Cover

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„Oh neee“, stöhnte Rachel, mit einem genervten blick über meine Schulter.
„Was is los“, fragte ich sie.
„Kann er mich nich einfach mal in Ruhe lassen? “, sie kniff wütend die Augen zusammen und fragte zickig: „Was willst du, Mick?“
Oh-oh. Ich konnte mir ein Grinsen nur schwer verkneifen. Seit Rachel und ihr Freund, Mick vor etwa einem Monat schluss gemacht hatten, hatten die beiden so etwas was man vermutlich nur Dauerstress nennen kann.
„Hey. Beruhig dich. Ich hatte gar nich vor zu dir zu kommen, Rachel“.
„Wa...? Aber“, entwaffnet sah meine beste Freundin, mit halb offenem Mund zu wie ihr Ex sich seelenruhig neben die Jahrgangstusse Nummer eins namens Gillian setzte.
„Oh mein Gott hat der sie noch alle?“, fauchte Rachel sauer, als Gillian zuckersüß zu uns herüberlächelte und einen ihrer perfekt gebräunten Arme vertrauensvoll um Micks Schultern legte „der kann sich doch nicht einfach zu der setzten, wo ich in der Nähe bin“. Empört stand Rachel auf.
„Was hast du vor?“, ich sah sie skeptisch von der Seite an.
„Warts ab“, meinte sie nur und verwandelte ihre wütende Grimasse in ein bezauberndes Lächeln. Dann ging sie Hüften schwingend quer durch die Mensa in der wir saßen auf ihren Ex zu. Dieser sah überrascht auf und sah sie erwartungsvoll an. Sie sagte irgendetwas, was ich über den Lärm der Mensa hinweg nicht verstehen konnte aber ihre schwarzen, langen Locken, die sie, langsam um ihre Finger wickelte und die Blicke mit denen sie Mick bedachte, sagten alles. Ganz klar, sie wollte Mick zurück. Typisch Rachel. So war sie nun mal. Sie konnte es einfach nicht sehen wenn jemand, ganz besonders nicht so jemand wie Gill, ihr irgendetwas wegnahm. Auch nicht Mick, obwohl sie über den in den letzten Wochen beinahe ununterbrochen gelästert hatte.
Mick sprang auch sofort auf ihre Bewegungen ein und schob Gills Arm von seinen Schultern. Dann stand er auf und blickte auf Rachel herab. Er beugte sich zu ihr herunter... aber sie wandte sich im letzten Augenblick ab, bedeutet ihm mit einer Handbewegung, dass sie dazu lieber nach draußen gehen wollte, fasst ihn am Handgelenk und zog ihn hinter sich her aus der Mensa heraus. Super. Jetzt waren die beiden allerhöchstwahrscheinlich wieder zusammen und ich blieb mal wieder allein zurück. Sehnsüchtig ließ ich meinen Blick über die Schüler die um mich herum saßen schweifen, aber keiner der Typen, sah auch nur annähernd gut genug aus, als das ich mich mit ihm eingelassen hätte. Hier an meiner Schule waren alle irgendwie nur totale Looser. Zumindest aus meiner Sicht.
„Hey. Was sitzt du hier so alleine rumß Wo ist Maia?“.
Na gut, alle bis auf einen. Und dieser eine setzte sich gerade mit seinem Tablett voller Mensa-essen, gegenüber von mir an meinen Tisch. Offiziell war er mein bester Freund aber inoffiziel... war ich vermutlich so etwas ähnliches wie verknallt.
„Hi Jake. Hat sich grad wieder an Mick ran gemacht“, beantwortet ich ihm seine Frage.
„Oh klar. Hätte ich mir denken können“, er schob sich einen riesigen Löffel Mensa-Nudeln in den Mund und verzog angewidert das Gesicht. Ich musste Lachen.
„Ihh“, würgte er und schluckte runter „Heute is es aber besonders eklig oder?“. Sein Blick wanderte zu meinem beinahe unberührten Teller.
„Jap“, ich grinste. Mit ihm hatte ich fast immer Spaß. Auch wenn er leider noch nie irgendwelche Anstalten gemacht hatte mehr als nur Freundschaft von mir zu bekommen. Er schien sich also in dieser Hinsicht nicht wirklich für mich zu interessieren. Tja... Pech, für mich. Wenigstens waren wir befreundet.
Er versuchte den Nachgeschmack der Nudeln mit Wasser wegzuspülen.
„Hast du jetzt noch Unterricht?“, fragte er dann.
„Nee“, antwortete ich. Normalerweise würde ich nie im Leben in der Mensa essen wenn ich eigentlich schon nach Hause konnte, sprich wenn ich nach der Mittagspause keinen Unterricht mehr hatte, aber heute hatte ich dummerweise meinen Schlüssel vergessen und würde zuhause sowieso nur vor der verschlossenen Tür rum stehen, „Du?“.
Er schüttelte den Kopf und meinte: „Dann lass doch mal wieder zusammen ins Freibad. Ham wir schon viel zu lange nicht mehr gemacht“.
„Ja gerne.“.
„Jetzt gleich?“.
„Ich muss noch Schwimmsachen holen aber dann... klar“.
„Cool. Ich komm noch mit zu dir. Hab meine Sachen schon dabei.“.
Verwundert sah ich ihn an. „Wieso?“.
Er zuckte mit den Schultern. „Ich hatte sowieso vor heute ins Freibad zu gehen, auch ohne dich“, er grinste „aber mit dir is natürlich vieeel besser“.
„Okay. Dann mal los.“.
Als wir bei mir zuhause angekommen waren, ging ich schnell in mein Zimmer während Jake unten wartete. Ich konnte leise Geräusche von unten hören, die stark nach Star Wars, klangen und aus dem Fernseher kommen mussten. Also war mein kleiner elfjähriger Bruder, Ole da.
Ich zog stopfte meinen Bikini in die Tasche holte ein Handtuch und alles was man eben sonst noch so fürs Freibad braucht. Nachdem ich meine Tasche fertig gepackt hatte, wechselte ich meinen dunkelblaues T-shirt, was echt langweilig und nur für die Schule geeignet war und meine Hose gegen ein geblümtes Sommerkleid. Dazu machte ich mir noch einen geflochtenen Gürtel um, löste meine blonden Haare aus dem Zopf und ließ sie mir über die Schultern fallen. Ich nahm meine Flip-Flops aus dem Schrank, zog sie an und nahm meine Tadche. Im vorbeigehen warf ich mir selbst im Spiegel an meinem Schrank einen kurzen Blick zu und war mehr als nur zufrieden mit meinem Aussehen.

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Mit müden Schritten ging ich am nächsten Morgen in die Klasse.
Erste Stunde am Mittwoch. Das bedeutete Mathe bei Johnson. Mr. Johnson war unser Klassenlehrer und wir hatten ihn in Deutsch und Geschichte. Er war eigentlich ganz cool... zumindest für einen Lehrer. Aber heute Morgen hätte sein Unterricht noch so spannend gewesen sein können, ich war einfach vollkommen übermüdet.
Geste
rn nachdem Jake mich nach dem Freibad nach Hause gebracht hatte, war Rachel dort noch aufgekreuzt. Sie hatte sich mit einem siegessicheren Lächeln auf mein Sofa fallen lassen.
„Der setzt sich so schnell nicht mehr neben Gillian.“, hatte sie verkündet.
„Das heißt ihr seit jetzt wieder...“, setzte ich an, doch sie unterbrach mich.
„Zusammen? Nein, nein, nein, nein. So leicht will ich es ihm dann auch wieder nicht machen. Sagen wir ich habe ihm ein wenig“, sie überlegt einen Moment „Hoffnung gemacht“.
„Okay“, ich lachte „verstehe.“
„Und wie läufts zwischen dir und Jake?“, hatte sie dann gefragt.
„Zwischen mir und...“, ich stockte. Das wusste sie doch gar nicht. Ich hatte bisher noch niemandem, wirklich ausnahmslos niemandem etwas von meinen Gefühlen für Jake erzählt. Klar Rachel war meine beste Freundin und so, aber leider war sie auch sehr gesprächig und irgendwie nahm sie das mit den Geheimnissen meißtens nicht so ernst. Ich hatte einfach bisher noch keinen Drang dazu verspürt meine Freundschaft zu Jake wegen irgendwelchen unvorsichtigen Worten aufs Spiel zu stellen. Er war mein bester Freund und das wollte ich nicht verlieren.
Deshalb sah ich Rachel nur Ahnungslosigkeit vortäuschend an und fragte: „Zwischen mir un Jake? Wieso, was soll den da laufen?“. Ich hörte selber wie unglaubhaft ich klang. Besonders, wo ich doch wusste dass ich hier Rachel vor mir hatte. Das Mädchen das mich kannte seit wir in der Krabbelgruppe als winzige Babys mit unseren damals unzertrennlichen Müttern gewesen waren. Sie kannte mich vermutlich besser als jeder andere auf dieser Welt. Als sie dann unschuldig ihre Fingernägel betrachtete und meinte: „Oh, sorry ich will damit nicht zufälligerweise auf die unendlich vielen Blicke, die du ihm zu wirfst oder die Art wie du mit ihm sprichst und über jeden seiner noch so dämlichen Witze mindestens genau so dämlich kicherst, anspielen.“
Dämlich kichern?? Geht’s noch. Ich kicherte nie dämlich.
„Willst du damit sagen, dass ich in meinen besten Freund verknallt bin?“.
„Jap. Außer du läufst jedem Typen so hinterher wie ihm“.
„ich laufe ihm nicht hinterher“, fauchte ich.
„Doch das tust du.“, sie sah von ihren Nägeln auf und blickte mir in die Augen „Angie-Schätzchen, mir kannst du es wirklich erzählen. Ich durchschau dich sowieso. Das weißt du.“. Einige Moment starrte ich sie noch wütend an dann gab ich seufzend nach. Natürlich wusste sie es schon längst Wie hatte ich nur jemals denken können etwas vor ihr verbergen zu können? Konnte ich nur hoffen, dass sie damit nicht gleich zu Jake rannte. Okay, das würde sie nicht tun. Sie war immerhin nicht ohne grund meine beste Freundin.
„Super. Du hast gewonnen. Ich gebe mich geschlagen“, um meine Worte ein wenig übetriebn zu verdeutlichen hob ich ergeben meine Arme.
„Das heßt du gibst zu dass du auf Jake stehst?“, sie kicherte und wr eines der Sofakissen nach mir „ich wusste es.“.
Um dieses Gespräch nicht weiter vertiefen zu müssen hob ich das Kissen, das mich meilenweit verfehlt hatte auf und rief. „Na warte, jetzt bist du fällig“. So landeten wir mal wieder in einer ausgiebigen Kissenschlacht. Die wie schon so oft, in einen Filmeabend endete bei dem wir erschöpft nebeneinander auf dem Sofa und meinem Bett rum lagen und einen Film nach dem anderen guckten.
Dumm nur, dass am nächsten Tag Schule war und wir beide jetzt hundemüde waren. Ich hoffte nur dass Rachel gestern Nacht als sie um ungefähr drei Uhr nach hause gekommen ist nicht al zu viel Stress bekommen hatte. Aber ihre Eltern waren da normalerweise ganz schön locker. Zumindest im Vergleich zu meinen, die Ausgerastet wären, wenn sie Von Gestern auf Heute nicht unterwegs gewesen wären.

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Als Johnson das Klassenzimmer betrat wurde es schlagartig ruhig. Ich weiß nicht wie er es tat aber er schaffte es immer wieder die Klasse zum Schweigen zu bringen ohne einen Ton gesagt oder einen ermahnenden Blick geworfen zu haben. Es war mucks Mäuschen still sehr zum dank meiner Kopfschmerzen die mich schon den ganzen Morgen lang quälten. Nicht einmal die Lästerschwestern Zoya und Chantal traut
en sich etwas zu sagen. Bei ihnen lag das aber wohl eher daran, dass sie Johnson die ganze Stunde lang ansahen, was kein Wunder war. Er sah wirklich gut aus. Nach ein paar Sekunden der Stille, Ergriff er das Wort. „Ich habe euch eine erfreuliche Mitteilung zu machen.“ Ein Raunen ging durch die Klasse. „Wir werden unsere Klassenfahrt nach ¬¬¬¬ BadSchanzlar doch antreten können.“ Dieser Satz löste in der Klasse etwas aus was man wohl Massenpanik nannte. Die Mädchen fingen an zu kreischen und vielen sich in die Arme. Eine Gruppe von Jungen fing lauthals an zu singen und im Takt durch den Raum zu hüpfen. So ein Kindergarten. Ich hielt mir die Ohren zu denn es war mir eindeutig zu laut. „Angie, Aaangiee!“ Jemand tippte mich an und rief meinen Namen. Es war Rachel. „Ist das nicht toll? Wir können doch auf Klassenfahrt fahren. Oh es wird so Romantisch werden. Ich habe im Internet recherchiert dort gibt es einen See und eine verlassene Burg. Außerdem soll es da echt coole Klamottenläden geben und ...“, sie stockte. „Ist alles okay mit dir? Freust du dich gar nicht?“ „Doch, doch ich find’s cool.“, sagte ich. Eigentlich freute ich mich sogar riesig. Ich hätte nicht mehr in Traum daran gedacht, dass wir nun doch nach BadSchanzlar Fahren würden. Aufgrund von dringenden Umbauarbeiten an der Jugendherberge war die Klassenfahrt vor einer Woche eigentlich abgesagt worden. Sogar das Geld war schon zurück überwiesen. „Du siehst schrecklich aus geht es dir wirklich gut?“, fragte Rachel. „Hast du keine Kopfschmerzen? Sind drei Stunden Schlaf bei dir normal?“ Mit einem Blick auf ihre Fingernägel sagte sie:“ Ich habe da so eine Geheimwaffe. Nennt sich Aspirin.“ Sie lachte.
„Beruhigt euch bitte.“ meldete sich nun wieder Johnson zu Wort. Langsam gingen alle auf ihre Plätze zurück und innerhalb von ein paar Minuten war es wieder ruhig. Zumindest ruhiger als zuvor. „In der Nähe der Jugendherberge gibt es ein Hotel. Dieses Hotel hat sich bereit erklärt die Schulklassen aus der Jugendherberge aufzunehmen.“ Johnson teilte einen Zettel aus. „Auf dem Zettel steht nochmal die Summe die ihr überweisen müsst. Bis nächste Woche Dienstag haben eure Eltern Zeit dazu. Ansonsten wird alles so ablaufen wie geplant. Uns stehen vier Dreibettzimmer, zwei Vierbettzimmer und ein Fünfbettzimmer zur Verfügung. Ich möchte, dass ihr euch bis morgen auf die Zimmer aufteilt. Noch Fragen?“ Er sah fragend in die Klasse. Niemand meldete sich. „Nun gut. Dann werden wir jetzt die Kurzkontrolle schreiben. Ihr braucht nur einen Stift. Die Aufgaben können auf dem Blatt gelöst werden.“ Johnson teilte die Blätter aus. „ Ihr könnt jetzt beginnen. Arbeitszeit zwanzig Minuten. Viel Erfolg.“
Mist die Arbeit hatte ich total vergessen. Ich konnte mich kaum noch an die Formeln erinnern und meine Kopfschmerzen wurden immer schlimmer. Ich gab mein bestes und schaffte es fünf der acht Aufgaben zu lösen. Ich hoffte auf eine vier. Besser konnte meine Leistung nicht gewesen sein und das wo ich in Mathe so dringend eine gute Note brauchte. Ich gab mein Blatt ab und ließ mich wieder auf meinen Stuhl fallen. Den Rest des Unterrichts bekam ich kaum noch mit. Die Pause verbrachte ich auf der Toilette und irgendwie schaffte ich es mich durch die letzten 3 Stunden zu quälen. Als ich nach der Schule endlich zuhause ankam warf ich mich in mein Bett und fiel in einen Tiefen schlaf.

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Als ich auf die Uhr sah war es viertel vor vier. Sterne standen am Himmel. Ich hatte 12 Stunden geschlafen. Ich stand auf und tauschte meine Jeans gegen eine Jogginghose. Dann ging ich ins Badezimmer und wusch mich mit kaltem Wasser. So richtig wach war ich nämlich immer noch nicht. Von meinem Bett hatte ich aber erst mal genug. So leise wie möglich schlich ich mich nach unten. In d
er Küche lag ein Zettel auf dem Tisch.
Das Essen steht im Kühlschrank du kannst es dir aufwärmen. Vergiss dein Turnier nicht Lynns Mutter nimmt dich mit ich muss arbeiten. Kuss Mama
Oh nein. Das Turnier hatte ich ja total vergessen. Ich spielte seit fast 10 Jahren Hockey und heute stand ein wichtiges Turnier an. Mein Magen knurrte. Ich hatte tierischen Hunger. Ich sah im Kühlschrank nach dem Abendessen. Kohlsuppe. Iiih.! Ich nah mir zwei Toastscheiben und aß sie mit Marmelade, dann ging ich ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Es kam nichts Sehenswertes also schaltete ich den Apparat wieder aus und ging in mein Zimmer. Ich packte meine Hockeysachen zusammen und ging erst einmal unter die Dusche.
Nachdem ich im Bad fertig war sah ich auf die Uhr. Kurz nach sechs. Lynns Mutter würde mich um Acht abholen ich hatte also noch rund zwei Stunden. Ich schaltete den Pc an und loggte mich auf Facebook ein. Niemand war online. Was um die Uhrzeit, noch dazu an einem Samstag, kein Wunder war. Ich checkte meine Nachrichten. Eine von Rachel war dabei.
„Lust Sonntag zsm. Koffer für die Klassenfahrt zu packen..? Melde dich. ♥“
Ich hatte keine Lust zu antworten sie würde mich sowieso nochmal anrufen. Als ich mich gerade ausloggen wollte sah ich das Jake online war. Meine Rettung. Ich schrieb ihn an.
„Hey wie geht’s dir? So früh schon online?“
Sofort kam die Antwort
„Gut und dir? Das gleiche könnte ich dich auch fragen aber ich kann einfach nicht mehr schlafen. Und du?“
„Geht mir genauso. ;)“ Schrieb ich. Es dauerte eine Weile bis er antwortete.
„Rachel hat mich gestern angeschrieben … und sie hat da so etwas angedeutet. Also ich soll ich das sagen naja das du mich also … „
Oh Gott was hatte Rachel ihm geschrieben? Das ich ihn liebte und dass ich mehr wollte als nur Freundschaft? Ich schrieb zurück.
„Oh man Rachel kann man echt nichts erzählen …“
„Also stimmt es?!“
„Nein natürlich nicht!“
Oh nein wie peinlich. Das hätte ich mir echt sparen können. Also schrieb ich schnell.
„Sorry aber ich muss jetzt off. Hab gleich Hockey.“
Seine Antwort.
„Okay… Naja vlt. Können wir das ja später nochmal klären. Hab dich lieb. ♥“
Ich loggte mich aus und schaltete den Pc wieder aus. Ich hatte noch mehr als genug Zeit also fing ich an zu lesen. Ich war so vertieft in mein Buch das Ich das Klingeln beinahe überhörte. Die Uhr zeigte acht Uhr fünf. Mist ich nahm meine Tasche schnappte mir aus der Küche noch eine Wasserflasche und öffnete die Tür. Es war Lynns Mutter. Sie grüßte und ich grüßte zurück. Ich zog meine Schuhe an und schloss die Haustür. Ich setzte mich neben Lynn ins Auto und wir fuhren los. Ich hatte nicht die geringste Lust jetzt Hockey zu spielen und mir war ein wenig übel, aber da musste ich jetzt durch.

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Irgendwie brachte ich das Hockey Turnier hinter mich. Meine Mannschaft belegte gerade noch so den vierten Platz. Ich war mega enttäuscht. Normalerweise waren besser. Aber na ja, was solls. Wir hatten wohl alle keinen besonders guten Tag heute. Zu meinem Glück hatte ich niemandem von dem Turnier erzählt, nicht einmal Rachel da es nur ein kleiner und unwichtiger Wettkampf war. Dem nach
war auch Jake nicht gekommen, was mich enorm erleichterte. Ich hatte einfach keine Ahnung wie ich ihm das erklären sollte. Ich konnte ihm ja schlecht sagen „Ja hey, ich bin übrigens total in dich verknallt, nur mal so, ne?“, und damit unsere Freundschaft womöglich zu zerstören. Ich ärgerte mich über Rachel. Wieso nur, hatte sie das sofort weiter erzählt. Ich meine dass sie gerne labert und so das war mir schon seit ziemlich langer Zeit ja klar aber dass sie was wichtiges einfach mal weiter erzählte war doch so was von bescheuert. Wieso nur? In diesem Moment hasste ich sie regelrecht. Aber bevor ich mich weiter in meine Wut hinein steigern konnte unterbrach mich eine Stimme die ein wenig ungeduldig fragte: „Kommst du endlich, Angie? Meine Mutter wartet bestimmt schon.“. Es war Lynn die sich etwas weiter vor mir Stirn runzelnd zu mir umgedreht hatte. Sie wippte unruhig auf den Füßen vor und zurück.
„Ja klar. Ich hol nur noch schnell meine Tasche.“
Lynn nickte „beeil dich bitte, ja?“.
Ich überquerte schnell das Feld und nahm meine Tasche von einer Bank die dort stand. Dann lief ich zurück und meinte: „Bin so weit, wir können los“.
Lynns Mutter fuhr mich bei mir zuhause vorbei und ich stieg aus.
Langsam ging ich über den schmalen Schotterweg der zu unserer Haustür führte. Als ich klingelte öffnete niemand, also kramte ich seufzend meinen Schlüssel aus der Tasche. Ich schloss auf. Drinnen lag ein Zettel von meiner Mutter. Schon wieder. Seit mein Vater vor knapp einem Jahr unerwartet an einem Herzinfakt gestorben war, war meine Mutter so gut wie nie Zuhause. Immer hinterließ sie irgendwelche Nachrichten auf meiner Mailbox oder schrieb Zettel, dass sie länger Arbeiten musste. Früher zur Arbeit musste usw. Wenn ich sie darauf ansprach meinte sie immer nur dass wir das Geld bräuchten und sie sich auch mehr als alles andere wünschte es wäre nicht so, aber das würde noch lange nicht rechtfertigen, dass ich ihr andauernd damit in den Ohren lag.
Zumindest stand auf dem Zettel der jetzt vor mir lag:
Musste noch mal los ins Büro. Bin heute Abend erst spät zurück. Dein Bruder kommt so gegen sechs ihr könnt dann schon ohne mich zu Abend essen, hoffe Hockeyspiel war gut, Mama.
Auch wenn die häufige Abwesenheit meiner Mutter in letzter Zeit schon oft ziemlich lästig war freute ich mich heute darüber alleine zu sein. Ich brauchte erst einmal meine Ruhe und später würde ich noch Rachel anrufen um die Sache mit Jake mit ihr zu klären.
In meinem Zimmer sank ich dankbar auf mein Sofa und holte mir meinen Pc. Gedankenverloren loggte ich mich bei Facebook ein und... loggte mich auch gleich wieder aus. Denn leider war Jake on und irgendwie war ich momentan einfach nicht in der Verfassung ihm irgendeine Ausrede aufzutischen. Kurz dannach rief Rachel an.
„Ja?“, meldete ich mich leicht unfreundlich.
„Hey Süße, was is los? Hab ich was falsch gemacht?“, fragt sie sofort als sie meinen Ton bemerkte.
„Ja allerdings“, antortete ich.
„Okay sry, das tut mir leid. Ehrlich was auch immer es ist du kannst es mir gleich erzählen’kay? Komm jetzt nämlich vorbei um Koffer zu packen und so. Bis dann“, sagte sie und legte auf.
Völlig verdattert starrte ich das Telefon an. Dann erhob ich mich von meinem Sofa klappte den Laptop zu und holte schon einmal meinen Monster-Koffer vom Dachboden.

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Rachel kam keine zehn Minuten später bei mir zur Tür herein. Sie umarmte mich.
„Na? Alles okay bei dir? Du siehst irgenwie n bisschen... sauer aus?“, irritiert sah sie mich an.
„Ja... mehr oder weniger sauer“, antwortete ich nur und stapfte die Treppe nach oben in meine Zimmer zurück. Dort setzte ich mich auf meinem Schreibtischstuhl und dreht mich darauf hin und her. Etwas unschlüs
sig blieb Rachel in der Tür stehen.
„Bist du sauer auf mich?“, sie kam herein und setzte sich auf den Boden.“.
„Ja allerdinges!“, Oh mein Gott, dass sie noch nicht mal checkte was los war. Ich meine okay, ich hatte es versäumt sie irgendwie schwören zu lassen oder so es niemandem weiter zu erzählen aber war das nicht offensichtlich.
„Oh, tut mir leid. Was ist denn passiert? Ist es wegen Jake? ’tschuldigung ich wollte eigentlich keine Andeutungen machen aber das ist so schwer.“, jammerte sie. Als ich sie daraufhin leicht ungläubig ansah fügte sie hinzu: „Ach komm schon Angie, du kennst mich doch. Ich kann in manchen Situationen einfach nicht die Fresse halten...“, einige Momente sah sie ehrlich zerknirscht aus. So als würde es ihr wirklich leid tun, aber dann fiel ihr Blick auf meinen Koffer und ihre Mimik hellte sich auf: „Bedeutet dass das du vorhast trotzdem mit mir zu packen? Du bist also nicht allzu böse?“, sie sprang sofort auf und riss meinen Kleiderschrank auf „Lass uns gleich beginnen!“. Ich seufzte und erhob mich. Vielleicht konnte ich sie beim Kofferpacken noch einmal auf das Thema bringen.
Wir fertigten in den nächsten zwei Stunden oda so ein Packliste an. Das machten wir so gut wie immer wenn wir auf Klassenfahrt oder zusammen in den Urlaub fuhren. Dannach suchten wir noch gemeinsam irgendwelche “Special-Clothes“ raus. Auch wie immer. Das alles endete in einer Art Modenschau, bei der wir immer abwechselnd irgendwelche Klamotten anzogen und zu voll aufgedrehter Techno-Musik durch das Zimmer tanzten. Zwar waren bis zur Klassenfahrt noch einige Tage hin aber egal. Das war einfach so bei uns. Wir packten immer viel zu früh.
Kurz dannach saßen wir kichernd und immer noch ein wenig außer atem an unserem Küchentisch und tranken eisgekühlten-Eistee. Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und schloss die Augen.
„Sag ihm ich hätte einfach Scheiße gelabert. Wie immer.“, meinte Rachel plötzlich.
Überrascht sah ich auf.
„was ist lo?“, ich kniff die Augen zusammen und betrachtete sie stirnrunzelnd.
„Na ja... Du sagst Jake einfach iregenwas in der Art von wegen man könnte doch nie glauben was ich sage, er kennt mich doch, oder so.“.
„Und du wärst nicht sauer? Ich meine wenn ich so über dich rede?“, fragte ich misstrauisch. So kannte ich sie gra nicht.
„Ne. Irgendwei nicht. Schließlich hab ich das ganze ja auch angerichtet, oder?“, sie grinste.
„Ja, allerdings“.
„Okay... Wie wärs dann auf der Klassenfahrt?“, fragte sie dann bdeutungsvoll.
„Klassenfahrt? Wass soll damit sein?“.
„Da kannst du dich gut an ihn ran machen. Du weißt schon. Klassenfahrt-feeling, Klassenfahrt-flirt, Klassenfahrt-liebe und dann seid ihr zusammen oder so ähnlich. Du weißt schon“.
„Na wenn du meinst“, ich kicherte, wobei sich mein Magen auf eine seltsame schmerzhaft Weise zusammenzog, fast so als ob ich mich übergeben müsste und mein Kopf sich zu rehen anfing. „Autsch“, ich stöhnte.
„Was?“, Rachel sah mich besorgt an.
„Keine Ahnung... Irgendwie geht’s mir nicht so gut. Mir ist schwindelig und... schlecht. Ich glaub ich leg mich mal kurz hin. Kommst du noch mal mit hoch oder willst du nach Hause?“.
„Ich komme mit!“, antwortete sie entrüstet „denkst du ich lasse meine beste Freundin in so nem Zustand alleine?“.
Wir gingen zusammen in mein Zimmer und ich legte mich in mein Bett. Wir redeten noch eine Weile über diwerse Taktiken wie ich Jake für mich gewinnen könnte, bis mein Bruder nach Hause kam und Rachel aufstand um zu gehen. Sie umarmte mich und meinte: „Nicht das du mir jetzt krank wirst oder so, klar? Spätestens bis zur Klassenfahrt musst du wieder gesund sein!“. Sie warf mir einen Luftkuss zu und ging. Ich blieb mit Kopfschmerzen und achterbahn fahrendem Bauch zurück.
Meinen Bruder ließ ich alleine essen. Ich sagte ihm das es mir nicht so gut ginge und ich keinen Hunger hätte, was auch definitiv zutraf. Nach langem hin und her wälzen in meinem Bett schlief ich endlich ein. Acuh wenn ich das Gefühl hatte dass mein Kopf sogar im Schlaf schmerzhaft pochte.

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte konnte ich kaum schlucken. Meinem Bauch ging es schon besser, dafür hatte ich jetzt tierische Halsschmerzen. Ich schloss die Augen und versuchte noch ein wenig zu schlafen, aber fünf Minuten später ging meine Zimmertür auf und meine Mutter stürmte herein. „Aufstehen Angieschätzchen. Die Sonne lacht.“, flötete sie. I
ch wollte etwas sagen doch ich brachte keinen Ton heraus. Sie machte das Rolle hoch öffnete mein Fenster und kam zu meinem Bett. Als sie mich sah bekam sie große Augen. „Wie siehst du denn aus? Das gefällt mir aber gar nicht. Geht es dir gut?“, fragte sie und fühlte an meiner Stirn. „Du kochst ja. Ich werde mal deine Temperatur messen.“, sagte sie und verließ das Zimmer. Ich stand auf und sah in den Spiegel. Ich wollte schreien doch es kam nur ein lächerliches krächzen heraus. Mein Gesicht war rot wie eine Tomate und um den Mund hatte ich einen weißen Rand. So wie die kleinen Kinder nachdem sie Milch getrunken haben und sich freuen, dass sie einen Bart haben. Doch ich fand das alles andere als zum Freuen. So konnte ich mich doch nicht draußen geschweige denn in der Schule sehen lassen. Meine Mutter kam zurück mit dem Fieberthermometer. „39.4 das ist nicht gut. Ich werde bei Dr. Lorenz anrufen und einen Termin für dich machen.“, sagte meine Mutter. Ich musste mich hinlegen und bekam von meiner Mutter einen Saft der ranzig schmeckte. „Der ist gegen das Fieber und die schmerzen.“ Meinte sie. Meine Mutter hatte immer solche komischen Mittelchen zuhause. Die meisten davon wirkten auch aber sie schmeckten zum Kotzen. Ich lag da, starrte an die Decke und hörte meine Mutter unten leise Telefonieren. Na toll. Wenn ich jetzt krank werde kann ich die Klassenfahrt vergessen. Außerdem stand am Dienstag eine wichtige Mathearbeit an. „Angiee!“, kam es von unten „Zieh dich an und komm runter Dr. Lorenz schiebt dich rein. Wir können sofort los.“ Ich zog die erstbesten Sachen an die ich zu greifen bekam und ging nach unten.
Nach einer halben Stunde kamen wir an. Ich fragte mich immer warum wir zu Dr. Lorenz gingen. Er wohnte von allen Ärzten die wir nehmen konnten am weitesten weg. Aber der Versuch meine Mutter dazu zu bringen den Arzt zu wechseln war jedes Mal kläglich gescheitert. Im Warteraum saß eine Mutter mit zwei kleinen Mädchen. Sie sahen sich zum Verwechseln ähnlich. Mussten Zwillinge sein. Süß waren sie, wie sie sich um ein Buch stritten, welches im Bunt angemalten Bücherregal der Praxis gestanden hatte. Außerdem saßen noch eine Vater mit seinem Sohn im Raum. Der Junge war so bleich das ich ihn schon für Tod erklärt hätte. Er tat mir leid. Mir fiel auf das ich nicht viel besser ausgesehen haben muss. Ich hörte ein Kind schreien. Wurde wahrscheinlich gerade geimpft. Das Arme. Ich hasste Impfungen. Ich verkrampfte meinen Arm immer so, dass ich danach 2 Wochen schmerzen hatte. Ich wollte gar nicht dran denken. Wir mussten schon mindestens eine dreiviertel Stunde dort gesessen haben als endlich mein Name aufgerufen wurde.
Ich verließ das Behandlungszimmer mit einem Seufzen und trauriger Miene. Scharlach. Na toll. Ich war krankgeschrieben. Eine ganze Woche. Der Arzt meinte ich sollte dann noch einmal vorbeischauen. Als ich gefragt hatte ob ich an der Klassenfahr teilnehmen durfte die für übernächste Woche geplant war meinte Dr. Lorenz, dass ich abwarten müsste ob die Medikamente helfen würden. Er konnte es mir nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen. Super. Die Klassenfahrt fiel für mich wahrscheinlich ins Wasser.
Als wir zuhause ankamen rief ich sofort Rachel an und sagte ihr, dass ich die nächste Woche in der Schule fehlen würde. Ich sagte ihr alles was der Arzt mir gesagt hatte. Sie wünschte mir eine gute Besserung und meinte, dass sie die Klassenfahrt ohne mich nicht überleben würde. Wir alberten noch ein bisschen rum, bis ich unter dem mahnenden Blick meiner Mutter auflegen musste. Sie schickte mich ins Bett und ich bekam meine Medizin. Ich schaltete das Radio ein und hörte Musik. Mein Lieblingssong lief doch ich konnte mich kaum darauf konzentrieren. Ich war zu Müde. Ich fühlte mich immer schwerer und irgendwann schloss ich die Augen und schlief ein.

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Ich schlief bis zum nächsten Morgen… oder besser gesagt Mittag durch. Als ich aufwachte war es 13:00 Uhr. Mir war viel zu heiß und ich hatte das Gefühl jeden Moment zu explodieren oder so. Seufzend drehte ich mich auf die andere Seite und hätte mich fast übergeben. Ich rannte schnell ins Bad und kotzte erst mal das Kos voll. Na lecker. Meine Mutter kam besorgt hereingestürmt. „Angie? Oh
mein Schätzchen, geht es dir gut?“, sie hielt mir die Haare aus dem Gesicht während ich mich über die Kloschüssel beugte. Mühsam nickt ich und richtete mich auf. „Ja, geht schon.“, ich spülte mein Mund mit kaltem Wasser am Waschbecken aus und ließ es mir dabei auch noch über den verschwitzen Nacken und mein Gesicht laufen. Ich schloss erleichtert die Augen und spürte wie die kochende Hitze in mir einem angenehmen Kühl wich. „Angie!“, ermahnte meine Mutter mich streng. Anshcinend war sie gerade damit fertig geworden die Toilette von meinen hochgewürgten Essensresten zu befreien. Sie drehte den Wasserhahn aus. „Denkst du wirklich das ist jetzt gut für dich?“, fragte sie und sah mich tadelnd an. Ich protestierte kurz doch sie trocknete mir bereits das Gesicht ab und schob mich energisch in Richtung Tür. „Los. Ab zurück ins Bett mit dir. Sonst wirst du ja nie wieder gesund“. Schmollend warf ich mich auf mein Bett. Eigentlich wär ich ja jetzt gerne noch länger beleidigt gewesen, aber ich muss sagen wenn man krank ist dann verbraucht man für all solche Sachen ganz schön viel Energie und man kann sich gra nicht vorstellen wie Anstrengen da Beleidigt sein, sein kann. Also gab ich mich geschlagen und ließ es zu, dass meine Mutter mich zudeckte und mir einen Kuss auf die Stirn drückte. „Ruh dich schön aus. Ich komm später noch mal und guck nach dir“. Damit verließ sie mein Zimmer und ich war wieder alleine. Nach einer Weile war mir schon super langweilig. Ich drehte die Musik lauter, aber dadurch wurden meine Kopfschmerzen nur noch schlimmer und mein ganzer Schädel dröhnte. Genervt fischte ich mir mein Handy vom Nachttisch und schrieb eine SMS an Rachel:
Is soo lw, hier. Kommst du vorbei? ♥
Kurz darauf kam die Antwort:
Klar. Bin gleich bei dir. Halte durch! :*
Ich lächelte und legte das Handy beiseite. Wenig später klingelte es und meine Mutter öffnete die Tür. Ich hörte sie und Rachel kurz lachen und irgendetwas reden dann kam Rachel die Treppe hoch gerannt. Vor meiner Tür blieb sie kurz stehen und öffnete diese dann leise. „Süße?“, flüsterte sie „Bist du wach?“. „Nein du Dumme. Ich bin in den 5 Minuten seit dem wir gesimst haben ganz plötzlich in eine Ohnmacht nahen Tiefschlaf gefallen“, zog ich sie auf. „Sehr witzig.“, sie kam rein und schloss leise dir Tür hinter sich. „Wie geht’s dir?“, fragte sie und setzte sich auf meine Bettkante. „Super, weißt du. Ich mach nur n paar Tage Urlaub im Bett, mit der Genehmigung von meinem Arzt.“. Rachel lachte. Es klang irgendwie erleichtert „Oh Gott du tust mir so leid. Aber wenigstens kannst du noch ironisch sein.“, sie drückte meine Hand „Hey, ich hab dir was mitgebracht“. Sie griff nach ihrer Tasche die sie neben das Bett gestellt hatte und holte ein quadratisches Päckchen heraus. „Hier. Damit kannst du dir die Langeweile in den nächsten Tagen hoffentlich ein wenig vertreiben“. „Ein Geschenk?“, ich legte mir mit weit aufgerissenen Augen meine Hand an mein Herz „Für mich?“. „Boahh, Angie, jetzt tu doch nicht so“, sie lachte erneut „willst du‘s jetzt haben oder soll ich’s wieder mitnehmen?“, sie tat so als würde sie das Geschenk wieder in ihre Tasche fallen lasse, aber da hatte ich schon blitzschnell meinen Arm ausgestreckt und es mir gegriffen. „Ohh nein. Das ist jetzt meins. Geschenkt ist geschenkt und wieder holen ist gestohlen“, rief ich. „Ja genau. Dieser Spruch hat vielleicht im Kindergarten gegolten. Wenn ich es nicht schon hätte würde ich es mir glatt wieder zurück nehmen“. „Oh nein das lässt du mal schön bleiben. Sag mal. Hast DU das eingepackt? Das sieht so… ordentlich aus“, ich betrachtete die pinke Verpackung misstrauisch. „Was soll das denn jetzt bitte heißen?“, sie boxte mir leicht gegen die Schulter „Aber okay. Du hast mich erwischt. Die Verkäuferin im Laden hat das für mich gemacht. Aber mach’s doch jetzt endlich auf!“. „Okay.“, ich setzte mich auf und lehnte mich mit meinem Rücken gegen die Rückenlehen meines Bettes und riss neugierig das die Schleife ab und das Papier auf. Mir fiel eine rechteckige Packung entgegen, die die Aufschrift “Türkisch für Anfänger- Staffel 1,2 &3“ trug. „Ahhhh!“, ich schrie auf und fiel Rachel um den Hals „Maan, du bist einfach die Beste! Das ist wirklich so was von mehr als geeignet um mir die Langeweile zu vertreiben!“. Dazu muss man jetzt mal erklären, dass Rachel und ich dir größten Türkisch für Anfänger Fans aller Zeiten sind. Nur da die Serie ja leider nicht mehr im Fernseher lief hatten wir uns bisher alle Folgen auf Youtube in allerschlechtester Wackel-qualität angucken müssen. Die gesamte Serie jetzt auf DVD zu haben war natürlich im Gegensatz zu Youtube der HAMMA!
Wir sahen uns noch die ersten paar Folgen an und legten uns schließlich nebeneinander in mein Bett. Wir betrachteten beide die Decke über uns an der noch einige, wenige übergebliebene Leuchtsterne von Früher klebten. Ich merkte wie mir der Nachmittag mit Rachel zwar sehr gut getan hatte und mich von meinen Schmerzen abgelenkt hatte aber in Zukunft sollte ich vermutlich doch alles ein wenig ruhiger angehen lassen, zumindest solange ich krank war, wenn ich mit auf die Klassenfahrt wollte. „Oh mein Gott. Cem sieht einf zuu gut aus“, meinte Rachel irgendwann und dachte offensichtlich immer noch an Türkisch frü Anfänger. „Mh-mhh, Ja!“, stimmte ich ihr zu „Allerdings. Obwohl ich eigentlich ja nicht so auf Türken stehe“. „Aber auf Deutsche. Nicht wahr, Schatzii?“, sie sah mich grinsend an „Besonders auf einen ganz bestimmten Deutschen“. „Meinst du zufälligerweise Jake?“, fragte ich sie und tat übertrieben unschuldig. „Nicht nur zufälligerweise. Er hat heute nach die gefragt. Er meinte du gehst immer bei Facebook off wenn er on kommt und auf seine SMS antwortest du auch nicht“. Ja das stimmte. Ich hatte bestimmt zehn Nachrichten von ihm bekommen in denen er fragte wie es mir ging aber ich wusste einfach nicht was ich sagen bzw. schreiben sollte nachdem Rachel ihm das erzählt hatte. Las ich schwieg fragte Rachel: „Stimmt irgendwas nicht, zwischen euch beiden? Ich meine ich dachte du hättest ihm inzwischen erzählt, dass das alles angeblich gar nich stimmt und so“. „Ne“, brummte ich „Hab ich nich. Ich weiß einfach nich wie. Das klingt so blöd.“. „Find ich nich. Ich kann‘s ihm ja sagen“, schlug sie vor. „Ohhh nein! Nein Danke, ehrlich. Das kann ich schon alleine“, wehrte ich sofort ab und stützte mich auf meine Ellenbogen um sie ansehen zu können „Du hälst schön die Klappe, ja?“. „Nein. Wieso? Ich mein‘ s ernst. Ich würde es natürlich so sagen dass es nich abgesprochen oder unehrlich rüber kommt. Vertraust du mir etwa nicht?“, sie klimperte unschuldig mit den Augen. „Nein. Zumindest nicht in dieser Sache. Lass mich das einfach mal alleine Regeln“, ich ließ mich zurück in meine Kissen fallen und schloss die Augen. Neben mir schnaubte Rachel empört. „Aber…“, setzte sie an. Ich hob abweherend eine Hand um sie zum Schweigen zu bringen und unterbrach sie: „Kein Aber, Süße. Ich brauch jetzt echt meine Ruhe. Ich hab das Gefühl mein Kopf platzt gleich“. „Oh Verdammt. Das hab ich total vergessen gehabt. Brauchst du irgendetwas? Kann ich was für dich tun?“, besorgt strich sie mir die Haare aus dem Gesicht. Ich lächelte schwach. „Nee geht schon, danke“. Sie blieb noch eine Weile aber wir redeten nicht mehr viel. Als ich gerade kurz davor war einzuschlafen, stand sie vorsichtig auf küsste mich leicht auf die Wange und flüsterte: „Schlaf gut und Gute Besserung, Angie!“. Dann war sie weg und ich schlief ein.

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Tag der Veröffentlichung: 26.10.2012

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