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Künstler haben es nicht immer leicht

Der 12-jährige Tom war ein Schüler des Heinrich-Bloomer-Gymnasiums. Eines Tages lief er wie jeden Morgen zur Schule. Dort angekommen, ging er sogleich in die Aula und setzte sich auf einen der vielen Stühle, die schon gestern aufgestellt wurden. Seit einer Woche hatte Toms Lehrer immer wieder die ganze Klasse benachrichtigt, dass sie sich an diesem Tag gleich einen Platz suchen sollten. Tom wählte natürlich den Platz neben seinem besten Freund Henry.

 Als der Schulgong ertönte, der eigentlich den Unterrichtsbeginn ankündigte, erschien der Direktor des Gymnasiums auf der Bühne. Er tippte auf sein Mikrofon und sagte: "Liebe Schüler! In einer Woche beginnt der Junior-Künstlerwettbewerb."

Tom flüsterte Henry leise ins Ohr: "Mhm, Künstlerwettbewerb, das klingt ja echt laaaangweilig." Tom hatte sehr viele Hobbies, wie z.B. das Fahrradfahren, das Schwimmen und die Astronomie.

Der Direktor fuhr mit seiner Rede fort: "Der Preis für den Junior-Künstlerwettbewerb in diesem Jahr ist ein A-37-Teleskop der Firma Cosmo."

Tom war wie gelähmt, da er es liebte abends in den Sternenhimmel zu sehen. So ein Teleskop hatte er sich schon lange gewünscht. Doch da es 750 Euro kostete, konnte er es sich nicht leisten. Auch für ein Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenk war es zu teuer.

Am nächsten Tag trug Tom sich heimlich in die Liste für den Junior-Künstlerwettbewerb ein, ohne dass ihn einer seiner Freunde dabei sah. Er schrieb extra klein und besonders unleserlich "Tom Pfeifer".

Es vergingen sechs Tage und somit war der Wettbewerb endlich eröffnet. Zu Hause erzählte Tom weder seinen Eltern, noch seinem kleinen Bruder, dass er teilnehmen wollte. Er ging in sein Zimmer, holte sich seine Taschenlampe aus dem Schrank und ging auf den Dachboden. Dort suchte er nach seiner Kunstkiste und fand sie im hinteren Bereich unter einem Spinnennetz, neben dem alten Kleiderschrank seiner Mutter.

In seiner Kiste suchte er seine Farben, seine Pinsel und seine Holzpalette, in der er immer seine Farben mischte. Jetzt fehlte ihm nur noch eine Staffelei und eine Leinwand. Er wusste genau, dass sein Vater in jungen Jahren mal Hobbykünstler war. Dennoch wollte er ihm nichts vom Wettbewerb erzählen, weil sein Vater nichts für sich behalten konnte.

 An seinem siebten Geburtstag hatte einer seiner Freunde ein Monstertruck-Shirt an. Sein Vater musste natürlich die Bemerkung von sich geben: "Wow, dass du in so einem Alter solch ein T-Shirt trägst, ist ja wirklich mal was Neues. Die meisten von Toms Shirts sind pink." Da mussten alle lachen, denn sie wussten nicht, dass diese T-Shirts alle ein Geschenk seiner farbenblinden Oma waren.

Also ging Tom in das Arbeitszimmer seines Vaters und fragte ihn, ob er ihm eine Leinwand und eine Staffelei geben könnte. Er sagte, ein Freund hätte sowas nicht im Haus und bräuchte es für ein Kunstprojekt. Da Toms Vater sehr großzügig war und mehr als 20 Leinwände hatte, gab er ihm eine Leinwand. Dazu sagte er: "Okay, ich gebe dir die Leinwand und die Staffelei, aber sage deinem Freund, dass er sehr gut auf diese aufpassen soll, denn sie ist ein teures Exemplar."

Tom nahm Leinwand und Staffelei an sich und bedankte sich mit leicht erhöhter Stimme: "Danke, danke, danke!" Daraufhin flitzte er in sein Zimmer und verschloss die Tür. Er machte den Farbkasten auf, nahm sich seine Pinsel, stellte die Leinwand auf und wollte sofort loslegen. Doch da fiel ihm ein, dass er für sein Kunstwerk erst mal eine Idee bzw. eine Inspiration brauchte. Er erinnerte sich an den Kunstunterricht, als sie gerade Picasso durchgenommen hatten, der einer der berühmtesten Künstler war. Tom dachte an die Bilder von Picasso und an seine abstrakten Formen. Plötzlich hatte er einen Geistesblitz. Er sah sein Bild vor sich. Es waren faszinierende Formen in allen möglichen Farben. 

Seinen Pinsel tunkte er in die Farben und malte vor sich hin. Plötzlich merkte Tom wie wunderbar es sich anfühlte ein Bild zu malen. Es war etwas, wo er seine Fantasie richtig ausleben konnte. Beim Malen hatte er sehr viel Spaß und Freude und plötzlich entdeckte Tom sein Talent für das Malen. Ein paar Stunden später war sein farbenfrohes Bild fertig. Stolz auf sich selbst stand er vor seinem Bild, als plötzlich seine Mutter an der Tür klopfte und rief: "Tom, es gibt Abendessen!"

Tom erwiderte: "Ja, ich komme schon." Er schloss sein Zimmer auf und rannte ins Esszimmer. Auf einmal bemerkte er, dass sein kleiner Bruder fehlte und fragte: "Hey, wo ist denn Johannes?" Dann hörte er Johannes Stimme, die aus seinem Zimmer kam. "Hey, cool." Daraufhin lief die Mutter in Toms Zimmer, um Johannes zum Essen zu holen. Aus Toms Zimmer heraus fragte sie: "Tom, mein Schatz, von wem ist denn dieses tolle Kunstwerk?"

Ein paar Sekunden später stand die ganze Familie in Toms Zimmer und bewunderte sein schönes Bild. Sein Vater fragte: "Woher hast du denn dieses Gemälde?"

Mit leiser Stimme antwortete Tom: "Ich gebe es ja schon zu. Dieses Bild ist von mir, ich nehme damit beim Junior-Künstlerwettbewerb in der Schule teil."

Toms Mutter fragte: "Wieso hast du uns nichts davon erzählt? Dieses Bild ist wundervoll."

"Ja", sagte sein Vater daraufhin, "dieses Bild ist fantastisch."

Nach den Komplimenten fragte er seine Eltern unsicher: "Ehrlich?"

"Ja, ehrlich!", meinten seine Eltern im Chor.

Nach dem Abendessen ging Tom ins Bett. Diesen und jeden folgenden Abend schaltete er sein Kopfkino ein und dachte an seinen zukünftigen Ruhm, als berühmter Künstler, wenn er erst mal erwachsen wäre.

 

Ein paar Tage später lief er fröhlich, wie jeden Morgen in die Schule. Auf dem Weg in sein Klassenzimmer traf er seinen Freund Henry, der ihm erfreut die Nachricht überbrachte, dass er beim Künstler-Wettbewerb mitmachen würde. Er sagte: "Wenn ich dann beim Wettbewerb gewinne, können wir mit dem Teleskop gemeinsam die Sterne anschauen."

Tom meinte daraufhin empört: "Wow, ich hätte nie gedacht, dass du mir meinen Ruhm wegnehmen würdest." Danach lief er beleidigt in sein Klassenzimmer.

Henry fragte sich was das gerade eben sein sollte, weil er 1. nicht wusste, dass Tom teilnehmen wollte und 2. noch weniger wusste, dass ihm das Malen plötzlich gefällt.

 

Am Tag danach ging Tom mit seiner Familie zum Abendessen in ein Restaurant. Seine Eltern wollten Toms Teilnahme am Wettbewerb feiern und gingen deshalb mit ihm und seinem Bruder in Toms Lieblingsrestaurant. Er war sehr traurig, dass Henry ihm seiner Meinung nach den Ruhm wegnehmen wollte. Als Überraschung bestellten Toms Eltern alle seine Lieblingsgerichte. Dabei konnte er in seiner Traurigkeit die Leckereien gar nicht genießen.

In ihm baute sich langsam eine Wut auf und er eröffnete eine Gerüchteküche über Henry. In der Klasse flüsterte er seinen Banknachbarn zu, dass Henry heimlich auf dem Klo rauchen würde. In der Pause erzählte er ein paar weiteren Schülern, dass Henry im Internet gestohlene Sachen verkaufen würde.

 

 Es dauerte ein paar Tage, bis Henry von den Gerüchten erfuhr, die man sich in der Schule über ihn erzählte. Angefangen hatte es, als Henry auf dem Weg zur Toilette von einem Mitschüler gefragt wurde, ob er auf dem WC rauchen wollte. Sofort hielt er inne, ging zurück ins Klassenzimmer und fragte seinen Mitschüler, wie er auf diese Idee käme. Dieser sagte: "Natürlich von Tom, dieser deckt seit Tagen deine verbotenen Aktionen auf." Nach kurzer Zeit erfuhr Henry von allen Gerüchten, die Tom in die Welt gesetzt hatte.

In der Pause hatte Henry Tom lange gesucht. Als er ihn endlich gefunden hatte, fragte er ihn: "Was soll das mit den ganzen Gerüchten, die du über mich erzählst?"

Tom antwortete panisch und sehr schnell: "Ich habe auch beim Wettbewerb teilgenommen und das ist mir zu Kopf gestiegen." Danach rannte er einfach weg.

Nach der Pause sollten sich wieder alle Schüler in die Aula begeben. Dieses Mal suchte sich Tom einen Platz weit weg von Henry. Der Direktor sagte eine lange Rede auf. Nach ungefähr 10 Minuten kam der Direktor endlich zum Punkt und sagte: "Und der Gewinner des Junior-Künstlerwettbewerbs des Heinrich-Bloomer-Gymnasiums ist Nicole Meyer."

Ein blondes Mädchen aus der Elften kam auf die Bühne und holte sich ihr Teleskop ab. Es gab viel Applaus, nur Tom klatschte nicht.

Am selben Abend ging Tom auf eine Wiese, um von dort aus die Sterne ohne ein Teleskop zu betrachten. Zufälligerweise lag auch Henry auf der selben Wiese. Tom ging auf ihn zu und sagte mit leiser Stimme: "Hi, ich wusste gar nicht, dass du es auch liebst abends in die Sterne zu schauen."

Henry antwortete ebenso mit leiser Stimme: "Und ich wusste nicht, dass du am Wettbewerb teilgenommen hast, zumindest bis du es mir so hastig gesagt hattest"

"Henry, es tut mir wirklich sehr leid, dass ich diese Gerüchte in die Welt gesetzt habe und so falsch auf deine Worte reagiert habe. Wenn mir Wettbewerbe auch weiter so zu Kopf steigen, will ich nie wieder daran teilnehmen. Denn deine Freundschaft ist für mich der größte Gewinn auf der Welt."

"Das finde ich auch!"

 

ENDE

 

 

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 06.08.2016

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch meiner Lieblingskünstlerin, meiner Mutter "Angel of Love".

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