nicht, was ich sagen sollte. »Du hast ein Geschenk für mich?«, fragte ich ungläubig. Severus hingegen deutete mit einem Nicken in Richtung des Tisches. »Mach schon auf«, sagte er sanft. Ich setzte mich auf den Sessel und nahm das rechteckige Paket in die Hand. Was auch immer dort drin war, es war nicht sehr schwer. Vorsichtig riss ich das Papier auf und mein Herz schlug immer schneller. Ich entnahm eine hölzerne Schachtel, die keinen Hinweis darauf gab, was diese enthielt. Die Schachtel war ungefähr sechs Zoll breit und dreizehn Zoll lang. Öffnen ließ sie sich mit Hilfe eines verschiebbaren Deckels. Ich verschob diesen um wenige Zentimeter und erkannte zunächst zwei silberne Spitzen. Als ich den Deckel noch weiter verschob, erkannte ich, dass es sich um zwei Federn handelte und als die Schachtel komplett geöffnet war, erkannte ich die Federn wieder. Mir blieb für einen Moment das Herz stehen und ich vergaß zu atmen. In meinen Händen hielt ich die beiden magischen Federn aus Hogsmeade, die ich so sehr bewundert hatte und von denen ich wusste, dass sie ein Vermögen kosteten.
»Severus…«, sagte ich schließlich entsetzt, doch mir blieben die Worte im Hals stecken. Ich war völlig schockiert. »Ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll.« Ich sah Severus vollkommen verdutzt an, doch er schien zufrieden zu sein. »Du musst dazu nichts sagen, Marie.« Ich legte die Schachtel mit den zwei Federn auf den Tisch und stürzte mich in Severus Arme. Severus drückte mich fest an sich und für eine Weile hielten wir inne. »Warum hast du mir so ein teures Geschenk gemacht?«, fragte ich schließlich, noch immer völlig außer mir. Ich löste mich von Severus, der mich eingehend ansah. »Es geht nicht darum, dass es teuer war. Ich wollte dir eine Freude machen und es sollte etwas Besonderes sein.«
»Aber… woher wusstest du von den Federn? Oder ist das nur ein seltsamer Zufall?« Doch Severus zuckte nur mit den Schultern, mit einem Lächeln, welches mir verriet, dass er das Geheimnis wohl für sich behalten wollte. »Das ist nicht wichtig«, sagte er schließlich. »Ich bin dir so dankbar, Severus«, sagte ich freudestrahlend. »Aber das hättest du nicht tun müssen.« Severus ignorierte das, stattdessen ergriff er meine Hand und strich mit seinem Finger über meinen Ring. »Von wem ist der?«, wollte er wissen, nachdem er ihn betrachtet hatte. »Von Samanta«, gab ich zur Antwort. Severus lächelte leicht. »Ich finde die Federn äußerst praktisch«, wechselte er das Thema. »Wir können uns Nachrichten schreiben, ohne dass es jemand bemerkt. Zu jeder Zeit.«
»Weißt du, wie es funktioniert? Ich habe es mir zwar erklären lassen, aber ich kann es nicht ganz nachvollziehen.«
»Probieren wir es aus«, schlug Severus vor. Ich biss mir auf meine Lippen und nahm die Schachtel mit den Federn wieder in die Hand. »Jeder bekommt eine, richtig?«, wollte ich mich vergewissern. Severus nickte. »Darf ich die weiße haben?« Severus amüsierte das. »Selbstverständlich«, antwortete er. Ich gab ihm die schwarze Feder in die Hand und nahm die weiße. Auf dem Schreibtisch lagen mehrere Pergamentblätter, also nahm ich eines und legte es sorgfältig auf den Tisch. »Also…«, sagte ich unsicher. »Wenn ich das richtig verstanden habe, müssen wir uns… als Gesprächspartner anerkennen. Aber ich weiß nicht so richtig, wie das gehen soll.« Severus schmunzelte überheblich, weil er wahrscheinlich mehr wusste als ich. »Die Federn sind sowohl auf natürliche, als auch auf magische Weise miteinander verbunden. Das bedeutet, dass sie dazu in der Lage sein werden, ihre Besitzer anhand ihrer Handschrift zu erkennen und darüber hinaus auch den Partner.« Severus ging an den Tisch heran, legte ein weites Pergamentblatt neben das andere, tauchte den Federkiel in das Tintenfass, welches ebenfalls auf dem Schreibtisch stand und schrieb etwas auf das leere Pergament. Nach wenigen Sekunden erschien der geschriebene Satz auf dem Pergament daneben.
»Hiermit erkenne ich, Severus Snape, Marie Spring als meine Gesprächspartnerin an.«
Nachdem ich den Satz gelesen hatte, verschwand dieser erst auf dem Pergamentblatt, welches Severus beschrieben hatte, danach auf dem anderen, sodass beide Blätter wieder völlig unbeschrieben waren. Ich staunte nicht schlecht. »Jetzt du«, sagte Severus dann. Auch ich tauchte den Federkiel in das Tintenfass und tat es Severus gleich.
»Hiermit erkenne ich, Marie Spring, Severus Snape als meinen Gesprächspartner an.«
Auch dieser Satz verschwand, nachdem Severus ihn gelesen hatte. Am Ende waren die Pergamente wieder völlig leer. »Also heißt das…«, setzte ich an, »dass alles Geschriebene verschwindet, sobald der Adressat es gelesen hat?«
»Genau so ist es«, gab Severus zur Antwort. »Somit sind wir also darüber unterrichtet, sobald die Nachricht gelesen wurde. Zudem kann alles, was wir mit diesen Federn schreiben, von keinem anderen gelesen werden. Und wenn jemand anderes sie benutzt, ist sie nur eine gewöhnliche Feder. Die Magie funktioniert nur bei uns beiden und ist an uns gebunden.«
»Das ist toll«, sagte ich begeistert. »Allerdings finde ich es sehr schade, dass die Sätze wieder verschwinden. Ich würde die Briefe gerne aufheben wollen.« Severus schmunzelte wieder. »Das ist ein kleiner Nachteil, das stimmt. Aber so funktioniert nun einmal diese Magie.«
»Ich weiß noch immer nicht was ich sagen soll, Severus.« Ich war völlig überrumpelt von diesem großartigen Geschenk. Ich hatte es weder erwartet, noch hatte ich es mir gewünscht. Was ich wollte, würde man mit keinem Geld der Welt bezahlen können. Und doch freute es mich so sehr, dass Severus mir ausgerechnet die magischen Federn geschenkt hatte. Was mir am meisten daran gefiel war, dass sie uns beiden nützen würden. »Vor allem schäme ich mich gerade ein bisschen, weil ich kein Geschenk für dich habe.« Ich sah betreten zu Boden, doch Severus nahm mein Kinn in die Hand, um mir in die Augen zu schauen. »Und ob…«, sagte er nur und küsste mich daraufhin so leidenschaftlich, dass ich die Federn und alles andere für einen Moment vollkommen vergaß. Als sich seine Lippen wieder von meinen lösten, überkam mich ein Schwindelgefühl, welches alles andere als unangenehm war. »Hast du auch die Einladung von Prof. Dumbledore erhalten?«, fragte ich schließlich, um gleichzeitig von meinem taumeligen Gefühl abzulenken. »Ja“, sagte er knapp.
»Wirst du dabei sein?«, fragte ich hoffnungsvoll. »Als wenn ich es mir entgehen ließe«, gab Severus zur Antwort und seine Lippen kräuselten sich.
Spätestens, als ich wieder im Schlafsaal war, um meine Geschenke zu ordnen, war meine Traurigkeit völlig vergessen. Urplötzlich war ich sogar unheimlich glücklich - wenn nicht sogar der glücklichste Mensch in Hogwarts. Alle hatten an mich gedacht: Meine Familie, Samanta, sogar Prof. Dumbledore und was mir noch viel wichtiger war: Severus. Mir wäre nicht einmal im Traum eingefallen, dass er mir etwas zu Weihnachten schenken würde und dann auch noch etwas so wunderbares. Ganz abgesehen davon musste Severus irgendwie in Erfahrung gebracht haben, dass ich an den Federn Gefallen gefunden hatte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals an sie gedacht oder sie irgendwann einmal erwähnt zu haben. Deswegen konnte ich mir nicht erklären, wie Severus davon erfahren konnte. Auf der einen Seite beunruhigte mich diese Tatsache, auf der anderen Seite erfreute es mich allerdings umso mehr, dass wir durch die Federn zu jeder Zeit eine Verbindung herstellen und uns Nachrichten schreiben konnten. Um dies auch ja nicht zu verpassen, sorgte ich dafür, dass ein leeres Pergament auf meinem Nachtschrank lag, in stetiger Wachsamkeit, ob sich irgendwann Sätze bildeten. Regelmäßig schaute ich auf das leere Blatt, doch es beschrieb sich nicht. Schließlich stellte ich dahingehend keinerlei Erwartungen mehr an und war am Ende viel zu abgelenkt, als darüber weiter nachzudenken. Schließlich schweiften meine Gedanken ab. Ich überlegte, wie ich mich am besten für die Weihnachtsfeier kleiden sollte und probierte auf Grund dessen mehrere Sachen durch, bis ich mich schließlich für das neue Korsett und einem schlichten schwarzen Rock entschied. Ich musste schnell einsehen, dass es nicht nur sehr gut an mir aussah, sondern auch meine schlanke Figur betonte. Aus irgendeinem Grund war es mir wichtiger denn je, besonders gut auszusehen.
Nachdem meine Planungen soweit abgeschlossen waren, begab ich mich noch einmal in Myrtes Zimmer, allerdings nicht um zu üben. Prof. Dumbledore hatte deutlich erwähnt, auch alle Geister eingeladen zu haben und ich befürchtete, dass Myrte davon wahrscheinlich gar nichts wusste. Also wollte ich sie darüber in Kenntnis sitzen, wobei ich den Anschein hatte, eher auf taube Ohren zu stoßen. Myrte weigerte sich sehr strikt dagegen, zur Feier zu erscheinen. Sie hatte sich zu sehr in den Kopf gesetzt, dass sie eh niemand sonderlich vermissen würde.
»Das stimmt nicht«, hatte ich zu ihr gesagt. »Ich wäre sehr traurig, wenn du nicht erscheinen würdest. Und deine beste Freundin wäre es ebenso.« Dabei hatte ich in Maggies Richtung genickt. Doch Myrte war ein sehr stures Geistermädchen und wollte mich im Glauben lassen, das Weihnachtsfest lieber ganz allein im Stillen zu verbringen. Also gab ich nach und verließ das Zimmer ohne weiteren Kommentar. Anschließend hatte ich mich zurück in den Gemeinschaftsraum begeben, um gemütlich vor dem Kaminfeuer im neuen Buch zu lesen, welches mir Prof. Dumbledore geschenkt hatte. Der Weihnachtsbaum strahlte noch immer in den hellsten Farben und tauchte das Zimmer zur Abwechslung mal in eine lebhafte Atmosphäre, die mich glücklich machte. Maggie jagte hin und wieder einem hellen Lichtlein hinterher, bis sie schließlich zu müde war und es sich im Sessel bequem machte. Eine Stunde vor der Feier machte ich mich zurecht und freute mich auf den kommenden Abend so sehr, dass sich diese Freude beinahe in volle Aufregung verwandelte. Ich stellte mich vor den Spiegel und fragte mich, ob mein Aufzug für eine Weihnachtsfeier im kleinen Kreis, noch dazu in einer Schule, nicht zu übertrieben oder gar unangepasst war. Ich war ganz in schwarz gekleidet und würde das Korsett keinen anmutigen Eindruck machen könnte man meinen, dass ich auf eine Trauerfeier gehen würde. Meine Augen hingegen strahlten so blau, wie das Eismeer und mein rotes Haar fiel mir galant über die Schulter. Ich war noch immer ganz ich, aber deutlich reifer. Ich sah aus, wie eine selbstbewusste Frau die wusste, was sie will. Es war das erste Mal in meinem bisherigen Leben.
Es war schon um acht Uhr, als ich mich auf dem Weg in die große Halle machte. Innerhalb der Gänge war es völlig ruhig. Erst als ich die Eingangshalle des Schlosses betrat, konnte ich mehrere Stimmen vernehmen, die aus dem Saal kam. Anstatt wie sonst üblich zügig hinein zu gehen, spähte ich diesmal vorsichtig hinein um auszumachen, wie viele Menschen anwesend waren. Soweit ich es grob einschätzen konnte, waren alle Schüler bereits da und sahen halbwegs normal aus. Selbst die Mädchen hatten sich zwar einigermaßen zurechtgemacht, aber ich kam mir eindeutig zu overdressed vor. Ich erspähte Prof. McGonagall, die einen sehr hübschen grünen Samtumhang trug. Prof. Knight trug einen Anzug in dunkellila, der ihm unwahrscheinlich gut stand, wie ich sofort feststellte. Ich trat ganz vorsichtig näher und spielte nervös mit meinen Händen. Mir fiel sofort auf, dass die große Halle wieder komplett anders gestaltet war. Der Fußboden war weiß und spiegelte, sodass man meinte, auf Eis zu gehen. Von der Decke fielen Schneeflocken herab, die aber nicht die Haut berührten. Selbst die Wände schienen aus Eis zu sein, im hinteren Bereich der Halle konnte ich erkennen, dass selbst der Tisch aus Eis gemeißelt zu sein schien, ebenso die Stühle. Alles war wunderschön und lenkte mich für einen Moment von meiner Nervosität ab. Zudem war es gemütlich warm, obwohl weit und breit kein Kamin zu sehen war. Ich dachte gar nicht darüber nach, dass ich an diesem hellen Ort ein sehr dunkler Fleck war und sehr schnell Aufmerksamkeit erregte.
»Marie«, rief eine sehr vertraute Stimme. Prof. Dumbledore trat näher und schaute mich fasziniert an. »Meine Güte…«, sagte er schließlich, »ich werde gerade wieder daran erinnert, dass du schon eine junge Frau bist. Sehr elegant noch dazu.« Er zwinkerte und ich errötete. »Danke, Professor.« Ich wollte gerade zum Reden ansetzen, um mich für sein Weihnachtsgeschenk zu bedanken, als Prof. Dumbledore unterbrach.
»Ah!«, machte er plötzlich. »Da vorne ist Severus. Severus! Komm doch bitte einmal her, ja?« Ich drehte mich ruckartig herum und sah einen ziemlich angespannten Severus auf uns zukommen, den ich noch gar nicht bemerkt hatte. Sehr wahrscheinlich war er irritiert, dass Prof. Dumbledore ihn zu uns gerufen hatte und dennoch strahlte er einen solchen Stolz aus, dass ich ihm am liebsten glatt verfallen wäre. »Severus, ich würde gerne deine Meinung hören.« Mit beiden Armen wies es in meine Richtung. »Findest du nicht auch, dass Marie heute wie eine Lady aussieht?« Severus schaute mich an und schluckte nervös. Zum einen irritierte es mich, dass Prof. Dumbledore Severus duzte - ich konnte mich nicht daran erinnern, dass er das auch bei den anderen Lehrern tat. Zum anderen überraschte mich seine überhebliche Art, konnte mir trotz alle dem dennoch ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ich hatte Severus noch nie so verlegen gesehen, wie in diesem Augenblick. »Offensichtlich tut sie das«, sagte er und wirkte ein wenig verlegen. »Ich glaube wir sind alle vollzählig. Dann können wir mit dem Essen anfangen.« Daraufhin verschwand Prof. Dumbledore so plötzlich, wie er erschienen war und schlug Severus brüderlich auf die Schulter. Die gesamte Situation war so zusammenhanglos, dass ich für einen Moment dachte, sie wäre nicht real. Ich sah Severus verblüfft an, aber Severus zuckte nur mit den Schultern. Als Prof. Dumbledore sich schließlich weiter entfernt hatte, sah mich Severus noch einmal von oben nach unten an, zog eine Braue leicht nach oben und lächelte süffisant. Dem Drang widerstehend, ihm um den Hals zu fallen, ging ich sehr nah an ihm vorbei, um in die Richtung des großen Esstisches zu gehen, der für uns angerichtet war. Ich suchte mir einen freien Platz. Wenige Sekunden später hatte auch Severus neben mir Platz genommen. Nachdem sich alle gesetzt hatten, eröffnete Prof. Dumbledore das Festmahl. Wie üblich deckte sich der Tisch ganz von alleine mit einer großen Auswahl verschiedener Köstlichkeiten: Gefüllte Truthähne, Lachs, verschiedene Gemüsesorten, Weihnachtspudding sowie gewürzter Weihnachtspunsch und Apfelmost. Ich probierte von jedem ein bisschen und stellte fest, dass alles wunderbar köstlich war. Ich fühlte mich ein wenig an zu Hause erinnert, da meine Mutter zu Weihnachten immer festlich gekocht hatte. Während des Essens leisteten uns die Schlossgeister Gesellschaft, stimmten dann und wann ein Lied an und sorgten für eine besinnliche und ruhige Stimmung. Nach dem Essen löste sich der Tisch nach und nach auf - die einen bildeten kleine Grüppchen, um miteinander zu plaudern, andere schauten sich die große Halle genauer an. Prof. Dumbledore machte sich die Mühe, zu jedem einzelnen hinzugehen und sich über das Wohlbefinden zu erkundigen. Weil Maggie auf meinen Schoß gesprungen war, blieb ich vorerst am Tisch sitzen, bis eine silbrige Gestalt meine Aufmerksamkeit erregte. Sie bewegte sich langsam hin und her und erst beim zweiten Hinschauen bemerkte ich, dass es sich bei dieser Gestalt um Myrte handelte. Und weil sie einen so schüchternen Eindruck auf mich machte, stand ich schließlich auf und ging auf sie zu.
»Myrte«, sagte ich erfreut. »Wie schön, dich hier zu sehen. Dann hast du es dir also anders überlegt?« Myrte lächelte verlegen. »Ich habe die Geister singen gehört, also wollte ich einmal nachsehen. Es sieht hier alles sehr schön aus.«
»Ja, allerdings«, bestätigte ich. »Ich freue mich jedenfalls sehr, dich hier zu sehen.« Myrte lächelte wieder und schwebte weiter in die Halle hinein. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte ich, dass Severus aus der großen Halle ging, aber so wie mir schien darauf wartete, dass ich ihm folgte. Unauffällig folgte ich ihm in die Eingangshalle und schließlich hinaus auf das Schlossgelände. Er wartete auf mich am Eingang.
»Gehen wir ein Stück zusammen?«, fragte er mich. Ich nickte fröstelnd, daraufhin gab mir Severus seinen Mantel, damit ich nicht frieren musste. Wir waren draußen ganz allein und gingen einige Schritte. Wir verließen den Hof und standen auf einem Hügel, auf diesem man das Gelände sehr gut überblicken konnte. Es fing wieder an zu schneien und ich schmiegte Severus Umhang enger an mich.
»Du kennst Myrte?«, fragte er mich schließlich. Ich nickte. »Ja. Ich habe sie kennen gelernt.«
»Ungewöhnlich, aber das liegt dir ja nahe«, entgegnete er darauf leicht neckisch. Ich erwiderte seine Worte mit einem leichten Lächeln. Seine Augen waren voll und ganz auf mich fixiert, was mich zusätzlich erregte. »Ist dir nicht kalt?«, fragte ich, doch Severus schüttelte kaum merkbar den Kopf. »Ich werde es überleben. Du hast weniger an als ich.« Ich lächelte wieder. »Marie…«, sagte Severus etwas ernster. »Warum hast du letzte Nacht geweint?« In diesem Moment war ich erst völlig entgeistert. »Woher willst du wissen, dass ich geweint haben soll?«, fragte ich. »Ich habe es heute Morgen an deinen Augen gesehen.« Es erstaunte mich immer wieder, wie aufmerksam Severus war, allerdings sprach ich nicht gerne über meine Gefühle und war zunächst verunsichert. »Ich wollte dir diese Frage zu dem Zeitpunkt allerdings ungern stellen. Dennoch möchte ich es gerne von dir wissen.« Ich sah ein, dass es nichts bringen würde, von dem Thema abzulenken und entschied mich dafür, ganz ehrlich zu sein. »Ich habe mich so allein gefühlt«, entgegnete ich mit leiser Stimme. »Mir hat meine Familie auf einmal so schrecklich gefehlt. Und außerdem…«, ich pausierte, ehe ich fortfuhr, »schienst du in den letzten Tagen sehr beschäftigt zu sein. Du warst deutlich abweisender als sonst und ich kam mir überflüssig vor.« Severus sah mich schuldbewusst an und es brach mir fast das Herz. »Das tut mir Leid, Marie. Ich wollte nicht, dass du dich so fühlst. Ich war… in den letzten Tagen sehr beschäftigt, das stimmt. Ich war etwas… durch den Wind. Kann man sagen.« Ich sah Severus an, dass er die Wahrheit sagte und es ihm tatsächlich sehr Leid tat. »Verzeihst du mir?«, fragte er schließlich.
»Da gibt es nichts zu verzeihen«, antwortete ich sofort. »Du hast nichts falsch gemacht. Du hast mir einfach… nur sehr gefehlt. Und ich habe mir nicht erklären können, warum du so abweisend warst. Deswegen danke ich dir für deine Ehrlichkeit und dafür, dass du es mir erklärt hast.« Severus trat nah an mich heran und strich mir durch mein Gesicht. Er gab mir einen langen Kuss, sodass mir plötzlich sehr warm wurde. »Du wirst nie wieder wegen mir weinen, das verspreche ich dir«, sagte er schließlich, während er mein Gesicht hielt. Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange, als es plötzlich heftig zu wehen begann und Schnee aufgewirbelt wurde. »Lass uns wieder rein gehen«, sagte Severus etwas enttäuscht. Bevor wir das Schloss betraten, gab ich Severus den Mantel zurück. Ich begab mich zurück in die große Halle, in der noch immer eine ausgelassene Stimmung herrschte. Prof. Dumbledore schien in ein Gespräch mit Prof. McGonagall vertieft und die Schüler hatten sich in Gruppen zusammen getan. Niemand schien die Abwesenheit von Severus und mir bemerkt zu haben. Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass Severus nicht zurückkam. Und weil alle anderen abgelenkt genug zu sein schienen, hielt ich es für das Beste, mich ebenfalls zu entfernen.
Verträumt begab ich mich auf dem Weg zurück zum Schlafsaal. Ich genoss für einen Moment das Alleinsein und dennoch sehnte ich mich nach Wärme. Ich sehnte mich nach Severus Blick, nach seinen Berührungen und seinen warmen Lippen, die meine Haut berührten. Je mehr ich daran dachte, desto heftiger erregte es mich. Für mehrere Minuten saß ich einfach nur auf meinem Bett, auf dem sich Maggie schon eingekuschelt hatte und tief und fest schlief. Doch dann erweckte etwas meine Aufmerksamkeit: Ich erinnerte mich daran, ein leeres Pergamentblatt auf meinen Nachtschrank gelegt zu haben, welches jetzt allerdings beschrieben war. Severus muss mir vor kurzem eine Nachricht hinterlassen haben. Ich nahm das Pergament in die Hand und las.
»Nachdem du zurück in die große Halle gegangen warst, habe ich mich spontan dazu entschlossen, mich zurückzuziehen. Ich konnte deinen Anblick heute kaum ertragen. Und dennoch war es wie für mich gemacht. Ich hatte den Eindruck, dass du mir gefallen wolltest. Ich glaube außerdem nicht, dass du gleich schon schläfst und ich werde merken, ob du diese Nachricht gelesen hast. Ich werde darauf warten. Und auf deine Antwort.«
Mir wurde wieder ganz warm ums Herz. Ich legte das Blatt zurück auf den Nachtschrank, tauchte den Federkiel in das Tintenfass und schrieb.
»Ich bin nicht mehr lange geblieben und hatte das Bedürfnis, allein zu sein. Ich habe gerade nachgedacht und dann deine Nachricht bemerkt. Und du hast vollkommen Recht, Severus. Ich wollte dir gefallen, auch wenn ich sehr unsicher war, ob es richtig ist ganz in schwarz auf eine Weihnachtsfeier zu gehen. Aber dann musste ich wieder an dich denken und hielt es für gut gewählt…
Ich habe es so sehr genossen, als du mich draußen geküsst hast. Mir wurde plötzlich ganz warm und ich wollte, dass es niemals aufhört. Und jetzt sitze ich hier allein im Schlafsaal, das erste Mal nach mehreren Monaten, die ich dich nun schon kenne.«
Ich hielt inne, legte die Feder ab und wartete ab, was passieren würde. Es dauerte nur wenige Sekunden, ehe die Worte vollständig verschwanden - das Zeichen dafür, dass Severus die Nachricht gelesen hatte. Es dauerte nicht lange, als ein Satz auf dem Blatt erschien.
»An was denkst du gerade?«
Ich überlegte nicht lange, ehe ich darauf antwortete.
»Ich denke gerade daran mein Alleinsein auszunutzen. Dafür zu sorgen, die Erregung, die du mir verschaffst, etwas zu mindern. Ich glaube ich werde es mir gleich selbst machen, Severus. Und dabei an dich denken…«
Ich musste insgeheim zugeben, dass meine Antwort äußerst gewagt war. Mein Herz raste wie wild, als ich die Feder beiseitelegte. Die Worte verschwanden wieder nach nur wenigen Sekunden, doch die Antwort zog sich so lange hin, dass ich schon befürchtete, dass keine mehr kommen würde. Doch dann, nach gefühlten zwei Minuten erschienen auf dem Pergament drei eindeutige Worte, die wie ein Blitzschlag auf mich einwirkten.
»Komm her. Sofort!«
Mein Herz setzte für einen kurzen Moment aus. Zügig eilte ich aus dem Schlafsaal und Gemeinschafstraum hinaus, lief den Gang entlang und machte erst gar nicht vor Severus Bürotür Halt. Als ich gerade die Türklinke ergreifen wollte, wurde die Tür von innen geöffnet. Severus erwartete mich bereits und ließ mich eintreten. Er verschloss die Tür wieder, machte einen Satz auf mich zu und drückte mich gegen das Bücherregal hinter mir. Für einige Sekunden sagte er gar nichts und meine Erregung stieg permanent an. Severus griff unter meinen Rock, massierte mir meinen Hintern und küsste meinen Nacken. Ich atmete gut hörbar und führte meine Arme an seinen Oberkörper. Als Severus mich ansah, schien mich sein Blick förmlich aufzufressen. Es war unsagbar erregend.
»Das Korsett steht dir wirklich ausgezeichnet«, sagte Severus leise und in einem Ton, der mir Gänsehaut verschaffte. Er strich mir durch die Haare und führte seine Hand schließlich an die Schließe meines Korsetts. Mit einer geschickten Handbewegung öffnete er diese, sodass das Korsett sich locker von mir löste und schließlich zu Boden fiel. Mit entblößtem Oberkörper stand ich vor ihm. Es war das erste Mal, dass ich keine Scham verspürte, es mir nicht unangenehm war. Das erste Mal wollte ich es mehr denn je. Severus streichelte meine Brüste und fing an, sanft meinen Nacken zu küssen, sodass ich anfing zu stöhnen. Nach einigen Sekunden spürte ich seine Hand zwischen meinen Beinen, wie sie sich unter meinen Slip schob und den feuchten Bereich darunter erkundete. Ich stöhnte nur noch mehr und umfasste Severus Hals. Geschickt drehte er sich so herum und ging einige Schritte mit mir, dass ich schließlich an seinem Tisch anstieß. Ich stützte mich mit den Händen ab. Als ich merkte, dass Severus sich heftiger an mich drückte, setzte ich mich auf die Tischkante und spreizte meine Beine ein wenig. Mit einer Hand nahm mich Severus im Nacken.
»Hast du etwa geglaubt, du könntest mich so einfach ausschließen?« Ich war zu erregt, um ihm eine Antwort zu geben. Daraufhin schlug Severus mit der Hand heftig auf deine Seite meines Hinterns, sodass ich vor süßem Schmerz kurz aufschrie. Der Nackengriff wurde stärker. »Das wollte ich nicht, Sir«, sagte ich flehend. Severus beugte sich tiefer zu mir, sodass ich gezwungen, war, mich weiter nach hinten zu lehnen. Er sah mir intensiv in die Augen, während er seine Hand zwischen meine Beine schob und anfing, ganz langsam meine Knospe zu reiben. Seine Augen strahlten eine solche Gier aus, dass es mich ganz ungehalten machte. Die Reibung wurde etwas intensiver, sodass ich heftiger zu stöhnen anfing. Nach einer Weile stoppte Severus plötzlich, griff mich erneut am Nacken und zog mich näher zu sich heran. Ich zitterte leicht und wollte, dass er weitermachte. Stattdessen küsste er mich erneut und flüsterte genießerisch in mein Ohr.
»Ich werde dich sehr bald ficken, Marie.« Daraufhin zog sich mein Unterleib zusammen und mein Herz raste. Gleichzeitig wurde der Griff in meinem Nacken fester, die andere Hand kratzte meinen Oberschenkel und krallte sich schließlich in meine Pobacke. Ich erschrak, zuckte zusammen, wurde aber gleichzeitig von Severus gehalten, sodass ich nicht davonkam. »Ich werde am Anfang noch zärtlich zu dir sein. Aber anschließend werde ich mir nehmen, was ich will. Immer, überall und wie ich es will. Verstanden?«
»Ja, Sir«, sagte ich sofort und Severus lächelte gemein. »Für heute werde ich dir eine kleine Kostprobe geben«, sagte er dann. »Ich will dass du deine Augen schließt und dich nicht bewegst«, fuhr er fort. Ohne etwas zu erwidern, schloss ich meine Augen. Severus ließ unstet von mir ab und ich vernahm nur noch vage Schritte, wie sie sich von mir entfernten und nach wenigen Sekunden schließlich wieder näher kamen. Severus griff mich an den Haaren, doch ich hielt meine Augen weiterhin geschlossen. Auf einmal spürte ich etwas Hartes und Kaltes meinen Hügel vorerst leicht massierend, dann etwas schneller, sodass ich erneut stöhnte. Nach gefühlten dreißig Sekunden drang das harte, kalte Etwas in mich ein - langsam und zunehmend tiefer. Aus der Überraschung heraus verkrampfte ich innerlich. Severus reizte meine Knospe etwas mit der anderen Hand. »Stell dir vor, wie ich in dich eindringe, Marie. Erst ganz langsam und immer tiefer. Das möchtest du doch, oder?«
»Ja, Sir«, stöhnte ich und ließ zunehmen lockerer, entspannte am Ende völlig. Was auch immer in mir war, es fühlte sich plötzlich ganz warm an. Nach einer Weile merkte ich in mir regelmäßige Bewegung. Severus stieß den Gegenstand deutlich stärker, sodass ich vorerst wimmerte, ehe es zu einem gleichmäßigen Stöhnen wurde. Ich öffnete meine Augen und sah in die von Severus. Er hielt meinen Nacken fest und stimulierte mich weiter, bis ich an jenen Punkt kam, an dem ich völlig ungehalten erneut zu wimmern begann und schließlich heftig orgasmierte. Anschließend brach in mir vor lauter Erschöpfung alles zusammen. Der Griff an meinen Haaren lockerte sich und meine Schenkel wurden wieder befreit. Ich realisierte kaum noch etwas. Severus half mir, mich aufzusetzen und drückte mich eng an seine Brust. Ich schmiegte mich an ihn und schloss meine Augen.
»Bleib heute Abend bei mir«, sagte er dann, wieder vollkommen sanft. Erschöpft sah ich ihn an. »Bist du dir sicher?«, fragte ich. Severus streichelte sanft mein Gesicht. »Ja. Aber du wirst mich nicht in Versuchung bringen«, warnte er mich. »Tue ich nicht, versprochen«, entgegnete ich daraufhin. Severus führte mich, nachdem ich mich etwas auskuriert hatte, in sein Schlafzimmer. Ich zog mir den Rock aus, legte mich ins Bett und war so müde, dass ich vermutete, schon bald einzuschlafen. Severus nahm auf der Bettkante Platz. Nachdem ich seine Taille umfasst und mich eng an ihn geschmiegt hatte, streichelte er sanft meinen Kopf. Um mich herum nahm ich nichts anderes mehr wahr. Ich murmelte noch etwas vor mich hin, ohne es richtig zu realisieren, ohne auch nur annähernd darüber nachzudenken. Alles was ich spürte war nur noch ein fester Händedruck, der mich so schnell nicht mehr loslassen würde.
Fortsetzung folgt...
Die letzten Tage des Jahres kamen stetig näher und ich genoss die Melancholie, die sich über Hogwarts gelegt hatte. Bald würde das Schloss wieder mit Leben erfüllt, bald würde wieder alles anders sein. Es war einer der seltenen Tage, an denen ich mich außerhalb des Schlosses aufhielt. Draußen fiel mir das Denken oftmals deutlich leichter. Ich dachte über all das nach, was sich in den letzten Monaten ereignet hatte.
Es war ein völlig normaler Tag gewesen, als plötzlich Prof. Dumbledore vor meiner Tür gestanden und sich mir als Schulleiter von Hogwarts – der Schule für Hexerei und Zauberei - vorgestellt hatte. Er erklärte mir, dass ich magische Fähigkeiten hätte und hatte mir daraufhin einen Platz an seiner Schule angeboten mit der Verdeutlichung, dass es von großer Wichtigkeit sei, das Angebot wahrzunehmen. Demnach hatte ich so gesehen keine andere Wahl gehabt, als anzunehmen. Ich erinnerte mich noch gut daran, für wie unglaubwürdig ich es erst gehalten hatte, dass ich angeblich eine Hexe sein sollte, denn für mich gab es weder Magie, noch Zauberer oder Hexen und hatte auch nie daran geglaubt, dass es so etwas wie eine magische Welt geben könnte. Ich konnte mir die gesamte Situation erst nicht erklären, aber mittlerweile wusste ich, dass ich für den Tod meines Steifvaters verantwortlich war. Das war auch der Grund, warum es für mich so wichtig war, meine Kräfte beherrschen zu lernen, denn sie gerieten an jenem Tag vollkommen außer Kontrolle und hatten die Aufmerksamkeit in der Magierwelt erregt. Prof. Dumbledore vermutete, dass mehrere Umstände in meiner Vergangenheit dafür gesorgt hatten, meine Kräfte zu unterdrücken. Deswegen kam ich erst sehr spät hierher nach Hogwarts. Ich musste mir eingestehen, bisher schon viel gelernt zu haben, dennoch war ich mir über vieles noch nicht richtig im Klaren. Als ich den Zauberstabladen Ollivander’s besuchte, der mittlerweile von einem gewissen Ronald geführt wurde, hatte mich ein seltener und wertvoller Zauberstab zur Besitzerin auserkoren. Was ihn so selten machte, waren seine Zusammensetzung aus weißem Holz, Einhornherzfaser sowie laut seiner Geschichte einer dritten Komponente: Einer menschlichen Seele. Doch niemand konnte diese höchst ungewöhnliche Theorie widerlegen; das einzige was man wusste war, dass niemand außer mir den Stab bisher benutzen konnte. Wenn ich ihn in den Händen hielt, fühlte er sich so vertraut an. Mir war bisher jeder Zauber gelungen und es fühlte sich sogar so an, als hätte ich in meinem Leben noch nie etwas anderes getan. Deswegen verstand ich dieses Geheimnis des Zauberstabs umso weniger.
Innerhalb kürzester Zeit hatte sich viel verändert und ich musste mich an ein komplett anderes Leben gewöhnen. Erneut die Schulbank zu drücken – nicht einmal ansatzweise wäre mir das in den Sinn gekommen. Ich wusste bisher nur, dass ich zu etwas Größerem bestimmt war…
Und noch eine Sache hatte sich verändert: Ich war nicht mehr allein. Durch Samanta hatte ich eine sehr gute Freundin gewonnen. Gemeinsam hatten wir sehr viel Zeit verbracht und uns unsere größten Geheimnisse anvertraut: Samanta hatte gestanden, ausschließlich etwas für Frauen zu empfinden und derzeit in eine Mitschülerin aus dem Hause Ravenclaw verliebt zu sein, die sehr wahrscheinlich genauso empfand. Samanta überkamen Zweifel, ob Hogwarts tolerant genug sei, um eine gleichgeschlechtliche Beziehung zu akzeptieren. So blieb mir nichts anderes übrig, als sie zu ermuntern, es doch einfach mit ihr zu versuchen. Ich hatte ihr versprochen, sie in jedem Falle zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass sie niemand belächelte oder Schlimmeres. Ich hingegen hatte Samanta gebeichtet, Gefühle für Prof. Snape zu empfinden, der nicht nur unser Zaubertranklehrer, sondern auch Hauslehrer von Slytherin war. Doch eigentlich war es viel eher Samanta selbst gewesen, die insgeheim etwas geahnt hatte. Ich konnte es nicht über das Herz bringen, sie anzulügen, also hatte ich gestanden. Severus und mich verband ein ganz besonderes Verhältnis. Gewiss, es war kompliziert und es war ein Geheimnis, welches wir teilten und bewahrten. Bei Severus fühlte ich mich stets sicher und seine Anziehungskraft auf mich war gewaltig. Ich empfand etwas sehr Großes – etwas so Großes, dass es mir fast schon Angst machte. Ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt so fühlen durfte. Es fühlte sich manchmal richtig, manchmal aber auch falsch an. Wie wichtig ich ihm letztlich war, darüber war ich mir oft gar nicht so sicher. Severus hatte sich verändert, wie mir Samanta sagte. Doch Severus schien gut darin zu sein, seine Emotionen zu verbergen, was mich oft verunsicherte. Was war es nur, was sich hinter seinem kalten Blick, hinter seinen schwarzen Augen, verbarg?
Völlig in meinen Gedanken versunken, merkte ich plötzlich eine heftige Windböe, die meinen Umhang sowie meine Haare aufwirbelte, sodass sie mir in das Gesicht wehten. Ich schrak auf, als wenn man mich bei einer Sache ertappt hätte und sah mich um. Ich spürte die Anwesenheit von jemanden oder etwas, aber es war niemand hier. Aufgewühlt ging ich zurück ins Schloss, bis ich in der Eingangshalle stand und erstarrte. Es kam mir so vor, als hätte ich einen schwarzen Umhang Richtung Kerkertreppe verschwinden sehen. Als ich horchte, konnte ich keine Schritte vernehmen, demnach musste es wohl Einbildung gewesen sein. Mir wurde bewusst, wie sehr in den Schulanfang herbeisehnte. Ich schien schon vollkommen den Verstand zu verlieren.
Es war der letzte Tag in jenem Jahr, als sich etwas ereignen, welches sich als Meilenstein in mein Leben setzen sollte. Wie ein Denkmal, welches man errichtet hatte, um sich hin und wieder an jenes Ereignis, für das es stand, zurückzuerinnern. Und nicht zu vergessen…
Jener Tag hatte zunächst wie jeder andere auch begonnen: Mit einem ordentlichen Frühstück und der Frage im Kopf, was sich an einem freien Tag machen ließe. Allmählich stellte sich die Langeweile mit der stetigen Unlust, Zauber zu üben oder lange Spaziergänge im Schloss zu machen. Also entschied ich mich dafür, mich mit einem Buch über magische Tierwesen im Gemeinschaftsraum zurückzuziehen. Das Feuer knisterte im Kamin und spendete wohlige Wärme, während ich mich in den Sessel hineingekauert hatte. Schließlich vergaß ich vollkommen die Zeit und auch meine Gedanken. Ich war völlig fasziniert von dem Artikel, in dem es um Thestrale ging - skelettartige Pferdewesen mit ledrigen Flügeln. Nur Zauberer und Hexen, die jemanden sterben gesehen hatten, konnten diese Tiere sehen. Als sich auf einmal die Wand des Gemeinschaftsraums öffnete, blickte ich auf und war zuerst irritiert, weil sich erst niemand erkennen ließ. Schließlich huschte meine Katze Maggie herein, direkt auf mich zu und schien etwas aufgeregt. Im Laufe der Ferien hatte sie die Stille und ihre Freiheit ohne Grenzen zunehmend genossen, sodass ich sie immer seltener zu Gesicht bekommen hatte. Maggie machte einen ungehaltenen Eindruck. Sie mauzte kurz und konnte einfach nicht stillstehen. Ich kannte dieses Verhalten mittlerweile. Es bedeutete, dass sie mir etwas zeigen wollte.
»Was gibt es denn, Maggie?«, fragte ich sie und legte das Buch beiseite. Maggie schüttelte sich zur Antwort und mauzte wieder. Nachdem ich mich erhoben hatte, lief sie zur Wand zurück, die noch immer offen stand. Ich ahnte schon, dass mir nichts anderes übrig bliebe, als ihr zu folgen, also tat ich es. Maggie ging den Flur entlang, die Kerkertreppe hinauf Richtung Eingangshalle des Schlosses. Ich folgte ihr, ohne mir die große Mühe zu machen, mit ihr Schritt zu halten, bis zur großen Treppe. Es ging hinauf in den ersten Stock, dann in den zweiten, in den dritten... und bemerkte, dass ich vorher noch nie so weit gegangen war und geriet etwas außer Puste. Doch meine Katze war geduldig und wartete so lange, bis ich meine Schritte – wenn auch nur langsam – fortsetzte. Schließlich erreichten wir das siebte und letzte Stockwerk. Ich folgte meiner Katze weiter den Flur entlang, der um die Ecke bog und wurde hinsichtlich meines Schritttempos zunehmend langsamer, als ich eine mir vertraute Person erblicke, die - wie mir schien - in ein Gespräch mit einem Portrait vertieft war. Es war Prof. Dumbledore. Als ich näher kam und etwa fünf Meter von ihm entfernt war, drehte er sich erwartungsvoll zu mir herum. In seinem Blick lag eine gewisse Ernsthaftigkeit, die seine Freude allerdings nicht übertönte. Maggie hatte sich vor seinen Füßen hingesetzt und sah mich mit ihrem neutralen Blick an. Als Prof. Dumbledore sich zu ihr herabbeugte, um sie zu streicheln, machte sie einen Buckel und schnurrte so laut, dass sogar ich es hören konnte. Insgesamt wirkte sie sehr zufrieden. Ich war vollkommen fasziniert von diesem Anblick.
»Exzellent, wozu treue Gefährten fähig sind, nicht wahr?«, ergriff Prof. Dumbledore das Wort, während er sich wieder erhob. Er faltete seine Hände ineinander und lächelte. Ich nickte. »Durchaus«, gab ich schließlich etwas nüchtern zur Antwort. »Deine Katze hat das schon einmal gemacht, nicht wahr?« Ich sah etwas verwirrt drein. Worauf wollte er hinaus? Ich nickte wieder. »Ja, das stimmt«, erwiderte ich in meiner Überlegung. »Als wir in London waren, kannte Maggie den Weg zum Bahnhof King's Cross und hat mich dorthin geführt.« Prof. Dumbledore nickte ebenfalls und lächelte noch großzügiger.
»Wahrhaftig, Marie. Allerdings meinte ich jenen Tag, als deine Katze dich zu einer gewissen Person geführt hat.« Prof. Dumbledore zwinkerte kaum merklich, ehe er fortfuhr. »Wenn mich nicht alles täuscht, war es an deinem Geburtstag.« Mein Herz setzte einen Schlag lang aus und ich musste mich beherrschen, nicht allzu nervös zu wirken. Woher wusste er das? Ich hatte allerdings keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, da Prof. Dumbledore erneut das Wort ergriff. Diesmal war es eine Frage, die er mir stellte.
»Ich nehme an, du wirst dich schon gefragt haben, wie das möglich sein kann und was für ein Phänomen womöglich dahinter stecken mag?« Nicht davon ausgehend, eine Antwort darauf zu geben, fuhr er fort. »Das Prinzip dahinter ist ein sehr Subtiles: Haustiere, die ihren Besitzer lieben, sind dazu in der Lage, sie an Orte sowie zu Personen zu führen, zu denen ein gewisses Vertrauensverhältnis besteht. In diesem Fall muss ich mich wohl für dein Vertrauen bedanken, Marie.« Dass Prof. Dumbledore dieses Thema ansprach, breitete mir zunächst Unbehagen. »Sie meinen also,« ergriff ich schließlich das Wort, »wenn ich Ihnen nicht vertrauen würde, hätte mich Maggie gar nicht erst zu Ihnen geführt?« Prof. Dumbledore nickte einmal. »Dem ist so. Tiere spüren, wem ihre Besitzer vertrauen und wem nicht. Und wie wir gerade wieder einmal gemerkt haben, kann sich das als höchst hilfreich erweisen.« Wieder nickte und lächelte er. »Dann haben Sie Maggie also hierher geführt? Warum?« Prof. Dumbledore hielt in seiner Freundlichkeit inne. Just in diesem Moment ertönte hinter mir ein Geräusch, welches mich dazu veranlasste, in die Richtung zu blicken, woher es kam. Ich sah über meine Schulter und betrachtete die Wand, wie sich eine Tür auftat, die immer deutlicher zum Vorschein kam. Völlig verdutzt sah ich Prof. Dumbledore an. »Haben Sie das auch gerade getan?«, fragte ich ihn in meinem Staunen, doch er verneinte. »Nein, Marie. Ich möchte dir allerdings etwas mit auf dem Weg geben, wenn du gleich durch diese Tür gehst.« Prof. Dumbledore ging langsam auf mich zu und stellte sich neben mich. Er sah mich eindringlich an. »Ich möchte, dass du gleich an nichts anderes denkst als an das, was sich innerhalb dieses Raumes abspielen wird. Sobald du durch diese Tür gehst, zählt nur noch der Moment. Nichts anderes.«»Aber…,« wollte ich protestieren, doch Prof. Dumbledore unterbrach mich. »Versprich es!«, sagte er bestimmt. »Ich verspreche es, aber warum soll ich durch diese Tür gehen, Sir?« Prof. Dumbledore sah mir in die Augen, während er sprach. »Weil dort jemand auf dich wartet.« Ich sah noch einmal zur Tür, die keinen Hinweis darauf gab, wohin sie führte oder was mich erwarten würde. Ich verstand nicht, warum sie auf einmal aufgetaucht war und welchem Zweck sie diente. Ich wollte mich noch einmal zu Prof. Dumbledore umdrehen, stellte aber fest, dass er urplötzlich ver
schwunden war. Ganz so, als wäre er gar nicht erst da gewesen. Ich sah mich um und sah nirgends eine Spur von ihm. Selbst Maggie hatte sich wieder entfernt und so blieb ich allein in dem unbekannten Flur mit der unbekannten Tür. Ich ging näher heran, öffnete und ging hindurch.
Ich betrat einen großen Raum, der zu allen anderen Räumen im Schloss überhaupt nicht passte. Sowohl der Boden als auch die Wände waren aus dunklem, edlem Holz. Ein roter Teppich lag aus und bahnte mir einen Weg - dazu einladend, diesem zu folgen. An der Decke hing ein Kronleuchter aus Kristallen, die das Licht in viele kleine andere Lichter brachen. Das verwunderte mich, denn ich sah im gesamten Raum kein einziges Fenster und fragte mich, woher das Licht wohl kommen würde. Ich ging langsamen Schrittes voraus, bis ich einen Kamin erkennen konnte, in dem ein Feuer brannte. Ich spürte sofort die angenehme Wärme, obwohl ich gute zehn Meter von diesem entfernt war. Während ich ging, ersuchte ich einen Hinweis darauf, ob noch jemand anwesend war, doch es herrschte vollkommende Stille, bis auf das Knistern des Feuers im Kamin. Als mich nur noch wenige Schritte vom diesem trennte, entdeckte ich in einer Nische einen runden, gedeckten Tisch. Er bot Plätze für zwei Personen. Ich schaute mich weiterhin um und als ich mich herumdrehte, sah ich Severus nur wenige Schritte von mir entfernt stehen. Mein Herz klopfte gut hörbar und gleichzeitig war ich vollkommen verwirrt. Ich diesem Moment wusste ich, dass Prof. Dumbledore irgendwie mit involviert war, doch ich konnte mir nicht erklären, in wie fern und warum es so war. Noch ehe ich darüber weiter nachdenken konnte, unterbrach Severus meine Gedankengänge.
»Du wirst dein Versprechen nicht brechen, Marie.« Mit fragendem Blick sah ich ihn an. »Was auch immer du jetzt denkst, es ist nicht wichtig. Vertraue mir.« Er streckte mir seine Hand entgegen, ich ergriff sie und vergaß abrupt meinen Gedanken. Plötzlich war es mir egal und ich hielt fest an diesem einen Moment. Ich spürte, dass er etwas Besonderes bedeutete. »Severus«, brauchte ich schließlich hervor, »wo sind wir hier und was hat das zu bedeuten?«
»Das ist der Raum der Wünsche«, gab er zur Antwort. »Dieser Raum passt sich den Bedürfnissen desjenigen an, der ihn am dringlichsten braucht. Ich wollte einen Ort, an dem wir ungestört und allein sein können. Zugegeben, habe ich ein wenig Hilfe benötigt. Mehr musst du vorerst nicht wissen.« Einige Sekunden der Sprachlosigkeit folgten, bevor ich darauf antwortete. »Soll das heißen, das alles hier war vorher gar nicht da?« Severus nickte leicht und führte mich schließlich an den runden Tisch. Er bot mir den Stuhl an und setzte sich mir gegenüber, nachdem ich Platz genommen hatte. »Ist das gerade also so etwas wie ein Date?«, fragte ich etwas zögerlich. Severus zog seine Brauen Richtung Stirn. »Wenn du es so nennen möchtest…«, antwortete er. Wenige Augenblicke später ertönte ein lauter Knall, der mich vor Schreck zusammenfahren ließ. Neben unserem Tisch war plötzlich ein kleines Wesen mit großen Augen und Ohren aufgetaucht, welches völlig seltsam aussah. »Guten Abend«, sagte das Wesen höflich mit piepsiger Stimme. »Ich bin Dookey und werde Sie heute Abend bewirten.« Er wandte sich Severus zu. »Es ist alles so vorbereitet, wie es von Ihnen aufgetragen worden ist, Professor Snape.« Dookey machte eine Verbeugung, nachdem er gesprochen hatte. »Was darf ich Ihnen zu trinken bringen?«, fragte er dann und sah mich mit seinen großen Augen erwartungsvoll an. In dem Moment war ich mir nicht sicher, was gerade passierte. Ich war ein wenig überfordert mit der Situation, die ich nach wie vor noch nicht richtig einordnen konnte. »Ich… weiß nicht«, gab ich unsicher zur Antwort. »Was gibt es denn zur Auswahl?«
»Was immer Sie möchten, Miss«, sagte das kleine Wesen glücklich. Ich sah Severus an, der ein leichtes Lächeln aufgesetzt hatte.
»Traubensaft?«, sagte ich, wobei es mehr eine Frage war. In dem Moment schnippte Dookey einmal mit seinen Fingern, als ein Krug in seiner – für seine Verhältnisse recht großen - Hand erschien. Das Glas, welches vor mir stand, schwebte durch die Luft und wurde mit der dunkelroten Flüssigkeit gefüllt, ehe es wieder zurück auf den Tisch befördert wurde.
»Und was darf es für Sie sein, Sir?« Er wandte sich nun Severus zu.
»Ich nehme einen Elfenwein«, sagte er. Gleich darauf verschwand erst der Krug in Dookeys Hand, bevor eine Flasche erschien und Severus Glas füllte.
»Das Essen wird sogleich serviert«, sagte Dookey und verschwand mit einem lauten Knall – so wie er erschienen war. Mich verwunderte das alles.
»War das gerade ein Hauself?«, fragte ich Severus. Er nickte leicht. »Ja. Ich habe mir einige von ihnen für heute ausgeliehen.« Ich nahm einen Schluck von meinem Saft, der unsagbar köstlich schmeckte - leicht süß und nicht zu sauer. Severus nahm ebenfalls einen Schluck von seinem Wein, ließ mich aber nicht aus den Augen. Innerhalb des Raumes herrschte eine Atmosphäre, die ich als sinnlich und romantisch bezeichnet hätte. Doch irgendwie passte das gar nicht zu Severus. Auf der anderen Seite hatte das alles sehr viel Stil, das wiederum sprach für ihn. Was den Hauselfen Dookey betraf, er schien ein sehr angenehmer und zuverlässiger Zeitgenosse zu sein. Es dauerte gar nicht lange, als er uns erneut mit seiner Anwesenheit beehrte. Obwohl er ein Hauself war und außer einem Lendenschurz nichts am Leib trug, machte er auf eine gewisse Art und Weise einen erhabenen Eindruck. Stolz spiegelte sich in seinem Gesicht wider und auch in jeder einzelnen Bewegung, die er ausführte. Er berührte kein einziges Glas und keinen Teller, sondern ließ sie durch feine Handbewegungen durch die Luft schweben. Dieses Schauspiel war so beeindruckend, dass es mich für jede Sekunde fesselte. So wurde als erstes ein Salat serviert, der so bunt und perfekt dekoriert war, dass man hätte meinen können, er wäre einem Werbeplakat entsprungen. Ich wusste nicht genau, woraus dieser Salat bestand und auch aus dem Geschmack ließ sich nicht ermitteln, um was es sich genau handelte. Es ließ sich eine leichte Süße, aber auch Würze und Schärfe herausschmecken – eine Komposition, die sich perfekt ergänzte. Zum Hauptgang wurde ein köstliches Steak serviert, welches wohlgesprochen auf der Zunge zerging. Ich wusste in dem Moment den Geschmack mit Worten nicht zu beschreiben. So sehr ich mich darauf auch konzentrierte – sogar mit geschlossenen Augen – mir fielen keine passenden Begriffe dafür ein.
»Wie ist es?«, unterbrach Severus die Stille nach einer geraumen Weile. »Es ist unglaublich,« erwiderte ich und Severus lächelte. Nach dem Hauptgang war ich bereits gut gesättigt, aber Dookey kam ein drittes Mal und servierte einen großen Eisbecher, der meine Augen groß werden ließ. »Und was ist mit dir, Severus?«, fragte ich ihn, nachdem ich festgestellt hatte, dass ihm keiner serviert wurde. Ich erhielt keine Antwort, sondern er dankte mit einer schlichten Handbewegung ab. Leicht irritiert nahm ich den Löffel und tauchte diesen in das Eis. Allein das schmatzende Geräusch, welches das hervorbrachte, war für mich pure Erregung – allerdings auf eine ganz andere Art. Mit nur wenig Kraftaufwand trennte ich knisternd die einzelnen Eiskristalle voneinander. Als ich davon probierte und feststellte, dass das Eis genau die Konsistenz hatte, die ich als perfekt erachtete, machte mein Herz einen Hüpfer vor Freude. In dem Moment realisierte ich, dass ich gerade das beste Eis aß, welches ich jemals gegessen hatte. Am Ende war ich vollkommen zufrieden. Ich war noch immer völlig perplex von der Tatsache, dass Severus all dies arrangiert hatte. Severus schaute mir lange und intensiv in die Augen, wie er es zuvor noch nie getan hatte. Nach einer Weile stellte er sein Glas ab, welches noch immer befüllt war. »Ich möchte dir sehr gerne etwas zeigen«, sagte er. Er erhob sich von seinem Platz, half mir auf und hielt meine Hand, ehe er mich in die Mitte des Raumes führte.
»Schließ deine Augen und denke an einen Ort, an dem du jetzt gerne wärst. Konzentriere dich ganz fest darauf.« Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich. Ich stellte mir vor wie schön es wäre, wenn jetzt der Frühling käme. Ich dachte an eine Wiese, auf der Blumen blühten und Schmetterlinge tanzten. Ich dachte an den Gesang hunderter Vögel, wie er alle anderen Geräusche übertönte. Und es war so warm, dass ich nur ein dünnes Kleid trug. Sonnenstrahlen kitzelten meine Haut, das Parfum der Natur reizte meine Nase und betörte meine Sinne. Seltsamerweise hatte ich den Eindruck, tatsächlich etwas zu riechen und öffnete meine Augen. Ich bemerkte, wie sich ganz plötzlich der Raum veränderte. Ich fand mich auf einer Art Terrasse wieder, dessen steinerner Boden in einen Garten überging. In diesem blühten die schönsten Blumen und mir wurde plötzlich sehr warm. Säulen, die von Efeu umringt waren, trugen ein Dach aus massivem Stein, welches über Severus und mir prangte. Zudem stellte ich fest, dass sich meine Kleidung ebenfalls verändert hatte – ich trug plötzlich ein Kleid aus Spitze, welches sich eng an meinen Körper schmiegte und den Boden berührte. Völlig verwundert sah ich Severus an, dessen Gesicht ein zufriedenes Lächeln umspielte. »Du hast eine starke Vorstellungskraft«, sagte er sanft. »Ich dachte an den Frühling. An eine Wiese mit Blumen…«, entgegnete ich daraufhin.
»Aber das hier ist viel besser.«
»Setzen wir uns«, schlug Severus vor und führte mich zu einer Bank, die ebenfalls von Efeuranken umgeben war. Ab und zu flog ein Schmetterling vorbei, der goldene Flügel hatte. »Ich habe sehr lange nachgedacht, Marie…«, ergriff er das Wort, nachdem wir uns gesetzt hatten. »Vielleicht kannst du jetzt verstehen, warum es mir so wichtig war, noch zu warten. Ich wollte, dass es ein besonderer Moment wird.« Severus Blick strahlte Sanftheit aus, was eine beruhigende Wirkung auf mich hatte. Er ergriff langsam meine Hand und streichelte diese mit seinem Daumen. »Du hast das hier alles sorgsam durchdacht, habe ich Recht?«, hakte ich nach. Severus nickte leicht und lächelte erneut. »Es war mir wichtig, einen anderen Ort zu finden, wo wir nur für uns sein können. Zu einer Zeit, die mir richtig erschien. Und dieser Raum erschien mir perfekt. Alles ist so, wie ich es wollte…«, Severus stockte und schluckte merklich. Marie…«, sagte er dann und unterbrach die wenigen Sekunden der Stille. »Es gibt da eine Sache, die ich dir sagen muss. Wäre es nach mir gegangen, so hätte ich es schon längst getan, aber ich konnte es nicht.« Das leichte Zittern in seiner Stimme verunsicherte mich, dennoch wollte ich nur wissen, was er mir zu sagen hatte. »Ich war nie ein Freund von überschwänglichen Gefühlen… bis ich dich getroffen habe«, sagte er dann. »Ich hätte niemals gedacht, dass ich noch einmal… dass ich noch einmal jemanden so sehr lieben würde.« Severus sah mir direkt in die Augen. Ich sah einen leichten Anflug von Unsicherheit, denn seine Augen zitterten leicht – als würden ihm beinahe die Tränen kommen. Im ersten Moment wusste ich darauf nichts zu erwidern. Ich war gerührt von seinem Geständnis, aber dass es schon einmal jemanden gegeben haben soll, davon hörte ich zum ersten Mal. »Du hast einmal eine Frau geliebt?«, fragte ich vorsichtig. Severus nickte. »Das ist allerdings schon lange her«, fügte er hinzu.
»Was ist passiert?«, fragte ich weiter, doch Severus schien darüber nur ungern sprechen zu wollen. »Das… ist jetzt nicht so wichtig, Marie. Nicht jetzt. Sie hat mich nicht geliebt, sondern jemand anderen. Aber bei dir ist es anders.« Ich lächelte und nickte leicht. »Ja, das stimmt… Bei mir ist das anders.«
»Und dennoch… habe ich… Unbehagen, Marie.«
»Weil ich so jung bin?«, hakte ich nach. »Es geht dabei um viel mehr«, erwiderte er. »Ich bin nicht sicher, ob ich ein guter Umgang für dich wäre. Ich bin auf vieles, was ich früher getan habe, nicht sehr stolz und vielleicht würdest du anders über mich denken, wenn du davon wüsstest. Ich habe Angst davor, dich wegen meiner vergänglichen Dummheiten zu verlieren.« Natürlich wusste ich nicht, wovon Severus sprach und was genau er meinte. Jugendsünden? »Severus…«, begann ich. »Bevor ich in diesen Raum gegangen bin, wusste ich nicht, was mich erwarten würde. Ich hatte nur Prof. Dumbledore auf dem Flur stehen sehen und war ziemlich geschockt.« Das unangenehme Gefühl kam zurück und ich versuchte so gut es ging, den Gedanken wieder beiseite zu schieben. »Ich musste ihm versprechen, über nichts anderes nachzudenken als über das, was hier passieren wird. Das was zählt, ist der Moment, Severus. Das weiß ich jetzt. Es ist mir egal, was früher gewesen ist, denn das ist nicht wichtig. Man kann die Vergangenheit nicht ändern. Man kann sie nehmen, wie sie ist, aus ihr lernen und es zukünftig anders machen. Sehe es als Chance, es anders und besser zu machen.« Severus drückte kurz meine Hand – ein Zeichen der Dankbarkeit. »Du siehst wahrlich das Gute im Menschen, Marie. Selbst aus einer Situation, die nur Schlechtes versprechen würde, würdest du noch das Gute erkennen. Dafür bewundere ich dich. Noch dazu… du bist wunderschön, sehr klug. Du bist etwas Besonderes. Du bist perfekt.«
»Ich bin nicht perfekt«, protestierte ich. »Du bist perfekt für mich. Das reicht…« Wir rückten näher zusammen und Severus drückte seine Stirn gegen meine. »Ich liebe dich, Marie…«, sagte er schließlich und mehrere Stromstöße durchzuckten meinen Körper, sodass mein Herz nur so raste. »Ich dich auch, Severus«, gab ich zur Antwort und Stille herrschte im Raum. Ich schloss meine Augen erneut und spürte bloßes Kribbeln in meinen Gliedern und schließlich einen intensiven Kuss auf meinen Lippen. Als ich nach dem Kuss die Augen öffnete, nahm ich erneute Veränderungen wahr. Severus erhob sich vom Platz, ohne meine Hand loszulassen. Die Elemente innerhalb des Raumes fügten sich neu. Aus weiß und grau wurden schwarz, aus grün rot. Die Blätter verwandelten sich in wehende Umhänge und aus den Schmetterlingen wurden Lichtfunken, die Kerzen als Lichtquelle bildeten. Stein wurde schließlich zu Holz und sämtliche Blumen fügten sich zusammen und bildeten ein großes Bett. Schließlich realisierte ich, dass aus der Terrasse ein Schlafzimmer geworden war, erschaffen aus Severus reiner Vorstellungskraft, die genauso stark war wie die meine. Wir sahen uns intensiv in die Augen und kannten unsere Gedanken in dem Moment ganz genau.
Unsere Körper hatten sich vereint in jener Nacht, als die letzten Stunden des Jahres vergingen. Das Kleid, welches nicht meines, sondern reiner Zauber gewesen war, hatte sich aufgelöst, bevor ich mich hingegeben hatte. Zwei Herzen hatten wie eines geschlagen und in unseren Gedanken ging es nur darum, was mit uns in jenem Raum, der jegliche Wünsche erfüllen konnte, passierte. Ich enthüllte mich samt meiner gesamten Verletzlichkeit und dass obwohl ich keinen Schmerz verspürte. Dank meiner völligen Hingabe war es mir möglich, sämtliche Gedanken fernzuhalten. Mir wurde nicht bewusst, als die letzte Sekunde des Jahres lief und ein neues ankündigte. Ich vergaß völlig die Zeit, meine Sorgen und Ängste und auch, dass ich mich von nun an einer Verantwortung stellen musste. Insgeheim spürte ich es.
Tag der Veröffentlichung: 05.02.2017
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich bedanke mich ganz herzlich bei J.K. Rowling, die mit ihren Harry Potter Romanen die ganze Welt verändert hat.
Ich bedanke mich außerdem an Harry Potter Wiki, denn mit Hilfe dieser wunderbaren Webseite war es mir möglich, Nachforschungen anzustellen und mit Informationen zu beschaffen.
Ich bedanke mich außerdem an Warner Bros. für die Verfilmung der Bücher. Dank euch wurde der Geschichte zusätzliches Leben eingehaucht.
Ich bedanke mich außerdem post mortem an Alan Rickman, der Professor Severus Snape so fantastisch und grandios verkörpert hat, dass wir Fans uns sicher sind, dass niemand es hätte besser machen können. Zudem diente mir seine persönliche Interpretation der Rolle meiner Inspiration. Ich bedanke mich für die vielen schönen Momente in meinem Kopf.
Danke auch an Roman Faber. Von ihm handelt das Coverbild, wobei ich es zusätzlich etwas bearbeitet habe.
Selbstverständlich möchte ich mich auch an allen Lesern bedanken!