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Mein Blick glitt hinauf zu den Sternen. Sanft und still hingen sie dort oben, blickten auf uns hinab. Im fahlen Mondlicht sah die Welt aus, als wäre sie nicht dieselbe, doch ich wusste, nichts hatte sich verändert. Schwarzer Rauch verdunkelte meinen Blick. Unruhig blickte ich zum Waldrand. Dort war der Himmel hell erleuchtet. Orange Flammen schlugen dem vollen Mond entgegen, als ob sie ihn von seinem Thron im Himmel stoßen wollten. Schon seit Urzeiten stand geschrieben, dass die Erde untergehen wird, im Kampf der Elemente. Nur Mond und Sterne werden überleben und mit ihnen eine Gattung Wesen. Inständig hoffte ich es, dass es wir waren, die Nymphen. Wasser war ein sehr mächtiges Element.
Ich lief auf den Wald zu, musste noch vor den Flammen an unserem Teich sein. Und vielleicht werde ich im Kampf der Elemente auch sie finden. Antworten. Vielleicht wird dann endlich geklärt werden, warum mein Haar nicht blau, türkis oder grün war, wie das der anderen Nymphen, sondern schwarz, wie die Asche. Aber zum Feuer konnte ich auch nicht angehören, denn meine Haut war so weiß wie die, einer Nymphe. Und meine Mutter war die Herrscherin über unseren Teich. Meine kristallfarbenen Augen blickten sich hilflos in diesem verräterischen Flammenmeer um. Feuerelfen zischten wütend, als ich durch ihr Gebiet rannte.
»Wir wissen er du bist, Kyra. Wir wissen wer du bist.« Flüsterten sie mir ins Ohr. Für einen Moment war ich versucht stehen zu bleiben und nach Antworten zu bitten, doch ich hatte Angst vor den verführerischen Worten des Feuers. Ich lief immer weiter. Plötzlich erschütterte ein Erdbeben den Wald.
Die Erde! Auch sie sandte ihre Boten aus, um die anderen Wesen zu vernichten. Trolle, Kobolde und Zwerge liefen an mir vorbei, riefen immer wieder meinen Namen.
»Lasst mich in Ruhe!« Rief ich verzweifelt. Was wollten sie von mir? Ich war eine Wassernymphe, ihr Feind! Warum riefen sie nach mir?
Feen flogen auf mich zu und setzten sich auf meiner Schulter ab. Früher waren sie meine Freunde gewesen, aber der Kampf machte sie zu Feinden, diese zarten Luftwesen.
»Kyra, hilf uns, wir kennen deine Identität. Komm zu uns.«
Ich schlug um mich, versuchte sie zu verscheuchen aber sie gaben nicht nach. Immer wieder flüsterten sie Namen in meine Ohren. Neue und zugleich erschreckend vertraute Namen. »Shannon, Aidan, Morgan, Liam… Kieran.« Der letzte Name blieb mir im Gedächtnis hängen und ich wusste nicht, wieso.
»Kyra, wir brauchen dich, er wartet.«
Endlich kam ich atemlos am Teich an, lies mich ohne überlegen ins Wasser fallen und versank in den ewigen Tiefen. Meine Sicht veränderte sich. Ich schwamm in meine Höhle, zerrte an meinem roten Seidenkleid und riss es mir vom Leib. Dann schlug ich meine Truhe auf und zog mir ein einfaches, weißes Kleid an, das ich schon hatte, seit ich denken konnte.
Durch einen unterirdischen Gang gelangte ich ins Zimmer meiner Mutter Ayra.
»Alle rufen mich, warum? Warum wollen mich die anderen Elemente, warum mich?«
Mein vorwurfsvoller Tonfall lies sie aufhorchen.
»Du bist die Thronerbin der Wassernymphen, wer braucht dich nicht, wer will dich nicht?«
»Das ist es nicht, Mutter. Sie wollen mich nicht um uns zu besiegen, ich fühle es, sie wollen mir Antworten geben auf meine vielen Fragen.«
Auf einmal schien sie zutiefst erschrocken.
»Gaben sie dir die Antworten?« Ihre Stimme war brüchig.
»Nein, ich bin weggelaufen, aber wenn ich nicht bald weis, wieso ich schwarze Haare habe und meine Haut trotzdem blass ist, oder warum ich an Land nicht verschwommen und wässrig sehe, wie andere Nymphen, dann werde ich das nächste Mal stehen bleiben und ihnen zuhören, ich halte das nicht länger aus Mutter!« Wut kochte in mir hoch.
Eine Weile starrte sie mich an, dann begann sie zu schluchzen.
»Ich glaube, du bist jetzt alt genug für die Wahrheit, alt genug, deine Macht zu erkennen, setz dich.« Sie wies auf einen Algenteppich in der Mitte des Raumes.


»Wie du weist, hast du eine andere Haarfarbe als wir. Und auch wenn es nicht so scheint, deine Blässe ist anders als die Unsere.« Sie hielt ihren Arm neben meinen. Ihrer schimmerte blaugrün, meiner jedoch perlmutfarben.
»Wer bin ich?« Schockiert und atemlos starrte ich sie an.
»Vor langer Zeit, als die Erde entstand wurden sechs Wesen erschaffen. Wesen, die keinem Element angehörten, weder Feuer, noch Wasser, noch Luft, noch Erde. Diese sechs Wesen hat man gut behütet im silbernen Wald versteckt, bis eines Tages der Kampf der Elemente beginnen würde. Dann wären sie reif genug, dem Element zu Macht verhelfen, das sie am meisten schätzen.« Sie machte eine Pause und schaute mich an.
»Bin ich… eine der sechs?«
»Ja Kyra, das bist du.«
»Dann wollen alle meine Gunst sozusagen oder?«
Sie nickte.
»Was… wie kam ich dann hierher?«
»Ich hatte diese Entscheidung nicht bewilligt, aber der Rat bestand darauf in die Wälder vorzudringen und eines der sechs Kinder zu entführen und hier aufzuziehen, in dem Glauben, es würde dem Wasser hilfreich werden.«
»Dann bist du gar nicht meine Mutter? Wieso hat mir das nie jemand gesagt? Wieso habt ihr mich all die Jahre hintergangen? Wer bin ich genau?«
Traurig blickte sie in meine Augen. Nach dieser Offenbarung sah ich immer mehr Unterschiede zwischen uns. Ihre Augen waren wasserblau, meine silbern.
»Kyra, ich habe dich immer geliebt, wie meine eigene Tochter.« Sie streckte die Hand nach mir aus und Wut kochte erneut in mir hoch.
»Wenn du mich geliebt hast, warum hast du mir dann nichts von meiner Herkunft gesagt?«
Als sie näher kam wich ich zurück.
»Fass mich nicht an!« Fauchte ich und schwamm hinaus in die unglaublichen Weiten des sonst so klein wirkenden Teiches.
In einer kleinen, abgelegenen Grotte lies ich mich nieder und blickte mich traurig um.
»Kyra, die Zeit ist reif. Nimm deinen Platz auf einem der sechs Throne ein und entscheide über das Schicksal.« Eine vertraute Stimme lies mich herumfahren.
»Wer bist du?« Fragte ich eine magere Gestalt im Grotteneingang.
Die Gestalt kam näher. Bald stand vor mir ein Junge, mit kurzen, schwarzen Haaren.
»Ich bin’s, Liam, erkennst du mich nicht wieder?«
»Doch.« Jetzt, da ich sein filigranes Gesicht sehen konnte, wusste ich, er war wie ich. Einer der sechs Herrscher.
»Komm, die anderen warten schon auf dich, es ist zeit.« Er streckte mir seine Hand entgegen und ich ergriff sie ohne zu zögern. Die Vertrautheit lies mich erschrecken.
Schnell schwammen wir zum Ufer des Teiches und ich blickte noch einmal zurück. Zurück auf mein vorheriges Leben, zurück auf all diese Lügen.
Liam zog mich aus dem Wasser und wir ließen uns am Rande des kleinen Teiches nieder. Die Flammenwesen kamen näher.
»Kyra, komm zu uns, wir wollten dir die Wahrheit sagen!«
»Lass dich nicht von ihnen betören!« Liam sprang auf und schritt auf die Feuerelfen zu.
Erschrocken wichen diese zurück.
»Wieso haben sie Angst vor dir?« Fragte ich ihn, als er sich wieder neben mich setzte.
»Ich habe mich nicht für sie entschieden.«
»Habt ihr anderen alle schon gewählt?«
Er nickte.
»Warum hast du dich nicht für sie entschieden?«
»Sie sind eingebildet und eitel. Immer nur präsentieren sie ihre Stärke und Überlegenheit.«
»Und für was hast du dich dann entschieden?«
»Die Luft. Zart und auch Machtvoll. Das reinste Element.«
Ich nickte stumm.
»Wirst du für Wasser stimmen?« Die Neugierde in seiner sonst so monotonen Stimme lies mich aufhorchen.
»Ich denke eher nicht.« Wieso sollte ich auch? Sie hatten mich entführt und versucht führ ihre Zwecke zu missbrauchen.
»Das hat auch keiner der anderen.«
»Wieso denn nicht?«
»Kein Element darf eine der heiligen Sechs entführen oder mit ihm in Kontakt treten.«
»Was wird jetzt geschehen?« Änderte ich das Thema.
»Wir kehren zum silbernen Wald zurück, du triffst deine Entscheidung und dann wird ein Element gewinnen und die Welt wird neu geboren werden.«
»Und dann?«
»Dann leben wir, bis man uns das nächste Mal braucht im silbernen Wald.«
»Okay, las uns aufbrechen.« Ich wollte nicht noch länger hier herumsitzen und zuhören, wie die Wesen versuchten mich zu beeinflussen.
Liam nickte still und stand auf. Dann half er mir mit Höflichkeitsabstand auf und wir liefen tiefer in den Wald hinein. Immer wieder wurde ich von Erdwesen angesprochen, doch ich reagierte nicht auf sie. Sie hatten mir zwar sagen wollen, wer ich wirklich war, aber es hätte diese wichtige Entscheidung sehr beeinflusst. Ich war so froh, dass mich einer der Sechs gefunden hatte und ich nicht noch weiter bei den Wassernymphen leben musste. So sehr ich sie jetzt schon vermisste, sie hatten mir meine Existenz gestohlen und jetzt wollte ich sie zurück.
An dieser stelle war der Wald dunkler, als sonst. Kein Vogel zwitscherte und man hörte auch kein Rascheln in den Ästen.
»Wo sind wir hier?« Frage ich Liam vorsichtig. Dieses Gebiet war fremd für mich und mir nicht geheuer.
»Im verlorenen Wald. Hier verirrt sich nie jemand her.« Sagte er nüchtern.
»Und was machen wir dann hier?«
»Wir müssen da durch, damit wir in den silbernen Wald kommen.«
»Aha.« Wieder herrschte schweigen zwischen uns. Liam war ein angenehmer Gesprächspartner. Er redete nicht viel, und wenn er redete, dann sagte er die Wahrheit, ohne sie auszuschmücken.
Irgendwann wurde es so dunkel, dass ich die Hand nicht mehr vor Augen sehen konnte.
»Sollen wir eine Pause machen?« Liams Stimme erklang dicht neben mir.
»Ja bitte, mir tun die Füße weh.« Antwortete ich ihm müde.
Er zog leicht an meinem Arm und wir setzten uns auf den Waldboden. So lange war ich noch nie über Wasser gewesen, aber es fühlte sich nicht falsch an.
Der Boden war kalt und trocken. Leblos.
»Warum heißt der Teil des Waldes der verlorene Wald?« Die Dunkelheit machte mir etwas Angst, deshalb wollte ich mich ablenken.
»Früher, bevor wir erschaffen wurden gab es schon mal einen Elementarkrieg auf Erden. Damals bestand der aber nur aus vier Personen. Walhalla die Erde, Rufus das Wasser, Xenia das Feuer und Fahira, die Luft. Sie haben sich Jahrhunderte lang bekriegt und immer mehr Wesen in den Tod geschickt, bis er Mond und die Sonne sich einigten, die Elemente einzusperren, in Form von Feuer, Wasser, Erde und Luft. Dann wurden wir erschaffen, falls es den Elementen gelang einen neuen Krieg zu beginnen.«
»Also sind wir sozusagen Kinder des Mondes und der Sonne.«
»Ja.«
Meine Augenlider waren schwer. Dumpf vernahm ich noch die Worte »Schlaf jetzt Kyra, morgen werden wir im silbernen Wald sein,« dann glitt ich ins Reich der Träume.
In meinen Träumen verfolgten mich die Wasserwesen, wollten mich zurück, in der Hoffnung den Krieg durch mich zu gewinnen. Sie hielten mich fest, ließen mich nicht wieder gehen. Und dann sah ich ihn, einen Engel. Seine Haare waren etwas länger, schwarz und seine Augen hatten den gleichen silbergrauen Ton wie meine. Es war das erste Mal, dass er mir so nahe war, sonst hatte ich ihn immer nur als schattenhaften Umriss in weiter Ferne gesehen, doch jetzt war er mir so nahe.
Verschlafen wachte ich auf. Zu meinem Bedauern lag nicht mein Engel neben mir, sondern Liam. Fast ein wenig enttäuscht stand ich auf und blickte mich um. Dieser Teil des Waldes war wirklich verloren. Alles war schwarz, verkohlt und tot.
»Kyra?« Liams verschlafene Stimme drang zu mir durch.
»Ja?« Ich drehte mich zu ihm um.
»Gut, du bist noch da.«
»Wo sollte ich schon hin sein? Zurück gehe ich nicht mehr.«
»Nein, aber die Wasserwesen sind schon einmal ziemlich weit vorgedrungen.«
Ein Angstschauer fuhr mir über den Rücken. Was, wenn mein Traum Wirklichkeit wurde? Was, wenn mich die Wassernymphen wirklich wieder holten und mich gefangen hielten, bis die anderen ihre Entscheidungen bereuten? Ich schüttelte den Gedanken ab.
Jetzt würde ich meinen Rechtmäßigen Platz einnehmen.
Liam stand auf und klopfte sich den verkohlten Boden von seiner weißen Hose, ehe wir unseren Weg fortsetzten. Hin und wieder fragte ich ihn etwas, um die unheimliche, tote Stille zu verscheuchen, aber die meiste Zeit hingen wir unseren Gedanken nach. Und dann sah ich ihn. Den silbernen Wald. Alle Äste, Blätter, Wurzeln und Pilze waren aus reinem Silber. Vor staunen blieb ich stehen.
»Willkommen zu Hause Kyra.« Sagte Liam, der neben mir stehn geblieben war.
Schweigend schritt ich voraus. Jetzt kannte ich den Weg. So oft bin ich ihn in meinen Träumen schon gegangen.
Jetzt rannte ich fast, wusste, wo ich hin gehörte, wusste wo meine Heimat war.
Irgendwann stand ich auf einem kleinen Platz, der von drei Hütten umringt war. In der Mitte war ein Brunnen mit Wasser, um den kleine Flammen tanzten. Das Rauschen des Windes war hier kaum zu hören. Ich machte einen großen Bogen um den Brunnen, aus Angst eine Nymphe könnte herausspringen und mich durch einen unterirdischen Tunnel wieder in den kleinen Teich ziehen, aus dem ich kam.
»Kyra!« Eine freudige Stimme erklang hinter mir.
Ich drehte mich um und sah ein Mädchen, dass die Arme um mich schlang und mich fest an sich drückte. »Wir haben dich alle so vermisst.«
Ohne dass sie sich vorgestellt hatte, wusste ich, dass sie Shannon war.
Ein weiteres Paar Arme umschlang mich. Morgan.
»Willkommen zurück Kyra.« Eine tiefe, mächtige Stimme erklang zu meiner Rechten. Wieder wusste ich, wer es war. Aidan
»Danke.« Sagte ich.
Dann ließen mich Shannon und Morgan wieder los.
»Du bist wieder hier, dass muss gefeiert werden!« Die fröhliche Shannon hüpfte erfreut auf eine der Hütten zu und verschwand darin. Lächelnd folgte Liam, der bis jetzt mit ein bisschen Abstand dagestanden war, ihr.
»Shannon hat Recht, komm Aidan, wir suchen Beeren.« Morgan griff ihn zärtlich bei der Hand und zog ihn mit sich.
Es fühlte sich gut an, wieder hier zu sein, zu Hause, da, wo ich hingehörte. Obwohl ich hier erst seit einer Viertelstunde war, fühlte ich mich so zuhause, wie ich mich mein ganzes Leben in diesem Teich nicht gefühlt hatte.
»Kyra.« Ein leises, tiefes, melodisches Flüstern erklang hinter mir im Schatten. Mein Herz hüpfte. Kieran, mein Engel. Langsam drehte ich mich um und ging auf ihn zu. Da stand er, an einen Baum gelehnt und blickte mich sanft an. Als ich vor ihm stand hob er eine Hand und strich mir eine meiner Locken aus der Stirn, dann schloss er die Arme um mich und drückte mich zärtlich an sich. Ich atmete seinen Duft ein. Er roch leicht nach Wald, Meer und Moos. Immer fester drückte ich mich an ihn. Mein Herz wollte gar nicht mehr aufhören zu rasen und mein ganzer Körper kribbelte. Ob es ihm genauso ging?
Ja, ihm ging es genauso wie mir, ich wusste es einfach. Glücklich blickte ich zu ihm hoch.
»Ich hab dich so vermisst.« Er strich mir durch mein langes Haar
»Jede Nacht habe ich von dir geträumt, aber ich konnte dich nicht erreichen. Jetzt schon.«
»Ich liebe dich.« Diese Worte ließen mein Herz nur noch schneller schlagen. Langsam beugte er sich zu mir hinab und küsste sanft meine Lippen.
»Ich liebe dich auch.« Sagte ich, als er mich wieder losgelassen hat.
»Komm, ich zeige dir, wo du schläfst.« Sacht nahm er meine Hand in seine und zog mich mit. Hier war alles so richtig, nicht falsch und verlogen. Und er war hier. Mein Engel. Kieran.
Die Hütte, in die er mich führte war klein und gemütlich. In einer Ecke lagen zwei große Matratzen nebeneinander, wobei nur eine benutzt aussah. Wie lange er wohl auf mich warten musste? Ein kleiner Esstisch mit zwei Stühlen zierte eine weitere Ecke der Hütte. Sonst fand man Bücherregale, die vor lauter Büchern schon drohten zu brechen.
»Du wirst dich ausruhen wollen, leg dich doch hin.« Er schob mich sanft zu den Matratzen hinüber.
»Aber nur, wenn du dich dazu legst.« Ich wollte ihn einfach nicht mehr loslassen, egal wie erschöpft ich von der Reise auch war. Ein leises Lächeln lag auf seinen Lippen, als wir uns hinlegten. Ich kuschelte mich eng an ihn und schloss die Augen. Langsam fiel ich in einen tiefen Schlaf.
Das war die erste Nacht, in der ich nicht von Kieran träumte. Und ich träumte auch nichts anderes. Mein Traum war leer, ein schwarzes Loch.
Erschrocken über diese Wandlung meines Traumes wachte ich schweißgebadet auf.
»Sch, bleib ruhig, alles ist okay, niemand tut dir hier was. Du musst keine Angst haben.« Kierans leises Flüstern beruhigte mich.
»Ich habe keine Angst, es ist nur… ich habe nichts geträumt, eine schwarze Leere. Nichts!« Entsetzt wandte ich mich zu ihm.
»Das ist normal hier. Ich habe noch nie etwas geträumt.« Er blickte mich zärtlich an.
»Noch nie!?!« Skeptisch blickte ich ihn an.
»Noch nie, immer nur diese Leere.«
»Aber warum?«
»Wir sind nicht von dieser Welt, das ist dir ja inzwischen bewusst. Wir stammen von den Sternen ab. Das erlaubt uns auch, dass, während wir schlafen wir auch unseren Körper verlassen können. Unsere Seelen können dann unbemerkt durch den Wald streifen und uns umschauen. In dieser Zeit ist das mehr als nützlich, wenn man sich für ein Element entscheiden muss.« Erklärte er.
»Aha. Wann muss ich mich denn entscheiden?« Fragte ich, um das Thema zu wechseln. Auf keinen Fall wollte ich weiter über das schwarze Nichts reden, das war mir unheimlich.
»In ungefähr drei Wochen, dann ist wieder Vollmond.«
»Wie mache ich das denn?«
»Du wirst bei einem heiligen Ritual etwas von dem Element, dass du wählen wirst in den ewigen Brunnen werfen. Dazu wirst du eine Beschwörungsformel sagen, die dir am Tage zuvor gesagt wurde.«
»Okay, für was hast du dich denn entschieden?«
»Das sage ich dir, wenn du dich entschieden hast, ich will deine Entscheidung unter keinen Umständen beeinflussen.« Er strich mir über meinen Nasenrücken.
»Komm schon, sein nicht so gemein.« Bat ich ihn erneut, denn ich brannte vor Neugier.
Er schüttelte lächelnd den Kopf.
Langsam erhob ich mich und blickte aus dem Fenster hinaus. Die Sonne ging gerade unter und ließ den silbernen Wald golden schimmern.
»Hier ist alles so anders.« Flüsterte ich.
»Kommt es dir nicht vertraut vor?« Seine Stimme war nahe. Sehr nahe.
»Doch, es kommt mir vertraut vor.« Freudentränen rannen meine Wangen hinunter und hinterließen im Sonnenlicht goldene Spuren.
»Ist etwas nicht in Ordnung Kyra?« Die Erschrockenheit und Besorgnis in Kierans Stimme rührte mich. Ich drehte mich um und presste ihn an mich.
»Endlich habe ich dich gefunden! Endlich bin ich zu Hause, da wo ich hingehöre!« Schluchzte ich an seiner muskulösen Brust.
»Ja, und ich werde auch nicht zulassen, dass sie dich mir wieder wegnehmen.« Seine starken Arme gaben mir halt.
Sanft berührten seine Lippen mein Haar.
Meine Tränen wollten nicht mehr stoppen. Erst jetzt war mir bewusst, dass ich hier war, an dem Ort, der mein Schicksal war. Und ich hatte meinen Engel. Kieran, den wundervollsten jungen Mann, den man sich wünschen konnte an meiner Seite.
»Lass uns hinausgehen.« Schlug ich vor und griff nach seiner Hand. Willig folgte er mir.
Die Sonne war nun vollkommen untergegangen. Nun schimmerte der Wald nicht mehr golden, sondern weiß, im Licht des zunehmenden Mondes.
»Da seit ihr ja! Kommt, Essen ist fertig!« Shannons hohe Stimme ließ mich langsam herumfahren.
»Okay, was gibt’s denn?« Bisher hatte ich mich immer nur von Algen, Muscheln, Fischen und Krebsen ernährt.
»Alles, einfach alles, du wirst schon sehen.« Vergnügt schritt sie voran, während Kieran und ich ihr langsam hinterherliefen.
Sie führte uns in eine andere, nicht weniger gemütliche Hütte. Aber irgendetwas war anders. Matratzen waren an die Wand gelehnt und ein langer Tisch füllte das Innere der Hütte aus. Morgan, Aidan und Liam saßen schon am Tisch und warteten auf uns.
Kieran deutete mir, mich zu setzen. Ich folgte seiner Aufforderung und blickte mich immer noch staunend um. Während er sich hinsetzte griff ich nach seiner Hand. Seine Nähe tat mir gut. Morgan brachte einen dampfenden Topf mit gekochten Waldbeeren und Pilzen. Durch den Duft schlugen mir alte Erinnerungen in den Kopf. Ich atmete tief ein.

Fortsetzung folgt...

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Texte: Alle Rechte liegen beim Autor
Tag der Veröffentlichung: 24.05.2009

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