Cover

Götter werden nicht geboren, sondern sie werden geschaffen.



Eine fast christliche Betrachtung einer hessischen Geburt.
Aus friesischer Sicht.



Wir schreiben das Jahr 1950. Es ist der 16. November und zudem ein Donnerstag in Frankfurt.
Der Weltkrieg ist erst seit wenigen Jahren beendet. In seiner neuen Ordnung ist Hessen zu diesem Zeitpunkt 5 Jahre alt.


Etliche Kilometer weiter nördlich an den Deichen des ostfriesischen Küstenlandes, wenden einige Weise ihren Blick gen Süden.
Sie erblicken am Himmel einen apfelweinfarbenen Stern, erinnern sich an die klassische Geschichte und folgen der Erscheinung mit der dem Eingeborenen eigenen Neugier.

Auf ihrem Weg nach Hessen lassen sie den Harz links liegen.
Die Begriffe „Har(t)z“ sowie „Links“ werden unserem kleinen Gott in seiner späteren Schaffenszeit erneut begegnen.
Denn unser in der Geburtsphase befindliche Hesse, wird in die christlichen Adenauer-Zeit hinein geboren. Also in eine Zeit der angepassten und zielstrebigen Zeitgenossen. Nicht wirklich schlimm, aber unter den Talaren sammelt sich weiterhin der Muff von tausend Jahre.

Fast zwei Jahrzehnte später wird unser Jung-68er diesen Dunst mit Geist und kleiner Faust bekämpfen. Kurzum als ein Gott der Worte und im Sinne eines hessischen Hamlet.
Unsere Reisenden aus dem fernen Friesland haben derweil Frankfurt erreicht.
Diese alte Handels- und Messestadt krönte schon immer mit Hingabe die jeweiligen Kaiser. Ein wirklicher Gott fehlte aber immer in der umfangreichen Ahnengalerie. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist Frankfurt irgendwie immer ein wenig „gerne-gross“. Ein nicht wirklich zu einhundert Prozent gesegneter Ort für die Geburt eines Gottes. Unsere Hessenlandentdecker vermuten nicht zu Unrecht den Geburtsort in Sachsenhausen.

Ein später zugereister Hofrat, wird seine zwar nicht unbedingt sachlich begründeten Kritikpunkte am hessischen Volksstamm mit einem wohlwollenden Lob auf die Region am südlichen Mainufer entschärfen. Dieser Landstrich lässt Platz für Apfelwein, grüne Soße und weitere schmackhafte Hausmannskost.

Der Geburtsort für einen besonderen Gott befindet sich selbstverständlich im Dunstkreis der Apfelweinlokale. Unsere Weisen aus Friesland finden unseren Gott in den Armen der Mutter vor. Er ist kein Erstgeborener und kein Prototyp.

Die Mutter verfügt über eine Vorserie, ebenfalls männlichen Geschlechts. Unser Göttlein erweckt sofort bei allen Betrachtern eine gewisse Erfurcht. Sein Ver-halten ist nicht gerade von Sportlichkeit geprägt. Denksport ja, aber körperlicher Stress? Der Einsatz des Geistes folgt nicht immer der Logig.
Auf dem Weg zum angestrebten Studienplatz verleiten unseren Bub gewisse Umstände zum Themenwechsel. Für seine zeitweiligen Interessen riskierte er schon einmal ein Auge. Er wird dennoch ein studierter Doktor, Autor, Journalist und Mitglied der Frankfurter Literaturszene.

Es reichte aber nie so richtig zum göttlichen Auftritt. Unser Hesse fühlt sich verkannt. Die Welt ist für seine Kunst noch nicht reif. Ein solcher Erdball hat den Auftritt dieses Schriftstellers nicht verdient. Er zieht sich zurück, entgleitet der Welt. Schade.

Irgendwann der Neuanfang. Glückliche Umstände und vielleicht auch hilfreiche neue Freunde wecken die Lebensgeister. Er schreibt, hält Lesungen, knüpft Kontakte und sieht Perspektiven.

Ein Nachfahre der Weisen aus Ostfriesland lernt ihn kennen - findet unseren Autor irgendwie göttlich.

Ein Gedanke, der unserem Geburtstagskind nicht abwegig vorkommt.
Götter werden also nicht geboren, sondern sie schaffen sich selbst.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 21.02.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Goethe und seine Freunde

Nächste Seite
Seite 1 /