Auf dem Hügel stand sie, dicht am Rande des Waldes; in schleiernden Schlieren aus trägem Schmerz schlief dort ihr Herz gebettet auf trostloser Stille; ihr Blick war verhüllt wie die Seele des gleißend hellen Tages, doch ihr Sinn vernahm das leise Flüstern, das sich durch die kalten Wirbel zu ihr verirrte, um von der Sehnsucht zu erzählen, die sie erzittern ließ, als wäre dies ihre erste Lebensnacht ...
Um sie herum tanzten die Flocken, stiebender Schnee aus schweren Wolken, die den Himmel bedeckten wie starres Eis die Flüsse; endloses Wogen in tristem Grau, ziellos und ohne Hoffnung auf Wiederkehr, taub und trüb im Taumel gefangen, der kein Ende kannte, nur den Tod, den er brachte; es schlangen die nassen Stränge sich um sie, stark und sterbensschwer mit schwindendem Schweigen, das sie so frieren ließ, als wollte sie niemals wieder erwachen ...
Ihr Sehnen jedoch erahnte die Nacht, die bald schon bebte wie die schüchternen Blätter im Sturm des Wartens; sie fühlte die Finsternis bersten und ihre warmen Winde hauchen, die sie erkannten, ohne dass sie sie sahen, denn sie war ebenso düster wie das tiefe Schwarz, das nur existierte, wenn das Licht erstarb; und sie spürte die Stunde nahen, die sie erlöste, als hätte sie nur geträumt ...
Und sie würde zu ihm entfliehen, wie sie es immer tat, wenn sie befreit war und entfesselt; sie würde ihn finden im fahlen Schimmer der Dunkelheit, wo der Sternenschein so bunt und freudig funkelte, wie es der Tag niemals vermochte; dort würde sie sich ihm nähern, bis ihre kalten Hände seine Augen verbargen, damit er wieder sah; sie würde sich nähren vom Duft seiner Tränen, die sie durchströmte wie Tauwasser den Schnee; sie würde erblühen im Blut seiner Seele, die nur sie so sein ließ, wie sie sein wollte; und das Licht würde versinken im wortlosen Wispern, das mehr zu erzählen hatte, als die Helligkeit es zuließ; dann würde sie wissen, dass sie wiedergeboren war, wie es schon unendlich oft geschehen war und geschehen würde, denn sie war die finstere Melodie seines Herzens, die er nur singen konnte, wenn sie erwacht war ...
Texte: (C) 2010 Andreas F.
Bildmaterialien: Coverbeabeitung (C) 2015 Caro Sodar, Coverfoto (C) Pixabay
Tag der Veröffentlichung: 04.03.2010
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