Ein alter Mann saß auf einer Parkbank. Graue, fettige Haare fielen von seinen Schädel herab, gekringelte Schlangen gleich. Trübe Augen, so blau wie der Himmel selbst, fixierten die Umgebung.
Freunde oder eine Familie besaß er nicht. Schon lange lebte er obdachlos. Im Sommer schlief er auf einer Parkbank und im Winter suchte er Schutz unter Brücken und wärmte sich an einen kleinen Lagerfeuers aus Holz und Zeitungspapier.
Nur die Tauben schätzten ihn und er schätzte sie. Denn dies waren seine einzigen Freunde. Sie scheuchten ihn nicht weg, beleidigten ihn nicht und akzeptierten ihn so wie er war – alt, stinkend, hässlich. Obwohl es ihm so schlecht ging, sagte er immer: „Wird schon wieder alles gut laufen“. Und das meinte er auch so.
So summte er eine Melodie vor sich hin und teilte sein Essen, was er aus Mülltonnen fischte, mit seinen tierischen Freunden. Gurrend bedankten sie sich und verlangten nach mehr. Grinsend warf er ihnen noch ein paar Brotkrümel zu, die schon eine grünliche Farbe angenommen hatten. Lachend sauste ein Mädchen mit einem gelben Fahrrad an seiner Bank vorbei und klingelte wie wild und erfüllte, die sonst so ruhige Parkatmosphäre, mit unüberhörbarem Lärm. Dann gab es plötzlich ein lautes Krachen, ein Kreischen zerriss die friedliche Bilderbuchstimmung und etwas schlug auf den Boden auf. Dicke Tränen kullerten über das Gesicht des jungen Mädchens und Blut floss in langen Linien an ihren Ellbogen ab, bedeckte den Boden und vermischte sich mit Dreck. Der alte Mann stand auf, zog ein altes Taschentuch aus seiner Gesäßtasche und hielt es ihr hin. „Wird schon wieder alles gut laufen.“
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Denkt daran: "Wird schon wieder alles gut laufen".
Tag der Veröffentlichung: 17.09.2009
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