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Abwesenheit ist vergleichbar mit Schmerz

Ich sitze nicht gerne alleine auf meinem Sofa.

Vor allem wenn es nicht nur mir gehört.

Ich weiß, dass du irgendwo da draußen bist und an mich denkst.

Ich stelle mir vor wie du irgendwo in der Wüste der Sahara wanderst und meinen Namen schreist.
Deine Sachen hast du da gelassen.

Es kommt mir so vor, als hättest du mich für immer verlassen.

Kommst du wieder?
Die Glühbirne über mir flackert.

Ich denke, dass gleich alles dunkel wird.
Einen Brief an dich zu schreiben wäre nicht nötig, weil du ihn nie lesen würdest.
Das weiß ich, weil ich dich besser kenne als jeder andere Mensch auf dieser Welt.
Ich weiß, dass du Ticks hast, die peinlich sein können.

Aber wer hat die nicht?
Ich weiß, dass du müde von deinem Leben bist.

Aber du kämpfst weiter und machst so als wäre nichts.
Deine Stimme würde ich überall und immer erkennen.
    Aber jetzt, jetzt sitze ich auf dem Sofa und frage mich wo du bist.
Ich sehe deine Jacke im Flur hängen und deine Schuhe neben der Tür stehen.
Dein benutztes Colaglas steht noch auf dem kleinen Holztisch vor dem Sofa, auf dem ich alleine sitze und mich frage wo du bist.
In meiner Fantasie kämpfst du gegen einen Piraten auf einem riesigen Schiff  und bist dabei die Welt zu retten während ich auf dem Sofa sitze und hinauf zur Decke starre.
Aus dem Schlafzimmer höre ich ein leises Geräusch.

Es ist das Aquarium, dass du dir zu deinem achtzehnten Geburtstag gekauft hast.
Die Einsamkeit wird immer größer.
Wir haben uns oft gestritten, uns angeschrien und manchmal auch verletzt.
Bitte sei nicht deswegen weg.
Eifersucht sollte einem Menschen nur zeigen wie wichtig er mir ist.
Du bist mir wichtig.
Ich höre dein lautes, kehliges Lachen.

Und ich weiß, dass ich es in meinem Kopf höre.

Es ist nicht echt.
Noch immer sitze ich alleine auf dem Sofa und denke an dich.
Ich denke an die Zeit mit dir in dem kleinen Motel in Oklahoma.
Du schöne Gestalt machst einfach alle verrückt.
Vor mir ist der alte Fernseher von früher.

Weißt du noch? Ich erinnere mich daran, als wir ihn gekauft haben.

Es war ein Kopf an Kopf Rennen bei einer Aktion in Brooklyn.
Jetzt, ohne dich, bedeutet mir dieser Schrott nichts.
Ohne dich will ich nichts.
Auch nicht das Sofa auf dem ich sitze.

Und auch nicht dieses Aquarium.
Ich versuche aufzustehen, aber ich bekomme es nicht hin.
Meine Beine fühlen sich schwer an, mein ganzer Körper.
Meine Füße berühren leicht den kalten Boden.
Das Sofa und ich sind eins.
Ich rede wie ein Wasserfall, aber nie hast du dich deshalb beschwert.
Mein Verhalten war noch nie normal gewesen.
Also warum bist du weg?

Wo bist du?
Ich dachte du würdest es toll finden wie ich dich mit der Konstellation des Weltalls vergleiche.
Für mich bist du schöner, als alle Planeten zusammen.
Ich brauche nur dich.
Weißt du noch der Liebesbrief in der dritten Klasse?
Du hast ihn mir in den Rucksack geworfen bevor ich nach Hause rennen konnte.
Erst kurz vor dem Schlafengehen habe ich ihn zwischen meinem Englischbuch und meinem Rechenheft gefunden.
Wie kann ein kleines Kind solche Gefühle haben?

Solche Worte und solche Gedanken.
Von da an war mir klar, dass du der eine warst und bist.
Aber wo bist du jetzt?
Ich spüre wie mein Körper von selbst aufsteht.

Wie in Trance verlasse ich das Sofa und laufe in kleinen Schritten zum Aquarium.
Ein Goldfisch schwimmt gegen den Strom.
Es tut mir Leid für deinen Goldfisch.

Er ist einsam wie du und ich.
Aber bist du wirklich einsam?
Ich weiß es nicht.
Wo bist du?
Ich weiß es nicht.
Während ich mit der Spitze meines rechten Zeigefingers gegen das Glas des Aquariums klopfe, stelle ich mir vor wie du in einem spanischen Club mit einer wunderschönen Frau tanzt.

Sie hat schwarze lange Haare und trägt ein rotes Kleid, so wie die Farbe ihres Lippenstiftes auch rot ist.

Ihr kreist um die Menge der schwitzenden, tanzenden Menschen und lebt eure Leidenschaft.
Du warst immer ein guter Tänzer.
Und jetzt wo du weg bist, bist du vielleicht noch besser.
Wie lange du jetzt weg bist weiß ich nicht.
Ich kann die Zeit nicht mitzählen, es tut zu sehr weh.
Wenn du nur wüsstest wie sehr ich dich vermisse.
Aber du weißt es nun mal nicht.
Und du wirst es nie wissen.
Eine Statistik hat gezeigt wie viele Männer ihre Frauen verlassen, weil sie keine Lust mehr auf Zweisamkeit hatten.
Gehörst du etwa zu diesen Männern?
Wo bist du nur?
Ich fühle deine Abwesenheit jede Sekunde, jede Minute mehr.
Die Fische im Aquarium schwimmen jetzt alleine durcheinander.
Hast du sie schon gefüttert?
Ich halte Ausschau nach der kleinen Dose.
Sie ist verschwunden, genau wie du.

 

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Tag der Veröffentlichung: 29.02.2020

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