Lieber Leser,
Vor einem Jahr las ich Robert Musils Buch „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“, welches mich sehr begeisterte und inspirierte- ich konnte jedoch nicht allzu viel mit dieser Inspiration anfangen, die hohe Sprache verstand ich zwar locker, doch es fiel mehr sehr schwer, sie selbst umzusetzen.
Nun, ein Jahr später, fand ich durch eine Freundin heraus, dass dieses Buch 1966 verfilmt worden war. Selbstverständlich suchte ich sofort danach, fand den Film und schaute ihn mir an, die Kameraführung ist für diese Zeit sehr modern, beinahe schon mit der Heutigen zu vergleichen und diese Geschichte fasziniert mich nach wie vor, selbst wenn es wesentlich mehr Sinn macht, das Buch zu lesen, da dort die Gedanken des Jungen Törleß viel besser aufgezeigt sind.
Wie dem auch sei, daraus entstand diese Idee.
Ich gebe mir sehr viel Mühe, das sprachliche Niveau, in dem der Protagonist denkt, auf einer recht hohen Basis zu halten und der Geschichte eine gewisse Depression und Schizophrenie zu verleihen, was bedeutet, dass die Gedanken sowohl verzwickt, wechselhaft, vielleicht sogar sprunghaft und ziemlich sarkastisch, wenn nicht gar dunkel sind.
Demnach ist jeder, der hier eine süße kleine Geschichte sucht, bei der man sich von Anfang an des Happy Ends gewiss ist und jegliche Handlungen oder Gedanken prophezeien kann, am falschen Ort. Ebenso jene, die lieber Bücher mit viel Handlung lesen, denn hier geht es im Großteil um die Gedanken des Protagonisten, ich beschäftige mich sehr viel mit emotionalen Hintergründen und subjektiven Wahrnehmungen.
Mein Ziel ist es, die Generation, in der man lieber von Liebesgeschichten hört, liest oder träumt, mit etwas zu erschüttern, das man deutsche Literatur nennt, aber dennoch in genau dieses Genre hineinpasst.
Wer glaubt, Harry Potter, Twilight oder Eragon seien Literatur und Goethe, Kafka, Musil, Schiller und wie sie alle heißen, seien veraltet und ergraut, ihre Worte sinnlos in der heutigen Zeit, soll bis auf den Tiefsten Grund seiner Seele gepeinigt werden, einfach mal diese Kinderbücher beiseitelegen und zu Texten greifen, die mit Sinn, Verstand und Tiefgrund geschrieben sind, nicht diese lose hingeschmierten Begriffe, wahllos aus dem Englischen übersetzt, die Stimmung ist in ihnen verloren gegangen. Ich habe Harry Potter in der Grundschule gelesen, in Twilight und Eragon blickte ich erst viel später hinein und das Gefühl über kam mich, meine Fußnägel würden sich hochrollen, als ich auf diese Wortwahl und diese Satzkonstruktionen stieß.
Zusammenfassung:
Wenn du zu faul bist, den obigen Text zu lesen, such dir etwas anderes.
HoneyRisuke
Der Regen pratschte in den Mengen voller Eimer gegen die Fenster des Raumes, in den ich von einem Mann mit Anzug und Fliege geleitet worden war. Die Wände des Raumes waren mit dem Holz womöglich vieler Walnussbäume verkleidet, sie schienen jegliches Licht, dass sich durch die Grauen Regenwolken dieses Nachmittages kämpfte bei Eindringen durch das Glasfenster direkt wieder hinaus zu befördern.
Deshalb standen auf dem Tisch auch zwei Lampen, die flackernd durch beschlagene Lampengläser Licht auf die Gesichter Grasecks und meiner Mutter warfen.
Meine Mutter war keine hässliche Frau. Lediglich die Gravitation machte ihr zu schaffen, ihre Haut hing ihr schlaff im Gesicht und bewegte sich von Jahr zu Jahr mehr gen Boden.
Doch ihre Augen leuchteten noch immer wie auf den Fotos, die Vater auf seinem Nachtisch aufbewahrte.
„Ich versichere ihnen, ihr Sohn ist hier in besten Händen.“, sagte Graseck und lächelte ein Lächeln, welches mir in keinster Weise gefiel. Es schien, als habe er Absichten dahinter, die ich überhaupt nicht zu deuten vermochte.
„Und sie… können wirklich mit seiner Begabung umgehen?“ Meine Mutter war übervorsichtig. Seit sie durch einen Anspruchslosen, doch teuren Test eine gewisse Hochbegabung bei mir festgestellt haben, deren Ursprung ich nicht mal selbst verstand, ließ sie mich nicht mehr auf meine normale Schule gehen oder meine Freunde sehen, stattdessen hatte sie sich die Adressen von Internaten herausgesucht und mich sogleich auf einem Angemeldet, deshalb saßen wir jetzt auch hier.
„Wir können damit nicht nur umgehen, schöne Frau.“, antwortete Graseck, er hatte mich seit unserem Eintreffen noch keines richtigen Blickes gewürdigt, immer nur meine Mutter. „Wir können es auch noch fördern.“
In sein dreckiges Gesicht spucken wollte ich ihm. Ihm den Ausdruck darauf verätzen mit den niedersten Säuren, sodass er niemals mehr auf diese Weise schauen konnte.
„Dann ist es klar.“, sagte meine Mutter und lächelte vorsichtig.
Graseck schob meiner Mutter den Vertrag hin und reichte ihr einen Füller.
Kurz berührten sich ihre Hände, eine Sekunde länger und ich wäre Graseck an seine hagere Kehle gesprungen, hätte ihm die Adern mit bloßen Händen herausgerissen.
Und meine Mutter unterschrieb. Unterschrieb, was ich nicht wollte, doch fortan nicht mehr ändern konnte.
Sie steckte den Deckel zurück auf den Füller, legte ihn auf den Vertrag, welchen sie sich blauäugig wie sie war vor dem Unterschreiben nicht noch mal durchgelesen hatte und schob das Papier zurück auf Grasecks Seite des Tischs.
„Schön.“, sagte Graseck, lächelte meine Mutter ein weiteres Mal widerlich an, ehe er sich erhob.
Sie erhob sich mit ihm, auch ich sprang auf, trotz meines Hasses gegen diesen Menschen wollte ich in ihm keinen Schlechten Eindruck erwecken.
Graseck schüttelte behutsam die Hand meiner Mutter und geleitete sie aus dem Raum.
Ich folgte, drehte mich noch ein Mal um, um nicht wieder dabei zusehen zu müssen, wie dieses ekelhafte, reservierte Schwein sie behandelte wie ein Schaf, das man stahl und zu seiner Herde stellte, als gehöre es dort hin.
Die Tür fiel hinter mir ins Schloss.
„Finden sie alleine den Weg zur Tür? Dann könnte ich ihrem Sohn sogleich sein Zimmer zeigen, sein Gepäck wurde bereits hochgebracht.“
Sie hatten mich also eingemeindet, bevor der Vertrag überhaupt unterschrieben war. Manch einer würde das Planung nennen, voraus denken, praktisch handeln, um es einem Kunden leichter zu machen, sich einzuleben, doch ich betrachte das als eine abgenommene Entscheidung, als sei es mir auf diktiert worden, fortan hier zu sein und meiner Mutter, ihren eigenen Sohn in diesem Haus zu lassen, welches viel zu weit von seiner Heimat entfernt war.
Ich wäre ohnehin nicht gefragt worden. Sonst stünde ich nicht dort.
„Selbstverständlich.“ Meine Mutter lächelte, schien zu denken, ich würde mich bei so netten Menschen bestimmt schnell einleben.
Ich fragte mich nur, wo diese denn blieben.
Sie nahm mich in den Arm und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
„Du schaffst das.“, sagte sie. „Ich hole dich in den Winterferien wieder ab, dann feiern wir gemeinsam Weihnachten.“ Sie lächelte mich an, drehte um und lief die Treppe hinab.
Mit ihrem Verschwinden schien sich mein Schicksal zu besiegeln, ich hätte etwas sagen sollen, dachte ich mir, doch das wäre vermutlich keine sonderlich gute Idee gewesen, da dies wieder ein schlechtes Licht auf mich geworfen hätte.
Ich auf meinem neuen Bett und lehnte den Kopf an die Wand, meine Glieder sehnten sich nach etwas Bewegung, doch ich gönnte ihnen keinen Schritt, hatte schließlich keine Hyperaktivitätsstörung.
Die Tür öffnete sich und herein kamen drei Gestalten, dicht aneinander gedrängt, die Köpfe hoch erhoben stolzierten sie bis vor mein Bett, die Augen des ersten verengten sich zu Schlitzen, der andere blickte mich an, als wisse er nicht wirklich etwas mit meiner Anwesenheit anzufangen, der dritte wiederum lächelte und blickte an mir herunter, doch sein Blick wirkte eher abschätzend, als gefällig.
„Wer bist du?“, fragte der erste.
„Valentin Kroiß.“, antwortete ich ihm und blickte ihn bestimmt an, nicht lächelnd, ich wollte ihm nichts geben, was ich nicht auch bekam. „Und wer seid ihr?“ Ich richtete meinen Blick in die Runde.
„Ich bin Emil Moser.“, erklärte der erste, der mich noch immer mit zusammengekniffenen Augen anblickte, als strahle ich ein unheimlich grelles List aus. „Das ist Curt Pöhn“ Er zeigte auf den, der mich noch immer verwirrt anstarrte. „Und das Richard Albrecht.“ Er wies auf den letzten in der Runde, der mich noch immer anlächelte und mir bei der Erwähnung seines Namens zunickte.
„Man hatte und schon gesagt, dass du kommst.“, bemerkte Moser und ließ sich auf das Bett rechts von meinem sinken, es knarzte beachtlich, doch er hatte sich, wie mir schien, bereits daran gewöhnt. „Aber wann, hatte uns niemand mitgeteilt.“
Pöhn trottete langsam zum Bett, das rechts von Mosers stand.
Albrecht wiederum setzte sich direkt auf das letzte Freie Bett, das links von meinem Stand.
„Die Schuluniform befindet sich im Kleiderschrank, in einer halben Stunde bekommst du deine Bücher in der Lehrbücherei. Bis dahin solltest du umgezogen sein.“
Ich hatte das Gefühl, Moser sei ein sehr unsympathischer Mensch. Die Art wie er sprach, wie er sich bewegte, vorsichtig setzte er seine Schritte, als wolle er jeden in dem Schein lassen, er sei etwas besseres, sei eine perfekte Bilderbuchgestalt.
Beinahe schon makaber wie sehr er mich an mich selbst erinnerte.
Und doch war ich anders, als Moser. Ich stellte mich nicht so zur Schau, wie er. Er schien mir, wie ein schrecklich bunter Vogel, der Tag und Nacht mit kreischendem Singen verbrachte und jeden wissen lassen wollte, dass er existierte, dass er in allen Farben schillerte und dass man ihn mögen musste.
Ich war leiser.
Ich war erträglicher.
Und ich war schlichtweg kein Idiot.
Der Fluch, der stumm durch unsere Reihen ging galt einzig und allein der Schwärze der Schuluniformen, die die Wärme in sich aufsogen, als sei es ihre Nahrung.
Moser spuckte sich in die Hände und rieb sie danach aneinander, bevor er nach dem Baseballschläger griff, den er lediglich in die Hand zu nehmen schien, um ihn sich gegen die Schuhe zu schlagen.
Ich schwor mir, dieses Ding niemals anzurühren, es war einfach zu ekelhaft.
„Hey, Kroiß, spielst du Baseball?“, fragte Moser plötzlich.
Vor lauter Angst, er könne mir seinen Schläger anbieten, schüttelte ich den Kopf. „Nein, will ich aber auch nicht.“
Zu meiner Rechten saß Pöhn, sein Halbes Gesicht war von einem dieser riesigen Sandwichs aus der Cafeteria bedeckt, sobald er es absetzte, tropfte ihm die Sandwichsoße von der Nase auf die Jeans, die schon deutlich von den heutigen Mahlzeiten gebrandmarkt war.
Zum einen widerte auch das mich an, zum anderen entging ich so einer Antwort Mosers, der seinen Schläger hatte sinken lassen. „Kannst du auch essen, ohne dass die Anderen kotzen müssen?!“, stieß Moser hervor und verzog das Gesicht.
„Was interessiert es dich, wie ich esse?!“, riet ich aus seinem Geschmatze, nicht einmal fertig kauen vor dem Reden konnte er.
Albert, der sich links von mir auf die Bank hatte sinken lassen, las ruhig in seinem Buch, er hatte bisher noch keinen Ton gesagt, war nur in das Wirrwarr aus Buchstaben vertieft, das er auf seinem Schoß liegen hatte, während er mit ruhigem Blick nach unten starrte.
Ich sah seinen blau-grauen Augen eine Weile beim wandern zu, wie sie von links nach rechts glitten und plötzlich wieder nach links huschten, nur um wieder langsam nach rechts zu gleiten.
Sie glitzerten im Sonnenlicht.
„Du machst mich nervös.“, murmelte er nach einer Weile und blickte mich an, als habe ich ihn aus einem Traum geweckt. „Hör auf damit.“
Ich blickte ihn verwirrt an, hatte doch nicht bewusst gehandelt. „Tut mir Leid...“, sagte ich und blickte zurück zu Moser, der Pöhn inzwischen sein Sandwich abgenommen hatte und selbst verspeiste.
Der Tag zog sich, als sei er aus Lakritz, zäh und schwarz und bitter.
Gegen Abend beschlossen wir, in unser Zimmer zu gehen. Moser verbrachte die Zeit damit, Pöhn kleine Papierkügelchen gegen den Kopf zu spucken, die dieser nicht mal bemerkte, sodass er irgendwann einen gewaltigen Klumpen aus tropfendem Papier am Rücken hatte.
Keineswegs tat dieser Kerl mir Leid, eher gefiel es mir, dass Moser ihn tagtäglich piesackte. Doch ich wollte sehen, was Pöhn tat, wenn er es herausfände.
„Hey, Pöhn.“, rief ich also gerade in dem Moment, in dem Moser erneut schoss.
Pöhn drehte sich abrupt um und sah gerade noch, wie Moser den Strohhalm absetzte und die Triefende Papierkugel traf ihn direkt an die Wange.
„Igitt, Moser, was soll das?!“, stieß er aus und wischte sich das Papierkügelchen von der Wange.
Nur wenig später stellte er fest, dass er nur mit Papierkügelchen übersät war, weshalb er beschloss, die Uniform in die Wäscherei zu geben und selbst zu duschen.
„Ich geh dann nach ihm.“, verkündete Moser und holte einen Gummiball hervor, den er unaufhörlich gegen den Schrank warf, der gegenüber seines Bettes stand.
Als Pöhn zurückkam, ging Moser los. Regungslos saß Richard noch immer da und las sein Buch.
„Ich geh mal ins Nachbarzimmer, die wollten Pokern.“, murmelte Pöhn und verließ das Zimmer.
Ich blickte stumm zu Albert, der weiterhin in seinem Buch las, er schien gar nicht aufhören zu können.
„Hey, Albert, was“, begann ich, doch er unterbrach mich. „Richard.“, sagte er. „Ich heiße Richard, hör auf Moser nachzumachen und jeden nur mit dem Nachnamen anzusprechen.“
Zur Antwort brummte ich leise. Ich würde niemanden freiwillig beim Vornamen ansprechen, dazu war ich mir viel zu eitel, doch bei diesem Jungen würde ich eine Ausnahme machen, warum wusste ich nicht.
„Okay… dann… Richard, was liest du da?“, fragte ich ihn.
Er blickte auf und hielt mir das Buchcover hin. „Alice im Wunderland.“, sagte er, was letzten Endes vollkommen sinnlos war, weil ich es nun selbst lesen konnte.
Ich wusste nicht viel über diese Geschichte, nur dass sie gähnend langweilig war. Ein Mädchen, das in ein Loch fällt und in eine Zauberwelt kommt, lächerlich, kindisch, albern.
„Magst du es?“, fragte ich, als er es wieder zurückgenommen hatte.
„Nein.“, antwortete er. „Ich liebe es.“
Verwirrt starrte ich ihn an, so verwirrend seine Beweggründe waren, umso begründender war der Blick in seinen Augen, mit dem er mir in die Augen sah und die Überzeugung, die in seinem Blick lag, jagte mir wie eine Nadel durchs Herz.
„Wie lange braucht der denn?“, frage Richard, nachdem wir eine Weile lang geschwiegen hatten. „Er ist da schon seit zehn Minuten drin.“
„Frauen brauchen ihre Zeit.“, antwortete ich und schloss die Augen. Richard lachte leise.
„Hätte er das gehört…“, murmelte er dann. „Pass auf, was du in seiner Gegenwart sagst, er wird zum Tier…“
Ich grinste und deutete in die Luft. „Suche den Scheiß, den ich darauf gebe.“
Wieder lachte Richard leise. Diesmal schaute ich ihn dabei auch an, es ziemt sich nicht, für einen Mann solche Worte zu formen, doch er hatte ein wunderschönes Lächeln.
„Nein, im Ernst, ich habe keine Angst vor dem Kerl. Soll er doch kommen.“, sprach ich und lächelte so warm ich konnte zurück, was vermutlich nur in einer komischen Verkrampfung endete.
Eine Weile blickten wir uns stumm an.
„Was hältst du von Moser?“, fragte Richard plötzlich. Er hatte sein Buch inzwischen zum ersten Mal komplett geschlossen und auf den Nachttisch gelegt.
„Was soll ich schon von ihm halten?“, fragte ich zurück, was für eine absurde Frage, jeder dachte das gleiche von Moser. „Er ist ein Idiot, der sich für zu wichtig nimmt, nichts weiter.“
„Er hat auch seine tiefgründigen Seiten.“, sagte Richard nachdenklich.
„Vielleicht, in seiner Hose.“ Ich grinste wieder, Richard lächelte leicht. Warum lachte er nicht einfach wieder so schön, wie vorher?
Wieder blickten wir uns an, diesmal etwas länger. Er hatte ausgesprochen weiche, fast schon weibliche Gesichtszüge und das leichte Lächeln wich nicht von seinen Lippen, während er mich anstarrte.
Ich wusste nicht, wann, aber irgendwann leckte er sich gedankenverloren mal schnell über die Lippen, nicht, dass er dies mit Absicht zu tun schien, es sah nicht einmal ästhetisch aus, doch danach glänzten seine Lippen, man schien mir in mein eines Ohr zu pusten, denn auf der anderen Seite schienen meine ganzen Gedanken langsam zu entschwinden.
Plötzlich löste Richard unseren Blickkontakt und sah auf seine Uhr. „Es ist schon halb acht…“, stellte er fest. „Wenn wir uns nicht beeilen, bekommen wir kein Abendessen mehr…“
Ich stand ohne ein weiteres Wort, noch immer sichtlich irritiert auf und hämmerte gegen die Badezimmertür. „He! Moser!“, rief ich. „Mach mal hinne!“
In diesem Moment tat sich die Tür auf und ein fertig zurechtgemachter, glänzender Moser schob sich an mir vorbei ins Zimmer.
Gerade wollte ich meine Schuhe ausziehen und das Bat betreten, da hielt Richard mich auf.
„Warte!“, rief er. „Ich dusch gleich mit dir mit, dann geht’s schneller.“
Ich zuckte. Es war nicht groß etwas dabei, wir waren beide Männer und während des Duschens war man ohnehin mit allem anderen Beschäftigt, doch ich wurde das Gefühl nicht los, dass das nicht sonderlich gut war. Seine Anwesenheit, sein Blick und sein Anblick verwirrten mich, machten mich ganz kirre, die Angst, mich selbst zu vergessen, breitete sich in mir aus, wie ein Lauffeuer, als Richard sich an mir vorbei ins Bad drückte. Er roch so gut. Es war gewiss kein aufgesprühter Wohlgeruch- es war sein eigener.
Es fiel mir ausgesprochen schwer, meine Hüllen fallen zu lassen.
Auch über sein Gesicht kroch eine gewisse Röte, doch er scheute sich nicht, seine Kleidung auf den Boden zu lassen und abwartend vor mir stehen zu bleiben.
Als würde ich strippen.
Dieser Vergleich gefiel mir nicht.
Dennoch zog ich mich komplett aus und gemeinsam stiegen wir in die Dusche.
Wir mussten uns drängen, um beide unter den Wasserstrahl zu passen. Ich musste nur ein Wenig nach rechts schauen, da blickte ich seinen nackten Körper hinunter, seine linke Schulter, die eine, durch den plötzlichen, direkten Kontakt mit der Luft hart gewordenen Nippel, die leichte Gänsehaut auf seinen Bauch, über die langsam das warme Wasser floss bis hinunter auf seine Hüfte, etwas weiter mittig sein Genitalbereich, sein gesamter Anblick jagte mir einen erschreckend wohligen Schauer den Rücken hinab.
Er drehte sich plötzlich um und sah mich an, schien meinen Blick bemerkt zu haben.
Nun sah er auch an mir runter, lächelte für eine Sekunde, dann blickte er wieder ernst- doch dieses eine, kleine Lächeln hatte in mir einen Wunsch geweckt.
Kurzerhand zog ich ihn auf mich zu und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Und noch einen. Ich überhäufte ihn erst mit kleineren Küssen, wurde immer schneller, immer intensiver, bis ich schließlich seine Fingerkuppen an meinem Penis spürte.
Sein Blick war glasig geworden, schnell schüttelte er sich die Haare vor die Augen. Ich hob die Hand, strich ihm die Haare aus dem Gesicht und zog ihn zu einem erneuten Kuss zu mir heran.
Plötzlich legte er mir die Hände auf die Brust und drückte mich sanft gegen die Duschwand, ließ seine Hände auf Wanderschaft gehen. Mal strichen sie hier drüber, mal da.
Mein Atem wurde langsam lauter, ich strich vorsichtig über seinen Körper, strich ihm langsam über den Penis, er zuckte und die Glasigkeit seiner Augen nahm sogar noch zu.
Wieder küsste ich ihn, ließ meine Hand überhaupt nicht mehr von seinem Penis abweichen. Schnell drehte ich den Spieß um, nun stand er an der Wand, ich vor ihm und ließ immer schneller seinen Penis durch meine Hand gleiten.
„Hey.“, rief ich plötzlich aus einem Impuls heraus. „Schau mich an.“
Er blickte glasig zu mir hoch, sein Gesicht war dunkel gerötet. „…warum…?“, stöhnte er hervor, sah wohl keinerlei Sinn darin, sich zusammen zu reißen.
„Weil du wunderschön bist.“ Diese Worte entstanden wie von allein, als habe etwas fremdes Besitz von meiner Zunge und meinem Körper ergriffen.
Ich gab ihm einen weiteren Kuss, stürmisch, als wolle ich ihn bei Leib und Seele auffressen, so wie er vor mir stand, zitternd vor Erregung, bis er einige laute Wohllaute ausstieß.
Er war gekommen.
Als ich ihn anblickte, lächelte er sanft, ich lächelte irgendwie zurück, bis er mich an meinem Hals nach unten zog, um mir einen Kuss zu geben.
Der mehr als langweilige Unterricht zog an meinen Gedanken vorbei, es war scheinbar endlos, trotz dass die Stunde vor wenigen Minuten erst begonnen hatte, wie mir meine Armbanduhr verriet.
Immer wieder huschte mein Blick zu Richard, der mal zur Tafel blickte, mal zu mir, doch bei den Malen, die er mich ansah, errötete er, sobald ich es bemerkte.
Es machte doch zu viel Spaß, mit ihm zu spielen.
Es läutete, der Klang der Freiheit, wann immer er ertönt weckt er das Glück in den Herzen eines jeden Menschen, ob im Kino oder in der Schule.
Ich erhob mich, der Tag war endlich vorüber, wir hatten Hausaufgaben, aber wer machte die schon.
„Valentin!“ Richard hatte mich gerufen, ich wollte mich nicht umdrehen, lief also unbeirrt weiter den Schulgang entlang, wollte so schnell wie möglich auf das Zimmer kommen.
„Hey, Valentin!“ Noch immer drehte ich mich nicht um. Ich wollte nicht mit ihm reden.
Schlimm genug, dass ich für eine gewisse Zeit verstandslos gewesen war und unter einer Dusche Hand an ihn gelegt hatte. Solches hätte ich mir niemals zugetraut- nicht mal auf den Gedanken war ich jemals gekommen.
„Valentin…“ Richard war neben mir angekommen und hakte sich bei mir ein, wobei er mich anstrahlte, als hätte er das Glück direkt in seinen zarten Körper getankt. „Machen wir heute was zusammen?“
„Nein.“, knurrte ich zurück, zog meinen Arm weg und beschleunigte meinen Schritt, um ihm zu entkommen.
Letze Nacht war mir das Schlafen unmöglich gewesen.
Auf dem Rücken konnte ich ohnehin nicht einschlafen, doch sobald ich mich nach links drehte, sah ich in Richards ruhiges, schlafendes Gesicht und in der anderen Richtung sah, ich, wie Moser im Schlaf sabberte, was auch nicht viel ästhetischer war.
Es endete damit, dass ich, mein Gesicht Richard zugewendet, einschlief, weshalb ich von ihm geträumt hatte. Das gefiel mir nicht.
„Valentin?!“ Richard war mich nachgeeilt und packte mich am Handgelenk. In seinen Armen schien sich jedoch keinerlei Kraft zu befinden, schließlich konnte ich seinen Arm einfach wegstoßen und weiterlaufen.
„Was zur Hölle ist mit dir los?!“, rief er und ich begann zu rennen, rannte schon überhaupt nicht mehr zum Zimmer, ich rannte aufs Gelände, wollte einfach weg von Richard und seinen Fragen.
Die zitternde Luft beobachtend saß ich im Schatten eines Baumes, hinfort gekommen war ich, hatte Richard tatsächlich abgeschüttelt, doch mir war bewusst, dass diese Ruhe nicht ewig bleiben würde.
So saß ich da, stierte ziellos in die Ferne, hörte den der Hitze wegen sterbenden Tieren zu und achtete auf kaum etwas auf mich herum, was ohnehin von dem Dröhnen in meinem Kopf verhindert wurde. Ich sollte etwas trinken.
„Hallo du.“, kämpfte sich plötzlich eine kleine, neugierige Stimme zu mir hindurch.
Vor mir stand plötzlich ein kleines Mädchen, in ihren Armen ein Teddybär, der viel zu groß für sie war und sie strahlte mich über beide Ohren an. „Ich bin Lina.“
Verdutzt sah ich sie an. Warum wollte sie mit mir sprechen? Warum störte sie mich, wo es mir nicht gut ging und ich so viel Besseres zu bedenken hatte, als die Existenz eines kleinen Kindes?
Sie setzte sich vor mir ins Gras, den Teddy legte sie neben sich und schaute mich an mit großen, blauen Augen, in denen sich tatsächliches Interesse an der Welt und allem darin befindlichen wiederspiegelte.
„Wer bist du?“, fragte sie.
„Valentin.“, antwortete ich knapp und schloss die Augen.
„Was ist los, Valentin?“, fragte sie. Ich öffnete die Augen leicht, um sie sehen zu können, ihr Ausdruck hatte sich nicht verändert.
„Was soll los sein?“, fragte ich. Verschwinde, geh zurück zu deinen Eltern, wollte ich sagen, doch ich verkniff es mir.
„Du siehst aus, als wär was nich oke.“, antwortete sie, ihre Miene schein zu erschlaffen, zu ergrauen, sie schien mir tatsächlich etwas wie Mitgefühl oder Hilfsbereitschaft zeigen.
„Nichts ist los.“, antwortete ich knapp und schloss die Augen erneut, um sie nicht sehen zu müssen.
Kinder sind abscheuliche Geschöpfe.
Man trifft sie in Zügen, Flugzeugen, Bussen, auf öffentlichen Plätzen, in Restaurants, einfach überall und ihre Eltern sind nicht dazu im Stande, sie ruhig zu stellen. Stolz auf ihre neue Fahrradklingel fahren sie mit dem eben genannten durch die ganze Straße und klingeln, was das Zeug hält, während die gesamte Nachbarschaft der einzigen Hoffnung ist, die Klingel habe ein billiges Fabrikat und ginge mindestens in den nächsten zwei Stunden kaputt, doch meist ist von dieser Utopie nur zu träumen.
In solchen Momenten schwört man sich, jedes auf dieser Erde wandelnde Kind zu verdammen und dann sitzt man im Bus, vor einem eine junge Mutter mit ihrer kleinen Tochter, das Mädchen lächelt einen an und redet Herzallerliebst über ihre Oma, man hört ihr zu und muss buchstäblich lächeln, weil es einem das Herz erwärmt.
Mein Vater hatte immer gesagt, ich wie ein abscheuliches Kind gewesen. Ich habe immer die Kleineren geschlagen, die Größeren beleidigt und die Lehrer missachtet, was mit dauerhaft schlechte Einträge verursacht hat.
Meine Mutter wiederum hatte das nie gestört. Sie mochte mich und hat immer gesagt, ich hätte zwar einige Macken gehabt, aber sobald es um die Familie oder um andere Menschen ging, die mir wichtig waren, sei ich das herzlichste und liebevollste Kind der Welt gewesen.
„Doch, es is was los.“, murmelte das Mädchen und begann, das Gras aus dem Boden zu reißen.
Dass ihre Eltern nicht kamen, schließlich saß sie mit einem jungen Erwachsenen alleine im Schatten.
„Hast du Streit mit deinen Freunden?“, fragte sie und legte das Gras, welches sie herausgerissen hat, sorgfältig auf mein Bein, wo sie es tätschelte.
„Nicht direkt.“ Ich wollte, dass sie geht. „Weißt du, ich hab was gemacht, das war ganz, ganz schlimm und jetzt denke ich nur drüber nach, das ist alles.“
„Was hast du denn gemacht?“, fragte sie, strich mir das Grad vom Bein und blickte mich nun wieder interessiert an.
„…ach, nichts…“ Ich konnte doch nicht mit einem kleinen Kind über solch ein Thema reden, was war nur in mich gefahren?!
„Hast du das zu einem anderen gemacht?“, fragte sie.
„Ja…“, murmelte ich in mich hinein, spürte das Blut in meinem Gesicht pochen, die Szene vom Vorabend spielte sich wieder und wieder in meinem Kopf ab, dieses abscheuliche Kind, brachte alles wieder hervor!
„Dann… mag der dich noch?“, fragte sie und sammelte das längst ausgerissene Gras aus dem Rasen.
„Mir scheint so…“, antwortete ich.
„Dann wars doch nicht so schlimm.“ Sie lächelte breit und warf mir das Gras entgegen. „Denn dann fand ers nich schlimm und wenn dus nich schlimm fandest, dann is oke.“
„Aber ich fand es schlimm…“ Als sei es mir verwehrt gewesen, ohne die Fragen dieses kleinen Kindes zu denken, bekam ich plötzlich richtigen Zugang zu meinen Gedanken.
„Dann… sag ihm das doch.“ Sie nahm ihren Teddy und spielte mit dessen Glasaugen. „Sag, dass es dir Leid tut und er das ganz, ganz schnell wieder vergessen soll.“
Ich lächelte, als ob das so einfach wäre.
Wobei
Es war so einfach.
Mit zitternden Knien stand ich vor der Tür des Zimmers, aus dem Geräusche kamen, die zweierlei zu deuten waren: entweder schlugen sich Moser und Pöhn gegenseitig die Köpfe ein, oder sie vögelten sich gegenseitig halb tot.
Beide Vorstellungen waren nicht sonderlich erquickend, weshalb ich unschlüssig stehen blieb, wusste nicht, ob ich hineingehen sollte oder warten sollte, bis es still war, was aber womöglich noch schlimmeres bedeuten konnte.
Plötzlich wurde die Tür mit einem Ruck aufgezogen und da stand Richard, deine Augen weiteten sich, als er mich sah. Seinen Blazer hatte er inzwischen abgelegt, auch die Krawatte trug er nicht mehr.
„Valentin…“, murmelte er und blickte mich verlegen an, seine eine Hand fummelte nervös an seinem obersten Hemdknopf herum, während er mit seinem linken Fuß langsam und unstetig an seinem rechten Knöchel entlang strich.
Plötzlich machte er einen Schritt an mir vorbei, schloss die Tür vor meiner Nase und lief den Korridor entlang, durch den ich kurz zuvor erst gekommen war.
Verdutzt blickte ich ihm nach, bis er sich umdrehte, mich zu ihm winkte und weiterging.
Er führte mich in die Bibliothek, wo er sich auf einen Stuhl sinken ließ.
Der Raum war wie leergefegt nicht mal die Bibliothekarin war anwesend.
„Um diese Zeit ist hier eigentlich nicht mehr offen.“, erklärte Richard. „Aber manchmal lassen sie offen, für bestimmte Personen, die darüber Bescheid wissen.“
Ich setzte mich neben ihn, spielte mit meinen Daumen, wie lenkte ich das Thema jetzt auf den vorherigen Abend.
„Warum bist du heute Mittag vor mir weggelaufen?“, fragte er und schaute mich traurig an.
„Weil… keine Ahnung.“, murmelte ich zurück, blickte ihm ins Gesicht und spürte meinen Puls in den Ohren.
Im Halbdunkel schien die Abendsonne auf sein makelloses Gesicht und seine Augen leuchteten für mich wie die ersten Sterne des Abends.
„Wenn du mich nicht willst, hättest du überhaupt nicht anfangen dürfen.“, sagte er, wie aus dem Nichts und ich erschrak beinahe, weil ich es automatisch verneint hatte. Nein, es stimmte nicht, dass ich ihn nicht wollte, ich wollte ihn, viel mehr als alles andere.
Als Reaktion drückte ich ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen, als ich mich von ihm lösen wollte, packte er mich jedoch am Genick und verwickelte mich in einen leidenschaftlicheren Kuss, den ich nur zu gern erwiderte.
Meine eigene Handlung schockierte mich, doch noch mehr schockierte mich, dass mich dieser ganze Schock nicht im Geringsten interessierte, es war, als lebe ich an meinem momentanen Ich vorbei.
Seine Zunge war so schön weich. Weich, wie Samt und als er mir über die Unterlippe leckte, kam mir der Gedanke, wo seine Zunge sonst noch sein könnte und mich überrannte ein wunderbarer Schauer.
In diesem Moment legte er eine Hand auf mein Bein und wollte den Kuss unterbrechen, vermutlich um mich fragend oder traurig anzusehen, vielleicht wollte er sich auch nur hochstemmen, um plötzlich zu gehen, doch ich wollte überhaupt nicht wissen, was er vorhatte. Stattdessen hielt ich ihn fest und küsste erbarmungslos weiter, wurde immer schneller und nahm erst viel später wirklich wahr, wie seine Hand über mein Bein strich und meine Stimme sich verselbstständigte.
Er unterbrach den Kuss nun so abrupt, dass ich überhaupt nicht darauf reagieren konnte, griff sich zwischen die Hemdknöpfe und riss sich das Hemd der Länge nach auf.
Mir wurde schwindelig, Erinnerungen an den Vorabend kamen mir in den Sinn und er knöpfte mir hektisch den Blazer auf, danach begann er mit meinem Hemd, hatte wohl Angst, ich könne es nicht bezahlen, wenn es ein Mal kaputt war, womit er gar nicht so Unrecht hatte.
Ich half ihm beim Knöpfen und schon bald saß er mit dem Bauch zu mir auf meinem Schoß und ließ seine Hände an meinem Körper entlang streifen. Seine Lippen glitten im Einklang mit seiner Zunge über meinen Hals, saugten mal hier, mal da, fester und es fühlte sich an, als hinterließen sie kleine Narben, die mir jedoch vollkommen gleich waren.
Mittlerweile waren seine Hände an meinen Nippeln hängen geblieben und ich stellte fest, dass ich unterbewusst begonnen hatte, meine Hüfte vor und zurück zu bewegen.
Kurz blickte er mich noch an, dann stand er auf, kniete sich vor mir auf den Boden und schob meine Beine auseinander.
In meinem Kopf drehte es sich, es drehte sich um ihn, um mein Klopfendes Herz und um den pochenden Bereich zwischen meinen Beinen, der in diesem Moment Richards taten mehr als nur zu feiern schien.
Quälend langsam öffnete er meine Hose und streifte sie mir hinunter, sie war schwarz, den kleinsten, weißen Fleck würde man darauf erkennen.
Gleich darauf knöpfte er meine Unterwäsche auf und leckte sanft über meine Eichel, was mir sogleich den letzten Rest Blut im Gehirn auszusaugen schien.
Seine weiche, wunderbare Zunge fühlte sich so gut an, ich ließ einfach locker, ließ ihn machen und füllte den mit Abendröte gefluteten Raum mit Wohllauten, welche von den Wänden wiederhallten, als wolle selbst das Gemäuer mich in den Wahnsinn treiben.
Meine Hände krallten sich in seine Haare, seine rechte Hand kraulte mir innen über den Oberschenkel, bis oben, da schon sie sich unter meine Shorts und zu meinem schrecken begann er langsam, seinen Zeigefinger durch Öffnungen zu schieben, in denen ich nie einen Finger haben wollte.
Doch bevor ich etwas sagen konnte, begann es mir auch schon zu gefallen, mein Griff in seinen Haaren wurde fester, meine rufe lauter und bevor ich wusste, wie mir geschah, war ich auch schon gekommen.
Während andere Menschen meines Alters es genossen, in Discotheken von nahezu unbekleideten Scheinfrauen angetanzt zu werden und die Melancholie des Abends im Fluss des Alkohols ertränkten, hatte ich es immer vorgezogen, die Abende zuhause in meinem Bett bei einem guten Buch zu verbringen.
Das Nachtleben interessierte mich nicht. Ich sah keinen Nutzen darin, mir den Verstand aus dem Kopf zu trinken, wobei mir diese Gesöffe nicht einmal schmeckten. Probiert hatte ich freilich das ein oder andere Gemisch aus Tod und Verderben, doch alles hatte ich sofort wieder weggeschoben.
„Hey, Valentin, kommst du mit feiern?“
Ich hob verdutzt den Kopf, Moser stand vor mir, trug nicht die Schuluniform, sondern ein schwarzes Oberteil und eine hellblaue Jeans, zu affig sah er darin aus. „Pöhn und Albrecht kommen auch mit, du würdest also sonst alleine hier herumsitzen.“
In diesem Moment kam Richard aus dem Badezimmer. Er trug nur eine weiße Jeans, die an den Knöcheln eng saß, dafür aber bis zur Hüfte immer breiter wurde, normalerweise würde mich das verwirren, doch ich war in diesem Moment viel eher damit beschäftigt, dass er sein Hemd nicht am Laibe, sondern in der Hand trug.
Er lächelte mir vorsichtig zu, seine Lippen glänzten, vermutlich hatte er Balsam oder gar Lipgloss aufgetragen und wenn mich nicht alles täuschte, hatte er sich sogar die Augen ummalt, mit einem dieser kleinen, cremigen Stifte, die die Mädchen immer und überall dabei hatten, um ihren Strich nachzuziehen.
Ich lächelte zurück und in dem Moment kam mir der Gedanke: Warum nicht? Warum sollte ich nicht einfach mal aus meiner Haut schlüpfen und mich diese Nacht zum ersten Mal betrinken? Freilich, das war keine sonderlich gute Idee, schließlich war ich keinen Alkohol gewöhnt und mochte ihn auch nicht sonderlich, aber was hinderte mich daran, etwas Neues zu probieren?
„Digga“ Ich drehte mich zu Moser zurück. „Ich bin dabei.“
Wir schlugen ein, Moser lächelte schmierig und ging ins Bad.
„EH, PÖHN“, hörte ich ihn gleich darauf schreien. „KROIß KOMMT MIT!“
Ich lächelte. Als ich mich erneut umblickte, stand Richard noch immer oben ohne vor dem Schrank und lächelte mich an.
Ich lächelte zurück, erhob mich und ging auf ihn zu, seine Lippen glänzten noch immer, ich wollte wissen, ob er tatsächlich mit Lipgloss nachgeholfen hatte.
So legte ich ihm die Hände auf die Hüften und gab ihm einen sanften Kuss.
Erdbeere.
„Schummler.“, murmelte ich lächelnd, als ich mich wieder von ihm löste und öffnete meine Schranktür, die sich direkt neben ihm befand.
„…Was?“, fragte er verwirrt. „warum?“
Ich grinste in mich hinein, wollte ihn nicht wissen lassen, was ich gedacht hatte, vermutlich war überhaupt keine Intention hinter seinem Lipgloss, vielleicht mochte er auch einfach nur den Geschmack davon, wer weiß.
Ohne zu antworten wühlte ich ein Wenig darin herum, zog einen Pullover heraus und warf diesen auf mein Bett, wo er aufgrund meiner physischen Unfähigkeit einfach herunter glitt und in als kleines Häufchen auf dem Boden endete.
„Es wird ziemlich warm werden, in den Discos.“, bemerkte Richard, ich besah mich dem Pullover auf dem Boden, seufzte und hob ihn auf, um ihn zusammenzulegen und wieder im Schrank zu verstauen.
Kurz darauf zog ich ein Shirt aus meinem Schrank und warf es, genau wie den Pullover zuvor, auf mein Bett. Im Gegensatz zum Pullover blieb es glücklicherweise liegen.
Als Hose nahm ich mir einfach meine normale Jeans, sie saß, aufgrund eines Kauffehlers meinerseits, ziemlich eng, doch ich mochte sie, weil sie einfach zu allen Anlässen passte, ich hasste es zu jeder Sorte Anlass spezielle Kleidung zu besitzen, diese Hose kam mir nun mal sehr zu Pass.
Kurzerhand Knöpfte ich mir den Blazer auf und warf ihn siegessicher auf mein Bett, mein Hemd folgte, noch bevor ich den Gürtel meiner Hose auf hatte, spürte ich einen leichten, warmen, weichen Druck auf meinem Nacken.
„Ich bin glücklich, dass du mitkommst.“, murmelte Richard hinter mir, ich lächelte, seine Hand strich über meinen Rücken, sacht, die Tatsache, dass Moser und Pöhn jederzeit hereinkommen könnten schien mich nicht im geringsten zu stören, was sollten sie schon tun?
Ich drehte mich um, nahm seine Hand und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, bevor ich ihn anlächelte und mich weiter an meiner Hose zu schaffen machte.
Er lächelte zurück, ging zu seinem Schrank und suchte sich selbst ein Shirt heraus.
Tag der Veröffentlichung: 02.09.2012
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