Vorbereitungen
Während wir auf einer Landkarte eine schöne Kreuzfahrtroute für den vergangenen Sommer aussuchten, fiel unser Augenmerk auf die Färöer. Es erschien uns, dass sie es eher wert wären, gesehen zu werden, als bekanntere Orte. In Abwesenheit besserer Informationsquellen nahmen wir eine alte Ausgabe der „Encyclopaedia Britannica“ aus der Bibliothek. Dort lasen wir:
„Es gibt eine Ansammlung von kleinen Inseln im nördlichen Ozean. Sie gehören zu Dänemark. Es gibt 17, die bewohnbar sind, und jede von ihnen ist ein aus dem Meer hochaufragender Berg, von den anderen durch tiefe und reißende Strömungen getrennt. Einige von ihnen sind tief eingekerbt mit sicheren Häfen, die offensichtlich von der Vorsehung als Rückzugspunkte für die Menschheit in den ungestümsten Gewässern geschaffen wurden. Alle sind sehr steil, und die meisten mit gewaltigen Abgründen versehen.“
Die Beschreibung fuhr damit fort, die umgebenden Gewässer als voll mit Strudeln und die Luft voll von Wirbelstürmen zu präsentieren, von den Dänen Oes genannt, über die es dort heißt:
„Sie ergreifen eine riesige Menge Wasser, so dass an dieser Stelle eine zeitweilige Kluft entsteht und alle Fische in der Reichweite ihrer Wut über enorme Entfernungen davon getragen werden. Also wurden große Heringsschwärme auf den Gipfeln der höchsten Berge gefunden.“
Dieser Bericht, obwohl offensichtlich zu phantasievoll, um sich darauf verlassen zu können, war so kurios, dass wir uns entschlossen, mehr über die Inseln zu lernen und uns mit einiger Mühe zwei andere Werke zum Thema besorgten, keines von ihnen besonders aktuell.
Sie enthielten keine so phantastischen Beschreibungen, wie oben zitiert, aber sie dienten uns vollkommen, um zur Überzeugung zu gelangen, dass dieses „Friesland“ der alten Venezier nicht die komplette Vernachlässigung verdiente, in der es von modernen Reisenden gelassen wurde, und es der Aufmerksamkeit eines jeden wert war, der ein Interesse sowohl für eine großartige Szenerie, als auch eine bemerkenswert feine Rasse von Menschen verspürte, die dort in einer merkwürdigen Abgeschiedenheit vom Rest der Welt leben.
Folglich wählten wir die Färöer als Ziel unserer Kreuzfahrt, und unser nächster Schritt bestand darin, jemanden ausfindig zu machen, der schon mal dort war und uns mit weiteren Informationen ausstatten könnte, als die, die wir in den geschriebenen Berichten vorfanden. Die Suche nach so jemanden erwies sich als gänzlich erfolglos. Niemand schien irgendwas zu wissen und sich überhaupt darum zu kümmern. Weder in den großen Yacht- noch den Handelshäfen konnten wir jemanden auftreiben, der mehr gemacht hat, als an den Inseln aus der Entfernung vorbei gefahren zu sein. Der Grund war wohl, dass die Färöer vom Handelsverkehr der Nationen ausgespart waren. Das erschien hiernach klar.
Segeln von Kingstown
Mit den Vorbereitungen abgeschlossen, legten wir von Kingstown, Dublin, um zwei Uhr nachmittags am 31. Mai ab. Unser Schiff war eine Schoner-Yacht moderner Bauart, 83 Tonnen alten Maßes, 68 Fuß lang und ein schnelles Fahrzeug in einer steifen Briese, wenngleich nicht für Rennen gemacht. Unsere Gruppe bestand aus dem Kapitän, vier Seemännern, zwei Schiffjungen, einem Koch, einem Steward, einem schwarzbraunen Terrier und den beiden Autoren. Wir veranlassten auch einen gemeinsamen Freund, uns bis zum Norden Schottlands Gesellschaft zu leisten, unter der Voraussetzung, dass er dort an Land geht, bevor wir endgültig von der Küste weiter fahren.
Wir passierten die Sunde von Islay und Mull; und nach einer ermüdenden Reise, in der wir eine Abfolge von kaltem Nordwind und Flauten hatten, ankerten wir am Abend des 4. Juni in Tobermory auf der Insel Mull. Um 10.30 Uhr des nächsten Morgens setzten wir Segel, und nachdem wir Ardnamurchan Point im leichten Gegenwind umrundet hatten, nahmen wir Kurs nordwärts nach Skye und dann durch die Straßen, die es von den pittoresken Inseln Eig, Muick, Rum und Canna trennt.
Der Wind fuhr entschieden fort, uns entgegen zu blasen. Am Morgen des 6. Junis kam er so hart von Nordost, dass wir wussten, dass wir nur wenig vorankommen werden, wenn wir uns durch den Minch schlagen. Unsere Haupttakelage wurde sehr locker, sodass wir in Loch Braccadale Schutz suchten, einem der bestgeschützten Häfen von Skye. Wir verbrachten den Tag damit, die Wanten zu spannen.
Stornoway
Hier nahmen wir unter großem Bedauern Abschied von unserem Freund und sahen ihn mit seiner Reisetasche sicher unter der Obhut eines Highland-Führers mit Pony, der ihn durch die Berge nach Portree geleiten sollte. Wieder lichteten wir Anker angesichts eines starken Gegenwinds und erreichten Stornoway an den Westlichen Hebriden um 2 Uhr nachmittags am 8. Juni.
Diese Stadt ist hauptsächlich wegen ihres großartigen Schlosses bemerkenswert, das über dem Ort liegt. Es wurde von Sir James Matheson gebaut, der Großes vollbrachte, den Ort schöner zu machen.
Die Heringsaison war auf ihrem Höhepunkt, und der innere Hafen war bevölkert mit Fischkuttern, während aus einigen Yards Entfernung ein widerlicher Geruch herströmte, wo eine Anzahl barfüßiger Mädchen, überall, außer ihren Gesichtern, mit Blut und Schuppen bedeckt, damit beschäftigt waren, die Heringe zu köpfen und auszunehmen. Das taten sie mit einer großartigen Schnelligkeit. Andere verstauten sie in Fässer mit Lagen aus Salz. Eine Frau kann so in den Monaten Mai, Juni und Juli 30 Schillinge in der Woche verdienen, bis die Heringszeit zu Ende ist.
Da wir vorhatten, direkt von Stornoway zu den Färöern zu segeln, war der nächste Morgen davon in Beschlag genommen, so viel Wasser an Bord zu nehmen, wie in die Tanks passten.
Es war nötig, ausreichend Vorräte anzulegen, die für die Reise dorthin und zurück reichen mussten, damit wir nicht unfähig wurden, sie anzusteuern, hinsichtlich der Nebel, in denen sie angeblich ständig eingehüllt liegen. Die meisten bergigen Inseln, die kein anderes Land in der Nähe haben, kämpfen damit, weil die vorbeiziehenden Wolken in ihrer Umgebung ein sehr dunstiges Wetter verursachen, besonders in höheren Lagen. Die Färöer soll sie alle darin übertreffen. Dr. Scoresby schrieb in seiner „Greenland Narrative”, dass er öfters dort vorbeifuhr, und „fast immer in dickem und stürmischem Wetter”, während Landt den großen Teil eines Kapitels dafür widmete, die damals in Dänemark kursierende Behauptung zu widerlegen, dass die Färinger so sehr an das Leben im Nebel gewohnt seien, dass sie immer dann eine Erkältung bekämen, wenn die Sonne scheint.
Vor dem Ablegen bekamen wir ein äußerst großzügiges und willkommenes Geschenk von Gemüse aller Art aus dem Garten von Sir James Matheson, der mit echter Highland-Gastfreundlichkeit verfügt hatte, dass in seiner Abwesenheit alle Yachten so auszustatten seien.
Verlauf der Reise
Am Freitag dem 9. Juni um 1.30 Uhr nachmittags, unternahmen wir unsere endgültige Abreise von der schottischen Küste und verließen Stornoway mit einem leichten Südwind, der, da unser Kurs beinahe genau nach Norden zeigte, günstig war. Gegen Abend ließ er aber nach und während der Nacht kam er von Nordwest.
Samstag, 10. Juni. Der Tag fing an mit Wind von Nordwest bis Nord. Um neun Uhr morgens passierten wird North Rona, eine trostlos erscheinende Insel ungefähr 30 Meilen nördlich von Kap Wrath. Sie ist anderthalb Meilen lang und ungefähr eine Meile breit, und die höchste Erhebung ist 600 Fuß hoch. Der einzige Anlegeplatz ist so felsig und ungeschützt, dass er nicht angelaufen werden kann, außer bei sehr ruhigem Wetter. Aber die See war zu rau, um uns den Landgang zu erlauben. Die Insel hat keinen Baum oder Strauch, aber bietet etwas Weideland für Schafe. Ein Seemann, der auf einem Zollkutter war, erklärte uns, das ein Schafhirte mit seiner Familie die einzigen Bewohner sind. Ihre Existenz muss einzigartig eintönig sein, durch zehn Ligen stürmischen Ozeans vom nächsten Land getrennt.
Dr. McCulloch gibt in seinem Werk über die Westinseln von Schottland, das 1819 erschien, einen sehr interessanten Bericht über seinen Besuch auf der Insel. Sie wurde demnach von einem einzigen Schäfer und seiner Familie besetzt, der im Dienste des Haupt-Großgrundbesitzers von Lewis stand, welcher zweimal jährlich ein Boot dorthin entsandte, um die Schafsprodukte und Federn von Seevögeln abzuholen. Sie waren andere Besucher derart ungewohnt, dass sie beim Erscheinen von McCullochs Boot flohen und sich zwischen den Felsen versteckten, bis ein paar Worte auf Gälisch den Mann und seinen Sohn zurückriefen, was einige Zeit vorher war, bis die Frauen aus ihren Versteck kamen – im Aussehen und Auftreten sehr unähnlich zu Einwohnern einer zivilisierten Welt.
Zur Mittagsstunde war unsere geografische Breite 59°22’ Nord. Der ganze Tag, obwohl nicht wirklich regnerisch, war bedeckt, kalt und düster.
Gegen Abend ließ der Wind ganz nach, und wir blieben auf Gedeih und Verderb einer starken Dünung ausgeliefert, in der wir höchst ungemütlich rollten. Obwohl nicht absolut seekrank, „hing uns das Essen zum Hals raus“. Die beiden Schiffsjungen, die schon auf anderen Booten zur See gefahren sind, zollten tatsächlich dem Meer seinen Tribut. Ein armer Bursche schien sich seiner Schwäche sehr zu schämen und täuschte vor, eher lässig zur Seite zu schauen, aber als er sich umdrehte, verrieten ihn dem erfahrenen Beobachter halbangestaute Tränen in jedem Auge.
Nichts kann erbärmlicher sein, als auf diese Weise einer rauen See ausgeliefert zu sein, nachdem der Wind nachgelassen hat. Alles Leben in dieser Situation stirbt ab und hinterlässt nichts als Unbehagen. Das faule Schlagen der Segel, das monotone Knirschen der Rahen, das Rucken des Großbaums, wenn das Boot heftig auf die andere Seite rollt, das Wissen, dass man mit so viel Lärm keinen Fortschritt macht und nicht zuletzt die äußerste Hilflosigkeit in dieser Lage – all das übt einen deprimierenden Einfluss auf die Gemüter aus, was schwer von jemanden nachempfunden werden kann, der es nicht selber erlebt hat. Wie auch immer, der Tag wurde wie zum Trost länger. Der Sonnenuntergang war um halb zehn und die Dämmerung war so hell, dass wir den Sextanten noch zu Mitternacht an Deck ablesen konnten. Tatsächlich hatten wir seitdem keine Dunkelheit mehr bis zur Rückkehr an die schottische Küste. Wir fanden, dass das konstante Licht eine Reihe Annehmlichkeiten mit sich brachte, aber am Ende war es eine Belästigung. Es gibt etwas Inakzeptables für Menschen, die nicht daran gewöhnt sind, sich absichtlich bei Sonnenschein auszuziehen und sich hinzulegen, und unsere Assoziationen machten es schwer, einzuschlafen, so dass wir uns sehr bald nach ein paar Stunden friedlicher Dunkelheit sehnten.
Land in Sicht!
Die "beiden Diamanten".
Sonntag, 11. Juni. Früh am Morgen frischte eine Südost-Briese auf, die uns schnell auf unserem Kurs weitertrug, und um 7 Uhr 30 hörten wir den Willkommensruf des Manns auf dem Ausguck: „Land voraus am Lee-Vorschiff!”
Wir wussten, dass es der südlichste Punkt der Färöer sein muss, aber es war noch weit entfernt und erschien nur als dünner Umriss am Horizont. Wir steuerten weiter nach Norden, da wir zur Ostküste der Inseln wollten, und nach drei weiteren Stunden hatten wir dwars Suderöe, eine bergige Insel, fünfzehn Meilen lang und fünf breit, südlich der anderen gelegen.
Wir hielten ungefähr sieben Meilen Abstand zu ihrer Ostküste, und von dieser Position konnten wir deutlich die beiden Diamanten, Skuöe und Sandöe sehen – alle kleiner als Suderöe, während weiter weg im Norden und Nordwesten gelegentlich hohe kegelförmige Berge durch die Wolken hervorschauen.
Die Dinge waren in jeder Hinsicht im auffallenden Kontrast zum vorherigen Abend. Der Morgen war schön und klar, und alle an Bord schienen guter Laune zu sein. Das Boot glitt durch das Wasser mit neun oder zehn Knoten und hinterließ eine lange weiße Spur, was den kühnen Landspitzen an der Küste ein schnell wechselndes Panorama gab. Das Gebirge in der Ferne löste sich langsam auf in separate Inseln, als wir die Fjorde erreichten, die sie voneinander trennen.
Am Mittag frischte der ständig zunehmende Wind so stark auf, dass wir, obwohl wir frei fuhren, das große Gaffelsegel einholen mussten, und das Hauptsegel doppelt refften. Der kleine Diamant, der Aisla Craig sehr ähnelt, lag dann Nordwest bis Nord in neun Meilen Abstand.
Eine erste Ankunft auf den Färöern, selbst an dieser ihrer zahmsten Seite, ist sehr eindrucksvoll. Ihre Küsten sind fast überall lotrechte Klippen von beachtlicher Höhe über dem Meeresspiegel, aber nach oben hin gebrochen durch grasbewachsene Böschungen und Terrassen.
Die wenigen geeigneten Anlegeplätze sind beinahe alle in Dörfern, die sich in den Fjorden oder hinter schützenden Felsen verstecken, sodass die Küsten, wenn man sie vom Meer aus betrachtet, außerordentlich unzugänglich und unbewohnt erscheinen.
Uns präsentierten sie ihren wildesten und verlassensten Aspekt, denn in allen Richtungen war kein Boot zu sehen, und gegen Nachmittag umnebeln sich diese schwungvollen Berge, was die alten Nordmänner als die Schatten ihrer Vorväter begriffen, die entlang der Küsten vorbeihuschen und so zum Schwermut der Szene beitragen. Wir waren daher doppelt besorgt, rechtzeitig einen sicheren Ankerplatz zu finden, bevor die ganze Inselgruppe in ihre normale Obskurität zurückfällt.
Schwierigkeiten, einen Hafen zu finden
Thorshaven, der Hauptort der Inseln an der Ostküste von Stromöe gegenüber von Naalsöe, war der Hafen, den wir zuerst anlaufen wollten, weil wir dachten, dass es dort am einfachsten wäre, einen Dolmetscher aufzutreiben und weitere Informationen über unseren weiteren Kurs zu erhalten.
Wir hatten eine Seekarte, die aufgrund der Vermessungen von Kapitän Born angefertigt wurde, als er 1806 Gouverneur von Island war. Aber die Karte war weder mit den üblichen Beschreibungen von Küsten und Ankerplätzen versehen, die zusammen mit Karten verkauft werden, noch glauben wir, dass irgendwelche regulären Seefahrtswege veröffentlicht waren.
Der Mangel an bestimmten Informationen brachte uns so gesehen in eine peinliche Lage, denn Thorshaven erschien auf dieser Karte ungeschützt genau der Richtung ausgeliefert zu sein, von wo der Wind kam, und wir hatten unsere Zweifel, dass wir dort sicher liegen könnten.
Es war auch gewiss, dass beim gegenwärtigen Wetter kein Lotse es wagen würde, zu uns raus zu fahren. Und: Selbst wenn man sich implizit auf die Genauigkeit seiner Karte verlassen kann, ist es selten erstrebenswert, ohne eine solche in einen fremden Fjord einzulaufen, denn unbekannte Strömungen können ein Boot manövrierunfähig machen.
Tatsächlich erwähnt Landt einen Fall, der sich während seines Aufenthalts im Land zugetragen hat, als ein Kapitän, der auf der Suche nach Schutz vor schlechtem Wetter in einem der färöischen Häfen, von der Strömung an die Küste der Insel Koltur gedrückt wurde, wo das Boot dann verloren war – mitsamt der ganzen Ladung.
Jedenfalls dachten wir, als der Wind geradeaus durch die Naalsöe-Passage fegte, dass wir die Kontrolle der Yacht an eine vermutete Strömung abgeben. Und wenn keine Lotsen zu uns rausfahren würden, wenn wir ganz im Sund sind, oder sie sagten, dass Thorshaven ein ungeeigneter Hafen wäre, könnten wir wieder durch die nördliche Fjordmündung in die offene See steuern. Dementsprechend fuhren wir dorthin und hielten uns nahe der Küste von Naalsöe um einige Untiefen zu vermeiden, die vor der anderen Küste gekennzeichnet waren. Wir hissten eine Gösch an der Spitze des Fockmasts – ein Signal, das allgemein als die Anforderung eines Lotsen verstanden wird. Als wir gut im Lee der Insel waren, drehten wir das Boot in vergleichsweise ruhiges Wasser bei.
Nach ein paar Minuten beobachteten wir ein Boot, das vom dortigen Dorf ablegte, und das sich, als es sich uns näherte, als offenes Boot erwies. Es war spitz an beiden Enden, über alles zwanzig Fuß lang und mit zwölf Männern Besatzung, jeweils zu zweit nebeneinander auf jeder Bank. Es waren große langbeinige Kerle mit spitzen Mützen, braunen Jacken und Kniebundhosen. Sie ruderten mit sehr kurzen Riemen mit schmalen Ruderblättern, die am Dollbord mit Lederriemen festgemacht waren – auf eine Weise, die es unmöglich machte, sie zu verdrehen. Das Boot war nicht angestrichen, aber außen gut geteert und an beiden Enden mit Vorderteilen versehen, die als Handgriffe dienten, um es an den Strand ziehen zu können.
Die ersten Worte, welche die Einheimischen sprachen, als sie in Hörweite kamen waren: „irgendwelche Kranken an Bord?“ denn es scheint, dass die Insulaner sehr schlimm unter von Fremden eingeschleppten Infektionskrankheiten gelitten haben, und eine große Furcht davor entwickelt haben.
Wir waren sehr erleichtert, festzustellen, dass sie ein wenig Englisch redeten (obwohl es so sehr die universale Sprache der Meere wurde, dass ein paar seemännische Begriffe an fast jeder Küste üblich sind). Wir konnten schnell ihre Befürchtungen bezüglich unserer Gesundheit ausräumen, worauf sie längsseits kamen und zwei von ihnen zu uns an Bord kletterten, während der Rest die Yacht mit ihrem Boot vertaute.
Anker in Thorshaven
Als Antwort auf unsere besorgten Nachfragen erklärten sie: „Thorshaven wär ein gott Haven, sehr gott”, was hochgradig erfreulich war, denn Sturm kam auf und der Nebel um uns wurde von Minute zu Minute immer dichter. Sie machten uns sofort klar, dass es leewärts auf der anderen Seite des Sundes liegt. Alles was wir erkennen konnten, war ein schwarzer Kirchturm, die Dächer der Häuser mit Gras bedeckt, was es aus der Entfernung unmöglich macht, sie von den umgebenden Hügeln zu unterscheiden.
Nach einer kurzen Starre der Neugier ringsum übernahm einer der Männer das Ruder und steuerte das Boot in Richtung Thorshaven, während unsere Seeleute die Segel einholten, um das Ankern vorzubereiten.
Als wir uns der Stadt näherten, wurden ihre verschiedenen Charakterzüge deutlicher. An verschiedenen Plätzen wurden Flaggen gehisst, um uns willkommen zu heißen. So selten sind Ankünfte selbst im Haupthafen der Inseln, dass trotz des inzwischen eingesetzten heftigen Schauers die Einwohner in Scharen an den Ufern erschienen, um zu sehen, wer die Ankömmlinge sind.
Die Situation in Thorshaven ist in keiner Hinsicht aufregend. Es hat nicht mehr als 120 einzelne Häuser, die sich um zwei kleine Buchten erstrecken. Jedes von ihnen ist etwa 150 Yards lang und halb so breit. Auf der Landzuge, die die beiden Buchten trennt, sind sie etwa fünfzig Yards breit. Im Hintergrund sind öde Torfhügel, nicht abschüssig genug, um malerisch zu sein. Die Küsten sind felsig, und der Boden, auf dem die Kleinstadt steht, ist unterbrochen von Hügelchen, über die die Häuser verstreut sind – ohne jede Ordnung. Die Front des einen liegt gegenüber der Seite eines anderen, und die Straßen zwischen ihnen sind nur steile unebene Pfade, die nie mehr als sechs Fuß breit sind.
Die Lotsen steuerten uns in die südwestliche Bucht und ankerten in ihrer Mitte – neun Faden Tiefe, um sechs Uhr abends, einen Steinwurf von beiden Ufern entfernt. Es erwies sich als sehr schöner Hafen, geschützt vor der südöstlichen See. Aber als das Boot langsam anfing zu zerren, vertäuten wir es mit von beiden Seiten mit den Ringen am Ufer. Mit dieser zusätzlichen Sicherung lag sie sehr stabil.
Die Lotsen baten uns um ein Pfund für ihre Arbeit, jedoch, als sie es bekamen, schauten sie so forschend darauf, dass wir glaubten, dass sie es vorher nur in der Erscheinung des Zwanzig-Schilling-Stücks gesehen haben. Nachdem es erklärt wurde, schienen sie sehr glücklich, und vor dem Abschied gaben sie jedem von uns die Hand – eine Zeremonie, die in diesem primitiven Land zwischen den Höchsten und Niedrigsten stattfindet. Es gab nur ein anderes Schiff in Thorshaven: eine kleine dänische Schaluppe von vierzig Tonnen.
Ein gereister Färinger
Sofort nachdem wir ankerten, kam ein färöischer Gentleman an Bord, der sich als Mr. Müller, der Sysellmann vorstellte, oder wie man bei uns sagen würde, der Bezirkshauptmann oder Gemeindevorsteher.
Er sprach exzellentes Englisch, und fast im selben Atemzug fragte er uns, welche Nachrichten wir vom Großen Krieg mitgebracht haben. Er entschuldigte sich für den Sturm, von dem er befürchtete, es würde uns einen schlechten Eindruck von seinem einheimischen Klima geben. Wir konnten ihm aufrecht versichern, dass wir diesbezüglich bisher keinen Grund zur Klage über sein Land hätten, zumal wir den Sturm ja aus dem Süden mitgebracht hätten, und er zweifellos noch wütender im Englischen Kanal toben würde. Dann erklärte er uns, dass er sein Englisch 1851 in London perfektionierte, als er die Große Ausstellung besuchte, und dass er dort als einziger Landsmann die Färöer bei dieser riesigen Versammlung der Nationen vertrat. Er sprach mit warmen Worten über die Aufmerksamkeit, die ihm dort zuteil wurde. Er versprach uns, früh morgens wieder an Bord zu kommen, um uns darüber zu informieren, was in seiner Macht steht, das Erreichen unserer Reiseziele zu ermöglichen.
Also sicher an unserem Bestimmungsort angelangt und einen akzeptablen Kollegen als Dolmetscher versprochen bekommen, haben wir allen Grund, mit dem Tageswerk zufrieden zu sein. Wir wechseln unsere feuchten Sachen und setzen uns zu einem sehr späten Dinner, von dem Pepys gesagt hätte „in großer Zufriedenheit“. Es goss in Strömen, und die spritzenden Wellen in der Bucht machten es unannehmbar, die kurze Strecke zwischen dem Boot und dem Ufer zurück zu legen, sodass wir an diesem Abend nicht mehr an Land gingen.
Die folgende Nacht muss auf See schrecklich gewesen sein. Als wir in unseren Kojen lagen und den wütenden Sturm hörten, wie er durch unsere Takelage brüllte, empfanden wir große Dankbarkeit, dass wir rechtzeitig einen sicheren Hafen erreicht hatten.
„The wind blew as ‘twad blawn its last,
The rattling showers rose on the blast:
That night a child might understand
The de’il had business on his hand.”
Das Ende von Burns Beschreibung eines schottischen Sturms war hier nicht anwendbar, denn es gab keinen Donner. Und merkwürdigerweise: Donner ist auf den Färöern im Winter üblicher als im Sommer. Landt sagt: „Gewitter in einer zerstörerischen Art ist vollkommen unbekannt”.
Der Orkan erreichte seinen Höhepunkt gegen Mitternacht. Bei unserer Heimkehr in England fanden wir später heraus, dass er von der portugiesischen Küste heraufzog – Samstag nachmittags beginnend, als wir in die Flaute gerieten und bis zum folgenden Dienstagmorgen.
Geographische Eigenheiten der Inseln
Nachdem wir herausfanden, dass keiner unserer Freunde irgendwas über die Färöer wusste, außer deren geographische Lage (und das auch nur, wenn sie kürzlich erst zur Schule gegangen waren), ist es wünschenswert, einen Überblick über ihre allgemeinen Bedingungen und Vorgeschichte zu vermitteln, bevor wir uns in das Innere der Reise begeben. Eine solche Skizze vermeidet Unterbrechungen in unserer Erzählung durch ausschweifende Erklärungen.
Sie liegen zwischen 61°26’ und 62°25’ nördlicher Breite und 6°20’ und 7°40’ westlicher Länge und haben eine Fläche von ungefähr 850 Quadratmeilen.
Siebzehn der Inseln sind bewohnt, und die größten von ihnen sind Stromöe und Osteröe, die in der Mitte der Gruppe liegen. Erstere ist achtundzwanzig Meilen lang und durchschnittlich sechs Meilen breit. Letztere ist genauso breit aber nur dreiundzwanzig Meilen lang. Am nächsten in der Größe kommen ihnen Waagöe, Sandöe und Suderöe, die ungefähr halb so groß wie Osteröe sind. Alle anderen Inseln sind wesentlich kleiner und variieren in der Größe bis hin zu bloßen Felsen. Die kleinste der bewohnten Inseln ist der Storr Diamant, der nur einen Farmer mit seiner Familie und den Dienern beherbergt.
Die Färöer sind fast vollständig aus verschiedenen Arten von Stufen zusammengesetzt, die sich mit Tuffschichten abwechseln. Basaltfelsen treten an bestimmten Stellen hervor, manchmal in Säulenform, wobei sie jedoch nie so ausgeformt sind, wie wir sie bei der Isle of Staffa und dem Giant's Causeway vorfinden.
Wir glauben, dass Geologen wenig Zweifel daran hegen, dass die Inseln ihren gegenwärtigen Zustand unterseeischem Vulkanismus verdanken. Sie zeigen aber keine Spuren von aktiv gewesenen Vulkanen, wenn man von ihrem Erscheinungsbild über dem Meeresspiegel ausgeht. Es gibt Kohlenminen in Suderöe, aber die Qualität der Kohle wird von Mr. Allan als schlecht bezeichnet. Sie brennt nur langsam, verströmt einen unerträglichen Geruch und gleicht in jeder Hinsicht derjenigen, die nahe Ballintoy in der Grafschaft Antrim gefunden wurde.
Das Klima der Inseln ist frei von extremer Hitze oder Kälte, und der Winter ist viel milder, als man es angesichts der geographischen Breite annehmen würde. Das liegt an der Nähe des Meeres zu allen Seiten und teilweise vielleicht am Golfstrom, der hier vorbeifließt. Schnee bleibt selten tagelang liegen, außer in den höchsten Lagen der Berge. Im Sommer verschwindet dort auch der Schnee, mit Ausnahme von einigen schmutzigen Flecken. Die Durchschnittstemperatur in den drei wärmsten Monaten des Jahres variiert in Thorshaven zwischen 56,9° F und 51,7° F und in den drei kältesten Monaten zwischen 41,6° F und 33° F, während die höchste je gemessene Temperatur 72,5° F war, und die niedrigste 18,5° F.
Produkte, Regierung, etc.
Spärliches Gras und einige Kartoffeln sind die Hauptprodukte des Bodens. Anderes Gemüse wird kaum reifen und muss größtenteils aus Kopenhagen importiert werden. Der Boden ist überall sehr dünn und die Oberfläche so uneben, dass der Pflug nicht verwendet werden kann. Also muss die Erde mit dem Spaten umgegraben werden. Die Menge des kultivierten Landes ist jedenfalls sehr klein und besteht bloß aus ein paar Stellen in den geschützteren Buchten.
Von den wilden Pflanzen und Kräutern, die man hier findet, sind nur wenige interessant, außer für regelrechte Botaniker. Aber die Färinger haben offensichtlich sorgfältig gelernt, zu welchen Zwecken man sie anwenden kann. Sie nehmen viele zum Färben und eine ganze Reihe als Medizin. Aus der Carenaria vesicaria, eine Grasart, die auf vielen sumpfigen Stellen wächst, machen sie Seile, Matten und Körbe. Das Salz, dass durch die Winterstürme über die ganzen Inseln getragen wird, und die Gewalt des Windes an sich, erweisen sich als großes Hemmnis für die Vegetation. Daher sieht man nirgends Bäume oder auch nur Sträucher, außer ein paar in den Gärten des Gouverneurs und des Sysellmanns in Thorshaven. Dort sind sie durch Mauern vor dem Wind geschützt, und wenn sie es nicht aushalten, werden sie ersetzt. Ein dortiger kleiner, drei Fuß hoher, Kirschbaum, der niemals Früchte trägt, braucht ein eigenes Gewächshaus. Allerdings muss das Land einst bewaldet gewesen sein, da Reste von Bäumen in großer Zahl aus den Sümpfen ausgegraben wurden.
Sie waren zuerst von den norwegischen Piraten besiedelt, möglicherweise um das neunte Jahrhundert. Obwohl alle Leute ein wenig Dänisch können, ist die allgemeine Sprache immer noch ein altskandinavischer Dialekt, der sich im Laufe der Zeit von allen anderen fort entwickelt hat, und der nicht geschrieben wird.
Sie gehören heute zu Dänemark und bekommen alle Gesetze von dort. Aber vor kurzer Zeit wurde eine Art färöisches Parlament gegründet, um über die Angemessenheit der Gesetze zu beraten, bevor sie in Kraft treten. Seine Pflichten und Rechte sind also darauf beschränkt, seine Meinung zu sagen. Die Regierung besteht aus dem Gouverneur, einem Scherriff, einem Obersten Richter, der jährlich in jedem wichtigen Dorf ein Gericht abhält, dem Handels-Administrator und sechs Sysellmännern. Die Sysellmänner sind Einheimische und leben in ihren jeweiligen Bezirken, wo sie die Justiz in kleineren Angelegenheiten regeln. Alle anderen Funktionäre sind Dänen, die nur ein paar Jahre auf den Inseln bleiben. In dieser Zeit schlagen sie ihr Hauptquartier in Thorshaven auf.
Außer ihnen werden zwei Ärzte aus Kopenhagen entsandt, die zusammen mit den Offiziellen ernannt werden. Die Geistlichen sind auch meist Fremde auf den Färöern.
Religion, Landbesitz
Es wird gesagt, dass das Christentum im Jahre 1000 von Sigmund Bresteson eingeführt wurde, einem Norweger, der den Häuptling Thrand konvertierte, indem er drohte, ihm den Kopf abzuschlagen. Die anderen Einwohner, durch dieses gute Beispiel ermuntert, waren damit einverstanden, getauft zu werden.
Zur Reformationszeit in Dänemark wechselten sie vom römisch-katholischen zum lutherischen Glauben, woran sie bis heute festhalten. Die Kirchenverwaltung besteht aus einem Probst, der dem Bischof von Kopenhagen untersteht. Daneben gibt es sieben Pastoren, alles Dänen, mit Ausnahme eines Einheimischen. Da es siebzehn bewohnte Inseln gibt und die Sunde zwischen ihnen manchmal für mehrere Wochen am Stück unpassierbar sind, ist diese Versorgung sehr unzureichend.
Jedenfalls versammeln sich die Gemeinden sonntags oft in den Kirchen in Abwesenheit eines Pfarrers. Einer von ihnen liest den anderen dann eine gedruckte Predigt auf Dänisch vor. Begleitet wird das an einem bestimmten Tag von etwas in ihrer Kirche, was unsere amerikanischen Freunde als lutherisches „fixing“ bezeichnen würden.
Die Rundtour eines färöischen Priesters ist auf keinen Fall so einfach, wie die eines englischen Landpredigers, der in seiner Gig auf einer guten Straße durch seinen Pfarrbezirk trottet, oder eine freundliche Mitfahrgelegenheit im Markt-Karren eines Gemeindemitgliedes erhält. Hier gibt es keine Straßen, mit Ausnahme einer halben Meile aus Thorshavn heraus, und auch keine Radfahrzeuge. Die Reisen der Priester müssen deshalb entlang schmaler abschüssiger Bergpfade stattfinden, oder über Hügel mit keinerlei Pfad – meist zu Fuß, oder bestenfalls auf einem kleinen Pony. Wenn das Wetter gut ist, geht es im offenen Boot entlang der Küsten, die über viele Meilen keine Anlegeplätze besitzen, und wo sie logischerweise bei einem plötzlichen Wetterumschwung stundenlang den Gefahren der stürmischen See ausgesetzt sind. Die Küsten des Großen Diamanten sind so senkrecht, dass er nur zwei- oder dreimal im Sommer besucht wird, und das dann bei sehr gutem Wetter. Bei dieser Gelegenheit wird der Pastor in einem Fahrkorb an der abschüssigen Kante hochgezogen. Ein Geistlicher, der einen Kranken in Myggenaes besuchen wollte, wurde dort für vierzehn Wochen festgehalten, denn wegen des ständigen Sturms konnte er nicht heimkehren.
Vor der Reformation wechselte das meiste Land in den Besitz der römisch-katholischen Kirche, indem es am Sterbebett vererbt wurde oder als Buße abgegolten werden musste. Durch die Reformation gelangte es in den Besitz des dänischen Königs und fast alle Bauernhöfe werden von der dänischen Regierung zu sehr moderaten festen Preisen verpachtet. Die Pacht wird beim Tode des Vaters ganz selbstverständlich an den Sohn vererbt. Es gibt auch ein paar freie [nicht-feudale] Güter, die aber durch aufeinander folgende Generationen derart aufgeteilt wurden, dass sie recht klein und ihre Besitzer üblicherweise nicht so reich sind, wie die Pächter von Kronland.
Die Bevölkerung der Inseln ist ständig gewachsen und 1845 waren es 7782, davon in Thorshaven 900. Bis vor Kurzem gab es ein Gesetz zur Kontrolle der Bevölkerungsentwicklung, demzufolge Heiraten verboten war, wenn man die Behörden nicht davon überzeugen konnte, dass man die nötigen Mittel hat, um eine Familie zu ernähren. Aber als klar wurde, dass es eher die Zahl der Eheschließungen als die Zahl der Geburten begrenzte, wurde es wohlweislich wieder abgeschafft.
Wir finden, dass die extreme Abgeschiedenheit der Färöer vom Rest der Welt durch die dänische Regierung verursacht wird, die den kompletten Handel des Landes monopolisiert hat und keinen Privatpersonen, nicht einmal Dänen oder anderen Nationen, erlaubt, mit ihnen Handel zu treiben. Deshalb haben sie keinen kommerziellen Anreiz, ins Ausland zu fahren und besitzen nur offene Boote. Und Ausländer haben keinerlei Profit zu erwarten, wenn sie nach ihren Küsten suchen, während normale Reisende natürlich nicht in der Lage sind, Orte zu besuchen, zu denen der Handel keine regulären Verkehrswege geschaffen hat. Die Inseln haben keine Dampferverbindung mit irgendeinem anderen Land, und die einzigen Schiffe, die hier je ankommen, sind drei kleine Schoner, die den Handel mit Kopenhagen abwickeln, gelegentlich ein Fischkutter von den Shetlandinseln und manchmal ein vorbeifahrendes französisches Kriegsschiff, um auf dem Weg in die nördlichen Fischgründe Wasser zu fassen. Mr. Müller kann sich nur an eine andere Yacht erinnern, die mal in Thorshaven war, nämlich 1852 die „Ruby Queen“ von Mr. Tennant aus Glasgow.
Export und Import
Exportiert werden gestrickte Jacken und Kniestrümpfe, Talg, Fisch, Waltran, Federn, Felle und ein bisschen Butter. Davon sind die Strickjacken bei weitem am wichtigsten und wertvollsten. Sie werden nie von den Einheimischen getragen, die sie als zu grobschlächtig für den eigenen Gebrauch betrachten. Aber in Dänemark werden sie unter Seeleuten in großer Stückzahl verkauft.
Importiert werden Getreide, Malz, Branntwein, billige Weine vom Kontinent, Tee, Kaffee, Zucker, Gewürze, Salz, Tabak, Hanf, Eisen, Blei, Kalk, Ziegel, Holz, Teer, Glas, Nägel, Schießpulver, Baumwolle und Leinentücher und Kleinwaren.
Krankheiten
Die Färinger leben sehr lange. Von 1000 Sterbefällen finden 849 im Alter über 70 statt, wobei in Dänemark bei der selben Anzahl der Anteil derjenigen, die dieses biblische Alter erleben, nur bei 187 liegt. Die durchschnittliche Lebenserwartung auf den Färöern ist 44 2/3 Jahre inklusive Totgeburten, während sie in Dänemark nur 36 beträgt.
Debes erwähnt in „Faeroa Reserata“ den Fall eines Mannes namens Erasmus Magnussen aus Harold Sound, der im Alter von 90 heiratete, noch erlebte wie seine Frau Mutter von fünf Kindern wurde (das jüngste wurde geboren als er 103 war) und im fortgeschrittenen Alter von 110 verstarb.
Die Langlebigkeit ist dem gesunden Klima zuzuschreiben, ihren aktiven Open-Air-Bestrebungen und ihren generellen Angewohnheiten zur Mäßigung. Obwohl sie bei Festen sehr reichlich trinken, sind chronische Gewohnheitstrinker selten, und wenn sie vorkommen, enden sie grundsätzlich im Wahnsinn.
Unter dem nüchternen Teil der Bevölkerung sind Geisteskrankheiten aber auch sehr häufig. Doktor Panum führt an, dass ein Prozent der Bevölkerung davon betroffen ist und fügt hinzu: „Es gibt eine bemerkenswerte Ähnlichkeit der Form der Erkrankungen“. Bei vielen beobachtete er „eine stille Form der religiösen Wahnvorstellung, wo die betroffenen Personen Visionen sahen und glaubten, in direkter Kommunikation mit unserem Heiland und dem Heiligen Geist zu stehen. Die Mehrheit hingegen fühlten sich von einem bösen Dämonen besessen, der sie ständig zwang, gegen ihr gutes Gewissen zu handeln. Das führte dazu, dass sie während ihrer Wutanfälle Gegenstände in ihrer Umgebung zerstörten und Umstehende schlugen. Danach versanken sie grundsätzlich in eine Melancholie und gereizte Stimmung. Beide Formen scheinen oft im Schwachsinn zu enden.“ Er schreibt das Übergewicht der Geisteskrankheiten der bedrückenden Szenerie und dem ständigen Nebel zu. Uns erschien es wahrscheinlicher, dass es am gewaltigen Kontrast zwischen dem Leben im Winter und im Sommer hierzulande liegt.
Der Sommer ist zum Einen die Saison des Walfangs, der Hochseefischerei, des Vogelfangs und der Bodenbearbeitung. Und die Bestrebungen und Arbeiten der Menschen in diesen Breiten werden dann nicht durch irgendeinen Intervall der Dunkelheit verkürzt.
Im Winter, auf der anderen Seite, gibt es nur wenige Stunden des Tageslichts, und die Dorfbewohner sind oft für Wochen von der Außenwelt abgeschnitten und zusätzlich an allen ihren Tätigkeiten gehindert. Es gibt keine Kommunikation mit den Nachbarinseln und noch nicht mal mit den anderen Dörfern auf der eigenen. In dieser Zeit müssen sie unter schrecklicher Langeweile leiden. Und weil Magenverstimmung als eine der Hauptursachen für Irrsinn bekannt ist, kann man sich leicht denken, dass sowohl physische als auch seelische Ursachen zusammenkommen und ihn durch den Wechsel von einem sehr aktiven zu einem sehr unaktiven Leben hervorrufen.
Seuchen scheinen auf diesen Inseln heftig zu sein – im umgekehrten Verhältnis zur Frequenz ihres Vorkommens. Die Pocken haben hier seit 1705 nicht mehr gewütet, als sie die Bevölkerung einer ganzen Insel auslöschten.
Von 1781 bis 1846 waren die Masern unbekannt. Aber dann erkrankten 6000 Menschen der 7700köpfigen Bevölkerung daran. Während der ersten neun Monaten gab es 102 Todesopfer.
Hier, wie auf St. Kilda (einem Ort der auch sehr selten besucht wird, und wo die Ernährungsgewohnheiten der Leute in vielerlei Hinsicht denen der Färinger ähneln), glauben die Einwohner, dass die Ankunft von Fremden ihnen eine Erkältung einschleppt. Gouverneur Pleyen, der siebzehn Jahre in Thorshavn residierte, versicherte Dr. Panum, dass es mehr Grundlagen für diesen scheinbaren Irrglauben gab, als er einst dachte. Denn eine Art Influenza, die in der Landessprache Kruym [krím] genannt wird, trat ausnahmslos immer dann auf, wenn das erste Schiff im Frühling kam – beginnend bei denen, die es auszuladen hatten. Wir können uns für den Wahrheitsgehalt dieses ungewöhnlichen Phänomens nicht verbürgen, aber es wird auch von Landt erwähnt. Und uns wurde in Thorshaven versichert, dass die Influenza grundsätzlich jedes Jahr mit der Ankunft der ersten Handelsschiffe ausbricht, aber unser Informant machte dafür ein zufälliges Zusammentreffen dieser Ankunft mit einer ungesunden Jahreszeit verantwortlich. Diese Erklärung ist jedenfalls nicht befriedigend, denn Gouverneur Pleyen erklärte, dass der Ausbruch des Kruym immer gleichzeitig mit der Ankunft der Handelsschiffe passierte, obwohl der Zeitraum jedes Jahr um bis zu zwei Monate variierte.
Lepra war einst nicht ungewöhnlich, aber sie ist ganz verschwunden, und einige meinen, dieses Verschwinden hinge damit zusammen, dass die Leute aufhörten, sich ausschließlich von Fisch ernährten.
Ernährung und Erwerbstätigkeit des Volkes
Der Speiseplan der Färinger ist weder qualitativ noch geschmacklich unzureichend. In der Hauptsache besteht er aus trocken Brot, gesalzenem Hammelfleisch, Fisch (getrocknet und frisch) einschließlich Walen, gelegentlich Kartoffeln und last but not least: Seevögeln. Papageitaucher und Trottellummen sind die bevorzugtesten Seevögel und werden am häufigsten gegessen. Die armen Leute essen aber auch viele andere Arten, die woanders nicht als genießbar angesehen werden, unter anderem junge Möwen, Dreizehenmöwen und Kormorane. Wir haben eine Trottellumme gekocht und darauf geachtet, sie zu häuten, bevor wir sie brieten, was einen kräftigen Vogel stets weniger zäh macht. Wir fanden es nicht weniger zweifelhaft als eine Weißwangengans.
Fisch, Fleisch und Geflügel dürfen manchmal alle ein gewisses Stadium der Verwesung erreichen, bevor sie gegessen werden. In diesem Zustand werden sie „rast” genannt und frischer Nahrung vorgezogen. Viel von dem Hammel, der im Herbst geschlachtet wird, wird nicht gesalzen, sondern bloß im Wind getrocknet. Und bevor alles davon aufgegessen ist, gibt es oft schon wieder Frischfleisch.
Es gibt auf den Inseln sehr wenige Kaufmannsläden – abgesehen von den drei großen Warenhäusern der Regierung –, denn die Einwohner stillen ihre Bedürfnisse meist zuhause. Arbeitsteilung, wie sie von den politischen Ökonomen so hochgelobt wird, findet hier nur wenig statt. In jeder Familie wird für den Eigenbedarf Wolle gesponnen, gewebt, gefärbt, geflickt und geschneidert. Also wird die gesamte Bekleidung – mit Ausnahme der Leinenhemden, die nur von Wenigen getragen werden – zuhause hergestellt. Dies geschieht ab dem Zeitpunkt, wo die Wolle den Rücken der Tiere verlässt, bis zum letzten Knoten, der sie für ihren zweiten Träger vollendet.
Obwohl die färöische Sprache nicht geschrieben wird, und es kein einziges Buch darin gibt, scheiterte ein Versuch, das Neue Testament zu übersetzen. Die Einwohner lesen gerne, und fast alle können Dänisch. Sie können ihren Bedarf dadurch decken, dass sie Bücher aus Kopenhagen beziehen. Schach und Tanz sind beides ihre Lieblingsbeschäftigungen. Aber da sie keine instrumentale Musik kennen, sind sie gezwungen, letzterem Vergnügen durch den Klang der Stimme nachzugehen.
Wilde Tiere und Haustiere
Die kostbarsten Haustiere im Besitz der Einheimischen sind die Schafe, von denen jährlich 25.000 bis 35.000 geschlachtet werden. Fast jeder ergiebige Teil des Landes wird als Weide genutzt. Die größte Zucht der Schafe ist auf den Nordinseln und kommt aus Island. Die im Süden kommt aus Shetland. Hierzu muss gesagt werden, dass diese Zuchten, zu der die meisten Schafe gehören, nach einer großen Sterblichkeit unter den Herden vor über 20 Jahren hierher kamen.
Die anderen Haustiere, die auf den Färöern gehalten werden, sind Kühe, ein paar Schweine, Schäferhunde, Katzen und Ponys. Zwei Ladungen der Letztgenannten gehen jedes Jahr von Suderöe zu den Shetlandinseln. Es sind kräftige abgehärtete kleine Tiere, etwa zwölfeinhalb Hand hoch. Die Einheimischen benutzen sie nur zum Reiten und zum Lastentransport in Körben, die an ihrem Rücken befestigt werden, aber niemals als Zugtiere.
Ratten und Mäuse sind die einzigen wilden Tiere, die man auf den Inseln findet. Wie in Irland genießen sie eine Immunität durch die Abwesenheit von Kröten, Eidechsen, Schlangen und anderen giftigen Reptilien jeder Art. Sie werden auch von keinen Amphibien aufgesucht.
An Vögeln diverser Arten wimmelt es nur so auf und bei den Färöern. Geflügel liefert den Einwohnern einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Nahrung. Die Arten, die wir in größter Anzahl sahen waren: Schnepfen, Regenpfeifer und Krähen im Landesinnern, Möwen, Alken, Trottellummen und Dreizehenmöwen an der Meeresküste.
Fischerei ist eine große Nahrungsquelle für die Einheimischen, obwohl sie sich seit Debes’ Tagen beklagen, dass die Fischbestände in den Küstengewässern konstant zurück gegangen wären.
Wal, Dorsch, Heilbutt, Schellfisch und Köhler sind die Arten, die im Salzwasser gefangen werden. In den Seen gibt es Forellen und Aale. Von Ersteren wird gesagt, dass sie gelegentlich eine beträchtliche Größe erreichen, besonders in einem kleinen See im Norden von Waagöe. Die Flüsse sind zu klein, um Lachse zu beheimaten.
Seehunde wurden einst in großer Menge in den Grotten an der Küste gefangen. In den letzten Jahren wurden sie aber sehr knapp wegen eines fehlenden Gesetzes zu ihrem ordentlichen Schutz.
Landts Bericht über die Färöer beinhaltet eine sehr vollständige Liste der Vögel, Fische und Pflanzen, die auf und bei den Färöern gefunden wurden.
Unser erster Landgang
Montag, 12. Juni. Der Tag begann mit heftigen Sturmböen und Regen. Aber gegen Mittag ließ der Wind nach, und der Rest des Tages war schön. Mr. Müller kam zu früher Stunde wie vereinbart zum Frühstück an Bord. Für ihn muss es aber ein sehr anstrengendes Mahl gewesen sein, denn wenige Leute (mit Ausnahme derjenigen, die mal ein redseliges und neugieriges Kind durch den Sydenham-Palast begleitet haben) können sich eine Vorstellung von dem Trommelfeuer machen, mit dem wir ihn die ersten zwanzig Minuten unseres Gesprächs ein Loch in den Bauch fragten. Ein intelligenter Einheimischer, der unsere Sprache ebenso fließend spricht wie seine eigene, war eine Gelegenheit, die wir nicht wegwerfen sollten in einem Land, das bisher nicht im Horizont von John Murrays Handbüchern auftaucht. Wir waren bestrebt, unsere Zukunftspläne so schnell wie möglich schmieden zu können. Im Grunde ist Reisen weit mehr aufregend in Ländern, wo man vergleichsweise unwissend ankommt, und wir verspürten eine große Ungeduld bei unserem ersten Landgang. Sobald das Frühstück beendet war, gingen wir an Land. In dem Augenblick an dem wir am Ufer waren, trafen wir ein Geruchsgemisch von Torfrauch und Trockenfisch an, das uns für den Rest unseres Inselaufenthalts anhängen sollte – ganz so, wie es der Kleidung der Einheimischen, ihren Booten und Behausungen, deutlich anhaftet.
Die Häuser in Thorshaven haben ein Stockwerk und sind aus Holz gebaut (das ganze Bauholz ist aus Kopenhagen), sind außen mit Teer gestrichen, der, wenn er in das Kiefernholz eindringt, ihm eine rotbraune Färbung gibt. Sie stehen auf einem Fundament aus losen unbehauenen Steinen, die hoch genug aufgeschichtet sind, um die Unebenheiten des Bodens bis zu der Höhe auszugleichen, auf welcher das Untergeschoss basiert. Alle haben gutbemessene Glasfenster, und die Dächer sind aus Brettern, die von Birkenrinde bedeckt sind und darüber Grassoden.
Färöisches Haus der ersten Klasse
Ein Haus der besseren Sorte.
Aber das Interessanteste an ihrer Bauweise ist, dass die Außentüren keine Schlösser haben – ein Zeugnis für die Ehrenhaftigkeit der Bevölkerung, mit der sich keine andere europäische Hauptstadt messen kann. Die Kirche ist ein großes Holzgebäude, und sieht wie eine englische aus. Sie hat einen Kirchturm, ist innen kiefergetäfelt und in Kirchenbänke und Emporen gegliedert. Ein indifferentes Bild der Kreuzigung hängt über dem Altar und unterscheidet sich in keiner Hinsicht von lutherischen Holzkirchen in anderen Teilen Nordeuropas. Diese hier war hochaufragend genug, aber Landt sagt, dass einige der Kirchen auf dem Land so niedrig sind, dass ein langer Mann nur zwischen den Dachsparren aufrecht stehen kann.
An der Ostseite der Bucht ist ein kleines Fort. Es ist mit sechs bis acht Kanonen ausgerüstet und mit einer amphibischen Garnison von achtundzwanzig Einheimischen besetzt, die gleichzeitig die Bootsleute des Gouverneurs sind und die gesamte militärische Einrichtung dieser friedlichen Inseln darstellen. Trotz ihrer verschiedenen Aufgaben hatten diese Männer ein soldatisches Auftreten und führten sich sehr gut auf.
Anblick der Bevölkerung
Wir sahen nur eine alte Bettlerin auf unserem Weg, obwohl gesagt wird, dass Thorshaven das Hauptrevier der Faulenzer und Gammler ist. Die meisten Einwohner sahen gutgenährt und gutgekleidet aus, was einen scharfen Kontrast zu vielen Einwohnern der schottischen Inseln darstellt.
Mr. Müller informierte uns, dass die Färinger üblicherweise zweimal täglich Fisch oder Fleisch essen und es als Härte empfinden, wenn sie es mal nicht können. Die meisten Männer sind groß und schlank gebaut, aber muskulös und ansehnlich. Einige von ihnen könnte man in anderer Kleidung für Engländer halten, während andere (wir vermuten von verschiedenen Orten des Landes) deutsch aussehende Gesichter haben. Die Unterschiede sind beachtlich.
Die Frauen haben meist schlechte Figuren, und wie es oft in den Bergregionen vorkommt, sind ihre Taillen dick und schwer und zu hoch platziert, um ihren Körpern eine Symmetrie zu geben. Aber ihre Gesichter sind manchmal hübsch. Ihr Teint ist oft sehr gut und sieht attraktiv nach perfekter Gesundheit ohne jegliche Ungeschliffenheit aus. Tatsächlich findet man diesen weiblichen Charme überall in Perfektion an – analog zur Feuchtigkeit des Klimas und der Sonne als dessen großer Gegensatz.
Die Tracht der Männer besteht aus einem Paar brauner Mokassins, die aus einem Stück gefertigt, an den Zehen zusammengezogen und an den Knöcheln mit einem Riemen gebunden sind. Weiter tragen sie aus Kammgarn gestrickte Kniestrümpfe, schwarze Kniebundhosen, eine doppelreihige Weste und darüber ein eng anliegendes Cape mit langen rostbraunen Ärmeln, das bis zu den Hüften reicht und vorne zugeknöpft ist. Das Cape, die Hosen und die Weste sind alle aus groben Wollgewebe gefertigt. Einige Wohlhabendere tragen Leinen- oder Baumwollhemden, aber die ärmeren Leute tragen feine weiße Wollhemden. Schließlich haben sie spitze Mützen in verschiedenen Farben, die ähnlich aussehen wie die Schlafmützen, die von den Engländern getragen wurden, bevor die Angewohnheit in Mode kam, ohne zu schlafen.
Wenn sie zum Fischen hinausfahren, tragen sie einen Overall aus braunen Fellen und eine Fellmütze mit dem Pelz nach außen.
Ein Autor vergleicht die Kleidung der Frauen mit derjenigen des schottischen Landvolks. Jedenfalls ist es nicht bemerkenswert für das Auge eines Engländers, aber die einfachste weibliche Tracht ist aus so vielen rätselhaften Teilen zusammengesetzt, dass wir es nicht versuchen sollten, sie im Detail zu beschreiben.
Gastfreundlicher Empfang
Nachdem Mr. Müller einige Stunden mit uns umher bummelte und uns die Sehenswürdigkeiten des Ortes zeigte, indem er alles auf die unterhaltsamste Art erklärte, kehrte er heim, um seinen Amtspflichten nach zu gehen. Er gab uns einen kleinen Jungen zur Hand, der uns all die verschiedenen Häuser der Verwaltungsbeamten zeigte. Wir fanden, dass es das Richtige wäre, sie so schnell wie möglich nach unserer Ankunft aufzusuchen. Es sind sieben Beamte und mit Ausnahme des Sysellmannes alles Dänen.
Zunächst entrichteten wir dem Gouverneur unsere Hochachtung. Sein Haus steht mitten in der Stadt und unterscheidet sich von den anderen dadurch, dass es ein Dach aus schottischem Schiefer statt Grassoden hat. Es hat auch einen Vorgarten von etwa vierzig Quadratfuß [144 m²] wo verkrüppelte Bäume und Johannisbeersträucher wachsen.
Er sprach sowohl Französisch als auch Deutsch und fragte uns nach der Absicht unserer Reise. Eine Frage, die wir, wie die meisten Engländer im Ausland, nicht sehr einfach beantworten konnten, da unsere Expedition keine wissenschaftlichen Ziele hatte. Er fügte aber hinzu, dass – was auch immer es sei – er glücklich wäre, uns alle in seiner Macht stehende Unterstützung zu geben. Nichts konnte zuvorkommender sein als dieser Empfang.
Wir dachten uns, dass er gerne den inneren Betrieb auf einer englischen Yacht sehen möchte und luden ihn zum Abendessen mit uns ein, um später zur Rundreise aufzubrechen.
Unser kleiner Führer sprach keine uns bekannte Sprache, aber als wir ihm sagten, zu welchen Häusern wir wollten, führte er uns zu ihren Eingängen, wo er anklopfte und uns dem Diener überließ, dem er uns vorstellte.
Die Häuser sind sehr im Stile gewöhnlicher deutscher Häuser eingerichtet, und wir wurden stets in den Empfangsraum gebeten. Dort amüsierten wir uns über den Anblick mehrerer Drucke von dänischen Königen der Vergangenheit und Gegenwart, bis unser Gastgeber, oder unsere Gastgeberin, erschien.
In ein oder zwei Fällen wo der Ehemann außer Haus war, wurden wir von ihren Gattinnen empfangen. Da sie keine gemeinsame Sprache kannten, ergab sich ein für beide Seiten hochpeinlicher Austausch von blöden Höflichkeiten, den wir so schnell wie möglich beendeten, indem wir uns hinaus verbeugten. Es gibt keine bessere Übung für die soziale Geistesgegenwart eines Menschen, als solche Prüfungen zu absolvieren. Aber da sie alles andere als angenehm waren, verkürzten wir den Rest unserer Besuche und hinterließen durch den Sysellmann eine Nachricht, wo diejenigen Beamten zum Abendessen mit dem Gouverneur eingeladen wurden, die wir nicht persönlich antrafen.
Dinner an Bord der Yacht
Um fünf kamen sie alle mit dem Gouverneursboot an – gepullt von zehn uniformierten Männern aus der Garnison, die in einer bewundernswerten Zeit ruderten und insgesamt einen sehr imposanten Eindruck machten.
Während des Dinners schlug der Gouverneur vor, dass wir am nächsten Tag die Yacht nach Westmannshaven schicken, mit ihm auf seinem Boot nach Qualvig fahren und von dort das Land durchqueren sollten, um dann wieder zu ihr zu stoßen.
Mit diesem akzeptablen Vorschlag erklärten wir uns sofort einverstanden, und es wurde auch vereinbart, dass uns Mr. Müller während der Kreuzfahrt durch die Fjorde begleiten sollte. Einer aus der Garnison sollte als Lotse fungieren.
Die Konversation zu Tisch wurde teils in Französisch und teils in Deutsch gehalten, wobei unsere Gäste untereinander gelegentlich Dänisch sprachen, während der Sysellmann in unserer Muttersprache auf uns einredete. Es war eine Konfusion der Sprachen, die es mit den letzten Stunden von Babel aufnehmen konnte. Aber da sie alle sehr umgängliche wohlinformierte Männer waren, erlahmte die Konversation nie. Als sie uns um neun Uhr verließen, hatten wir für unseren Teil einen sehr angenehmen Abend.
Während wir an Deck eine Zigarre rauchten, nachdem unsere Freunde gegangen waren, und wir uns klar zu machen versuchten, dass es zehn Uhr war, da das Licht genau so war wie um sechs Uhr an einem schönen Sommerabend in England, kam einer der Seemänner nach Achtern, berührte seinen Hut und lenkte unsere Aufmerksamkeit auf einen Trauerzug, der sich in Richtung eines kleinen Friedhofs außerhalb der Stadt bewegte. Wir rannten sofort runter zu unseren Gläsern, mit der Absicht, einen Bericht für zuhause von einer derart interessanten und berührenden Zeremonie abzuliefern. Aber als wir auf dem Weg an Land waren, stellte sich heraus, dass es nur unser eigener Skipper war, der sich schick gemacht hatte und zu einen Spaziergang an Land unterwegs war. Die Goldstreifen an seiner Jacke riefen die Aufmerksamkeit beinahe aller Kinder und der Hälfte der Erwachsenen hervor.
Unsere durch Mitleid herunter gezogenen Gesichtszüge wurden von Gelächter geschüttelt. Jack ging voraus, zweifelsohne um seinen Gefährten zu erzählen, wie gut er unabsichtlich den „Gouverneur“ verkaufte (unter diesem väterlichen Titel ist der Kapitän an Bord bekannt).
Trip nach Qualvig
Dienstag, 13. Juni. Am Morgen schickten wir den Kapitän mit besten Wünschen auf seinen Weg nach Westmannshaven rund um die südöstliche Spitze von Strömöe. Wir fuhren, wie am Abend zuvor verabredet, mit dem Gouverneur und Mr. Müller im Boot des erstgenannten nach Qualvig.
Es war ein großes offenes Boot der üblichen Bauart, das von zehn Männern der Garnison gepullt wurde, die ihm mit einem kleinen Luggersegel zusätzlich Vortrieb verschafften, welches alle Boote benutzen, wenn der Wind günstig ist, aber womit sie natürlich nie versuchen, alleine voranzukommen.
Wir sollten nicht so schnell den Genuss dieses Ruderns vergessen. Alles war so neu, und der Tag war perfekt – weder zu heiß noch zu kalt, aber hell und sonnig. Es gab kaum genug Luft, das Segel zu füllen. Die See in den Fjorden war spiegelglatt, während der einzige wahrnehmbare Ansatz des vielgefürchteten Nebels ein bläulich transparenter Dunst war, der die Berge teilweise verschleierte, und der nicht dichter war als der Dunst, den man oft an schönen Tagen in der Schweiz sieht.
Wir konnten es uns nicht verkneifen, dem Gouverneur zu erzählen, wie sehr uns das Wetter bisher positiv überrascht hat und trugen ihm einige der Berichte vor, die wir gelesen haben. Er lachte herzlich darüber und erklärte uns, dass sie manchmal für mehrere Wochen am Stück ein „italienisches Klima“ hätten. Juni gilt jedenfalls als der klarste Monat des Jahres. Juli und August sind etwas wärmer, aber neigen auch zu schwerem Wetter.
Der Fjord auf unserem Kurs verlief in eine nordwestliche Richtung zwischen Osteröe und Stromöe. Er ist an der Mündung etwa zwei Meilen breit und verengt sich dann bei Qualvig zu einem Viertel dieser Breite. Beide Ufer sind von Bergen eingeschlossen. Die Küsten fallen meist abrupt zum Wasser hin ab und sind überall dort mit Gras und Sumpf bedeckt, wo sie nicht zu abschüssig sind, um der Erde Halt zu bieten. Die monotone Szene der Berge mit der totalen Abwesenheit von Bäumen, Sträuchern und sogar Gestrüpp wird nur durch die grasenden Kühe und Schafe unterbrochen – hier und da auch durch einige grasgedeckte Hütten entlang des Ufers. Isolierte Bauernhäuser sind selten. Meist stehen fünf oder sechs beisammen, die zusammen mit den Torfschuppen und Kuhställen alles in allem eine Ansammlung von etwa zwanzig Gebäuden bilden. Das Land das ihre Einwohner kultivieren, reicht in einem kleinen Umkreis in die Schlucht oder das Tal in ihrem Hinterland.
Als wir vorbei ruderten, entdeckte der Gouverneur einige schwarze Punkte in den Bergen, von denen er uns zu erzählen wusste, dass es Schäferhunde seien, welche die Schafe zum Scheren zusammen treiben. Das ist eine sehr anstrengende Angelegenheit. Immense Gebirgszüge werden gemeinschaftlich von den Herden beweidet, die das jeweilige Recht dazu haben. Sie dürfen hier sowohl im Winter als auch im Sommer umherstreifen. Es klingt merkwürdig, aber die Herden des einen verirren sich selten in diejenigen des Nachbarn, außer wenn sie durch Überbevölkerung dazu gezwungen werden. Im Sommer werden sie zur Schur in großen Gattern zusammen getrieben, die durch etwa vier Fuß hohe Steinmauern eingeschlossen sind – und noch mal im Herbst, wenn eine bestimmte Anzahl zum Schlachten aussortiert wird.
Die Kühe schlafen nur im Sommer draußen. Von Herbst bis Mai werden sie über Nacht in Ställe getrieben.
Schon bevor die Färöer besiedelt wurden, nutzten sie die norwegischen Piraten als Schafsdepots, die sie hier zu dem Vorteil einführten, ihren Frischfleischbedarf decken zu können.
Die Bootsleute sangen uns mehrere ihrer einheimischen Melodien vor. Und mittendrin waren wir nicht wenig überrascht, dass unsere eigene Nationalhymne, die ursprünglich über Norwegen hierher gelangte, lange Zeit eines ihrer Lieblingslieder war.
Etwa gegen ein Uhr erreichten wir Qualvig, ein Dorf in annehmlicher Größe, das sich um die Ufer einer kleinen Bucht säumt. Es ist von drei Seiten dergestalt von Bergen umgeben, dass die Einwohner während einiger Wintermonate überhaupt keine Sonne sehen. Im Frühjahr 1798 waren sie sehr erstaunt, als sich die Sonne zwei Tage vor dem eigentlichen Termin zeigte. Wir vermuten eine ungewöhnlich starke atmosphärische Strahlenbrechung dahinter. Für die Färinger, die mit diesem Phänomen nichts anzufangen wussten, muss es sehr alarmierend gewesen sein, denn es ist schwer, etwas Unangenehmeres zu begreifen, als das eigene Schicksal in den Händen der gewohnheitsmäßigen Bahnen eines so wichtigen Himmelskörpers zu wissen.
Häusliche Unterkunft
Bei unserer Ankunft gingen wir in das Haus des wichtigsten Bauern, der herauskam, um uns zu begrüßen. Er trug sein Haar in langen Locken, die über seinen Rücken reichten – eine Gepflogenheit, die man nicht nur bei alten Männern sieht. Er war über siebzig Jahre, aber sah nicht älter aus als fünfzig und bemühte sich redlich, hundert zu werden – ein Alter was nicht selten auf diesen Inseln erreicht wird.
Er bat uns in die Gästekammer, einen Raum, der in allen Bauernhäusern der besseren Sorte zu finden ist und ausschließlich für die Nutzung durch Besucher vorgesehen ist, zumal Gasthöfe und öffentliche Wirtshäuser jeglicher Art absolut unbekannt sind.
Es war ein angemessen großer Raum, aber so niedrig, dass wir nicht mit unseren Hüten aufrecht darin stehen konnten. Wände, Boden und Decke bestanden komplett aus unbehandelter Kiefer, peinlich sauber und mit einer Aussparung für das Bett, einem Tisch zum Kartenspielen, einem Eisenofen, ein paar Stühlen und einem großen Glasfenster versehen.
Jedenfalls sind einige der Räume keineswegs derart sauber, wie es ein Fremder annehmen würde, der nur die gepflegte Außenfassade und die Gästekammer sieht. Einige Tage später betraten wir in Welberstadt einen kleinen niedrigen Raum, der für die Landarbeiter gedacht und so verräuchert war, dass wir kaum hindurch sehen konnten. Nach Landts Beschreibung war das ein sehr typisches Exemplar eines Raums für Diener. Ein Loch in der Decke fungierte an der Stelle eines Schornsteins. Das Feuer wurde auf einem Haufen Steinen am Boden gemacht, und die Wände waren voller Aussparungen, in denen sich die Betten befanden.
Früher war es Sitte für die Gastgeberin, zu erscheinen und von jedem Gast, der in ihrem Haus einkehrt, einen Kuss zu empfangen. Aber dieser Brauch (der einst auch in England gepflegt wurde und sicher sehr angenehm gewesen sein muss, oder auch nicht – je nach den Umständen) gerät nun in Vergessenheit, und wir wurden nie aufgefordert, ihm entweder beizuwohnen oder daran teilzunehmen.
Unser Gastgeber hätte uns nur allzu gerne etwas zu Essen angeboten, denn die Gastfreundschaft dieser Insulaner kennt keine Grenzen. Aber der Gouverneur brachte ein reichliches Angebot mit. Das bestand unter anderem aus einigen vorzüglichen kalten gebratenen Goldregenpfeifern, an denen wir uns nach all der Seeluft satt aßen.
Das Haus in dem wir aßen, war ein recht kleines, das wie alle färöischen Häuser nur ein Stockwerk hatte. Aber es zeigte sich, dass dort noch ein paar andere in der Nähe waren, die von der Familie bewohnt wurden. Einige Kuhställe und Torfschuppen standen drum herum, und alle Gebäude waren genauso gebaut wie die in Thorshaven. Weitere Bauernhöfe lagen in der Nähe und waren durch markierte unebene Fußwege miteinander verbunden, über die ein paar Enten und Hennen spazierten und in den Abfällen stöberten.
Diverse weibliche Gesichter schauten durch die Fenster, bestrebt einen Blick der Fremden zu erhaschen. Unter ihnen war eine, deren edle Schönheit sogar in unserem eigenen geliebten Lande aufgefallen wäre, aber ihre Figur sahen wir nicht, da sie wie ihre Kameradinnen zu schüchtern war, sich hinaus zu wagen.
Ungefähr zwei Stunden nach unserer Ankunft kam der Bauer herein und gab uns Bescheid, dass die Ponys bereit wären, die in der Zwischenzeit von den Bediensteten in den Bergen eingefangen wurden, wo sie hingelassen werden, um Auslauf zu haben und zu grasen, wenn sie nicht gerade gebraucht wurden. Die Sachen des Gouverneurs und die wenigen Dinge, die wir dabei hatten, falls die Yacht uns verpasst, wurden unter den stets nützlichen Soldaten aufgeteilt, und los ging’s. Wir wanderten und ritten abwechselnd auf den extrem trittsicheren Ponys. Sie kraxelten Stellen rauf und runter, wo selbst ihre walisischen Artgenossen verunsichert gewesen wären.
Berglandschaft
Unser Pfad war zunächst sehr steil und führte uns auf einen 1000 bis 1500 Fuß hohen Berg, der das Ende eines engen unbewohnten Tales bildete, das zu jeder Seite von steilen rauen Hügeln umgeben war. Ihre Hänge waren von unzähligen kleinen Sturzbächen und Wasserfällen durchschnitten. Wo die Abhänge der Felsen abgestuft waren, wuchs etwas Gras, aber an den meisten Stellen waren sie frei von jeglicher Erde und irgendeinem Grün. Die ganze Szene ähnelte in ihrer bedrückenden Trostlosigkeit den wildesten Gegenden Schottlands – nicht mal Loch Corruskin auf Skye ausgenommen. Sogar der Gouverneur hob es mit der Bemerkung hervor: „Voici, Messieurs, ce que sont les Feroes.“ Er versicherte uns, dass das hier ein schönes Beispiel für den generellen Charakter des Landesinneren sei, das überall voll von extrem abschüssigen Bergen zu sein scheint, die voneinander durch enge öde Täler getrennt sind – oder um es genauer zu sagen: durch tiefe Schluchten. Ihr Grund ist durch Steine und Sand verwüstet der mit dem Winterregen hier herein getragen wird. Sie sind immer unbewohnt, da die gesamte Bevölkerung an der Küste lebt. In der Tat sind sie völlig ungeeignet für menschliche Besiedlung. Mr. Müller lenkte unsere Aufmerksamkeit auf die Flechte Tartarirus [Lecanora tartarea], die auf einigen der Steine wächst. Diese Flechte wird von den Färingern Korke [korki] genannt und sehr üblich verwendet, um Wollgewebe zu färben. Während sie so gedeiht, sieht sie eigentlich weiß aus, wenn sie aber feucht ist und in der Hand zerquetscht wird, kommt das rötliche Purpur darin zum Vorschein. Durch einen sehr ausgeklügelten Prozess gewinnen die Einheimischen diesen Farbstoff in einer großen Vielfalt von Schattierungen.
Westmannshaven
Nachdem wir eine sumpfige Ebene durchquerten, die zwei kleine Seen auf etwa 1500 Fuß Höhe über dem Meer aufwies, passierten wir die Flanken eines beinahe senkrechten Berges, bis sich der Blick auf die Bucht auftat, in der Westmannshaven liegt. Der Weg in Richtung des Dorfes führte entlang eines kleinen Flusses, der über eine Reihe Stufen oder Terrassen hinabstürzt – jede ungefähr vierzig Quadratfuß groß und so regelmäßig, dass sie an eine gewaltige künstliche Wasserversorgungsanlage im Verfallsstadium erinnerte.
Auf unserem Weg überquerten wir die Betten von endlosen Wasserläufen, die nun aber glücklicherweise trocken waren. Nach einem Regen würden sie wohl das Reisen im Landesinnern fast unmöglich machen. Darin fanden wir verschiedene Exemplare von Zeolith-Kristallen und Chalzedon, wofür diese Inseln so berühmt sind.
Kurz nach dem Beginn unseres Abstiegs öffnete sich die Wolkendecke und wir sahen die senkrechten Steilwände von Mygenaes, wie sie sich in der Ferne hinter Waagöe auftürmten. Sie erschienen dreimal höher als in Wirklichkeit, was am trügerischen Licht lag, das den Nachmittag prägte. Von seinem zufälligen Zustand hängt die Stattlichkeit der Landschaft entscheidend ab.
Gegen sechs Uhr erreichten wir das Warenhaus der Regierung, das einen ihrer Handelsstützpunkte bildet. Dort gegenüber wurde ein Fünfzig-Tonnen-Kutter beladen. Etwas weiter weg sahen wir voller Freude die „Maria“ ruhig vor Anker liegen. Alle ihre Segel waren längst verstaut, denn sie kam einige Stunden vor uns aus Thorshavn an.
Der Lagerverwalter lud uns zu sich nachhause ein, wo wir den Kapitän des Kutters und eine weitere Person aus dem Unternehmen antrafen. Uns wurde Kaffee und leichter französischer Wein serviert, der hierzulande vielleicht billiger war als in England.
Hier trennten wir uns für eine Weile von dem Gouverneur und dem Sysellmann, die bei einigen Freunden im Dorf übernachteten. Wir gingen an Bord der Yacht, die wir unter der Verantwortung eines stattlichen militärisch aussehenden Mannes sahen. Er trug eine Uniform mit den Abzeichen eines Unteroffiziers an den Ärmeln. Er sagte uns, er wäre einer von der Garnison der Festung und der Lotse, der uns freundlicherweise vom Gouverneur für die Dauer unserer Rundfahrt zur Verfügung gestellt wurde, und dass er das Boot von Thorshaven hierher gebracht habe. Er sprach ein wenig Englisch, und konnte sich während der Überfahrt in seemännischen Belangen erfolgreich dem Kapitän und den Männern verständlich machen.
Während des Abends schossen wir mit unserem großen Gewehr, um die Echos auszuprobieren, die wirklich gut waren. Der Lärm brachte eine Reihe Boote längsseits, die mit den Dorfbewohnern besetzt waren, welche besorgt nach dem Schiff sahen und es begutachteten. Nach ihrer Abfahrt gingen wir alle runter mit dem angenehmen Gefühl, dass keine Ankerwache notwendig ist, um uns vor der Möglichkeit eines fremden Bootes zu beschützen, das uns des Nachts heimsuchen könnte.
Ein ruhiger Ankerplatz
Innerhalb weniger Minuten war uns klar, dass die Crew die ruhige Nacht zu nutzen wusste, denn das ganze Boot schien von ihrem tiefen und unterschiedlichen Schnarchen widerzuhallen. Jedes normale Schnarchen verblasst im Vergleich zu dem eines Seemannes, wenn er sich in seiner Hängematte auf den Rücken dreht. Und die perfekte Ruhe einer Yacht vor Anker in glattem Wasser gibt jedem an Bord – egal in welchem Teil er sich befindet – reichlich Gelegenheit, daran teilzuhaben.
Gegen Mitternacht gingen wir für unseren Teil wieder an Deck, um zu schauen, wie sich das Wetter entwickelt. Dunkle Wolken zogen über uns hinweg, und der Wind, der den ganzen Tag schwach war, heulte nun durch die Schluchten, welche die steilen Abhänge der kahlen Berge rund um die Bucht durchschneiden. Die ganze Szene war extrem düster und fast deprimierend. Wir waren verunsichert, ob es Chancen auf gutes Wetter am nächsten Tage gibt, das wir so sehr brauchten, um die Westküste mit Genuss zu erleben.
Der nördliche Teil der Inseln
Mittwoch, 14. Juni. Um sieben Uhr morgens verließ der Gouverneur Westmannshaven in einem einheimischen Boot, rief beim Vorbeifahren zur Yacht hinüber und wünschte uns alles Gute. Er kehrte auf dem Weg nach Thorshaven zurück, auf dem die „Maria” gekommen war. Wir bedauerten seinen Fortgang, denn seine Gesellschaft trug wesentlich zum Genuss des Vortages bei. Wir heuerten ein einheimisches Boot an, in dem wir Teile der Küste näher besuchen wollten, als wir es uns mit der Gig der Yacht getraut hätten. Wir nahmen es in Schlepp und steuerten nordwärts an der Insel Stromöe vorbei.
Eine grandiosere Küste kann man sich nicht vorstellen. Über zehn Meilen war es eine senkrechte Wand, 1000 bis 2000 Fuß hoch. Und aus dieser Entfernung gesehen, erschien nur eine kleine Bucht als Anlegeplatz geeignet. Viele Kliffs sehen fast so aus wie herausragende Strebepfeiler und erweisen sich bei einer näheren Betrachtung als gänzlich freistehend, sodass sie es einem Boot erlauben würden, zwischen ihnen und dem Festland hindurch zu fahren. Jeder der sich damit zufrieden gibt, mit seinem Boot bloß in gebührenden Abstand an dieser Küste vorbei zu segeln, wird nur einen sehr unvollständigen Eindruck von ihren Wundern und Ausmaßen bekommen.
Die Felsen sind von tiefen Rissen und Klüften durchschnitten und an vielen Stellen mit langen Höhlen durchlöchert. In ihren fernen Nischen bricht sich die Grundsee des Ozeans und brandet mit einem düsteren Gebrüll, das selbst bei ruhigem Wetter über Meilen gehört werden kann. Vom Winter hingegen wird gesagt, dass die See gelegentlich mit einer solchen Gewalt dort herein gedrückt wird, dass der Boden merklich bebt und ein entsetzlicher Knall verursacht wird.
Eine Heimat der Seevögel
Mit Ausnahme von einem oder zwei kurzen Schauern war der Tag günstig um die Landschaft zu erleben. Es war windstill, klar und schön. Ein paar Meilen von Westmannshaven entfernt verließen wir die Yacht, um uns in einem einheimischen Boot dem Land zu nähern, mit dem wir einen bemerkenswerten Vogelberg [fuglaberg] besuchten, also ein Revier der Seevögel. Es lag in einem schmalen Sund zwischen einem gewaltigen Felshang an der Küste und einigen freistehenden Klippen, die, ihrer Form nach zu urteilen, einst einen Teil des Festlandes bildeten. Durch irgendeine Laune der Natur wurden sie davon getrennt und standen nun isoliert im Meer.
Der Effekt, diese Straße zwischen zwei senkrechten und nicht mehr als fünfzehn Yards voneinander entfernten Wänden (die eine 700 und die andere 1500 Fuß hoch) zu passieren, ist außerordentlich imposant. Einem empfindlichen Gemüt würde schwindlig beim Hochblicken werden: Die größten Möwen werden zu bloßen Punkten, bevor sie den Gipfel der niedrigeren Seite erreichen.
An diesem geschützten Ort brüten Kormorane, Möwen, Dreizehenmöwen, Alken, Trottellummen und Papageitaucher in schier unfassbarer Zahl. Die Nester liegen auf Absätzen, die entstanden, als die weicheren Schichten weggewaschen wurden. Jede Spezies bewohnt eine eigene Stufe in diversen Stockwerken. Die Papageitaucher bewohnen den höchsten Felsgrat. Ihre Weibchen sitzen in Myriaden so nah beieinander, dass sie sich berühren. Ein Ort dieser Art ist ein derart wertvolles Gut für die Leute, die in dieser Gegend wohnen, dass es Fremden nicht gestattet ist, hier Vögel zu jagen. Auch dürfen die eigenen Leute hier keine Vögel schießen, damit nicht zu viele verschreckt werden. Wir hatten leider nicht das Glück, Vogeljäger bei ihrer Arbeit beobachten zu können, aber die Vögel werden auf die selbe Weise gefangen wie auf St. Kilda und anderen schottischen Inseln. Die mit diesem Erweb verbundenen Gefahren werden weit übertrieben, und Unfälle sind heutzutage sehr selten.
Der norwegische Chronist Peter Clausen erwähnt jedenfalls ein merkwürdiges Gesetz alter Tage, das es verbot, die Leiche eines Mannes, der beim Vogelfang umkam, auf geweihtem Boden eher zu bestatten, als dass der nächste Verwandte zu dem Punkt aufsteigen will, von dem er herunter gefallen war. Ansonsten wurde davon ausgegangen, dass er sein Ende selber herbeiführte, indem er den Allmächtigen herausforderte. Dieses Gesetz ist umso bemerkenswerter, als dass es offensichtlich seinen Ursprung in der selben Vorstellung hat, die zu demjenigen führten, dass die Beerdigung von Selbstmördern bis in unsere Zeit regelt.
Der Myling-Kopf
Beim Verlassen des Vogelbergs ruderten wir entlang der Küste bis Saxen. Das Dorf liegt an einem kleinen Meeresarm, dessen Eingang eine Schlucht zwischen zwei etwa 1000 Fuß hohen und nur 200 Fuß voneinander entfernten Felshängen bildet. Ein Geisterschiff, das von niemandem beansprucht wurde, und von dem angenommen wurde, dass es von Philadelphia nach Liverpool fuhr, wurde vor einigen Jahren durch diese Passage getrieben, ohne mit einer der beiden Seiten zu kollidieren. Sein Holz liegt heute noch im Sand.
Von Saxen pullten wir zu der Yacht raus und setzten unseren Nordkurs fort. Wir entließen das einheimische Boot, für das wir keine weitere Verwendung vorgesehen hatten.
Der Mýlingur von Süden aus gesehen.
Um drei Uhr nachmittags waren wir gegenüber des Myling-Kopfs [Mýlingur], des höchsten senkrechten Kliffs der Färöer. Tatsächlich ist es mehr als senkrecht, denn es bildet am Meer einen Überhang. Wir fuhren so nah heran, dass es uns schien, man hätte einen Keks ans Ufer werfen können. Allerdings waren wir tatsächlich eine ganze Meile davon entfernt, denn Höhen und Entfernungen sind hier noch trügerischer als in der klaren Atmosphäre der Schweiz. Deshalb wurden wir ständig an der Nase herum geführt, obwohl uns doch vergangene Erfahrungen eine Lehre gewesen sein müssten.
Wir planten den Aufstieg zum Myling-Kopf von Tiornevig aus, aber der Tag war so schön, dass wir beschlossen, diese gute Gelegenheit nicht zu verpassen. Nun bedauerten wir sehr, dass wir das Westmannshaven-Boot fortgeschickt hatten, weil wir daran zweifelten, ob unsere eigenen Männer hier einen Anlegeplatz finden würden.
Wie auch immer, in der Ferne befand sich ein Fischerboot, zu dem wir die Verfolgung aufnahmen. Die Männer darin waren überhaupt nicht an Fremde gewöhnt und nutzten den leichten Wind, um uns zu entkommen. Sie kamen erst dann längsseits als sie bei uns an Bord ihre Landsleute, Mr. Müller und den Lotsen, erkannten. Die Besatzung bestand nur aus einem Mann und zwei Jungen, und obwohl ihr Boot ungewöhnlich klein war, erklärten sie sich bereitwillig, uns an die Küste zu bringen. Also stiegen wir vorsichtig hinein und machten klar, dass die Yacht nach Eide fahren und dort ankern sollte, einem Dorf in nicht allzu großer Entfernung auf Osteröe.
Die Landschaft ringsum war von solchen Ausmaßen, dass die Yacht wie ein Zehntonner aussah, als sie langsam hinter dem Stakken-Punkt [Tjørnuvíksstakkur] außer Sicht glitt – mit einer kaum ausreichenden Brise, um die Segel zu füllen. In dem überladenen Boot saßen wir so still wie möglich mit dem nervösen Gefühl, dass die kleinste falsche Bewegung uns kentern lassen könnte. Wir landeten in einer kleinen Bucht, die in südöstlicher Richtung hinter dem Myling-Kopf verläuft. Der Sysellmann schickte das einheimische Boot in ein nahes Dorf, um ein größeres zu beschaffen, mit dem es am Abend nach Eide weiter gehen sollte.
Der Mýlingur an seiner Nordflanke.
Wie schon gesagt, hängt die Westwand des Myling-Kopfs über dem Meer, aber sein Gipfel ist von dieser Bucht aus durch einen grasbewachsenen Aufstieg zu erreichen, der so steil ist, dass er kaum praktikabel ist. Wir schufteten uns hinauf. Als wir nahe am Gipfel waren, der aus einer scharfen Kante zwischen dieser Seite und der überhängenden Front des Kliffs besteht, begaben wir uns auf alle Viere und krabbelten zur Kante. Wir schauten auf das Meer in 2100 Fuß Tiefe. Der Stein, den wir hinunter warfen, fiel mehr als acht Sekunden, bis wir ihn in den blendenden Reflektionen des Wassers aus den Augen verloren.
Wehe dem unglücklichen Mann, der zehn Tage lang von Albträumen heimgesucht wird nach dem Anblick dieser schwindelnden Höhe! Mit Sicherheit wird er Stunden unruhigen Schlafes durchmachen, in denen er durch die Luft gewirbelt wird und sich verzweifelt an den Seevögeln festzuhalten versucht, um sein Schicksal aufzuhalten. Er holte dann mit einem Seufzer des Schreckens Luft, wenn er sich einbildete, jeden Moment in den brandenden Wogen dort unten begraben zu werden.
Auf dem Rückweg hätte uns ein Zinnteller den Abstieg erleichtert, mit dem wir früher die Hänge unseres heimischen Rasens hinabrutschten, und woran wir uns noch gut erinnern konnten. Aber auch ohne einen solchen legte einer unserer Gefolgsleute einen großen Teil des Abstiegs zurück, indem er sich zum Vergnügen der unten stehenden Bootsleute auf den Hosenboden setzte. Sie müssen sich gefragt haben, ob das etwa eine normale Fortbewegungsmethode der Fremden ist und möglicherweise die Robustheit der Kleidung beneidet haben, die solch einen Test besteht.
Mit einem Dosenbarometer maßen wir die Höhe des Myling-Kopfs und stellten fest, dass er 2100 Fuß hoch ist, was 400 Fuß weniger ist, als ihm normalerweise zugeschrieben wird. Als wir unten ankamen, sahen wir ein schönes großes Boot mit zwölf Mann Besatzung auf uns warten. Gemäß ihrer steten färöischen Gastfreundschaft verlangten sie keinerlei Geld dafür, uns nach Eide zu fahren. Stattdessen wollten sie durch das Schiff geführt werden, da sie auf jedes einzelne Teil extrem neugierig waren.
Auf unserem Weg dorthin fuhren wir zwischen einem isolierten Felsen namens Stakken [Stakkur] und dem Festland hindurch, die beide eine Schlucht mit parallelen 800 Fuß hohen Wänden bilden. Die Klippe auf der Landseite hing so sehr über der Passage, dass wir zwischen ihrem Fuß und einigen Wasserfällen hindurch ruderten, die von seinem Gipfel ins Meer stürzen. Und das Ausmaß dieses Überhangs korrespondierte exakt mit der Rückseite des gegenüberliegenden, während alle Unebenheiten in ihren zugewandten Seiten exakt ineinander gepasst hätten, wenn die freistehende Klippe wieder an ihren Platz am Mutterland gestellt werden können.
„Heights that appear as lovers who have parted
In hate, whose mining depths so intervene
That they can meet no more, though broken-hearted.“
Am Ende dieser Kluft bekamen wir zwei merkwürdig geformte isolierte Felsen zu Gesicht, die in einer Höhe von einigen hundert Fuß aus dem Wasser ragten – gleich gegenüber vom Kodlen [Kollur], einer senkrechten, 1200 Fuß hohen, Landspitze am nordwestlichen Ende von Osteröe. Einer dieser Felsen ist durch einen natürlichen gotischen Bogen durchbrochen, was sehr entfernt an einen Mann mit gespreizten Beinen erinnerte und ihm den Namen „Riese“ einbrachte, während der andere, durch den kein Licht durchscheint, sein „Weib“ genannt wird.
Gegen sechs Uhr abends erreichten wir Eide, ein großes Dorf in traumhafter Lage. Wir gingen aber nicht an Land, sondern waren glücklich, uns nach dem anstrengenden Tag auszuruhen.
Gefährliche Strömungen
Kalsoy von Norden aus gesehen.
Donnerstag, 15. Juni. Wir segelten von diesem Ort am frühen Morgen zum Fjord zwischen Osteröe und Kalsöe, aber der Wind ließ nach und die Tide trieb die Yacht wieder seewärts. Während sie so umhertrieb, besuchten wir mit der Gig einen anderen Vogelberg nahe Kadlenen-Kopf [Kallur], wo die Felsen im wahrsten Sinne des Wortes weiß von Dreizehenmöwen waren. Jedenfalls ist es nicht sehr sicher mit einem kleinen Boot ohne einheimischen Führer unterwegs zu sein, denn obwohl die Gefahren durch Strudel rund um die Färöer in den älteren Beschreibungen maßlos übertrieben wurden und dort nicht einer mit der Stärke des Corryvrechan [vor den Hebriden] verglichen werden konnte, so strömt doch die Tide manchmal mit überwältigender Kraft durch die engen Fjorde
Während wir den unzähligen umherflatternden Vögeln zusahen, bemerkte der Sysellmann, dass wir heimtückisch in Richtung einiger unterseeischer Felsen trieben, die von einem Strudel umgeben waren. Offensichtlich nahm die Strömung immer mehr zu, je näher wir kamen. Wir wurden der Gefahr noch rechtzeitig gewahr und pullten ohne Schwierigkeiten davon, aber ein Boot in unerfahrenen Händen könnte leicht daran „scheitern“, indem es zu sehr in die Strömung gerissen wird und sinkt.
Wir kehrten zur Yacht zurück, die in der Zwischenzeit der See hilflos ausgeliefert war und lagen völlig in der Flaute. Wir vertrieben unsere Zeit mit Angeln und fingen einige Dorsche.
Mittags frischte eine leichte Brise auf und brachte uns in den Fjord zwischen den Inseln Kunöe und Kalsöe, beides nicht viel mehr als lange Bergrücken, die bis zu einer Höhe von 2000 Fuß aus dem Wasser ragen – mit sehr steilen und teilweise schrecklich öden Hängen, an denen von oben bis unten keinerlei Erde ist. Ihre nordwestlichen Spitzen enden – wie diejenigen fast der gesamten Inselgruppe – in senkrechten Kaps zwischen 1000 und 1500 Fuß Höhe. Die Gestalt der Berge der Nordinseln ist außerordentlich vielschichtig, und die meisten von ihnen sind sehr bemerkenswert. Die Gipfel sind manchmal extrem scharf und schroff und in die allerphantastischsten Formen zerklüftet. Andere wiederum sind kegelförmig und von einer Ebene gekrönt.
Letzteres ist beim Slatterkind [Slættaratindur], dem höchsten Berg auf Osteröe mit 2900 Fuß, der Fall. Gelegentlich nehmen die Hügel eine Pyramidenform an, die so gleichmäßig ist, dass man sich nur schwer vorstellen kann, sie seien nicht von Menschenhand, zumal ihre nackten Wände verschiedene parallele Schichten zeigen, die in fast mathematischer Präzision im gleichen Abstand zueinander angeordnet sind.
Aber wie auch immer ihre Form aussehen möge: die Hänge sind unterschiedslos abschüssig, und zwar derart, dass in Kalsöe und Kunöe nur vier oder fünf geeignete Anlegeplätze existieren, wovon einige sehr unbequem sind. Das Dorf Mygledahl auf der erstgenannten Insel liegt beispielsweise auf einer Höhe von sechzig Fuß über dem Meer, sodass die dortigen Boote mit Seilen ins Wasser gelassen werden müssen. Seine Landverbindung ist kaum einfacher, denn die Berge ringsherum sind nur auf einem gefährlichen Pfad passierbar.
Den Einheimischen einen Streich spielen
Streich mit den Einheimischen von Mikladalur.
Als wir beobachteten, dass zwei Boote von diesem Dorf ablegten und uns aus gebührendem Abstand beäugten, wollten wir den Effekt ausprobieren, den zwei abscheuliche Masken auf diese einfachen Gemüter ausüben.
Entsprechend wurden zwei Jungs ordentlich mit solchen versehen, und mit ihren roten Segelmützen im Beiboot losgeschickt. Das kleinere der einheimischen Boote nahm sofort Reißaus, als sich das unsere näherte, aber die zehnköpfige Crew des anderen, größeren, pullte kräftig los, um die Fremden Willkommen zu heißen. Als sie sich näherten, zogen sie ihre Hüte.
Es war für uns herzzerreißend, als wir dieser Höflichkeit gewahr wurden, aber es war zu spät: Die beiden Boote kamen einander näher, und unsere Jungs, die bisher nicht ihre Gesichter gezeigt hatten, drehten sich nun zum Gruße um.
Der Effekt war enorm. Im selben Moment wurden die zehn Hüte wieder auf ihre jeweiligen Köpfe aufgesetzt und ihre Besitzer ruderten hinfort, als wenn es um ihr Leben ginge.
Die Seeschlange persönlich wäre keine größere Sensation gewesen. Unsere beiden Bengel verfolgten die Färinger noch ein Stück aber wurden bald abgehängt. Die unterschiedliche Größe der Boote und ihrer Mannschaften bildete einen höchst drolligen Kontrast. Vielleicht verschreckte sie die kleine Statur der Jungs am meisten. Schließlich zählt Landt auf der Liste der färöischen Geister Niagruisars [niðargrísar] auf als „kleine Wesen in menschlicher Gestalt mit roten Mützen, von denen geglaubt wird, dass sie Glück an den Ort bringen, wo sie sich niederlassen.“ Wir probierten nie wieder irgendwelche Streiche mit den Einheimischen aus und fühlten uns wegen dieses hier halbwegs beschämt, als wir das Ausmaß ihrer Angst sahen.
Wir hatten in diesem Fjord eine gute Gelegenheit, die merkwürdigen Gepflogenheiten der Großen Raubmöwe [Stercorarius skua] zu beobachten. Dieser Vogel ist der Wegelagerer der Lüfte und fischt niemals selber, sondern besorgt sich seine Nahrung durch Verfolgung seiner kleineren Vettern, wenn diese gerade einen Fisch verschluckt haben, bis sie ihn ausspucken. Dann stößt die Skua herunter und pickt ihn auf.
Eine von ihnen war auf ihren niederträchtigen Lebensunterhalt bedacht, als sie einen kleinen Seevogel minutenlang immer wieder um den Mast der „Maria“ jagte, bis wir mit einem doppelläufigen Gewehr auf sie ansetzten und mit dem ersten Schuss ins Meer plumpsen ließen – zum großen Entzücken unseres Lotsen. Das auserkorene Opfer flog kreischend davon und war viel zu erstaunt, um seine Rettung würdigen zu können.
Handelsbräuche
Erinnert an die Pyramiden von Kairo: Südspitze von Kunoy von Klaksvik aus gesehen.
Der Wind wurde am Nachmittag so flau, dass wir in der Bucht von Waal [Klaksvík] auf der Insel Bordöe gegenüber dem gleichnamigen Ort ankerten, denn wir befürchteten, dass uns die Tide ansonsten wieder zurücktragen würde. In diese Bucht ragt die Südspitze Kunöes [Kunoy] hinein, ein Berg mit der selben Form und fast ebenso gleichmäßig wie die Große Pyramide in Kairo, wobei eine Anzahl gleichgroßer Stufen an seinen Seiten diesen Eindruck noch mal verstärkt.
Waal ist einer der drei Handelsstützpunkte der Regierung, aber der Leser soll nicht glauben, dass die Bucht deshalb voll von Schiffen gewesen wäre, denn keins war zu sehen, und drei oder vier jährliche Besuche eines Fünfzig-Tonnen-Kutters reicht für die Handelstätigkeit an diesem Ort aus. Der Haupthandelsplatz ist in Thorshaven, und deswegen bringt der kleine Kutter ausländische Artikel und kehrt mit einheimischen zurück. Die werden dann mit denen der anderen Stationen in die Schoner nach Kopenhagen verfrachtet.
Beim Anlanden trafen wir den Regierungsvertreter, der uns eine Lagerbesichtigung anbot. Es war ein Einheimischer aus Suderöe und hat dort ein wenig Englisch mitbekommen. Wir folgten ihm durch drei oder vier Schuppen, die ungefähr so groß waren, wie kleine englische Scheunen. Jeder Haupthandelszweig hatte seinen eigenen dafür vorgesehenen Raum, während der Mittlere als richtiger Laden mit einem Tresen, einer Waage und so weiter, ausgestattet war.
Offensichtlich betreibt die Regierung mit den Konsumenten und Produzenten einen direkten Einzelhandel ohne Zwischenhändler. Also werden viele dazwischenliegende Profite zugunsten der Einwohner eingespart.
Seit vielen Jahren wird in Dänemark die Öffnung des Handels dieser Inseln gegenüber dem allgemeinen Wettbewerb diskutiert. Bisher wurden aber keine Schritte in diese Richtung unternommen, und es erscheint fragwürdig, ob es weise wäre, so zu verfahren. Ohne Zweifel steht das gegenwärtige System in direktem Widerspruch zu den Maximen der politischen Ökonomen und tendiert dazu, die Einheimischen sowohl vom Austausch mit anderen Nationen auszuschließen, als auch sie an der Entfaltung aller ihrer Ressourcen zu hindern. Auch kann nicht daran gezweifelt werden, dass die Färöer eine größere Bevölkerungszahl haben könnten.
Das Volk ist jedenfalls so gut dran, dass die Effektivverzinsung an Glücklichkeit und Unschuld pro Acre [Morgen] im Verhältnis zum Bodenertrag wahrscheinlich größer ist, als in jedem anderen europäischen Land. Extravaganz und die damit verbundene Kriminalität wird hier nicht durch fremdes Beispiel verbreitet. Durch die Abwesenheit jeglicher Arbeitsteilung verfügt es über eine Vielseitigkeit, die es sehr intelligent macht. Nebenbei ist es religiös, wohlgenährt und zufrieden.
Ihr großer Fehler ist eine Gleichgültigkeit – ja fast schon eine Abscheu – vor der Übernahme von verbesserten Methoden des Fischfangs, Handwerks und Landbaus. Zweifelsohne ist dieses Übel den eigentümlichen Bedingungen zuzuschreiben, und es scheint uns doch so, dass es durch die vielen Segnungen mehr als kompensiert wird. Färinger besuchen das Boot
Nachdem wir uns die Lagerhäuser angesehen hatten, unternahmen wir einen Spaziergang und schossen ein paar Schnepfen, die es hier im Tal zum Überfluss gibt. Der Bauer auf dem Grundstück protestierte zunächst, bis wir ihm für jeden Vogel eine Kleinigkeit bezahlten. Da die Vögel für ihn wertlos waren, schienen sich seine Landsleute für seine Forderungen zu schämen und entschuldigten sich für sein Benehmen, zumal er halt ein wenig beknackt sei.
Am Abend kamen diverse Einwohner zur Schiffsbesichtigung. Und tatsächlich: Wo immer wir ankerten, waren wir fast so eine Shau wie eine chinesische Dschunke in England. In der Nacht hatten wir zwar einige Schauer, aber der vorherige Teil des Tages war genauso schön wie ein Sommertag in England.
Dinieren mit dem Gouverneur
Wir verließen das Boot in Welbestadt, wanderten über die Hügel und erreichten um acht Uhr die Yacht in Thorshaven. Wir waren zu hungrig und müde nach den Anstrengungen der Nacht, um während des Morgens an Land zu gehen. Da wir aber vorhatten, am Abend nach Schottland aufzubrechen, mussten viele Vorbereitungen an Bord getroffen werden.
Um fünf Uhr Nachmittags waren wir beim Gouverneur zum Dinner verabredet. Dort trafen wir seine Gattin, verschiedene andere Ladies und die meisten der Beamten. Nach dem Dinner zogen sich alle Ladies und Gentlemen gleichzeitig in den Salon zurück. Gemäß der dänischen Sitte schüttelten sie die Hände der Gastgeber und untereinander – nicht etwa, um sich auf den baldigen Aufbruch vorzubereiten, sondern als Ausdruck ihrer aufrichtigen Gefühle angesichts der Beendigung eines belebenden gesellschaftlichen Essens. Dann wurden Kaffee und Zigarren gereicht. Während wir so zum Plausch beieinander saßen, sahen wir aus dem Fenster die Yacht unter vollen Segeln im Sund hervorstechen, wie sie dort beidrehte und auf uns wartete.
Wir sagten dem Kapitän, dass er, um Zeit zu sparen, Anker lichten solle, sobald der Wind günstig stand. Also sagten wir Lebewohl zu unseren netten Freunden und folgten in der Gig. Nicht ohne aufrechtes Bedauern verabschiedeten wir uns vom Gouverneur. Nach all seiner Freundlichkeit uns gegenüber, besonders da sie so unwahrscheinlich war, würden wir ihn jederzeit gerne wieder sehen.
Mr. Müller kam aus Westmannshaven nicht zurück, sodass wir ihn nicht mehr sahen und keine Gelegenheit hatten, sich für die unbezahlbaren Dienste zu bedanken, die er uns zu Teil kommen ließ. Als wir an Bord kamen, hievten wir unsere Boote hoch und hissten die Flagge. Wir feuerten dreimal Salut, was von der Festung mit sehr stattlichen fünf Salven erwidert wurde. Ruder windwärts, eine Halse, und wir standen recht im Wind – heimwärts!
Lebewohl zu den Inseln
Der Wind frischte weiter auf, und der Abend war so schön, dass wir noch lange an Deck blieben – widerwillig den allerletzten Blick auf Inseln zu werfen, wo wir eine so glückliche Woche verbrachten. Ob eine Zeitspanne lang oder kurz erscheint, liegt viel mehr an der Zahl der Eindrücke, als an der Zahl der verbrachten Stunden. Wir konnten uns nur schwer vorstellen, dass es lediglich sechs Tage waren, seitdem wir die Scraal-Spitze [Skálhøvdi] umrundeten. Damals erschien sie in der Pracht des Sturms und Nebels, aber jetzt sieht sie in den Farbschattierungen des friedlichen Sonneuntergangs nur halb so groß aus.
Mit dem Wetter hatten wir außerordentliches Glück und sahen mehr von den Färöern in sechs Tagen, als man häufig in mehreren Wochen sehen würde (denn es gibt nur wenige Länder, wo der Reisende derart von den Elementen abhängig ist, weil es keinen anderen Verkehrsweg als das Wasser gibt). Unsere Zeit wurde durch unvorhergesehene Verspätungen beschnitten, die unsere Abfahrt aus England verzögerten. Tatsächlich erlebten wir nicht die schlimmsten Seiten des färöischen Wetters. Die Nächte waren zwar verregnet und kühl, aber die Tage schön und klar. Unsere Nachforschungen ließen uns zu dem Schluss kommen, dass die Färöer nicht mehr vom Nebel betroffen sind, als viele Orte an der Ostsee. Auch bemerkten wir keine dieser launischen Sturmböen, die manchmal bei Ostwind an der Westküste aufkommen, wie sie von vorbeifahrenden Schiffern aufgrund ihrer Plötzlichkeit und Gewalt registriert wurden. Grund und Ursprung dieser Böen wurden unserer Meinung nach nie zufriedenstellend erklärt. Nach all dem was wir hörten, neigen wir nun zu der Annahme, dass sich die berüchtigten Wirbelstürme der Inseln auf bestimmte Stellen begrenzen und durch die besondere Form der Felsen entstehen, nicht aber durch atmosphärische Zustände. Mr. Müller hat in den umliegenden Gewässern nie einen beobachtet, und bei denjenigen auf die Debes anspielt, scheint es sich um Wasserhosen zu handeln.
Der Große Diamant
Um elf Uhr waren wir gegenüber des Großen Diamanten. Diese Insel sticht selbst für färöische Verhältnisse durch ihre unzugängliche Küste hervor.
Hier lebt ein einzelner Bauer. Zusammen mit seiner Familie und den Arbeitern sind es zwanzig Leute, welche die gesamte Einwohnerschaft bilden. Ohne Strand haben sie kein eigenes Boot, und wenn sie eines benötigen, müssen sie an einer auffälligen Stellen ein Strohfeuer als Signal für eine Nachbarinsel entzünden.
Vor einigen Jahren ließen sie alle ihre Feuer ausgehen und bezahlten ihre Unachtsamkeit mit sechs Wochen ohne Feuer mitten im Winter. Not macht erfinderisch, wie man sagt; und so machten sie schließlich auf sich aufmerksam, indem sie an einem Hang die gesamte Grasnarbe abtrugen. Das erregte die Neugier der Nachbarinsulaner so sehr, dass sie ein Boot entsendeten, um zu schauen, was mit den Leuten vom Großen Diamanten los sei.
Nur bei sehr ruhigem Wetter kann die Insel überhaupt angesteuert werden. Wochenlang ist ihre kleine Gemeinde zu ihrem felsengebundenen Gefängnis verurteilt und hat keine Möglichkeit, sie zu verlassen.
Der Geistliche des zuständigen Pfarrbezirks wagt , wie bereits gesagt, den Besuch nur einmal im Jahr. Da Dinge im Verhältnis zu ihrer Zugänglichkeit wertvoller werden, sind seine Zuhörer ohne Zweifel nicht weniger aufmerksam, nachdem sie ihn unter Anstrengungen in einem Korb mehrere hundert Fuß von seinem Boot aus hochgehievt haben.
Der Bauer der den Großen Diamanten gepachtet hat, ist einer der reichsten Männer der Färöer. Obwohl das Weideland etwa vierzig Ochsen und fünfhundert Schafe ernährt, beträgt die Pacht nicht mehr als fünfzig Dollar im Jahr. Daneben übertreffen die Felsen alle anderen Vogelberge in der Zahl der hier gefangenen Seevögel.
In „Faeroe Reserata“ erzählt Debes von einem tragischen Vorfall, der sich einst auf dieser Insel ereignete. Der Bauer wurde von seiner Gemahlin ermordet, die eine „heimliche Liebschaft“ mit einem der Arbeiter hatte. Da die Küste jedoch eine solch starke natürliche Festung darstellt, dauerte es lange, bis die Behörden in Thorshaven die Delinquenten vor Gericht stellen konnten. Schließlich wurden die anderen Bediensteten der ständigen Wache für diejenigen, an deren Schuld sie keinen Anteil hatten, müde und wurden unvorsichtig. Die Insel wurde in einem Überraschungsmoment genommen, und die Beschuldigten erfuhren die gerechte Strafe für ihr Verbrechen.
Heimwärts
Sonntag, 18. Juni. Der Wind drehte sich über Nacht allmählich nach ostwärts und nachdem wir eindrehten, verriet uns ein – den Yachtsportlern vertrautes – Gurgeln unter unseren Kopfkissen, dass wir schnell durchs Wasser gleiten.
Kurz nach Mitternacht sichteten wir den Mönchsfelsen [Sumbiarsteinur], von dem der wachhabende Kamerad sagte, dass er korrekt beschrieben sei, wenn gesagt wird, dass er aus der Entfernung wie ein Schiff unter Segeln aussieht. Er liegt etwa fünf Meilen südlich von Suderöe und war unser letzter Blick auf die Färöer.
Die See im nördlichen Ozean erhebt sich mit wenig Ermutigung und ist sehr mürrisch und unregelmäßig. Als wir uns am Morgen rasierten und bekleideten, erinnerte sie uns unmissverständlich daran, dass wir nicht länger im Hafen lagen. Das Frühstück hätte trotz eines sehr ausgetüftelten Schwingtisches die Kunstfertigkeit eines chinesischen Jongleurs erfordert.
Es gibt keinen besseren Platz als das Meer, um den Unterschied zwischen theoretischen und praktischen Erfindungen zu testen. Unglücklich der Mann, der auf Patente vertraut! Fünfhundert Erfindungen die in der gemütlichen Umgebung eines Docks bewundert werden, versagen kläglich beim ersten schweren Rollen.
Um elf Uhr wurde der Tag nieselig. Der Wind kam von Ost und für blies mehrere Stunden so hart, dass wir das Großsegel zweimal reffen und Vor- und Stagsegel einholen mussten.
Sowohl Wind als auch Wellen kamen dwars, sodass das Boot sehr heftig leewärts schlingerte. Die Gefahr voll laufen zu können, zwang uns, die Fensterluken zu bedecken und in der Kabine Kerzen anzuzünden. Trotzdem drang durch die Kajütenseitenwände gelegentlich Wasser ein.
Zu allem Überdruss brach zufälligerweise der Rauchabzug der Kombüse ab, und das gesamte Schiff wurde mit einem Gemisch aus Kohlenrauch und Kochdunst gefüllt. Dann machte sich ein Fass selbständig und entleerte eine Cheshire-Käse und alle unsere Kartoffeln durch das leeseitige Speigatt. Und glücklich ist der Mann, dessen Lieblingshund sich nicht in den Achterspind geflüchtet hat und jaulend mit einem Angelhaken im Fell raus kommt.
Es ist einfach so, dass eine Yacht in schwerer See kein angenehmer Ort ist, wenn man nicht vor dem Wind segelt. Aber die rauen Tage sind äußerst dünn gesät, und am Ende eines durchaus erfolgeichen Törns sind diese unbedeutenden Unbequemlichkeiten vor dem Hintergrund der Masse an glücklichen Erinnerungen vergessen.
Insgesamt verbrachten wir einen äußerst ungemütlichen Sonntag, und wir konnten uns auch mit nichts ablenken, was den Tag angemessener gemacht hätte. Tatsächlich hatten wir einige dicke Theologiebücher an Bord – analog zum Konservenfleisch, um frische Artikel zu ersetzen, falls wir zu weit vom Land entfernt sein sollten. Aber da alles umherflog, war es unmöglich zu lesen. Da das Deck weit weniger unbehaglich war als die Kajüte, begaben wir uns dorthin und verbrachten die Zeit mit Zigarrenrauchen, wobei wir die Glut mit unseren Händen vor der über uns fliegenden Gischt schützten.
Die Yacht erwies sich als sehr wetterfest. Sie nahm kaum Wasser auf außer ein paar Eimervoll mittschiffs oder am Bug. Voll Bewunderung sahen wir sie in einer Art über die Wellen gleiten und ihnen oft ausweichend, die schon fast magisch erschien in den Momenten, wo sie sich gleich über ihr Deck zu ergießen schienen.
Am Nachmittag flaute es ab. Um 5.30 sichteten wir durch den Dunst einen halben Strich backbord Barra Rock. Um 9.30 abends passierten wir den Butt of the Lewis im Südwesten bis Süden und schafften damit die 214 Meilen von Thorshaven in vierundzwanzig Stunden. Keine schlechte Leistung für so ein kleines Boot, wenn man bedenkt, dass wir zuerst schwachen Wind hatten und danach in schwere See gerieten, die uns daran hinderte, mehr Segel zu führen, wie wir es in ruhigerem Wasser hätten tun können.
Enttäuschungen
Montag, 19. Juni. Wir fuhren durch die Nordmündung des Raasay Sounds und fanden uns gegen zwei Uhr in einer Flaute gegenüber Portree liegend wieder. Dort lagerte die Post an uns, und begierig auf die Nachrichten der Freunde und vom Russischen Kriege eilten wir in die Gig, um uns in dem Haufen an Briefen und Zeitungen zu ergehen, den wir hofften vorzufinden.
Aber ach, die menschliche Hoffnung! Wir waren, wie so viele andere, zur Enttäuschung verdammt. Der Mann auf dem Postamt nahm seine Brille auf und schaute mit quälender Bedächtigkeit über die Briefe, um uns die unglaubliche Tatsache mitzuteilen, dass nichts für uns dabei wäre. Wir konnten uns kaum vorstellen, dass er unsere Namen richtig gehört hat, weil doch unsere Freunde mit Sicherheit geschrieben hätten. Aber als wir schließlich beim Durchblättern der Briefe selber von der traurigen Wahrheit überzeugt wurden, kannte unsere Enttäuschung keine Grenzen.
Nun, wir wollten hier nicht auf eine rein persönliche Angelegenheit anspielen, wenn nicht diese Lektion eine nützliche Warnung an diejenigen Reisenden wäre, die Skye besuchen möchten. Unsere Freunde dachten in ihrer Naivität, dass ein Brief nach Portree nicht länger bräuchte als einer von London nach Wien. Wegen unserer Enttäuschung und trotz unserer Verspätung um ein oder zwei Tage nach der verabredeten Zeit, lautet die Moral der Geschichte, dass du deinen englischen Brieffreunden erzählen sollst, sie mögen sechs Tage für die Briefzustellung einkalkulieren. Wir gaben Briefe in Portree und zwei Tage später andere in Oban auf, und alle kamen mit der selben Post an.
Am nächsten Morgen waren wir schon früh los und fuhren durch die Sunde von Kyle Aikin, Sleate und Mull – eine Landschaft die von talentierteren Schreibern beschrieben wurde. Am Morgen des 22. Junis um sechs Uhr ankerten wir in Oban.
Hier verließen wir die „Maria” und nahmen den Dampfer nach Glasgow. Es war ein trauriges Ankommen in der Welt. Anstatt alles selber bestimmen zu können, waren wir wieder zu Nobodys reduziert – ständig hin und her geschubst auf einem dreckigen Deck und überall rußbedeckt. Oft dachten wir liebevoll an unsere kleine Yacht zurück, die nun ruhig vor Anker lag, während wir durch den Kerrera Sound dampften. Schweren Herzens verloren wir hier ihre schlanken Topmasten aus den Augen. Nichts außer einer genussvollen Retrospektive erinnerte noch an jene Expedition, nach der wir uns so gesehnt hatten und die uns so gefallen hat. Aber das tröstete uns, und wir hoffen auf fernere Reisen in der nächsten Saison.
„The moments past, if thou art wise, retrieve
With pleasant memory of the bliss they gave;
The present hours in present mirth employ,
And bribe the future with the hopes of joy.“
Prior.
ENDE
Texte: Originaltitel:
A NARRATIVE OF THE CRUISE OF THE YACHT MARIA AMONG THE FEROE ISLANDS IN THE SUMMER OF 1854
Erscheinungsdatum: 1855
Deutsche Übersetzung: Arne List im Sommer 2004
Quelle: Faroestamps.fo (Quelle des Originaltexts)
Tag der Veröffentlichung: 23.03.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An alle Norddeutschen mit Missionsauftrag in Hessen