„Immer musst du mir alle meine Freundinnen ausspannen!“ Legolas stand vor seinem Vater Thranduil und schrie ihn an. Wieder einmal hatte Thranduil seinem Sohn die Freundin ausgespannt. Das hatte er schon öfters getan. Legolas verschwieg Thranduil meistens, dass er eine neue Freundin hat doch immer wieder bekam er es heraus. Legolas war fast am Durchdrehen. Er wusste nicht mehr, was er tun soll. Er wünschte sich endlich eine Freundin, die im treu ist und nicht auf seinen Vater herein fällt. Bis jetzt schien ihm das jedoch nur ein Traum zu sein. So verzog sich Legolas nur in sein Zimmer, als er mit seinem Vater fertig war.
Am gleichen Tag ging Thranduil zu Legolas, um mit ihm zu reden. Legolas war in seinem Gemach und las auf dem Bett ein Buch. Thranduil setzte sich auf den Stuhl, der im Zimmer am Fenster stand. Legolas tat jedoch so, als hätte er ihn nicht gesehen. Thranduil sprach dennoch. „Es tut mir leid, Sohn.“ Legolas sah von seinem Buch hoch und seinem Vater ins Gesicht. „Als ob dir schon jemals etwas Leid getan hätte! Lass mich doch einfach nur in Ruhe!“ Thranduil stand auf und wollte gehen. An der Tür blieb er jedoch noch einmal stehen und drehte sich um. „Sie waren es, die mein Herz ‚gestohlen’ haben, nicht ich.“
Dann verließ Thranduil das Zimmers seines einziges Sohnes, den Flur entlang in sein eigenes Zimmer. Er setzte sich vor seinen Schreibtisch und sah an die Wand. Er schien dort auf etwas zu warten, was auch nach einigen Minuten eintraf. Legolas klopfte an die Tür. Thranduil antwortete mit einem Lächeln auf dem Gesicht. „Herein!“ Legolas zögerte nicht lange und betrat das Gemach seines Vaters. Er zögerte auch nicht lange, bis er seinen Vater zur Rede stellte. „Was hast du damit gemeint?“ Thranduil drehte sich am Stuhl um und sah dieses Mal seinem Sohn ins Gesicht. „Alle deine Mädchen kamen zu mir und ich nicht zu ihnen. Sie haben gesagt, dass du ihnen nicht das geben kannst, was sie brauchen.“ Legolas stand entsetzt auf. „Und das kannst du ihnen geben! Das kann ich mir vorstellen! Ich glaub, ich habe lang genug mit dir geredet! Guten Tag, verehrter Vater!“
Am nächsten Morgen hatte sich Legolas einigermaßen beruhigt. Ihr ging seinem Vater so gut, wie möglich aus dem Weg und sprach auch nicht besonders oft mit ihm. Auch beim Mittagsessen sagte keiner der beiden ein Wort. Erst wieder beim Abendessen unterbrach Thranduil die Stille. „Was hast du heute den ganzen Tag denn getan?“ „Nichts besonderes. Ich habe auch keine neue Freundin, wenn du das wissen wolltest. Das habe ich schon aufgegeben. Und was hast du den Tag so gemacht?“ „Regierungssachen. Und wie schmeckt dir das Essen?“ „Verehrter Vater! Es ist nett von dir, dass du eine Unterhaltung mit mir führen möchtest, doch ich möchte jetzt nicht mit dir reden. Du hast es entgültig zu weit getrieben!“ Wütend stand Legolas und verließ den Esssaal. Er wusste nicht, wo er genau hinwollte, doch er wollte nur von seinem Vater weg. Er hatte sich immer gewünscht einen älteren Bruder zu haben, der einmal König werden könnte. Dann könnte er dieses Schloss für immer verlassen und würde nie wieder herkommen müssen. Leider hat er keinen älteren Bruder und war so automatisch der Thronfolger.
Draußen ging er direkt tiefer in den Wald hinein. Irgendwann blieb er stehen und schlug mit der Faust gegen einen Baum. Dann lehnte er sich dagegen und ging die Hocke. „Wieso muss er nur immer wieder so…! Ich hasse ihn! Ich hasse ihn so sehr!“ „Wenn hasst du so sehr?“ Legolas sah sich erschrocken um. Ein Stück von ihm entfernt lehnte an einem Baum eine Frau und sah Legolas mit einem Lächeln an. Sodann näherte sich ihm die Frau. „Ich wollte dich nicht erschrecken.“ Legolas stand auf und lächelte sie an. „Macht doch nichts. Was führt eine so schöne junge Frau so spät in den Wald?“ „Na ja. Ich brauchte Abstand von meinem Vater. Er treibt mich fast jeden Tag in den Wahnsinn. Immer und immer wieder. Und was treibt so einen schönen jungen Elb so spät in den Wald?“ „Es ist… Ich brauchte auch Abstand von meinem Vater. Gestern habe ich mich mit ihm gestritten.“ Die Frau lachte. Auch Legolas wurde davon angesteckt. Als sich beide wieder beruhigt hatten, schlug die Frau etwas vor. „Wir beide scheinen gut zusammen zu passen. Wollen wir uns vielleicht morgen wieder treffen?“ „Ich weiß nicht. Ich kenne nicht einmal deinen Namen.“ Sie lächelte wieder. „Diesem Problem können wir Abhilfe schaffen. Mein Name ist Ravine. Ich wohne hier im Dorf. Jetzt bist du dran.“ „Ich heiße Legolas.“ Ravine ging einen Schritt zurück. „Du bist der Prinz?“ „Wenn ich nein sagen würde, wäre es eine Lüge. Ich denke, du möchtest dich jetzt nicht mehr morgen mit mir treffen.“ Ravine sah zum Himmel und antwortet ihm dann. „Wir haben doch alle den gleichen Himmel, atmen die gleiche Luft, haben den gleichen Mond und die gleiche Sonne. Für mich macht es keinen Unterschied, ob jemand ein Prinz, ein König oder ein Elb ist. Die sind auch keine anderen Lebewesen, als die Normalen. Sie kennen genau so Angst, Freude, Trauer oder Schmerz. Ich möchte dich sehr gerne Morgen treffen. Ich würde vorschlagen, dass wir uns wieder hier treffen.“ Legolas nickte. Dann verabschiede sie sich und jeder ging wieder seine Wege.
Früh am Morgen machte sich Legolas auf den Weg zu der Stelle, wo er gestern Ravine getroffen hatte. Im war im Schloss aufgefallen, das sie keine bestimmte Zeit ausgemacht hatten. So beschloss er den ganzen Tag dort zu warten, wenn es nötig sein sollte. Er hatte Glück. Ravine kam nach einer Stunde. Legolas, der sich wieder an einen Baum gelehnt hatte, richtete sich wieder auf und begrüßte Ravine. „Schön, dass du gekommen bist.“ „Für mich ist eine Verabredung, wie ein Versprechen. Wähle du, wo wir hingehen.“ Legolas überlegte kurz. „Wir könnten ausreiten. Ich leihe dir gerne ein Pferd.“ „Na gut.“ Legolas holte schnell zwei Pferde. Dann ritten sie langsam durch den Wald. „Wie ist es eigentlich ein Prinz zu sein?“ „Na ja. Ich würde sagen nicht anderes, als ein Bürger zu sein. Man hat nur viele Verantwortungen und selten hat man Freizeit. Ich weiß jetzt schon, dass mein Vater mich wieder zur Rechenschaft ziehen wird, weil ausgeritten bin, anstatt mich um die Belangen der Bürger zu kümmern.“ Ravine lächelte ein wenig. „Bei mir ist es ungefähr das Gleichen. Ich muss mich häufig auf meine jüngere Schwester aufpassen. Sie hat immer nur Unsinn im Kopf und treibt mich häufig in den Wahnsinn. Hast du Geschwister?“ „Nein, leider nicht. Ich habe mir immer gewünscht einen älteren Bruder zu haben, der vor mir immer geheim gehalten wurde. Natürlich war es immer nur ein Wunsch…“ Ravine zeigte begeisternd nach Norden. „Sieh mal! Ein Fluss! Wollen wir uns dort erholen?“ Legolas lächelte. Das genügte Ravine aus Antwort.
Sie ließ ihre Füße im Wasser schaukeln, während Legolas weiter hinten im Gras saß. Sie liebte es, wenn kaltes Wasser über ihre Füße floss. Nach einer Weile sah sie nach hinten zu Legolas. „Willst du dich nicht zu mir setzen?“ Legolas schüttelte den Kopf. Ravine stand auf, nahm ihre Schuhe und setzte sich zu ihm. „Kann ich dir eine Frage stellen, Legolas? Was ist mit deiner Mutter? Du hast gesagt, dass du mit deinem Vater gestritten hast. Hat den deine Mutter nicht dazu gesagt?“ Legolas senkte ein wenig seinen Kopf. „Meine Mutter… Sie ist nach Valinor gegangen. Sie hat meinen Vater nicht mehr ausgehalten. Er hat ihr das Herz gebrochen.“ Auch Ravine senkte den Kopf. „Ich habe nur eine Stiefmutter, die sich gegen meinen Vater nicht durchsetzten kann. Wenn sie irgendetwas sagt, was ihm nicht passt, schlägt er sie. Meine richtige Mutter habe ich nicht gekannt. Sie ist einige Tage nach meiner Geburt gestorben. Ich weiß nur noch ihren Namen; Leandra.“ „Das ist ein schöner Name. Meine Mutter hieß Lasselanta. Ich kann mich kaum noch an sie erinnern. Ich weiß noch, dass sie wunderschön war. Mein Vater scheint sie trotzdem nicht geliebt zu haben, wenn er sie einfach gehen ließ.“ „Bestimmt hat er versucht, sie aufzuhalten, es aber nicht geschafft.“ Legolas sah Ravine an. „Mein Vater und irgendjemanden aufhalten? Sicher nicht. Dem sind doch Andere egal. Er denkt immer nur an sich.“ „Hasst du deinen Vater so sehr, dass kein gutes Wort über ihn über deine Lippen kommt?“
„Ich… Ich hasse nicht ihn, sondern das, was er immer macht. Du musst wissen. Ich habe schon sehr viele Freundinnen gehabt und immer wieder hat er sie mir genommen und…“ Ravine legte ihm den Finger auf den Mund. Langsam nahm sie in weg und küsste ihn. „Ich werde bei dir bleiben, versprochen.“ Legolas atmete schwer. Dann stand er auf und bat Ravine, mit ihm zurück zu reiten. Ravine kam der Bitte nach. In Kürze waren sie zurück beim Schloss.
Ravine und Legolas stiegen von den Pferden ab. Legolas nahm beide Pferde. „Ich denke, es ist besser, wenn du jetzt gehst, bevor meine Vater dich sieht. Ich…“ Ravine fiel ihm ins Wort. „Heißt das, wir wollen uns morgen nicht mehr treffen?“ Legolas sah sie nicht an und wollte gehen. Ravine hielt ihn aber leicht fest. „Ich werde nicht ins Schloss gehen, dann kann dein Vater mich nicht sehen. Bitte, lass uns morgen wieder treffen. Ich habe noch nie so einen netten Mann getroffen, wie dich.“ Legolas drehte sich um uns lächelte sie an. „Einverstanden.“
Die kommende Woche vollbrachte sie zusammen. Sie ritten wieder aus, setzten sich wieder an den Fluss, gingen Picknicken oder streifen nur durch den Wald. Dabei fiel ihm einmal ein braunhaariges Mädchen auf, das durch den Wald ging und sang. Sie machte den Eindruck, als schien ihr langweilig zu sein. Legolas hielt sein Pferd an und stieg ab. Er wollte mit dem Mädchen, die so wunderschön war, sprechen. So rief er zu dem Mädchen hinüber. „Hallo junge Dame.“ Erschrocken sah das Mädchen zu ihm. „Mana valsi en? [Was wollen Sie von mir?]“ Legolas sah zu Ravine, die auch schon vom Pferd gestiegen war. Dann sah er wieder zu dem Mädchen. „Verstehst du mich überhaupt?“ Mit großen Augen sah sie ihn an. Sie schien ihn wirklich nicht zu verstehen, denn sie sagte nichts. Deshalb versuchte es Legolas mit elbisch. „Hê esta Legolas. Ve bro lîn esse? [Ich heiße Legolas. Wie ist dein Name?]“ Das Mädchen ging einen Schritt zurück. „Im lert algwa amort quetë. [Ich darf nicht mit Fremden reden.]“ Legolas lächelte das Mädchen an „Ná, le ist nin nanta hi. Le ist mae nyan esse. Ve ingem in le? [Aber, du kennst mich doch jetzt. Du kennst ja meinen Namen. Wie alt bist du?]“ Das Mädchen lächelte. „Toloth ar elle?“ Auch Legolas lächelte. Ravine ihrerseits verstand weder Legolas noch das Mädchen. Legolas schien das zu ahnen und fragte Ravine nach ihrem Alter. „Sie hat gefragt, wie alt wir beide sind.“ Ravine nickte. „Ach so. Ich bin achtundzwanzig Jahre alt.“ Legolas wendete sich wieder an die junge Dame. „Im nu canadmenead minartoloth ar nya meldis bro tolotharthanze îne ingem. [Ich bin viertausendzweihunderteinundachtzig und meine Freundin ist achtundzwanzig Jahre alt.]“ Das Mädchen sah sie an. „Ar ve bro elle esse? [Und wie ist IHR Name?]“ „Ravine. Ve est…? [Ravine. Wie heißt…?]“ Es war eine Männerstimme zu hören, die das Mädchen rief. „Tel, nyae Vanya! [Komm, meine Schöne!]“ Das Mädchen sah hinter sich und antwortete ihm. „Im tele, adar! Or cenad, elle yuyen. [Ich komme, Vater! Auf Wiedersehen, ihr beiden.]“ Dann war das Mädchen tief im Wald verschwunden. Legolas und Ravine stiegen auch wieder auf ihre Pferde. Auf den Weg zum Schloss unterhielten sie sich noch über das Mädchen. Beiden kam das Mädchen seltsam vor. Zudem erfuhren sie nicht wirklich viel über sie. Sie wusste nur, dass sie acht Jahre alt ist und anscheinend einen Vater hat. Somit kann sie kein Naturgeist sein.
Legolas ging das Mädchen nicht mehr aus dem Kopf. Nicht einmal, als sie im Dorf angekommen waren. Ravine fiel auf, dass Legolas träumte. Sie erlaubte sich deshalb einen Witz. „Ich denke, sie ist viel zu jung für dich. Du musst nicht von ihr träumen.“ Legolas sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. „Sehr witzig, Ravine. Ich glaub, du solltest jetzt nach Hause gehen.“ Ravine stieg vom Pferd, was auch Legolas tat. Dann verabschiedete sie sich von ihm mit einen Kuss und verschwand im Haus. Legolas ritt zurück zum Schloss. Legolas musste unbedingt mit seinem Vater reden. Er wusste genau, wo er ihn findet würde. Wie fast immer war er ihm Thronsaal, jedoch nicht allein. Im Thronsaal war eine Elbin, die auf Thranduils Schoss saß. Als sie Legolas sah, stand sie auf und setzte sich unter den Thron auf die Treppe und sah ihn an. Legolas beobachtete sie. Dann sprach er zu ihr. „Bitte geh, Navidia. Ich muss mit dem König allein reden.“ Die Elbin stand auf und sah Legolas mit einem verachteten Blick an, bevor sie den Thronsaal verließ. Einstmals war sie eine Freundin von Legolas. Man könnte sagen, die Letzte. Eines Tages hatte sie zu ihm gesagt, dass er nicht der Richtige für sie ist. Im nächsten Moment küsste sie Thranduil. Jetzt tat Legolas so, als wäre sie nur jemand, dessen Namen man kannte, jedoch nichts mit ihr zu tun hat.
Thranduil stand auch auf und ging zu seinem Sohn. „Was ist dein Begehr, Sohn?“ Legolas hebte seinen Kopf, damit er in das Gesicht von Thranduil sehen konnte. „Ich habe im Wald ein achtjähriges Elbenmädchen getroffen. Sie hatte braune, bis zur Taille langes Haar. Ich habe hier im Düsterwald noch nie ein braunhaariges Mädchen gesehen. Zudem scheint sie nur elbisch sprechen und verstehen zu können. Kennst du sie?“ Thranduil zuckte mit den Schultern. „Es gibt eine Menge braunhaarige Mädchen in Mittelerde. Es tut mir leid, Sohn, dass ich dir nicht helfen konnte.“ Legolas wollte gehen, doch Thranduil hielt im am Arm fest. „Jetzt habe ich noch einige Fragen an dich. Seit wann redest du wieder mit mir?“ Legolas drehte sich abermals zu seinem Vater um. „Na ja. Irgendwann muss ich ja wieder mit dir reden, oder?“ „Müssen nicht. Es ist nur schön, dass du es wieder machst. Wer ist eigentlich dieses wunderschöne Mädchen, das immer bei dir ist?“ Legolas wusste wieder, warum er seinem Vater verachtete. „Fängst du jetzt schon wieder an?! Jetzt weiß ich es! Es war doch eine Fehler wieder mit dir zu reden!“ Legolas ging wütend weg.
Er holte aus dem Stall sein Pferd und ritt ins Dorf. Er hatte Glück. Ravine saß auf der Bank, die vor ihrem Haus stand. Sie hatte Legolas gesagt, dass sie sehr oft hier sitzt und nachdachte. Auch heute betrügt sie etwas. Legolas setzte sich neben sie. Sofort sah sie ihn an. „Schön, dass du hergekommen bist. Mir geht es nicht gut.“ „Mir auch nicht. Mein Vater weiß von dir.“ Ravine sah auf den Boden und sprach dann. „Meine Stiefmutter hat heute erfahren, dass sie schwanger ist. Aus diesem Grunde hat mein Vater gesagt, dass ich ausziehen muss. Es ist nicht genügend Platz da. Na ja. Was soll’s. Ich bin ja alt genug. Könntest du mir helfen, ein Haus zu finden?“ Legolas nickte. „Morgen werde ich für dich ein Haus gefunden haben.“ Ravine umarmte Legolas. „Danke, Legolas. Ich muss jetzt wieder rein. Guten Abend und bis morgen.“ Ravine verzog sich ins Haus, während Legolas noch ein wenig auf der Bank sitzen blieb. Er sah zum Himmel, der voller hellleuchtenden Sternen war. Dann stand auch er auf und ging nach Hause.
Am nächsten Morgen klopfte es an Ravines Haustür. Ihre Mutter öffnete die Tür. Davor stand Legolas. „Guten Morgen, Madame. Könnte ich zu Ravine?“ „Ich weiß nicht, ob sie wach ist. Wie war noch mal Ihr Name?“ Legolas sah sich kurz um, weil er hinter sich ein Geräusch hörte. Dann wendete er sich wieder Ravines Mutter zu. „Ich heiße Legolas.“ Sie erschrak und verbeugte sich sofort. „Prinz! Der Prinz ist mit Ravine befreundet. Natürlich werde ich Ravine holen.“ Nach einer Weile kam Ravine auch. Sie setzten sich auf die Bank. „Ich habe ein Haus für dich gefunden.“ „Wirklich?“ Ravine lächelte und umarmte vor Freude Legolas. „Ja. Du müsstest nur mit mir mitkommen.“ „Gerne“ antwortete Ravine mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Nachdem sie ihrer Mutter gesagt hatte, dass sie weggeht, gingen sie schon los.
Das Haus war nicht einmal weit weg. So konnte sie ihre Familie immer oft besuchen. Ravine sah sich drinnen sofort um. Das Haus war groß genug für sie und auch für ungefähr drei weitere Leute war noch Platz. Ravine konnte ihre Freude nicht zurückhalten. Sie stand sich in die Mitte der Eingangshalle und drehte sich auf der Stelle. Dazu lachte sie auch noch. „Es ist wunderbar! Ich liebe es jetzt schon! Vielen Dank, Legolas. Vielen, vielen Dank.“ „Dann werde ich wieder nach Hause gehe, dann kannst du dich an deinem neuen Haus erfreuen und auch das nötigste Einrichtungen besorgen.“ schlug Legolas vor. Ravine sagte nichts dazu. Legolas zog sich mit einem Lächeln und ohne ein weiteres Wort zurück. Er wollte Ravine nicht weiter stören. Sie bemerkte nicht einmal, dass Legolas nicht mehr bei ihr war. Er hingegen ging zurück zum Schloss und ging in sein Zimmer. Nach einer Weile startete ihm sein Vater einen Besuch ab. Er setzte sich aufs Bett. „Wo ist den heute deine Freundin?“ fragte er mit einem bestimmten Unterton. Legolas musst sich zusammenreißen, um seine Wut auf seinen Vater zurückzuhalten. Dann antwortete er mit ruhiger Stimme. „Ich wüsste nicht, wieso es dich interessieren sollte, Verehrter Vater.“ Thranduil stand vom Bett auf und bevor er ging, drehte er sich noch einmal um. „Sohn. Ich weiß nicht, wieso alle Elbenfrauen mir nachrennen.“ Jetzt konnte sich Legolas nicht mehr zurückhalten, also schrie er seinen Vater an. „Wieso alle Elbenfrauen mir nachrennen? Tickst du noch richtig? Du bist es doch, der den Frauen nachrennt! Ich kann mich an keine meiner Freundin erinnern, die du mir nicht weggenommen hättest! Keine Einzige!“ Thranduil ging auf seine Sohn zu und versuchte ihn zu beruhigen. „Ruhig mein geliebter Sohn.“ Legolas wies ihn jedoch ab. „Geht jetzt, Verehrter Vater! Ich möchte mit dir nicht mehr sprechen!“ Legolas wendete sich von ihm ab und nach Minuten ging Thranduil auch. Legolas musste sich abregen. Er entschloss noch einmal zu Ravine zu gehen. Bei ihr konnte er alle Sorgen vergessen.
Auf dem Weg durch den Wald traf er wieder auf das braunhaarige Mädchen, dessen Name er nicht wusste. Sie stand auf der Wiese, sang und pflügte Blumen. Legolas ging wieder langsam zu ihr. „Ormae, nethe Hiril. [Guten Tag, junge Dame.]“ Das Mädchen drehte sich um und sah ihn erschrocken an, bevor sie ihn erkannte. Legolas! No ma, Se atta ancen. [Legolas! Bin erfreut, Sie wieder zu sehen.]“ Legolas setzte sich auf einen Stein, der in der Nähe lag. Das Mädchen auf den Boden. „Mana gart cél que mîth, ve le er nev ne Taur e-Ndaedelos? [Was macht eigentlich ein kleines Mädchen, wie du allein hier im Düsterwald?]“ Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Im no lá er. Enya Adar bro er nev ne eryn ar sina loth an enya Amil. [Ich bin nicht allein. Mein Vater ist noch hier im Wald und diese Blumen sind für meine Mutter.]“ Legolas stand auf, richtete seine Kleidung wieder und setzte sich wieder. „Bro lîne Amil er nev? [Ist deine Mutter auch hier?]“ Das Mädchen schüttelte wieder den Kopf und antwortete. „Ma, se bro na bare. [Nein, sie ist zu Hause.]“ „Ar ennas bro na bare? [Und wo ist zu Hause?]“ „ Ped im al. Sae nanta. [Sag ich nicht. Rate doch.]“ Wieder hörte Legolas die Männerstimme von damals. „Tel, nyae Vanya! [Komm, meine Schöne!]“ Das Mädchen verabschiedete sich und rannte zurück in den Wald. Legolas schrie ihr nach, doch sie verschwand. In diesem Moment kam Ravine auf ihn zu. „Warum bist du gegangen?“ fragte Ravine Legolas. Er zog die Augenbraue hoch. „Ich habe doch gesagt, dass ich dich allein lasse, damit du dich einleben kannst.“ Ravine sah ihn verwundert an. „Ich hätte nichts gehört. Ist aber auch jetzt egal. Warum stehst du hier allein im Wald?“ Legolas überlegte. Dann antwortete er. „Nichts besonderes. Ich habe nur das Mädchen wieder gesehen.“ Ravine sah Legolas mit zusammengekniffenen Augen an, ehe sie antwortete. „Weißt du jetzt wenigstens, wie ihr Name ist?“ Legolas schüttelte den Kopf. „Ich denke, dass sie mir nicht vertraut, den sie weicht meinen Fragen aus. Ich würde aber sagen, dass das für ein Kind in ihrem Alter völlig normal ist. Ihre Eltern haben gesagt, dass sie nicht mit Fremden reden darf und wahrscheinlich auch, dass sie niemanden Fremden ihren Namen und Herkunft sagen darf. Ich durfte es in ihrem Alter nämlich auch nicht.“ Ravine atmete tief durch, sagte aber nichts mehr. „Fehlt dir etwas, Ravine?“ „Nein, wieso?“ Ravine sah sich um, als würde sie etwas suchen. Legolas konnte aber nicht ausmachen, was sie suchte. „Du kommst mir so vor, als würde dich etwas bedrücken.“ Ravine sah Legolas direkt in die Augen und ging näher an ihn heran. Dann küsste sie ihn, bevor sie ihm weiter in die Augen sah. „Willst du nicht heute zu mir ins Schloss kommen? Wir könnten die Nacht miteinander verbringen.“ Ravine stieß Legolas leicht von sich. „Ich… ich kann nicht. Ich habe heute schon etwas vor. Tut mir leid. Vielleicht ein anderes Mal.“ Ravine drehte sich um und ging. Legolas sah ihr skeptisch nach, sagte jedoch nichts mehr und kehrte zum Schloss zurück.
Als Legolas aufwachte, war es noch dunkel draußen und einschlafen konnte er auch nicht mehr, sodass er aufstand und in die Küche ging um etwas zu Trinken. Beim Rückweg hörte er aus seines Vaters Zimmer eine weibliche Stimme, was eigentlich schon normal war, doch diese Stimme kam ihn sehr bekannt vor. Er ging näher an die Tür und hörte seinem Vater zu, der gerade das Wort ergriffen hatte. „Du bist so wunderschön, meine Liebe. Was möchtest du mit meinem Sohn?“ „Ich finde ihn irgendwie süß! Mehr ist da nicht! Wie kann er nur denken, dass ich eine Beziehung mit ihm haben möchte! Zumindest hat er mir dabei geholfen, ein Haus zu finden. Morgen werde ich mit ihm Schluss machen. Dann gehöre ich nur noch dir.“ Legolas zog ich in sein Zimmer zurück. Wie konnte er sich nur so in Ravine irren. Sie war genau, wie alle Anderen. Wie konnte er nur denken, dass sie anderes sein könnte? Das sie Interesse an ihm haben könnte? Er beschloss sich wieder ins Bett zurück zu verziehen. Er wünschte sich so sehr, dass das Alles nur ein Traum sei. Das er morgen aufwachen und alles wieder normal sein wird. Er schloss die Augen und schlief bald wieder ein.
Am nächsten Morgen wachte Legolas führ mittags auf. Die Sonne stand schon sehr hoch. Von Ravine keine Spur. Er ging nach draußen vor das Schloss und atmete tief die noch erbliebene morgendliche Luft ein. Es war ein wunderschöner Tag. Er hörte ein Mädchen singen und folgte der Stimme. Er traf auf der Lichtung das Mädchen wieder, das am Fluss ihre Füße kühlte. Er zog seine Schuhe aus und steckte seine Füße auch ins Wasser. „Le coldim di cen. Mana bro harna? [Du trägst Trauer in dir. Was ist passiert?]“ Das Mädchen sah fragend Legolas an. Er überlegte kurz und schilderte ihr seine Sorgen. „Is le hequani lá henio. Enya meldis gar nin vantadel! [Das wirst du noch nicht verstehen. Meine Freundin hat mich betrogen!]“ Sie sah ins Wasser und ließ ihre Füße im Wasser baumeln. Dann sah sie Legolas an. „Im ga He erinfura. Enya naneth bro ner canad înene qalin. Im tûr nin lá erin hain ren. [Ich habe Sie angelogen. Meine Mutter ist seit vier Jahren tot. Ich kann mich nicht mal an sie erinnern.]“ Legolas lächelte. „Im ga er rem fura. Tûrt le anwa sal eldaiva? [Ich habe auch häufig gelogen. Kannst du wirklich nur elbisch?]“ Dieses Mal war es das Mädchen, das lächelte, bevor es antwortete. „Nicht nur, aber Sie haben es mir geglaubt.“ Legolas sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. „Du bist ein kluges Mädchen. Das muss ich sagen.“ Das Mädchen nahm ihre Füße aus dem Wasser und zog sie an. Sie legte ihren Kopf auf ihre Beine. Legolas legte seinen Arm um sie. Er fragte sich, was mit ihr los sei. Vorsichtig fragte er sie. „Hab ich etwas Falsches gesagt?“ Die Unbekannte hob ihren Kopf und lächelte wieder. „Nein, nein. Ich… Mir ist nur gerade etwas eingefallen. Ich muss jetzt wieder nach Hause.“ Legolas rief ihr noch schnell nach. „Wie heißt du eigentlich?“ Das Mädchen drehte sich um und lächelte. „Ich hab gehört, dass Prinzen immer so langweilig ist. Jetzt gebe ich dir eine Aufgabe. Finde meinen Namen heraus.“ „Warte! Es gibt so viele Namen in Mittelerde!“ Das Mädchen hörte ihn jedoch nicht mehr und verschwand schnell im Wald. Legolas sah aufs Wasser und seufzte. Den Namen würde er niemals herausbekommen. Nie in seinem ganzen Leben. Er beschloss zurück ins Schloss zu gehen. Irgendwann musste er sich der Sache mit Ravine stellen. Er konnte nicht sein Leben lang davor weglaufen.
Beim Schloss wartet Ravine schon freudestrahlend auf ihn. Dass diese Frau nur so unschuldig tun konnte?! Ravine wollte gerade etwas sagen, als Legolas bei ihr angekommen war, doch er nahm ihr das Wort aus dem Mund. „Ich muss dir unbedingt etwas sagen, Ravine. Es war eine schöne Zeit mit dir, doch ich denke, dass wir nicht wirklich gut harmonieren und verschiedener Natur sind. Wir sind gewissermaßen, wie Feuer und Wasser. Deshalb möchte ich mit dir Schluss machen. Vielleicht findest du jemanden, der besser zu dir passt.“ Legolas ging ins Schloss, ohne auf eine Antwort von Ravine abzuwarten. Ravine schien ihm nicht einmal zu folgen.
Er ging in sein Zimmer und ging alle Namen durch, die ihm einfielen. Von A wie Adamanta bis Z wie Zamîn. Obwohl er nachts gut geschlafen hatte, überkam ihm die Müdigkeit und ruhte sich ein wenig in seinem Bett aus. Geweckt wurde er vom Klopfen an seiner Tür und bald steckte auch Thranduil seinen Kopf ins Zimmer. „Hast du geschlafen, Sohn?“ „Eigentlich schon, aber das wird dir wahrscheinlich egal sein!“ Thranduil gesellte sich zu seinem Sohn und atmete erst durch, bevor er wieder das Wort ergriff. „Warum bist du immer so feindselig zu mir?“ Legolas sprang auf. Wie konnte er nach all dem noch so eine Frage stellen? Er konnte und wollte seinem Vater nicht antworten. Er eilte aus dem Zimmer und aus dem Schloss. Wenn er Thranduil schon sah, musste er das Schloss verlassen. Kaum erblickte Legolas ihn, stieg Wut in ihm auf. In all den Jahren hatte er ihm so viel angetan, und dennoch konnte er nicht einfach gehen. Es war seine Zuhause, seine Familie, sein Leben. Das konnte er nicht einfach aufgeben so sehr er es auch wünschte. Wo sollte er auch schon hin? Es gab ebenso Tage, an denen er sich mit seinem Vater gut verstand, dass er ihn um nichts auf der Welt tauschen möchte. Zur Zeit war es aber leider nicht der Fall.
Er setzte sich auf die Bank, die vor dem Schloss stand und dachte nach. Wieder hatte er eine Freundin verloren. Was hat sein Vater, was er nicht hat? Kann ihm jemand auf diese Frage eine Antwort geben? Wohl kaum.
Legolas erhob sich wieder und ging wieder ins Schloss. Zum Glück traf er nicht auf Thranduil. Heute konnte er ihn nicht mehr ertragen.
In dieser Nacht konnte er wieder richtig schlafen. Es zog ihn in den Thronsaal, wo er natürlich auf seinen Vater traf. Legolas riss sich zusammen. Thranduil sprach ihn gleich an, als er ihn sah. „Guten Morgen, mein Sohn. Hast du gut geschlafen?“ Legolas setzte sich neben ihn, obwohl er nicht wusste, wieso. „Könnte mich nicht beklagen. Kann ich dir eine Frage stellen? Hattest du in letzter Zeit Besuch?“ Thranduil kniff die Augen zusammen und sah seinen Sohn verwundert an. „Wieso fragst du?“ Legolas atmete durch. Wieso kann ihm sein Vater nicht einfach seine Fragen beantworten, und muss immer Gegenfragen stellen? Er atmete noch mal tief durch „Ich soll doch einmal König werden. Ist es dann nicht angebracht, wenn man unsere Gäste kennt?“ Thranduil schrak zurück. „Ich dachte, du willst nie König werden. Na gut. Ich kann dir aber nicht alle sagen. Da würden wir morgen noch hier sitzen. Du wirst sie mit der Zeit schon selber kennen lernen.“ sagte Thranduil voller Stolz. „Es sind eine Menge Elben, die bei uns Anhörung finden. Wie schon gesagt. Wenn ich sie aufzählen würde, wären wir morgen noch hier.“ Legolas half diese Antwort nicht viel weiter. Deshalb fragte er weiter. „Und welcher der Gäste hat eine Tochter oder mehr?“ Thranduil überlege schnell. „Oh du meine Güte. Viele. Die meisten Elben, die herkommen, haben Töchter.“ Das half Legolas noch weniger. Es schien unmöglich zu sein, herauszubekommen, welche Tochter dieses Mädchen war. Thranduil konnte ihn also auch nicht helfen. Natürlich interessierte ihn sofort dieses Mädchen. „Wer war der letzte Besuch?“ Thranduil überlegte. „Der Letzte, der bei mir heute war, war König Sargond mit seinem Sohn Ernilion…“ Legolas fiel ihm ins Wort. „Hat Sargond eine Tochter?“ Thranduil lächelte. „Er hat eine Tochter, Aranthia. Sie ist Ernilions Zwillingsschwester. Ich wüsste jedoch nicht, dass sie da gewesen wäre.“ „Sind die beiden noch Kinder?“ Thranduil sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Im Gegenteil. Sie sind schon lange erwachsen. Wieso interessiert dich das Mädchen? Ich denke mir, dass es ein Mädchen ist. Du kannst eine Menge Mädchen im Dorf haben.“ Legolas stand auf und verließ den Thronsaal. Bevor er nach draußen trat, wand er sich seinem Vater noch einmal zu. „Vielleicht ist dieses Mädchen aus dem Dorf.“ Dann ging er.
Er musste erst einmal überlegen und in seinen Gedanken vertieft, überrannte er fast ein Mädchen; die Tochter einer Dienerin. Legolas beachtet sie nicht weiter und eilte weiter hinaus zum Fluss. Er hoffte, das Mädchen wieder zu sehen. Heute kam sie jedoch leider nicht. Legolas verließ den Fluss und steuerte das Dorf an. Am Eingang traf er zwei Jungen. „Guten Tag ihr beiden. Kann ich euch eine Frage stellen?“ Die Jungen sahen sich gegenseitig an. „Kann er uns eine Frage stellen, Orala?“ „Ich weiß nicht, Orsûl. Was möchtest du uns fragen?“ Legolas dachte schnell nach wie er seine Frage stellen sollte. „Kennt ihr ein Mädchen hier im Dorf, dass braune Haare hat und acht Jahre alt ist?“ Sie sahen sich wieder an und Orala antwortete. „Ein Menge: Eala, Nis, Redda, Asea…“ Legolas fiel ihm schnell ins Wort. „Schon gut. Vielen Dank.“ Legolas durchstreifte das Dorf, sah jedoch das Mädchen nicht. Er kehrte zum Fluss zurück. Den restlichen Tag verbrachte er damit, am Fluss zu warten, doch die Unbekannte tauchte nicht auf.
Als es schon dunkel wurde, löste er sich von dem Gedanken des Mädchens und ging zum Schloss. Thranduil hatte noch einige Angelegenheit im Thronsaal zu erledigen, wobei Legolas ihn nicht stören wollte. Er nahm einen Unweg zu seinem Zimmer und ging zu Bett.
Der nächste Morgen brachte auch nicht viel Hoffnung. Er streifte durchs Schloss und traf unverhofft Ravine. „Guten Morgen, Legolas.“ Legolas blieb stehen. „Ich erspare mir die Frage, was du hier im Schloss machst! Und? Wie ist mein Vater so?“ Ravine sah beschämt zu Boden. „Ich… Es tut mir leid, Legolas. Es ist einfach passiert. Ich habe Thranduil getroffen und mich in ihn verliebt. Wie du schon gesagt hast. Wir zwei sind wie Feuer und Wasser.“ Legolas drehte sich ihr weg. „Feuer und Wasser können gegenseitig existieren, wenn sie weit genug auseinander bleiben!“ „Du hast recht. Eigentlich wollte ich dir nur sagen, dass… Ich bin von Thranduil schwanger.“ Legolas schenkte Ravine keine Beachtung mehr und ging weiter seiner Wege. Er konnte nicht fassen, wie er Ravine lieben konnte. Sein Weg führte ihn vom Thronsaal vorbei, wo er die Stimme seines Vaters hörte. „Du bist aber ein süßes Kind. Wie alt bist du denn und wie ist dein Name?“ Die andere Stimme, Legolas wohl bekannt, antwortete ihm. „Acht, bald neun. Meinen Namen verrate ich nur besonderen Menschen, den ich vertraue. Sie kennen ich erst eine Woche.“ Legolas hörte das Lachen seines Vaters, der bald weitersprach. „Aber das muss doch nicht so bleiben. Wir könnten Freunde sein und wenn du erwachsen bist, könntest meine Frau werden.“ „Mal sehen. Ich werde wieder kommen, wenn ich erwachsen bin.“ Das war genug! Legolas riss die Tür auf und stand sich vor seinen Vater. „Bist du von allen Geister verlassen? Sie ist noch ein Kind!“ „Beruhig dich Sohn. Ach, ist das das Mädchen, dass du gesucht hast? Das wusste ich gar nicht.“ „Lass deine faulen Ausreden! Du wusstest es ganz genau!“ Das Mädchen schlich sich leise aus dem Saal, als ihr keiner mehr Beachtung schenkte. „Warum, Vater? Wieso kannst du nicht endlich selber eine Freundin suchen und musst immer meine nehmen? Warum?“ Thranduil stand von seinem Thron auf und ging zu seinem Sohn. „Sie kommen alle zu mir! Ich suche keine der Mädchen, doch sie suchen mich. Ich habe es dir immer gesagt! Alle deine Freundinnen sind irgendwann zu mir gekommen, weil du ihnen nie gegeben hast, was sie wollten! Mit Melia hast du immer nur um den heißen Brei herumgeredet! Lora hasste deine Zurückhaltung und du bist nie zur Sache gekommen! Rómena hingegen warst du immer viel zu nett! Soll ich noch Weitere aufzählen? Du bist einfach ein Versager für die Frauen! Mit deiner Einstellung wirst du nie eine Freundin bekommen.“ Legolas wurde weiter wütend. „Halt deine Klappe und lass das Mädchen in Ruhe! Lern endlich ‚nein’ zu sagen! Du hast es zu weit getrieben!“ Thranduil setzte sich wieder und sah seinen Sohn an. Er wusste keine Antwort. Legolas wurde es zu dumm und er stürmte die Thronsaaltür hinaus. Er lief in irgendeine Richtung und gelangte nach draußen, vorbei an den Wachen und in den Wald hinein, wo er stehen blieb und einen Schrei losließ. Er spürte einen jähen Schmerz in seiner Brust und nach dem erlösenden Schrei kam es ihm vor, als würde sein Körper nach und nach taub werden.
Er kehrte zum Schloss zurück und in sein Zimmer, wo sein Vater schon wartete. Als Legolas sich auf sein Bett gesessen hatte, ergriff Thranduil das Wort. „Deinen Schrei hat man durch das ganze Schloss gehört. Ich habe nachgedacht und du hast recht. Ich ging zu weit. Du musst wissen. Obwohl Lasselanta jetzt schon fast viertausendzweihundertneunundziebzig Jahre fort ist, fehlt sie mir immer noch jeden Tag. Ich wollte den Schmerz unterdrücken, indem ich mit anderen Frauen schlief. Jetzt ist mir klar geworden, dass der Schmerz nur schlimmer geworden ist und ich, noch dazu, dir weh getan habe. Ich werde als König zurücktreten. Ich möchte, dass du der neue König des Düsterwaldes wirst.“ Legolas sah ihm in die Augen. „Ich? Nein, Vater. Wie du schon gesagt hast, bin ich ein Versager. Ich könnte kein ganzes Königreich regieren.“ „Du wirst ein großartiger König sein, denn du lässt dich nicht von Frauen ablenken und hast nur das Königreich im Sinn.“ Legolas ließ sich aufs Bett fallen. Er überlegte ein Weile, während Thranduil seine Krone abnahm und sie neben Legolas aufs Bett legte. Legolas nahm sie und setzte sie auf. Thranduil verbeugte sich knapp und verließ das Gemach. „Warte, Vater!“ Legolas eilte ihm nach und hielt ihn auf. „Es hat nicht alle unsere Problem gelöst! Ab jetzt wirst du die Frauen in Ruhe lassen!“ Thranduil versprach es. Zudem sah er auch ein, dass er langsam zu alt wurde. Ravine musste am nächstens Tag versprechen, nie wieder ins Schloss zu kommen. Ravine hatte es jedoch nicht schwer, einen Vater für ihr ungeborenes Kind zu finden.
Ein Jahr war schon durchs Land gezogen. Legolas herrschte als guter König den Düsterwald. An einem Tag, wo ihm so langweilig war, beschloss er, in ins Dorf zu gehen, als er bemerkte, dass ein Wachmann am Schlosstor fehlte. „Wo ist dein Partner?“ Der Soldat zeigte ein Stück seitlich vom Schloss. „Er hörte dort ein Geräusch und wollte nachsehen gehen!“ Als er die Richtung ging, wohin der andere Wachmann zeigte, hörte er die Stimme des Wachmannes. „Was willst du hier? Geh zurück ins Dorf, Mädchen!“ Dann die Stimme eines Mädchens „Trev le nanta ad nedi opelë, le nîph! [Geh du doch zurück ins Dorf, du Narr!]“ Der Wachmann nahm sein Schwert und richtete es auf das Mädchen. „Frech auch noch werde! Ich werde dir zeigen…“ Legolas eilte zu dem Wachen und konnte ihn gerade noch aufhalten, eher dem Mädchen Schaden zufügte. „Du lässt dich von einem Kind provozieren? Schäme dich! Wenn ich mich recht entsinne, gehört doch zur Ausbildung, lernen zu können, sich immer ruhig zu verhalten, egal in welcher Situation!“ Der Wachmann steckte sein Schwert zurück in die Scheide und verbeugte sich vor Legolas. „Ja, euere Hoheit. Das stimmt. Bitte bestrafen Sie mich nicht.“ Legolas atmete tief durch. „Ich werde dich nur dann nicht bestrafen, wenn du mir versprichst, dass es nie wieder vorkommen wird! Falls doch, wirst du augenblicklich in den Kerker geworfen!“ Der Wachmann verneigte sich noch weiter. „Natürlich! Ich verspreche es.“ „Erheb dich und geh an deinen Platz zurück!“ Die Wache tat, wie ihr gesagt wurde und das Mädchen wollte gerade verschwinden. „Erst beleidigst du einen unserer Soldaten und dann möchtest du dich aus dem Staub machen. Das ist nicht nett!“ Das Mädchen drehte sich um und sah zu Boden. „Entschuldigung. Ich wollte… Ich hab ihm überhaupt nichts getan! Er hat kein recht gehabt, mich zu bedrohen!“ Legolas nickte. „Wo warst du das ganze Jahr? Ich hab dich nicht mehr gesehen?“ Das Mädchen setzte sich auf einen Stein. „Zuhause! Wo sollte ich sonst gewesen sein. Ich muss jetzt aber wieder gehen.“ Das Mädchen wollte gehen, doch Legolas packte ihren Arm. „Ich lass dich erst gehen, wenn du mir deinen Namen nennst! Es ist unmöglich, deinen Namen herauszubekommen! Wie heißt du?“ Das Mädchen wehrte sich, doch es half nichts. „Aha! Du tust mir weh! Lass los!“ Er lockerte den Griff nicht. „Jetzt sag mir deinen Namen. Vielleicht bist du ja eine Auftragskillerin! Manche stellen Kinder ein, weil sie so unschuldig aussehen. Ich muss das Land beschützen. Oder bist du wegen meinem Vater zurückgekehrt?“ Das Mädchen wehrte sich weiterhin und schlussendlich schaffte sie es, sich zu befreien. „Ich habe dir vertraut, Legolas und du hast mir wehgetan! Deinetwegen kam ich noch in diesen Wald. Nicht wegen deinen Vater! Ich wollte dich wiedersehen, doch jetzt werde ich nie wieder kommen. Leb wohl, Hoheit!“ Legolas schrie und lief ihr nach. „Es tut mir leid! Ich wollte dir kein Leid zufügen! Verzeih mir, bitte! ich habe es nicht so gemeint!“ Die Unbekannte blieb kein einziges Mal stehen und konnte zudem noch schneller laufen, als Legolas. Zudem übersah Legolas eine Wurzel und fiel zu Boden. Das unbekannte Mädchen war weg und Legolas wusste tief im innern, dass er sie das letzte Mal gesehen hatte.
So verging eine Woche, ein Monat, ein Jahr, ein Jahrhundert und schlussendlich zwei Jahrtausende. Das Mädchen war wirklich nie wieder gekommen. Legolas dachte gar nicht mehr an sie. Sie war einfach ein normales Kind, dass im Wald herumlief. Er wusste noch nicht mal, ob sie ein Mensch, ein Elb oder sogar Zwerg war. Er wusste überhaupt nichts von ihr. Nur, weil sie elbisch konnte, musste er nicht vorläufig heißen, dass sie elbischer Herkunft ist. So begrub er den Gedanken an das Mädchen.
Eines Tages erreichte ihn ein Brief, wo Elrond eröffnete, er wolle mit Legolas sprechen. Legolas schickte einen Boten nach Bruchtal, mit der Nachricht, dass er einverstanden sei. Ein Woche später war es so weit. Pferde näherten sich dem Schloss und Legolas begrüßte sie beim Eingang und befahl einigen Dienern die Pferde des Besuches in den Stall zu bringen. Derweilen führte er die Gäste in den Thronsaal und bat sie, sich zu setzten. Bei Elrond befanden sich noch vier Gestalten. Zwei Männer und zwei Frauen. Die beiden Männer sahen aus, als wären sie ein Spielbild des Anderen. Legolas schloss daraus, dass es sich vermutlich um Zwillinge handelte. Die Frauen jedoch sahen sich nicht mal im Geringsten ähnlich. Die Jüngste passte für Legolas nicht ins Bild. Während Elrond, die Männer und die andere Frau dunkelbraune Haare besaßen, war die Jüngere vollkommen schwarzhaarig. Nicht mal ein Braunstich. Vermutlich war sie nur eine Dienerin, dachte sich Legolas. Dann ergriff er das Wort. „Ich dachte, Sie würden alleine kommen. Nicht dass Sie jetzt denken, sie seien nicht willkommen.“ Elrond erhob sich. „Das sind allesamt meine Kinder. Meine beiden Söhne Elladan und Elrohir und meine beiden Töchter Arwen und Evil.“ Die Vier verbeugten sich. Legolas nickte kurz mit dem Kopf und wandte sich wieder an Elrond. „Was ist die dringende Angelegenheit, weswegen wir uns so kurzfristig treffen mussten?“ Elrond ging einen Schritt auf den Thron zu. „Es könnte sein, dass ein Krieg zwischen Bruchtal und den Zwergen stattfinden könnte. Ich wollte mit Ihnen darüber reden und sie um Unterstützung bieten, wenn es eintreffen sollte.“ „Sendet uns einen Botschafter und wir werden euch beistehen! Zudem möchte ich euch anbieten, die Nacht hier zu verbringen. Der Weg war bestimmt lang und beschwerlich.“ Elrond verbeugte sich und setzte sich wieder neben seine Sippe. Evil beugte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Elrond nickte stumm. Legolas erhob sich und befahl den Dienern, die Gäste ihre Gemächer zu zeigen. „Ich hoffe doch sehr, dass sie eine erholsame Nacht haben werden. Nehmen Sie einfach, was sie brauchen. Heute ist mein Schloss auch Ihre Schloss.“ „Habt vielen Dank. Gehabt euch wohl.“ Der Besuch folgte den Diener und Legolas merkte, dass Elronds jüngste Tochter sich zu ihm kurz umdrehte. Legolas ignorierte es und verschwand in seinem Zimmer.
Gegen Abend, als Legolas durchs Schloss wanderte, um nach dem Rechten zu sehen, traf er unverhofft auf eine Frau. Sofort verbeugte sie sich. „Guten Abend, Hoheit.“ „Guten Abend. Sind wir uns bekannt?“ Die Frau sah ihn an. „Natürlich! Ich bin… Oh entschuldigen Sie…“ Die Frau schloss die Augen und um sie wurde es hell und sie verschwand in dem Licht. Als es wieder weg war, stand vor ihm Elronds jüngste Tochter. „Ich denke immer nicht daran, dass ich mich wieder zurückverwandle.“ Legolas war der Atem weggeblieben. Als er wieder Luft bekam, fand er auch wieder seine Stimme. „Zurückverwandeln? Wie meinen Sie das?“ Evil atmete schwer. „Als ich noch ein Kind war, schenkte mein Vater mir dieses Abendstern. Er soll mich vor allem Bösen auf der Erde beschützen. Ich kann dadurch mein Aussehen verändern, wie ich will. Ich finde es… Es gefällt mir, wenn mich keiner erkennt.“ Legolas umrundete Evil. „Wieso gefällt es dir, wenn dich niemand erkennt? Willst du nicht, dass man dein eigentliches Ich sieht?“ Evil wandte ihren Kopf zur Seite. „Mein eigentliches Ich? Das kenn ich nicht einmal selber. Niemand weiß, wie ich wirklich aussehe. Selbst Vater weiß es inzwischen nicht mehr. Dies hier ist das Aussehen, das er kennt und liebt. Ob es mein eigentliches Ich ist? … Das vermag ich nicht zu sagen.“ „Es heißt, wenn Arwen ihre Kette abnehmen würde, würde sie sterblich werden. Vielleicht würdest du deine tatsächlich Gestalt erlangen, wenn du deine Kette nicht mehr trägst.“ „Wer weiß. Vielleicht, vielleicht jedoch nicht.“ Legolas ging langsam hinter Evil, während sie sprach. Sanft öffnete er den Verschluss der Kette und nahm sie an sich. Nichts geschah. Legolas legte ihr die Kette wieder um. Evil fasste an den Anhänger und sah dann ins Nichts. „Es hat mich sehr gefreut, Hoheit, mich mit Ihnen unterhalten zu haben, doch ich bin müde und würde gerne zu Bett gehen.“ Evil wirbelte herum und setzte zu Schritt an, als sie Legolas am Handgelenk packte. „Du bist wunderschön.“ Evil blieb stumm. Legolas brannte noch eine Frage auf der Zunge. „Kennen wir uns?“ Endlich fand sie wieder ihre Stimme. „Nein, Hoheit. Wir begegneten uns meines Wissens noch nie. Vielleicht haben Sie von mir gehört oder ein Bild gesehen, und ich kam in Ihren Träumen vor.“ Legolas zog sie leicht zu sich zurück und sah ihr in die Augen. „In meinen Träumen kamen noch nie Frauen vor.“ Evil befreite sich von seinem Griff. „Bitte, Hoheit. Ich bin niemand. Ich bin nur die jüngste Tochter und das jüngste Kind des Herrschers von Bruchtal. Elladan wird einmal Herr von Bruchtal sein. Elrohir vermutlich einmal von Arthedain und Arwen von Arnor, doch ich…“ Evil verstummte. Eine Weile sagte keiner der beiden ein Wort. Gerade, als Evil wieder gehen wollte, erhalte die Stimme von Legolas. „Dann werde doch Königin des Düsterwaldes.“ Evil drehte sich blitzartig um und sah ihn erschrocken an. Legolas lächelte leicht. „Ich wusste doch, dass wir uns kennen. Das achtjährige braunhaarige Mädchen, das warst du, stimmt´s?“ Evil sah zu Boden. „Bin ich für Sie braunhaarig? Meine Haare sind schwarz.“ Legolas´ Lächeln wurde breiter. „Nicht, als die Kette deinen Hals nicht verzierte. Deine Haare waren das Einzige was sich verändert hatte. Ich dachte, du wolltest nie wieder kommen.“ „Nie wieder ins eine verdammt lange Zeit, vor allem für einen Elb.“ Evil lächelte und Legolas küsste sie. Danach brannte Evil eine Frage. „Wie hab ich mich verraten?“ „Du hast mich so erschrocken angesehen, wie damals, als wir uns das erste Mal gesehen haben.“
Am nächsten Morgen machten sich Elrond und seine Kinder auf den Heimweg. Evil hatte ihrem Vater von der Verlobung erzählt. Er hatte nichts dagegen, doch sie musste noch einige Jahre bis zur Hochzeit warten. Legolas konnte warten. Er hatte schon zweitausend Jahre gewartet, dann wird er auch noch länger warten können.
Nachdem sie weg waren, vermisste er Evil doch ein wenig, doch sie hatte ihm versprochen, morgen wieder herzukommen. Mit oder ohne Elronds Erlaubnis. Er ging ins Schloss und setzte sich auf den Thron. Er musste lächeln, so glücklich war er. Sein Traum war endlich in Erfüllung gegangen. Endlich hatte er eine Frau gefunden, die ihn liebte und ihm treu war.
Ende
Texte: Namen und Schauplätze sind teilweise aus dem Elbischen und aus den Werken von Tolkin.
Tag der Veröffentlichung: 05.09.2015
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