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„Was wird denn hier verkauft?“ fragte Christine.“ Das sieht ja wild aus.“
Auf dem Gehsteig waren lange Tische aufgebaut. Hoch aufgestapelte Baumrinden sowie Knochen in allen Formen und Größen, Flaschen mit milchiggrauem Inhalt standen auf den Tischen oder lagen auf ausgebreiteten Decken. Ein Wirrwarr von Menschen drängte sich darum herum. Ich fuhr ganz langsam, damit Christine das Treiben beobachten konnte.
„Hier kannst du dir eine Medizin kaufen, ein so genanntes Muti. Wenn du willst, parke ich, und wir steigen aus“, sagte ich. „Du kannst dir ein Muti besorgen, um deinen Exmann zurück zu erobern, so etwas Wirksames bekommst du in Europa bestimmt nicht.“ „Den will ich nicht mehr“, lachte sie. „Nein, es genügt mir, wenn du langsam fährst, und ich fotografieren kann.“
Bin ich froh, dachte ich, wir wären die einzigen weißen Frauen. Keine gute Idee.
„Hast du Lust auf gebratene Kuhgedärme?“ scherzte ich. „Da vorne gibt es ein Barbecue.“
Sie gab mir einen Stoß in die Rippen. „Pfui, hör auf, mir wird schlecht.“
Ich konnte nicht antworten, ein langes Hupen ließ mich in dem Rückspiegel schauen.
'Ein Taxler!', wer auch sonst!. Ich erhöhte etwas mein Tempo, trotzdem überholte er mich hupend und kopfschüttelnd.
„Der ist aber ungeduldig“, meinte Christine.
„Das sind alle Taxifahrer.“
„Er hat weder Insassen, noch eine Aufschrift, wieso weißt du, dass es ein Taxi ist?“
„Toyota Kombis in Rot oder Weiß und ein skrupelloser Fahrer, das sind Taxis“, klärte ich sie auf. „Nun guck mal durch die Gegend, du wolltest etwas von der Stadt sehen, nun hast....“ Weiter kam ich nicht, denn das Taxi, das mich überholt hatte, bremste scharf und fuhr nun im Schritttempo vor mir her.
Knapp neben mir, so dass ich nur meine Hand ausstrecken brauchte, um es zu berühren, fuhr ein anderes Taxi genau in meinen Tempo. Eigentlich hatte ich vor, rechts abzubiegen und schaltete den Blinker an. Ich warf einen Blick in den Seitenspiegel: Noch einer, als ob er mich anschieben wollte!
„Herrlich, wir sind umzingelt von Taxis“, murmelte ich. Christine, bekam das nicht mit, sie knipste fröhlich die Gebäude und Menschen. Ich konzentrierte mich auf das Vorderauto, das mal bremste und dann wieder beschleunigte. So wie mein Nebenmann.
Provozierten die mich ?
Mein Lenkrad wurde rutschig, ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf schoss.
Warum lassen sie mich nicht fahren?
Plötzlich leuchtete der linke Blinker des Toyota vor mir auf. Ich atmete erleichtert auf. Bei der nächsten grünen Ampel bog das Taxi vor mir ab. Ich wollte geradeaus weiterfahren, als mein Nebenmann auch abbog und mir fast über die Motorhaube fuhr. Er blieb vor mir stehen, mitten auf der Kreuzung . Der Taxifahrer hinter mir hupte in kurzen Abständen. Meine Ohren sausten.
„Du Vollidiot“, rief ich, „fahr weg.“ Mit beiden Händen deutete ich an, dass ich fahren wollte.

„Du kannst die schlimmsten deutschen Schimpfwörter benutzen, es versteht dich doch keiner“, amüsierte sich Christine.
Mir war nicht zum Lachen, mein Körper fühlte sich an wie ein nasser Schwamm. Ich war eingezwängt und hatte keine andere Wahl, als meinem Vordermann zu folgen, der langsam vor mir her rollte. Mein Hintermann folgte im dichten Abstand.
„Pack die Kamera in deine Tasche. Nimm meine Tasche und stopf sie unter deinen Sitz . Schnell!“, rief ich hastig.
Christine reagierte sofort und stopfte die Taschen unter ihren Sitz.
„Was ist los?“, fragte sie.
Ich gab keine Antwort. Ich sah, dass wir uns in einer Einbahnstraße befanden die zwei Bahnen hatte. Mein Herz pochte im Hals. Ich spürte, wie das Blut bis zum Haaransatz aufstieg.
„Warum fährt der die ganze Zeit neben dir und schaut immer zu uns,“ fragte Christine. „Er sieht aus wie ein netter junger Mann, obwohl ich keine Dreadlocks mag, doch zu ihm passen sie.“
Sie beugte sich etwas vor, winkend rief sie „Hallo!“
„Warum winkst du diesem Trottel, merkst du nicht, dass er uns provoziert?“, fragte ich ärgerlich.
Mein Vordermann und mein Nachbar blieben ruckartig stehen. Im Rückspiegel sah ich, wie der Fahrer hinter mir aus seinem Auto sprang und auf uns zu rannte.
Sollten wir aussteigen und rennen?
In meinem Kopf hämmerte es, Tränen stiegen in mir auf, die ich so heftig unterdrückte. dass mein Hals schmerzte.
„Ist eine Ampel da vorne?“, fragte Christine,“die ist aber schlecht eingestellt es sollte ja schon längst grün sein.“
„Ja, wahrscheinlich,“ brachte ich heraus. Meine Lippen klebten, und mein Mund war trocken. Christine beugte sie nach vorne, fischte nach ihrer Tasche.
„Was machst du?“
„Ich will eine Zigarette.“
„Lass das!“ schrie ich.
Der nette junge Mann mit den Dreadlocks stand bereits neben meinem Fenster. Ich hörte eine Wagentür zuschlagen. Gedanken überschlugen sich in meinen Gehirn.
Ob sie eine Gun haben? ... Meine Bankkarten sind in meiner Tasche... Hat Christine ihre Euros dabei? ....Hoffentlich hat sie ihren Pass zu Hause gelassen.
Christine fing plötzlich an zu schreien:
“Hiilfe!“
Sie umklammerte meinen Oberarm und bohrte ihre Fingernägel in meine Haut. Auf ihrer Seite wurde an der Türe gerissen, mit der anderen Hand hämmerte der Mann auf unser Autodach. Der Dreadlock-Mann versuchte meine Tür aufzubekommen und grinste mich an: „Komm raus, Mami!“
Mit voller Wucht schlug ich meine Hand auf die Hupe. Der Dritte stand vor unserem Auto und blickte suchend um sich.
Er sucht einen Stein, um das Fenster einzuschlagen, schoss es mir durch den Kopf.
Inmitten Christines Hilferufe und meinem Gehupe hörte ich gellendes Geschrei. Ich drehte meinen Kopf nach hinten. Zwei Männer und zwei Frauen rannten auf uns zu.
Ist das Hilfe? Oder gehören sie dazu?
„ Hör auf zu schreien!“ fuhr ich Christine an, der die Tränen über die Wangen liefen.
„Es wird uns nichts passieren“, versucht ich uns zu beruhigen.
Ein älterer dicker Mann mit gekräuselten weißen Haaren gestikulierte, er deutete auf uns, dann auf die Taxis und ließ lautstark einen Redeschwall in Zulu los. Er stand vor meinen Autofenster mit den Rücken zu mir, und redete mit der Gruppe.
Ich wurde ruhiger, mein Kopf klarer. Rhythmisch klopfte ich auf das Lenkrad. Christine schluchzte. Ich strich ihr über den Kopf. Ich wusste nichts zu sagen.
Die hinzugekommenen Frauen schrieen: „hamba, hamba“.. geht, geht.
Und tatsächlich, die Drei, die uns bedroht hatten, gingen langsam zu ihren Autos und stiegen ein.
Der ältere Mann klopfte an mein Fenster, das ich zitternd einen Spalt weit öffnete.
„Seid ihr O.K ?“

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Tag der Veröffentlichung: 27.02.2011

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