Cover

Jesper

 

»Sag mal, Jesper, was ist denn nur los mit dir? Du verhältst dich jetzt schon seit Wochen so komisch und bist irgendwie gar nicht mehr du selbst… Du weißt doch, du kannst mit mir über alles reden! «
Ich hatte diesen Satz in den letzten paar Tagen so oft hören müssen, sodass er mir schon zum Hals raushing. Warum kapierte dieser Idiot denn einfach nicht, dass ich nie im Leben mit ihm darüber reden konnte und auch nicht wollte? Das musste doch langsam echt offensichtlich sein. Ich meine, wie sollte ich meinem besten Kumpel, der nebenbei gesagt der größte Weiberheld auf Erden war, erklären, dass ich festgestellt hatte, dass ich nicht nur auf Jungs stand, sondern im ganz Speziellen auf ihn und das schon seit ein paar Monaten. Das konnte ich ihm nicht mal so beiläufig erzählen.

Aber fangen wir mal ganz vorne an. Alles fing mit der Beziehung mit Emily an. Wir hatten uns über Freunde kennengelernt und sie hatte mir schon nach einer kurzen Zeitspanne unseres Kennenlernens gestanden, sich in mich verliebt zu haben. Da ich noch nie eine Beziehung gehabt hatte und meine Kumpels mich regelrecht gedrängt hatten, war ich auf die bescheuertste Idee meines Lebens gekommen: Ihr zu sagen, dass es mir genauso ginge und ich sie auch liebte. Ich weiß schon, nicht gerade die beste Aktion, wenn man nur freundschaftliche Gefühle für jemanden hegt. Aber sie sah danach so glücklich aus, dass ich es nicht übers Herz brachte, ihr die Wahrheit zu erzählen.
Und dann nach ein paar Monaten war es passiert: Ich schaute meinen besten Freund und bemerkte ein komisches Gefühl in der Magengegend, das zuvor noch nie dagewesen war.
Riesengroße Exemplare von süßen Schmetterlingen tummelten sich in meinem Bauch herum und kitzelten mich von innen heraus. Prompt lief ich auch noch knallrot an, als Alex mich von der Seite aus anlächelte. Ich wusste nicht wirklich, was ich mit diesem Gefühl anstellen sollte. Sonst hatte ich einfach zurückgelächelt und gut war, aber jetzt...alles war so anders.
Ich meine, vor Emily war ich noch nie in einer Beziehung gewesen und immer davon ausgegangen, dass ich hetero war. Aber in den drei Monaten unserer Beziehung hatte sich in meiner Hose nie etwas geregt. Sie wollte zwar schon einen Schritt weitergehen, aber ich konnte mich immer irgendwie rausreden. Wie sollte ich ihr auch erklären, dass sich bei ihr nichts in mir regte und sie mich nicht wirklich anmachte? Schließlich war ich ja ihr Freund und hatte ihr meine ‚‚Liebe‘‘ gestanden. Was für eine verzwickte Situation.
Wie konnte es jetzt aber sein, dass mein Herz beim Anblick meines besten Kumpels schneller schlug und mir sehr oft die Hose eng wurde? Sehr oft? Also eigentlich jedes Mal, wenn wir uns sahen und er mich mit diesem bezaubernden Lächeln anblickte, bei dem ich gerne einfach zu ihm rübergegangen wäre und ihn geküsst hätte. Natürlich hatte ich das nie gemacht, ich war ja nicht bescheuert und outete mich gleichzeitig als schwul und verliebt in meinen besten Freund. Das war ja quasi Selbstmord. Konnte ich mich ja auch gleich von der Brücke stürzen… Okay, das vielleicht dann doch nicht, dazu war mir mein Leben zu lieb. Schließlich gab es doch noch ein paar Sonnenstrahlen, die die dunkelste Zeit in meinem Leben erhellten. Oh je, meine poetische Ader kam wieder durch, grandios!
War das etwa normal? Ich konnte das nicht glauben. Dieses komische Gefühl im Bauch stellte sich auch die nächsten paar Tage nicht ein und immer wieder ertappte ich mich selbst dabei, wie ich Alex gedankenverloren höchst verzückt anstarrte. Was war nur los mit mir? Zum Glück hatte er noch nie etwas bemerkt, nur manchmal sah er mich so komisch von der Seite an, als ahne er irgendwas. Wenn er auch nur im Ansatz darauf kommen würde, dann war ich am Ende. Unsere Freundschaft wäre zerstört, damit würde ich nicht klarkommen. Ich mochte ihn doch, so sehr. Es würde mich zugrunde richten.
Wie sollte es jetzt bloß weitergehen? Nachdem er mich so angelächelt hatte, war es um mich geschehen gewesen. Ich hatte verlegen zu Boden geschaut und war knallrot angelaufen. Soweit ich es mitbekommen hatte, hatte er sich schon wieder abgewandt und nichts Komisches bemerkt.
Nach dieser mehr als peinlichen Situation hatte ich mich relativ schnell aus der Runde verabschiedet und mich auf den Weg nach Hause gemacht, jedoch einen Umweg eingeschlagen.
Der Park war zu dieser Zeit nicht sonderlich gut besucht gewesen und so hatte ich schnell ein ruhiges Plätzchen für mich gefunden. Ich hatte mein Notizbuch ausgepackt, das ich ausnahmslos jeden Tag mit mir herumschleppte. Ich liebte das Schreiben und konnte nicht verstehen, warum man mich deswegen oft so komisch anschaute. Mein Notizbuch war Tagebuch, Sammelplatz für Ideen und Gedanken, Projektbuch und noch so vieles mehr. Mein ganzes Leben war darin verpackt. Jedes Gefühl, ob negativ oder positiv, alle wichtigen und unwichtigen Ereignisse, einfach alles.
Meine Seele und mein Herz, und ich hoffte, dass Alex dieses Buch nie in die Hände bekommen würde. Denn in meiner Verzweiflung hatte ich an diesem Tag alles was in mir vorging notiert und aufgeschrieben und meinen Gefühlen und Gedanken freien Lauf gelassen. Auch hatte ich, leicht kindisch, seinen Nachnamen an meinen angefügt, um zu sehen, wie sich das so machen würde.
Alex hatte zwar keine Freundin, aber auf Jungs stand er garantiert nicht. Denn ich hatte ihn bisher nur mit Mädchen gesehen. Und in jeder seiner Beziehungen hatte er sehr glücklich gewirkt, also warum sollte er jetzt auf einmal Männer anziehend finden? Das alles war doch eine große Scheiße! Also beschloss ich, all meine Gedanken und Gefühle, die mir gerade jetzt durch den Kopf schossen, auf Papier zu bannen, damit ich nicht permanent damit durchflutet wurde. Ich setzte den Stift an und wie von selbst schrieb ich Wort für Wort, Seite für Seite, bis mein Handgelenk immens schmerzte. Zehn Seiten waren es letztendlich geworden, wie ich mit Erstaunen feststellte. Zwar hatte ich schon mehrfach darüber geschrieben, aber heute hatte ich ganz vorne angefangen und fast eine kleine Geschichte geschrieben. Ein wenig war ich ja auch stolz auf mich, denn ich fand, sie klang gar nicht schlecht und gerne hätte ich sie auch Alex gezeigt. Was für ein blöder Gedanken und schwupp, war er wieder in meine ‚Nicht-Darüber-Nachdenken-Schublade‘ gewandert und schön säuberlich verstaut, dass er auch ja nicht so schnell wieder hervorkommen konnte. Mein Gehirn war doch wohl schon ziemlich im Eimer, wenn es ständig darüber nachdachte, wie eine Beziehung mit Alex wohl aussehen würde. Pah, als würde das jemals Realität werden. Wie dumm, aber das war eben mein Gehirn.

»Mensch, Jesper, jetzt antworte mir doch mal, verdammt. Ich sehe doch, dass dich was beschäftigt. Wir sind die besten Kumpels, du kannst mir vertrauen, ich werd's auch für mich behalten, was immer es auch ist. «
Meine Hände zitterten, ich musste heftig schlucken und dann platzte es auch schon aus mir heraus, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, das Thema nicht anzusprechen.
»Ach, Shit. Ich…ich..ich glaube, ich habe mich verliebt...! «
»Warum sagst du das denn nicht gleich? Das ist doch super. Es ist Emily, oder? Ich wusste, irgendwann würden auch bei dir die Gefühle aufkommen. Ihr passt echt super zusammen. «
Dieser Idiot verstand aber auch gar nichts, aber wenn ich schon angefangen hatte, konnte ich es auch zu Ende bringen. Ich setzte hier meine Freundschaft aufs Spiel, aber dieses Geheimnis noch länger mit mir herumzuschleppen, stimmte mich nicht gerade fröhlicher. Also besser raus damit und die Reaktion abwarten.
»Nein, es ist nicht Emily. Ich hab mich…in dich verliebt, man. Ich…«
Ein fassungsloser Alex starrte mich an und konnte kaum ein Wort fassen. Ich glaube, so schockiert hatte ich meinen besten Freund, obwohl, jetzt wohl nicht mehr, noch nie gesehen. So hatte ich mir das Ganze nicht vorgestellt.
Gott sei Dank waren wir gerade in einer ruhigen Ecke auf dem Schulhof und nicht bei mir daheim, denn dann hätte ich nicht einfach abhauen können. So schnappte ich mir meinen Rucksack und ging. Ich ging einfach davon und sah nicht ein einziges Mal zurück, denn sonst hätte er wohl mitbekommen, dass mir gerade die Tränen aus den Augen quollen und das wollte ich keinesfalls.
Wie in Trance legte ich den Weg zu mir nach Hause zurück und dort angekommen, schloss ich mich in meinem Zimmer ein, legte mich aufs Bett und fing an, hemmungslos zu weinen. Stundenlang verbrachte ich so meine Zeit, doch dann klopfte es auf einmal an meiner Zimmertür und ich vernahm die Stimmen meiner Eltern, die besorgt wissen wollten, was los war.
Da ich keine Lust auf eine endlose Diskussion hatte, ließ ich sie einfach rein, denn ich kannte meine Eltern sehr gut und wusste, sie würden so lange vor meinem Zimmer stehen, bis ich aufschließen würde.
Beide kamen herein und setzten sich zu mir aufs Bett. Meine Mutter legte mir eine Hand an die Wange und sah mich besorgt an: »Schatz, was ist denn nur los mit dir? So außer dir warst du schon eine Ewigkeit nicht mehr. Ist was Schlimmes passiert? «
Ich druckste eine Weile herum und rückte erst nach einigen Minuten mit der Wahrheit heraus. Gefühlte 15 Minuten war es mucksmäuschenstill und dann legte sich die Hand meines Vaters auf meine Schulter und drückte fest zu.
»Junge, du glaubst doch nicht wirklich, dass wir dich verstoßen, nur weil du auf Jungs stehst, oder? Wir lieben dich, so wie du bist und wenn du nun mal keine Mädchen magst, sondern Jungs, ist das völlig in Ordnung. «
Meinen Eltern war meine sexuelle Orientierung völlig egal, damit hatte ich nicht gerechnet. Doch es war gut so, denn eine ganze Weile lang unterhielt ich mich mit ihnen über mein Problem und sie hörten mir zu, gaben Tipps und waren ganz einfach für mich da.
Dafür liebte ich meine Eltern nur noch mehr und sagte ihnen das auch einfach so.
Danach ließen sie mich wieder alleine und meine Gedanken begannen, wie so oft in den letzten Monaten, um Alex zu kreisen und wie es morgen in der Schule sein würde. Schließlich saßen wir nebeneinander, hatten fast alle Kurse gemeinsam und steckten auch in den Pausen eigentlich immer zusammen. Das alles würde ich sehr vermissen, aber erst mal Abstand halten. Denn ich wollte ihn nicht zu sehr drängen und aufregen, das würde er garantiert, würde er sich ganz normal verhalten. Aber bestimmt kämen Fragen auf von meinen restlichen Kumpels, was los war und denen wollte ich dann doch nicht erzählen, was in mir vorging. Über meinen Gedanken schlief ich dann schließlich ein und träumte von einer glücklichen Zukunft, in Alexs Armen.
Die ganze nächste Woche weigerte ich mich in die Schule zu gehen und so ließ ich mich von meinen Eltern krankschreiben. In diesen Tagen brütete ich im Bett, schrieb viel und dachte übermäßig viel nach. Doch als es langsam Sonntag wurde, übermannte mich die Panik, was wohl am Montag sein würde. Meine Mutter hatte nämlich am Samstag verkündet, dass ich wieder in die Schule müsse, Liebeskummer hin oder her. Und so bereitete ich mich am Abend vorher ausgiebig darauf vor.

Am nächsten Morgen machte ich mich mit einem mulmigen Gefühl im Magen auf den Weg zur Schule, völlig in Gedanken versunken. Die Angst rumorte in mir und trotz der kalten Jahreszeit begann ich zu schwitzen und mir war abwechselnd heiß und kalt.
Von weitem sah ich das Schulgebäude schon und davor nahm ich eine einzige Person wahr, die scheinbar völlig gelassen auf der Treppe saß und rauchte. Ich dachte mir nichts dabei, gab es doch sehr viele Raucher auf unserer Schule. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit mir, denn als ich näher kam und schließlich schon auf dem Schulhof stand, bemerkte ich, dass Alex da saß, rauchte und mich, nachdem er mich bemerkt hatte, mit seinem Blick gefangen hielt. Ich konnte mich nicht bewegen, meine Beine wollten sich einfach nicht vom Boden lösen und so stand ich wie versteinert da, als er langsam aufstand, die Zigarette mit dem Fuß auf dem Boden ausdrückte und auf mich zukam. Ich musste aussehen wie ein verschrecktes Tier, denn ein besorgter Schleier legte sich über sein Gesicht, das so aussah, als hätte er drei Tage hintereinander nicht geschlafen: Dunkle Augenschatten umrahmten seine wundervollen, was dachte ich da bloß schon wieder?, Augen und sein Gesicht wirkte grau und eingefallen. Er sah um einiges älter aus, als ich ihn in Erinnerung hatte. Und seit wann rauchte er bitte? Sonst hatte er immer über die qualmenden Schüler hergezogen und sich lustig gemacht. Wollte er sich die Lunge verbrennen? Selbstgeißelung? Denn so wie er dabei ausgesehen hatte, war der Geschmack und der Genuss nicht der Grund, wieso er zur Zigarette gegriffen hatte. Doch warum dann? Ich konnte mir keinen plausiblen Grund vorstellen.
Gerade als sich meine Beine langsam wieder in Bewegung setzen ließen, stand er direkt vor mir und blickte mir in die Augen, in denen etwas lag, dass ich nicht identifizieren konnte. Nur keine falsche Hoffnung, dummes Gehirn, du wirst eh nur enttäuscht werden.
»Jesper verdammt, wieso tust du mir das an? «, seine raue Stimme riss mich aus meinen Gedanken, wie ich möglichst schnell an ihm vorbei- und in die Schule kommen könnte.
»Ich war krank vor Sorge, als du dich nicht gemeldet hast und hab Gott weiß was gedacht. Mach das nie wieder, okay? « Ja klar, als ob er sich Sorgen gemacht hatte..
Jetzt wollte er mich aber verarschen oder? Tat er so, als wäre nichts geschehen und wollte auf besten Kumpel tun, ohne meine Gefühle zu beachten? Das war nicht drin, auf keinen Fall. Ich war vielleicht nicht besonders stabil zurzeit, aber mit mir zu spielen? Nein! Das war nicht drin. Dazu würde es nicht kommen und wenn ich bei diesem Vorhaben in Tränen ausbrechen würde. Damit war nicht zu spaßen, auch nicht, wenn er mein bester Freund war, beziehungsweise gewesen war, denn ich hatte es ja verkackt, aber so richtig.
Meine Stimme bebte leicht, als ich ihm antwortete: »Ich werde garantiert nicht so tun, als wäre alles in Ordnung. Das ist es nämlich nicht. Du weißt ganz genau, warum ich dir nicht geantwortete habe. Ja, ich habe Gefühle für dich und deswegen würde ich jetzt auch gerne in den Unterricht gehen. Ich habe nämlich keine Lust, dass du darauf herumtrampelst! « Wow, ich war begeistert von mir selbst. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele vernünftige Worte aus meinem Mund kommen würden, wo ich gerade vor ihm stand. Aber mein Gehirn hatte anscheinend einen anderen Plan gehabt und mich mit einigermaßen sicherer Stimme antworten lassen. Was für eine Leistung! Ab und zu sollte man die Arbeit seiner grauen Zellen doch mal mehr würdigen, sie bewahrten einen doch manchmal vor den peinlichsten Situationen, in denen stottern richtig blöd aussehen würde.
Ich machte einen Schritt und wollte gerade um ihn herum auf das Gebäude zugehen, als sich eine Hand um meine schloss und mich leicht zittrig, aber doch sehr fest zu sich heranzog. Meine Atemzüge wurden sehr hektisch und mein Herz schien mir aus der Brust zu springen, als ich merkte, dass ich nur sehr wenige Zentimeter von ihm entfernt stand und er immer noch meine Hand hielt. Wieso genau zitterte er jetzt? So kalt war es doch gar nicht mehr. Wir hatten schließlich schon fast März und die Sonne schien öfter. Wahrscheinlich eine Nebenwirkung des Rauchens, das hatte ich schon öfter gesehen. Aber eigentlich nur bei Menschen, die Kettenraucher und gerade auf Entzug waren. Doch nichts anderes konnte es sein, das war einfach nicht möglich! Oder etwas doch..? Nein, nein, nein, denk nicht mal nur im Ansatz darüber nach. Oder willst du dich etwa selbst in den Abgrund stürzen, wenn er dir jetzt sagt, dass er nicht mehr dein Freund sein kann? Also die Gedanken nehmen, in eine undurchsichtige Tüte packen und im nächstbesten Mülleimer meines Hirns verstauen, Deckel darauf und fertig. Das war’s, so einfach.
»Halt mal einfach den Mund, nur kurz, okay? Dann kannst du tun und lassen was du willst, gehen, bleiben, was auch immer. Aber lass mir die paar Minuten, um das loszuwerden, was seit einer ganzen Weile auf mir lastet. Dass ich schwul bin, weiß ich schon seit einigen Jahren, hatte aber nie den Mut, es zu sagen, auch dir nicht, weil ich Angst vor deiner Reaktion hatte. Ich weiß, bescheuert, aber ich konnte nicht. Du warst immerhin mein bester Kumpel und so eine ‚Schwäche‘ konnte ich vor dir doch nicht zeigen. Hab doch blöderweise immer den Harten markiert. Also hab ich immer den Weiberheld gespielt, war mit einigen Mädchen zusammen, aber mehr als Händchen halten und ein paar Küsse ging da nicht, wollte ich auch nicht. Vor fast einem Jahr hab ich dann gemerkt, dass meine Gefühle für dich über das Freundschaftliche hinausgehen, aber ich dachte ja immer, dass du hetero bist, also hab ich es für mich behalten. Und als du dann mit Emily ankamst und erzählt hast, dass sie in dich verliebt ist und du nicht weißt, was du machen sollst, weil du sie nicht liebst, hab ich dir was total bescheuertes geraten. Um mir selbst klar zu machen, dass du nicht auf Jungs stehst. Und dann hast du dich in der letzten Zeit so komisch verhalten und ich dachte, du hättest was gemerkt und wärst voll angeekelt oder so. Hätte ich geahnt, dass das dahinter steckt, hätte ich schon viel früher was gesagt.
Man, man, man, alles so verwirrend, nicht wahr? Jetzt darfst du deinen Mund auch wieder aufmachen und benutzen, Jes. «
Ich machte den Mund auch auf, aber er klappte wie bei einem Fisch nur auf und zu, weil ich völlig baff war. Von diesem Geständnis und der Tatsache, dass mein bester Kumpel schon seit einem Jahr in mich verliebt war. Das konnte doch nicht wahr sein, oder? All die Gedanken, die ich säuberlich weggeschoben und verpackt hatte, schienen aus dem Nichts aufzutauchen und meine kleinen grauen Zellen schienen sehr aufgeregt und übermittelten mir das alles in einer Geschwindigkeit, die mich umhaute. Ich nahm meine Gefühle intensiver wahr, Gedanken schwebten durch meinen Kopf und verknüpften sich zu rosaroten Fantasien, die mein Sprachzentrum vorübergehend lahmlegten.
Da ich anscheinend zu keinem richtigen Gespräch mehr fähig war, übernahm Alex die führende Rolle und legte seine Hände um mein Gesicht, schaute mir tief in die Augen und dann bewegten sich seine Lippen langsam auf meine zu. Kurz bevor sie mich erreichten, stoppte er und wartete kurz. Wie von selbst legten sich meine Arme um seinen Hals und ich schloss die letzten Zentimeter auf. Der Kuss war unbeschreiblich, so lebendig hatte ich mich noch nie gefühlt, auch nicht bei Emily und als wir uns nach einer Weile voneinander lösten, flüsterte ich ihm leise ins Ohr: »Ich liebe dich! «, und war überglücklich, als diese Worte von ihm zurückkamen. Danach schmiegte ich mich in seine Arme und sein Kopf landete auf meinem Kopf. So eng umschlungen standen wir eine gefühlte Ewigkeit auf dem Schulhof und genossen die Zweisamkeit, auch ohne viele Worte. Endlich hatten wir uns gefunden und ich war glücklich nach den langen Monaten voller Zweifel, Sehnsucht und Kummer. Ich verschwendete keinen einzigen Gedanken an die Zukunft, die Reaktionen unseres Umfeldes oder sonst was. Nur Er war wichtig in diesem Augenblick und niemand anderes konnte das zerstören.

 

Impressum

Texte: Dieser Text ist geistiges Eigentum der Autorin Elaya Flynn!
Bildmaterialien: www.pixabay.com & www.pexels.com
Tag der Veröffentlichung: 18.01.2017

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /