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Ärgerliche Tugend!




Ein Weib, noch jung und tugendsam,
von einem Freund besuch bekam.
Per Bahn gereist kam dieser Mann
zu später Stunde bei ihr an.
Sie freuten sich der Zweisamkeit
und achteten nicht auf die Zeit;
so ließen sie die Frist verstreichen,
er konnt den Zug nicht mehr erreichen,
es wär´ der letzte in der Nacht,
der ihn noch hätt´ nach Haus gebracht.-
Was nun? – Wo findet nun der Mann
ein Zimmer, wo er schlafen kann?
Das Geld war knapp, die Stunde spät,
das heißt doch wohl: Dass nichts mehr geht! –




Da sprach der Mann: „Ich schlafe hier,
ich finde sonst doch kein Quartier!“
Das Weib sprach: „Ich habe nichts dagegen,
jedoch der guten Sitten wegen,
weil nur ein Bett vorhanden ist,
versprich mir, dass du artig bist!
Mit Zucht und Anstand daran denke,
dass ich dir viel Vertrauen schenke;


drum bleib schön brav, benimm dich richtig,
vergiss nie, ich bin keusch und züchtig!“
Der Mann versprach es, hoch und heilig,
er zog sich aus und schlüpfte eilig
ins Bett, - „schlaf wohl“ – er zu ihr sprach.
Sie stieg erwartungsfreudig nach
und löscht das Licht mit flinker Hand; -
er jedoch drehte sich zur Wand,
schlief ein, fest, sorglos und gesund! –
Sie seufzte: „So ein blöder Hund!“





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Texte: Copyright by Hugin01, 2010
Tag der Veröffentlichung: 25.08.2010

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