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Stalker

Besessenheit der Liebe

oder

Die reale Welt des Dichters.

Erzählung und Offenbarung.

 

Für L. Sancec geschrieben,

dem Freunde Ch. Haberland gewidmet.

2005 – 2010.

 

Vorwort des Herausgebers

Vorwort des Herausgebers

 

Besessen von Liebe. Getrieben von Liebe. Wahnsinn aus Liebe. Monatelang stellte ein Verirrter einer scheinbar unschuldigen Frau nach, die er so in den Tod trieb und sich in das eigene Verderben. Das ist der schlichte Inhalt dieser Erzählung, die in diesem schmalen Büchlein zu lesen ist.

Doch war er wirklich so verirrt?

 

Das Buch lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers auf die Sichtweise des Täters, weniger des Opfers. Ohne dessen Taten zu rechtfertigen, zu entschuldigen oder zu beschönigen,  wird der Leser selbst auf eine innere Schau entführt, um einen Menschen zu erkennen, wie er ist.

 

Der Mensch ist der eigentliche Mittelpunkt dieser Geschichte, in der Realität und Wahn-vorstellung sich vermischen und eine eigene, menschliche Wahrheit bilden. Bewusst wird die Existenz einer realen Wirklichkeit verleugnet. Es gibt sie, die Wahrheit. Doch steht sie weit außerhalb des menschlichen Verstandes. Dazwischen liegt das, was, ob gesellschaftlich anerkannt oder verfemt, als Phantasie im Menschen das ganze erreichbare Erkennen ausmacht und letztlich dessen gültige Realität bildet.  Doch häufig ist es die Gesellschaft, die den Menschen sich selbst entfremdet und vergewaltigt. Notwendig ist dem Menschen jedoch seine Gesellschaft, ohne die er nicht bestehen könnte und so lässt er sich fortreißen und seine Person verschwimmt in der konturlosen Menge.

 

Eine Rückkehr zum Menschen suchte wohl der Dichter, welcher der Täter war. Er wollte sich losmachen aus dem Getriebe einer entfesselten und entseelten Gesellschaft und suchte seinen Weg in der urmenschlichsten Wahrheit, der Liebe.

 

Doch der Fanatismus, mit welchem er dieser Realität nacheiferte, drängte ihn und seine Liebe selbst in den Untergang.

 

Doch beide waren in diesem Leiden mehr Mensch gewesen, als je zuvor und war der eine auch der Täter und die andere ein Opfer, so haben sie sich doch wechselseitig vollendet.

 

Die vorliegende Erzählung ist eine Geschichte des Suchens und Findens, der Besessenheit von Liebe. Ein Versuch, die Realität zu verzerren, um diese im Glauben zu beweißen.

 

Der Herausgeber, 01.09.2010.

Vorwort des Autors

„Der Dichter ist der

Gestalter des Menschlichen.

Und die Voraussetzung zum

Dichter ist der Mensch, dem

nichts Menschliches fremd

ist. Voraussetzung ist der

Mensch, der den Sprung aus

sich, aus seiner Haut hinaus,

den Sprung aus der Welt wagt.“

 

Walter Rheiner

 

Vorwort des Autors.

 

Es ist die Geschichte eines jungen Dichters, dessen Suche nach der wahren Realität euch der vom Spreefelsen erzählt.

 

Seine Gedichte, aus Gefälligkeit aufgezeichnet, zeugen nicht von hohem künstlerischem Wert; doch sind sie mit solcher Ehrlichkeit seiner Gefühle geschrieben, dass ihr eure Freude daran finden werdet.

 

Die Liebe schreibt ein junges Leben. Der Wahn vernichtet und verherrlicht es.

 

 

Wann kann Liebe sein?

 

Liebe kann

auch so,

so wir

Hoffnung sind,

aber wann

und wo

weht sie her?

Linder Wind!

 

Wenn niemand

Liebe bringt

wenn auch noch

stille steht

Windes Hand,

dann versinkt

Liebe doch

und vergeht.

Im Zug.

Im Zug.

 

Gleichförmig und ohne Aufregung rollte der Zug durch die Landschaft. Außerhalb des Zuges hatte der Winter die Gegend mit seinem eisigen Hauch weiß und gefühllos überzogen, sodass jegliches Leben darunter verschwand. Im Zug drängten hektisch sich die Menschen, suchend nach den Sitzplätzen, die doch bereits besetzt waren oder mit erwartungsvollem Blicke nach der Uhr, um zu erfahren, wann für sie das Getümmel ein Ende hatte.

 

Was gäben die Leute dafür, wenn sie Stunden zu ihren Gunsten verschieben könnten? Gleich, als würde Zeitlosigkeit Glückseligkeit bedeuten, würden sie meinen, sie hätten das Himmelreich geerbt. Doch wissen sie die Zeit, so wünschen sie sich schon, doch nur der Masse der lndividuen zu entfliehen, die doch alle dasselbe denken. Rastlose Seele! Wohin fährst du?

 

Der Zug selbst hatte etwas bemerkenswertes an sich. Er war wie die normalste Sache der Welt; er wäre ein perfektes Bild für den Alltag gewesen, wenn er nicht doch tatsächlich Realität wäre! Wie zog er doch mit der grauen Masse der Menschheit langweilig durch die kalte Welt! Aber kann einer diesem Zug entkommen, aussteigen mitten in der Fahrt und ein farbiger Tupfen in der Farblosigkeit werden? Vielleicht! Aber doch ist er an den Zug gebunden und er liefe dann Gefahr, unter die Räder zu geraten. Was ist schon ein einzelner Mensch, was ist ein Individuum?

 

Der Zug rollte. Im Zuge aber fand etwas statt, dass niemand beachtete und doch nicht in den Zug gehörte, etwas befremdliches, weil es scheinbar die Realität ausblendete.

 

Stark eingeengt von anderen Reisenden und Koffern hockte er auf einem schmalen Platz. Dieses aber war ihm egal. Er schien sogar ein kleines Glück an diesem Ort gefunden zu haben. Seine linke Seite schmiegte sich vorsichtig an sie. Er hatte eigentlich in dieser Bahn nichts zu suchen, es gab keinen Grund, dass er hier mitfuhr. Bald würde er aussteigen und denselben Weg wieder zurück fahren, dorthin, wo er seine Heimat wähnte. Aber suchte er diese heute überhaupt am rechten Ort? Nein, er hatte diese Heimat vergessen. Auch er hatte sich täuschen lassen und war einer anderen Sache gefolgt, die er nun als einzige Realität akzeptierte. Nun saß er neben ihr. Seine Augen ruhten still auf ihr, völlig entrückt der lauten Umgebung. Er betrachtete ihre lange, warme Jacke, deren Farbton für ihn in der gesichtslosen Masse der einzige, wahre Kontrast war. Sogleich wanderten seine Blicke höher und blieben verliebt in ihrem dunkelblonden Haar gefangen, deren rötlicher Stich gut zu der zarten Blässe ihrer Haut passte. Sie war nicht wirklich schön, aber auch nicht wirklich hässlich, ihre Züge waren etwas herb und dennoch seltsam milde, sodass das sie einen seltsamen, nachdenklichen Ausdruck stets im Gesicht trug, verletzlich und traurig. Ihre Gestalt war schlank und mittelgroß, mit einem kleinen Busen und einem langen Halse. Er selbst war kaum größer als sie, jedoch dünner, fast mager, mit scharfen, eindringenden Gesichtszügen auf einem rundlichen Kopf und tief dunklen Augen und ebensolchem Haar. Ihr Name war Aline und er hieß Georg. Doch was nützt diese Beschreibung? Wie Wasser das Land formt und den Sand vom Strande spühlt, um ihn anderswo wieder aufzuschichten, so wenig klare Kontur besaßen diese beiden. Immer sahen sie sich mit anderen Augen, als die der Wirklichkeit, stets lebte die Vorstellung des anderen in ihnen nur als eine selbsterdachte Phantasie und das war es, was sie für wirklich hielten. So war sie schön für ihn, unvergleichlich schön, sodass die reale Beschreibung so unpassend ist, dass sie fast nutzlos wäre für dieses Buch, dass die Welt doch durch seine Augen zeigt.

 

Fast nur am Rande nahm er war, dass er mit ihr sprach. Diese Worte sollten eigentlich von großer Bedeutung sein, doch wichen sie immer wieder dem eigentlichen Anliegen aus. Er wollte ihr hier, an diesem ungewöhnlichen Ort sagen, dass er sie liebe. Mehr nicht.

 

Vielleicht lag es auch daran, dass er in Wirklichkeit die Liebe nur am Rande suchte, gewissermaßen als Endprodukt, aber daneben noch so vieles mehr! Das Gefühl in ihm wollte sie nur ansehen, sie still bewundern, vielleicht sie auch schüchtern berühren!? Doch die Angst ließ jedes Vorhaben ihr gegenüber schweigen; denn wie würde sie reagieren? Sicher war nur der kalte Schnee vor den trüben Fenstern.

 

Die Situation des Zuges ähnelte sehr dem Moment, wo er sie kennen gelernt hatte. Auf der Arbeit, eben mitten im Alltag war er ihr begegnet. Es war ein rundum gewöhnlicher Morgen gewesen, einen Tag, wie man ihn sonst gern vergisst. Doch da war sie gewesen. Er hatte das Glück, mit ihr arbeiten zu dürfen und irgendwas veränderte sich in diesen Stunden. Nicht die Tätigkeit, die seine ganze Aufmerksamkeit erforderte, erhielt diese, sondern sie. Völlig unbeabsichtigt suchte er ihre Nähe, ohne dies zu bemerken. Jenes Gefühl, welches man in Menschen bei solcher Gelegenheit zu entstehen meint, schwieg in ihm. Es war wohl bereits vorhanden, aber er ignorierte es, getrieben von den Spielen seiner Gedankenwelt. War dieser Tag auch von großer Nachhaltigkeit, so gönnte er ihm nur wenig Bedeutung. Sicher war daran auch jenes andere Mädchen Schuld, in welches er sich verliebt zu haben glaubte. Auch Aline hing einem andern an.

 

Seltsam empfand er den Widerspruch in sich zwischen zwei Gefühlen, einem, welches er sich zu einem Menschen einbildete und welches er für wahr hielt und eines, dass sich zu einem anderem in ihm bildete und welches er für falsch hielt. Ein solcher verschwommener Begriff von der Wahrheit, die er, wie viele, zu kennen glaubte, verwirrte ihn. Dennoch blieb ihm seine eigene Verwirrung nicht verborgen und wie ein Blinder nach dem Licht suchend, tastete er nach der Realität, nach Aline. Er begann, ihre Freundschaft zu suchen, welche er auch schnell gewann. Dann wieder versuchte er sie zu übersehen, um auf diesem Weg die Wahrheit zu finden. Aber doch suchte er immer wieder sie, nur sie. Auch nach Gemeinsamkeiten forschte er und gleichen Interessen, fest in dem Glauben überzeugt, dass zufällig gleiche Bestrebungen und eigensinnige Ideen der Grund für ein gemeinsames Gefühl sein könnten. Aber was gilt das schon? Alle Menschen ähneln sich im Grunde irgendwo. Und da hatte er einen Einfall gehabt. Er suchte nicht nach einer Realität, die ihm sein unreales Gefühl erklären sollte, um damit fertig zu werden, sondern er benannte sie selbst als Realität. Das lag wohl sehr nahe, sie existierte schließlich und stellte damit das nämliche Problem selbst dar. Er hatte sich damit eine schöne Lösung ausgedacht, denn wenn er die Realität schon definiert vorfand, musste er nur noch herausfinden, wie er zu ihr stand. Die einfachste Lösung ist dem Menschen stets die liebste, doch nicht immer die richtige, denn ohne es zu merken, war er wieder am Anfang seiner Gedanken angelangt.

 

Doch unerbitterlich schritt die Zeit voran und er war an dem anderen Mädchen gescheitert. Seine Liebe war so trocken gewesen, dass sie diese ablehnte und er bedauerte es nicht, hatte er hinterher selbst zur Kenntnis genommen, dass er sie doch nicht liebte, sondem sie nur bewunderte. Dagegen fühlte er erst jetzt klar und deutlich dieses andere Gefühl zu Aline, welches verglichen zur Bewunderung von einem geheimnisvollen Naturell war, also schluss-folgerte er, dass er sie lieben musste.

 

Erst wollte es nicht so recht, dann aber begann er für sie zu schwelgen. Die ganze Macht eines verkrampft zurückgehaltenen Gefühls brach über ihn herein, die Liebe durchströmte jede Sehne seines Körpers, er sprach, hörte und sah Liebe. Doch in seinem Kopf wollte die Liebe keinen rechten Platz finden, sie stritt mit der Vernunft über ihre eigene Identität, schließlich wollte er in der Liebe nur eine vorhandene Sache sehen, die man kennenlernen muss; aber das es auch Dinge gibt, die sich dem menschlichen Verstand entziehen und bestenfalls gefühlt werden können, ist für den Menschen so ungewohnt und unheimlich, dass er aus Angst vor dem Ungewissen selbst Gott leugnet. Wer kann es Georg also verdenken, wenn er sich mit der Liebe so schwer tat?

 

Voll Inbrunst durchdachte er dieses Vorhaben sehr lange, bis in einer Nacht ein kleines Gedicht durch seine Feder rann, in welchem er seine Gefühle offenbarte. Er hatte eine Liebe erkannt, wenn auch nicht begriffen. Das Schicksal betrübte ihn auch nicht zu lange. Die Beziehung, in welche Aline sich gestürzt hatte, war ebenfalls rasch vorbei und das Schicksal schien sie frei zu machen für ihn. Er suchte nun nach einem Vorwand, ihr seine Liebe zu gestehen. Bis er in den Zug stieg, mit dem sie heimfuhr.

 

Selbst der Schaffner hatte ihn übersehen. Es war eben nicht sein Zug. Und sie nur seine umworbene Realität. Endlich überreichte er ihr mit zitternden Händen, mit Aufregung erfüllt, seine kleine Dichtung, um ihr damit seine Liebe zu gestehen. Unbedeutende Worte begleiteten diese Handlung, während die anderen Reisenden diese kleine Romanze übersahen.

 

Geheimes Gefühl

 

Es ist so seltsam.

Leicht fühlt meine Brust,

Innen wiegt sie schwer,

Endlos so einsam,

Berührt unbewusst,

Tief und immer mehr.

 

Erfüllt fühlt ich mich,

Leicht, ob ich schliefe.

In mir nun erwacht,

Liebe so lieblich,

Ist meine Tiefe,

Endlos tief erwacht.

 

Erst neugierig, dann zögernd, las sie die Zeilen der Strophen. Deutlich konnte Sie ihren Namen in den Zeilen erkennen.

 

Sie verstand und schwieg.

Der Traum.

Der Traum.

 

Der Morgen zeigte noch nicht sein kühles Licht an jenem Tag, als er langsam erwachte. Es war eine bewegte Nacht gewesen, selbst im Schlaf hatten ihn seine Gedanken um sie eingeholt. Er hatte sicher die ganze Nacht von ihr geträumt, sein stark pulsierendes Herz ließ jedenfalls darauf schließen. Was es genau gewesen war, daran konnte er sich bereits nicht mehr sicher erinnern, er spürte nur, dass es ihn stark beeindruckt hatte.

 

Selbst im halben Schlummer hatte er schon begonnen gehabt, sie mit seinen Worten zu besingen. Nun, als die nächtliche Betäubung von seinem Körper wich, griff er zu Papier und Stift und ohne, dass er viel Einfluss hatte darauf ausüben können, floss das Gedicht auf das Papier, als hätte es schon immer dort seinen Platz haben müssen. Er schien es bereits auswendig zu können, als hätte er es nicht erst gedichtet.

 

 

 

Mein Rosengarten.

 

Reiner als rein,

mein Rosengart’,

mein Sehnsuchtsort,

verfallen sein,

dir Rose zart,

sagt dir mein Wort!

 

Selbst nicht Vöglein

Lauschen stille hier.

Zu dieser Stund',

mit dir allein,

schenk Liebe mir,

mach mich gesund.

 

Er blickte das Geschriebene an. Es machte auf ihn einen befremdlichen Sinn und war doch von ihm. Er fand es schön. Zeilen und Wortwahl standen in einem schönen Verhältnis und es hatte ein harmonisches Klangbild.

 

Aber etwas stimmte damit nicht.

 

Der Dichter hatte die Angewohnheit, jeden Mittag, wenn es nur halbwegs ging, ein paar Minuten an der frischen Luft zu spazieren. Dann konnte er sich ungezwungen seinen Gedanken hingeben, seinen Sorgen Platz machen, oder einfach beides vergessen und die Natur genießen. Er hatte gerade an diesem Tag keine Eile und ging einsam in den Park. Das welke, braune Laub klebte feucht am Boden, sodass sein Tritt keinen Laut erzeugte. Auch wenn ihm die Brise noch so frisch in das Gesicht wehte, weder ihn, noch die Blätter störte das. Jener hatte andere Sorgen und blieb des kalten Windes unbekümmert und diese ließen sich schon längst nicht mehr umherwehen, zu lang hatten sie die Bäume verlassen und von dort losgelöst klebten sie an einem andern Platze, so gefangen wie vordem.

 

Mitten im Park erhob sich die Ruine einer Kirche und um dieses traurige Gebilde hielten die leeren, grauen Arme der alten Bäume scheinbar Mahnwache, so sehr versperrte das Gespinst aus Ästen und Zweigen den Blick auf das verfallene Gotteshaus.

 

Bedächtig schritt er weiter, jenem Punkte zu, von welchem man in das hinter dem Park gelegene Tal blicken konnte. Als er dort angelangt war, sah er unwillkürlich hinab. In der breiten Ausbuchtung floss langsam und zäh der breite Strom entlang, der dies schon seit Urgedenken so tat. Unbeeindruckt der äußeren Einflüsse bahnte er sich seit jeher seinen Weg. Im matten Farbton des Flusses schien die Farblosigkeit des Himmels sich wieder-zuspiegeln. Dort herum lagerte die kleine Stadt mit ihrem gewaltigen Kirchturm, der noch um einiges besser erhalten die Stadt grüßte, als der traurige Schaft im Park, dessen Haube wohl nicht mehr lange dem Wetter trotzen würde.

 

Und wie er auf der Höhe so stand und schaute, da fielen ihm wieder die Worte des Gedichtes ein, welches er am Morgen verfasst hatte. Und wie er sich des Gegensatzes des Geschriebenen zur Natur bewusst wurde, da wusste er auch, was in dem Gedicht nicht stimmte. Was hatte er nur in den Zeilen für eine verträumte Realität beschrieben, die tatsächlich nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmte?

 

,,Rosengarten" hatte er auf das Papier geworfen. Aber ringsum blühten keine Blumen, auch keine Rosen. Die Rose — ein Sinnbild für Liebe und Leben, wie viel musste ein ganzer Garten davon bedeuten! Ein Paradies von Düften und Wärme, ein Ort erfüllt von Liebe. Es wundert wenig, dass er die Sehnsucht nach einem Rosengarten hatte. Hier fand er solchen nicht. Die Wiese war ohne jede Blüte, tot und braun, begraben vom zerfallenden Laub. Konnte hier Liebe entstehen? Sie müsste wohl sehr verborgen sein. Wie eine Lilie, deren zartes Haupt oft sehr versteckt wächst. Man setzt Lilien auch auf Gräber, wo sie wie ein kleines Zeichen der Hoffnung wirken, in dieser schuldlosen Färbung ihrer Kelche.

 

Doch hier? Er sah sich nicht um. Er wusste, dass er hier so etwas nicht zu finden hoffen durfte, es gab dies hier einfach nicht. Er fühlte an jenem Ort eine tiefe Einsamkeit, weil er sich nach etwas anderem sehnte, dass er nicht finden konnte. Wie gern hätte er nach seiner Lilie gesucht, doch die erbarmungslose Kühle der tristen Jahreszeit ließ keinen Raum für solch zartes Leben.

 

Auch den Vögeln konnte er nicht zuhören. Sie hatten den Park verlassen, wo der Herbst die Bäume entkleidete.

 

Kein Vogel, der ihm hätte lauschen können, dem einsamen Zagen seines Herzens! Soweit er sein Auge gleiten ließ, entdeckte er nichts von ihnen am Himmel.

 

Nur in der Ferne ertönte der heisere Gesang der Saatkrähen, aber in seinem Traum hatte er mehr an kleine, melodisch-umher singende Vögelchen gedacht. Was war das nur für eine harte Realität, eine Welt die keinen Platz für fühlende Herzen bietet!

 

Noch einmal ging er seine Dichtung in Gedanken durch, langsam, Zeile für Zeile durchdenkend. War er in seinen tiefen Gedanken nicht am eigentlichen Sinn vorbei gedriftet? Hatte er überhaupt seine eigenen Verse verstanden? Er vergaß seine Umgebung.

 

Wer war denn für ihn die Liebe, Aline oder die Blumen? Hatte er Aline in der Betrachtung vergessen? Sie war doch der Mittelpunkt seiner Gedanken! Wie eine Rose war sie rein. Rein vor wem? Er verstand seine Zeile nicht und mit ihr fühlen konnte er nicht, denn dies ängstigte ihn. Natürlich besaß Aline für ihn eine ganz besondere Reinheit, sie war mit vielen Tugenden geziert, eine Schönheit, wie man sie nur selten findet. Sie war auch so von sehr natürlicher Art, ohne Kunst und Schnörkel. Ihre Gefühle waren nicht verstellt, ein wenig verschlossen und doch konnte er sie ehrlich spüren. Sie war für ihn ein wirklich anbetungswürdiger Gegenstand, seine kleine Realität, die man nur lieben konnte. Doch hatten die Reize dieses Rosengartens für ihn seine Zweifel. Wie an diesem rauen Ort er keine Rosen mehr fand, da diese nicht nur um seinetwillen blühten, so konnte er sich nicht sicher sein, ob ihre Gefühle auch für ihn bestimmt waren. Aber warum konnte er nicht sorglos sein? Selbst die Blume der Liebe ist mit Eigenschaften umgeben, die dem unvorsichtigen Betrachter Schmerzen zufügen können. Er gab der Kälte die Schuld, dass er

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 19.03.2014
ISBN: 978-3-7309-9350-7

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für L. Sancec geschrieben, dem Freunde Ch. Haberland gewidmet. 2005 – 2010.

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