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Wenn es in Lucas Klasse eine soziale Schichtung gab, dann zwischen Schülern, die die Schule ernst nahmen und solchen, die einen Scheiß gaben. Lucas fand sich eher in der ersten Gruppe wieder.

Mit guten Noten hatte Lucas es vor allem in der 7. und 8. Klasse nicht leicht gehabt an seiner Schule. Als Streber zu gelten, war noch das kleinste Übel. Lucas wurde zwar nicht auf dem Schulhof verprügelt, und Lucas kam auch immer heil nach Hause, aber von den schlechteren Schülern, den mittelmäßigen, den auffälligen wurde Lucas gemieden.

Mark war einer von den Mitschülern gewesen, die gerne mal Federtaschen vom Tisch warfen oder zusammen mit den Mitläufern dafür sorgten, dass Lucas im Papierkorb saß, wenn der Lehrer den Klassenraum betrat. Adoptivkind, viel zu schnell viel zu groß geworden, voller Testosteron und Frust. Mit Mark wollte sich niemand anlegen. Am Ende der 8. Klasse verließ er die Schule. Danach sah Lucas ihn zum Glück nicht wieder. So dachten auch die anderen Kinder, die wie Lucas Wert auf Mitarbeit im Unterricht legten, auf friedliche Pausen auf dem Schulhof, auf ein gutes Verhältnis zu den Lehrern.

Die Opportunisten schlossen sich gerne mal den älteren Schülern an, zum Beispiel Sascha aus dem 13. Jahrgang. Sascha hatte ihm mal nach der Schule aufgelauert und ihn in die Hecke geschubst, ihn Streberspacken genannt und gelacht, und neben ihm hatten Michael und Jörn aus seiner Parallelklasse gestanden und gefeixt. Die wussten vermutlich nicht einmal, was Sascha mit Spacken gemeint hatte. War einfach nur lustig. Waren sie allein, ließen sie ihn in Ruhe. Feiglinge.

Florian war keiner Gruppe zuzuordnen. Er war ein so unberechenbarer Schüler, dass er manchmal wie Lucas im Papierkorb gelandet war und manchmal selbst mit Worten verletzte. Seine bevorzugte Methode war Ausgrenzung, Ignoranz. Es gab manche Mitschüler, mit denen er im ganzen Schuljahr kein einziges Wort wechselte. Er konnte laut sein und Wortführer spielen, weil er zwei Jahre älter als die meisten war. Florian war in der 7. Klasse zu ihnen gekommen, nachdem er zum zweiten Mal sitzen geblieben war.

Die anderen aus seiner Klasse, Tim oder Jan, fanden Florian sofort cool und sahen zu ihm auf. Auch ein paar von den Mädchen, wie zum Beispiel Claudia, schienen ihn interessant zu finden, ihn und seine blöden Witze, seine Albernheiten, seine Sprüche. Rügen, Tadel, Einträge ins Klassenbuch – all das konnte Florian in der neunten Klasse vorweisen, aber wofür... ach, Lucas wusste es nicht mehr.

Doch er war nicht aggressiv, er kam auch mit den beiden Stefans aus, der eine dicklich, der andere picklig, und die sonst keine Freunde hatten. Lucas wusste, dass sie nach der Schule häufig Computer spielten.

Vielleicht interpretiere Lucas da etwas hinein, aber Lucas hatte immer das Gefühl, dass Florian sich noch nicht gefunden hatte, auch was seine sexuelle Orientierung anging. Er hatte keine Freundin, jedenfalls nicht, dass Lucas davon wüsste. Er ging nie mit einer, hielt nie Händchen, und Lucas hörte, wie er später Claudia, dem beliebtesten Mädchen in der Klasse erfolglos nachlief. Von Claudia wusste Lucas, dass sie was von ihm wollte, und Judith war total verknallt in ihn. Aber was machte er? Läuft entweder rum wie ein Zombie oder wie ein Zirkusclown. Keine Chance bei den Mädchen. Lucas glaube, er sah es nicht einmal, der hatte überhaupt nicht erkannt, was

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 30.11.2020
ISBN: 978-3-7487-6639-1

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