„Und hier rechts ist der Bauernhof, auf dem sich die Seuche angeblich als erstes ausgebreitet hatte.“ Erklärte der schmierige Fremdenführer mit einem Hauch Langeweile in der Stimme.
Julien stöhnte genervt auf. Er hasste diese Arten von Klassenfahrt. Es wird einem ein Skilager versprochen und was bekommt man? Ein altes Dorf, das vor ungefähr 60 Jahren ausgestorben ist. Sehr schön. Der Sechzehnjährige blickte sich zu seinem Kumpel Finn um, dem es ähnlich erging.
„Glaubst du, wir kommen heute noch auf den Berg?“ Fragte Finn.
„Sieht schlecht aus.“ Knurrte Julien.
„Und heute ist schon Mittwoch. Wofür haben wir denn die Skier mitgeschleppt?“ Finn stöhnte theatralisch auf.
„Frag ich mich auch.“ Julien und Finn liefen schweigend hinter dem Rest der Klasse her. Es dämmerte schon und die dichten Wolken kündeten weiteren Schneefall an. Zwei Mädchen kamen kichernd auf die beiden zu. Milena und Lara. Julien mochte sie nicht. Er verdrehte die Augen und suchte nach einer Möglichkeit dem Gespräch zu entkommen. Finn hatte sie auch schon bemerkt. Gebannt hingen seine Blicke an Milena, das Mädchen mit den hüftlangen, blonden Haaren und den wunderschönen grünen Augen. Klar war sie schön, wie kann es auch anders sein, wenn der Vater Schönheitschirurg und die Mutter Modell war. Aber Julien fand sie nicht anziehend. Es war nicht der Typ Mädchen, der ihn interessierte. Sie war zu oberflächlich, zu arrogant. Er schnaubte nur, als sie ihm ein verführerisches Lächeln zuwarf.
„Hi, findet ihr die Tour nicht auch spannend? Ist doch total interessant zu erfahren, wie eine einzige Krankheit ein ganzes Dorf ausgelöscht hatte.“ Meinte Milena.
„Ja, all die alten, verfallenen Häuser. Toll.“ Finn blickte gebannt auf ihre Lippen.
Julien lachte trocken auf. „Tu doch nicht so Milena, wir wissen, dass du nichts anderes als Lipgloss und Haarspray im Kopf hast. Wieso solltest du dich für diese Bruchbuden interessieren.“
Lara warf Julien einen bösen Blick zu. Sie war das genaue Gegenteil von Milena. Sie war klein, rundlich und konnte im Gegensatz zu Milena niemanden täuschen.
„Tja Julien. Irgendwie kennst du mich echt zu wenig. Vielleicht sollten wir uns besser kennen lernen. Bei einem Cafe oder so was.“ Sie lächelte zuckersüß.
„Spar dir deine Anmachen für jemanden auf, der auf so was steht, Blondie. Bei mir punktest du da gar nicht.“
Milena zog einen Schmollmund. „Och schade eigentlich. Aber bei mir kannst du doch mal eine Ausnahme machen, oder?“
„Nee, nicht wirklich.“
„Solltest du aber. Dir entgeht was.“ Mit einer leichten Handbewegung deutete sie auf ihren makellosen Körper.
Julien zuckte mit den Schultern.
„Wie lange werden wir uns das hier noch anschauen?“ Fragte Finn. Der Junge wollte, dass Milena weiter sprach. Er genoss sichtlich den Klang ihrer Stimme.
„Oh, ich denke nicht mehr lange. Es wird schon dunkel.“ Sie schaute zum Himmel und schwang mit einer grazilen Handbewegung ihr Haar nach hinten, sodass es Juliens Brust streifte.
„Außerdem schneit es bald.“ Gab sie verbittert von sich.
In dem Moment fuhr ein großer grüner Reisebus an der Schulklasse vorbei. Ein erleichtertes Aufseufzen entkam Julien. Endlich hatte die Wanderung durch den Schneematsch ein Ende. Er begann zügiger zu laufen, ließ Lara, Milena und Finn bald hinter sich zurück und begab sich ins Zentrum der Schülermenge.
„Hey J, warte doch! Du kannst mich doch nicht einfach alleine lassen!“ Finn kam atemlos hinter ihm her.
Julien erwiderte nichts, sondern trottete weiter Richtung Bus, der mittlerweile gehalten hatte.
Er und Finn stiegen ein und setzten sich auf die abgenutzten Stoffsitze, die ihnen am nächsten waren.
„Warum warst du jetzt so schnell weg?“ Fragte Finn, als der Bus sich langsam voll wurde.
„Ich wollte Milenas Gerede einfach nicht mehr ertragen müssen.“ Julien seufzte.
„Ich weiß echt nicht, was du gegen sie hast, sie ist doch der Hammer!“ Empört sah Finn seinen besten Freund an.
„Für dich vielleicht, du liebeskranker Trottel. Aber ich mag sie nicht.“ Nicht mögen war noch gelinde ausgedrückt. Julien verabscheute diese Art von Mädchen. Sie waren einfach nur oberflächlich.
Tag der Veröffentlichung: 19.05.2009
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Widmung:
Für meinen Lieblingshamster...:D Nein, Scherz, für alle, die gerne die Fortsetzung von "Werewolf" lesen möchten...