Kapitel 1
Ein Reitunfall war der Grund warum ich im Moment im Krankenhaus lag. Obwohl ich schon seit meinem sechsten Lebensjahr im Sattel saß hatte mich mein Pflegepferd doch tatsächlich abgeworfen. Dabei hatte ich mir das Sprunggelenk gebrochen und da es operiert werden musste, hielt ich mich jetzt schon seit sechs Tagen im Krankenhaus auf. Meine Eltern kamen mich regelmäßig besuchen und auch meine beste Freundin Jessica versuchte mich so oft wie möglich abzulenken. Doch, heute hatte die Schule wieder begonnen und ich langweilte mich schon den ganzen Vormittag zu Tode. Morgen war es endlich soweit. Da würden mich meine Eltern abholen und nach Hause bringen. Am liebsten wäre ich ja schon gestern gegangen aber die Ärzte wollten mich unbedingt zur Begutachtung da behalten. Mein Vater konnte sie noch so gerade davon überzeugen mich zu meinem 17. Geburtstag zu entlassen. Ok die Party die ich mir ausgemalt hatte, konnte ich wohl vergessen, aber müsste ich dann nicht mehr an diese langweiligen weißen Wände starren und zu ätzenden Untersuchungen gehen. Eine Physiotherapeutin würde meinen Genesungsprozess im Auge behalten und dreimal die Woche mit irgendwelchen langweiligen Übungen quälen. Erneut platzte die Krankenschwester in mein Zimmer. Ich schätzte sie auf Mitte 30 und sie war diese Art von Krankenschwester die man sich nicht wünschte. Sie war groß kräftig gebaut und nicht zimperlich im Umgang mit anderen Menschen. „Zeit zum Pulsmessen“, sagte sie und hatte mir auch schon im gleichen Moment die Schlinge um den Arm gelegt. Ohne auch nur ein weiteres Wort über meinen Gesundheitszustand verloren zu haben, machte sie sich Notizen in ihre Akte und verließ den Raum. Mein Gott würde ich das nicht vermissen. Nach dem Mittagessen beschloss ich ein bisschen Fernsehen zu gucken. Am liebsten wäre ich nach draußen gegangen denn es war ein herrlicher Sommertag oder hätte mich mit meinen Freundinnen im Reitstall getroffen, aber das ging ja angesichts meiner Verletzung nicht. Nach zwei Tatorten war ich so schläfrig, dass mir irgendwann die Augen zugefallen sein mussten. Ein lautes klopfen riss mich aus meinem schlaf. Bevor ich herein sagen konnte, stand meine Freundin auch schon im Zimmer. „Jess!“ rief ich erschrocken war jedoch über jede Art von Ablenkung glücklich. „Hi, sorry“ nuschelte sie und schluckte noch schnell die restlichen Essenreste herunter. Jetzt erst merkte ich wie hungrig ich eigentlich war. Das Krankenahaus essen war alles andere als genießbar. „Und wie war der erste Schultag?“ fragte ich sie aber eigentlich war er wahrscheinlich genauso jedes Jahr. Erst versammelte sich die Schule, der Schulleiter hielt eine Rede und dann wurde man in seiner Klassen aufgeteilt damit einem die immer wieder aufs Neue überraschend schrecklichen Stundenpläne überreicht werden konnten. „Wie immer“, sagte Jess, „das heißt wir haben einen neuen Schüler dazu bekommen. Ich sage dir so etwas hast du noch nicht gesehen! Wie ein Gott. Er heißt Liam und sieht aus wie 20 braun gebrannt und hat schwarze Haaren aber gegen die Augen ich sage dir, da kann selbst das Mittelmeer neidisch werden!“ Jessica war gar nicht mehr zu stoppen. Das einzige was ich zu Stande war brachte war ein „Mmh…“ Nachdem ich mich letzten Frühling von meinem Ex Lucas getrennt hatte, hatte ich mich eher weniger für Jungs interessiert. Meine einst so große Liebe hatte mich wegen einem Urlaubs Flirt betrogen und war anschließend sogar mit ihr in die Kiste gesprungen um mir dann alles per SMS zu beichten. Ein Arschloch war das der sollte sich nie wieder bei mir melden. „Und was hast du so den ganzen Tag gemacht?“ riss mich meine beste Freundin aus den Gedanken. Nachdem ich hier meinen nicht allzu spannenden Vormittag geschildert hatte holte sie ein kleines Kästchen aus ihrer Tasche. „Hier das hier ist für deinen morgigen Geburtstag! Ich will das du es morgen sobald zu aufwachst auspackst. Aber nicht vorher auspacken!“ warnen schaute sie mich an und mir blieb nichts anderes übrig als sie zu umarmen und zu mir aufs Krankenbett zu ziehen. Egal was da drin sein würde sie war einfach die Beste. Ich wusste, dass Jessica leider nicht morgen zu meinem Geburtstag kommen konnte, da sie nach der Schule zu ihrem Vater wollte, der geschieden von Jessicas Mutter außerhalb der Stadt wohnte. Wir verbrachten den Nachmittag und Abend damit Spiele zu spielen und uns Geschichten von früher zu erzählen. Doch um 8 Uhr war die Besucherzeit zu Ende und die unbeliebte Krankenschwester schickte Jess aus dem Zimmer. Wieder alleine nahm ich mir ein Buch und las noch ein paar Kapitel. Um halb elf vielen mir dann jedoch die Augen zu. Ich wurde von einem klirren aufgeweckt. Etwas musste auf meinem Nachttisch umgefallen sein. Draußen schien es noch dunkel zu sein. Ein blick auf mein Handy verriet mir, dass es erst kurz nach Mitternacht war. Die Krankenschwester musste mir das Buch weggenommen haben und das Licht ausgeknipst haben, denn ich konnte mich nicht daran erinnern das grelle Neonlicht über meinem Bett ausgeschaltet zu haben. Plötzlich zuckte ich zusammen. War ich paranoid oder stand da wirklich wer an der Tür? Vor der weißen Wand war ein dunkler Umriss zu erkennen. Langsam bewegte sich die mysteriöse Gestalt. Doch anstatt aus meinem Zimmer zu gehen kam sie auf mich zu. Ich merkte wie sich jeder Muskel im inneren meines Körpers anspannte und mir das Adrenalin in der Körper stand. Zugegeben meine Selbstverteidigungskünste beschränkten sich auf das, was ich damals in der Grundschule gelernt hatte doch notfalls konnte ich ja immer noch um Hilfe schreien. Die Gestalt war mittlerweile schon am Fußende meines Bettes angekommen und ich wollte gerade um Hilfe schreien, als mich plötzlich eine wohlige Wärme durchfuhr. Ich konnte es gar nicht verhindern aber jeder meine Muskel erschlaffte und das Adrenalin verschwand so schnell wie es gekommen war. Jetzt wo sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, verwandelten sich die Umrisse immer mehr in eine Person.
Ängstlich war ich nie aber jeder normale Mensch hätte vermutlich in dieser Situation um Hilfe geschrienen, doch irgendeine innere Stimme in meinem Körper sagte mir, dass alles ok war.
Die Proportionen der Figur ließen darauf schließen, dass es ein Mann sein musste, denn seine Arme waren ungewöhnlich muskulös und sein Gesicht war ziemlich kantig.
„Hallo Cassandra. Ich weiß, dass kommt dir wahrscheinlich alles vor wie ein Traum, aber das ist es nicht. Vieles, was du vielleicht vorher für unmöglich gehalten hast, wird sich jetzt als möglich herausstellen. Ich bin Christian und dein Mentor. Da du jetzt 17 Jahre alt bist, bist du nun eine offizielle Hundary. Du weißt vermutlich nicht, was das ist, aber das wirst du alles noch lernen. Dein Leben wird sich nun in nächster Zeit ändern. Ich werde dir jetzt sagen, was du zu tun hast und ich sage dir du wirst es tun!“ seine anfangs noch so freundliche Stimme war jetzt todernst geworden. Ich hatte Recht es war eine männliche Person die doch tatsächlich um kurz nach Mitternacht in meinem Zimmer stand. Jetzt durchfloss mein Körper wieder ein Unbehagen. Wer war dieser Junge, woher kannte er meinen Namen und warum zur Hölle wusste er, dass ich seit einer halben Stunde 17 Jahre alt war? Doch ich war nicht fähig irgendetwas zu sagen, denn bevor ich auch nur irgendetwas sagen konnte, sprach er auch schon weiter. „Wenn du morgen nach Hause kommst, wird dort ein Brief unter deinen Geburtstagskarten sein. Es ist eine Einladung zu einem Internat mit einem Vollzeitstipendium. Das Internat zählt zu den besten der Welt und befindet sich auf einer Insel in der Nordsee. Du hattest dich mal letztes Jahr dort beworben ohne deinen Eltern etwas erzählt zu haben. Du wirst deine Eltern davon überzeugen, dass dies für dich eine einmalige Chance ist und du dort unbedingt hin willst. Wobei das nicht so schwierig sein wird, da deine Schulnoten sowieso nicht so prickelnd sind.“ Jetzt schwang etwas Belustigtes mit in seiner Stimme. „Schon übermorgen wird das Schuljahr dort anfangen und du wirst schon morgen mit einem vom Internatseigenen Flugzeug abgeholt. Hast du mich verstanden? Für Fragen wird dir später noch genug Zeit bleiben. Ich werde dich dort erwarten.“ Und mit diesen Worten verschwand er lautlos aus meinem Zimmer. Sein letzter Satz hatte dabei mehr nach einem Versprechen geklungen. Erschöpft ließ ich meinen Kopf wieder ins Kopfkissen sinken. Das musste alles nur ein Traum sein. Bestimmt würde ich gleich aufwachen und es würde hell in meinem Zimmer sein. Vieles würde sich in meinem Leben ändern… Das einzige was sich hier ändern würde, ist, dass ich morgen wieder aus dem Krankenhaus hinauskommen würde.
Tag der Veröffentlichung: 24.06.2015
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