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In allen Tränen flackert ein Funken Hoffnung

Ein Mädchen, gerade mal fünfzehn oder sechzehn Jahre jung, wird den langen staubigen Weg aus dem Dorf entlang geführt. Ihre Hände sind gefesselt und ihr Blick gesenkt. Was ihr Vergehen war, weiß ich nicht. Das konnte ich nie sehen. Menschen werfen mit Steinen nach ihr, bis ihr weißes Gewand bereits rote Flecken trug. Sie schien diesen Schmerz mit Würde zu tragen. Das Urteil wurde gesprochen: Tod durch Verbluten. Weiterhin blieb sie voller Stolz. Das konnte ich an ihrem Gesicht erkennen. Doch dennoch führte man sie weiter zu einem geborsten, ausgeholten Baum. Decken lagen darin und hier und da einige Sachen. Vielleicht lebte sie dort. Jahrelang und alleine. Nun sollte gerade das hier Todesort werden. Ihr wollt immer noch wissen, wieso das alles? Ich weiß es nicht. Ehrlich nicht. Doch nach ihrem Tod beginnt der Horror erst. Man zog sie an diesem Baum nach oben, nachdem man ihr noch etliche weitere Wunden zugefügt hatte. Als sie dort hing und langsam das Leben aus ihrem Körper wich, entkam noch etwas Anderes. Eine... Gestalt, die finster war und schrecklich aussah. Ebenso noch 6 Tränen, die in die alle Winde verstreut wurden. Ihr Körper starb, doch der böse Teil und ihr Geist blieben erhalten. Hinter diesem Baum ging ein roter Mond auf. Beinahe sah er aus, als wäre er aus dem Blut erstanden, die das Mädchen vergossen hatte. Ich stehe dann an einem Stein, an dem etwas mit Blut geschrieben war: "Sechs Zähren, sechs Mal bedauern. Fünf sind zu erlösen und eine ist am falschen Platz. Bringe sie zu meinem Baum."

Wie immer wache ich genau an dieser Stelle auf. Wieso wie immer? Ich hatte diesen verdammten Traum nicht das erste Mal. Eigentlich kommt der jede Woche immer wieder. Ich verstehe diese Worte nicht. Wie sollte ich 6 Tränen finden? Deswegen tue ich in diesem Traum nichts. Doch es dauerte immer länger, bis dieser Traum endet. Manchmal gehe ich ein paar Schritte und kann einen Schrei hören. Sofort bleibe ich dann immer stehen und schau mich panisch um. Dann verharre ich und bewege mich keinen Schritt mehr. Irgendwann wache ich dann schweißgebadet auf. Das Schlimmste bisher war, dass mich diese schwarze Gestalt verfolgte und ich einfach nur lief, bis ich wieder aufwachte. Es fühlte sich so real an, obwohl es doch nur ein Traum war. Doch wieso kam dieser Traum immer wieder? Träume sind doch nur die Verarbeitung vom dem, was am Tag geschehen war. Doch so etwas war mir noch nie geschehen. Ich kam sogar auch einmal an Orte. Keine Ahnung, was es mit diesen Orten auf sich hat. Doch diese Orte enden sich manchmal auch. Wenn ich nur wissen würde, was mir dieser Traum sagen soll. Seit ich ihn das erste Mal hatte, grüble ich schon. Doch zu einem Ergebnis bin ich noch nicht gekommen. Langsam jedoch macht es mir Angst. Ihr werdet lachen, wie einem ein Traum Angst machen kann. Träumt ihn erst, dann wisst ihr es. Er war so furchtbar, dass einem die Angst in die Adern kroch.

Ich verdrehte die Augen, als ich die Stimme von meiner Mutter hörte. "CHELLY, MACH DICH ENDLICH FÜR DIE SCHULE FERTIG! DU KOMMST SONST ZU SPÄT!" Chelly, wie ich diesen Spitznamen hasse. Doch manchmal benutzte ihn meine Mutter extra, um mich damit zu ärgern. Eigentlich heiße ich ja Chelesta. Chelly hört sich immer die diese kleine Schwester von Barbie an. Peinlich, wenn man in der Stadt zu gerufen wurde. Wie kamen meine Eltern nur die Idee, mich Chelesta zu nennen? Keine Ahnung, ob das überhaupt ein Name ist. Oh, ich stellte mich gar nicht vor. Also ich heiße Chelesta Needle und bin vierzehn Jahre alt. Ich weiß schon, dass weder Vor- noch Nachname der Hammer sind. Aber was will man machen? Also akzeptiere ich es einfach. "ICH KOMME JA SCHON, MUM! UND NENN MICH NICHT IMMER CHELLY!" Immer diese nervige Schule. Wenn es nach mir gehen würde, brauchte ich diese überhaupt nicht. Aber wie jede Schülerin muss ich eben auch zur Schule. Deswegen zog ich mich an, frühstücke und machte mich dann auf den Weg. Jeden Tag der gleiche Tagesablauf. Ich gehe zur Schule, sitze die Zeit dort ab und gehe wieder nach Hause. Gut, ab und zu redete ich auch mit Schulkameraden oder auch Freunde, wo ich aber nicht wirklich viele habe. Doch an diesem Tag sollte etwas anders sein, was ich jedoch erst erfahren sollte, wenn ich nach Hause komme. So etwas hätte ich niemals erwartet und ihr sicherlich auch nicht, wenn ihr es gehört hättet. Obwohl, so etwas niemand erwarten würde. Deswegen traf einem so eine Nachricht immer ziemlich und man weiß nicht, wie man damit umgehen sollte.

 

Als ich nach Hause kam, erwartete mich meine Mutter schon. An ihrem Gesicht konnte ich erkennen, dass es keine gute Nachricht war, die sie mir überbringen wollte. "Bitte, Schatz. Setz dich mal. Ich... muss dir was erzählen." Natürlich wartete sie, bis ich mich wirklich gesetzt hatte, bevor sie mit der Sprache heraus rückte. "Dein... Cousin Dystan... ist heute Morgen nicht aufgewacht. Die Ärzte wissen nicht, was ihm fehlt... doch er öffnete die Augen nicht mehr und reagiert auf nichts mehr." Natürlich konnte ich die Trauer in ihrer Stimme hören. Dystan' Mutter und meine Mutter, die Schwestern waren, wohnten früher zusammen. Deswegen haben wir auch oft zusammen gespielt. Dystan war nur ein Jahr älter als ich. Deswegen ging es mir auch ein wenig nah, dass er nun nicht mehr aufgewacht war. Doch etwas musste doch die Ursache sein. "Ich... muss mich ein wenig ausruhen." Wie in Trance ging ich in mein Zimmer. Ja, ich weinte sogar, weil ich meinen Cousin wie einen Bruder liebte. Nicht mal meine anderen Cousin mochte ich so wie ihn. Denn Dystan hatte noch einen 6 Jahre jüngeren Bruder: Noam. Wie es ihm wohl nun gehen wird? Bestimmt nicht besser als mir im Moment. Gerne würde ich wissen, wieso er nicht mehr auf wacht. Man fiel doch nicht einfach so in tiefen Schlaf, dass man nicht mehr auf wacht.

Dass ich ziemlich müde wurde, merkte ich gar nicht. Irgendwann schlief ich aber ein. Wieder wiederholte sich derselbe Traum und ich stand wieder auf dieser freien Fläche, wo nur ein paar Sträucher und Bäume um mich waren. Ich konnte das Mädchen sehen. Jenes Mädchen, das auf diesen Baum aufgehangen wurde. Wie furchtbar musste das gewesen sein? Sie winkte mich wie immer zu sich ran. Und wie immer folgte ich ihrem Winken. Natürlich landete ich wieder bei einem neuen Ort. Was sollen sie mir nur verdammt nochmal sagen? Es handelte sich um eine Schale mit einer Einkerbung am Rand. Unter dieser Einkerbung befanden sich noch eine kleine Schale. Wenn ich genau hinsah, konnte ich sogar einen Schriftzug erkennen: "Schenke mir einen Teil. Einen Teil von dir. Wie viel bist du bereit, zu opfern?" Diese Inschrift sagte viel. Doch ich konnte mir schon denken. Wahrscheinlich musste ich Blut opfern. Deswegen nahm ich auch das Messer, das am Rand der Schale lag und versetzte mir in der Handfläche einen Schnitt. Gut, in Filmen sah so etwas immer nicht so schmerzhaft aus. Doch es erfühlte den Zweck. Nun, zumindest, damit, dass das Blut in die Schale floss. Bewirken tat es jedoch leider überhaupt nichts. Alles war noch, wie es zuvor war. "So ein verdammte Mist aber auch! Was soll ich hier machen? Hellsehen habe ich leider noch nicht gelernt!" Ich sah mich um, wo das Mädchen noch stand. Doch ich hätte mir auch denken können, dass sie nicht mehr da sein würde. Dafür hörte ich wieder den verdammten Schrei, den diese Kreatur immer von sich gab.

 

Ich lief einfach los. In irgendeine Richtung, die hier wegführen würde. Am Himmel konnte ich diesen roten Mond sehen, der immer seine Lage änderte. Das war schon komisch. Lief ich immer in eine andere Richtung? Das konnte doch gar nicht sein. Doch deswegen konnte ich mir keine wirklichen Gedanken machen, da dieses Weib, wie ich es nenne, hinter mir her war. Wieso wachte ich nicht endlich auf? Normalerweise war das der Augenblick wo ich aufwachte. Sie tauchte dann plötzlich ein Stück vor mir auf und ich blieb wie erstarrt stehen. Irgendwie konnte ich mich nicht mehr bewegen. Vielleicht wegen der Angst? Jedenfalls blieb ich auch erstarrt stehen, als sie mit ausgestreckten Händen auf mich zu kam. Doch sie konnte mich nicht erwischen, weil ich weggezogen wurde und augenblicklich schreckte ich in meinem Bett hoch. Schmerzperlen standen mir auf der Stirn und ich wischte sie weg, wobei meine Hand brannte. Als ich darauf sah, konnte ich es nicht fassen. Hatte ich mich im Schlaf wirklich selber geschnitten? Jedoch konnte ich weit und breit kein Messer sehen. Schlafwandle ich vielleicht? Meine Aufmerksamkeit wurde dann von etwas Funkendem abgelenkt. Eine blaue Träne. Langsam wurde es wirklich sehr komisch. Wie konnten Wunden auf meiner Hand entstehen, wenn ich es doch geträumt habe? Vorher habe ich auch niemals schlafgewandelt.

Immer noch müde rappelte ich mich aus meinem Bett und ging erst mal ins Bad, um die Wunde zu versorgen. Ich habe doch gerade geschlafen. Wieso bin ich noch immer so müde, als hätte ich nicht mal 5 Minuten die Augen geschlossen. Nachdem die Hand dann eingebunden war, betrachtete ich die Träne. Sie sah aus wie ein blauer Edelstein. Aquamarin? Ja, genau dieser Stein könnte es genau treffen. Aber wie kam ich zu dieser Träne? Auch wenn ich mir diese verdammten Fragen immer wieder stellen würde, würde ich keine Antwort finden. Zumindest nicht,... wenn ich wach war. Deswegen schlich ich mich wieder ins Bad und nahm eine von Mutters Schlaftabletten, die ich in meinem Zimmer schnell ein nahm, ehe Mutter es merken würde. Lange dauerte es nicht und ich schlief auch wieder ein. Dieses Mal würde ich sicherlich nicht so schnell aufwachen. Wenn ich nur diese Dummheit nicht begannen hätte. Ich hatte keine Ahnung, welches Horror mich hier erwarten sollte. Aber woher hätte ich das auch vorher wissen sollen. Ich war schließlich keine Hellseherin, die alles vorher sehen konnte. Leider muss ich immer alles so nehmen wie es kommt. Aber nun mal lieber weiter.

Wieder sah ich das Mädchen, das mich an sich heran winkte. Schon wieder ein neuer Ort. Beziehungsweise war es nur ein Eingang in einer Wand. Mein Blick ging auf eine Steintafel: "Ich verstecke mich hier erneut, um meiner Bestrafung zu entgehen. Ich kann hören, wie sie nach mir suchen". Was genau sollte mir das nun sagen? Ich blicke nach vorne in diesen Spalt. Nichts als Dunkelheit. Wahrscheinlich musste ich nun da rein. Aber ob das wirklich eine so gute Idee war? "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, heißt es doch immer." Ob ich mich damit selber aufmuntern wollte und mir Mut zusprechen? Ich weiß es nicht genau. Aber das war ja nun egal. Es gab nicht wirklich einen Weg zurück, dann als ich mich umdrehte, war da eine Mauer. Auch links und recht von mir standen nun Mauern. Na prima! Also konnte ich nur nach vorne gehen. "Ich werde sterben. Aber so richtig sterben. Kann ich eigentlich sterben? Schließlich ist es doch nur ein Traum." Ein Traum, wo ich tatsächlich Selbstgespräche führte. Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor dem Anderen. Zum Glück war die Höhle oder was es auch immer sein sollte, beleuchtet. Wenn nur nicht immer die Gassen wären, die sich aufspalteten und das nicht gerade einmal sondern zweimal, sodass ich drei Wege zur Auswahl habe. Woher soll ich bitteschön wissen, welchen Weg ich gehen soll. Doch die Entscheidung fällte ich irgendwann gerne, da ich wieder diese Frau oder Monster hören konnte.

Nach einer Weile wählte ich den Weg schon im Laufen, weil die Geräusche immer näher kamen. Doch anscheinend war ein Weg einmal der Falsche. Denn diese grausige Gestalt tauchte vor mir aus einem Gang auf. Ich blieb abrupt stehen und lief zurück. Doch egal, welchen Gang ich nahm immer wieder tauchte diese Frau auf. Doch ich rannte immer weiter, bis ich in einer Sackgasse landete. Angsterfüllt drehte ich mich um und lehnte mich an die Wand. Sie war nicht zu sehen. Deswegen nutzte ich die Möglichkeit, damit ich wieder zu Atem kommen konnte. Klar wusste ich nicht, was geschah, wenn sie mich erwischten würde. Doch wenn schon der Schnitt noch da war, wenn ich aufwachte. Würde ich dann auch tot sein, wenn sie mich erwischte? "Ich muss... hier raus..." Wieder führte ich Selbstgespräche. Jedoch würde ich niemals hier raus kommen, wenn ich weiterhin wie erstarrt an der Wand stehen würde. Also ging ich wieder langsam und vorsichtig nach vorne und sah in jeden Gang, damit ich nicht wieder ihr begegnen würde. Wieso war dieser Teil der Seele nur so wütend? Ich denke mal, dass es ein Teil der Seele war. Aber wahrscheinlich war sie so wütend, weil es furchtbar war, was man ihr angetan hatte. Nur... was genau hatte man ihr angetan. Natürlich sah ich in den Träumen, dass man sie den Weg entlang führte und an einen Baum hing. Doch nicht, wieso man es machte. Was hatte dieses Mädchen Schreckliches getan, dass man sie so bestrafen musste? Allerdings würde es mir auch sicherlich nicht helfen, wenn ich den Grund kennen würde.

 

Ich zuckte zusammen, als ich wieder diesen furchtbaren Schrei hörte. Oder sollte man es eher nur ein kurzer Schrei mit Röcheln nennen? Jedenfalls hörte es sich schrecklich an. Meinen Schritt beschleunigte ich, rannte aber noch nicht. Das würde ich erst, wenn ich diese Gestalt sehen würde. Bisher schien aber alles so weit sicher zu sein. Also taste ich mich leise weiter und horchte genau, wo sich diese Frau aufhalten könnte. Kurz sah ich sie, versteckte mich aber hinter einer Abbiegung und sie konnte mich nicht sehen. Vielleicht war das die besser Idee, als einfach drauf loszurennen. Ich musste unerkannt bleiben. Nun bereute ich es, diese Schlaftablette genommen zu haben. Vielleicht wäre ich sonst inzwischen aufgewacht. Nun aber musste ich hier durch und bahnte mir weiterhin meinen Weg. Wohin hatte ich keine Ahnung. Immer wieder landete ich in einer Sackgasse und musste diesen verdammten Weg zurück. Hier - umgeben von Wänden - fühlst du dich irgendwann wirklich wie in einem Gefängnis. Doch irgendwann konnte ich wirklich ein Licht sehen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie glücklich war, dass ich darauf zulief. Leider aber stellte sich meine liebe gruslige Freundin in den Weg. Wie erstarrt blieb ich stehen und sah sie an, wie sie langsam auf mich zu kam, bevor ich eine vertraute Stimme hörte. "HIERHER, DU SCHEUSAL! NIMM MICH! LOS!!" Mein Blick ging zu einer Gasse, aus dem die Stimme zu kommen schien. Da die Gestalt an dieser Abzweigung stand, schien sie die Person sehen zu können, dem diese Stimme gehörte. Ich erkannte sie auch so: Dystan, mein Cousin. Doch als die Gestalt verschwand und ich dann ohne nachdenken zu diesem Gang lief, war weder diese Frau noch mein Cousin zu sehen. Bildete ich es mir nur ein? Jedenfalls blieb ich nicht länger stehen, um es heraus zu finden, sondern lief weiter auf das Licht zu.

Schweißgebadet wachte ich dann auf und atmete erst mal richtig durch. Dieser Traum wurde immer komischer. Nun kam schon mein im Koma liegender Cousin darin vor. Ob ich langsam wirklich Angst bekommen sollte? Vorher war ich immer der Ansicht, Träume können einem nichts tun. Doch meine Hand zeigte etwas Anderes. Auch wenn ich sie mir selber im Schlaf zugefügt haben sollte, dann konnten einem dennoch Träume schaden, weil sie einen zu dummen Entscheidungen brachten. Noch immer wusste ich nicht, was hier eigentlich geschah. Alles war so... real in den Träumen doch dennoch konnte es nur Träume sein. Oder kam ich in meinem Träumen in eine komplett andere Welt? Schwachsinn! Ich war doch kein Traumwanderer. Langsam verursachte das Alles echt Kopfschmerzen und ich ging wieder ins Bad, um mir eine Schmerztablette einzuwerfen. Von diesen scheiß Schlaftabletten würde ich erst mal die Finger lassen. Meine Mutter schien inzwischen auch schon im Bett zu sein, weil ich nichts mehr auf der Küche hören konnte. Auch im Wohnzimmer lief der Fernseher nicht. Das Problem war nur, dass ich nicht wieder schlafen wollte, wenn ich auch weiterhin verdammt müde war. Deswegen ging ich ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Wieso mussten nun ausgerechnet die Nachrichten da sein. Man berichtete sogar über das plötzliche Koma meines Cousins. Was die Leute nicht alles interessierte. Mich persönlich kotzte es an, wie der Nachrichtensprecher dieses Thema so monoton rüber bringen konnte. Aber so war es eben in den Nachrichten. Der Sprecher weiß nicht mal direkt, wie sich die Familie fühlten, denen es geschah. Jene, die ihre Liebsten durch Tod oder auch Koma verloren. Ihnen selber geschah es so gut wie nie. Das wäre sonst schon ein sehr großer Zufall. Also bedrückte es sich auch nicht im Geringsten. Weil ich mir diesen Schwachsinn nicht weiter antun wollte, schaltete ich nun endlich um und gelangte zu einem Horrorfilm. Ein Werwolf jagte eine Gruppe von Jugendliche, die nach und nach wohl sterben werden oder gar verwandelt. Solche Filme liefen doch immer gleich ab. Doch was sollte sich sonst gucken? Also ließ ich es an und sah zu, wie wirklich nach und nach alle Jugendlichen verschwanden.

Die Nacht habe ich wirklich kein Auge mehr zugetan. Ich wollte nicht wieder in diesen Traum gelangen. Die Sache im Labyrinth hatte mir vorher gereicht. Deswegen war es auch verständlich, dass ich müde zur Schule gehen musste. Natürlich merken die Mitschüler, dass ich müde und ausgelaugt war. Doch ich sagte einfach, dass ich die Nacht nicht schlafen konnte. Jeder kaufte es mir ab. Selbst die Lehrer. Wenn man müde war verging der Unterricht noch langsam, weil man sich immer wünschte, dass man zu Hause im Bett liegen könnte. Gut, ich wohl eher, weil ich nicht mehr schlafen wollte. Doch ich wusste, dass ich es doch wieder musste. Der Mensch brauchte eben Schlaf. Was wohl die Mitschüler denken würden, wen ich ihnen meinen Traum erzählen würde? Wahrscheinlich würden sie nur lachen und mich für verrückt halten. Auch die Wunden würden sie für den Versuch halten, dass ich mich selber verletzen wollte. Doch es war ja auch unglaublich, was ich erlebte. Deswegen war ich auch froh, als der Unterricht endlich vorbei war und somit auch bald die Schule. Die Mitschüler hatten keine weiteren Fragen mehr gestellt und so machte ich mich auch auf den Heimweg. Zusammen mit zwei Freundinnen, die über die aktuellen süßesten Jungs quatschten. Sie fragten sogar mich, wen ich am süßten fände. "Ich bin heute zu kaputt, als dass ich darüber nachdenken könnte. Fragt mich morgen nochmal." Zwar würde ich es da auch nicht wissen, könnte mir aber bis dahin eine Lüge ausdenken, wenn ich ja so süß finden könnte. Diese ganze Sache war einfach nur unsinnig. Man konnte doch keinen Jungen toll finden, weil er so süß aussah. Es kam ja auf den Charakter an.

Als ich nun endlich die Mädchen losgeworden bin, da sie vor mir schon in eine andere Straße einbiegen mussten, konnte ich endlich wieder an meine Träume denken und eine Lösung suchen, die verhindert, dass ich ihn wieder haben würde. Doch welche sollte es schon geben? Ich musste doch irgendwann schlafen. Sogar im Moment war ich so müde, dass die Möglichkeit bestand, dass ich einfach hier auf der Straße zusammenbrechen könnte. Doch ich schlug mich nicht schlecht und kam zu Hause an. Wie nicht anders zu erwarten, viel ich wie tot ins Bett. Ich konnte einfach nicht mehr wach bleiben. Egal, was ich versuchte, ich war zu müde. Ehe ich mich versah, fand ich mich auch wieder in dieser Landschaft wieder. So eine verdammte Scheiße, kann ich da nur sagen! Schaffte ich es wirklich nicht, dass ich eine Nacht mal nicht von hier träume? Und als ob es nicht schlimmer werden könnte, war wieder der Schrei zu hören. Scheiß Monster! Aber auf einer freien Fläche fühlte ich mich sicherer als in einem Labyrinth. Selbst wenn diese Frau lästig war, konnte ich ihr so entkommen, weil sie nicht unbedingt schneller als ich war. Außer mir würde sie Puste ausgehen. Ich war aber guter Dinge, dass dieser Besuch heute ein wenig lockerer sein würde. Konnte man es überhaupt Besuch nennen? Egal. Ich setzte sich mich einfach in Bewegung und erreichte - wie nicht anders zu erwarten - wieder einen neuen Ort. Von Weitem konnte ich eine Statue sehen. Doch zuerst las ich lieber mal, was auf der Steintafel geschrieben war: "Der Kreis wurde gebrochenen. Nun beobachtet er dich, du musst durch seinen Garten. Vorsicht vor seinem strengen Blick." Na diese Schrift verwirrte mich mehr, als die Letzten. Erst mal versuchte ich zu verstehen, was mir dieser Ort sagen wollte.

Nach etwa einer Stunde war ich so weit wie auch schon zuvor. Da waren Tafeln am Boden, auf denen Blumen abgebildet waren. Eine Tafel davon war gebrochen, was wohl symbolisieren sollte, dass an dieser Stelle der Kreis gebrochen wurde. Natürlich wusste ich nicht, ob ich auch richtig lag. Aber darf ich ehrlich sein? Es juckte mich nicht. Wenigstens war es ein Ansatz und besser, als die Stunde zuvor, wo ich wirklich noch ratloser war, obwohl ich noch immer verdammt ratlos war. Schön und gut. Ich sollte also vorsichtig sein, dass mich jemand Bestimmtes nicht sehen kann. Wird damit die Statue gemeint? So sicher war ich mir eigentlich nicht wirklich. Außerdem frage ich mich, was es mit den Büschen auf sich hatte, die ebenso hier verteilt waren. Jedoch vom hier herumstehen würde ich wohl nie erfahren, was ich hier machen musste. Also durchschritt ich diese kaputte Bodentafel und sah, wie die Statue sich bewegte. Ob das gut war? Ich glaubte es nicht wirklich und suchte da erste Versteck hinter einem Busch. Wie herrlich wäre es gewesen, wenn die Statue weiter dort herumgestanden wäre und nun nicht durch diesen verdammten Garten marschieren würde?! Ich musste Ruhe bewahren und sah mich um. Auf einem Sockel hinter dieser zum Leben erwachten Statue lag eine weitere Träne. Nein, ich habe sie nicht von alleine gesehen. Das namenlose Mädchen hatte mich darauf hingewiesen. Doch wie sollte ich da nur hinkommen? Aber wie auf einer Schiene schien er sich nur von rechts nach links zu bewegen und wieder zurück. Keine Ahnung ob er nur so gehen konnte oder einfach nicht anders ging. Doch das könnte mir vielleicht ermöglichen, dass ich doch an die Träne kommen könnte. Zwar nur eine minimale Chance, aber wenigstens eine. Wenn ihr natürlich eine bessere Idee habt, nur raus damit. Ich bin für jede Idee offen. Nicht? Habe ich mir gedacht. Also weiter zu meinem Plan.

 

Ich musste als von dieser... Gestalt vorbei, wenn sie gerade nicht her sah. Leichter gesagt, als getan. Der Blumenmann, wie ich ihn nun einfach nenne, sah sich ja ständig um, als wüsste er, dass jemand hier war. Wieso auch sollte ich Glück haben? Wäre ja was ganz Neues. Aber lange genug darüber geredet. Kommen wir wieder zum Thema zurück. Das Thema lautet: ICH MUSS VON DIESEM SCHEISS KERL VORBEI!! Wenn es ging auch ziemlich schnell, bevor er mich doch bemerkt. Ich wollte nicht wissen, was er dann mit mir machen würde. Obwohl es doch eigentlich ein Traum war. Doch den Schnitt in der Hand hatte ich doch auch. Also wollte ich nicht wissen, was war, wenn mich dieser Typ töten würde. Also tastete ich mich langsam vor und huschte zum nächsten Busch, der mit hoffentlich genug Deckung gab. Zumindest sah der Blumenheini nicht so aus, als hätte er mich gesehen. Schon mal gut. Schlecht war nur, dass ich immer noch nicht wirklich weiter gekommen bin. Ob ich es einfach mal wagen sollte? Irgendwie sollte ich mal langsam vorwärts kommen. So fasste ich dann Mut und lief los, als der Typ außer Sichtweite war. Fast schon hollywoodreif schlitterte ich hinter den nächsten Busch und sah mich nach dem Typ wieder um. Er war nicht so sehen. Gut. Anscheinend schien ihn es geschafft zu haben. Dachte ich... Wenn ich mich nicht umgedreht hätte, wäre der Glaube auch weiterhin da gewesen. Doch der Kerl stand direkt hinter mir. Da ich mich nun umgedreht habe, sah ich ihm direkt ins Gesicht. Nun musste ich handeln. Ich nahm meine Beine in die Hand und lief einfach drauf los. Logisch, dass er mir folgte. Als ich dann nach der Träne griff, fühlte ich den Schmerz in meiner Schulter.

Wie schon das letzte Mal wachte ich schweißgebadet auf und zuckte erst mal zusammen. Verdammt! Meine Schulter schmerzte fürchterlich. Deswegen stand ich auch langsam vom Bett auf und ging ins Bad. Hätte ich es nicht gemacht. Auf meiner Schulter befand sich eine Wunde, die im wahrsten Sinne des Wortes blutete, dass er sich sicherlich am Boden ansammeln musste. Was mache ich nun? Meine Mutter würde fragen, was ich da gemacht habe. Das könnte ich ihr niemals erklären. Würde ich sagen, dass mich jemand mit dem Messer angegriffen hatte, würde sie verlangen, dass sie zur Polizei ging und diesen Typ, der gar nicht existiert, anzuzeigen. So ein Mist! Also blieb mir nichts Anderes übrig, als einen Verband zu nehmen und die Wunde einzubinden. Zum Glück heilt der menschliche Körper wieder von alleine. Bald würde die Wundheilung einsetzen und sie würde verheilen. Deswegen machte ich mir darüber keine weiteren Gedanken mehr und betrachtete die dritte Träne, die ich erlangt habe. Gerade mal die Hälfte, wenn ich es richtig verstanden habe. Nicht gerade aufbauend. Aufgeben aber würde ich auch nicht, wenn ich dadurch diesen Traum loswerde. Langsam beginnt er mich nämlich zu nerven und das gewaltig! Aber zuerst wollte ich etwas essen und stapfte mit einem neuen Pullover bewaffnet in die Küche. Meine Mutter unterhielt sich mit ihrer Schwester. Die Mutter von Dystan. So wirklich interessierte mich das Thema nicht. Doch meine Mutter packte mich natürlich an dem Arm an, wo die Schulter verletzt war und flüsterte mir zu: "Großvater ist da. Begrüße ihn doch mal, ja?" Prima. Wieso musste ich immer mit ihm reden? Manchmal quatschte er Dinge, die niemand verstand.

Da ich keine andere Wahl hatte, ging ich ins Wohnzimmer und saß mich gegenüber von meinem Großvater. "HALLO OPA. WIE GEHT ES DIR DENN?" Man musste mit ihm schon lauter reden, weil er schon schlecht hörte. Müde hob er dann den Kopf und sah mich an. Habe ich ihn gerade geweckt? Doch es schien ihn nicht zu stören, weil er schon anfing zu reden. "Ahh... wenn das nicht meine Lieblingsenkelin Chelesta ist. Wir haben uns... ja so lange nicht mehr gesehen. Trauriger Grund, es doch zu sehen, nicht wahr? Doch er ist nicht der... einzige Fall in der Familie." Wie meinte er das? Nicht der einzige Fall? Wie ich schon sagte. Er redete manchmal in Rätseln und keiner verstand ihn. "VON WAS REDEST DU, OPA?" Nun hatte er meine Interesse geweckt. Wenn es so ein Vorfall schon mal in der Familie gab, dann wusste er vielleicht etwas darüber, obwohl er es dann gewiss wieder vergessen haben würde. Schließlich war er auch nicht mehr der Jüngste. "Wir sind... verflucht, sage ich dir. Verflucht sind wir. Fast alle achtzig Jahre passiert das. Ein Junge und ein Mädchen fallen in Schlaf. Furchtbar ist das. Ich glaube ja an böse Geister und einen dazugehöriger... Fluch. Aber alle denken immer an Zufall. Meine Schwester damals, furchtbar, die hat es auch erwischt. Aber alle denken immer, es wäre Zufall. Nichts ist Zufall." Ich hatte keine Ahnung was mir mein Großvater sagen wollte. Doch ich verabschiedete mich und ging wieder in mein Zimmer. Nicht alleine deswegen, weil meine Mutter mich nochmal genauer betrachtete hatte und meinte, ehe sähe so aus, als hätte ich tagelang nicht mehr geschlafen. Als ob ich noch schlafen wollte. Lieber würde ich Ewigkeiten wach bleiben. Doch der Körper braucht nun mal den Schlaf.

In meinem Zimmer suchte ich angestrengt etwas unter dem Bett. Für die Schule musste ich mal ein Projekt machen. Also besser gesagt, einen Stammbaum. Meine Schulter schmerzte immer noch furchtbar. Doch die Suche brach ich dennoch nicht ab und wurde auch fündig. Fragt mich nicht, wieso ich den überhaupt aufgehoben habe. Vielleicht, weil es nicht gerade wenig Arbeit war. Es dauerte verdammt lange, bis er fertig war. Da werfe ich ihn sicherlich nicht so schnell weg. Nun legte ich den Bilderrahmen, indem ich das Blatt gespannt habe, erst mal aufs Bett und betrachtete ihn genau. Doch egal, wie intensiv ich auch darauf sah. Es nützte nichts. Leider konnte ich kein Anzeichen finden, dass einmal jemand früh gestorben war. Doch wenn die Person nur schlief, würde sie ja auch nicht für Tod erklärt worden sein. Also half mir das nicht wirklich weiter. Jedoch vermutete ich auch, dass es mir auch nicht weiterhelfen würde, wenn ich Großvater oder Mama fragen würde. Der Stammbaum war nicht wirklich sonderbar. Es gab zwar drei, die wohl bei der Geburt ihres Kindes gestorben waren, doch das war auch nicht sonderbar. In der Zeit, in der sie lebten, war die Medizin noch nicht so weit, dass man ihnen das Leben hätte retten können. Was ich mich auch fragte, war, wieso ich eigentlich diesen Stammbaum ansah. Deswegen nahm ich ihn wieder und verfrachtete ihn zurück unters Bett. War es wichtig, wieso die Leute in Schlaf gefallen waren? Um das vielleicht herauszufinden, müsste ich ins Krankenhaus. Doch das Nächste lag leider über fünfzig Kilometer weg. Also kann ich unmöglich dort hin. Außer ich würde den Bus nehmen. Aber ich wusste nicht mal, ob direkt ein Bus dort hin fuhr. Außerdem würden sie dann meine Wunde sehen und meinen, dass ich bleiben muss. Man würde meine Mutter anrufen und ich wäre so weit wie vorher. Also konnte ich das auch nicht machen. Außerdem weiß ich nicht mal, in welchem Krankenhaus sie behandelt wurden.

 

Als ich so nachdachte, merkte ich gar nicht, dass ich mich mit meinem Körperkörper aufs Bett gelegt habe und schon wieder in dieser kargen Landschaft geriet. Dabei wollte ich doch wach bleiben. Nun konnte ich es aber nicht mehr ändern und sah mich nach der nächsten Aufgabe um. Doch es war nichts zu sehen. Wie ich es hasste, wenn ich suchen musste. Wenn ich schon diese dämlichen Aufgaben erledige, dann könnte es mir doch auch leichter gemacht werden, oder? Aber was bringt das Lamentieren nun? So setzte ich mich mal in Bewegung. Ich konnte dieses Weib wieder hören. Dachte schon, die wäre ich los geworden. Dem war wohl nicht so. Als ich sie dann auch noch sah, bewegte ich mich langsamer, damit sie mich nicht sehen konnte. In dieser Zeit fragte ich mich, ob sie blind, kurzsichtig oder einfach nur bescheuert war, dass sie mich nicht sehen konnte. Mir sollte es aber recht sein. Sowieso wurde meine Aufmerksamkeit von einer Lichtkugel abgelenkt. Immer noch vorsichtig näherte ich mich dieser. Es war tatsächlich eine Kugel die klingend herum schwebte. Die Betonung lag auf... klingend. Aber gut. Ich habe schon so viele merkwürdig Dinge gesehen, dass mich das auch nicht mehr schocken konnte. Ebenso sah ich eine Tafel: "Klingelnd und rein zeigen wir Hilfesuchenden den Weg. Bringen sie weit weg von Kummer und Sorgen. Doch achte darauf, wer auf der Suche nach dir ist. Nicht alles kann man zurücklassen." Weil ich nichts Besseres wusste, folgte ich einfach der Lichtkugel, die weiter herum schwebte. Doch bei dem Tempo schlief man ja förmlich ein. Gut, wenn ich nicht schon schlafen würde. Außerdem tauchte auch wieder diese Frau auf. Weil sie mir ziemlich nah kam, musste ich sie oft ziemlich umgehen, weswegen ich auch ein paar mal diese Lichtkugel verloren hätte. Doch ich fand sie zum Glück immer wieder.

Nach einer Weile des Folgens und Versteckens gelangte ich an einen Wasserfall. Die Kugel verschwand hinter diesem. Ob ich nachsehen sollte, was da ist? Viel Wahl hatte ich eigentlich nicht, denn diese Kreatur befand sich wieder irgendwo in meiner Nähe. Also zögerte ich nicht lange und huschte hinter den Wasserfall. Was ich dann sah, ließ mich staunen. Das war ja wie... eine kleiner Rastplatz. Ein Fellteppich lag auf dem Boden. Auch Kerzen waren vorhanden. Ob hier jemand lebte? Doch im Moment schien niemand hier zu sein, außer dieser Lichtkugel die über einem Altar mit einer Schale schwebte. Als ich näher kam, verschwand dieses Licht und in der Schale erschien ein weiterer Tropfen. Als ich ihn nehmen wollte, hörte ich diese Frau wieder und sah sie, als ich mit umdrehte, am Wasserfall vorbeigehen. Langsam und immer nach etwas suchend, bis sie schließlich komplett stehen bliebe und zu dem Wasserfall sah. Plötzlich fasste sie mit ihren Händen durch den Wasserfall, auf mich zu. Ich wurde von hinten gepackt und jemand hielt mir den Mund zu. Zum Glück schienen ihre Arme zu kurz zu sein und sie zog sie nach einer Weile wieder zurück. Auch der Griff um meinen Körper löste sich und ich konnte mich umdrehen. "Dy." Ich fiel Dytan, meinem Cousin, um den Hals und er nahm mich ebenso in den Arm. Sollte ich ihm danke, dass er mir im Labyrinth geholfen hatte? Ich wollte ansetzen doch er schüttelte nur den Kopf. "Danke mir nicht. Schaffe lieber das, was ich nicht konnte. Mehr musst du nicht tun." Er fuhr über meine Schulter, die verletzt war und ich zuckte zusammen. Dystan sagte nichts dazu. Er griff nur in die Schale mit der Träne und reichte sie mir. "Du wirst es schaffen, Lea. Gib nicht auf." Seine letzten Worte konnte ich nur noch schwach hören, weil ich mich wieder am Boden vor meinem Bett befand. Die vierte Träne. Noch zwei und der Horror hatte sicherlich ein Ende. Allerdings hätte ich gerne Dystan noch einige Fragen gestellt. Nun war es leider zu spät.

Mal wieder trottete ich ins Badezimmer und entfernte den Verband. Die Wunde sah nicht unbedingt besonders gut aus. Noch immer blutete sie stark, wenn sie auch nicht mehr so schrecklich aus sah wie vorher. Allerdings sah sie immer noch schlimm aus. Ich lobte meine Mutter, die immer genügend Verbände im Haus hatte und verband die Schulter abermals. Verdammt, sie schmerzte so schrecklich. Ob eine Schmerztablette wirken würde, wusste ich zwar nicht, nahm aber dennoch eine. Wenn nur nicht diese verdammte Müdigkeit wäre. Zudem schmerzte meine Handfläche auch verdammt. Meine Mutter schien nicht mal die Wunde an meiner Handfläche wahrgenommen zu haben. War sie so neben der Spur? Vielleicht aber interessierte ich sie auch nicht mehr wirklich. Was es auch sein mag. Ich hätte ihr eh nur gesagt, dass ich mich geschnitten hätte. Auch wenn ich nicht besonders scharf darauf war, wieder in diese Welt zu kommen, sollte ich dennoch wieder dort hin, damit ich  endlich alles hinter mich bringen kann. Ob Großvater noch da war? Ich wagte mich dem Wohnzimmer zu nähern, wo meine Mutter fern sah. Klasse, erst jetzt bemerkte ich, dass es inzwischen Nacht geworden war. Tolles Leben im Moment. Ich verschlief regelrecht den Tag. Wenn man es so nennen konnte. In der komisches Welt kam mir die Zeit nicht so lange vor. Ob es Dystan auch so ging? Leise ging ich wieder in mein Zimmer und warf mich zurück aufs Bett. Mal wirklich... was sollte ich sonst machen? Nachts konnte man nicht wirklich viel machen. Spazieren gehen vielleicht. Doch würde ich nun zur Haustür raus gehen, würde meine Mutter fragen, wo ich hin wollte. Sicherlich war sie nicht so begeistert, wenn ich nachts durch die Gassen schlenderte. So strich ich diese Möglichkeit. Außerdem war ich auch zu müde dazu. Nur wieso war ich überhaupt? Mein Körper schlief doch, oder? Wenn ich in meinem Traum bin, bin ich jedoch wach, als hätte nie eine Müdigkeit geherrscht. Darüber konnte ich mir aber nun keine Gedanken machen. Schon alleine deswegen, weil ich wieder einschlafen würde. Das wollte ich nicht. Bevor ich mich dort wieder hin begab, brauchte ich Antworten. Doch von mir war mir noch schleierhaft. Wieso aber brauchte ich überhaupt Antworten? Ich meine, ich muss doch nur diese verdammten Tränen finden und sie zu einem Baum bringen. Dabei stellt sich mir nur die Frage... wie ich diese Tränen überhaupt wieder dort hin brachte. Aber wenn es auf die Weise funktionierte, dass ich sie mit in diese reale Welt brachte, wenn ich sie in der Hand hielt, müsste es doch auch wieder umgekehrt funktionieren. Vielleicht sollte ich mir auch diese Gedanken machen, wenn ich alle sechs Tränen besaß.

Ich hievte mich wieder aus dem Bett. Schlafen wollte ich nun doch nicht. Viel zu groß war die Angst nach der nächsten Aufgabe. Auch wenn ich es eigentlich schnell hinter mich bringen wollte, siegte schlussendlich die Angst. Weil ich dann eben nicht hier versauern wollte, schlich ich mich zur Hintertür und hinaus. Die kalte Nachtluft wehte mir gleich ins Gesicht und ließ mich auch zusammenzucken, weil sie an meiner Schulter noch furchtbarer schmerzte. Dennoch schritt ich weiter nach vorne und die Straße hinunter. Natürlich waren noch ein paar Leute unterwegs. Die beachtete ich aber nicht sonderlich und sie mich sicherlich auch nicht. Ich war zu sehr im Gedanken vertieft, dass es mich nicht wirklich interessierte, ob sie mich beachteten. Wenn ich nur wüsste was mit diesem Mädchen geschehen war. Würde es wirklich reichen, wenn diese Tränen zu dem Baum bringe? Verdammt! Wieso ausgerechnet ich? Obwohl es auch meinen Cousin erwischt hatte. Aber wie ich bereits festgestellt habe, hilft jammern auch nichts. Nun war es eben so gekommen. Ich ging einfach weiter durch die Stadt und kam zu einer Kneipe. Klasse, da durfte ich noch nicht rein. Aber eigentlich sah ich doch älter aus, wie ich eigentlich war. Ob ich es versuchen sollte? Wenn ich ehrlich war, juckte es mich aber auch nicht, dort reinzugehen, weil schon der Lärm von Betrunkenen zu hören war. Davon sollte sich ein Mädchen wie ich fern halten. Also ging ich weiter. Leider kamen in dem Moment solche Betrunkenen heraus und meinten, dass ich mit zu ihnen gehen sollte. "Lass mich in Ruhe!" Ich beschleunigte meine Schritte, doch einer packte mich am Arm und warf mich auf den Boden.

Mein Kopf stieß wohl gegen etwas, weil mir schwarz vor Augen wurde und ich wieder in meinem Traum war. Also, in dieser Welt eben. Ein Traum war es ja nicht wirklich. Zumindest konnte ich schon mal eine kleine Hütte sehen. Da ich nichts mehr zu verlieren hatte, ging ich einfach mal auf diese Hütte zu und machte mich gefasst, was wohl die nächsten Aufgabe sein wird. Nicht mal eine Steintafel mit einer Blutschrift konnte ich sehen. Also betrat ich das Haus und sah mich um. Er rote Mond, der wie immer am Himmel stand, erleuchtete ein wenig den Raum oder besser gesagt den Gang, den ich entlang ging. Bisher war alles ruhig. Zum Glück muss man sagen. Sicherlich blieb es aber nicht so. Vorsichtig tastete ich mir vor und achtete auf jedes Geräusch. Aber meistens war es nur der Wind oder eben das Knacksen eines alten Hauses. Raum für Raum tastete ich mir vor. Eine Aufgabe konnte ich aber nicht sehen. Dafür aber wieder dieses schreckliche Weib draußen hören. Woher wusste sie immer wo ich bin? Habe ich einen Peilsender an mir? Egal. Ich ging einfach leise weiter. Noch immer vorsichtig und auf der Hut. Leider aber wohl ein wenig zu wenig, denn die Frau stand plötzlich vor mir und griff nach mir. Schnell konnte ich mich entwinden und lief nun blind durch das Haus. Irgendwie erinnerte es mich wieder an die Verfolgungsjagd durch die Gänge des Labyrinths. Doch das hier war eindeutig leichter, wenn sie auch immer wieder irgendwo anders auftauchte. Sie konnte... teleportieren. Die Einsicht kam aber ziemlich spät bei mir. Eigentlich hätte ich vorher schon darauf kommen können. Aber egal. Ich lief einfach weiter und schlug immer wieder die Türen hinter mir zu. Als ob mir das was bringen würde. Doch ich fühlte mich so besser und gelangte auch bald in einen Raum, wo tatsächlich ohne jegliche wirkliche Aufgabe die Träne lag. Die schrecklichen Geräusche der Frau waren wieder zu hören und sie kratzte gegen die Tür, ehe sie lange aufging. So schnell wie mich meine Beine trugen lief ich zu dem Tropfen und schnappte ihn mir.

Stöhnend richtete ich mich auf. Wieso lag ich in einem Bett? Ein Krankenhaus war es nicht. Das stand schon mal fest. Außerdem roch es hier stark nach Männerdeo und -parfüm. Furchtbar. Ich konnte Stimmen hören. Irgendwo vor der Tür oder im Nebenraum. Zwei Kerle unterhielten sich, welches scharfe Weib er doch im Bett habe und dass er später auch mal ran wollte, wenn sie wieder wach wurde. Ekelhaft diese Kerle. Ich wollte nicht hierbleiben, weil ich nicht wissen wollte, was sie noch mit mir vor hatten. Mir reichte es schon, dass mich vielleicht der andere Kerl berührt und... NEIN! Daran wollte ich nicht denken. Zumindest war es draußen noch dunkel. Ich hoffte nur, dass es nicht wieder dunkel war. Sonst würde meine Mutter sich wirklich mächtig Sorgen machen. Doch mein Handy, das neben mir auf die Nachtisch lag zeigte das nächste Datum an, jedoch dafür auch zwei Uhr achtunddreißig. Leise erhob ich mich aus dem Bett und ging auf ebenso leisen Pfoten zu meinen Schuhen wie Kleidungsstücken. So schnell hatte man niemanden anziehen gehen und auf dem Balkon stehend. Ich konnte einen Feuerleiter sehen. Diese führte zum Boden. Um zu ihr zu gelangen, musste ich nur einen dünnen Sims entlang. Klang doch... leicht, total easy. Die Wahl, die ich aber hatte, was aber nicht gerade prickelnd. Also entweder sich auf diese Typen einlassen oder das Leben riskieren. Viele würden nun sicherlich Erstes nehmen, nicht wahr? Doch ich entschied mich für die zweite Alternative. So kletterte ich über das Geländer und posierte meine Füße auf dem Sims. Es schien schon zu gehen. Langsam tastete ich mir vor. Immer stets an die Wand gedrückt. Ein Schritt weniger und es wäre gut gegangen. Doch ich erschreckte mich vor einem auffliegenden Vogel und rutschte ab. Gerade noch konnte ich mich mit meinen Händen festhalten. Konnte der Tag noch bescheuerter anfangen? Zum Glück war die Feuerleiter nicht mehr weit weg. So schwang ich mich hinüber und kletterte schnell nach unten. Hoffentlich hatten sie noch nicht bemerkt, dass ich weg war. Mir egal. Ich lief einfach, was meine Beine her gaben.

Wie lange es dauerte, bis ich wieder zu Hause war, wusste ich nicht. Da es mir egal war, wollte ich auch nicht aufs Handy sehen. Nun jedoch war ich müder als sonst. Noch eine Träne, dann hatte dieser Albtraum endlich ein Ende. Hoffentlich war sie auch so leicht zu bekommen, wie die Letzte. Ich wollte keine Aufgabe mehr erfüllen. Inzwischen konnte ich kaum mehr die Augen offen halten. Immer schwerer wurde es. Irgendwann wusste ich, dass es keinen Sinn mehr hatte, dagegen anzukämpfen und ich ließ mich nur nur noch ins Bett fallen. Ob meine Mutter mein Verschwinden bemerkt hatte? Wohl kaum. Schließlich sah sie nicht in mein Zimmer. Bisher war ich immer ein braves Mädchen gewesen und hatte nie etwas angestellt. Auch bin ich nie von zu Hause abgehauen oder so. Also bestand nicht der Bedarf, dass man nach mir sah. Zumindest tat es Mutter nie. Wenn ihr euch an dieser Stelle fragt, wieso ich meinen Vater nie erwähne: Er lebt nicht mehr bei uns. Meine Mutter und mein Vater sind seit Jahren schon geschieden. Die Du-bist-nicht-daran-Schuld-Nummer eben. Sagen Eltern doch immer, wenn sie sich scheiden ließen. Eigentlich hatte ich mir gar nicht die Schuld daran gegeben. Nur meine Eltern dachten es anscheinend. Oder aber sie sahen zu viele Filme, dass sie dachte, dass sich das jedes Kind denken würde. Wie auch immer. Jedenfalls zog er dann weg. Wohin weiß ich nicht mal genau. Einmal in der Woche kommt er hierher um mich zu besuchen. Also kann es nicht all zu weit weg sein. Vielleicht auch war es sogar die gleiche Stadt. Mir egal. Ich hasse meinen Vater natürlich nicht, komme aber auch gut ohne ihn klar. Zumindest streiten nun meine Eltern nicht mehr den ganzen Tag. Meistens ging es um die Kindererziehung und wie falsch doch meine Tante immer lag. Aber Schwamm von gestern. Daran wollte ich nicht mehr denken. Außerdem war ich viel zu müde, um überhaupt noch daran denken zu können.

Natürlich schlief ich wieder ein. War ja nicht anders zu erwarten, so müde wie ich war. Doch wo ich mich befand, nahm mir im wahrsten Sinne des Wortes den Atem. Tatsächlich befand ich mich in einem Haus... das brannte. Überall um mich herum war Feuer. Sogar spüren konnte ich die Flammen. Jedoch schien ich nicht alleine zu sein. Dieses Mädchen... war hier. Das Mädchen, das mir ab und zu den Weg zeigte. Auch dieses Mal zeigte sie in eine Richtung. Natürlich wanderte mein Blick dort hin. Draußen, ich konnte ihn durch das Fenster sehen, stand ein Brunnen. Wollte sie, dass ich die Flammen löschte? Aber dazu musste ich erst mal rauskommen. Ohne weiter zu zögern ging ich in die Richtung, wo ich eine Haustüre ausmachen konnte. Auch kam ich von dieser Steintafel vorbei, die ich schnell lass: "Alle haben die Hexe verurteilt. Flammen verschlingen alles, was ihr lieb und teuer war. So begossen alle ihre Aggressionen gegen sie." Wer hat diese Sprüche nur gemacht? Die waren so... mies. Aber keine Zeit sich darüber auch noch einen Kopf zu machen. Eisern kämpfte ich mich weiter durch die Flammen und schaffte es sogar ohne Verbrennungen nach Draußen zu gelangen. Schnell war ich am Brunnen und holte mit dem Eimer Wasser hoch. Wie lange es wohl dauerte, bis ich dieses Haus gelöscht hatte? Gut, ich hatte ja eigentlich Zeit. So fing ich einfach an, Eimer für Eimer zu dem Haus zu bringen und es in die Flammen zu schütten. Nur langsam gingen die Flammen zurück. Die Blasen an den Fingern ignorierte ich einfach. Wichtiger war, dass diese Flammen verschwanden. Wieso ich so dachte, konnte ich echt nicht sagen. Schließlich war das Mädchen doch bereits tot. Wieso also kämpfte ich so um ihr Leben, das sie eigentlich nicht mehr hatte? Doch dennoch tat ich es weiter und brachte weiter Eimer für Eimer zu dem Haus.

Mit dem letzten Eimer, den hoch hoch holte, fand ich auch die Träne. Die letzte Flamme erlosch in dem Haus der Geist des Mädchens erschien vor mir. "Bring sie... zu mir." Ihre Stimme war nur ein Flüstern und sie verschwand auch danach. Ich kam wieder in die reale Welt und zögerte auch nicht lange. Ich schnappte mir alle Tränen und legte mich zurück ins Bett um darauf zu warten, wieder einzuschlafen. Doch wie es eben so war. Wenn man es wollte, klappte es einfach nicht. Also musste ich noch eine ganze Weile warten, bis ich dann doch endlich ein schlief. Sofort machte ich mich dann auf den Weg diesen Baum zu finden. Der Horror könnte enden. Doch diese Kreatur war mir auch wieder schreiend auf den Fersen. Wann endet das Alles endlich? Meine Beine trugen mich einfach in  verschiedenen Richtungen. Sogar an den Orten kam ich vorbei, an denen ich war. War es vielleicht nur eine Weile und ich hatte an verschiedenen Orten begonnen? Auch sah ich immer wieder diese dunkle Frau, die mich zu jagen schien. Durch verstecken und auch manchmal einer List konnte ich ihr immer wieder entkommen. Oder aber mein Cousin lenkte sie ab. Verdammt! Ich fand diesen scheiß Baum nicht. Es kam mir sogar vor, als würde ich immer im Kreis laufen. Als ich dann eigentlich aufgeben wollte, konnte ich ihn sehen. Dieser Leichnam der an diesem Baum hing. So groß hätte ich mir den Baum gar nicht vorgestellt. Aber das war unwichtig. Ich sah Schalen und legte einfach in jede eine Träne hinein, als mich die Kreatur an der Schulter packte. Natürlich die Richtige, wenn ihr versteht, was ich meine. Ich konnte sehen, wie eine Seele aus dem Leichnam entschwand und die Kreatur löste sich in einem Schrei auf. Ich hatte es geschafft. Hoffte ich wenigstens. Zumindest sah es danach aus und ich konnte auch nichts mehr machen. Die Tränen waren ihr zurückgegeben. Was sollte ich auch sonst noch machen? Also betete ich, dass alles vorbei war.

Die Seele des Mädchens kam auf mich zu. "Meinen Name ist Bantora. Nun werde ich dir meine Geschichte erzählen. Ich lebte bei meinem Vater, als meine Mutter kurz nach meiner Geburt starb. Seinem Bruder gefiel ich immer schon. Das wurde über die Jahre immer schlimmer, bis ich von ihm in den Schuppen gezerrt wurde und er mich vergewaltigte. Natürlich hätte Vater es niemals zugelassen. Das wusste er, weswegen er mir mit dem Tod drohte, sollte ich es ihm erzählen. Doch wer konnte schon wissen, dass ich schwanger werden würde? Wie du dir denken kannst, schwieg ich weiterhin... aus Angst. Doch ein Frau, dass ein Kind gebar und nicht sagte, wer der Vater war, wurde beschuldigt, sich auf den Teufel eingelassen zu haben. Man redete über mich und verurteilte mich, bis hin, dass man mich und meinen Sohn tot sehen wollte. Aus Verzweiflung lief ich zur Wunschtafel. Jeder, der ein bisschen Blut opferte, hatte einen Wunsch frei. So tat ich es und wünschte mir, mein Sohn möge überleben." Kurz sah Bantora zu dem Baum, ehe sie mir weiter ihre Geschichte erzählte. Bisher war sie grausam und totaler Unsinn. Also der Glaube der Leute meine ich. Nicht die Geschichte. Diese Wunschtafel musste wohl der Tisch gewesen sein, wo ich ein wenig Blut opferte. "Doch ich wurde beobachtete und der Glaube wurde verstärkt, ich habe etwas mit dem Teufel zu tun. So zog man eines Tages zu dem Haus meines Vaters. Ich wollte nicht, dass meinem Vater auch noch etwas geschah und lief weg. Zuflucht fand ich in diesem Baum, wo ich einige Zeit lebte. Doch nicht lange, weil man mich wieder fand. So begann eine weitere Flucht, die mich in dieses Labyrinth brachte. Jedoch muss ich gestehen, dass sie sich dort wohl besser auskannten wie ich. So fanden sie mich schnell und ich war wieder auf der Fluch." Wie mir scheint, hatte man wirkliche eine Hetzjagd veranstaltet. Furchtbar. Wieso hatte man das Jemand angetan, den man doch Jahre kannte?

Ich setzte mich auf die Baumwurzel. Das musste wohl dieses Labyrinth gewesen sein, wo ich die zweite Träne gefunden habe. Ich wollte etwas sagen, doch Bantora redete weiter. "Ich gelang zu dem Garten des alten Bauern. Er mochte es nicht, wenn man durch seine Blumen lief. Deswegen musste ich vorsichtig sein, dass er mich nicht sehen konnte. Man wusste, dass er jeden tötete, den er sah. Da kannte er nichts. Sein Garten, also hatte dort niemand was zu suchen. Doch es war der einzige Weg, dass ich ihnen vielleicht entkommen könnte." Mir war gleich klar, dass das der Ort der dritten Träne war. Wo mich dieser Blumentyp auch an der Schulter verletzt hatte. Der machte echt kein Halt, jemand zu ermorden, wie mir schien. Als ich wieder an meine Schulter dachte, schmerzte sie auch wieder. Natürlich war das Blut wieder durchgedrungen. Aber das war im Moment Nebensache. Ich riss mich zusammen und horchte ihr weiter zu. "Wo ich hin wollte, werde ich dir nun auch sagen. Zu der Wiese der Elfen. Kleine Lichtelfen, die einen immer halfen, wenn man Hilfe brauchte. Sie führten mich in ein Versteck. Wie sehr hoffte ich, dass ich sicher sei. Doch das war ein Irrtum. Man suchte schon so lange, bis man mich fand. Wieder war ich gezwungen, ein neues Versteck zu finden." Das Licht also war eine Elfe. Besser gesagt eine Lichtelfe. Eigentlich hatte sie mir ja den Weg gezeigt, der mich zu der nächsten Träne führte. Zu einem Lager hinter dem Wasserfall. War es, weil Bantora es so wollte oder diese Wesen von sich aus? Vielleicht gab auch Dystan ihm diese Aufgabe. Egal. Hauptsache ich bin weiter gekommen. "Ich habe mich dann verirrt und gelangte zu einer Hütte. Keine Ahnung wer dort wohnte. Also ich sie betrat war sie leer. Weil ich nicht wusste, wo ich überhaupt war, ließ ich mich eine Weile dort nieder. Weit weg von den Sorgen und auch wirklich geschützt." Die Hütte, wo ich die vorletzte Träne fand. Sie war also ihr Unterschlupf, wo sie geschützt war. Doch wenn sie geschützt war, wieso war sie dann weg?

Weil mir der Stumpf langsam zu unbequem wurde, stand ich wieder auf und verzog das Gesicht. Meine Schulter wieder, die noch immer nicht verheilt war, sondern schmerzlich gesehen sogar noch schlimmer geworden war. Mir blieb wohl doch nichts Anderes übrig als zu einem Arzt zu gehen. Nur konnte ich es meiner Mutter immer noch nicht wirklich erklären. "Doch leider bekam ich bald Heimweh und war auch so naiv zu glauben, dass sich diese Aggressionen gelegt haben könnten. Wenn ich auch sehr unerkannt in das Haus meines Vater zurück kam, kamen sie bald wieder zum Haus, als mein Vater nicht zu Hause war. Mein Sohn ging es nicht gut und er ging mit ihm zum Arzt. Ein Glück. Denn die wütende Meute zögerte nicht lange und zündete schreiend das Haus an. Immer wieder hörte ich, wie man mich als Hexe bezeichnete. Als Hexe, die dem Teufel diente. Ich schaffe es zwar mit einigen Verbrennungen aus dem Haus, jedoch packte mich die Meute und führte mich zu diesem Baum, der eine Weile mein zu Hause war. Man fügte mir Schnitte zu und hängte mich blutend an den diesen Baum. Ich weiß nicht, was aus meinem Vater und meinem Sohn wurde." Wenn ich ihr diese Frage nur beantworten könnte. Doch ich wusste es leider nicht. Was ich aber wusste, war, dass ich nun frei war. Ich hatte meine Aufgabe erledigt. Nur eine Frage blieb noch... "Wie komme ich wieder nach Hause? Und... was ist mit Dystan?" Doch das Mädchen schien darauf wenigstens eine Antwort zu haben. Sie näherte ich mir und strich mit sanft über die Wange. "Du musst nur aufwachen. Dystan sollte ebenso in seinen Körper zurückkehrt sein. Du hast ihn mit deinem Willen und deinen Taten gerettet." Aufwachen. Das sagte sie so leicht. Als ob ich darüber einen Einfluss hatte. Bantora lächelte und löste sich dann auf. In dem Moment wachte ich auch auf.

Ich befand mich in meinem Zimmer. Besser gesagt auf dem Bett. Wieso ich mich wieder auf den Boden kniete und den Stammbaum nahm, war mir wiedermal ein Rätsel. Doch mir war es so, als hätte ich darauf etwas gelesen. Genau. Die Erste, mit der mein Stammbaum begann war Marcell Asbury und seine Frau Mary. Die beiden hatten eine Tochter namens Bantora Asbury. Allerdings war noch ein Kind angegeben. Logan Memphis Asbury. Er wurde geboren, als Bantora sechzehn Jahre alt war. Bantora erzählte nichts von einer neuen Frau ihres Vaters. Ob das ihr Sohn war? Genau sagen konnte ich es nichts. Allerdings war es durchaus möglich, dass Marcell ihren Sohn als seinen angenommen hatte und ihm so das Leben gerettet hatte. Zum Beispiel, indem er sagte, die Mutter wäre bei der Geburt verstorben. Die Wahrheit werde ich jedoch niemals erfahren. Lächelnd schob ich den Stammbaum wieder unters Bett und ließ mich in meinen Sessel fallen, der am Fenster stand. Darin las ich immer oder meine Mutter saß darin, wenn ich krank war und sie sich um mich kümmerte. Noch immer herrschte diese Müdigkeit. Nun aber könnte ich schlaffen, ohne dass mich ein solcher Traum quälte. Das hoffte ich wenigstens. Doch wieso sollte ich dort noch hingelangen? Ich hatte alles erledigt, was es zu erledigen gab. Obwohl ich mich frage, ob nun wirklich Bantora's Seele in Frieden ruhen konnte. Da ich aber zu faul war, wieder aufzustehen, schlief ich wenig später in dem Stuhl ein.

Eine Woche später...
Ich stand neben Dystan, der sich einen Smoking anzog und sich im Spiegel betrachtete. Nachdem ich die Seele von Bantora gerettet habe, wachte er auch wieder zur Freude seiner Mutter und seines Vaters auf, als wäre nie etwas gewesen. "Er steht dir. Wenn auch der Anlass traurig sein muss." Dystan lächelte, obwohl es ihm wahrscheinlich nicht leicht fiel. Dann hörte ich seine Mutter rufen, dass sie gleich los würden. Sicherlich fragt ihr euch, wohin oder? Nun, ihr werdet es gleich erfahren, denn Dystan machte sich auf den Weg und bald schon saßen sie alle im Auto. Sie fuhren zum Friedhof, wo sie nicht alleine waren. Meine Mutter war auch dort und auch mein Vater, obwohl meine Eltern geschieden waren. Alle nur... wegen mir. Ja, die hier ist meine Beerdigung. Zwar hatte ich es geschafft, dass ich die Seele von Bantora retten konnte, doch war es auch mein Tod. Mein Herz blieb an jenem Tag stehen, als ich nach der Rettung von Bantora's Seele wieder zurück kam. Spätere Untersuchungen haben ergeben, dass die Wunde an der Schulter und den damit verbundenen Blutverlust, eine Entzündung an der Handfläche wie auch der Schulter und die Müdigkeit ihren Tribut verlangten. Ebenso traurig wie meine Eltern sah ich auf meinen Sarg, während der Pfarrer seine langweilige Rede hielt. Ich wäre nun bei Gott und würde nun in Frieden ruhen. Bla, bla bla, kann ich da nur sagen. Wäre ich nicht schon tot, würde ich nun vor Langeweile sterben. Nur schmerzt es so verdammt, meine Mutter weinen zu sehen. "Weine doch nicht, Mama. Bitte... hör auf zu weinen..." Ich konnte selber die Tränen nicht zurück halten. Sie hört mich natürlich nicht. Niemand kann mich hören. Außer Bantora. Sie winkte mich zu sich. "Wir müssen gehen, Chelesta." Das wusste ich doch. Doch ich wollte doch nicht. Eigentlich wollte ich bei meiner Familie bleiben. Doch dennoch... durfte ich es nicht. Doch für sie würde das Leben auch ohne mich weitergehen. Es musste schließlich weitergehen. Was blieb ihnen schon Anderes übrig? Also sah ich nochmal ein letzte Mal zurück und folgte dann Bantora. "Übrigens. Ich denke, dein Sohn hat überlebt. Logan nicht wahr? Er ist einer meiner Urväter." Bantora lächelte und sah in das Licht, das erschien. Selbst ich lächelte, wenn es mich auch nicht los ließ, dass meine Mutter weinte. Zurück sehen wollte ich nicht mehr. Das meine lieben Zuhörer... war meine Geschichte...


~ ENDE ~

Impressum

Texte: Personen und Handlung sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Tag der Veröffentlichung: 05.09.2015

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