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Feuer reinigt nicht...

WIE SKYE DAS VERLOR, WAS SIE LIEBTE...


Skye war noch nie so glücklich gewesen. Aber ihre Tochter in den Armen zu halten, die inzwischen ein Jahr alt war, ließ sie einfach nur glücklich sein. Vincent, ihr Mann, saß auf einen Stuhl neben ihr und betrachtete ebenso seine kleine Tochter. "Sie hat deine Augen, Scar." Skye lächelte ihn an und strich dem Mädchen über den Kopf, die gekommen war und auf Skye’s Schoß wollte. Sie war einfach so süß. "Juna ist ein Sonnenschein. Sicher wird sie einmal wunderschön sein." Da war sich die Hexenmeisterin sicher. Irgendwann würden sich Kerle nur um sie streiten. Bis dahin würde es aber auch noch lange dauern. Die kleine Maus war ja gerade mal ein Jahr alt. Also würde es noch gut sechzehn Jahre dauern. Zumindest hoffte sie es. Sie wollte gewiss nicht so schnell Großmutter werden. Und sicherlich ihr Mann auch nicht. Vincent und Skye hatten sich schon als Kinder kennenlernten und oft zusammengespielt. Nun waren beide eigentlich zwanzig Jahre alt, sahen aber immer noch wie achtzehn aus. Wer konnte schon sagen, dass sie älter werden würden. Aber jedenfalls wollten sie das zusammen. So war damals der Plan. Doch natürlich sollte alles anders kommen, wie man dachte.


Alles fing damit an, dass eine neue Familie in die Stadt zog. Ihr Nachname war Sharsor. Skye war diese Familie schon von Anfang an unheimlich. Schon gar die Tochter, die mit niemanden ein Wort sprach und alle verachtend ansah. Als Skye mit ihrer Familie unterwegs war, ging diese Familie gerade von ihnen vorbei. Auch wenn Skye sie grüßte, sagten sie kein Wort und gingen weiter. Skye schüttelte nur den Kopf. "Ich mag diese Familie nicht, Vinc." Vincent sah ihnen noch nach und hob dann Juna hoch. "Ich auch nicht besonders. Sie schotten sich ziemlich von den Menschen ab." So sah es die Hexenmeisterin auch. Es war so, als wollten sie nicht einmal mit ihnen etwas zu tun haben wollen. Wieso zogen sie dann in diese Stadt? Eigentlich konnte es ja Skye egal sein. Wenn nur nicht die Tatsache war, dass Menschen aus der Stadt verschwanden. Sie fragte sich, ob diese Familie etwas damit zu tun hatte. Ansprechen tat sie es aber nie. Diese Familie musste nichts damit zu tun haben, nur weil sie komisch war. Das wäre das Gleiche, als wenn man jemanden verurteilen würde, weil er schwarz war. Deswegen schwieg sie und sagte auch ihrem Mann nichts. Wahrscheinlich würde er sie sowieso nur für verrückt halten.


Es vergingen Monate, in denen noch mehr Hexenwesen verschwanden. Die Polizei tappte im Dunkeln. Anzeichen einer Entführung konnte man nicht finden. In Skye stieg bald wie Angst, dass ihnen auch etwas geschehen könnte. Irgendwann ging sie nicht einmal mehr aus dem Haus, weil die Angst zu groß war. Vincent fand das für Unsinn. "Uns wird niemand etwas antun, Schatz. Wieso sollte es jemand machen? Wir haben niemanden etwas getan." Skye wusste, dass sie niemanden etwas getan hatten. Doch hatten es die, die nun verschwunden waren? Sicherlich nicht. Also beruhigte es die Hexenmeisterin überhaupt nicht. Doch die Verschwundenliste ruhte irgendwann und Skye schöpfte neue Hoffnung. So traute sie sich auch, den zweiten Geburtstag ihrer Tochter zu feiern. "Wie die Zeit vergeht. Nun ist unsere kleine Maus schon zwei." Vincent nickte und umarmte seine Frau. Er war so froh, dass sie wieder aus sich heraus ging. In letzter Zeit hatte sie sich ja im Haus eingesperrt und wollte gar nicht mehr raus. "Bald wird sie erwachsen sein und ihre eigenen Wege gehen." Skye lachte. Wahrscheinlich hatte er recht. Kinder wuchsen ja so schnell. Manchmal sogar viel zu schnell. Skye wollte jetzt schon nicht daran denken, wie es ist, wenn Juna ausziehen würde.

Die Feier neigte sich auch dem Ende zu und Skye war noch entspannter. Den ganzen Tag war zum Glück nichts geschehen. Doch am Morgen kam wieder das Erwachen. Wieder verschwanden Hexenwesen. Skye's Angst war plötzlich wieder da. Die Angst, auch zu den verschwunden Wesen zu gehören. Wiedermal aber widersprach ihr Mann ihr. "Unsinn! Du bildest dir das Alles nur ein." Wie sie diese Worte langsam hasste. Deswegen sagte sie auch irgendwann nichts mehr in Gegenwart ihres Mannes. So wie sie ihn kannte, würde er ewig widersprechen. Sie liebte ihn, das steht außer Frage, doch manchmal hatte sie auch das Gefühl, dass ihn ihre Sorgen nicht wirklich interessierten. Wenn sie mit ihm über etwas reden wollte, blockte er vollkommen ab. Manchmal fand sie dann Trost bei einer Freundin. Mit der konnte sie über Alles reden. Doch auch sie meinte irgendwann, dass sie sich umsonst Sorgen machte. Deswegen brach auch der Kontakt irgendwann ab. So stand auch Skye bald alleine mit ihren Sorgen da.

Wieder vergingen Tage und immer mehr aus dem Dorf verschwanden. Langsam schien auch ihr Mann zu glauben, dass es nicht so unwahrscheinlich war, dass sie auch Opfer werden könnten. Deswegen nahm er auch seine Frau zur Seite. "Es tut mir leid, Scar. Vielleicht hast du recht. Lass uns von hier verschwinden." Sie freute sich, dass er nun einsah, dass sie hier weg sollten. Schon am gleichen Tag packten sie die Sachen zusammen, als sie die erschreckende Nachricht erreichte, dass Skye's Eltern und Geschwister nun auch zu den Vermissten gehörten. Doch auch wenn es bei Skye zu einem Zusammenbruch führte, musste sie bald erkennen, dass es nicht das Ende war. Und das erkannte sie bereits am nächsten Tag, als sie ihre Tochter wecken wollte und diese nicht mehr da war. Auch von ihrem Mann fehlte jede Spur. "VIIIIIINC!!!!" Sie lief durch das ganze Haus und rief immer wieder. "VIIINC!!!! JUUUUUUNA!!!!" Nicht einmal ein kleines Zeichen. Skype war allein. Wie es schien, trat das ein, vor dem sie Angst hatte: Ihre Familie gehörte zu den Verschwundenen.


Wie in Trance durchstreifte sie die Stadt. Nicht nur ihr Mann und ihre Eltern, wie Geschwister und Tochter schien als Letztes verschwunden zu sein. Skye kam es so vor als wäre sie die letzte Hexenmeisterin, die noch hier war. Sie ging weiter in einen naheliegenden Wald, den eigentlich die Dorfbewohner mieden, da es dort spuken sollte, und konnte nicht fassen, was sie sah. Sie sah, wie die Familie Sharsor eben die Scheiterhaufen anzündeten, auf denen ihre Eltern, ihre Geschwister, ihr Mann und ihr Schwager gebunden waren, und hörte auch das Schreien ihrer zweijährigen Tochter, die ebenso verbrannt wurde. "NEEEEEEEEEEEEIN!!!!" Wenn man dachte, dass die größten Schmerzen wären, wenn man am eigenen Leib verbrannt war, hatte noch nie mal mit angesehen, wie ein Familienmitglied in Flammen aufging. Und schon recht verkraftete man es schlecht, wenn man die eigene Tochter, die gerade mal zwei Jahre alt war, verbrennen sah. Juna's Schrei wurde immer leiser, bis er dann gänzlich ganz verstummte. Skye konnte nicht einmal ihre Tochter retten. Wieso verbrannte man ihren Schwager? Er war ein Mensch. Ein stinknormaler Mensch. Als sie ankam, stand ihr Körper bereits in Flammen. So unter Schock konnte sie sich auch nicht wehren, als man ihr Wunden zufügte und sie schließlich blutend auf den Scheiterhaufen band, den man ebenso anzündete.


Als die Flammen auf sie übergingen und sie die verbrannten Leichname ihrer gesamten Familie sah, kam in ihr nach und nach Wut auf. Selbst die Menschen kamen, während die Sharsor erklärten, dass Hexenwesen bösen seien und sie zu verbrennen die einzige Möglichkeit wäre, sich gegen sie wehren zu können. Sie haben doch den Menschen niemals etwas getan. Wieso stellten sie sich nur nun so gegen sie? Vielleicht war es Angst. Skye konnte es nicht sagen. Jedenfalls sahen einige Menschen richtige freudig auf mich sahen. Das schnürte die Wut noch mehr. Doch befreien konnte sich die Hexenmeisterin nicht. Doch ein Mann stürmte auf den Haufen, schnitt sie los und brachte sie in Sicherheit. Skye konnte die Menschen rufen hören. Wie sie sich beschwerten, dass sie gerettet wurde. Doch als sie den Mann nach dem Namen fragen wollte, verschwand er auch wieder. Sie hatte den Verdacht, dass sie ihn wohl nie wieder sehen werden wird. Im Moment war es ihr aber egal. Sie würde sich an den Hexenjäger rächen. Und ihre Rache würde nicht wenig ausfallen.


Als sie sich wieder gefangen hatte, konnte man deutlich die Wut in ihren Augen sehen. Den Schmerz, den sie hatte, fühlte sie im Moment nicht. Sie sah nur diese Hexenjäger-Familie an und sprach eine Formel. Dass es sich um einen verboten Zauber handelte, war ihr im Moment egal. "Ihr sollt stumm, taub und blind sein! Bis zu eurem Tod sollt ihr euch nur schwer verständigen können!" In den Zauber steckte sie ihre ganze Wut und er schien zu funktionieren. Leider wusste auch Skye, dass es ihr ihre Familie auch nie zurückbringen würde. Noch einmal sah sie auf die verbrannten Leichname und wischte sich immer wieder eine Träne weg. Nachdem ihre Wut abgeklungen war, fühlte sie den Schmerz, den die wenigen Verbrennungen mit sich nahmen und sank auf die Knie. Sie wusste, dass der Schmerz gewiss niemals mehr vergehen wird. Und auch wusste sie, dass auch die Tränen, die sie vergoss, ihr ihre Familie nicht wiederbringen wird. Ab heute war sie alleine. Und auch wenn sie verdammte Schmerzen hatte, stand sie wieder auf und taumelte von dem Geschehenem weg. In ein neues Leben, indem sie sich an niemanden mehr binden würde, um so einen Schmerz zu vermeiden...

ENDE

 

Impressum

Cover: Bild habe ich auf der Seite 1ZOOM.Me gefunden, wo es kostenlos zu downloaden ist :)
Tag der Veröffentlichung: 03.08.2018

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme es meiner besten Freundin, :)

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