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Prolog

 

 

 

 

Durch ihr Unterbewusstsein waberte ein Brei aus undurchdringlichen, weißen Schleiern, die sich allmählich auflösten und durch eine abgrundtiefe Dunkelheit ersetzt wurden.  Diese war wie ein schwarzes Loch, das alles verschluckte. Und sie verlor sich darin, sah nichts, hörte nichts und fühlte nichts. Stattdessen war sie erfüllt von ewiger Ruhe und Frieden. Sie ahnte nicht einmal, dass ihr Körper kämpfte.

Sie lag vollkommen still in ihrem Bett, kein Finger zuckte. Ihre geschlossenen Lider verrieten seit Tagen keine Reaktion der Augen. Aber sie lebte. Noch immer. Die Menschen in ihrer Umgebung wagten keine Prognose.

Noch hob und senkte sich ihr Brustkorb. Kaum sichtbar. Jedoch selbsttätig. Man hatte ihr eine Beatmungsmaske über Mund und Nase gestülpt. Doch ihr Gehirn sagte ihr nicht, dass ihr Leben an einem seidenen Faden hing. Es war im Notprogramm. Es gab Wichtigeres. Überleben.

Sonnenschein flutete durch die Lamellen am Fenster in ihr Krankenzimmer und verbreitete eine wohlige Atmosphäre, die das hektische Blinken der Überwachungsmonitore, die mit ihrem Körper verbunden waren, fast vergessen machte.

Nach der 1. Woche

1

 

Bevor sie durch die gläserne Automatiktür trat, blieb sie für einen Augenblick stocksteif vor ihr stehen, als habe sie vergessen, weshalb sie eigentlich hergekommen war. Ihre Blase meldete ein dringendes Bedürfnis, obwohl sie hätte schwören können, dass sie vorsorglich vorhin auf der Toilette gewesen war. Ihr Brustkorb hechelte auf einmal hektisch nach Luft und ihr Magen ballte sich wie eine Faust zusammen. Dazu pressten ihr die Pumps schmerzhaft die Füße zusammen. In ihrem Alter sollte man wirklich bequemere Schuhe tragen.

Reiß dich jetzt zusammen, das sind nur die Nerven, schalt sie sich still. Du hast alles bedacht und es muss sein. In ein paar Minuten ist alles vorbei. Aber du musst jetzt überzeugend wirken. Also: Rücken gerade durchstrecken. Kopf hoch. Das Kinn eine Spur höher. Tief durch die Nase atmen. Und jetzt los!

Als die Dame in die Schalterhalle der kleinen Sparkasse schwebte, zog sie sofort jedermanns Blick auf sich. Ihre elegante Erscheinung und ihr vornehmer Gang wären auf jedem Catwalk eine Augenweide gewesen, wirkten jedoch für einen Kurort wie Bad Neuenahr äußerst ungewöhnlich. Vielleicht wäre man in früheren Zeiten nicht so überrascht gewesen. Früher. Bis etwa vor vierzig Jahren.

Damals gab es hier im Ort nämlich richtig mondäne Kundschaft. Also damals, als es sich nur Bessergestellte erlauben konnten zu kuren. So was wie Hochadel, Fabrikanten oder so. Aber im 21. Jahrhundert? Seit jeder Hinz und Kunz einen Kuraufenthalt auf Krankenschein erhalten konnte? Da war dieser Anblick schon etwas Besonderes.

Sie trug einen schwarz-weiß-gemusterten, hüftlangen Pepita-Blazer, der in einem Stil gearbeitet war, den einst Coco Chanel berühmt gemacht hatte, und darunter eine cremefarbene, hochgeschlossene Seidenbluse. Eine gerade geschnittene schwarze Hose aus edlem Stoff und spitze, schwarze Pumps mit halbhohem Absatz ergänzten ihren Aufzug. Doch gekrönt wurde das ganze Ensemble durch einen breitkrempigen hellbeigen Hut, der mit einem auffälligen, schwarzen Band versehen war. Darunter lugten hellblonde, hochgesteckte Haare hervor.

Zumindest die älteren unter den Bankkunden fühlten sich beim Blick auf die Frau ein bisschen an die großen Diven des Kinofilms der fünfziger und sechziger Jahre erinnert, zumal sie jetzt auch eine dieser Handtaschen an ihr wahrnahmen, die unter der Bezeichnung Kelly-Bag Weltruhm erlangt hatten. Zu ihrem Leidwesen verhinderte allerdings die großrädrige dunkle Sonnenbrille einen näheren Blick auf ihr Gesicht. So konnten sie nur rätseln, ob sich dahinter vielleicht wirklich einer der alten Stars der Kinohochzeit versteckte. So jemand wie Hilde Knef. Nein, wohl eher Marlene Dietrich. Auch wenn das Kinn dieser Dame bei genauerem Hinsehen nicht mehr ganz so fein gezeichnet wirkte. Aber Marlene musste schließlich mittlerweile auch älter geworden sein.

Trotzdem, wie die Frau sich bewegte, hatte etwas Glamourhaftes, obwohl ihr Gang, was kaum auffiel, ein klein wenig unsicher schien. Nun ja, das Alter machte vor niemandem halt.

Sie war stehen geblieben und sah sich wie orientierend in dem luftig gehaltenen, geräumigen Kundenbereich um. Die Bank war nur mäßig besucht, die Angestellten saßen oder standen hinter einer Arbeitstheke, von der aus sie ihre Kunden versorgten. Und noch immer traf ihr Blick hier und da auf ein Augenpaar, das sie verstohlen musterte. 

In die hintere Wand der Schalterhalle war eine Fensterscheibe eingelassen, durch die man in ein Büro hineinschauen konnte. Natürlich gewährte sie auch dem Kassenleiter vom Büro aus einen guten Blick in seine Schalterhalle. Er saß gerade hinter seinem Schreibtisch und unterhielt sich offensichtlich mit irgendjemanden im Raum, den sie von ihrem Standpunkt aus nicht sehen konnte.  Und sie erinnerte sich, wie ihr dieses interne Überwachungsfenster damals aufgefallen war, als sie zusammen mit Gisela hier deren kurenden Ehemann besuchte. Sie hatten noch ihre Witze darüber gemacht, als Leo auf die Idee gekommen war, etwas zusätzliches Bargeld abzuheben, um ein paar Kisten Ahr-Wein einzukaufen.

Nun riss sie ihren Blick los und schritt, ein Bein vor das andere schiebend, gemessen auf den frei gewordenen Kassenschalter zu. Sie sprach kein Wort, als sie vor die Kassiererin trat, auch als die sie freundlich begrüßte:

»Guten Tag! Was darf ich Ihnen Gutes tun?«

Die Dame stellte ihre Handtasche auf die Ablage vor der mit Panzerglas gesicherten Kabine ab, öffnete sie und zog einen weißen Briefumschlag daraus hervor. Drei Finger ihrer cremeseiden behandschuhten Hand hielten ihn diskret vor die Rückseite ihrer Tasche, damit die Kassiererin lesen konnte, was darauf in dicken schwarzen Lettern sorgfältig geschrieben stand:

 

Übergeben Sie mir sofort ihr ganzes Geld in einem Umschlag, sonst wird ihr Filialleiter auf der Stelle erschossen.

 

Frau Harnischs servicefreundliche Augen wurden rund und wanderten verwundert von dem Papier hinauf zum Gesicht der Dame und wieder hinunter. Ihr Gesicht wurde zuerst blass, dann stieg vom Hals aufwärts eine heftige Röte in ihre Wangen und ein dünner Schweißfilm breitete sich unter ihrer Nase und auf ihrer Stirn aus. Reflexartig schnellte ihr Blick jetzt zum Bürofenster ihres Chefs. Dieser kleine Augenblick bewies ihr, dass Herr Hamacher offensichtlich nicht allein in seinem Arbeitszimmer saß.  Doch ob er bedroht wurde, konnte sie nicht feststellen. Was sollte sie jetzt also tun?

Die tatkräftige Frau beschloss, das Leben ihres Vorgesetzten nicht zu riskieren. Hektisch fischte sie nach einer der großen Postversandtaschen, die sie in ihrem Ablagekörbchen verwahrte, und klaubte die Geldscheine vor sich aus ihren Halterungen.  Dann stopfte sie das Geld in den Umschlag und stieß ihn anschließend so heftig durch die Durchreiche, als brannte er ihr in den Händen.  Dabei war ihr ständiger Blick auf die elegante Frau vor dem Schalter fixiert. Zu groß war ihre Furcht vor den möglichen Konsequenzen.

Die Dame jedoch nahm ohne Hast den Umschlag aus der Lade und verstaute ihn ordentlich in der Handtasche. Noch immer kam kein einziges Wort über ihre Lippen. Dann drehte sie sich um, als ob sie eine alltägliche Geldabhebung getätigt hatte, und schritt, weitere neugierige Blicke in ihrem Rücken spürend, durch die Halle auf den Ausgang zu.                         Abgang von der Bühne.

Einzig Frau Harnisch verfolgte mit entsetztem Blick und offenem Mund ihren Weg nach draußen. Sie bemerkte, dass die elegante Frau einem anderen Kunden, der sie bewundernd anstarrte, zunickte. Die Kassiererin wertete dies als ein Zeichen für einen Komplizen, da er sich nun ebenfalls auf den Weg nach draußen machte. Und dann war das Biest auch schon aus der Tür.

Und Vorhang. 

Sofort stürzte die Kassiererin aus ihrem geschützten Arbeitsbereich und rief ihren Kollegen völlig außer sich zu:

»Überfall! Ich bin überfallen worden. Herr Hamacher wird...«

In diesem Moment öffnete sich Herr Hamachers Bürotür und der Chef trat mit seinem Besuch munter plaudernd in die Schalterhalle, während gleichzeitig der Alarm los schrillte.

Und Frau Harnisch begriff. Beschämt schlug sie die Hand vor den Mund, während sich die Kunden und Kollegen noch verwirrt umblickten.

 

*

 

Sie war nach dem Raub sofort in den überbauten Durchgang einer Ladenpassage gehuscht, die sich in der unmittelbaren Nachbarschaft der Bank befand, riss sich noch im Gehen den auffälligen Blazer vom Körper und stopfte ihn in einem unbeobachteten Moment in den nächstbesten Abfallkorb. Auch die cremefarbenen Handschuhe und der Hut mussten runter und dann die Klammer aus den Haaren. Bloß weg mit dem Zeug. Sie spürte ihr Herz noch immer bis in den Hals klopfen.

Dass sie diese alten Klamotten überhaupt so lange aufbewahrt hatte, dachte sie, während sie weiter hastete. Dabei war die Jacke noch nie bequem zu tragen gewesen. Für ihren Geschmack war sie viel zu körpernah geschnitten. Dafür sah sie super-chic aus und fiel auf. Und darauf war es ihr schließlich angekommen, auch wenn sie heutzutage bequeme Kleidung vorzog.  Heutzutage wollte sie auch keine Männer mehr aufreißen wie zu der Zeit, als sie den Blazer für den Wert zweier Monatslöhne erworben hatte. Es war ihrer Aufmerksamkeit soeben nicht entgangen, was die Kerle gleich für Stielaugen bekamen, wenn man derart herausgeputzt daherkam. Doch das war einkalkuliert in ihren Plan. Alle Zeugen des Banküberfalls würden sich nur an eine auffallend gekleidete Frau mit Hut erinnern.

Zu Hause in Erfting hatte sie die Kleidungsstücke anprobiert und musste mit Erstaunen feststellen, dass sie noch einigermaßen passten. Zudem hatte sie sich Make-up besorgt, womit sie es nach Anleitung einer Frauenzeitschrift -So machen Sie das Beste aus ihrem Typ- schaffte, aus ihrem etwas derben fünfundfünfzigjährigen Gesicht eine ganz ansehnliche Maske hervorzaubern, die nach landläufiger Meinung als attraktiv bezeichnet werden konnte. Und ihre Verwandlung vor dem heimischen Spiegel war selbst in ihren Augen frappant gewesen.

Mittlerweile zerfloss die ganze Pracht zusehends bei der Hitze dieses Maitages. Sie fühlte den Schweiß auf der Haut. Das Adrenalin durchflutete noch immer ihren Körper. Das Herz hämmerte, aber sie zwang sich, nicht zu rennen und so Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Verflucht, die Brille! Schnell riss sie das Gestell vom Kopf und pfefferte es in ein Gebüsch neben der Straße.     

Dennoch, diese Idee für den Bankraub, fand sie, war brillant von ihr gewesen. Dass ihr, einer kleinen Supermarktverkäuferin, so ein Plan überhaupt eingefallen war! Und sie hoffte, dass das Geld für eine Weile reichte für die notwendig gewordenen Mehrausgaben, die sie nun hatte.

Und warum hatte sie nun Mehrausgaben? Alles nur wegen dem verfluchten Köter, dachte sie grimmig. Dabei schritt sie weiter zügig voran auf dem Weg zu der Pension, in die sie sich kurzfristig eingemietet hatte.

Marlies Stollenwerck hatte Erfting, den Ort, in dem sie ein eigenes kleines Haus besaß, Hals über Kopf verlassen und war mit dem Zug hierher nach Bad Neuenahr gefahren. Ihrem Sohn Jochen, der mit seiner eigenen kleinen Familie in Köln lebte und der sich stets fürsorglich um sie und Heim und Garten kümmerte, seitdem sein Vater Hermann vor zwölf Jahren im Erftinger Tagebau auf Nimmerwiedersehen verschwand, hatte sie die Geschichte aufgetischt, sie habe in einem Preisausschreiben eine Reise nach Bad Aibling gewonnen. Inklusive Kurbehandlungen und Hotelaufenthalt mit Frühstück für drei Wochen. Selbstverständlich musste in ihrer Geschichte Bayern vorkommen. Denn das bedeutete: Schön weit weg von Colonia, damit der Junge nicht auf die Idee kam, sie dort zu besuchen. Die einzige Bedingung war angeblich, dass sie diese Reise sofort antreten musste, wodurch ihr auch von ihrem Arbeitgeber kurzfristig Urlaub genehmigt wurde.

Während sie nun in dem Kelly-Bag nach einem Taschentuch kramte, schoss ihr durch den Kopf, dass sie sich selbst unnötigerweise verdächtig benommen hatte. 

Wie oft hatte sie es gewagt, Sonja, die Tochter der Nachbarin, nach dem Befinden der Mutter zu befragen. Und jedes Mal knurrte der Hund der Wolters, sonst eine Seele von Tier, sie böse an, fletschte dabei die Zähne und stand wütend in seinem Geschirr. Sonja hielt den Hund zwar fest an der Leine, so dass nichts weiter passieren konnte, wunderte sich aber sehr über das Verhalten von Malin. Das Mädchen erklärte es sich jedoch mit den schlimmen Erfahrungen bei dem Überfall auf ihre Mutter, die das Tier hatte mit ansehen müssen.

Doch Marlies ahnte, dass Sonja sich bald fragen würde, ob dies der wirkliche Grund für die aggressive Reaktion der Hündin auf sie war. Silvias Tochter war nämlich ein ganz heller Kopf.

Aber Marlies hatte es wissen müssen. Sie konnte sich einfach nicht zurückhalten, die 16jährige persönlich anzusprechen, sobald sie an ihrem Haus vorbeikam, anstatt unverfänglich bei den Wolters anzurufen. Dann wäre der Hund nie auffällig geworden.

Doch Telefonieren war nicht so Marlies Sache. Sie verstand sich einfach besser auf das direkte Gespräch mit Leuten als ohne ein konkretes Gegenüber. Das war schon immer so gewesen. Irgendwie fehlten ihr die richtigen Worte, wenn sie in einen Hörer sprach.

Erschöpft wischte sie sich mit dem Taschentuch über Gesicht und Hals und blieb einen Augenblick stehen, um die braunen Streifen von Make-up darauf zu betrachten. Solange sich Mutter Wolters im Koma befand, hatte sie nichts zu befürchten, dachte sie. Da konnte der Hund knurren und fletschen, soviel er wollte. Sie hatte mit dem Anschlag auf sie nämlich nichts zu tun.

Sicher, wenn Marlies sie vor diesem Mann erwischt hätte, dann hätte sie auch so etwas in der Art unternommen, wie dieser das getan hatte. Sie hatte zwar keine Ahnung, was dieser ihr Unbekannte zu seiner Tat veranlasst hatte, doch er kam gerade recht. Denn Silvia Wolters hatte Marlies bei etwas ertappt, dass sie absolut nicht hätte sehen sollen. Und sie hatte die richtigen Schlüsse aus dem Gesehenen gezogen. Das hatte sie an deren Erschrecken und ihrer abrupten Flucht erkannt. Sie hätte nicht zulassen können, dass ihre Nachbarin mit diesem Wissen nach Hause lief und Marlies mühsam über die Jahre aufrecht erhaltene Fassade zerschlug. Sie war ihr deshalb auf den Fersen gewesen und hatte den Abstand zu ihr schon merklich verkleinern können, während die Wut in ihrem Bauch wuchs und wuchs. Ihre Beine waren in einen Laufrhythmus gezwungen, der sie mühelos voranbrachte.

Sie hatte sich an diese Wut erinnert. Sie hatte sie schon einmal in sich gespürt. Diesen ohnmächtigen, wilden Zorn. Und er hatte ihr damals ebensolche Kräfte verliehen, die sie niemals in sich vermutet hatte. Und der es an diesem Tag notwendig gemacht hatte, dass sie noch einmal nach all der Zeit zu der einsamen Stelle im alten Tagebau gegangen war, um zu graben.

Doch der Mann mit dem Fahrrad war schneller gewesen. Sie hatte aus etwa hundert Metern Entfernung zugesehen, wie er in voller Fahrt aus einem durch halbhohe Büsche verdeckten Weg im Gelände heraus geschossen kam, ihrer Nachbarin im Vorbeifahren etwas gegen den Kopf knallte und ohne sich umzudrehen eilig davon radelte.

Marlies konnte es kaum fassen, was sie da beobachtet hatte. Sie war mehr verdutzt als erschrocken gewesen und hatte sich nur zögerlich der zu Boden gegangenen Frau genähert, um nachzusehen, wie schlimm ihre Verletzungen waren.

Aber der Hund hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er stellte sich ihr so drohend in den Weg, dass sie es nicht gewagt hatte, noch näher zu kommen und der Nachbarin vielleicht den Rest geben zu können, sollte es erforderlich sein. Diese Viecher hatten einen siebten Sinn dafür, wenn es für ihre Bezugspersonen gefährlich wurde, und ein Hundebiss verursachte meist infektiöse Wunden, die sie erklären musste. Und sie wollte auf keinen Fall irgendetwas erklären müssen, auch nicht ansatzweise. Und schon gar nicht vor der Polizei. Die Befragungen zu ihrem vermissten Ehemann hatten ihr weiß Gott genügt.

Marlies steckte nun das schmutzige Taschentuch zurück in die Tasche und fischte einen kleinen Spiegel heraus. Die Kelly-Bag ebenfalls zu entsorgen, brachte sie nicht übers Herz. Wenn jemand aus der Sparkasse sie jetzt noch auf der Straße wiedererkennen sollte, war das bestimmt nicht wegen der Handtasche.

Gedankenverloren suchte sie nach Spuren verwischter Schminke in ihrem Gesicht, als sich gleichzeitig das Bild des blutüberströmten Schädels ihrer Nachbarin auf dem Kies wieder vor ihre Augen schob. Eigentlich hatte die Verletzung ganz vielversprechend schlimm ausgesehen. Vielleicht hatte der eine Schlag ja genügt, um sie auf Dauer am Reden zu hindern, weil ihr komatöser Zustand bestehen bleiben würde. So was war nicht ungewöhnlich, eher die Regel nach solch heftigen Kopfwunden. 

Sollte Silvia nicht wünschenswerterweise aufwachen, würde sie nämlich berichten, was sie gesehen hat:  Marlies beim Graben nach den Überresten ihres Mannes. Und dass sie Frau Wolters daraufhin verfolgt hat. Wie sollte Marlies denn beweisen können, dass nicht sie es war, die sie niedergeschlagen hatte. Einen anderen Zeugen als den Täter gab es nicht.

Und dann war da ja noch die Sache mit Hermann, auch wenn es gar keine Überreste von ihm zu finden gab, wie sie sich selbst überzeugt hatte. Natürlich konnte sie ganz unverdächtig an der Halde gegraben haben. Sie könnte zum Beispiel auf der Suche nach größeren Steinen für eine Beetabgrenzung im Garten gewesen sein. Doch das hörte sich selbst in ihren eigenen Ohren nach einer verdammt billigen Ausrede an, wenn ihr nicht noch was Besseres einfiel.

Allerdings müsste sie so eine Lüge der Polizei auch glaubwürdig aufbinden können und das traute sie sich nicht zu. Sie würde sich garantiert verdächtig machen, weil man ihr das schlechte Gewissen immer gleich ansah. Wenn sie nur an die Befragung vor ein paar Wochen durch diesen Oberkommissar mit dem durchdringenden Blick anlässlich des Knochenfundes dachte, wurde ihr jetzt noch ganz heiß. Und wenn sie einmal in Verdacht geriete, würde man vielleicht die ganze Abraumhalde nach der Leiche ihres ach so geliebten Gatten durchsieben. Und heutzutage konnten die Kriminalisten noch nach Jahrzehnten winzigste DNA-Spuren zuordnen.  

Nein, da war es schon besser, hier in Bad Neuenahr die Entwicklungen in Erfting erst einmal auszusitzen. Niemand wusste, wo sie wirklich steckte, sollte nach ihr gefahndet werden. Und es bestand immerhin die Möglichkeit, dass man in ein paar Wochen den wahren Täter gefunden hatte. Dann würde kein Mensch mehr nach ihrer Grabung in der alten Mine fragen.

Aussitzen ist gut, dachte sie ob ihres erfolgreichen Raubzugs in aufgekratzter Stimmung, während sie nun eiligst die Eingangstür ihres Pensionszimmers aufschloss. Aussitzen im Gefängnis. Eigentlich hatte sie die ganze Zeit damit gerechnet, dass ihr jemand von hinten auf die Schulter tippte und sagte: Erwischt. Dass dies nicht passiert war, erschien ihr nahezu unglaublich.

Als die Tür hinter ihr ins Schloss klickte, atmete sie tief durch. Dann schleuderte sie die unbequemen Pumps von den Füssen und tapste erleichtert, die Folterinstrumente los zu sein, auf Strümpfen zur Couch. Dort ließ sie sich erschöpft niederplumpsen, was dem billigen Möbel ein gequältes Geräusch entlockte. Für einen Moment schloss sie die Augen, um die angespannten Nerven zur Ruhe kommen zu lassen.

Sie würde erfahren, wenn Silvia Wolters eine Aussage machte, die Marlies belastete. Ihre ganze Hoffnung setzte sie auf ihr letztes Gespräch mit Sonja, als das Mädchen ihr unter Tränen berichtete, dass die Mutter wohl kaum Überlebenschancen hatte.

Der Tod ihrer Nachbarin erschien ihr als die beste Lösung, denn irgendwann würde Marlies schließlich nach Hause zurückkehren müssen.

Dann öffnete sie die Handtasche, um das erbeutete Geld zu zählen.

 

 

2

 

Bevor Oberkommissar Uwe Capitano die Tür zu seinem Büro im zweiten Stockwerk der Polizei-Inspektion Quadringen öffnete, verharrte er kurz und atmete einmal tief ein und aus. Erst dann drückte er die Klinke herunter und betrat das Arbeitszimmer. Sein junger Kollege, Thilo Weyer, saß dort bereits an seinem Schreibtisch und las in einer aufgeschlagenen Fallakte. Bei Capis Eintreten schaute er auf.

»Heh, Alter! Grüß dich!«, schallte es dem Oberkommissar herzlich entgegen.

»Ja, du mich auch«, knurrte Capi zurück, hievte sich hinter seinen Tisch und ließ den Computer hochfahren. Ihm war ganz und gar nicht nach Quatschen zumute, erst recht nicht, wenn ihm das Koffein im Blut fehlte, weil er noch nicht gefrühstückt hatte.

Doch der junge Kommissar ließ sich von seiner üblen Laune nicht beeindrucken, dafür kannte er wohl die Eigenarten des fünfzehn Jahre älteren Kollegen zu genau. Und die hatten ihrer Freundschaft, die sich in dem knappen Jahr entwickelt hatte, nachdem Thilo seine Ausbildung an der Fachhochschule beendete und hier nach Quadringen versetzt worden war, bislang nicht geschadet.

»Was ist los?«, fragte er und schaute von seinem Schreibtisch aus erwartungsvoll rüber.

»Was soll schon los sein? Ist doch alles bestens! Die deutsche Polizei hat alles im Griff, oder?«, Capi tat so, als fesselte ihn etwas auf seinem Computerbildschirm.

Jetzt stand Thilo auf, ging zu einem niedrigen Aktenschrank, auf dem ein Tablett mit ein paar Tassen und einer Thermoskanne Kaffee abgestellt war, und goss erst mal einen Muntermacher ein. Dann stellte er den dampfenden Becher vor seinen Kollegen und hockte sich auf die äußere Kante von dessen Schreibtisch.

»Von mir gekocht. Ist prima«, deutete er mit dem Finger auf die Tasse.

»Sag mal, wie lange bist du eigentlich schon hier?«, fragte Capi ungehalten. »Konntest es wohl gar nicht mehr abwarten nach so langer Abwesenheit aus Quadringen! Du kochst Kaffee, liest Akten...Hattest wohl zu viel Familienidylle in deiner Voreifel, dass du an einem Montagmorgen in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett fällst.«  

Mit Kopfschütteln blickte er auf seine Armbanduhr und musste feststellen, dass die gerade einmal sieben Uhr zehn anzeigte.

»Nanu, neue Uhr? Zeig mal her. Sieht schick aus. Eine Breitling! Alle Achtung! Und Uhrzeit kann sie auch anzeigen, wow«, scherzte Thilo mit Blick auf den hingehaltenen Arm. Dann fuhr er unbeeindruckt fort: »Bin ungefähr seit einer halben Stunde hier. Dachte mir, bei dem schönen Wetter könnte ich mich an der Morgensonne freuen und vielleicht kommen mir dabei ein paar Ideen. Du weißt ja, zu Hause bei mir mit Baby, Haus und Garten...Da habe ich keine Ruhe.«

»Die anspruchsvolle Ehefrau nicht zu vergessen«, ergänzte Uwe Capitano sarkastisch. »Ideen. So so! Zu was, wenn ich fragen darf?«

»Na, was hätten wir denn heute so im Angebot?«, flachste Thilo weiter und tat so, als müsste er angestrengt überlegen. »Wie wäre es mit Frau Wolters?«

Capis Gesicht wurde nun noch eine Spur düsterer, wenn das überhaupt möglich war, so dass es richtig bedrohlich wirkte. Sein massiger Oberkörper, der den Bürostuhl fast in den Dimensionen eines Kindergartenstühlchens erscheinen ließ, katapultierte sich mit einem Mal vom Bildschirm weg und seinem Kollegen zu.

»Du wirst es nicht glauben, aber auch ich mache mir darüber Gedanken. Gestern, am Sonntag, bin ich sogar noch einmal zu ihr in die Neurologie gefahren«, sagte er trotzig. »Ich hoffe immer noch, dass sie irgendwann eine Aussage machen kann. Aber es bleibt ein Albtraum. Das halbe Schädeldach hat man ihr entfernt. Das Gesicht ist völlig aufgedunsen. Und das war so eine nette...« Seine Stimme stockte abrupt.

Thilo stutzte, dann begriff er.

»Ach, daher weht der Wind. Deshalb hattest du keine Lust auf Eisdiele. Und ich dachte schon, du magst mich nicht mehr. Diese Frau bedeutet dir etwas.

Aber sag mal, kanntest du sie denn näher? Ich meine, nicht nur aus unseren Einsätzen, als sie den alten Oberschenkelknochen im Tagebau gefunden hat und dann noch die Leiche nachts im Kanal? Davon hast du mir gar nichts erzählt.«

Diese Ereignisse waren nur zwei in den letzten sechs Wochen gewesen, die die Polizei in Quadringen wahrlich an ihre Grenzen gebracht, aber keinerlei Lorbeeren beschert hatten. Die Wellen dieser Wochen schwappten noch immer durch die Medien und den Stadtrat. Doch wenigstens machte der Polizei deshalb niemand Vorwürfe. Die Umstände waren einfach zu ungewöhnlich gewesen, als dass die Beamten irgendetwas hätten verhindern können, als ein vom KGB ausgebildeter ehemaliger Auftragsmörder durch persönliche Probleme in den kleinen Ort Erfting, das zum Stadtgebiet Quadringen gehörte, geraten war.

»Ja! Und...? Ich fand sie nett! Bin ein paar Mal mit ihr und dem Hund im alten Tagebau spazieren gegangen. Sie kennt sich da nämlich prima aus. Ist doch nichts dabei!«

»Interessant zu erfahren«, Thilo fasste es nicht und zog die Stirn kraus.

        »Ist doch wohl meine Sache, oder?«, knurrte der Oberkommissar und blitzte ihn kurz herausfordernd an. »Das geht dich überhaupt nichts an.«

»Dann vermute ich mal«, lenkte der junge Kommissar ab, »dass sie noch immer nicht imstande ist, eine Aussage zu machen.«

»Noch schlimmer!«, seufzte Capi jetzt auf und ließ den Kopf betroffen hängen. »Wahrscheinlich stirbt sie. Und selbst, wenn sie überleben sollte...ach. Das weiß niemand.«

»Au Mann! Das ist heftig. Gibt es überhaupt keine Hoffnung?

»Die Ärzte meinen, wenig. Mit solch schlimmen Schädelverletzungen...« Capi zuckte ergeben mit den Achseln und seufzte abermals.

»Wer kann nur Interesse an ihrem Tod haben? Und ein derart hinterhältiger Angriff auf jemandes Schädel nimmt den Tod der Person in Kauf. Darüber sind wir uns wohl einig.«  Thilo erhob sich vom Schreibtisch und wanderte nachdenklich zu seinem Arbeitsplatz hinüber. »Darüber wollte ich heute Morgen in aller Ruhe nachdenken und habe deshalb noch mal alle entsprechenden Zeugenaussagen nachgelesen.

Da geht eine Frau mit dem Hund Gassi, hat keine Wertsachen oder Geld bei sich, die man ihr abnehmen könnte, und findet sich mit eingeschlagenem Schädel mitten im Niemandsland wieder. Ein Sexualdelikt scheidet ebenfalls aus. Es gab keinerlei Fremdspuren an ihrem Körper, ebenfalls keinerlei Abwehrspuren. Ein Schlag an den Kopf einfach aus dem Nichts. Trotzdem hatte sie noch Glück in ihrem Unglück, weil sie so schnell entdeckt wurde, sonst wäre sie im Tagebaugelände von Erfting einsam und allein verstorben.«

»Wäre vielleicht besser gewesen, als zum Gemüse zu werden«, murmelte Capi leise, wie zu sich selbst. Doch Thilo reagierte nicht auf seine Bemerkung.

»Wir müssen irgendetwas übersehen haben.«

»Na, was denn?«, brach es aus Capi plötzlich heraus. Er sprang auf, rupfte das Oberhemd aus der Jeans und begann, die Ärmel aufzukrempeln. »Seit einer Woche überprüfen wir doch schon jeden, der mit ihr zu tun hatte: die Frau, die sie gefunden hat, eine Marion Krommer, Inhaberin eines Hundefachgeschäftes in Erfting, bei der sie Kundin war; den Ehemann, der nachweislich am Samstag auf der Arbeit in einem der anderen Tagebaue für Braunkohlenachschub für die Kraftwerke sorgte. Selbst bei ihrem Chef, für den sie in Köln arbeitet, waren wir. Die 16jährige Tochter jobbte im alten Kino in Quadringen. Ihr anderes Kind, ein erwachsener Sohn, wohnt nicht mehr in Erfting, sondern in Bonn, und war zu diesem Zeitpunkt ebenfalls auf der Arbeit. Mir fällt einfach nichts mehr ein, wo wir noch nicht nachgefragt haben.«

Doch Thilo resignierte nicht so leicht. Er konnte sich in einen Fall regelrecht verbeißen, da kannte er nichts. Capi bewunderte ihn dafür.         

Diese Zähigkeit sah man Thilo absolut nicht an. Ganz im Gegenteil wirkte er eher wie ein bequemer Zeitgenosse. Er war nicht besonders groß und trotz seiner zweiunddreißig Jahre kümmerte es bereits auf seinem Schädel. Außerdem polsterten sich seine Hüften zusehends. Nur die wachen Augen in dem runden Gesicht ließen den aufmerksamen Beobachter, der sich nicht von dem äußeren Erscheinungsbild ablenken ließ, auf einen wachen Geist dahinter schließen.

»Solange Frau Wolters auf der Intensivstation liegt, brauchen wir ihr keinen Polizeischutz vor die Tür zu setzen. Dort kommt keine Maus ungesehen rein. Ich hoffe, wir werden rechtzeitig informiert, sollte sie verlegt werden?«

»Dafür sorge ich schon. Keine Bange! Der Täter wird keine Gelegenheit bekommen, sein Werk zu vollenden. Denn dass Silvi ein Zufallsopfer sein soll, daran glaube ich auch nicht eine Sekunde.«

»Oh, ihr duzt euch sogar«, frotzelte Thilo.

»Ach, halt die Klappe!«, knurrte Capi, setzte sich wieder und wandte sich dem Bildschirm zu. Und für ein paar Minuten herrschte Schweigen zwischen den beiden Beamten. Dann sprang Thilo plötzlich auf.

»Ich glaube, ich habe es!« rief er in freudig gespannter Haltung. »Sie muss etwas oder jemanden beobachtet haben, was sie nicht hätte sehen dürfen. Das gäbe einen Sinn. Und es würde mich nicht wundern, wenn es irgendetwas mit dem berühmten Freundeskreis um unseren verstorbenen Stadtrat Graef zu tun hätte. Wir sollten den zeitlichen Zusammenhang mit den Tötungsdelikten der letzten Wochen nicht außer Acht lassen.«

»Quatsch! Die sind doch alle tot«, flutschte es dem Oberkommissar über die Lippen.

»Nein, das sind sie nicht«, widersprach Thilo. »Denk doch nur an den Bandleader des Tanzorchesters, der uns half, nach dem Selbstmord des Stadtrates Licht ins Dunkle zu bringen«.

»Und warum sollte der Silvia etwas antun? Der war doch dermaßen zerknirscht bei seiner Aussage...Und dann musste er sich auch noch selbst belasten, weil er solange über die Machenschaften seines in Freundschaft verbundenen Kumpels Willi geschwiegen hatte. Die Staatsanwaltschaft wird sich mit ihm ohnehin noch beschäftigen. Das macht für mich keinen Sinn.« Capi schüttelte widerwillig den Kopf.

»Aber es könnte noch Freunde geben, von denen wir nichts wissen. Willi Graef war schließlich nicht nur in Erfting bekannt wie ein bunter Hund.« Thilo Weyer ließ nicht locker. »Denk doch nur an den unaufgeklärten Vermisstenfall Hermann Stollenwerck, auch ein Kumpel aus diesen Kreisen.«

»Stimmt...ja!« Jetzt wurde der Oberkommissar nachdenklich und blickte auf. In ihm war etwas angeklungen, als Thilo den Namen nannte, als habe ein Glöckchen angeschlagen. »Der letzte nicht geklärte Punkt in dem Wulst aus Toten der letzten Wochen. Sicher, dessen wahrscheinlicher Tod hatte nichts mit den aktuellen Ereignissen zu tun gehabt, denn schließlich lag sein vermaledeiter Oberschenkelknochen schon seit zwölf Jahren in der Erde. Aber Silvia hatte den erst vor ein paar Wochen im Tagebau gefunden. Und genau dort ist sie jetzt fast totgeschlagen worden.«

Endlich begriff er, worauf sein Kollege hinauswollte.

»Wir waren doch alle nur heilfroh, dass wir die Akte so schnell zumachen konnten, weil der russische Killer, der ganz Erfting in Angst und Schrecken versetzt hatte, selbst gerichtet worden war«, sagte Thilo. »Dass es darin noch einen nebensächlichen, offenen Punkt gab, spielte für uns zu der Zeit keine Rolle mehr.

Aber vielleicht spielt er jetzt eine Rolle. Für ein Motiv könnte das ausreichen.«

»Du hast recht, Thilo. Das könnte wirklich ein Ansatz für weitere Ermittlungen sein. Niemand hatte auch nur die blasseste Ahnung, was mit Hermann Stollenwerck vor zwölf Jahren im Tagebau passiert ist. Es gab nicht den kleinsten Hinweis, nur diesen einzelnen Knochen. Bis jetzt! Silvia ließ das keine Ruhe, zumal Stollenwercks Witwe in ihrer Nachbarschaft wohnt.

Alle Achtung! Auf diesen Zusammenhang wäre ich nie gekommen. Lass uns mit Nicko darüber reden.« Auf einmal wirkte Capis Niedergeschlagenheit wie weggeblasen, als er aufsprang und voranstürmte.

Hauptkommissar Nicklas hatte sein Büro am Ende des Korridors direkt neben dem großen Versammlungszimmer. Es war nicht größer als das ihre, jedoch hatte er als Leiter der Kriminalpolizei den Vorteil, es im Gegensatz zu den Kollegen alleine nutzen zu können. Thilo und Capi bemerkten, dass seine Bürotür geschlossen war, was eigentlich bedeutete, dass ihr Vorgesetzter nicht gestört werden wollte. Doch ehe Capi diese Anweisung mal wieder ignorieren konnte und schon beinahe die Hand an der Klinke hatte, hielt ihn Thilo zurück.

Aus dem Büro waren Stimmen zu hören. Eine davon war ganz zweifelsfrei diejenige des Dienststellenleiters der Quadringer Polizei-Inspektion und sie klang eindeutig verärgert.

»Trotzdem hätten Sie Amtshilfe aus Köln anfordern müssen. Wir waren mit unseren Kapazitäten völlig am Ende. Jeder Kollege war im Einsatz, ich musste sogar für einige den Urlaub streichen. Wenn es neben dem Mafioso zusätzlich noch zu einer anderen Lage im Ort gekommen wäre, hätten wir nicht einmal mehr einen Streifenwagen losschicken können. So geht das nicht.

Ihr eigenmächtiges Vorgehen lässt mich doch sehr an Ihren Führungsqualitäten zweifeln und ich werde daher darüber einen Vermerk für ihre Personalakte anfertigen müssen. Sie wissen, was das bedeutet.«

Thilo spitzte die Lippen zu einem lautlosen 'ooh' und winkte Capi, in ihr Büro zurückzukehren, als sich Nickos Bürotür unerwartet öffnete. Im Türrahmen stand Polizeioberrat Ulrich Küppers und starrte sie verdutzt an, vom straff gezogenen Scheitel bis zu den auf Hochglanz gewienerten Schuhen das Bild einer Respektsperson.

Er trug Uniform, wie stets. Auch bei hochsommerlichen Temperaturen wie heute. Doch er wirkte nie so, als ob er auch nur ansatzweise schwitzen könnte.

»Da sehen Sie, was ich meine!«, dröhnte er nun über die Schulter in Richtung Nicko. »Sie lauschen sogar an der Tür. Ihre Leute haben keinen Respekt.«

Dann stapfte er hoch aufgerichtet den Flur hinunter Richtung Treppenhaus, um sich in sein Stockwerk, das erste OG, zu begeben, in dem die Schutzpolizei ihre Räumlichkeiten hatte. Thilo und Capi blickten ihm leicht amüsiert hinterher.

»Na, kommt schon rein!«, vernahmen sie Nickos Stimme aus dem Büro. »Unser Dienststellenleiter muss jetzt schnell mal wohin, um die aufgeblasene Luft rauszulassen. Blöder Fatzke!«

Hauptkommissar Jens Nicklas war äußerlich das genaue Gegenteil zu seinem Vorgesetzten. Er liebte schrillbunte Kleidung, die farblich nicht unbedingt aufeinander abgestimmt sein musste. Hauptsache bunt. Er fand, das lockerte die Stimmung auf in ihrem traurigen Gewerbe, bei dem man es ständig mit der Bosheit der Menschen zu tun hatte. Dazu musste man nicht auch noch Trauer tragen.

Für den Oberrat war er mit dieser Einstellung ein rotes Tuch. Aber die Kripo-Kollegen mochten und schätzten Nicko, auch wenn man sich hinter vorgehaltener Hand schon mal fragte, ob der Hauptkommissar nicht vom anderen Ufer war. Doch das wusste keiner. Nickos Privatleben, so locker er im täglichen Büroalltag war, blieb ein großes Geheimnis.

»Ja, die Wogen der vergangenen Wochen steigen noch immer hoch«, seufzte Nicko nun vernehmlich, als sie die Bürotür schlossen. »auch wenn die Hauptverursacher nicht mehr unter den Lebenden weilen. Aber ist ja auch kein Wunder! Statt dass jetzt endlich wieder Ruhe einkehrt, haben wir schon wieder einen Mordanschlag.«

»Genau, deshalb sind wir hier. Wir denken, dass dieser neue Anschlag etwas mit dem abgeschlossenen Fall zu tun haben könnte«, konstatierte Thilo. »Wir haben da so eine Idee«. Dann wiederholte er seine vor Capi ausgeführten Erklärungen.

»Wir sollten das Tagebaugebiet auf irgendwelche ungewöhnlichen Spuren absuchen, die darauf hindeuten, dass Frau Wolters etwas gesehen hat, was sie nicht sehen sollte«, ergänzte Capi, um ebenfalls etwas beizusteuern.

Nicko überlegte und fuhr sich mit der Hand ein paar Mal durch sein drahtiges Haar. Capi und Thilo grinsten. Sie kannten diese Geste zur Genüge.

»Was?«, fragte Nicko ungehalten.

»Die Haare«, antwortete Capi betont gelangweilt.

»Ach!« Hastig strich der Hauptkommissar die aufgestellten Strähnen glatt. »Besser?«

»Besser!«, bestätigten die vor ihm sitzenden Beamten im Chor.

»Trotzdem! Den ganzen alten Tagebau abzusuchen, der sich über, ich weiß nicht wie viele, Kilometer erstreckt, möglicherweise den Abraum durchzusieben...dafür müssten wir eine Hundertschaft anfordern und wir können der noch nicht einmal sagen, wonach sie Ausschau halten soll. Die Suche würde Tage dauern. Und selbst wenn man etwas finden würde, sagt das nicht unbedingt etwas über die Täterschaft an Frau Wolters aus. Nein, das ist viel zu viel Aufwand für ein sehr fragwürdiges Ergebnis. Das kann ich nicht genehmigen.«

Thilo wirkte enttäuscht, während Capi sich nichts anmerken ließ. Er hatte mit diesem Argument gerechnet und längst seinen eigenen Plan entwickelt. Denn so ging es heutzutage zu in deutschen Polizeistationen. Längst war auch hier der finanzielle Aspekt das Hauptausschlaggebende geworden.

Verhältnismäßigkeit und Verfahrensoptimierung lauteten immer öfter die lautstark vorgetragenen Schlagworte der Juristen in den öffentlichen Verwaltungen. Und nicht zu vergessen: Resozialisierungsprimat. Der Aufwand der Strafverfolgung musste dem zu erzielenden Ergebnis angemessen sein. Das war ein verfassungsrechtlicher Grundsatz. Und wenn dabei zufällig irgendeine unbedeutende Frau aus der Bevölkerung auf der Strecke blieb...Pech gehabt.

»Aber«, fuhr Nicko fort, »ihr könntet nochmal mit der Dame sprechen, die Frau Wolters gefunden hat. Manchmal fällt den Zeugen nachträglich noch etwas ein, was sie in der Aufregung vergessen hatten oder was ihnen nicht wesentlich erschien. Hakt da noch mal nach! Außerdem solltet ihr mal ihre Nachbarn befragen, ob sie öfter Besuche bekommen hat, insbesondere Männerbekanntschaften.«

Bei diesem Wort schickte Thilo einen schnellen Seitenblick auf Capi, der jedoch in keinster Weise reagierte.

»...oder ob es bei dem Ehepaar Wolters öfter zu Streitigkeiten gekommen ist«, schickte der Hauptkommissar noch hinterher.

»Eure Idee in allen Ehren...doch ich glaube nicht so recht an einen Zusammenhang mit der Affäre Graef und Konsorten. Dieser Überfall hatte bestimmt seinen Hintergrund im privaten Umfeld des Opfers.«

 

 

 

3

 

»So, da wären wir, Buchenhöhe sieben.« Verena öffnete die Tür zu ihrer Vier-Zimmer-Wohnung im fünften Stock des schokoladenfarbenen Hochhauses. »Es ist vielleicht nicht die beste Adresse in Erfting, doch dafür von meinem Krankenschwesterngehalt bezahlbar«, fügte sie hinzu und bat den noch von seiner Operation gezeichneten Catweazle einzutreten.

»Wie gesagt, für eine alleinstehende Person ist das eine große Wohnung. Und dieses Zimmer nutze ich überhaupt nicht.«

Sie öffnete die Tür am Ende des Flurs zu einem lichtdurchfluteten Raum, in dem ein zweiflügeliger Kleiderschrank und ein frisch bezogenes Bett auf etwas verlorenem Posten entlang der Seitenwände standen, um dem Zimmer einen Hauch von Wohnlichkeit zu verschaffen.

Catweazle betrachtete schweigend das dürftige Inventar und trat dann langsam an das Fenster. Der Ausblick, der sich ihm bot, war jedoch grandios.

Das gesamte Bahnhofsgelände sowie die halbe Stadt von Erfting lagen zu seinen Füßen. Dahinter erhob sich der markante Turm der Feuerwehr und auf der anderen Seite der Wolfsberg. Noch weiter am Horizont, einige Kilometer entfernt, erhob sich wie die Fata Morgana einer Wüste die Sophienhöhe in der Morgensonne, eine mehrere hundert Meter hohe Halde aus Abraumsand neben dem neuen Braunkohletagebau Hambach. Selbst die Dampfwolken des Kraftwerks Weisweiler, weiter hinaus in der Ebene Richtung Aachen, in dem die gewonnene Kohle verstromt wurde, waren an diesem hellen, klaren Tag erkennbar.

»Und du denkst wirklich, dass ich dich nicht stören werde?«, meinte er nachdenklich.

»Sonst hätte ich dir das Zimmer nicht angeboten«, antwortete Verena lachend. »Ich kann dich doch in diesem Zustand nicht in deine Campingbehausung schicken. Das wäre unverantwortlich. Guck dich doch mal an. Du musst dich wirklich erst erholen.«

Catweazle betastete vorsichtig seinen bandagierten Schädel. Die verdammten Kopfschmerzen hatten sich zwar spürbar gebessert, doch das Stück Schädelknochen, das man ihm bei der Operation heraustrennen musste, war bestimmt noch nicht wieder richtig angewachsen. Das Krankenhaus jedenfalls hatte ihn heute Morgen entlassen, ganz gleich, ob er, der Patient, nach der Tumorentfernung noch wackelig auf den Beinen war oder nicht. So war das eben heutzutage, die Klinikbetten mussten zügig mit neuen Kunden belegt werden.

Vielleicht hatte Verena wirklich recht. Er sollte erst einmal wieder zu Kräften kommen, ehe er in sein Iglu-Zelt auf dem alten Bahndamm und zu seinem Single-Malt zurückkehrte. Falls er jemals zu dieser Art Leben zurückkehrte. Und um einen neuen Weg einzuschlagen, konnte er sich niemand Geeigneteren vorstellen, ihn zu unterstützen, als die Krankenschwester, mit der er sich bereits in der Klinik angefreundet hatte und in der er eine Art Seelenverwandte vermutete.

»Ich habe uns etwas Schönes zum Essen eingekauft. Hast du Lust, mir beim Kochen zu helfen?«, fragte Verena.

»Ja, gleich. Lass mich noch ein bisschen hier am Fenster stehen. Ich habe solange keine Sonne mehr gesehen.« Dann wandte er sich zu ihr um. »Hast du eigentlich meine Zeichenutensilien aus dem Krankenhaus mitgebracht? Ich glaube, ich bekomme hier am Fenster Lust auf ein bisschen Ernst.«

Verena lachte auf. Catweazles richtiger Name war Max Ernst und wie der weltberühmte Namensvetter aus der nahen Stadt Brühl war auch er Kunstmaler. Er hatte dieses Pseudonym gewählt, um nicht verwechselt zu werden, und führte es schon seit seinem Studium an der Kunsthochschule, so dass er so manches Mal nachdenken musste, wenn er spontan nach seinem Namen gefragt wurde, wie er eigentlich hieß. Alle Welt kannte ihn als Catweazle, die Leute aus dem Kunstgeschäft und auch seine Kumpels aus dem Stadtstreichermilieu, mit denen er es in der letzten Zeit zu tun gehabt hatte, weil ihn sein geregeltes Leben mit Ehefrau, einer verwöhnten Tochter reicher Eltern, samt Villa einfach angekotzt hatte. Dabei war es sicherlich nicht unerheblich, dass einen, wenn man ihn betrachtete, seine äußere Erscheinung sehr an die Titelfigur aus einer gleichnamigen Fernsehserie erinnerte.

Das spitzbübische Gesicht mit dem weißblonden Spitzbart sowie der ungewöhnliche Name hatten auch Verenas Interesse geweckt, als sie den Fünfzigjährigen das erste Mal in seinem Krankenhausbett versorgt hatte. Und sie stellte schnell fest, dass Max ein ungewöhnlicher Mensch war, der zwar offiziell als Obdachloser galt, jedoch noch die einstmals teuren Edel-Klamotten trug, die natürlich durch die Jahre auf der Straße nicht edler geworden waren.

Daher hatte sie zur Entlassung aus der Klinik seine Neueinkleidung in die Hand genommen und die Altkleider mit seiner Zustimmung entsorgt. Die neuen Sachen saßen nicht besonders gut, er hatte anscheinend in der letzten Zeit doch ein paar Kilos verloren, und er fühlte sich nicht besonders wohl darin, weil sie nicht wirklich seinem Stil entsprachen, doch er wollte nicht undankbar erscheinen.

Denn eines hatte Verena schon im Krankenhaus geschafft: er wollte sein Leben wieder auf die Reihe bekommen.

 

 

*

 

 

War es draußen hell geworden? Es kam ihr so vor. Wieso konnte sie die Augen nicht öffnen? Die Lider ließen sich nicht bewegen, nicht mal einen Schlitz weit. Wahrscheinlich, weil sie sich so schrecklich müde fühlte, völlig geplättet. Sie musste einfach weiterschlafen. Es war wohl sehr früh am Morgen. Alles war noch so still.

 

 

 

4

 

Die 16jährige Gymnasiastin stand mit fragendem Gesicht vor der Waschmaschine im Keller ihres Elternhauses und betrachtete ratlos die um sie herum verstreuten Wäschestücke. Sie war vor einer Stunde aus der Schule gekommen und als erstes mit dem Hund Gassi gegangen. Das arme Tier war ja den ganzen Vormittag allein zu Hause gewesen und hatte sie beim Hereinkommen auf das stürmischste begrüßt.

Danach hatte sie feststellen müssen, dass sie nichts Sauberes mehr zum Anziehen hatte. Zu allem Überfluss hatte sie ihre Blutung bekommen, was man deutlich an dem Slip erkennen konnte, der sich jetzt ebenfalls in dem Wäschehaufen befand. Konnte sie die Unterwäsche mit den Jeans zusammen waschen?

Die paar Slips von ihr wirkten völlig verloren in der großen Wäschetrommel. Dafür allein konnte sie doch kein Kochprogramm einschalten. Ihr Blick fiel auf den Korb mit der übrigen Schmutzwäsche.

»Papa kann sich gefälligst selbst seine Wäsche waschen«, meinte sie zu Malin, der Hündin, die interessiert neben ihr stand und zusah, was Sonja da machte. »Ich sehe ja gar nicht ein, dass ich jetzt alles, was Mama so gemacht hat, genauso übernehme, nur weil ich das Mädchen bin. Ich habe schließlich auch noch Schulaufgaben zu machen. Dass ich dich versorge, ist ja klar. Dann geh ich noch was zu essen einkaufen und spüle. Mama muss ich auch noch besuchen. Und wo bleibt ein bisschen Zeit für mich?«

Sonja mochte sich gar nicht ausmalen, sollte der Zustand zu Hause ohne die Mutter noch viel länger dauern.

»Weißt du was? Ich packe einfach alles zusammen in die Waschmaschine, Jeans, Slips und T-Shirts, und drehe den Thermostat auf fünfzig Grad. Das müsste doch funktionieren.«

Sie füllte Vollwaschmittel und einen Schuss Weichspüler in die Einspülkammern und drückte auf den Startknopf. Das Gerät begann, Wasser einlaufen zu lassen.

»So Malin, jetzt kümmern wir uns ums Essen«, rief sie fröhlich darüber, dass sie diese Aufgabe gelöst hatte, und sprang die Treppe ins Erdgeschoss hinauf, immer gefolgt von der Hündin, als ihr wieder durch den Kopf schoss, wie Malin jetzt immer reagierte, wenn sie beim Gassigehen an Frau Stollenwercks Haus vorbeigingen, so wie gerade eben. Marlies kam schon seit ein paar Tagen nicht mehr heraus, um sie nach dem Befinden der Mutter auszufragen, aber der Hund zerrte trotzdem immer wieder in Richtung ihrer Haustür und knurrte dabei, als würde ihre Person dahinter auf der Lauer liegen. Komisch, dachte Sonja. Was für ein merkwürdiges Verhalten.

Kaum in der Küche angelangt hatte sie den Vorfall aber schon wieder vergessen und öffnete sofort den Kühlschrank.

»Worauf haben wir denn heute Hunger? Und glaub ja nicht«, wandte sie sich an Malin, »dass ich heute für dich koche. Du bekommst Trockenfutter.«

Malin drehte enttäuscht den Kopf zur Seite. Schon als sie noch ein kleiner Welpe war, konnte sie, was das Futter betraf, sehr wählerisch reagieren. Sie weigerte sich zu fressen, sollte man ihr öfter als zweimal hintereinander dasselbe vorsetzen oder, was in ihren Augen wohl noch schlimmer war, ordinäres Fertighundefutter in ihren Napf füllen. Dann roch sie kurz daran, um anschließend einen Laut von sich zu geben, der dem von Menschen nicht unähnlich war, wenn sie 'Pfff' machen, und stolzierte hocherhobenen Hauptes davon, ohne dem Napf einen weiteren Blick zu würdigen.

Ihre Mutter behauptete immer, die Hündin würde sich eher zu Tode hungern, als jedes Futter zu akzeptieren. Sie habe tagelang versucht, ihr die verschiedensten Sorten schmackhaft zu machen, aber keinen Erfolg gehabt. Sonja glaubte nicht so recht daran. Mama hatte Malin sicherlich einfach zu sehr verwöhnt, als sie begann, für den Hund separat zu kochen.

Jetzt holte sich Sonja ein Fertiggericht mit Nudeln aus dem Eisschrank, riss den Pappdeckel herunter und schob es in die Mikrowelle. Das konnte sie direkt aus der Verpackung essen, dann hätte sie einen Teller zu spülen gespart. Praktisch! Die Zeitschaltuhr eingestellt, so. Jetzt noch den Wassernapf säubern und auffüllen und das Hundefutter in das Schüsselchen. Fertig. Nun mit den heißen Nudeln auf die Couch und den Fernseher anmachen und sich die tägliche Gerichtsshow reinziehen. Für den Rest war später Zeit. Da quäkte ihr Handy los. Dran war ihre Freundin Katja.

»Hej Mausi! Was machst du gerade?«

Und Sonja erzählte ihr von ihren Haushaltspflichten und schob sich zwischendurch Gabelweise das Nudelgericht in den Mund.

»Ej! Hast du das gesehen? Im Fernsehen...der Typ mit der blonden Strähne...zieht sich vor der Richterin die Hose runter«, stellte sie zwischendurch fest.

»Kommst du denn jetzt heute Abend zu Jutta, zu ihrer Geburtstagsfete?«, fragte Katja.

»Weiß noch nicht. Kommt drauf an, ob ich noch Bock hab, wenn ich alles erledigt habe. Ich fahr gleich zu Mama ins Krankenhaus und wenn ich zurück bin, gehe ich nochmal mit Malin raus. Ach ja, und meine Klamotten sind noch in der Waschmaschine. Und eigentlich müsste ich noch für Geschichte lernen. Der Heuser hat schon so was angedeutet, dass er mich prüfen will.«

»Du armes Mäuschen!«, bemitleidete Katja ihre Freundin in gespielt bedauerndem Ton. »Ich würde mich total freuen, wenn du kommst.

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Elli Klöckner
Cover: Elli Klöckner
Tag der Veröffentlichung: 12.11.2017
ISBN: 978-3-7438-4105-5

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Marianne "Wenn es im Leben so viel Grau gibt, ist es Absicht, dass man beim Sterben ins Licht geht? Und was passiert, wenn es stattdessen dunkel wird?"

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