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1. Kapitel

Unser Versammlungs- und Speisesaal war groß, so das viele Menschen hier platz fanden. Einige von ihnen saßen an den Tischen, unterhielten sich oder spielten mit ihren Kindern, außerhalb der Essenszeit. Es war das Einzige, das wir tun konnten, solange wir auf eine neue Aufgabe warteten. Neben mir saß mein Bruder Jason und blickte, wie ich, gelangweilt in den Raum. Ich ließ mich in meinem Stuhl zurück sinken und faltete die Hände in meinem Schoß.

Gerade hatte ich die Augen geschlossen, als auf dem Gang Tumult ausbrach.

Sofort waren alle Gespräche verstummt und die Blicke richten sich auf die Stahltür, von dem blanken Stahl hob sich lediglich ein kleines Fernster oberhalb des Türgriffs ab.

Jason stand als Erster auf und warf einen Blick durch das Fenster. Sofort bemerkte ich, wie er sich versteifte. Lediglich einen schnellen aber bedeutungsvollen Blick warf er mir zu, schien wie erstarrt zu sein.

Der Tumult auf dem Gang wurde immer lauter, die Metallwände, die uns umgaben, klirrten laut. Es schmerzte bereits in meinen Ohren, Gemurmel bildete sich als dicke Luft um uns.

Schnell stand ich auf, wobei ich den Stuhl auf dem ich vorher gesessen hatte fast umwarf. Meine Hände presste ich mir auf die Ohren, denn das Geräusch von Metall auf Metall war unerträglich. Jason neben mir war ein Kopf größer als ich, weshalb ich mich auf die Zehenspitzen stellen musste, um durch das Türfenster sehen zu können.

Meine nächsten Gedanken hatte ich noch nicht ganz zu Ende gedacht, als ich bereits den Riegel der Tür zur Seite schob. Die Tür ächzt und ich hetzte auf den Gang, dicht gefolgt von Jason der nach meinem Arm griff, allerdings nicht, um mich aufzuhalten.

Durch die geöffnete Tür war der Blick frei, auf das, was sich im Gang abspielte.

Eine kleine Traube aus Menschen hatte sich vor uns gebildet. Sie gingen aufeinander los, schrien und schimpften. Und dann sah ich meine Mutter, die sich schützend die Hände vor das Gesicht hielt, ihr lief Blut aus der Nase. Neben ihr war mein Vater, der versuchte sie vor den Schlägen zu schützen, dachte dabei nicht eine Sekunde an sich.

„Hey!", schrie Jason und stürmte auf die Meute zu. Doch die schienen ihn gar nicht wahrzunehmen. Jason packte sich einen der Angreifer meiner Eltern und ein Kampf zwischen den beiden brach los. Der Mann hielt eine Eisenstange in der Hand und schlug damit nach Jason, dieser jedoch tauchte ab und rammte seinem Gegner im Gegenzug seine Faust in den Magen. Der Mann keuchte und versuchte Jason zu packen, als er langsam in die Knie ging. Mein Bruder war schneller, entriss dem Mann die Eisenstange und holt zum Schlag aus.

Doch er kam gar nicht dazu, da nun die anderen auf ihn aufmerksam geworden waren. Er stand nun drei weiteren Männern gegenüber und hinter ihnen tauchte ein weiterer auf. Es ging alles sehr schnell, beinahe zu schnell, als das ich die Bewegungsabläufe richtig sehen konnte. Meine Eltern versuchten nun meinem Bruder zu helfen.

Allerdings war meine Mutter genau so zierlich wie ich, weshalb sie einen Schlag nach dem anderen einstecken musste. Tränen stachen in meinen Augen und erst da wurde mir bewusst, dass ich handeln musste, auch wenn es aussichtslos schien. Immerhin hatten die Männer Eisenstangen in der Hand. Das darf mich nicht aufhalten! Ich schnaubte und stürmte ebenfalls auf die Meute zu.

Einer der Männer stand mit dem Rücken zu mir und hielt die Eisenstange erhoben, vor ihm kniete bereits mein Bruder, er hatte eine Platzwunde am Kopf. Die Schreie meiner Mutter hallten über den Gang, als ich nach der Stange griff und sie mit einem festen Ruck nach hinten zerrte. Der Kerl wurde herum gewirbelt und blickte sich zuerst erschrocken um, bis er mich erkannte.

Doch bevor er reagieren konnte, zog ich ihn mithilfe der Stange zu mir heran und hob rasch mein Knie, so dass es auf seinen Ellenbogen traf. Es gab ein widerliches Knacken von sich und die Eisenstange war Mein. Ich holte aus und schlug dem Mann die Eisenstange in die Seite.

Er verzog das Gesicht und ging keuchend zu Boden.

Plötzlich brachte ein Schuss die Angreifer zum Stillstand. Mein Bruder entriss einem von ihnen gerade eine der Stangen als ein weiterer Schuss ertönte. Meine Augen fixierten zwei Personen, die zu Boden gingen, sie bleiben regungslos liegen. Jemand hatte ihnen in den Kopf geschossen.

„Nein!", schrie ich und stürzte los, um meine Eltern zu beschützen. Der dritte Schuss löste sich und bohrt sich in meine Schulter.

„Lass die Waffe fallen!", rief jemand, blendete es aber aus und schien weit weg von all dem zu sein. Als würde ich mich in einem unendlich langem Tunnel befinden. Der Schmerz in meiner Schulter, hinderte mich an meiner Konzentration. Jason hockte sich neben mich und half mir auf, als ich es nicht allein konnte.

„Sie haben uns zuerst angegriffen, in dem sie an die Vorräte gegangen sind."

Ein dumpfer Schlag war zu hören und ich sah gerade noch, dass der Schütze zu Boden ging.

Die anderen vier schleppten sich schnell davon, so dass wir fast allein auf dem Gang waren.

Ich weinte, vergaß den Schmerz in meiner Schulter, weil ein noch schlimmerer Schmerz sich in meinem Brustkorb ergoß, wie Säure.

„Nein!", schluchzte ich und versuchte zu meinen Eltern zu gelangen aber Jason hielt mich fest.

„Bring sie zur Krankenstation, Jason.", hörte ich, bevor mein Bruder mich hinter sich her zerrte, vorbei an den leblosen Körpern unserer Eltern. Er würdigte sie keines Blickes.

Die Gänge erstreckten sich lang vor uns und ich hörte immer noch die hitzigen Diskussionen hinter uns. Jason blieb still, während er mich immer noch hinter sich her zerren musste. Ansonsten wäre ich sofort den Rückzug antreten. Mein Hirn war immer noch benebelt von dem was geschehen war. Ich konnte nicht ganz begreifen, was gerade passiert war. Das einzige was ich im Moment spürte war eine unangenehme Taubheit, die sich in Sekundenschnelle ausbreitete. Ich schob es auf die Schusswunde.

In der Krankenstation wurden wir von Betty empfangen die mich sofort besorgt musterte. Ich sah sie nicht an, war mit dem Schmerz in meiner Schulter beschäftigt der immer intensiver wurde und setzte mich schließlich auf eines der Feldbetten.

„Was ist passiert?", wollte Betty wissen, sah dabei allerdings Jason an.

Ich blickte seine Gestalt an. Jeder seiner Muskel schien zum zerreißen gespannt. Er stamd kurz davor die Fassung zu verlieren. Normalerweise war er es, der ruhig bleibt. Ich hatte ihn noch nie so gesehen. Seine Platzwunde an der Stirn hatte bereits aufgehört zu bluten. Doch ich bezweifelte, dass er keine Schmerzen hatte.

„Sie haben unsere Eltern angegriffen. Wir haben versucht, sie zu beschützen." Jason warf einen Blick in meine Richtung, doch ich sah stur auf meine Schuhe.

„Wer?"

Mit zusammengebissenen Zähnen tastet ich meine Schulter ab. Betty machte sich daran, Verbände zu besorgen.

Meine Hand war bald nass und rot, als ich von meiner Schulter abließ. Ich hatte Glück. Das Glück, das meinen Eltern zugestanden hätte. Warum hatte er diese Waffe? Warum hatte er geschossen?

„Sam und seine Kumpanen, sie haben unsere Eltern mit Eisenstangen bearbeitet."

Betty gab ein merkwürdigen Laut von sich. Ein unterdrücktes Schluchzen.

„Sam hat auf sie geschossen, sie waren sofort tot."

Nein! Wie konnte er das sagen? Jetzt, da Jason es ausgesprochen hatte zerbrach etwas in mir. War es der kleine Hoffnungsschimmer, der in mir verankert war, dass meine Eltern vielleicht doch noch lebten? Womöglich.

Wieder stachen die Tränen in meinen Augen, die Trauer vertrieb das betäubende Gefühl des Schocks.

Ich ergriff Jasons Hand, doch er entzog mir seine und trat einen Schritt zurück, ließ mich in meinem Kummer und meiner Angst ertrinken. Ich wagte es nicht, aufzusehen. Wollte nicht wissen, wie er mich ansah, wenn er denn zu mir sah.

Er wollte im Moment nicht für mich da sein.

„Ich muss mit William sprechen."

„Aber deine Wunde muss behandelt werden!", rief Betty empört und zugleich klang sie, als wäre sie kurz davor zu weinen

Jason verließ die Krankenstation und ließ mich bei Betty zurück, die mit einem Skalpell, ich glaubte dass es eines war, auf mich zukam. Ich wusste bereits, was mich erwarten würde. Es war ja nicht das erste Mal, dass ich die Krankenstation aufsuchen musste. Allerdings war es das erste Mal, dass ich wegen einer Schusswunde herkam.

„Es wird weh tun aber ich muss die Kugel heraus holen.", sagte Betty sanft und strich mir die Haare auf der rechten Seite hinter das Ohr. Ich nickte nur und biss mir auf die Unterlippe. Bettys Hand war kalt, als sie meinen Arm festhielt, damit ich ihn so wenig wie möglich bewegen konnte.

Sie legte das Skalpell an und ein unerträglicher Schmerz zuckte durch meinen Arm.

Ich schrie, weinte und wollte mich am liebsten aus Bettys Griff winden, aber ich wusste, dass es sein musste. Auch wenn der Schmerz mich an den Rand des Wahnsinns trieb. Wieder und wieder spürte ich den pochenden Schmerz aufflammen, der für einen Augenblick alles andere überdeckte und beinahe war ich sogar dankbar dafür.

Ich keuchte, als Betty mit dem Skalpell von mir abließ. Bevor ich mich aber von dem Schmerz erholen konnte, versuchte sie an die Kugel heran zu kommen. Blut lief über meine Schulter und sickerte langsam in mein Shirt. Erneut durchdrang der Schmerz mein innerstes, doch ich biss nur fest die Zähne aufeinander, um nicht schreien zu müssen.

Urplötzlich war es vorbei, auch wenn der Schmerz nur langsam abflachte.

Betty beugte sich zu mir hinunter, ihr Gesicht war meinem ganz nahe. Ihre warmen braunen Augen sahen mich mitleidig an.

„Es tut mir leid."

Mir war bewusst, dass sie nicht meine Schulter meinte. Ich wollte es nicht hören. Niemals! Ich ignorierte ihre Worte und lehnte mich etwas zurück, um ihrem mitleidigen Blick zu entkommen. Alles was ich im Moment brauchte, war Jason, meinen großen Bruder. Aber er schien selbst erschrocken, dass war mir klar. Seine abweisende Art sprach Bände. Allerdings hatte ich nie darüber nachgedacht, wie es sein würde, wenn selbst Jason nicht mehr weiter wusste.

Er hatte mich allein gelassen und er wusste, wie sehr ich litt. Aber ich dufte nicht vergessen, dass auch er ein Mensch war. Auch Jason musste verarbeiten, was passiert war. Auch wenn ich beinahe auflachte, bei dem Gedanken daran, dass ich jemals nur in Erwägung ziehen konnte, es zu verarbeiten. Die Hölle würde erst über uns herein brechen, mit der Zeit. Ganz langsam würde es sich in mir einbrennen. Niemals würde ich diese Bilder vergessen können.

„Ich werde deine Wunde jetzt reinigen und dann muss es genäht werden. Du solltest dich vielleicht auf das Bett legen." Ich gehorchte wie mechanisch und legte mich mit dem Rücken auf das Feldbett. Meine Schulter brannte, auch wenn ich versuchte es zu ignorieren. Es war beinahe unmöglich den Schmerz zu ignorieren.

Betty tupft mit einem Tuch auf die Wunde, was mich an ein Krankenhaus erinnert. Zumindest so, wie ich es mir vorstellte. Ich biss die Zähne erneut fest aufeinander und lenkte meine Gedanken fort von der schmerzhaften Prozedur. Meine Mutter hatte oft davon gesprochen, wie es vor vielen Jahren war, vor meiner Geburt. Menschen kamen, Tag ein Tag aus in Krankenhäuser und wurden dort behandelt. Doch heute waren alle Krankenhäuser verlassen. Wir waren die einzigen Menschen, in dieser Umgebung. Meiner Meinung nach hatten wir eine große Portion Glück, denn Betty war Krankenschwester.

„Nimm dass.", sagte Betty und reichte mir ein gefaltetes Tuch. Es war sehr dick und ich wusste nicht, was ich damit tun sollte, also sah ich die dickliche Frau an.

„Beiß' drauf, es wird weh tun." Ich nickte und wandte meinen Blick ab.

„Auf drei."

„Eins, zwei, drei!"

Ich spürte den Einstich und stöhne vor Schmerz. Allerdings schaffte ich es jeden weiteren Laut zu unterdrücken.

Ich blickte mich um, doch ich traf niemanden auf den Gängen. Wäre mir jemand begegnet, wüsste ich nicht, was ich tun sollte. Und dann noch, wenn es Sam gewesen wäre. Allein bei dem Gedanken an ihn, zog sich mein Magen zusammen. Ich blieb unvermittelt stehen und lehnte mich an die Wand, ließ mich hinunter auf den Boden sinken. Aus den Rohren, die mich umgaben kamen leise Geräusche. Mal knackte und mal zischt es.

Durch diese Rohre lief Wasser und über diese Rohre wurde auch unsere Heizöfen belüftet, sonst würden wir womöglich erfrieren. Das Wasser wurde in den Rohren erhitzt, weshalb diese soweit oben an der Decke hingen, dass niemand mit ihnen in Berührung kam. Ich schauderte bei dem Gedanken, mich an einem dieser Rohre zu verbrennen.

Kurz blickte ich den Gang hinunter. Ein Stück weiter war der Speisesaal. William hatte eine Versammlung angeordnet. Sicherlich war ich die Einzige, die noch fehlte. Aber mir sollte es recht sein. Ich wusste nicht, ob ich es ertrug, in all diese Gesichter zu sehen. In die Gesichter derer, die mir meine Eltern genommen hatten. Und ich konnte auch nicht denen in die Augen sehen, die nur da gestanden hatten. Niemand hatte uns geholfen. Niemand, bis auf William.

Ich seufzte und ignorierte das wilde Pochen in meiner Schulter, als ich aufstand. Wenn ich mir noch länger Zeit gab, würden sie ohne mich beginnen. Das konnte ich Jason nicht antun. Ich war zwar enttäuscht, weil er sich einfach von mir angewendet hatte aber er war ja immer noch mein Bruder, alles was mir geblieben war. Seine Reaktion konnte ich nachvollziehen. Ich bewegte mich wie in Zeitlupe, jedenfalls kam es mir so vor, denn der Gang wollte nicht enden.

Was würde mich erwarten?

Eigentlich konnte ich es mir denken. William würde das tun, was er eben musste. Jeder der gegen unsere Regeln verstieß, gehörte bestraft. Und unsere Strafe war, der Ausstoß aus der Kolonie. Und genau das hatten Sam und seine Kumpanen, wie Jason sie nannte, verdient.

Es brachte mir meine Mum und auch meinen Dad nicht wieder. Ich musste stark sein. Für Jason, auch wenn er der ältere war, und für mich. Wenn ich nicht stark war, zwürde ich noch daran zerbrechen.

Ich erreichte den Gang, auf dem alles statt gefunden hatte. Nun zeugte nichts mehr davon, was für eine schreckliche Tat hier begangen wurde. Sam hat meine Eltern umgebracht aber nichts deutet darauf hin. Einerseits war ich froh. Aber andererseits zeigte es mir, wie leicht es die anderen vergessen konnten.

Aber was hatte ich erwartet?

Ich stand vor der Tür, konnte durch das kleine Fenster in den Raum blicken. Alle saßen sie an den Tischen. Abgesehen von William der vor den Tischen, hinten im Saal stand. Hinter ihm befand sich Sam. Und jetzt, da alle neben oder hinter ihm standen, wusste ich, wer noch beteiligt war. Jamie, Stan und Gregory.

Ich schloss die Augen als die Tränen in ihnen stachen. Ganz ruhig, du schaffst dass.

Ich sah nicht zurück, überlegte nicht wie ich reagieren oder was ich sagen sollte und öffnete die Tür zum Saal.

Die Tür quietschte, wie immer und alle drehten sich zu mir um. Doch mein Blick war auf Jason gerichtet, der weiter vorne, in der Nähe von William saß. Neben ihm war ein Platz frei. Versucht die Blicke der anderen zu ignorieren ließ ich mich auf den Stuhl sinken, wagte es allerdings nicht aufzusehen. Ich wollte niemandem in die Augen sehen, damit sie direkt wussten, was in mir vorging. Sie wussten es ja auch so schon. Jason neben mir sagte kein Ton, nahm nur stumm meine Hand in seine und drückte sie. Ich drückte seine Hand ebenfalls. Und in diesem Moment fühlte ich mich etwas besser. Er sagte nichts aber das brauchte er auch nicht. Er war für mich da.

„Da alle anwesend sind, können wir beginnen.", sagte William. Einige begannen zu flüstern, was mich unruhig werden ließ.

„Jason, willst du sprechen?"

Ich spürte, wie mein Bruder sich verspannte. Plötzlich war es still im Saal, bis auf das Surren der Rohre über unseren Köpfen.

Jason ließ meine Hand los und stand auf. Er stellte sich neben William und ich konnte nicht anders, als ihn anzusehen. Allerdings nur, damit ich niemanden sonst ansehen musste.

Was tat er nur?

Alle warteten gespannt, darauf das er sprach, aber er sagte kein Ton, weshalb William wieder das Wort ergriff.

„Heute beklagen wir den Tod von Miranda und Jacob. Leider muss ich euch mitteilen, dass sie ermordet wurden." Nun ging ein Raunen durch den Saal und es breitete sich ein erdrückendes Gefühl in mir aus, als hätte ich Steine geschluckt. Doch dieses mal musste ich nicht weinen, verspürte nur den Drang dazu, den Mördern meiner Eltern dasselbe anzutun, wie sie ihnen.

„Seid bitte ruhig!", bat William und wieder wurde er ruhiger.

„Wie ihr seht, stehen hinter mir Gregory, Sam, Jamie und Stan. Nun..." Es ist das erste Mal, dass ich sehen konnte, wie William um Worte rang.

„Die vier werden angeklagt wegen des Mordes an Miranda und Jacob. Jedoch weiß ich, dass es nicht allein meine Entscheidung ist."

Jason ließ seinen Blick über die Anwesenden wandern, schaute sich jedes Gesicht genau an.

„Warum habt ihr dass getan!", hörte ich eine schrille Kinderstimme.

Sam trat vor, in seinem Gesicht war zu lesen, dass er alles andere als Reue zeigte.

Meine Eltern standen mit ihm schon immer auf Kriegsfuß, warum auch immer.

„Sie haben Vorräte gestohlen und wir haben sie auf frischer Tat ertappt. Jacob und Miranda waren nicht kooperativ und griffen uns an. Wir haben uns lediglich verteidigt."

Glaubte er das wirklich?

Meine Eltern sollten gewalttätig gewesen sein?

Und warum hätten sie Vorräte stehlen sollen?

Ich sprach die Worte schneller, als dass ich sie noch mal überdenken konnte.

„Du hast mit einer Pistole auf sie geschossen!", schrie ich und sprang auf. Sam verzog kurz das Gesicht zu einer merkwürdigen Grimasse.

„Du hast sie erschossen!"

Jason hielt mich auf, als ich mich auf Sam stürzen wollte. Wieder blieb mir nichts anderes übrig, als die Augen zu schließen.

„Carrie, bleib ruhig. Die anderen werden sonst gegen uns entscheiden."

Aber vielleicht war es bereits zu spät. Ich warf einen Blick über die Schulter und sah in einigen Gesichtern Unglaube. Warum sollten sie auch jugendlichen Erzählungen Glauben schenken?

William räusperte sich und würdigte uns nicht eines Blickes. Sam war währenddessen wieder ein paar Schritte zurück getreten und stand nun neben Jamie.

„Ich hoffe auf eure Entscheidung und dass sie gut durchdacht ist.", sagte er.

Ich drückte mich an Jason, hielt ihn fest, obwohl die Wunde in meiner Schulter anfing zu schmerzen. Sam hatte auch auf mich geschossen. Ich hob den Blick und bemerkte, dass er mich ansah. Warum hatte er dass getan? War seine Abneigung gegen meine Eltern so viel ernster, als ich immer glaubte?

„Wir haben uns entschieden." Es ist die Stimme von Rafael, er arbeitete in der Küche und kam immer sehr gut mit meiner Mutter aus, die auch dort gearbeitet hatte.

„Ich höre."

„Sam, Jamie, Gregory und Stan dürfen bleiben."

Sam verzog keine Miene, sah mich nur weiterhin an, während die anderen drei sich angrinsten. Nur er schien nicht so erfreut wie sie. Ich löste mich schnell von Jason, riss mich von Sams Blick los und stellte mich William in den Weg der gerade auf dem Weg zu Sam war. Gespräche erfüllten den Raum. Ich spürte, das mir schlecht wurde. Sie hatten sich falsch entschieden.

„William.", sagte ich und merkte erst jetzt, wie leise und traurig ich klang. Aber im Moment war es mir egal.

„Carrie, ich kann nichts für dich tun. Wir entscheiden gemeinschaftlich." Ich nickte und zwang mich zu einem Lächeln, wusste allerdings nicht wieso.

Williams braune Augen strahlten mich an. Er war einer der aufrichtigsten Menschen, die ich je kennen gelernt hatte. Aber hier konnte er nichts mehr für mich und Jason tun.

„Wenn Sam bleibt, gehen wir.", sagte ich und hatte damit Jasons Aufmerksamkeit.

„Was!", stieß er aus und sah mich erschrocken an.

William schien nicht minder erschrocken zu sein. Ich wandt mich um und ging an Jason vorbei, der mich ungläubig ansah. Immer noch hingen die Gespräche schwer in der Luft und machten mir das atmen schwer.

„Hört ihr bitte zu!" Niemand drehte sich zu mir um, alle waren weiterhin in Spekulationen vertieft, was wirklich vorgefallen war.

Ich schnaube, wie leicht es ihnen fiel über den Tod hinweg zusehen. Und dann auch noch über einen Mord.

„Jason und ich verlassen die Kolonie!", schrie ich beinahe, als mir der Kragen platzte. Jason und ich wären besser dran, wenn wir fort gingen. Dann konnte uns niemand etwas mehr anhaben. Niemand konnte mir dass nehmen, was mir geblieben war.

Die Köpfe schnellten herum und ich erntete viele verwirrte und skeptische Blicke.

Aber ich würde meine Entscheidung nicht ändern. Ich würde es nicht ertragen, weiter in der Kolonie zu leben, mit dem Gedanken, dass ich es hingenommen hatte, mit dem Mörder meiner Eltern zusammen zu leben.

2. Kapitel

 „Carrie, was ist nur in dich gefahren?“, fragte Jason. Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken. Ich konnte ihn verstehen, denn ich hatte ihn vor vollendete Tatsachen gestellt. Wer würde ihm also seine Reaktion verdenken?

 

„Keine Sorge, ich bin nicht übergeschnappt.“, gab ich zurück und ignorierte ihn, während ich in einem riesigen Wanderrucksack alles unterbrachte, was wichtig war. Oder zumindest dass, was meiner Meinung nach wichtig war.
Ich hatte nicht viele Dinge, das meiste war Kleidung, auch wenn selbst diese sich in Masse in Grenzen hielt. In diesen Zeiten war vieles nur spärlich abrufbar. Aber genau so war ich aufgewachsen. Ich kannte es nicht anders.
„Ich rede noch mal mit William.“, tönte Jason ärgerlich. Ich glaubte, dass er kurz davor war zu platzen. Seine Stimme klang rau, als würde er sich anstrengen ruhig zu sprechen. Und womöglich war es auch so. 

 

Als ich einen Blick über die Schulter warf war Jason nicht mehr da. Natürlich ließ es mich nicht kalt, dass er sich nicht für meine Idee begeistern konnte. Allerdings war auch das verständlich. Ich seufzte und zog nun den Rucksack zu, als ich fast alles zusammen hatte. Der Verschluss des Rucksacks knackte laut als ich ihn in das Gelenk schob.
Es klopfte hinter mir an der Tür, weswegen ich wieder über meine Schulter hinweg sah. Da stand William und sah alles andere als begeistert aus.
„Können wir reden?“, fragte er und ich nickte. William trat ein. Wir befanden uns im Saal in dem die Frauen und Kinder schliefen. Die Männer belegten einen eigenen. Auch wenn die Räumlichkeiten groß erscheinen, reichten sie für unsere Verhältnisse gerade aus. Vielleicht war es gut, wenn zwei Menschen weniger hier waren. William setzte sich auf eines der Feldbetten. Genau solche standen auch auf der Krankenstation.
Der Blick des Schwarzhaarigen lag auf mir, ich fühlte mich unwohl. Aber dennoch hatte es etwas vertrautes. Er war der beste Freund meines Vaters. So absurd das ganze auch war, musste ich ihm hoch anrechnen, dass er gegen seine eigene Meinung entschieden hatte. Ich wusste, dass er Sam gerne verstoßen hätte. Aber wie er bereits gesagt hatte. Wir entscheiden gemeinschaftlich. Und dass hatten sie.
Uns hatte man außen vor gelassen.
„Willst du es dir nicht vielleicht anders überlegen?“ William sah mich durchdringend an. Sein Blick hatte etwas väterliches, was ich im Moment einfach nicht ertragen konnte. Deshalb wendete ich mich von ihm ab und hievte den schwereren Rucksack von meinem Bett und stellte ihn ächzend daneben. Ein pochender Schmerz lief durch meinen Arm bis in mein Schulterblatt. Beinahe hatte ich es vergessen.

 

„Nein William. Ich habe mich entschieden.“, verkündte ich, mir war aber klar, dass er damit bereits gerechnet hatte.

 

Ich warf ihm einen kurzen Blick zu. William wollte etwas erwidern doch ich kam ihm zuvor.
„Es ist mir unbegreiflich, warum du noch hier bist.“ Seine dunklen Augen funkelten mich an. Er schien zu wissen auf was ich hinaus wollte.
„Ich meine Mia ist ja schließlich-“, jetzt unterbrach mein Gegenüber mich schroff.

 

„Sei still!“ Es war plötzlich still zwischen uns. Sein Ausbruch sagte mir jedoch, dass er daran gedacht hatte, als Sam... geschossen hatte.

 

Ich konnte leider im Moment nicht abstreiten, dass ich mich getadelt fühlte. Aber ich war es selber schuld, ich hatte ihn provoziert.
„Du hast keine Ahnung, wie es ist. Ich muss Zugunsten der Kolonie entscheiden und darf meine eigenen Bedürfnisse und Gedanken nicht mit einbringen. Was wäre ich denn für ein Mensch, wenn ich sie verstoßen würde?“ William schien ungehalten. Zuerst erwiderte ich nichts und setzte mich auf mein Bett. Hier, in diesem Teil der Station war es recht kühl. Deshalb besaß auch jeder mindestens zwei Decken. 
Ich seufzte und sah William entschuldigend an.
„Du wärst ein Mensch der die Kolonie vor Mördern schützen will.“ Einen Augenblick halte ich inne. Ich war kurz davor in Tränen auszubrechen, als ich an meine Eltern dachte. Ich hörte immer wieder Schüsse, bildete sie mich aber nur ein.
„Und auch wenn ich vielleicht kein Urteil fällen darf. Selbst wenn meine Eltern, wie Sam behauptet, an den Vorräten waren. Sie haben es nicht verdient, zu sterben. Nicht einmal ein Angriff hätte es gerechtfertigt.“ Wild schüttelte ich den Kopf, so dass sich ein paar Strähnen aus meinem Zopf lösten. 

 

„Du musst für die Kolonie entscheiden und Sam hat für sich entschieden.“ Nun zuckte ich die Schultern.

 

Ich hörte Schritte auf dem Gang, ansonsten war es still.
„Wann bist du so erwachsen geworden?“, fragte William und lächelte mich an. Es sah echt aus. Aber ich konnte es leider nicht erwidern.
Jason tauchte in der Tür auf und sah zwischen mir und William hin und her.
„Will, kann ich mit dir sprechen?“

Die Nacht war herein gebrochen. Die Kälte kroch immer weiter durch die Gänge, denn selbst unsere Konstruktion konnte sie nicht gänzlich ausschließen.

Jason schlief bereits, da er damit rechnete, dass wir am Morgen aufbrechen würden. Aber ich hatte meine Entscheidung geändert. Ich konnte mir selbst nicht erklären, was mich geritten hatte. Auch wenn Jason mich womöglich zum Teufel wünschen würde.
Ich sah kurz zurück, doch niemand befand sich, außer mir, auf dem Gang. Ich erreichte den Vorratsraum. Er war üppig gefüllt. Hier stellte ich mir aber die Frage, wie lange dass noch so bleiben würde. Immerhin würden sich die Vorräte irgendwann dem Ende zuneigen und wir hatten nicht die Möglichkeit neue zu beschaffen.

 

Im Vorratsraum war es deutlich kälter als im Rest der Station. Was aber eher daran lag, dass die Vorräte sonst zu schnell verderben würden.
Ich wusste, dass das was ich machte, einem Verrat gleich kam und ich viel riskierte. Aber mir blieb nichts anderes übrig. Würde jemand erfahren, dass ich mich an den Vorräten vergriffen hatte, so würden sie mich womöglich verstoßen.
Einem Mörder gewährten sie weiterhin Obdach, aber mich würden sie ausschließen. Es war so absurd, dass ich beinahe lachte. 
Der Rest der Kolonie glaubte, was Sam und seine Kumpanen erzählt hatten. Aber meine Eltern waren keine Diebe.

Am ersten Regal, durchsuchte ich die Kisten nach etwas, das weniger auffallen würde aber trotzdem brauchbar war.
Die Regale die sich vor mir auftürmten waren riesig und mir war unbegreiflich, wie es uns möglich gewesen war, sie zu füllen.
Als ich eine Kiste aus dem Regal zog und auf dem Boden abstellte hatte ich einen Blick auf eine weitere Kiste, weiter hinten im Regal. Deren Inhalt lachte mich schon beinahe aus. Es befanden sich nur ein Paar Äpfel darin. Die konnte ich unmöglich mitnehmen. Sie würden verderben, bevor ich irgendwo Unterschlupf gefunden hatte. Also zog ich auch diese Kiste heraus und stellte sie ebenfalls auf den Boden.
Die Letzte Kiste die sich in dieser Reihe ganz hinten befand schien schon vielversprechender zu sein. Es würde sicherlich auch nicht sofort auffallen, da es Spielereien waren. So nannte es zumindest William.
Die Kiste war voll mit Schocko- und Energieriegeln. Natürlich war es uns strickt untersagt einen zu essen. Denn diese Dinge waren am längsten haltbar und wurden nur zu besonderen Anlässen verteilt.

 

Plötzlich knackte etwas laut auf dem Gang. 
Ich hetzte zum Eingang des Vorratraums und spähte durch die Tür. Der Gang war nur spärlich erleuchtet und so konnte ich auch niemandem auf dem Gang ausmachen. Vielleicht hatte jemand etwas mitbekommen. Oder eine der Frauen war aufgefallen, dass ich nicht in meinem Bett lag. Sollte mich einer erwischen, wäre es für mich nicht weiter schlimm. Ich ging sowieso. Aber ich hatte Angst, dass sie wegen meinem Verhalten auch Jason Verstoßen würden. Ich würde es mir nie verzeihen.
Doch auch einige Augenblicke später war nichts mehr zu hören oder gar zusehen. Deshalb wendete ich mich wieder meiner Arbeit zu und streifte mir den schweren Rucksack von den Schultern. Ich konnte ihn jetzt schon kaum noch tragen aber es gab nichts, dass ich zurücklassen konnte. 
Die Wunde brannte als hätte jemand Säure darüber gegossen. 
Achtlos nahm ich die Kiste mit den Riegeln und verfrachtete so viele wie möglich in meinen Rucksack. 
Als der Rucksack so voll war, dass er schon aussieht als würde er platzen, stellte ich die Kiste wieder Zurück. Auch die anderen stellte ich wieder zurück an ihren Uhrsprungsplatz.
Mit festem Griff schnürte ich den Rucksack zu, auch wenn ich beinahe all meine Kraft aufbringen musste.
Das Schloss des Rucksacks rastete wieder mit einem Knacken ein.
Ich setzte mich auf den kalten Boden. Die Kälte des Metalls fraß sich sogleich durch meine Jeans. Auch wenn ich es gewohnt war, so war die Kälte immer noch mein größter Feind. Aber nicht nur meiner.
Ich lauschte, als ich wie aus dem Nichts etwas hörte.

 

Schritte!
Schnell war ich wieder auf den Beinen und Schnappte mir die Schwere Last von Rucksack und packte ihn auf meinen Rücken, auch wenn der Schmerz sogleich wieder aufflammte.
Mit schweren Schritten stolperte ich aus dem Vorratsraum. Das Licht auf dem Gang war so spärlich, dass ich beinahe fiel, aber im letzten Moment konnte ich mich wieder fangen.
Hoffentlich schliefen alle schon. Denn eigentlich war es schon sehr spät, so dass ich mir nicht denken konnte dass noch jemand wach war. Aber es waren eindeutig Schritte, die ich gehört hatte.
Und wie zur Bestätigung hörte ich wieder Schritte, nur dieses Mal hörte ich sie hinter mir, in einiger Entfernung.
Egal wer es war, er hatte mich auf jeden Fall entdeckt. Ich lief so schnell es mir möglich war und suchte die große Halle.
Angst kroch an die Oberfläche meines Denkens und schnürte mir die Kehle zu. Ich hatte Angst erwischt zu werden. Aber noch mehr vor den Konsequenzen die darauf folgen würden.
Die Schritte kamen immer näher! Der Rucksack war einfach viel zu schwer. Aber zurücklassen konnte ich ihn auch nicht!

 

Letztlich erreichte ich die große Halle in der sich das große Tor befand, dass uns vor der Witterung schützte.
Aber alle Bedenken warf ich über Bord. Hörte nicht auf die Stimme meines Vaters die sich in mein Hirn bohrte und mir sagte, dass ich umkehren sollte.
Mit so einem Ende hatte ich nicht gerechnet. Aber hätte ich gewusst, dass mich jemand erwischen würde, hätte ich mich ein wenig geschickter angestellt.
Ächzend stieg ich die Stufen hinauf, die zum Tor führten. Es war durch einen großen Riegel verschlossen, so dass niemand die Möglichkeit bekommen würde, herein zu kommen.
Ich erblickte den rot leuchtenden Knopf und sah über die Schulter. Jetzt sah ich meinen Verfolger. Mir blieb beinahe die Luft im Halse stecken.
Sam...
Ohne weiteres Umschweifen schlug ich auf den roten Knopf. Es ächzte und quietschte, als sich der schwere Riegel zur Seite schob. Es war lange her, dass das Tor das letzte Mal geöffnet worden war.
„Carrie!“, hörte ich Sam rufen. Aber als ich seine Stimme hörte läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Er dufte mich nicht erwischen. Ein schrecklicher Gedanke setzte sich in meine Kopf fest.
Vielleicht hatte er immer noch die Waffe. Ich schauderte.
Endlich war der Riegel verschwunden und ich drückte den Hebel am Tor mit all meine Kraft herunter. Er schien wie festgefroren, was nicht weiter verwunderlich war.

 

„Carrie warte!“, rief Sam erneut hinter mir und eilte nun die Stufen hinauf.

 

Erleichterung überschwemmte mich, als sich der Hebel löst und das Tor krachend aufsprang. Eisige Kälte empfing mich und raubte mir kurz den Atem. Mit unbeholfenen Schritten stürzte ich heraus und versuchte Abstand zwischen mir und Sam aufzubauen.
„Carrie!“ Wieder war es Sams Stimme. Dieses Mal schrie er sich beinahe die Seele aus dem Leib. 
In einiger Entfernung blieb ich stehen und drehte mich um. Da stand er, zwischen hier und dort, im Tor. Seine Silhouette war bereits so klein geworden, dass ich ihn kaum noch erkennen konnte.
Lange blieb ich stehen und haderte mit mir. Auch wenn ich wusste, dass ich nicht mehr zurück konnte. Ich hatte mich entschieden und Sam würde nicht zögern. Das wusste ich. Zumindest glaubte ich das.
Entschieden wendete ich mich von Sam ab, der mir hinterher blickte und ließ mein Zuhause und meinen Bruder zurück.
Es fiel mir Schwer, Jason zurück zulassen.
Er würde aufwachen, wenn er es nicht bereits mitbekommen hatte, und sich fragen, was ich mir bloß dabei gedacht hatte. Aber sicherlich würde William ihn daran hindern, nach mir zu suchen. Denn das brauchte er gar nicht, denn ich würde nicht wieder kommen.

 

Mit diesem Entschluss fiel mir jeder weitere Schritt ins Nichts noch schwerer. Vor mir erstreckte sich eine endlose Eiswüste und es gab kein Entrinnen.
War es wirklich unsere einzige Möglichkeit gewesen zu überleben? Hier draußen, wo der sichere Tod mit uns im Bett schlief? Denn neben denjenigen, die wie Sam, zum Mörder wurden, gab es immer noch die verfluchte Witterung.
Ich schlug mir all die verwirrenden Gedanken aus dem Kopf. Ich konnte so etwas im Augenblick nicht gebrauchen.
Deshalb begann ich damit, mir selber Mut zuzusprechen.
Aber auch das brachte mich nicht wirklich weiter. Ich blieb stehen, der Rucksack trieb mich beinahe in die Knie und der pochende Schmerz in meiner Schulter gewann die Oberhand. 
Mein Blick schweifte zurück. Aber die Station war nun nicht mehr größer als ein Staubkorn und ich konnte sie nur noch erahnen. Ich war verwundert über mich selbst, wie schnell ich sie doch hinter mir gelassen hatte.
Doch einen weiteren Augenblick gab ich mir nicht mehr und setzte meinen Weg fort. Auch wenn ich nicht genau sagen konnte, was mich erwartete. Eher regte sich in mir der Verdacht, dass ich vielleicht gar keinen Unterschlupf finde und erfrieren würde.

3. Kapitel

 

Langsam aber sicher kam ich an die Grenzen des ertragbaren. Ich spürte selbst durch die Dicke Kleidung, die mich vor der Kälte schützen sollte, dass der schwere Rucksack meine Haut wund gescheuert hatte. Ächzend setzte ich einen Fuß vor den anderen, auch wenn meine Stiefel immer wieder in dem hohen Schnee versanken und mir das Gehen umso schwerer machten.

Der Stoff der Stiefel ist war bereits mit Feuchtigkeit vollgesogen und meine Füße schmerzten unerträglich. Allmählich begann ich an meiner Entscheidung zu zweifeln aber ich würde nicht umkehren. Dafür war ich viel zu stolz und erschüttert zugleich. Diese Blöße würde ich mir niemals geben.

Auch wenn der Verlust meines Bruders mich traurig stimmte. Aber es war gut so. Der Gedanke daran, mit dem Mörder meiner Eltern zusammen zu leben wäre unerträglich. Jedenfalls weniger zu ertragen, als der Gedanke, Jason zu verlassen. Er würde es mir sicher nicht verzeihen.

Mein Blick schweifte über die Landschaft, ich wusste nicht, wie lange ich schon durch den Schnee stapfte. Aber eines war mir klar, wenn es so weiter ging, würde ist spätestens am Abend erfroren sein. Die Eiseskälte die hier herrschte kroch mittlerweile in jeden Winkel meines Körpers. Da brachte selbst meine dicke Kleidung nichts mehr. Ich hatte alles ausgeschöpft. Mir war so kalt, dass mein Körper schon so sehr zitterte, dass ich es als Vibrieren abstempeln würde.

Der Himmel über mir wurde dunkel, eine dicke Wolkendecke hatte die Sonne gefangen genommen und nahm mir so jede Hoffnung auf ein wenig Wärme.

Doch mit der Zeit fiel mir auf, dass der Schnee nicht mehr ganz so hoch zu sein schien, wie zuvor. Was dass zu bedeuten hatte, blieb mir allerdings ein Rätsel.

Es verging eine Ewigkeit. Bald wurde mir klar, dass ich nicht mehr lange durchhalten würde.

Aber als ich meinen Blick hob, sah ich in der Ferne etwas dunkles, das mitten im Nichts stand. Meine Schritte beschleunigten sich und kurzzeitig machte mir die schwere Last auf meinen Schultern nichts mehr aus. Auch wenn die geschundene Haut es nicht begrüßte.

Ich versuchte den Schmerz zu ignorieren, was mir teilweise gelang.

Als ich den Schmerz teilweise ausgeblendet hatte richtete ich meinen Blick wieder nach vorne und versuchte etwas zu erkennen.

Eine Hütte!

Ich kniff die Augen zusammen um mich zu vergewissern aber ich täuschte mich nicht. Es war eine Hütte.

Am liebste hätte ich meine Freude hinaus geschrien, ich war überglücklich aber ich verkniff es mir, weil ich nicht wissen konnte ob hier vielleicht Fremde waren. Denn auch wenn William immer etwas anderes behauptete, blieb ich bei der Meinung, dass es außer uns sicher noch irgendwo jemanden gab.

Ein paar Meter von der Hüte entfernt verlangsamte ich meine Schritte, da ich schon jetzt um Luft rang. Es war zu bezweifeln, dass ich den Rucksack jemals wieder hoch bekam, wenn ich ihn erst einmal absetzen würde. Aber vielleicht konnte ich eine Weile blieben. Zumindest wenn die Hütte verlassen war, was ich innig hoffte.

Plötzlich knackte es unter meinen Füßen. Ich blieb abrupt stehen. Unter meinen Füßen löste sich langsam der Schnee auf, was zurück blieb war etwas, dass aussah wie Glas.

Panisch versuchte ich von der Eisfläche zu kommen, merkte aber bereits nach den ersten paar Schritten, dass ich mehr und mehr den Halt verlor.

Kurz vor der Hütte gab die Eisfläche unter mir gänzlich nach und ich tauchte mit einem Mal unter Wasser. Meine Kleidung war innerhalb weniger Augenblicke durchnässt. Auf meiner Haut füllte es sich an wie abertausende Nadelstiche. Um Luft ringend kam ich an die Oberfläche. Der Rucksack ist so schwer und nun auch vollgesogen mit Wasser, dass er mich hinab in den kalten Tod zu ziehen drohte.

„Nein!“, rief ich, auch wenn ich weiß, dass mich niemand hören könnte.

Ich versuchte mich aus dem Wasser hinaus zu ziehen aber das Eis löste sich immer weiter ab und immer wieder sank ich in das Eiswasser zurück.

Einmal schaffte ich es fast, stützte mich mit den Unterarmen ab, sackte aber zurück, als die Eisfläche erneut nachgab. Der Rucksack zerrte unbarmherzig an mir, zog mich unter Wasser und dieses Mal kam ich nur schwer an die Oberfläche zurück. Dort bekam ich eine kurzzeitige Atempause, bis mich das verflixte Ding wieder unter Wasser zog. Panik lähmte mich beinahe. Ich brauchte den Rucksack aber allmählich ging mir die Kraft aus.

Ein letztes Mal kämpfte ich mich an die Oberfläche und rang nach Luft, bevor ich wieder unter Wasser tauchte. Mein Körper war mittlerweile ganz taub durch das eiskalte Wasser.

Schweren Herzens traf ich eine Entscheidung. Eilig streife ich die Träger des Rucksack ab und kam ungewöhnlich schnell an die Oberfläche zurück. Durch die nasse Kleidung konnte ich mich kaum noch bewegen, denn sie klebte an mir, wie eine zweite Haut. Meine Lunge brannte, dadurch dass ich einige Male etwas von dem Wasser verschluckt hatte.

Wieder kämpfte ich darum aus dem Wasser zu kommen. Meine Kraft schwand allmählich. Aber letztlich fand ich Halt und zog mein Rechtes Bein nach oben. Das andere folgt als ich mich auf meinen Armen abstützte. Ich rollte mich zur Seite weg, weg von dem kalten Tod. Auch wenn der Schnee, auf dem ich zum liegen kam, nicht minder gefährlich war. Also raffte ich mich schwerfällig auf die Füße und sah in das Wasser. Es war zu dunkel unter der Oberfläche, sodass ich den Rucksack nicht ausmachen konnte. Es war jedoch egal. Meine Hoffnung lag mit ab Grunde dieses Sees.

Schließlich wandt ich mich ab, als ich die Kälte nicht mehr aushielt. Ich stapfte schwerfällig zur Hütte hinüber und Klopfte an die Tür. Total unbegründet schien meine Angst gewesen zu sein. Denn alleine durch mein Klopfe sprang die Tür auf. Hier war sicherlich niemand. Mein Körper war taub und so spürte ich kaum den Schmerz als ich mir den Fuß am Türrahmen stieß. Trotzdem stiegen mir Tränen in die Augen. Ich bin der Verzweiflung nahe. Warum nur passiert mir so etwas?

Wie soll ich denn nun weiter machen?

Versucht mich nicht meiner Verzweiflung hinzugeben, betrat ich die Hütte nun ganz und blickte mich um. Zuerst kam ich auf einem Flur, von dem aus drei Türen abgingen.

An der ersten blieb ich stehen und sah hinein. Anscheinend ein Schlafzimmer. Es wirkte klein aber das Bett sah vielversprechend groß aus. Ich ging weiter, auch wenn mein Müder Körper nach etwas Erholung schrie. Ich gelang an die nächste Tür und öffnete sie. Und da fiel mir auf, dass ich noch nie ein Haus betreten hatte, geschweige denn hatte ich in einem gelebt. Auch wenn das hier nur eine Hütte war.

Wäre meine Mutter hier, würde sie mich erst einmal über alles aufklären. Allmählich bemerkte ich, dass das gesamte Adrenalin meinen Blutkreislauf verließ, langsam aber sicher machte sich Erschöpfung breit. Die Gedanken an den vergangenen Tag keimten auf und ließen mich nicht mehr los.

Ein fürchterlich schlechtes Gewissen machte sich in mir breit. Wäre Jason enttäuscht?

Ich schüttelte den Kopf. Einige meiner nassen Strähnen lösten sich aus meinem Zopf und blieben an meinen Wangen kleben. Ich ignorierte es und betrat den Raum. Ein Wohnzimmer, zumindest sah es aus wie eines. Bei uns in der Kolonie gab es etwas vergleichbares nicht.

Mein Körper beginnt zu rebellieren, kämpfte gegen die Kälte, meine Hände waren schon ganz bläulich und meine Glieder wurden steif.

Das Erste das ich in dem Wohnzimmer erblickte, war eine Decke, die in einer Ecke des Zimmers lag. Schnurstracks durchquerte ich den Raum, auch wenn mich Schwindel zu überfallen drohte. Mein Bewusstsein schien mir nun Streiche zu spielen, mir war es kaum noch möglich einen klaren Gedanken zu fassen. Es wirkte als würde sich Nebel um meine Gedanken legen und machte sie so undurchsichtig, sinnlos. Dunkle Flecken tanzten vor meinen Augen herum. Übelkeit ergriff mich. Aber ich ließ mich nicht beirren und hob die Decke auf. Sie wirkte nicht sonderlich dick, musste aber genügen. Im Schlafzimmer befand sich schließlich eine weitere.

Zurück auf dem Flur steuerte ich das Schlafzimmer an und trat ein, verflogen war die Sorge, jemandem zu begegnen, der nicht freundlich gesinnt war.

Ohne Umschweifen entledigte ich mich meiner Jacke und ließ sie achtlos zu Boden fallen. Dann schlüpfte ich unter die Bettdecke und breitete die andere zusätzlich über mir aus. Erst jetzt schien mir das ganze Ausmaß bewusst zu werden. Frierend wickelte ich mich in die Decken ein, die mich nicht wirklich wärmen konnten. Die dunklen Flecken wuchsen und flackerten störend vor meinen Augen auf. Bald war mein Sichtfeld so eingeschränkt dass ich kaum noch etwas erkennen konnte.

 

 

Meine Glieder zitterten irgendwann so sehr, dass ich aus meinem dämmrigen Zustand geholt wurde. Ich Müdigkeit überfiel mich, doch ich kämpfte und wollte mich dem Schlaf nicht hingeben. Es wäre mein sicherer Tod. Unter den Decken rieb ich meine Hände aneinander um sie etwas zu wärme, mit mäßigem Erfolg. Ich schaffte es nicht, die Kälte zu vertreiben. Was hatte ich mir nur dabei gedacht?

Letztlich merkte ich, wie mein Verstand verrückt spielte. Immer wieder bildete ich mir ein, etwas zuhören. Mal war es die Stimme meines Bruders oder die meiner Eltern. Ab und zu meinte ich einen Schuss zu hören. Unmöglich! Niemand außer mir wäre so verrückt und würde sich in der Eiswüste herum treiben. Meine Dummheit dürfte ich anscheinend auch hoch bezahlen.

Ich bin allmählich nicht einmal mehr im Stande zu weinen. Weder um Jason, den ich wohl nicht mehr wieder sehen würde. Geschweige denn um meine Eltern, denen so kaltblütig das Leben genommen wurde.

Ich schloss die Augen und versuchte mir vorzustellen, wie es früher gewesen sein musste. Aber da ich nicht in dieser Zeit geboren wurde, war es natürlich schwachsinnig. Es kamen die seltsamsten Dinge dabei heraus. Nichts davon stimmte mit dem überein, was meine Mutter mir erzählt hatte. Es war mir unmöglich mir ein Bild von etwas zu machen, dass ich nicht kannte.

Die Kälte verschwand nicht, nahm meiner Meinung nach eher noch zu, also hielt ich meine Augen weiter geschlossen. Es wäre ein leichtes einfach einzuschlafen. Denn mittlerweile verlor ich die Hoffnung darauf, dass ich mir doch noch selbst helfen könnte. Aber durch das kleine Fenster, dass nur noch von einer zerfetzten Gardine verhangen war, konnte ich sehen, dass es wohl auf den späten Nachmittag zuging.

Um ehrlich zu mir zu sein, war ich überrascht davon, dass ich bis jetzt durchgehalten hatte. Ich war bereits eine kleine Ewigkeit hier. Aber mein Zustand besserte sich nicht. Mein Hals wurde ganz trocken und meine Augen tränten. Wenn mich die Kälte nicht tötete, dann eine Krankheit, die mit der Kälte einherging. Ich seufzte angestrengt und war kaum mehr im Stande mich zu bewegen. Aber ich schaffte es, unter großer Anstrengung mich zur Tür umzudrehen. Dann schloss ich wieder meine Augen und versuchte zumindest Ruhe zu finde. Davon gab es hier zwar genug aber meine innere Ruhe hatte ich lange noch nicht gefunden.

 

Irgendwann merkte ich wie es dunkel wurde, meine Lider waren schwer wie Blei und ich kämpfte gegen die Erschöpfung. Ich wusste zwar, dass ich nicht gewinnen konnte, aufgeben wollte ich aber trotzdem nicht. Dass konnte ich Jason nicht antun. Er würde vielleicht doch irgendwann einmal nach mir suchen. Schließlich war er mein Bruder und würde jede Möglichkeit nutzen, Williams wachsamen Augen zu entkommen. Er lag in Jasons Natur, zumindest war es früher so.

Mitten in meinen Gedanken schreckte ich auf und blickte zu Tür.

Was war das? Ich hatte eindeutig etwas gehört. War ich vielleicht in das Versteck von jemanden eingedrungen? Wenn ja war es sicher ein Fehler gewesen. Denn, wenn es jemanden außer uns gab, musste er ja schließlich nicht freundlich gesonnen sein. Wieder hörte ich ein Geräusch, konnte es aber nicht zuordnen. Immer noch zitterte ich wie Espenlaub. Meine Zähne schlage aufeinander, das Geräusch kam mir sehr laut vor.

Ein drittes Mal hörte ich ein Geräusch, dieses mal aus unmittelbarer nähe. Es schienen Schritte zu sein. Schwere Schritte, so dass ich vermutete, sollte es ein Mensch sein, dass es nur ein Mann sein konnte. Abermals schloss ich die Augen und versuchte meine Angst hinunter zu schlucken. Ich war nicht mal in der Lage, mich zu wehren, sollte der Ernstfall eintreten.

Die Schritte kamen näher und ich versteckte mich etwas unter der Decke. Dass Bett war durch meine Kleidung total durchnässt. Wohl einer der Gründe warum ich mich nicht aufwärmen konnte.

Plötzlich öffnete sich die Tür und jemand trat ein. Meine Augen hielt ich geschlossen. Wenn es jemand war, der vielleicht Mitleid hatte und dachte, ich würde schlafen würde mich vielleicht verschonen.

Die Schritte verstummten. Derjenige stand womöglich vor mir und sah mich an. Eine Panikwelle schlug über mir zusammen. Ich bezweifelte, dass ich aussah, als würde ich schlafen.

„Carrie?“ Die Stimme war leise, als würde Derjenige denke, dass ich schlafe. Zu allem Übel kam hinzu, dass ich die Stimme kannte. Und ohne, dass ich mich hätte wehren können, schluchzte ich.

Als ich meine Augen öffnete sah ich dass der Eindringling sich im Raum umschaute. Erst erblickte er die triefnasse Jacke auf dem Fußboden und dann wandt er seinen Blick wieder zu mir.

Es war Sam...

„Wa- was tust du hier?“ Meine Stimme zitterte und ich hoffte, dass er mich trotzdem verstanden hatte. Vielleicht spielte mir mein kränkelndes Hirn nur etwas vor? Es konnte nicht wahr sein!

„Ich habe dich gesucht.“, erwiderte er leichthin und sah sich weiter im Raum um.

Er hatte mich gesucht? Es war mir unerklärlich, warum gerade er mich gesucht haben sollte. Es fiel mir nur eines ein, um diese Frage zu beantworten. Aber es schien so absurd, dass ich es nicht einmal Sam zutrauen würde.

„Du hast mich gefunden.“, krächzte ich und beobachtete ihn. Er nickte. Dann blieb er am Fenster stehen, dass Einzige in diesem Raum und seine Finger griffen nach der Gardine.

Diese wurde von einer lächerlichen und zerbrechlich aussehenden Gardinenstange gehalten. Und er schien meiner Meinung zu sein, denn mit einem Mal riss er sie herunter. Das Stück Stoff blieb bemitleidenswert auf dem Boden liegen.

Unvermittelt drehte Sam sich wieder zu mir um und sein Blick traf mich. Ich konnte nicht bestreiten, dass ich sehr wohl so aussehen musste wie ich mich fühlte.

Ohne etwas zu sagen verließ er das Schlafzimmer. Aber er gab mir nicht die Möglichkeit mich zu fragen, wohin er gegangen war, da kam er auch schon wieder.

Er hatte einen Rucksack auf dem Rücken der meinem verteufelt ähnlich sah. Stirn runzelnd sah ich ihm dabei zu, wie er ihn öffnet. Heraus zog er eine Decke und eine weitere folgte.

Diese sahen um einiges dicker aus als die, mit denen ich mich momentan bediente.

Während ich ihm weiter dabei zusah, wie er Dinge aus dem Rucksack holte, rieb ich wieder meine Hände aneinander. Aber es half alles nichts. Ich würde erfrieren.

 

Sam zog schließlich ein paar Kleidungsstücke heraus und legte sie auf das Ende des Bettes. Als er sich wieder aufraffte blickte er mich erwartungsvoll an.

„Was ist?“, fragte ich nach kurzem zögern. Im Moment ignorierte ich vollkommen, wer da vor mir stand. Denn es zählte für mich nur, dass jemand da war.

„Steh auf.“, forderte er und zog die Decken weg. Sofort griff eine neue Welle der Kälte nach mir. Das Zittern nahm augenblicklich zu.

Ich versuchte auf seine Anweisung zu hören und versuchte mich aufzurichten. Aber meine Glieder schmerzten und gehorchten kaum noch meinen Befehlen. Sam schien es zu merken und griff nach meinem Arm um mir zu helfen, auch wenn er ziemlich grob dabei war.

„Steh auf!“, forderte er ein weiteres Mal, klang dieses Mal aber ungeduldig.

Auf die Füße schaffte ich es ohne seine Hilfe, auch wenn ich dafür etwas Zeit brauchte. Als ich endlich stand sah er mich zuerst an, als wollte er prüfen, dass ich mir nichts anderes außer einer Unterkühlung zugezogen hatte.

„Zieh deine Sachen aus.“ Sams grünen Augen sehen mich auffordernd an, ich erwiderte den Blick skeptisch.

„Ich soll was?“, pikierte ich und runzelte die Stirn. Das konnte doch nicht sein Ernst sein!

„Willst du erfrieren? Mach was ich sage!“ Er rollte mit den Augen und wies dann auf die Kleidung, die er achtlos auf das Bett geworfen hatte. Dann wandt er sich ab und verließ dass Zimmer.

Verwundert sah ich ihm nach.

Was ist nur in ihn gefahren?

Die Frage verwerfend, entledigte ich mich meiner Sachen, was sich als schwieriger erwies als gedacht. Denn immer noch klebte alles an mir wie eine zweite Haut. Ich brauchte meiner Meinung nach viel zu lange. Und leider konnte ich nicht behaupten, dass es eine Wohltat war, die nassen Sache los zu werden. Denn als das letzte Kleidungsstück zu Boden fiel fror ich noch mehr, als zuvor.

Beinahe mechanisch griff ich mir Sams Kleidung und zog mir erst das viel zu große Shirt über den Kopf. Und dann eine Hose, die ich an ihm noch nie gesehen hatte. Womöglich zog er sie auch nur zum schlafen an.

Sogar Socken hatte er mir hingelegt! Schnaubend stülpte ich auch diese über meine eisigen Füße und stand im ersten Moment unschlüssig im Raum, bis Sam urplötzlich wieder hereingeschneit kam.

„Ähm.“, sagte ich und sah ihn an. Er erwiderte den Blick nicht.

„Woher wusstest du dass ich fertig bin?“, verlangte ich zu wissen. Sam nahm sich die Decken vom Boden und schultert seinen Rucksack.

„Wusste ich nicht.“, gab er gleichgültig zu und verschwand wieder auf den Flur.

Ich wurde nicht schlau aus ihm, versuchte mich aber nicht weiter mit seinem Verhalten zu befassen.

„Kommst du?“, rief er vom Flur aus.

Verwirrt verließ ich das Zimmer ebenfalls und spürte bei jedem Schritt, dass die Erschöpfung mir noch immer in den Knochen steckte. Jeder Schritt bereitete mir unglaubliche Schmerzen und die Kälte kroch wieder in meine Glieder. Das Zittern nahm stetig zu. Versuchend den Schmerz und die Erschöpfung zu ignorieren, traf ich Sam im Wohnzimmer. Dort hatte er eine Decke auf der Couch ausgebreitet. Anscheinend diente diese Couch auch zum schlafen.

Verwundert über sein Tun ging ich auf ihn zu.

Als er anscheinend zufrieden mit seiner Arbeit war, wendete er sich mir zu. Ihm schien diese ganze Situation überhaupt nicht merkwürdig vorzukommen.

„Willst du dir den Tod holen? Leg dich hin!“ Zuerst, war ich versucht, seinem Befehl nicht zu folgen, denn ich ließ mir nicht gerne etwas sagen. Aber ich war wahrlich nicht in der Stellung Ansprüche zu stellen. Also ergab ich mich und kletterte auf die Couch. Gerade als ich lag, breitete Sam die Decken über mir aus. Ich hasste es bemuttert zu werden. Und dann war es auch noch Sam!

„Ich bin gleich wieder da. Ich muss nur etwas finden, dass ich anzünden kann.“, sagte er und ließ mich allein zurück.

Anzünden?!

4. Kapitel

 

Sam kam nach kurzer Zeit wieder zurück und hatte eine Schachtel mit Streichhölzern in der einen Hand. In der anderen hatte er ein paar Holzscheite, die eher aussahen als gehörten sie zu einem Möbelstück. Mit gerunzelter Stirn, sah ich ihm nach.

Mir behagte es nicht, dass er Streichhölzer in der Hand hatte. Allerdings konnte ich erleichtert aufatmen, als er an eine Gerätschaft herantrat, die aussah wie ein Ofen.

Solche hatten wir auch in unserem Heizungskellern. Nur erschien mir dieser lächerlich winzig.

„Gleich wird dir warm.“, ließ Sam mich wissen, allerdings bezweifelte ich das vehement. Wie sollte mich so ein lächerlich winziges Ding jemals wärme können? Innerlich machte ich mich bereits darauf gefasst, dass ich die kommende Nacht nicht überstehen würde.

 

Das Atmen schmerzte bereits unerträglich, sodass mir jeder Atemzug schwerer fiel. Meine Lunge war tief gezeichnet, von dem Kampf mit dem eisigen Tod. Mir bereitet der Gedanke immer noch leichte Panik, wenn ich an den gefrorenen See dachte.

„Dein Versuch in allen Ehren aber wir sollten uns nichts vormachen.“, krächzte ich und kuschelte mich weiter in die Decken. Ich merkte noch keine große Veränderung.

Sam erwiderte auf meinen Kommentar hin nichts, es schien, als würde er ihn gekonnt ignorieren.

Irgendwann schaffte es Sam, ein Feuer zu entzünden, das leise knisternd im Ofen brannte. Auch wenn ich es niemals offen zugeben würde, ich war Sam dankbar.

Bald merkte ich, dass sich etwas veränderte. Die Decken wurden durch die Hitze des Feuers erwärmt und gaben diese Wärme an mich weiter. Müdigkeit machte mich träger als ich ohnehin schon war und Sams Gestalt, die in einem Sessel saß verschwamm langsam vor meinen müden Augen.

 

Ich schlug die Augen auf und kniff sie gleich darauf wieder zu. Mir wurde sofort bewusst, dass ich nicht an die Helligkeit des Tages gewöhnt war, im Bunker kannte man meist nur künstliches Licht. Es dauert also einen Moment, bevor ich überhaupt etwas sehen konnte.

Als ich meinen Blick schweifen ließ, sah ich, dass immer noch Glut im Ofen brannte, der Raum war wunderbar warm.

Zu meiner Verwunderung konnte ich Sam nirgendwo entdecken. Deshalb schlug ich die Decken schweren Herzens zur Seite und stand auf. Zumindest versuchte ich es. Es kostete mich viel Kraft, denn meine Glieder waren immer noch ganz steif. Meine Beine wollten rebellieren, als ich endlich stand. Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen. Ich konnte nicht behaupten, dass es eine Wohltat war, endlich nicht mehr liegen zu müssen. Insgeheim sehnte ich mich bereits jetzt wieder nach der Wärme meines Schlafquartiers. Schließlich konnte ich aber widerstehen und verließ das Wohnzimmer, um mich auf die Suche nach Sam zu machen.

Wo war er nur?

Ich sah zuerst ins Schlafzimmer. Dort fand ich ihn nicht. Allerdings fiel mir auf, dass er meine triefnasse Jacke über einen Stuhl gehängt hatte. Die Bettdecke war aufgeklappt und die Matratze schien wieder trocken zu sein.

Verwundert kehrte ich auf den Flur zurück und ging weiter. In der nächsten und letzten Tür war lediglich ein Badezimmer. Doch hier endete der Flur nicht. Mein Augenmerk lag auf einer Treppe die hinauf führte.

Ins Dachgeschoss?

Zuerst zögerte ich, da ich nicht wusste was mich erwarten würde. Aber vielleicht war Sam da oben. Kurz überlegte ich, doch dann ergriff mich die pure Neugierde. Also schleppte ich mich die Stufen hinauf, die Treppe glich eher einer Leiter. Oben angekommen war nichts zusehen.

Doch als ich meinen Blick schweifen ließ erkannte ich in einer Ecke des Raums ein schwaches Licht.

Das Licht einer Taschenlampe.

„Ich habe dich gesucht.“, sagte ich an Sam gewandt, auch wenn ich ihn in der Dunkelheit nicht genau ausmachen konnte. Die Dunkelheit schien ihn zu verschlucken.

Meine Stimme war ganz rau und angeschlagen.

„Du hast mich gefunden.“ Beinahe brachte es mich zum lachen, dass wir das gleiche Wortgefecht bereits schon einmal hinter uns hatten.

Ich stieg nun die Leiter ganz hinauf. Die Decke im Dachgeschoss war so niedrig, dass ich nicht aufrecht darin gehen konnte. Letztlich kroch ich beinahe zu Sam hinüber, denn er schien etwas gefunden zu haben. Kurz nachdem ich ihn erreicht hatte, rückte er zur Seite um mir einen Blick auf seinen Fund zu gewähren.

Ich sah ihn kurz an, er schien meinen Blick nicht zu bemerken, und wunderte mich, wie er so beschäftigt und gleichzeitig so aufmerksam sein konnte. Trotzdem riss ich mich zusammen und sah mir sein Fundstück an.

Vor uns stand eine kleine Truhe, voller Briefe. Ganz an den Rand geschoben, neben den ganzen Briefen, lag ein kleines abgegriffenes Buch, mit schwarzem Einband. Ich griff danach und nahm es an mich.

„Was das wohl ist?“, fragte ich mich eher selbst aber Sam antwortete.

„Vermutlich ein Tagebuch. Ich denke, dass hier vor einiger Zeit noch Menschen gelebt haben.“ In dem matten Licht der Taschenlampe konnte ich erkennen das er mit den Achseln zuckte.

„Aber William hat doch gesagt, dass es niemanden außer uns gibt.“, protestierte ich leise.

Sam wandt sich mir zu, als er die Truhe schloss.

„Und du glaubst ihm? Wahrscheinlich hat er versucht etwas zu verheimlichen!“

Grob schob Sam mich zur Seite und robbte auf Knien an mir vorbei. Dabei zog er die Truhe hinter sich her.

„Wie meinst du dass?“

Letztlich stieg Sam die Treppe hinunter, mit der Truhe auf dem Arm. Bald war er aus meinem Blickfeld verschwunden, ohne auf meine Frage eingegangen zu sein.

Das Licht der Taschenlampe verschwand und so hatte ich Probleme wieder zur Treppe zu gelangen. Der Eingang zum Dachboden lag in einer Nische und war daher wenig vom Tageslicht beleuchtet.

Ich war froh, als ich den dunklen Dachboden endlich hinter mir gelassen und wieder festen Boden unter den Füßen hatte.

Von Sam war wieder einmal keine Spur. Doch jetzt hörte ich ihn im Wohnzimmer hantieren.

Ich folgte den Geräuschen, die er zu verursachen schien und kurz darauf sah ich ihn auf dem Boden sitzend die Truhe durchstöbern.

Das Buch, welches ich zuvor entwendet hatte, hielt ich immer noch in der Hand.

Immer noch etwas verwundert über die momentane Situation setzte ich mich ebenfalls auf dem Boden. Meine Glieder rebellierten. Mir kam es vor als hätte ich ein ganzes Leben auf der Couch verbracht.

„Wie lange habe ich geschlafen?“, fragte ich leichthin und lehnte mich an der Wand an. Sam sah nicht ein einziges Mal von dem Briefstapel auf, den er in der Hand hält.

„Fast zwei Tage.“, antwortete er als würde er mir gerade erzählen das er sich den Fuß gestoßen hätte. Ich war es nicht gewohnt dass man so gleichgültig mit mir umging. Zum anderen war es ein Schock für mich, dass ich wirklich eine kleine Ewigkeit in meinem Quartier verbracht hatte.

„Du wirst sicher Durst haben.“, fügte Sam hinzu und sah mich das erste Mal wirklich an. Alles was ich darauf erwiderte, war ein Nicken.

Daraufhin gab er seine Recherche auf und verließ den Raum.

Ich hörte ihn aber konnte nicht ausmachen, wo er war. Nach Ablenkung suchend widmete ich mich dem kleinen Buch in meinen Händen.

Der Schwarze Einband wies Risse auf, deshalb glaubte ich, dass er schon sehr alt sein musste. Ein paar Jahre sicherlich, wenn nicht mehr. Vorsichtig öffnete ich das Buch und warf einen ersten Blick hinein. Die erste Seite war beschrieben aber nur zum Teil. Es war eine saubere und ordentliche Schrift. Am Rand stand ein Name. Emilia James.

Verwundert strich ich über die erste Seite des Buches. Diese Buch hatte einem Mädchen oder gar einer Frau gehört. Zumindest erklärte es die saubere Schrift. Unterdessen tanzten Buchstaben wild vor meinem inneren Auge herum, in Jasons krakeliger Jungenschrift.

 

Hallo, wer auch immer dieses Buch gefunden hat.

Jetzt weißt du, dass es noch andere gibt. Ich habe eine ganze Zeit lang geglaubt, dass es niemanden außer mir hier draußen gibt. Doch nachdem ich lange hier draußen gelebt habe, was nicht immer leicht war, habe ich mir ein Herz gefasst und habe gesucht. Lange war diese Suche erfolglos.

Vielleicht geben dir meine Erfahrungen und Gedanken den benötigten Mut, so wie ich, die anderen zu suchen und zu finden. Ich hinterlasse diese Buch, in der Hoffnung, dass wir uns einmal persönlich begegnen.

 

Ich schreckte auf als etwas polternd neben mir abgestellt wurde. Ein Tablett aus schwerem Metall, darauf befanden sich zwei Plastiktassen über denen es verführerisch dampfte.

„Trink.“, forderte mich Sam mich auf und reichte mir eine der Tassen. Noch etwas durcheinander ergriff ich die Tasse und nahm den wunderbaren Geruch von Kräutern auf.

Ich ließ es mir nicht noch einmal sagen und nahm einen kräftigen Schluck, auch wenn ich mir dabei die Zunge verbrannte.

„Danke.“, erwiderte ich. Ein wohliges Gefühl breitete sich in meinem Inneren aus.

„Schon was raus gefunden?“, fragte Sam und überging meinen Dank völlig. Ich blickte ihm mit gerunzelter Stirn entgegen und war mir nicht sicher, ob ich etwas aufgrund seines Verhaltens sagen sollte oder es einfach gekonnt ignorieren sollte. Ich entschied mich für letzteres.

„Soweit bin ich noch nicht gekommen. Aber du hast anscheinend recht. Dieses Buch gehörte einer Emilia James.“ Ich zuckte die Achseln und bereute es sofort. Wie tausende Messerstiche pochte es in meiner Schulter. Es erinnerte mich sofort wieder daran, wen ich eigentlich vor mir hatte.

Sam setzte sich zu dem Briefhaufen zurück und sah mich an.

„Hm.“, gab Sam zum Besten. Dann widmete er sich wieder seiner Arbeit. Kurz unterdrückte ich ein wütendes Schnauben. Warum fragte er, wenn es ihn doch ohnehin nicht interessierte?

Immer noch wütend schlug ich willkürlich eine Seite auf und stellte dabei meine Tasse auf dem Boden ab.

 

Ich habe sie gefunden, endlich! Es kam mir beinahe vor wie eine Ewigkeit. Aber heute habe ich das erste Mal jemanden gesehen. Auch wenn ihre Aufmachung etwas Schräg war. Sie trugen eine Art Rüstung. Und beide hatten sie eine Waffe bei sich. Sah ziemlich düster aus. Allerdings scheinen sie nichts böses im Sinn zu haben. Ich habe die Frau ab und zu herzhaft lachen hören.

Hoffentlich sehe ich morgen wieder jemanden.

 

Die Geschriebenen Worte waren nicht so Säuberlich wie auf der ersten Seite. Es schien als sein Emilia in großer Aufregung gewesen. Kurz wwarf ich einen Blick zu Sam, der mich nicht weiter beachtete. Ich schnalzte missbilligend mit der Zunge und nahm einen Schluck von dem köstlichen Tee. Danach blickte ich wieder auf das Buch und sah mir den nächsten Eintrag an.

 

Dieses Mal war ich zu einer anderen Tageszeit da. Am Abend war niemand vorzufinden. Sie waren wie vom Erdboden verschluckt. Also bin ich weiter hinaus gegangen. Es war einfach unbeschreiblich. Nachdem ich so lange allein war fand ich endlich was ich gesucht habe. Überall waren so viele Menschen. Als sie mich entdeckten tauchten wieder welche in dieser komischen Rüstung auf. Natürlich hatte ich Angst aber wie schon vermutet, waren sie gut gesinnt. Einer von ihnen war etwas grob, als sie mich mit nahmen aber dennoch fühlte ich mich gleich wohl bei ihnen.

 

„Sie hat jemanden gefunden.“, sagte ich in den Raum hinein. Mehr zu mir als zu Sam, aber es ließ ihn aufsehen.

„Wie kommt dann dass Buch hier her?“, fragte er und versuchte meine Hoffnung zu zerschlagen. „Sie hat es absichtlich hier gelassen. Sie wollte, dass es gefunden wird.“, murrend zuckte ich die Schultern ignorierte das Pochen und wandt mich ab. Ich klappte das Buch zu und nahm den letzten Schluck aus der Tasse. Danach stellte ich sie zurück und erhebe mich. Ein Blick durch ein Fenster verriet mir, dass es wieder dämmerte. Durch die Zeit in der Kolonie verlor man jegliches Zeitgefühl. Natürlich hatten wir Zeiten, zu denen wir aufstanden und schlafen gingen. Allerdings richtete wir uns nicht immer nach der Tageszeit.

Seufzend legte ich mich zurück auf die Couch und deckte mich zu. Ich sah Sam dabei zu, wie er einen Brief öffnete und ihn danach eingehend studierte.

Er sah bei weitem nicht so kaltherzig aus, wie er sich gab. Sam war eben ein Blender. Und auch wenn ich im Moment ausblenden konnte, was er getan hatte, verzeihen würde ich ihm noch lange nicht. Er gab mir auch allen Grund dies nicht zu tun. Er war total unausstehlich. Das war er bereits, bevor er meine Eltern getötet hatte.

Ziemlich von sich überzeugt.

Am Anfang hatte ich Mitleid mit ihm, da er bis auf seinen Bruder Jamie ganz allein gewesen war. Jetzt teilten wir ein Schicksal, wir waren ganz allein hier draußen. Und unsere Geschwister waren noch in der Kolonie.

Ich schloss meine Augen und versuchte Schlaf zu finden. Das Buch dabei fest an meine Brust gepresst.

 

„Carrie!“, knurrte eine Stimme ungehalten, direkt neben mir. Ich schreckte auf und saß kerzengerade, bis mich der aufflackernde Schmerz in die Realität zurück holte.

Vor Schmerz stöhnend sah ich mich um und erblickte Sam, der neben mir auf der Couch saß.

„Was?“, fragte ich zornig, da er mich so grob aus dem Schlaf geholt hatte.

Er allerdings antwortete mir nicht und legte stattdessen den Zeigefinger an die Lippen, um mich zum schweigen zu bringen. Kurz darauf griff er nach meinem Arm und zog mich von der Couch. Seine Berührung durchfuhr mich wie ein Blitzschlag, meine Haut kribbelte. Sam schien davon selbst nichts zu merken, denn er zerrte mich grob auf den Flur. Ich hatte Probleme dabei, mit ihm Schritt zu halten.

„Was ist denn los?“, fragte ich leise. Allmählich machte sich die Angst in mir breit. Was hat er nur vor?

Sam antwortete nicht und schleifte mich weiter den Flur entlang. Wir erreichten die Leiter, die hinauf auf den Dachboden führte. Zuerst erklomm ich sie, als Sam mir den Vortritt ließ und danach er. Gerade als er oben angelangt war zog er die Leiter hinauf und schließt die Falltür ähnliche Klappe. Mit einem Mal wurde es düster in dem kleinen und engen Raum. Ich wimmerte, vor Nervosität und Angst. Was geschah nur?

Plötzlich spürte ich einen warmen Luftzug an meiner Wange. Sams Atem.

„Draußen ist jemand.“, flüsterte er so leise, dass ich es kaum verstand.

Einen Moment brauchte ich, um diese Information zu verarbeiten. Jemand war hier? Menschen...

„Warum verstecken wir uns dann?“, fragte ich, eben so leise wie Sam zuvor.

Er hockte immer noch neben mir, sein Atem streift erneut mein Gesicht, was erneutes Kribbel auslöste.

„Sie haben Waffen.“ Sein Ton schien wie üblich grob, als wollte er das Thema endlich beenden.

„Ich brauche niemanden der versucht mich zu schützen!“, zischte ich ihm letztlich entgegen und höre ein Knurren seinerseits.

„Und vor allem nicht von dir!“ Dieses Mal sprach ich lauter, womöglich, wenn bereits jemand unser Quartier betreten hatte, hätten sie unsere Anwesenheit bemerkt.

„Ich gehe jetzt darunter.“, gab ich zum Besten und kroch zur Falltür. Zumindest dahin, wo ich sie vermutete. Suchend fuhr ich mit den Fingern über den Dielenboden um die Falltüre auszumachen. Gerade als ich den Griff der Falltüre ertastet hatte und danach griff schlang sich ein Arm um meine Mitte. Sam...

Panik überkam mich. Hecktisch fing ich an zu strampeln, um mich aus seinem Griff zu befreien. Unterdessen, griff meine Hand immer fester um den Griff der Falltür, als Sam versuchte mich wegzuziehen.

„Lass deine dreckigen Finger von mir!“, spie ich ihm entgegen. Letztlich schaffte ich es ihm einen Schlag ins Gesicht zu verpassen, so dass er von mir abließ.

Schnell ergriff ich meine Chance und riss den Griff nach oben. Tageslicht fiel augenblicklich in den Raum. Hinter mir knarzte der Dielenboden, Sam versuchte erneut nach mir zu greifen. Schneller als ich reagieren konnte hechtete ich nach vorn und fiel, die Leiter hinunter.

Hart prallte ich auf den Boden, direkt auf die verletzte Schulter. Ein mit Schmerz getränktes Schluchzen entfuhr mir.

„Carrie!“, Sam klang plötzlich ganz anders. Besorgt, oder bildete ich mir das vielleicht ein?

Keuchend kam ich wieder auf die Beine und hielt mir die Schulter. Tränen der Wut und des Schmerzes stachen in meinen Augen.

„Du Idiot!“, knurrte ich. Jedes weitere Wort blieb mir im Halse stecken, als ich zwei Gestalten vor mir auf dem Flur erblickte. Sie trugen eine Art Rüstung. waren es vielleicht genau solche Menschen, auf die Emily mich vorbereiten wollte?

Hinter mir knarzte die Leiter. Wie selbstverständlich positionierte sich Sam halb vor mir. Die beiden Unbekannten hoben ihre Waffen.

„Wer seit ihr?“, fragte Sam drohend und griff plötzlich nach meiner Hand.

5. Kapitel

 

Sams Hand hielt meine fest umklammert, als hätte er Sorge, ich würde den beiden in die Arme laufen, wenn er mich nicht festhielt. Seine Berührung war so falsch, er war der Mörder meiner Eltern, hatte keine Reue gezeigt, tat es noch immer nicht. Er war ein arrogantes Scheusal. Und doch war es aufregend und neu.

Ich mahnte mich selbst und wurde mir bewusst, in was für einer Situation wir uns gerade befanden.

 

Die beide uns gegenüber, anscheinend Männer, tauschten einen kurzen Blick und ließen Ihre Waffen dann sinken.

„Wir sind hier um euch mitzunehmen.“, sagte einer der beiden, mit einer tiefen Stimme. Sam der mich zur Hälfte verdeckte sah angespannt aus. Er folgte jedem Wimpernschlag, jedem Atemzug der Bewaffneten Männer ganz genau. Woher kam plötzlich dieser Beschützerinstinkt in ihm? Wollte er etwas wieder gut machen?

„Wir wollen aber nicht mit euch kommen!“, blökte Sam den Männern entgegen. Diese tauschten wieder einen Blick miteinander. Der rechte nahm dann etwas zur Hand, das ich nicht identifizieren konnte, es hatte vorher an seiner Rüstung gehangen. Er hob es vor seinen Mund.

„Wir haben zwei gefunden, Es ist sicher. Sie können reinkommen.“ Seine Worte waren gewählt und knapp. Diese Strenge in der Stimme des Mannes machte mich ganz verrückt. Mein Vater hatte mir einmal erzählt das man beim Militär so redete, so... gedrillt.

Meine Gedanken wurden unterbrochen als eine dritte Gestalt durch die Tür in den Flur trat. Diese Gestalt, viel zierlicher, war umhüllt mit einem langen Mantel und setzte ihre Kapuze, die tief ins Gesicht reichte, ab. Zum Vorschein kam das Gesicht einer recht hübschen Frau, mit braunen Augen und dunklen Haaren.

„Hallo.“, sagte sie in den Raum hinein. Sam vor mir schien sich weiter anzuspannen. Er hielt noch immer meine Hand und zog mich nun auf die Füße. Ich drückte seine Hand leicht, um ihn zu beruhigen. Doch er schien alles um ihn herum ausgeblendet zu haben, bis auf die drei vor uns.

„Ich bin Emilia James, wer seit ihr?“, sagte die Frau ruhig und musterte Sam und mich eingehend, mit einem warmen Blick.

Mein Blick schnellte zu Sam und dieser erwiderte den Blick einen kurzen Augenblick, bis er wieder die Männer ins Visier nahm.

„An eurer Reaktion sehe ich, ihr habt mein Tagebuch gefunden?“, fragte Emilia mit einem Lächeln auf den Lippen.

Ich nickte nur.

Emilia trat mit langsamen Schritten auf uns zu, Sam schob mich hinter sich und ging dann selbst ein paar Schritte zurück.

„Bleiben Sie wo Sie sind!“, spie er ihr entgegen. Emilia tat wie befohlen, sah Sam aber belustigt an.

„Ganz ruhig Kleiner, ich bin unbewaffnet.“, erwiderte sie und fasste an die Schlaufe an ihrer Kehle. Mit langen Finger löste sie diese und ihr Mantel glitt zu Boden. Doch auch ihre Worte beruhigten Sam nicht.

„Sam und Carrie.“, sagte ich leise, Emilia blickte zu mir, leicht irritiert.

„Wie bitte?“, fragte sie nach.

„Wir sind Sam und Carrie.“, wiederholte ich ein weiteres Mal. Auf dem Gesicht von Emilia zeichnete sich wieder ein Lächeln ab. Sam war es nun der meine Hand drückte.

„Gibt es außer euch noch andere hier draußen?“, wollte sie nun wissen. Sam und ich tauschten wieder, für den Bruchteil einer Sekunde Blicke aus.

„Nein, es gibt nur uns beide.“, sagte Sam und ich nickte bekräftigend. Zumindest waren wir uns in einer Sache einig.

„Wärt ihr so nett, uns zu begleiten?“ Emilia sah dieses mal nur mich an und überging Sam vollkommen. Ich sah sein Kopfschütteln neben mir. Doch ich kam nicht umhin, mir einzugestehen, das die Neugierde mich gepackt hatte.

„Das würden wir sehr gerne.“, erwiderte ich letztlich. Es schien beinahe, als wäre ein Blitz durch Sams Körper gegangen, er packte mich nun am Arm und hielt mich fest umklammert.

„Niemals, wir bleiben hier!“, Spie er wieder und ging dann einen bedrohlichen Schritt auf die Drei zu. In Emilias Blick war nun Ärgernis zu erkennen.

„Setzt ihn außer Gefecht.“, sagte sie gelangweilt und hob ihren Mantel wieder auf.

Die Männer kamen auf uns zu, mit erhobenen Waffen.

„Nein, Nein, Nein!“, schrie ich, konnte es nicht ertragen wieder mit Waffen auseinander gesetzt zu werden. Meine Gedanken rauschten durch meinen Kopf.

„Lauf.“, flüsterte Sam mir ins Ohr und schubste mich zur Seite. Daraufhin rannte er auf die Männer zu und versuchte einem der beiden das Gewehr zu entreißen.

Wie mechanisch setzten sich meine Beine in Bewegung und ich sah nur noch die Geöffnete Eingangstür vor mir und Emilia die mir den Weg durch eben diese versperren wollte. Ohne Rücksicht auf Verluste rannte ich auf sie zu und prallte hart mit ihr zusammen, beide gingen wir zu Boden.

„Lauf Carrie, lauf!“, schrie Sam hinter mir, seine Stimme war angespannt und gepresst. Ich warf keinen Blick zurück und ignorierte das Brennen in meiner Schulter. Den ersten Fuß setzte ich auf den Schnee. Ein paar Schritte weiter hörte ich plötzlich, wie ein Schuss die Luft zerriss. Ich geriet ins Straucheln und wandte mich um. Gerade noch konnte ich sehen, wie Sam regungslos zu Boden sank. Einer der Männer ließ gerade seine Waffe sinken.

„Nein!“, schrie ich aus voller Seele. So wurde aus dem Täter ein Opfer...

Wieder durchschnitt ein Schuss die Luft und traf mich in den Bauch, oberhalb meines Nabels. Ein stechender Schmerz, schlimmer, als alles was ich bis her kennen gelernt hatte, durchdrang in Sekunden meinen Körper. Mir wurde Schwarz vor Augen und ich merkte wie ich das Gleichgewicht verlor, bis Schwärze mich ergriff.

 

Dunkelheit umfing mich, von irgendwoher ertönte ein, sich immer wiederholendes Piepen, in regelmäßigen Abständen. Mein Kopf schmerzte, als ich mich dazu durchrang, die Augen zu öffnen. Das grelle Licht im Raum stach in meinen Augen, sodass ich einen Augenblick brauchte, um etwas zusehen. Als sich meine Augen endlich an die Helligkeit gewöhnt hatten blickte ich mich um und begegnete Sams Blick. Dieser lag, wie ich, in einem Bett, dass ähnlich aussah, wie die die wir auch in der Kolonie hatten. Nur irgendwie steriler.

Sam hatte einen Arm unter seinem Kopf platziert und ein Bein war angezogen. Die Decke hatte er weggeschlagen und so konnte ich sehen, dass er einen merkwürdig aussehenden Anzug trug. Er war schwarz und Hauteng, beinahe wie eine zweite Haut.

An einigen Stellen pulsierte Licht, weißes sanftes Licht.

„Bist du endlich auch wach.“, sagte Sam. Seinem Blick war nichts zu entnehmen. Das er kühl war wusste ich bereits aus unserer Zeit in der Kolonie. Doch dass er es selbst dann nicht ablegte, wenn wir uns in so einer Ausnahmesituation befanden war wirklich befremdlich. Ich hatte nicht das Gefühl, als würden wir zusammen arbeiten, sondern eher gegeneinander. Und dennoch wollte er mich beschützen. Es war alles so widersprüchlich und verwirrte mich. Und dennoch bewegte sich etwas tief in meinem Innern.

 

Hätte er doch nur nicht geschossen...

 

„Wie lange hab ich geschlafen?“ Sam runzelte die Stirn, als er das Zögern meiner Stimme zu hören schien. Ich war mir nicht sicher, ob man es als Schlaf bezeichnen konnte.

Sams Augen starrten mich regelrecht an, als würde er jedes Detail an mir analysieren.

„Etwas länger als ein Tag, seit wir hier sind.“ Nun war es an mir die Stirn zu runzeln und Sam anzustarren. Mein Blick schweifte umher. Doch alles was ich sah, waren weitere unzählige und leere Betten. Eine gläserne Tür führte auf einen Flur, von dem nur zum Teil etwas zu erkennen war. Und alles was sich hinter dem Flur befand war nicht zu erblicken.

„Sie haben dich länger schlafen lassen.“, holte Sams Stimme wieder zurück ins Hier und Jetzt. Ich erwiderte seinen Blick, bis er seinen plötzlich abwandte und zur gläsernen Tür blickte.

„Sie haben dich länger schlafen lassen um deine Wunde zu versorgen und zu heilen.“ Sam erwiderte meinen Blick nicht nochmal. War es ihm unangenehm? Ich schloss für einen kurzen Augenblick meine Augen und sah Blitzartig die vergangenen Szenen im Bunker. Als meine Eltern starben.

„Es hätte uns alles erspart bleiben können.“, wandte ich nun das Wort an Sam. Er sah mich wieder an, sah wütend aus, doch es war mir egal.

Etwas das er die ganze Zeit in seiner Hand gehalten hatte warf er urplötzlich zu mir herüber. Im letzten Moment konnte ich es auffangen. Dann stand er auf und stapfte Davon, zur Tür. An dieser angelangt drehte er sich zu mir um. Erst das fiel mir auf, dass das Licht seines Anzuges plötzlich in einem tiefen Rot pulsierte.

„Du weißt gar nichts!“, spie er mir entgegen.

„Aber aber, wer wird denn da gleich wütend werden.“, ertönte eine andere Stimme hinter Sam. Ein Mann tauchte hinter ihm auf. Es war ein älterer Mann. Er hatte ergrautes, dünnes Haar und wirkte sehr dürr. Er hatte einen weißen Kittel an. Alles an ihm wirkte ziemlich steril.

Sam tauschte kurz einen Blick mit ihm, bis er wütend davon rauschte.

So eine Emotion hatte ich noch nie bei Sam gesehen. Hatte es ihn wirklich so wütend gemacht, dass ich das zu ihm gesagt hatte.

Hatte ich nicht Recht? Oder lag sein Problem vielleicht ganz woanders?

„Hallo Carrie.“, sagte der Mann nun und kam auf mich zu. Ich setzte mich in dem Bett auf und schwang meine Beine über den Rand des Bettes.

„Ich bin Dr. Gordon aber nenn mich einfach James.“, sagte er freundlich und reichte mir seine Hand. Kurz wog ich ab, ob ihm zu trauen war, denn instinktiv dachte ich an die Situation in der Hütte zurück. Gastfrendschaft war etwas anderes.

Dann jedoch ergriff ich seine Hand und schüttelte sie kurz.

„Wie ich sehe, hat Sam ihn dir schon gegeben.“, fügte er hinzu und nahm mir den Chip aus der Hand, den Sam mir zuvor entgegen geworfen hatte.

Warum war er so sauer? Er hatte kein Recht dazu.

James nahm erneut meine Hand und zog mich vom Bett herunter. Erst da fiel mir auf, dass ich andere Kleidung trug. Schamröte stieg mir ins Gesicht.

Wer wusste schon wer mich erst in diese Kleidung gesteckt hatte.

„Ich darf doch?“, fragte der Doktor und hielt mir den Chip vor das Gesicht. Nicht wissend was er damit vor hatte nickte ich. Irgendwie wirkte er vertrauenerweckend. Vielleicht, weil er mich an meinen Großvater erinnerte, den ich leider nur kurz kennenlernen durfte.

„Keine Angst.“ James lächelte freundlich und drückte dann mit sanftem Druck den Chip auf meinem Bauch, ein paar Zentimeter über meinem Nabel. Erst geschah nicht, so dass ich mich fragte was es eigentlich sollte. Doch dann klickte der Chip kaum hörbar und gab eine schwarze, schleimige Substanz frei die sich fädrig über meinem Körper ausbreitete.

Als hätte er meine Gedanken gelesen hielt James mich am Arm fest, als ich einen Satz zurück machen wollte.

„Keine Angst.“, wiederholte er seine Worte. Ängstlich blickte ich den Fäden nach, die sich nach und nach zusammen schlossen. Die Substanz zog bis zu meinem Rücken und die Beine hinab, bis sie sich langsam an meinen Füßen zusammen schloss.

Erst da fiel mir auf, was passiert war. James hatte mir ebenso einen Anzug verpasst wie wohl Sam zuvor. Ich trug einen identischen Anzug, an manchen Stellen pulsierte sanftes licht. Doch dieses Licht wechselte immer wieder von Blau zu Grau und wieder zurück zu Weiß.

„Hm.“, kam es ein wenig durcheinander von mir. James betrachtete das Farbspiel einen Moment lang.

„Du hast die Farbe an Sams Anzug bemerkt?“, fragte er, ich nickte.

James plazierte sich nun neben mir, legt mir eine Hand an den Rücken und führt mich gemächlich raus aus dem Raum. Womöglich eine Krankenstation. Ich war mir sogar recht sicher damit.

„Rot.“, erwiderte ich. James nickt eifrig.

„Er war wütend und eine von vielen Eigenschaften ist es, Emotionen zu verstärken. Leider auch die negativen. Wie eben Wut oder das schuldig fühlen. Dies äußert sich durch die Farbe Rot.“ James schien in seiner Erzählung vertieft, wirkte ganz euphorisch mit jemandem sein Wissen teilen zu können.

Schuldbewusstsein und Wut zeigten sich also in so einem satten Rot?

 

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Tag der Veröffentlichung: 14.01.2019

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