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Er traute seinen Augen kaum, als er zu seinem Boss ins Büro kam. Hier erwartete ihn sein neuer Klient – ausgerechnet Rob Carter. Carter war einer der reichsten Unternehmer der Stadt und der Alptraum seiner Kindheit.
„Paxton, schön dass Sie da sind. Dies ist Rob Carter. Mr. Carter, dies ist Paxton Bennett, ihr neuer Personenschützer.“ Rob Carter schaute ihn mit einer Mischung aus Arroganz und Überlegenheit an, typisch für Typen wie ihn. Offensichtlich erkannte er Paxton jedoch nicht, was jedoch nicht weiter verwunderlich war, hatte er sich in den 10 Jahren seit ihrer gemeinsamen Schulzeit komplett verändert.
„Haben Sie die nötige Qualifikation?“ fragte Carter mit hochnäsigem Ton.
„Mr. Carter, ich würde nicht für Ranhouse Security arbeiten, wenn ich nicht die nötigen Qualifikationen hätte.“ antwortete Paxton kalt. Sein Boss bemühte sich gleich, seine Antwort ins rechte Licht zu rücken:
„Paxton war vier Jahre bei den Seals und ein weiteres Jahr Special Forces. Er hat eine Scharfschützenausbildung und ist bestens im Nahkampf ausgebildet. Er gehört zur Elite unserer Firma, seien Sie versichert. Sie sind in den besten Händen, Mr. Carter.“
Paxton hegte eine tiefe Befürchtung, auf der Schleimspur seines Chefs aus zu rutschen, doch Carter sonnte sich regelrecht in der Aufmerksamkeit, die Ranhouse ihm bot.

Eine Stunde später saß Paxton in der Limousine auf dem Beifahrersitz, auf dem Weg zu Carters Anwesen. Carter bestand darauf, dass er twentyfour – seven zu seiner Verfügung stand, also musste er wohl oder übel für die Dauer seines Auftrags in das Haus mit einziehen. Der Chauffeur hatte Carter zu seiner Vorstandssitzung gefahren und war dann mit Paxton zu dessen Appartement gefahren, um seine Sachen zu holen. Nun hatte er drei Stunden Zeit, sich auf dem Anwesen im Angestelltentrackt ein zurichten, bevor er mit dem Chauffeur wieder los musste, um seinen neuen Boss ab zu holen.
Das Anwesen war wirklich riesig und unglaublich protzig. Zwar hatte er es schon oft in Berichten in der Boulevardpresse gesehen, doch in Natura übertraf es einfach alles.  Das Haus hatte 64 Zimmer, die allein von Carter und seiner Familie bewohnt wurde. Seitlich gab es einen schlichteren Anbau, in dem sich die Zimmer für die Angestellten befanden. Hinter dem Haus war ein 2 Hektar großer Park mit Tennis- und Golf-Platz, Stallungen und einem Rosengarten.
Die Zimmer der Angestellten waren zweckmäßig aber nicht weniger mondän eingerichtet. Jeweils ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer und ein eigenes Bad mit Wanne und Dusche gehörten zu jeder Suite.
Essen gab es für alle von der Köchin zubereitet zu festen Zeiten im Gemeinschaftsraum.
Paxton verstaute seine Taschen in seinen neuen Räumlichkeiten und ließ sich dann im Gemeinschaftsraum von der Privatsekretärin von Mrs. Carter – Elena Nowotny – dem restlichen Personal vorstellen. Das Personal bestand aus acht Personen:

Tony Wels, dem Chauffeur,
Louisa dela Crus, der Köchin,
Claudia Bellows, Küchenhilfe,
Francis Delcow, der Gärtner,
Rachel Thomas, Zimmermädchen,
Jane Thomas, Zimmermädchen,
Alfred Molinar, Privatsekretär von Mr. Carter und eben Elena Nowotny.
Mit Ausnahme von Molinar und Nowotny waren alle sehr freundlich und aufgeschlossen und begrüßten ihn freundlich.

Zwei Stunden später saß er wieder in der luxuriösen Limousine, dieses Mal im Fond zusammen mit seinem Auftraggeber, den er mit Tony Wels abgeholt hatte. Rob Carter war bereits mit dem Telefon am Ohr aus seinem Büro gekommen und war – weiter telefonierend – aus dem 40sten Stockwerk mit dem Privatlift in die Tiefgarage gefahren und ins Auto eingestiegen. Während dieser Zeit hatte er Paxton keines Blickes gewürdigt, nur sein  Gesprächspartner war ihm wichtig. Er sprach eine Asiatische Sprache, die er offenbar fließend beherrschte. Obwohl Paxton nicht ein Wort verstand, war aus dem Tonfall zu entnehmen, dass Carter erzürnt war, über den anderen, sich ihm jedoch überlegen fühlte. Wie bekannt Paxton das doch war.
Während der Fahrt ging das Gespräch weiter, ganze vierzig Minuten, dann endlich beendete Rob Carter das Telefonat mit einem wütend gebrüllten „Anata wa kōkai shiyou to shite imasu!“ und warf das Handy aus dem Fenster. Prüfend sah sein Client ihn an, doch Paxton ließ keine Regung erkennen.
„Japaner. Sie haben mich angefleht, mein Geld in ihre Geschäfte zu investieren. Nach Fukushima war das ein Risiko, und doch habe ich es getan. Und jetzt will man sich nicht an die Zusagen halten. Ich hasse Schwäche!“
Paxton wusste nicht, ob er das nur zu sich selbst oder gar zu ihm gesagt hatte, also ließ er auch dieses Mal keine Regung erkennen. Rob schien sich daran jedoch nicht zu stören. Er griff in die Minibar und goss sich einen Drink aus einer Kristallflasche ein. Dem Duft und dem warmen Farbton nach musste es sich um einen teuren Whiskey handeln.
„Wie viel hat ihnen Ranhouse erzählt?“ fragte er knapp, bevor er das halbe Glas in einem Zug herunter stürzte. Paxton fühlte den kleinen Stich eines Whiskey-Liebhabers, wenn dieser wertvolle Tropfen verschwendet wurde.
„Er sagte, sie erhielten seit einiger Zeit Drohbriefe und –Anrufe, sowohl zu Hause als auch in Ihrem Büro. Und dass ihre bisherigen Bodyguards alle samt gekündigt haben. Gibt es einen konkreten Verdacht?“
„Nein, ich habe zu viele Feinde und Neider. Wissen Sie, Geld macht einsam.“ Dann verschwand der Rest des Glases und die Flasche wurde entkorkt, um erneut die Luft aus dem Glas zu verdrängen.
„Es ist nicht ihre Aufgabe, den Spinner zu finden. Sie müssen nur dafür sorgen, dass mich keine Kugel trifft!“

Es verging eine Woche, in der Paxton seinem neuen Klienten zu allerlei Terminen begleiten musste. Gesprächstermine, Anhörungen vor dem Bauausschuss, Ansprachen, Einweihungen und ein paar abendliche Festlichkeiten. Schon nach kurzer Zeit hatte er festgestellt, dass sein Auftraggeber keinerlei Vorstellung hatte, wie man sich aus der Gefahrenzone herausbringt. Er ging sorglos durch die Welt und überließ es Paxton, sich den Kopf über seinen Schutz zu zerbrechen.
Am Sonntagnachmittag rief Carter Paxton zu sich in sein Büro. Er war dabei, Akten in seine Tasche zu packen und beachtete seinen Bodyguard erst nicht. Als er alle Akten verstaut hatte, griff er nach seinem Jackett und blickte zum ersten Mal Richtung Paxton.
„Wir fahren weg, nur wir beide. Für ein paar Tage. Sie werden uns fahren. Lassen Sie sich von Wels den Schlüssel für den Jeep geben!“ Paxton nickte und wollte gerade gehen, als Carter ihn nochmal zurückrief.
„Sprechen Sie bitte mit niemandem sonst im Haus darüber.“ Wirkte Carter besorgt? Er schien tatsächlich Angst zu haben.
„Ist alles in Ordnung, Sir?“
„Ja, ja. Natürlich. Ich muss nur ein paar Tage raus hier. Beeilen Sie sich jetzt bitte!“

 

Nur eine halbe Stunde später waren sie aufgebrochen und Carter dirigierte Paxton aus der Stadt hinaus. Bald erkannte Paxton, dass sie sich auf dem Weg zur Berghütte seines Auftraggebers befanden, wo sie dann auch zwei Stunden nach Abfahrt ankamen. Während Carter mit seiner Aktentasche hinein ging, belud sich Paxton mit seiner Reisetasche und dem Gepäck seines Klienten und folgte ihm in die „Hütte“. Die „Hütte“ war ein zwei Etagen Haus, voll ausgestattet wie ein normales Stadthaus.
Im großen Wohnraum unten ließ Rob Carter seine Tasche und seine Jacke fallen und ging direkt zum Kamin, um ihn zu entzünden.
„Machen sie es sich bequem.“ rief Rob ihm zu und stocherte im Feuer. Paxton stellte die Taschen ab und zog ebenfalls seine Jacke aus. Die Aussicht, hier ausgerechnet mit Rob Carter mehrere Tage isoliert zu sein behagte ihm gar nicht. Die vergangene Woche hatte ihm bestätigt, dass Rob Carter immer noch der gleiche Arsch war, wie er es zu ihrer gemeinsamen Schulzeit gewesen ist.
Damals war Rob arrogant, herrisch und sadistisch gewesen und heute hatte er sein Verhalten nur seinem sozialen Status angepasst, sprich er war zu einem egoistischen, selbstverliebten Megaarschloch geworden.
„Wir müssen uns leider selbstversorgen, da ich niemanden hier haben will. Ich hoffe, sie haben bei der Armee auch kochen gelernt?“
„Ich weiß mir zu helfen.“
„Dann gehen Sie doch gleich mal in die Küche und schauen Sie, was wir gegebenenfalls noch kommen lassen müssen.“
Paxton betrat die großräumige Küche, die nicht schlechter ausgerüstet war, als Louisas Refugium im Herrenhaus in der Stadt. Der Kühlschrank war natürlich leer, doch die Schränke waren mit unverderblichem gut gefüllt. Als er sich etwas umsah, stellte er fest, dass die Hintertür in der Küche nicht geschlossen war und dass der Schließmechanismus offenbar aufgebrochen war. Carter stand plötzlich hinter ihm.
„Was gibt’s denn da zu sehen?“ fragte er und schaute an seinem Bodyguard vorbei.
„Die Tür wurde aufgebrochen.“
„Das passiert öfter. Jugendliche, Wanderer. Ist nicht das erste Mal. Ich rufe beim Sheriff an, der wird für die Versicherung einen Bericht schreiben. Und morgen lassen wir einen Schreiner kommen, der die Tür repariert.“


Ein paar Stunden später stand Paxton in der Küche und bereitete das Abendessen zu. Erinnerungen gingen währenddessen durch seinen Kopf, Erinnerungen an seine Schulzeit…
Damals war der kleine Paxton ein unscheinbarer dicklicher und unbeholfener Junge, der mit 16 noch nicht im Stimmbruch war und von seinen Klassenkameraden gehänselt wurde. Allen voran Rob Carter, seines Zeichens Quaterback, Schulsprecher und Berufssohn des städtischen Wohltäters.
Angestachelt von seinen Teamkameraden ließ er keine Gelegenheit aus, Paxton zu triezen. Angefangen von abfälligen und bösartigen Bemerkungen bis hin zu gemeinen Aktionen wie ihn kopfüber in die Schultoilette zu tunken oder seine Klamotten während des Duschens zu stehlen, so dass er in Unterwäsche zum Direktor musste. Das Ganze gipfelte am Abend des Abschlussballes, wo Rob Carter, gerade zum Ballkönig gewählt, in seiner Rede Auszüge aus Paxton´s Tagebuch vortrug, in dem er sich selbst eingestand, schwul zu sein und unheimlich in den Sportlehrer verliebt zu sein.
Diese Demütigung hatte dazu geführt, dass Paxton noch am gleichen Abend nach einer halsbrecherischen Flucht aus dem Ballsaal versucht hatte, sich von der Eisenbahnbrücke zu stürzen.
Nur der Zufall, dass Sheriff Garner damals genau hier Patrouille fuhr, hatte dafür gesorgt, dass er heute noch am Leben war. Garner hatte solange auf ihn eingeredet, bis er ihn erreichen konnte, dann hatte er ihn von der Kante weg gezogen. Auch danach hatte er sich für den Jungen eingesetzt. Erst kam er in eine Jugendgruppe, in der er psychologisch betreut wurde, danach sorgte er dafür, dass Paxton eine Ausbildung beim Militär absolvieren konnte. So ebnete er den Weg, dass Paxton zu dem Mann werden konnte, der er heute war.
Nun stand Paxton in der Küche genau des Mannes, den er seit seiner Kindheit zu tiefst hasste, und schnitt Gemüse. Einen Moment hatten die Erinnerungen ihn so sehr abgelenkt, dass er sich in den Finger schnitt. Der Schmerz riss ihn aus der Vergangenheit in die Realität zurück. Reflexartig leckte er das Blut von seinem Finger und betrachtete das Küchenmesser, an dessen Schneide sich etwa von seinem Blut gesammelt hatte und nun im Lichte der Küchenlampe funkelte.

„Wenn du nur eine Gelegenheit hättest, alles zu erreichen, was du je erreichen wolltest, deinen tiefsten und geheimsten Wunsch zu erfüllen, würdest du den Moment festhalten oder zulassen, dass er dir durch die Finger rutscht?“ hörte er eine Stimme in seinem Geist.
Er war allein mit diesem Mann, niemand wusste, wo sie hingefahren waren. Niemand würde sie hier suchen. Es wäre so einfach, den Mann zu überwältigen. Er könnte ihm ohne Probleme das Genick brechen. Zack. Dann würde er einfach einen Strick nehmen, es oben am Geländer festknoten und den Toten daran aufknöpfen. Der Sturz aus dem ersten Stock mit einem starren Seil um den Hals, da würde der Kopf beinahe abgerissen. Niemand würde anzweifeln, dass es sich um einen Selbstmord handelte. Wie oft hatte er in den letzten zehn Jahren davon geträumt, diesem Widerling ein Messer ins Herz zu stechen. Und jetzt, jetzt hatte er die Gelegenheit…
„Ist das Essen fertig?“ Robs Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Erschrocken blickte er auf.
„Äh, ja fast. Ich bringe es Ihnen gleich.“
Rob Carter kam zu ihm hinüber. Ungewohnt legere in Holzfällerhemd und Jeans wirkte er wie ein ganz anderer Mensch.
„Nicht nötig, wir können hier in der Küche zusammen essen.“ meinte er nur und begann den kleinen Holztisch zu decken. Paxton war überrascht, dass sein Auftraggeber sich plötzlich so gesellig zeigte.
Ein paar Minuten später saßen sie gemeinsam am Tisch und aßen. Carter plauderte belangloses über seine Firma, über die Umsätze, die er so einfuhr, über sein Förderungsprogramm an seiner alten Highschool. Paxton fiel es unheimlich schwer nicht genervt zu wirken, sein Drang, über den Tisch zu greifen und Robs Kopf auf die Tischplatte zu donnern wurde immer größer.
Dabei war es gar kein unansehnlicher Kopf, wie ihm jetzt im warmen Licht der Küche auffiel.
Carter war nie hässlich gewesen, im Gegenteil. Er war ein richtiger Frauenschwarm gewesen und jetzt, musste Paxton leider zugeben, war er dem Titel Sexiest Man alive sicher nicht sehr weit fern.
Seine gemischten Gefühle verwirrten ihn zu tiefst, er war so mit sich beschäftigt, dass er erst an Robs fragendem Gesicht bemerkte, dass dieser ihn etwas gefragt hatte.
„Bitte, wie? Ich war gerade in Gedanken.“ Antwortete er schnell und erntete ein unglaublich schönes Lächeln von dem Mann, den er eigentlich von ganzem Herzen hasste.
„Ich hatte gefragt, wo Du so gut kochen gelernt hast. Ich darf doch Du sagen, oder?“ Paxton nickte kurz.
„Ein Kamerad bei den Seals war gelernter Koch und der hat uns so einige Tricks und Kniffe verraten.“
Es war schon ein seltsames Gefühl, mit seinem Erzfeind so ein vertrauliches, privates Gespräch zu führen. Erneut überwallte ihn ein Mix von Gefühlen und stürzte ihn in Verwirrung.
Schnell stand er auf, und begann die leeren Teller ab zu räumen und in die Spüle zu stellen. Gerade, als er das heiße Wasser einlaufen ließ, stand Rob plötzlich neben ihm und reichte ihm das restliche benutzte Geschirr.
„Danke.“ murmelte er und versuchte, sich nur aufs Spülen zu konzentrieren.
Plötzlich spüre er Rob hinter sich. Sie waren gleich groß und so fühlte er Carters Atem in seinem Nacken. Während sich auf seinem ganzen Körper ein Kribbeln ausbreitete, polierte er den Teller so kräftig, dass er zerbrach.
„Scheisse!“ fluchte er und legte die drei Teilstücke vorsichtig auf die Ablage. Mit einem Mal waren Robs Hände an seinen.
„Zeig mal her.“ raunte er und nahm Paxton’s Hände hoch. Doch er hatte sich an den Scherben nicht verletzt. Trotzdem ließ Rob seine Finger über seine Hände gleiten. Mit seinem Daumen massierte er Paxton’s Handinnenfläche.
„Du hast schöne Hände, Pax.“ Seine Stimme war rau und ließ Paxton Schauer über den Rücken laufen. Was geschah da grad. Er erinnerte sich an Robs Gesicht, als er die Toiletten-Spülung auslöste oder während er Paxton’s Tagebuch vorlas. Diese sadistische Freude, die in seinen Augen geglitzert hatte, die ihn die letzten zehn Jahre in seinen Träumen verfolgt hatte. Jetzt wandte er sich ihm zu und sah in Robs Gesicht, doch dieses Mal war es anders. Robs Augen glänzten auch dieses Mal, jedoch anders – hungrig. `Halt dich von ihm fern! Erinnere dich, was dieser Kerl dir angetan hat! ´ mahnte sich Paxton, doch der männliche Duft, den Rob Carter verströmte, überwältigte ihn.
Rob legte ihm die Hand in den Nacken und zog ihn an sich heran. Einen winzigen Augenblick verharrte er dicht vor Paxton´s Gesicht, Auge in Auge – und was für wundervolle blaue Augen das waren. Tief und ruhig und…. Dann trafen sich ihre Lippen und Paxton blieb die Luft weg. So sanft und doch kraftvoll, es war wie eine magische Verbindung. Automatisch öffnete er seine Lippen um Robs Zunge Einlass zu gewähren. Mit einem leisen Stöhnen folgte Rob dieser Einladung und umspielte mit der eigenen Zunge die seines Gegenübers.
Schließlich vergaß er alle Bedenken und übergab sich der Leidenschaft, die dieser Kuss in ihm auslöste. Er legte seine Arme um Rob und zog ihn fest an sich heran, während Robs Hände sich mit Paxton’s Hemd abmühten. Ihre Lippen lösten sich kurz voneinander, als Rob ihm das Hemd über den Kopf zog und dann bewundernd über seine muskulöse Brust streichelte.
„Du bist wunderschön, Paxton.“ flüsterte er andächtig, dann sank er vor ihm auf die Knie und öffnete seinen Gürtel. Paxton schloss die Augen, seine Knie wurden richtig weich und in seinem Unterleib zog es auf diese angenehme Weise. Rob hatte gerade seine Jeansknöpfe geöffnet als Paxton mit einem Schlag wieder zu klarem Verstand kam. Was tat er da gerade? Das war sein Klient. Er wurde dafür bezahlt, das Leben dieses Mannes zu schützen. Außerdem war er verheiratet und Vater von zwei kleinen Kindern. UND er war eigentlich sein Alptraum, auch wenn er wie ein Traum verpackt war.
„Nein, warte.“ Sagte er und schob Rob von sich weg. Verwundert schaute dieser ihn an.
„Wir dürfen das nicht tun. ICH darf das nicht tun.“
„Warum denn nicht? Wir sind beide erwachsen und wir wollen es doch beide. Wenn du Skrupel wegen meiner Frau hast, Maggy weiß, dass ich zweigleisig fahre.“
Paxton sah ihn fest an. Verflogen war die Romanze und de Realität hatte ihn wieder fest im Griff.
„Rob, es geht nicht nur um deine Frau. Es sind noch viele andere Sachen. Du bist mein Klient, es ist absolut unprofessionell und noch dazu habe ich mir vor nicht ganz einer halben Stunde ausgemalt, wie einfach es wäre, dich jetzt umzubringen!“ fauchte Paxton ihn an. Rob fuhr zurück.
„Was sagst du da?“ Er war richtig schockiert und trat einige Schritte weg von ihm.
„Rob, Du erkennst mich nicht, aber ich habe dich gleich erkannt. Elmswood Highschool. Ich sah damals noch etwas anders aus, aber vielleicht würdest du mich ehr erkennen, wenn mein Kopf in einer Kloschüssel stecken würde.“


Rob kniff die Augen zusammen und schien zu versuchen sich zu erinnern.
„Vielleicht erinnerst du dich noch an mein Tagebuch. Du hast es allen Schülern auf dem Abschlussball vorgelesen und mich damals vor allen geoutet.“
Nun wurden seine Augen groß.
„Oh mein Gott, Du bist Paxton Bennett, darum kam mir dein Name so bekannt vor!“ stieß er hervor und sank auf einen der Stühle. Er war käseweiß im Gesicht und starrte ihn mit schreckgeweiteten Augen an. Paxton straffte seinen Rücken und sah ihn fest an.
„Ja, richtig. Der dicke schwule Paxton. Es ist viel Zeit vergangen seit dem.“
„Oh Mann, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das von damals tut mir so verdammt leid. Ich war als Kind ein ziemlicher Idiot!“
„Arschloch trifft es wohl ehr. Weißt du eigentlich, dass ich mich damals beinahe von der Eisenbahnbrücke gestürzt hätte? Ich habe ewig lang gebraucht, um wieder ein normales Leben führen, geschweige denn meine eigene Sexualität ausleben zu können.“ Er war richtig wütend. Rob sah betreten zu Boden. Nichts von dem großspurigen Arschloch dass er noch an diesem Morgen gesehen hatte war übrig geblieben. Vor ihm saß nun ein Häufchen Elend, nahe den Tränen.
„Du hast Recht, ich war ein Arschloch. Selbstverliebt und arrogant. Aber das musste ich sein. Du hast keine Vorstellung wie hart mein Vater war und wie sehr er auf jede kleine Schwäche gelauert hat. Ich hab mir schon früh einen Schutzpanzer zugelegt und bin lieber auf andere losgegangen, bevor es mich selbst traf. Hast du wirklich überlegt, mich um zubringen?“
Paxton blickte ihn eine Weile an. Hatte dieser Mann eine weiche Seite? Konnte er ihm verzeihen? Vielleicht ihn sogar lieben? Bevor er weiterdenken konnte, flog die Hintertür zur Küche krachend auf und ein maskierter Mann mit einer Pumpgun erschien im Eingang.
„Was zum…?“ rief Rob aus und sprang auf. Auch Paxton starrte dem Maskierten überrascht entgegen.
„Schnauze und runter auf den Boden!“ brüllte dieser und richtete die Waffe direkt auf Carter. Dieser blickte erst auf Paxton, doch da dieser keine Anstalten machte, sich zu bewegen, kam Rob den Anweisungen des Mannes nach und legte sich auf den Boden.
„Was soll das?“ fragte Paxton mit einem mal und stieß sich von der Anrichte ab. Der Maskierte blickte zu ihm hinüber.
„Was das soll? Das könnte ich dich fragen. Du solltest den Kerl erledigen. Stattdessen stehst du hier und knutschst herum. Hast du dich echt so wenig unter Kontrolle? Hast du vergessen, was dir dieses Schwein angetan hat?“
Rob starrte verwirrt nach oben, doch Paxton achtete nicht weiter auf ihn.
„Nein, das habe ich nicht. Aber wenn es nach einem Selbstmord aussehen soll, muss ich gewisse Vorkehrungen treffen, um Kampfspuren zu vermeiden. Du warst Jahre lang Polizist, verdammt, du solltest wissen, dass es auf die Beweise ankommt!“
Der Maskierte riss sich die Maske vom Kopf und funkelte ihn wütend an.
„Paxton?“ erklang Robs Stimme mit einem Mal. „Du musst das nicht tun. Ich werde nichts sagen, versprochen. Ich habe hier im Safe etwa zwei Millionen Dollar liegen, die könnt ihr haben. Verschwindet einfach und ich schwöre dir, ich werde niemandem etwas sagen, nur bitte, lass mich leben.“

 

 


Paxton blickte auf ihn hinab, wie auf ein widerliches Insekt. Er dachte erneut an den Abend des Abschlussballs, als Rob allen seine intimsten Gedanken vortrug und alle über ihn lachten.
Er schritt auf den Mann zu, dem er so viele grausame Stunden in seinem Leben verdankte. Neben ihm blieb er stehen und kniete sich auf Hüfthöhe hin.
„Du hast mir so viel Leid angetan. Deinetwegen war ich Jahre in psychologischer Behandlung. Das kannst du nicht mit deinem Geld ungeschehen machen!“ raunte er fast sanft und schlang von hinten seinen Unterarm um Robs Hals. Kraftvoll zog er sein Opfer hoch und drückte zu. Robs Hände krallten sich in seinen Arm und versuchten verzweifelt, sich aus der Umklammerung zu befreien. Mit seinen Nägeln schrammte er über Paxton´s nackte Haut und riss tiefe Wunden ins Fleisch, doch es brauchte nur einen Ruck, dann war er still. Paxton hatte ihm das Genick gebrochen.
Heftig schnaufend ließ er ihn zu Boden sinken und erhob sich. Er ging zum Waschbecken und ließ Wasser über die Wunden laufen.
„Mach seine Finger sauber. Sonst finden sie meine DNS darunter.“ wies er John Garner an, den Ex-Sheriff und seinen Mentor. Der kümmerte sich sogleich um die Beseitigung der Spuren.
„Hast du ein Seil im Schuppen gefunden?“
„Nein, da war nichts. Ich denke wir müssen auf die gute alte Bettwäsche zurückgreifen.“

Etwas später standen sie im oberen Stockwerk am Treppengeländer. Paxton knotete das eine Ende eines zusammengedrehten Bettlakens am getäfelten Geländer fest. Dann half er Garner Robs Körper über die Brüstung zu hieven. Einen Moment zögerten sie noch, dann ließen sie die Leiche fallen. Mit einem grausigen Knacken beendeten sie ihr Schauspiel für die Polizei.

Paxton würde am nächsten Morgen zurück in die Stadt fahren und sich bei der Maggy Carter melden.
Er würde behaupten, dass Rob ihn heim geschickt hatte, da er allein sein wollte. Nichts im Haus würde auf Fremdeinwirkung hinweisen. Selbst die aufgebrochene Tür ließ sich erklären, da Carter ja die Polizei gerufen hatte. Alles fügte sich zusammen.
Paxton sah in den Rückspiegel, indem das Haus immer kleiner wurde. Hatte er Gewissensbisse? Nein, die hatte er im Irak begraben.
„Wenn du nur eine Gelegenheit hättest, alles zu erreichen, was du je erreichen wolltest, deinen tiefsten und geheimsten Wunsch zu erfüllen, würdest du den Moment festhalten oder zulassen, dass er dir durch die Finger rutscht?“
Niemals mehr! Er würde nie wieder eine Gelegenheit verstreichen lassen! In ein paar Tagen würde man die Leiche von Rob Carter finden, sein Auftrag wäre erledigt und er würde gemeinsam mit John Garner das Land Richtung Mexico verlassen, wie sie es vor Jahren schon geplant hatten, als der frischgewählte Sheriff den verstörten jungen Mann in seinem Wagen von der Eisenbahnbrücke wegbrachte, auf der er sich gerade noch das Leben nehmen wollte…

 

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Tag der Veröffentlichung: 08.10.2015

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