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Zwei Festlandmädchen auf der Insel

Heike  Renner legte den Gurt an, als der große Iceland-

Air  Vogel zum Landeanflug auf Island an setzte. Wie

kleine Farbtupfer lagen die buntgedeckten Häuser in der

Landschaft, hier und dort stieg weißer Rauch aus der

Erde und mit dem tiefen Blau des Nordmeers mischte

sich das ockergelbe, schlierige Wasser eines breiten

Flusses. 

Heike hatte Island noch nie aus der Luft gesehen. 

Als sie das erste Mal die Insel besucht hatte, war 

sie mit der Fähre gekommen. Damals hatte sie sich

rettungslos in diese Insel verliebt. Wehmütig hatte sie

Island per Schiff wieder verlassen, um auf dieser Fahrt

noch ihr Herz zu verlieren. Heike schloss die Augen,

als ihr wieder die tiefe Stimme in den Sinn kam ...

 

Die Personen Fähre war ausgebucht gewesen und

Heike musste das Frachtschiff auf die Faröer nehmen.

Sie hatte allein an der Reeling gestanden, nachdem ihre 

Bekannten ihren Aufenthalt in Island verlängert hatten.

Der Wind hatte ihre blonden Haare zerzaust, als ein Hüne 

von Mann neben ihr stehen geblieben war.

Erst sagte irgentwas und deutete auf die graublauen Wellen,

doch Elena verstand seine Sprache nicht.

" English?" fragte der Mann weiter.

" German."

" Auch gut. Unruhige See heute.:-) 

" Macht nichts. Davon werde ich noch zu Hause in

Hannover träumen. Sind sie Isländer?" Er lachte fröhlich.

" Mit ganzem Herzen." Das hätte sie sich denken können. 

Sein Haar war blond, die Augen blau, sein Körper kräftig,

die Kleidung wetterfest. Und dieses unbekümmerte lachen!

" Und wo treibt Sie der Wind heute hin?"

"Ich bringe Surt und Embla nach Tórshavn."

"Surt und Embla?" Wieder dieses Lachen!

"Zwei Pferde. Die Namen stammen aus der nordischen Mythologie. Mögen sie Pferde?"

"Ja. Aber ich habe nicht viel Ahnung davon."

Das änderte sich während der Überfahrt. Eric- erst hatte sich höflich vorgestellt- füllte Heikes Wissenslücken auf.

Beinahe traurig fügte erst dann hinzu: "Aber kein Pferd, das Island verlassen hat, darf zurückkommen. 

Veterinärbestimmungen. Also mussauch ich mich endgültig von Surt und Embla trennen, obwohl ich sie

selbst ein geritten habe."

"Aber ich komme wieder."

"Sie sind ja auch kein Pferd!" Sein Lachen verklang und erst betrachtete Heike aufmerksam.

"Sie sind eine sehr hübsche Frau und eine gute Zuhörerin. Ich könnte ihnen stundenlang von meiner Insel

erzählen. Vögel, Vulkane, grasbewachsene Häuser... es gibt so viel. Auch das."

Er kramte in seinem Fellrucksack nach seiner Flasche und reichte sie Heike.

"Brennivin. Isländischer Brandwein. Ich habe leider kein Glas dabei."

 

Die Überfahrt verging wie im Fluge. Sie saßen auf ihren Schlafsäcken und ließen sich den Seewind um die Ohren

blasen. Nach einem Gute-Nacht-Schluck Bennivin reichte Erik Heike seine Karte.

"Wenn Sie wieder nach Island kommen, besuchen Sie mich doch." Heike kritzelte auf einen Zettel ihre Anschrift.

Umgekehrt ebenso. Am frühen Morgen trafen sie sich noch einmal an Deck.

"Die Fahrt ist zu Ende.", meinte er leise.

"Schade." Dann beugte er sich vor und berührte Heikes Lippen mit den seinen. Es war ein warmer, weicher Kuss.

"Wir sehen uns wieder Festlandmädchen.". Die Fähre legte an. Heike hatte nur wenige Stunde Aufenthalt, also

setzte sie sich im Hafenbereich auf eine Bank und beobachtete Erik, wie er seine Tiere von Bord brachte.

Er drehte sich nochmal um, lächelte Heike zu und verschwand. Irgendwann kam ein Gruß aus Akureyri mit dem

Foto eines Islandpferdes.

"Dieses Pferd heißt ´Festlandmädchen´. Wann kommen Sie wieder?. Erik."

"Sobald ich Ihre Sprache ein wenig verstehen kann", hatte Heike unter anderen zurückgeschrieben. Dann war der

Kontakt abgebrochen. Ein Jahr hatte es gedauert, bis Heike wieder das Geld für die Reise gespart hatte und auch

ein wenig Isländisch verstand, aber Erik Thoralfsson konnte sie nicht vergessen. Es war soweit. Die Maschine rollte

aus und Heike stieg in den Transferbus nach Reykjavik. Zwei Tage wollte sie in der Stadt bleiben, um den großen

Pferdemarkt zu besuchen, dann würde sie zu einer Briefbekannten, die sie über die Deutsch-Isländischen

Gesellschaft kennengelernt hatte, ins Landesinnere fahren.

 

Am nächsten Morgen ...

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Tag der Veröffentlichung: 23.03.2015

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