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Rote Ampeln

Ein Morgen wie jeder andere, keine Wolke am Himmel, angenehm warm. Ich springe schnell in mein Auto, um einige Besorgungen zu erledigen.
Bei der ersten Verkehrsampel, an der ich halten muss, schlängelt sich ein Blinder mit einer Frau, die ihn führt, die wartende Autoschlange entlang. Die Frau scheppert mit ihrer Blechbüchse. Ab und zu wirft ein Autofahrer Kleingeld in die Büchse. Ich werde von der Frau mit einen kleinen Knicks und „God bless you“, begrüßt, sie kennt mich. Mein erste Spende für diesen Tag.
Gut gemeinte Ratschläge meiner Freundinnen: Gib nichts den Blinden, die sind nicht wirklich blind.

Fünfhundert Meter weiter, wieder an einer Ampel, steht eine junge Frau, sie zieht ihr etwa dreijähriges Kind. Am Rücken, in eine Decke eingewickelt, hängt ein Baby. Die Frau bewegt sich schnell von einer Fahrbahn zur anderen, um kein Auto zu verpassen. Keine Büchse, doch ausgestreckte Hände von ihr und ihrem barfüßigen Kind kommen auf mich zu. Mein nächster Beitrag. Obwohl ich nicht will. Ich will sie schütteln und sie anschreien, sie solle ihr Kind zu Hause lassen. Mache ich jedoch nicht, und die Ampel schaltet um.
In der Zeitung liest man: Gib nichts einer Frau, die ihr kleines Kind zum Betteln mit schleppt. Den Frauen wurde angeboten, die Kleinkinder kostenlos in einem Kindergarten unterzubringen, doch sie lehnten ab, da man mit einem Kind mehr Mitleid erhascht.

Leider keine grüne Welle heute und bei meinen nächsten Stop bleibt die Geldbörse verschont. Ich rolle schnell mein Fenster zu. Ein Mann mit einem abgerissenen Karton in seiner Hand kommt auf der rechten Seite auf mein Auto zu.
Ich kenne ihn, ich weiß, was auf seinem Karton steht: „ I don’t do crime, give me one Rand.” Obwohl er jeden Tag hier steht, ärgere ich mich über ihn.

Debatten mit Freunden im Kaffeehaus: Eine bodenlose Frechheit. Soll man ihm Geld geben und sich bei ihm bedanken, dass er einen nicht aus dem Auto wirft und bestiehlt?

Ich parke kurz vor einem Geschäft ein, um Brot zu kaufen. Als ich zurückkomme, steht der Parkwächter vor mir.
Grüßend „Hallo Mami!“ Er fuchtelt mit beiden Händen, um mir zu zeigen, dass ich freie Bahn habe. Er will mich ausweisen. Links und rechts von mir sind keine Autos geparkt, aber er macht eben seinen Job, also raus mit einem kleinen Beitrag. Es ist ja heiß, und er ist freundlich.
Keine Stimmen die mir etwas zu flüstert - Jeder gibt, auf jedem Parkplatz.


Die nächste Kreuzung ist sehr farbenfroh und gleicht einem Jahrmarkt.
Junge Männer schlängeln sich rund um die Autos, ich komme nicht nach mit „No, thank you!“, zu sagen.
Man könnte an dieser roten Ampel seinen monatlichen Einkauf erledigen. Einer rennt mit einer Schachtel Mangos, ein andere hat Weintrauben. Es gibt Sonnenbrillen, Cold Drinks, Kleiderbügel, Handtaschen, Plüschtiere, Spiele, gefälschte DVDs und CDs. Ich kann auch mein Auto schnell von alten Papieren oder Dosen befreien lassen - gegen etwas Kleingeld.
Als mir schwarze Mistkübelsäckchen angeboten werden, sage ich nicht nein und kaufe welche. Die Ampel schaltet um, hinter mir wird gehupt. Also lasse ich dem hoch erfreuten Verkäufer mein Wechselgeld, und weiter geht’s.

Wörter meines Sohnes fallen mir ein: „Der reinste Stress, irgendwann fahre ich jemandem über die Zehen.“

„Kreuzungs- -Direktoren“, „Kreuzungs-Geschäftsunternehmer“ oder wie immer man sie betiteln könnte, haben sich eine neue Idee ausgedacht.
Männer aller Altersgruppen, bewaffnet mit Plastikflaschen, gefüllt mit Seifenwasser und einem Wischer tummeln sich auf der Kreuzung.
Sogenannte Windschutzscheibenreiniger. Ob ich will oder nicht, das Auto ist noch nicht zum Stillstand gekommen, schon schießt ein Wasserstrahl gegen die Scheibe:
„No, no!“oder „Don’t!“, macht keinen Unterschied. Zwei, drei Wischer, und die Scheibe ist total verschmiert.
Eine Hand erscheint, denn Service muss bezahlt oder wenigstens belohnt werden.

Guter Plan einer Arbeitskollegin: Eine Wasserflasche im Auto zu haben und raus spritzen.

Ich drehe mein Autoradio etwas lauter, die Talk back Show beginnt mit den Themen für den heutigen Tag:

„Der neue Fußballcoach wurde eingestellt und herzlich willkommen geheißen, er verdient zwanzig Millionen im Jahr.
Der Bau einer zwölf Billionen teuren Zuglinie vom Flughafen zur Innenstadt hat begonnen.
Ein Politiker, der wegen Korruption in Millionenhöhe und Vergewaltigung angeklagt war, wurde zum ehrenhaften Priester ernannt.

Ich drehe ab und konzentriere mich auf den Verkehr.

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Tag der Veröffentlichung: 08.01.2011

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