Cover

1.

„Sakura! Beeil dich! Wir kommen sonst zu spät!“
„Ich komm ja schon!“
Lara drehte sich noch einmal kurz zu mir um und rannte dann zur Sporthalle.
Wie immer war ich die Letzte. Ich hasste Sport. Nicht das ich es nicht wollte, aber ich konnte einfach nichts sportliches tun. Immer fiel ich hin. Immer bekam ich blaue Flecken. Immer wurde ich bei Ballspielen als Letzte gewählt. Nicht das die Mädels was gegen mich hatten, aber wer mich im Team hatte, der hatte schon verloren. Als ich in der Umkleidekabine ankam war keiner mehr da.
Ich stellte meine Sporttasche ab und betrachtete die Wände.
„Herr A. Ist ein ******, N+H 4 ever, F*** of U.“
Das waren so die typischen Sprüche, die man immer und überall sehen konnte. Die Schüler wollten Aufmerksamkeit. Den Putzfrauen ging es am Arsch vorbei. Und mir ehrlich gesagt auch.
Langsam zog ich meine Sporthose, mein T-shirt und meine Sportschuhe an.
Plötzlich hielt ich inne. „Ich könnte doch eine falsche Entschuldigung schreiben und so tun als wäre mir schlecht... Dann brauchte ich mich nicht unnötig zu blamieren...“,dachte ich.
Aber da ich sowieso schon alles an hatte und weder Zeit noch Lust hatte irgendetwas hinzukritzeln, ging ich einfach runter und stellte mich dem Sportunterricht.
„Na endlich. Sakura. Triffst du auch mal ein?“, sagte Frau Meier genervt.
Ich biss die Zähne zusammen um nicht loszubrüllen. Sie war auch einer dieser Leute, die meinen Namen total falsch aussprachen. Auf deutsch eben. Dabei ist das ganz eindeutig ein japanischer Name. Egal wie oft ich sie korrigierte, sie sprachen es munter falsch aus.
Den Namen gab mir mein japanischer Großvater. Nach meiner Geburt wussten meine Eltern nicht welchen Namen sie mir geben sollten. Da kam mein Großvater, sah mein Babygesicht und meinte: Ihr Gesicht blüht wie eine Kirschblüte im Frühling. Sakura. Ja, nennt sie Sakura.“
„Ja, Frau Meier...“, sagte ich schnell und gesellte mich hinter Lara.
Lara fasste kurz meine Schulter und zauberte ein entschuldigendes Lächeln auf ihr Gesicht.
Sie hatte diese Pünktlichkeitsangewohnheit, aber mit mir im Schlepptau war es unmöglich irgendwie pünktlich zu sein. Ich nickte leicht in ihre Richtung, als Zeichen der Entschuldigungsannahme.
„Heute ist Handball im Programm, also schnappt euch einpaar Handbälle und wärmt euch auf!“
Schon rannten alle Richtung Handballschrank. Ich ging langsam zum Schrank und hoffte auf wenigstens einen aufgepumpten Ball. Tatsächlich, ich erwischte einen.
Das Aufwärmen dauerte nicht lange und wir kamen gleich zum Spiel.
Und natürlich erfolgte das, was kommen musste: Stefanie trifft mich am Oberarm.
Ich falle hin und halte meinen Arm. Blaue Flecken. War doch klar.
„Alles ok?“, fragte Stefanie. Ich nickte nur und setzte mich weg von dem Spielfeld.
Frau Meier schaute gereizt in meine Richtung. Sie verstand mich nicht.
Wie konnte jemand von so leichten Treffern blaue Flecken kriegen? Das fragte sie sich immer.
Ich konnte ihr die Frage nicht beantworten. Vielleicht lag es daran, dass ich einen schwachen Körper hatte, der recht empfindlich ist.
Nach dem Sportunterricht war Schulschluss. Ich ging Richtung Bushaltestelle, doch dann hielt mich Lara auf.
„Sakura! Komm doch heute zu mir! Ich hab die neue CD von Ancafe*!“
Ich lächelte sie erfreut an.
„Wirklich?“
„Ja! Meine Mutter macht heute auch noch Kuchen. Damit hätten wir ein perfektes Timing.“
Ich nickte schnell.
„Klar! Ich komme gern.“
Wir waren schnell da, denn Lara wohnte nicht sehr weit von der Schule.
Bei ihr zu Hause begrüßte uns ihre Mutter und als sie mich sah, machte sie eine kurze Verbeugung und sagte freundlich: „Konnichi wa, Sakura chan!“ *Japanische Visual kei Band
Ich grinste sie an und verbeugte mich auch.
Laras Mutter mochte die japanische Sprache sehr und fragte mich auch mal, ob ich ihr einpaar Wörter beibringen könnte.
„Ich mach gerade Kuchen. Es dauert noch einbisschen, aber ihr könnt ja in Laras Zimmer gehen und Musik hören.“
Wir nickten beide und gingen schnell in Laras kleines Zimmer.
Ich mochte ihr Zimmer.
Es war zwar nicht sehr groß, aber total ordentlich und angenehm.
Die Wände waren in einem sanften grün gestrichen und sie hatte weiße Gardinen, die nie grau wurden. Kurz: Es war wünderschön.
„Da, schau dir das Cover an, süß nicht?“
Ja, es war in der Tat süß. Ancafe hatte immer so süße Covers.
Dann legte Lara die CD auf.
Leise summte Lara den Text mit. Natürlich. Lara konnte nach einmaligem Hören meist schon fast den ganzen Text. Sie war talentiert in musikalischen Sachen.
Ich trommelte den Tackt mit. Das Lied gefiel mir.
„I'm not afraid to be truly hurt, I've nothing to lose...“, sang Miku, der Frontsänger.
Klang irgendwie melancholisch.
Auf einmal ging die Tür auf. Wir zuckten kurz auf, mussten dann laut lachen, weil es Laras Mutter war, die uns erschreckt hatte.
„Kuuuuchen!“, sagte sie lächelnd.
Wir nahmen uns bereit geschnittene Stückchen und bissen rein.
„Mmmmmm! Köstlich!“, sagte ich.
Laras Mutter war sichtlich zufrieden. Der Kuchen war echt himmlisch.
Nachdem wir die CD durchgehört hatten, beschloss ich mir auch die CD zu kaufen und machte mich auf den Weg nach Hause.
Der Bus würde erst in 20 Minuten kommen. Es war schon spät. Genau genommen 20:00Uhr und ich wollte schon zurück zu Lara gehen, als plötzlich Vaters Auto neben mir hielt.
„Steig ein Sakura, ich fahr dich heim...“, sagte mein Vater.
Ich nickte und stieg ein.
„Du warst bei Lara nicht wahr?“, fragte er.
Ich nickte wieder. „Ich hab mir eine CD bei ihr angehört.“
„Verstehe...“
Die ganze Fahrt über, musterte er mich mit einem seltsamen Blick, den ich nicht wirklich verstand.
Zu Hause angekommen rannte ich in die Wohnung rein und rief meine Mutter.
Keine Antwort. Sie war noch nicht zu Hause. Das konnte aber nicht sein.
Normalerweise war sie immer viel früher zu Hause.
„Papa, wo ist Mama?“, fragte ich meinen Vater.
Er sagte zunächst nichts, dann drehte er sich zu mir um und packte mich plötzlich an den Armen.
Ich schrie kurz vor Schreck auf. Er schob mich Richtung Schlafzimmer.
Ich begriff überhaupt nichts. Was hatte er vor?
Als er mir meine Klamotten vom Leib riss, dämmerte es mir.
„Papa?“, schluchzte ich ängstlich und versuchte mich zu wehren, aber er war viel stärker.
„Deine Mutter gibt mir nicht mehr das, was ich will...“
Nachdem er das sagte, vergewaltigte er mich. Mein eigener Vater.

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Tag der Veröffentlichung: 13.05.2009

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