Wie ich den Sommer hasse! Meist ist es viel zu warm. Wie schön, wenn ich mich auf dem Balkon in den Liegestuhl verziehen und die Ruhe genießen kann. Sobald die Sonne um die Ecke kommt, bin ich verschwunden. Es ist einfach nicht mein Ding. Viel zu warm.
Und heute besonders. Ich spüre es, bald wird es gewittern. Niemand außer mir bemerkt es.
Alle Mitbewohner stöhnen unter der drückenden Hitze, suchen sich kühle Plätze und trinken kalte Getränke. Der Ventilator ist ihr bester Freund. Meiner nicht. Ich mag ihn nicht.
Es ist furchtbar heiß. Ich muss immer kürzer schnaufen, mir ist einfach nur warm.
Ich räkle mich auf der Liege und sehe in den Himmel. Immer mehr Wolken türmen sich auf. Das Gewitter lässt nicht mehr lange auf sich warten. Ich genieße die letzten Minuten. Die Ruhe vor dem Sturm. Ein leichter Wind geht. So lässt es sich aushalten.
Der Wind nimmt zu. Es wird ungemütlich. Meine Mitbewohner sammeln hektisch ihre Gegenstände vom Balkon zusammen.
In der Ferne höre ich schon das Gewitter. Aber keiner außer mir nimmt es wahr. Verwundert schaue ich die anderen an. Merkwürdig. Nur die Hektik um Hab und Gut. Mehr nicht.
Ich gehe hinein und trinke erst einmal einen Schluck Wasser, esse etwas und anschließend gibt es eine ausgiebige Reinigung.
Das Gewitter kommt näher. Der Donner wird lauter. Es fängt an zu regnen. Schnell schaue ich aus dem Fenster und freue mich, dass ich mich nicht draußen aufhalte. Der Regen wird schlimmer und Hagel kommt hinzu. Es tut in meinen Ohren weh. Die Geräusche vom herunterfallenden Hagel werden immer schlimmer. Die Haustür steht auf, schnell nutze ich die Gelegenheit und gehe in den Keller. Dort ist es etwas ruhiger. Die Hagelschläge sind gedämpft. Im Waschraum setze ich mich auf den Stuhl von Frau Grams. Schön und bequem. Ich habe sie schon manches mal dabei beobachtet, wie sie dort sitzt und ihre Wäsche zusammen legt.
Man hört, wie immer mehr Mitbewohner die Fenster schließen. Alle rennen durch ihre Wohnungen. Überall ist Hektik, während das Gewitter weiter tobt. Man hört den Wind. Ich will gar nicht wissen, wie es aussieht. Bestimmt sind alle Blätter von meinem Lieblingsbaum gerissen.
Ein Knall! Alles wird dunkel. Der Bewegungsmelder geht auch nicht mehr. Naja, ich habe ja Glück, so dunkel ist es im Keller nicht.
Ich warte und warte. Das Gewitter dröhnt in meinen empfindlichen Ohren und ich bin froh wenn es vorbei ist. Ich laufe durch den Keller. Gehe in den Fahrradkeller. Einer muss ja nach dem Rechten sehen.
Plötzlich merke ich, wie plötzlich meine Füße nass werden. Wasser im Keller! Schnell raus hier. Wasser mag ich gar nicht.
Frau Meier hat schon die Feuerwehr gerufen. Ich habe sie hektisch in ihr Handy schreien hören. Ich springe auf den Stuhl von Frau Grams. Das Wasser wird mich dort nicht erreichen. In der Ferne hört man schon die Feuerwehr kommen. Das „Tatütata“ ist lauter, als der Regen.
Schnell laufen die Männer in den Keller. Überall sind Schläuche. Keiner bemerkt mich. Die Pumpe ist furchtbar laut und ich ärgere mich, dass ich im Keller geblieben bin. Einige zeit später wird die Pumpe ausgeschaltet. Ich bin froh, dass der Krach vorbei ist. Die Schläuche und Männer sind verschwunden.
Das Gewitter lässt nach und ich kann wieder beruhigt in die Wohnung gehen. Der Wind ist auszuhalten. Die Türe zum Balkon steht auf. Schnell springe ich unter die Bank und sehe mir den Rest des Geschehens an. Es sieht aus, wie nach einem Orkan. Abgerissene Zweige, Blätter, heruntergefallenes Obst. Ich stehe auf und sehe hinunter. Mein Lieblingsbaum hat es nicht überstanden. Traurig sehe ich auf den umgestürzten Baum und hoffe wieder einen so schönen Fleck zu finden, an dem ich einige Stunden verbringen kann. Ich verkrieche mich wieder unter der Bank. Dort bin ich sicher.
Auf einmal höre ich eine Stimme: „Kara? Kara, wo steckst du?“ Eilige Schritte in der Wohnung. Meine Lieblingsplätze werden abgesucht. Dann wieder: „Kara? Wo hast du dich denn versteckt?“
Ich bin ganz erstaunt. Auf einmal erinnern sie sich, dass es mich gibt. Ich antworte mit einem kläglichen Miau. Mein Frauchen kommt auf den Balkon, holt mich hervor, nimmt mich auf den Arm und gibt mir meine Streicheleinheiten. Ich bin froh, dieses Unwetter überstanden zu haben und fange an zu schnurren. Es beruhigt mich. Das Gewitter war aufregend genug.
Hoffe, das nächste lässt auf sich warten...
Tag der Veröffentlichung: 22.06.2014
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