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GROSSE JUNGS KÜSST MAN NICHT


PROLOG




Ein verliebter Mensch ist blinder als ein Blinder. Man unterscheidet die Wahrheit von Lüge nicht und bildet sich vieles ein. Manchmal ist es ratsam die rosa Brille abzusetzen und mit klarem Blick auf die Realität zu schauen.
Charlie Nickel


Das Titelbild ist aus Google


1. AUGENBLICK DER BEGEGNUNG


<<Schon wieder ein regnerischer Tag! >>, ich lief den langen Korridor entlang in die Klasse und schaute aus den riesigen Fenster, der entlang der Wand verlief. Als ich dann wieder nach vorne schaute erblickte ich IHN.
Einen 1.85 großen Mann, in einen dunklen Mantel umhüllt, mit weiß-blonden Haar und einer Brille auf der Nase. Er lief in meine Richtung und schaute mich amüsant an, als ob er genau lesen konnte, was in meinem Kopf vorging. Er faszinierte mich sosehr mit seiner Ausstrahlung, dass ich meine Augen nicht mehr von ihm wenden konnte. In einen Moment sogar trafen sich unsere Augen und ich erstarrte. Sie waren grau wie Stahl und sahen so kalt aus. Das gab mir den Ruck endlich meinen Blick von ihm zu lösen.

Mit gesenktem Kopf flüchtete ich aus seinem Sehfeld. Mein Herz klopfte wie verrückt. Ich begann mich zu fragen, ob es ein neuer Lehrer war, oder doch nur ein Elternteil eines Schülers. Ich hoffte, dass es ein neuer Lehrer war, denn auf unserer Schule gab‘s nicht mal einen einzigen Lehrer, der gut aussah, abgesehen von Jung. Doch dieser Mann war ungefähr Mitte dreißig und trotzdem sah er verdammt gut aus. Mit diesen Gedanken erreichte ich schon meine Klasse.


2. ROTHAAR PHILLIP



Die Mitschüler hockten wie immer in Grüppchen bei einander und unterhielten sich alle gleichzeitig, sodass ein Lärmpegel von ungefähr 90 Dezibel in der Klasse herrschte. Ich begab mich zu meinem Sitzplatz. Dankend unsere Klassenlehrerin dafür, dass sie sich für Einzeltische durchsetzte, setzte ich mich auf den Stuhl. So hatte ich einen ganzen Tisch für mich und keinen Phillip neben mir. Wenn das nicht der Fall wäre, so würde er sich neben mir setzen und mich anbetungsvoll anstarren, was ich überhaupt nicht wollte. Und so sitzt er zwar neben mir, aber nicht ganz so nah. Aus irgendeinem Grund bildete er sich nämlich ein, dass wir Freunde sind, aber ich sehe das Ganze anders. Warum ich ihn nicht mag? Hm, da gibt’s eigentlich keinen richtigen Grund. Obwohl. Er ist ein rothaariger Junge, mit vielen Sommersprossen und zu viel Gel im Haar und das turnte mich halt ab. Was sein Aussehen ansonsten betrifft, ist es sehr gepflegt, weil er sich sehr viel Mühe damit gibt. Besucht regelmäßig Fitnessstudio, spielt in Fußballverein mit und in Sport ist er auch der Beste. Also ein Mädchen seines Gleichen würde sich glatt über beide Ohren in ihn verlieben. Moment mal! Ich bin ja auch ein Mädchen seines Gleichen. Hab rotes Haar (meine Mutter hat irische Vorfahren) und Sommersprossen. Aber ich decke sie mit Make-up ab, da sie mir sehr peinlich sind. <<Ich danke den Erfinder des Make-ups dafür, dass er es erfunden hat! Was würde ich wohl ohne dich machen?!>>, kaum war es zu Ende gedacht, schon sah ich viele Sommersprossen und ein breites, glückliches Grinsen vor mir. Phillip!
„Hi! Hast du die Hausaufgaben gemacht? Wenn nicht, dann kannst du gerne von mir abschreiben.“, überrumpelte er mich auf einmal.
„Dir auch hi. Ehm, ja ich hab meine Aufgaben gemacht, aber trotzdem danke.“, antwortete ich mit zusammengebissenen Zähnen.
„Na dann.“, seufzte Phil und fing an seine Schulutensilien aus seinem blauen Rucksack herauszuholen.
Etwas später kam auch Herr Miel, unser Deutschlehrer, zum Unterricht und fing gleich mit Unterricht an. War halt seine übliche Art.
Ich saß da und konnte mich gar nicht auf das Gelabber des Lehrers konzentrieren, denn ich musste als an den unbekannten Mann von vorhin denken. Und siehe da, bekam ich eine Idee.
„Tsst! Phil!“, flüsterte ich, meinen Kopf zum Phillip gewandt und Hand vor dem Mund, damit der Lehrer bloß nichts mitbekommt. „Hast du zufällig einen großen in einem schwarzen Mantel angezogenen Mann gesehen? Er hat weiß-blondes Haar und eine Brille.“
„Ja, hab ich. Wieso?“, flüsterte Phil mit einen vielsagenden Blick zurück.
„Weißt du zufällig wer er ist?“, fragte ich hoffnungsvoll.
„Nein. Hab ihn heute zum ersten Mal hier getroffen.“, antwortete er und wand sich wieder den Unterricht zu. Anscheinend hielt er es für nicht sehr wichtig Information über andere Männer preis zu geben. Oder er wusste wirklich nicht wer dieser Mann war. Und außerdem, warum interessiert er mich so? Warum will ich alles über ihn wissen. Naja wenn ich seinen Namen erfahren könnte, würde es mich auch glücklich machen. Mit diesen Gedanken saß ich die weiteren Stunden, bis zum Ende des Unterrichts, da.

3. NACH HAUSE


Als der Gong endlich erklang, stürmten alle aus der Klasse. Ich stand etwas abseits und wartete bis Phil mit verschwindet, damit ich entspannt nach Hause gehen konnte. Als dies der Fall war, verabschiedete ich mich von unserer Lehrerin, die gerade dabei war etwas ins Klassenbuch einzutragen und verließ das Klassenzimmer. Mit einem quietschen öffnete sich die Tür zum Treppenhaus und ich sah Phil, der auf mich wartete. Am liebsten würde ich sofort die Tür zuknallen und wieder ins Klassenzimmer flüchten, aber es würde sowieso nichts bringen. Er würde mich auch dort finden, oder weiter im Treppenhaus warte, bis mich die Lehrerin persönlich aus dem Klassenzimmer schmeißt, weil sie die Klasse zuschließen muss. Also muss ich ihn wohl oder übel ertragen, aber nur bis wir endlich bei mir zu Hause angekommen sind.
„Oh, du wartest schon wieder auf mich.“, tat ich so, als ob ich überrascht wäre. Tu ich jedes Mal, fragt mich nicht warum.
„Ja klar! Ich kann dich doch nicht alleine nach Hause gehen lassen bei diesem Wetter. Ich wette mit dir, du hast wieder dein Schirm zu Hause gelassen. Hab ich recht?“, fing er an zu lachen.
„Hast recht.“, stimmte ich genervt zu und stieg langsam die Treppe runter.
Wir verließen das Schulgebäude und liefen den Schulweg entlang. Es regnete und der Himmel war wieder mit dunklen Wolken bedeckt. << Kein Wunder, dass hier so viele Menschen unter Depressionen leiden, wenn die Sonne nur im Sommer zu sehen ist >>, dachte ich mir.
Phil öffnete den Regenschirm und begann mir etwas zu erzählte, aber ich hörte ihm wie immer nicht zu. Ich lief nur neben ihm unter den Schirm, dachte an meine eigenen Probleme und stimmte ihn ab und zu zu, damit er nicht mitbekommt, dass ich wo anders mit Gedanken bin. << Ich frage mich, wann es endlich keine Nervensägen auf der Welt geben wird. Obwohl, wenn es die nicht mehr gibt, so wird das Leben doch noch langweiliger als jetzt schon ist. >> In diesen Moment musste ich kichern und zum Glück lachte Phil auch. Anscheinend hat er wieder etwas Witziges erzählt, denn er ist auch noch ein Möchtegernkomiker. Also, ich fand seine Witze noch nie besonders gut, aber die ganze Klasse hält ihn für unseren Klassenclown. Und bei den Lehrern war er auch nicht gerade wegen seinen, wie Herr Molte sagte: „Störenden Witzen!“, sehr beliebt. Na ja, ich konnte kaum abwarten bis ich endlich meine Haustür erreiche. Zum Glück wohnte ich nicht sehr weit von der Schule.
„Cha!“, wurde ich plötzlich aus meinen Gedanken gerissen. „Hörst du mir überhaupt zu?“, fragte mich Phil mit einem beleidigenden Blick.
„Oh, tut mir leid. Ich hab mich grad von diesen…“, ich begann mit meinen Augen nach etwas zu suchen, was mir als Ausrede dienen könnte und tatsächlich fand ich ein schönes rotes Auto, welches vor einer Villa stand. „Ich hab mich von diesen Auto hier ablenken lassen! Schönes Auto nicht wahr?“, redete ich mich aus der Sache raus. „Was hast du mir vorhin erzählt? Kannst du’s bitte noch mal wiederholen?“, kehrte ich anschließend zum Wesentlichen zurück.
„Ich hab dich gefragt, was du heute schönes vor hast?“, der Regen hörte auf und Phil packte den Regenschirm wieder zusammen und verstaute ihn anschließend in seinen Rucksack.
„Ach so… naja, eigentlich wie immer.“, Moment mal! Ich muss mir sofort eine Ausrede einfallen lassen, sonst fragt er mich, wie er es jedes Mal macht, ob ich mit ihm ausgehen will. „Meine Oma ist heute zu Besuch gekommen, also muss ich wohl zu Hause bleiben.“, und so erfand ich wieder spontan eine Ausrede. << Oh ja, ich komme wirklich in die Hölle, wenn es mit meinen Lügen so weiter geht. >>
„War sie nicht schon letzte Woche bei euch zu Besuch?“, fragte mich Phil überrascht und misstrauisch.
Mist, ich hab mich tatsächlich beim Lügen erwischen lassen. Jetzt bloß nichts Falsches sagen. „Oh ja, sie war letztens da, aber diesmal ist sie wieder gekommen. Sie meinte, ihr ist langweilig alleine zu Hause, wo der Opi mit seinen Angelverein angeln ist. Also kann man wohl nichts machen.“, ich grinste ihn unschuldig an.
„Hm, also ich hab manchmal das Gefühl, dass du keine Lust auf mich hast und deswegen solche Sachen erfindest. Aber ich täusche mich bestimmt. So ein reines Wesen wie du würde bestimmt nicht lügen, stimmt‘s?“, stellte er fest und fing laut zu lachen.
Wie naiv er doch ist und sich so leicht von meinen Aussehen täuschen lässt. Naja, solang er mich in Ruhe lässt und ich mit ihm nicht ausgehen muss, ist es mir auch recht, was er von mir denkt.
Wir erreichten mein zu Hause und ich konnte mich endlich von dieser rothaarigen Nervensäge verabschieden. << Danke lieber Gott! Danke! >>

4. HAUSALARM


Zu Hause hat auch nichts Gutes auf mich gewartet. Wie immer halt. Meine Mutter war an der Arbeit und Vater hab ich keinen. Also doch, aber er sitzt seit 16,5 Jahren, wegen eines Anschlags aufs Parlament Vorsitzenden, im Knast. Ist auch egal, ich mag darüber nicht reden und keiner aus meiner Klasse weiß was darüber. Genau gesagt, niemand weiß etwas Persönliches über mich. Nicht mal, dass ich morgen Geburtstag habe. << Frag mich, ob meine Verwandtschaft sich daran erinnert. Bis jetzt haben die mich immer gratuliert. >> Mit Verwandtschaft meine ich eigentlich meine Oma und meine Patentante, mit dem Rest der Verwandtschaft haben wir, seit Paps im Knast ist, nichts mehr am Hut. Es ist auch gut so, weniger Probleme.
Ich ging in die Küche um nachzusehen, ob Mama etwas zu essen gekocht hat, aber wie erwartet war nichts da. Ich öffnete den Kühlschrank, schnappte mir Butter, Wurst und Käse. << Muss mich halt mit Trockenfutter zufrieden geben. >>
Fertig mit Broteschmieren begab ich mich in mein Zimmer. Davor bereitete ich mir noch einen Tee zu. << Tja, manchmal braucht man nur etwas zu essen, um glücklich zu sein. >> Schaltete mein Notebook an und tauchte mich mit Geist und Seele in die virtuelle Welt ein. Dort erwarten mich wenigstens Freunde und führe ein Leben, welches ich in Realität nicht hab.
Ein lautes Seufzen meiner Mutter holte mich wieder in die Realität zurück. Sie stand in der Tür und schaute mich böse an. Schließlich begann sie zu schimpfen: „Charlie! Ich hab dich nicht erzogen, damit du mir nur Stress und Chaos bereitest! “
„Was hab ich wieder falsch gemacht?“, fragte ich gelangweilt. Denn jedes Mal, wenn sie von der Arbeit kam, gab’s Streit zwischen mir und ihr, da ich ja angeblich keine Verantwortung übernehmen kann.
„Du hast in der Küche alles stehen und liegen gelassen!“, fing sie an. „Ist es so schwer hinter sich gleich aufzuräumen? Charlie, wir haben jedes Mal die gleiche Diskussion und jedes Mal machst du trotzdem alles genau so wie sonst! Wann wirst du endlich Verantwortung für deine Taten übernehmen? Du wirst schon 17 Jahre alt und bist trotzdem auf mich, wie ein kleines Kind, angewiesen! Wie willst du später alleine Leben und Haushalt führen, wenn du nicht mal hier auf Ordnung achtest.“
Um nicht weiter das Gleiche zu hören, stand ich auf und flüchtete in die Küche, um den Grund unseres Streites zu beseitigen. Eigentlich konnte ich wirklich alles nach dem Gebrauch wegräumen, dann würde hier Frieden herrschen und meine Mutter würde weniger graue Haare haben, aber irgendwie vergaß ich das jedes Mal. << Anscheinend war das unser Schicksal. >> Ich kicherte, da ich meine Gedanken viel zu amüsant fand.
„Du hast morgen Geburtstag.“, stellte Mama mit Entsetzen fest, als sie auf den Kalender schaute. „Wollen wir morgen irgendwohin essen gehen? Ich muss leider wieder bis um sieben arbeiten, aber du kannst zu mir an die Arbeit kommen und wir fahren gleich danach irgendwohin essen. Wie findest du diese Idee?“, fragte sie lächelnd.
„Ja, ist eine gute Idee. Nimm aber dein Handy mit, damit ich dich erreichen kann. Nicht dass du dann doch noch nicht kannst, wie beim letzten Mal.“, antwortete ich grimmig.
„Du weißt doch, dass es keine Absicht war.“, entgegnete sie, „Das war ein unvorhersehbarer Fall, den ich zu verträten hatte. Wie lange willst du es mir noch vorenthalten?“, seufzte sie enttäuscht.
„Wenn’s sein muss, dein ganzes Leben lang.“, wies ich sie darauf hin. Mama kam näher zu mir und anschließend umarmte sie mich, dann flüsterte sie mir ins Ohr: „Sei doch etwas netter zu allen und dann wirst du Wunder erleben, Schatz.“, anschließend schmatzte sie mich auf die Wange.
„Ich werd mir Mühe geben.“, behauptete ich und verließ die Küche, um endlich wieder in die virtuelle Welt zu entfliehen.


5. SIEBZEHN



Der Tag versprach nicht viel. In der Schule wusste keiner, dass ich heute Geburtstag habe, nicht mal meinen Verehrer Phillip. Und die Lehrer interessierte es auch nicht. In der Stunde fragte ich den Lehrer, ob ich kurz auf die Toilette gehen kann, damit ich aus diesen Chaos raus kann. Der Lehrer erlaubte mir und ich war froh endlich aus der Klasse raus zu sein. Ich lief des langen Korridors entlang und hoffte wieder den geheimnisvollen Mann zu treffen, aber es war hoffnungslos. Die Toilette war paar Zimmern weiter von meinem Klassenzimmer entfernt. Ich betrat den muffig riechenden Raum. Es war ekelerregend allein schon r die Türklinke anzufassen, abgesehen von sich auf eine von diesen dreckigen Toiletten zu setzen. Nachdem ich mein Geschäft erledigt habe, wisch ich die Hände ab und trocknete sie mit einem Einwegtaschentuch ab, danach schmiss ich’s in die Tonne.
Wieder auf den Weg ins Klassenzimmer entdeckte ich auf dem Flur eine Gestalt. Als ich genau hin sah, erkannte ich einen bekannten schwarzen Mantel und weiß-blondes Haar. Es war wieder ER, der geheimnisvolle Schönling von gestern. Er lief genau vor mir und ich konnte nichts machen. Am liebsten würde ich ihn am Ärmel packen, damit er anhält und sich zu mir dreht, um mich mit seinem Blick zu erfreuen, aber das konnte ich ja nicht. Wie würde es wohl aussehen, wenn sich eine kleine Schülerin an einen älteren Mann ranschmeißt? Und außerdem wieso denke ich das überhaupt? <<Tja, da geht er hin und du kannst absolut nichts machen…>>, und genau in diesen Moment rutschte ich, aus mir einen unerklärlichen Grund, aus und fiel hin. Ok, es wäre nicht peinlich, wenn das ganze leise passieren würde und er nichts davon mitbekäme, aber nein ,ich musste ja den Eimer mit Wasser, den eine Putze auf dem Flur stehen ließ, mit sich reißen, weshalb ein schrecklicher Lärm entstand. Er drehte sich um und riss vor Schreck die Augen weit auf. Sofort eilte er mir zu Hilfe.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte er mich besorgt, als er mir hoch half.
„J- ja…“, stotternd antwortete ich und klammerte mich an seinen Arm fest um aufzustehen.
„Ach, die Putzkraft hat hier grad den Boden gewischt und wohl vergessen ein Hinweissch…“, mitten im Satz hörte er auf, als er das Hinweisschild auf frischgewaschenen Boden, nicht weit von mir entfernt, sah. Mit verkniffenen Lachen sagte er anschließend: „Du musst ab und zu deine Umgebung analysieren, um die Gefahren gleich zu erkennen. Sei froh, dass du nur nass geworden bist. Könnte schlimmer enden.“
Das einzige, was ich in diesen Moment aus meinen vielen Gedanken, die mir im Kopf schossen, zusammenfassen konnte, war: „J-Ja… ich muss sein…“, ich wünschte mir, der Teufel würde mich persönlich in die Tiefe der Unterwelt holen, damit ich mich nicht mehr länger schämen musste.
„Also dann, pass auf dich auf, Charlie.“, mit diesem Rätsel ließ er mich so mitten im Korridor stehen und verschwand am Ende hinter der Ausgangstür.


6. ÜBERRASCHUNG, ÜBERRASCHUNG


Schön. Die Schule wäre auch mit zwei Sechsen und meiner Sportbekleidung, als Ersatzkleidung für vorhin, überstanden. Ich zog meine Jacke an und verließ den Korridor. Im Treppenhaus erwartete ich Phil, aber es war kein Phil zusehen. << Bestimmt wartet er unten in der Aula auf mich. >>, dachte ich mir, aber dort war er auch nicht zusehen. Kann es möglich sein, dass ich heute entspannt nach Hause laufen kann, mich entspannt für das Essen mit Mam vorbereiten kann und dann entspannt den Rest des Abends genießen kann. << Oh lieber Gott, ich danke dir!!! >>
Ich verließ den Schulweg und als ich um die Ecke bog, konnte ich meinen Augen nicht glauben. Der weiß-blonde Schönling stand genau um die Ecke und wartete auf jemanden. Ich riss mich zusammen, denn ich denke nicht, dass er auf mich wartet. Es gab auch keinen Grund dafür, den schließlich kannten wir uns nicht. Obwohl, ich kannte ihn nicht, aber er kannte irgendwoher meinen Namen.
<< Ach, ist bestimmt nur ein Zufall oder so. >>, dachte ich mir. Beim Vorbeilaufen zuckte ich zusammen, denn ich konnte genau spüren, wie er mich mit seinen Blick durchdrang und dann plötzlich erklang seine Stimme: „Happy Birthday, Charlie Nickel. Ich warte nur auf dich.“ Ich konnte es nicht fassen. Er kannte tatsächlich meinen Namen und er wartete nur auf mich. Aber was hat das alles zu bedeuten?
Am liebsten würde ich einfach wegrennen, aber das wäre wohl viel zu unhöflich und noch mehr Blamage konnte ich mir auch nicht erlauben, also tat ich so, als ob es so sein muss.
„Danke schön. Das ist wirklich nett von Ihnen, ehm…“, ich wusste nicht wie ich ihn nennen sollte.
„Angelo Bloßem. Nenn mich aber einfach Angelo.“, antwortete er und öffnete die Beifahrertür seines schwarzen Mercedes.
„Sie wollen mich mit nehmen?“, fragte ich stutzig.
„Ja, aber nur wenn du nichts dagegen hast. Wollte dir ein Essen spendieren, als ein Geschenk von mir. Darf ich?“, fragte er mich mit einem Lächeln auf den Lippen.
„Ich weiß nicht so genau. Ich bin eigentlich mit meiner Mutter um…“, er hat mich nicht mal zu Ende ausreden lassen.
„Du hast mein Versprechen, dass du rechtzeitig wieder zurück sein wirst.“, versprach er mir und dabei sah er mich mit seinen eiskalten Stahlaugen an, so dass ich nichts anderes konnte und mich automatisch in sein Auto setzte. Er schloss die Autotür hinter mir, nach dem ich in sein Auto eingestiegen bin. Voller Panik, dass mich jemand Bekanntes sieht, schaute ich in verschiedene Richtungen, aber zum Glück konnte ich niemanden, der mich kennen würde, entdecken. Erleichtert seufzte ich. Es war schon komisch, dass ich in einen Auto mit einem mir fremden Mann saß. Normalerweise darf man das nicht machen. Wer weiß, vielleicht ist er ein gesuchter Vergewaltiger und ich tappe auch noch in seine Falle. Bin doch ein absolut naives Mädchen. << Mama wird mich umbringen, wenn sie es erfährt. >>, dachte ich mir.
„Was ist denn los?“, fragte er mich, beim durchdrehen des Schlüssels in der Zündung. Das Auto sprang sofort an. „Keine Angst“, fügte er noch zu, „es sieht dich schon niemand mit mir. Ich pass drauf auf. Und hab keine Angst vor mir, ich tu dir schon nichts.“, versicherte er mir und wieder grinste er so charmant.
„Wenn Sie meinen.“, antwortete ich leise. Es brach Stille ein und wir verließen die St.-Georg-Straße Richtung Autobahn.

7. ZWILLINGE



„Woher kennen Sie mich? Und woher wissen Sie, dass ich heute Geburtstag habe?“, brach ich endlich das Schweigen, denn ich war wirklich kurz davor vor Neugier zu platzen.
„Naja, wie soll ich’s sagen? Ich bin halt eine wichtige Person und habe da so meine Kontakte, die mir Information über alles und jeden verschaffen.“, antwortete er ohne ein Blick zu mir zu werfen.
„Und seit wann spionieren Sie mir nach?“, man konnte die Wut in meiner Stimme hören.
„Na-na! Ich spioniere nicht, ich informiere mich nur. Und hör auf mich zu sitzen, Ich mag es nicht, fühl mich dann so alt.“, klärte er mich auf.
„Ok, dann frag ich halt anders: seit wann haben sie die Infos über mich?“, ich konnte mich kaum noch vor Wut beherrschen, denn es ist eigentlich sehr verständlich, dass man wütend wird, wenn die ganze Information über dich so leicht zu bekommen ist.
„Seit gestern. Du bist mir im Korridor aufgefallen und ich konnte nicht anders, als alles über dich herauszufinden. So spannend bist du. Wie ein Buch, das man wieder und wieder lesen möchte.“, das machte mir irgendwie Angst. Er verglich mich mit einem Buch!
„Aha…“, mehr konnte ich auch nicht sagen, denn ich war viel zu überforder von dem, was ich gerade hörte.
„Du willst sicherlich alles über mich wissen. Na dann erzähle ich dir das, damit wir Quitt sind.“, und er begann: „Mein Name ist Angelo Bloßem, aber das hab ich ja schon vorhin erwähnt. Ich bin Chef eines Verlags und ab und zu liefere ich persönlich die Schulen mit neuen Schulbüchern aus, um mit den Direktoren ein gutes Verhältnis zu haben. Musst wissen, ist gut fürs Geschäft. Und gestern war so ein Tag. Ich hab mir wirklich nichts dabei gedacht, bis ich dich in diesen Korridor sah. Mein Gott, du siehst meiner Eva absolut ähnlich. Eva war meine Frau.“, mit einem traurigen Blick starrte er auf die Autobahn.
„Und was ist passiert?“, wurde ich neugierig.
„Sie ist bei einem Autounfall genau vor 17 Jahren gestorben. Du musst ihre Reinkarnation sein. Da bin ich mir absolut sicher!“, mit hoffnungsvollen Blick schaute er mich an.
„Du glaubst doch nicht wirklich an so einen Quatsch oder Angelo? Wie alt bist du? 10?“, ich glaube man konnte die Enttäuschung nicht nur in meiner Stimme hören, sonder auch von meinen Gesicht ablesen.
„Aber wie willst du’s sonst erklären? Mach mal das Schließfach auf, da liegt ein Bild von uns. Da war sie 17.“, er deutete mit seiner Hand auf das Schließfach, welches sich auf der Höhe meiner Knie befand.
Mit einem Knacks öffnete ich das Fach und ein Foto fiel heraus. Ich bückte mich und hob es auf, was ich auf dem Bild sah, konnte ich nicht glauben. Das Mädchen auf dem Foto sah genauso aus wie ich. Man könnte uns sogar für eineiige Zwillinge halten, nur ihr Haar war gerade und meins ist lockig.
„Und?“ fragte er und schaute mich zufrieden an, „Glaubst du’s mir jetzt?“
„Ist nur ein Zufall. Sowas wie Reinkarnation gibt’s bestimmt nicht. Ich glaub nicht daran.“, ich konnte auch nicht daran glauben, denn sonst wäre es ein Fall für „Akte-X“.
„Wenn du meinst, aber ich glaube an sowas!“, wir hielten an, denn wir waren anscheinend angekommen, gleichzeitig wechselte er gekonnt das Thema. „Wir gehen ein schönes Kleid für dich kaufen, ok?“, fragte er.
„Ja, aber ich habe kein Geld mit.“, musste ich mit Entsetzen feststellen.
Lachend sagte er: „Brauchst auch nicht! Ist mein Geburtstaggeschenk an dich. Bitte nimm es an, als Zeichen meiner Verehr…“, er stoppte und schaute mich mit Entsetzen an, dann setzte er fort: „Wie kann ich nur von Verehrung reden? Du bist erst 17 und ich 36. Du denkst sicherlich ich bin ein perverser und kranker Mann. Verzeih mir bitte!!“, beschämend schaute er aus der Windschutzscheibe fort.
„Ist schon in Ordnung“, um genau gesagt, konnte ich auch nicht so richtig glauben was ich da gerade von mir gab. Denn es war wirklich ein schrecklicher Gedanke, dass uns ganze 18 Jahre von einander trennten. Und das könnte für uns beide Untergang bedeuten. Er würde im Knast landen und ich in Erziehungsanstalt. Ein schrecklicher Gedanke, soweit war ich wirklich noch nicht! Aber andererseits wusste ja keiner, dass wir nicht verwandt sind. Wir konnten uns auch für Vater und Tochter ausgeben und das was hinter den Kulissen geschieh, muss keiner wissen.
„Gut, dann lass uns jetzt ein schönes Kleid für dich kaufen, damit wir überhaupt was essen können.“, fuhr er fort, als ob nichts wäre.
Ich nickte nur mit dem Kopf und wir verließen das warme Innere des Autos.


8. ROT ODER DOCH BLUMCHEN?



In dem Geschäft roch es eigenartig. So angenehm. Aber diesen Duft kannte ich nicht, denn Mama und ich holten unsere Kleider und Schuhe von Discountern. Viel Geld hatten wir leider nicht, um in schicken Einkaufshäusern einzukaufen.
„Wie findest du dieses Kleid?“, er hielt in der Hand ein rotes Kleid, mit einem quadratischen Ausschnitt, kurzen Ärmeln, einen dicken schwarzen Gürtel, der die Taille betonte und eine schön verzierte Schnalle hatte. Dazu war das Kleid schwarz gepunktet und hatte zwei am Ausschnitt und Saumen entlanggehenden Linien.
„Na ja sehr hübsch, aber nicht mein Fall.“, mit verzogener Miene antwortete ich. „Ich finde dieses Kleid sehr hübsch.“, ich streckte ihn ein dunkelblaues Kleid mit Blumenmuster entgegen. Das Kleid war mit einer, geschlossenen Ausschnitt, der an der linken Seite eine kleine Schleife hatte, mit langen Ärmeln und aus etwas durchsichtigem tüllähnlichem Stoff geschnitten. „Ich finde die Farbe wird zu meinen orangenen Haaren besser passen, als rot. Mit dem roten werde ich noch wie eine rote Ampel aussehen.“, fügte ich hin zu.
„Hast recht. Geh in die Umkleidekabine und probiere es an.“, er hang das rote Kleid wieder an sein Platz zurück.
Mein Herz raste und ich traute mich nicht aus der Umkleide raus. Es war für mich so peinlich, denn man konnte meine Beine sehen. Ich schämte mich für meinen Körper. Fand ihn hässlich und viel zu fett. Meine Mutter meinte zwar, dass 50 Kilo bei 1.64 m Körpergröße schon einbisschen untergewichtig seien, aber es überzeugte mich trotzdem nicht.
„Ich sehe du bist fertig.“, erklang seine Stimme mit Spannung. „Komm raus, bitte.“
Ganz langsam schob ich den Vorhang zur Seite und trat hervor. Sein Blick erstarrte an mir und sein Mund öffnete sich leicht. Er war fassungslos und seine Augen fingen an Feuer.
„Du bist wunderschön…“, atmete er aus. Mit einem Schritt stand er vor mir und starrte mir genau in die Augen. Mein Atem blieb weg. Ich war kurz davor zu ersticken, bis er die Locke, die sich selbständig machte und neben meinem Ohr hing, sanft und vorsichtig hinter mein Ohrläppchen legte. Diesmal stand er so nah, dass ich sein Parfüm riechen konnte. Es roch so angenehm und anziehend, dass ich das Verlangen nach ihm bekam. << Was denke ich da????>>, fragte ich mich entsetzt. Um diesen Gedanken zu entkommen flüchtete ich wieder in die Umkleidekabine und zog hastig den Vorgang hinter mir zu. << Oh mein Gott, was war das denn? Noch einbisschen und ich fiel um ihn her. Ich glaube es liegt nur an seinem Parfüm. Diese Nähe darf ich mir nicht mehr erlauben >> befahl ich mir.
„Wir nehmen das Kleid!“, hörte ich ihn zur Verkäuferin sagen. „Charlie, du kannst es gleich anbehalten und zieh dir bitte diese Strumpfhose an. Schließlich ist es kein Sommer mehr.“, er streckte mir seine Hand, die eine schwarze Strumpfhose hielt, durch das Schlitz an der Seite zwischen Vorhang und der Kabine durch.
„Danke sehr...“, ich nahm die Strumpfhose in meine Hand.
Nachdem er bezahlte, spazierten wir noch in den Schuhladen und holten mir dort paar elegante Stiefel, die perfekt zu meinem Outfit passten.
„So, jetzt können wir in Ruhe essen gehen. Das Shoppen hat mich echt hungrig gemacht.“, ein lautes Knurren meines Magens unterbrach seine Rede. „Ich rede wohl für uns zwei, den dein Magen bestätigt das auch.“, wir lachten.


9. ALLES GUTE MAG DAS ENDE



Wir gingen in ein italienisches Restaurant. Alles sah so edel und teuer aus. Ich saß da wie ein Ventilator, den ich konnte meinen Kopf vor Neugier nicht still halten. Er bestellte sich ein Nudelgericht, welches ich noch nie in meinem Leben gesehen und gehört habe und ich beschloss eine kleine „Pizza Margarita„ zu bestellen, da ich wusste, was es ist und wie es schmeckt. Zu trinken bestellten wir beide Wasser.
„Erzähl mir bitte über Eva. Wie war sie so? Bin ich von Charakter her ihr ähnlich?“, interessierte es mich plötzlich.
„Oh“, seufzte er begeistert, „Sie war eine wundervolle Frau. Eine Frau , die man sich nur erträumen kann. Sie hat mich geliebt und ist mit mir mit 16 Jahre von zu Hause weggelaufen. Unsere Eltern waren gegen unsere Beziehung, da mein Vater der Konkurrent von ihren Vater war. Deswegen wollten unsere Eltern nicht, dass ihre Kinder sich lieben, aber wir haben es trotzdem getan. Wir verließen Deutschland und wanderten nach Amerika. Dort fanden wir beide Teilzeitjob, damit wir überhaupt da bleiben konnten und um eine Wohnung für uns zu mieten. Es war hart, aber wir waren trotzdem überglücklich. Halbes Jahr später gelang ich in ein bekanntes Buchverlag und fing dort meine Ausbildung an. Eva bekam auch eine gute Stelle und wir konnten uns endlich eine bessere Wohnung leisten. Wir beschlossen zu heiraten und fuhren nach Las Vegas. Dort vermählten wir uns und fuhren als glückliches Ehepaar zurück. Wir dachten nichts könnte uns trennen. Schmieden Pläne für die Zukunft. Eva wollte so gern, dass wir in den Sommer nach Hawaii in die Flitterwochen fahren. Planten ein schönes Haus zu bauen. Ich würde eine Firma gründen, wir würden drei Kinder kriegen und glücklich bis ans Ende unserer Tage zusammenleben. Doch leider war das alles nicht eingetroffen, denn Eva verließ uns unerwartet. Es war 3. Dezember. Auf den Straßen herrschte starke Eisglätte und sie war grad auf dem Heimweg…“, er hörte plötzlich auf. Anscheinend spielten sich diese Bilder in seinen Kopf ab und es war schwer für ihn weiter zu erzählen. Für mich war das verständlich.
„Wenn du nicht kannst, dann brauchst du’s nicht zu erzählen. Ich verstehe dich.“, versuchte ich ihn mein Verständnis entgegenzubringen.
„Nein, es ist nicht mehr so schmerzhaft wie damals. Also wo war ich stehen geblieben?“, er schaute zufrieden zu mir rüber.
„ Eva war grad auf den Heimweg…“, half ich ihn auf die Sprünge.
„Ah ja…“, er fuhr fort. „Sie fuhr viel zu schnell für diese Witterungsverhältnisse. Nachdem sie die Hauptstraße erreichte, blieb nur noch eine Kreuzung, dann wäre sie heil zu Hause angekommen, aber das ist sie nicht. Beim Abbiegen brach ihr Auto aus und geriet ins Rutschen. Sie konnte es nicht bewältigen und knallte mit voller Wucht gegen eine Wand eines Hauses. Sie starb auf der Stelle. Ich war froh, dass sie uns ohne schlimme Schmerzen verließ, aber war am Boden zerstört, dass sie mich alleine ließ. Ihr Tod machte mir zu schaffen. Ich schmiss alles hin, denn anschließend litt ich unter schlimmen Depressionen. Irgendwann nahm ich Kontakt zu meinen Eltern auf und sie holten mich wieder nach Deutschland, wo ich mich nur sehr schleppend erholte. Irgendwann fing ich wieder bei einem Verlag an zu arbeiten und jetzt bin ich selber ein Chef des Verlags. Von da an verlief mein Leben ziemlich monoton, bis ich auf dich traf und du mich wieder belebte.“, in diesen Moment merkte er, was er da sagt und errötete. Ich blickte auf die Uhr, die auf der Wand hing und bekam einen Schreck. Es war schon fast sieben.
„Du hast mir versprochen mich pünktlich wieder zurück zu bringen.“, machte ich ihn auf die schnellverflogene Zeit aufmerksam.
„Oh, du hast recht. Was sein muss, muss sein.“, mit einen lauten Schnipsen seiner Finger bestellte er den Kellner zum Tisch. Der Italiener kam mit einem weißen schmalen Zettel zum unseren Tisch. Angelo bezahlte, wir zogen unsere Jacken an und verließen das Restaurant.


10. MEINUNG



Mama wartete im Auto auf mich. Sie sah ziemlich genervt aus. Ich bereitete mich mentallisch auf das, was mich erwartet, wenn ich mich ins Auto setze, vor.
„Tut mir leid, Mama. Da war was dazwischen gekommen. Dieser Phillip gab mir keine Ruhe, bis ich mich endgültig geschlagen geben musste.“, sofort erfand ich eine Lüge. Tja, lügen fiel mir in letzter Zeit immer leichter.
„Ich dachte du kommst nicht mehr und wollte schon Heim fahren. Hättest mich ruhig anrufen können, oder hast du dein Handy zu Hause gelassen?“, sie warf mir einen listigen Blick zu, als ob sie genau wüsste, dass ich nicht mit Phil, sondern mit jemanden anderen, war.
„Ich hab mein Handy zu Hause gelassen. Tja, jetzt bin ich diejenige, der du, bis ans Ende ihres Lebens die Story vorenthalten kannst.“, wir lachten.
Wir beschlossen ins Chinarestaurant zufahren. War nicht so teuer und man konnte sich satt essen. Leider war ich noch von vorhin nicht hungrig, also musste ich meine Mutter enttäuschen und ihr sagen, dass ich nur etwas zu trinken will.
Endlich erreichten wir unser Ziel. Mama fand noch einen Parkplatz, parkte schnell ein und wir stiegen aus. Es war so kalt, obwohl der Thermometer im Auto noch Plustemperaturen zeigte. Ich kuschelte mich tiefer in meine Jacke ein und wir liefen rüber. Drinnen war fast alles voll. Es gab ein Heimspiel und da das Stadion nur paar Meter von hier entfernt war, flüchteten die Meisten nach dem Spiel, um etwas zu essen. Wir setzten uns gleich am Anfand neben dem Fenster. Der Kellner kam sofort und begrüßte uns. Mam bestellte sich das Essen vom Büffet und ich nur etwas zu trinken.
„Und gefällt dir der Phillip?“, Mam warf mir einen neugierigen Blick zu.
„Er nervt mich viel zu sehr. Will immer mit mir ausgehen und denkt ich sei seine Freundin. Und außerdem hat er viel Gel im Haar und seine Sommersprossen mag ich auch nicht so richtig.“, sagte ich ihr meine Meinung. Mam fing an zu lachen.
„Du hast aber auch Sommersprossen und rotes Haar. Und ich bin mir sicher, wenn du ihm sagen würdest, dass dir das zu viel Gel im Haar überhaupt nicht gefällt, so würde er sicherlich damit aufhören. Er gibt sich bestimmt so viel Mühe, um dich zu beeindrucken.“, mit einem liebevollen Blick schaute sie mich an und lächelte, sodass sich kleine Grübchen neben Lippen bildeten. „Na ja, ich will dich nicht mit jemanden verkuppeln, den du nicht magst. Soll dir überlassen sein. Dein Glück ist mir wichtig!“, sie stand auf und lief zum Büffet hoch. Als sie zurückkehrte, war ihr Teller voll mit Leckereien. Schade, dass ich noch von vorhin satt bin.
„Was würdest du eigentlich machen, wenn ich mich in einen 36-jährigen Mann verliebe?“, fragte ich sie.
„Sag nicht du hast es vor?“, mit ruhigen Gesichtsausdruck und gerade am kauen fragte sie mich.
„Nein, aber es interessiert mich halt, da du ja meintest, mein Glück ist dir wichtig. Wärst du für oder gegen?“
„Weiß ich nicht. Will auch nicht darüber nachdenken.“, sie aß genüsslich weiter.
„Glaubst du eigentlich an Reinkarnation eines Menschen?“, wechselte ich schließlich das Thema.
„Wo nimmst du bloß diesen Mist her? Sag nicht von Phillip! Wenn ja, dann verbiete ich dir mit ihm auszugehen!“, sie fing an zu lachen.
„Oh Mama, sei doch nicht so! Sag mir bitte deine Meinung.“, langsam wurde ich sauer auf sie.
„Na gut. Also ich weiß nicht. Man muss im Leben für alles offen sein. Und ich denke es gibt sicherlich auf dieser Welt viele Dinge, die vielleicht uns nicht betreffen, aber jemanden anderen, weswegen dieser Glaube an Unfassbare entsteht.“, das war ihre Antwort und irgendwie fand ich das, was sie sagte, garnichtmal so schlecht. Irgendwo hatte sie recht.
„Also, heute war da so ein Mann, der meinte ich sei eine Reinkarnation seiner Frau, deswegen fand ich das halt etwas komisch und wollte wissen, was du davon hältst.“, erklärte ich ihr. Sie starrte mich fassungslos an und nachdem sie das Essen runterschluckte fragte sie überrascht: „Du sollt Reinkarnation von jemanden seiner Frau sein?“
„Ja, das hat er mir so gesagt und ich hab sogar ein Foto von ihr gesehen. Sie sieht genauso aus wie ich. Komplett, nur halt Haare etwas anders.“, erzählte ich ihr.
„Na, wenn er meint.“, das waren ihre letzten Worte. Den restlichen Abend diskutierten wir über andere Sachen.

11. EIN DATE



Er stand wieder um die Ecke und wartete auf mich. Diesmal war ich nicht mehr so schockiert, sonder ganz natürlich und sogar etwas glücklich. Denn wir trafen uns so oft wie er nur konnte und verbrachten eine wundervolle Zeit gemeinsam. Also paar Wochen waren schon vergangen und ich ertappte mich sogar auf den Gedanken, dass ich für eine feste Beziehung bereit wäre, doch ich schlug es mir schnell aus dem Kopf. Es ist halt nicht möglich. Noch nicht, aber nächstes Jahr könnten wir ganz normale Beziehung führen, denn ich werde dann endlich volljährig. Dann sind uns keine Grenzen gesetzt!!
„Ich habe eine kleine Bitte.“, sprach er zu mir mit ernsten Gesichtsausdruck.
„Immer raus damit.“, wurde ich gespannt, um was es sich dabei handelte.
„Also, ehm…“, er errötete etwas und wurde sehr nervös, „also, wenn du nichts dagegen hast, dann würde ich…“, eine kleine nachdenkliche Pause, „Ehm, ich würde dich gern um ein Date bitten!“, endlich war die Katze aus dem Sack. „Ich fühle mich grad wie ein 15-jähriger Junge! Das ist doch nicht normal, oder?“, er lächelte glücklich und an den Gesichtsausdruck konnte man sehen, dass er wieder entspannt war.
„Hab eigentlich nichts dagegen.“, stimmte ich ihn zu, „Aber haben wir nicht jedes Mal ein Date? Wir verbringen doch so viel Zeit mit einander und gehen auch aus, zählt das nicht dazu?“
„Nein, für mich ist das einfach nur sich treffen und ich will mit dir ein richtiges Date! Mit allen drum und dran.“ antwortete er und sah mich mit einem verliebten Blick an.
„Du hast sicherlich recht.“, wir stiegen ins Auto und fuhren fort. Das Date fand im Kino statt, da es erst neulich eine Liebesschnulze rauskam, die er unbedingt sehen wollte. Ich meine, für einen Kerl hat er echt eigenartigen Geschmack.
Der Film an sich war doch nicht so lamm wie ich‘s mir vorstellte. Er schlug vor noch irgendwo essen zu gehen und ich stimmte zu, da ich das letzte Mal in der Schule gegessen habe und es war schon paar Stunden her. Wir fuhren ins Mac Donalds, da ich Hunger auf etwas Kalorienreiches bekam. Ihm blieb nichts anderes übrig als mir zu zustimmen, denn ein Mac Donalds–Fan war er nicht gerade und sein Aussehen passt auch nicht in so eine Billigbude.
Wir setzten uns an einem Tisch. Er saß mir gegenüber und starrte mich vernarrt an.
„Du wirst immer schöner, Charlie.“, flüsterte er, „Ich will so lange wie möglich mit dir zusammen sein…“ Mein Herz war kurz davor Amok zulaufen. Noch ein Wort des Gleichen und ich wäre Krankenhausreif. Grund: Herzstillstand. Ich saß mit einem roten Kopf da und konnte nichts erwidern, da mir genauso erging wie ihm. Schließlich traute er sich meine Hand in seine zu nehmen. Sie fühlte sich so stark und warm an und meine war dagegen klein und kalt. Das war unser erster Körperkontakt. Anscheinend meinte er das mit Date. Denn wir sind wirklich nur wie gute Freunde ausgegangen und das Date an sich ist viel intensiver.
„Frierst du etwa?“, er nahm meine zweite Hand in seine andere Hand.
„Einbisschen, ist nicht so schlimm.“, ich lächelte.
„Charlie, sag mit bitte, fühlst du dich überhaupt wohl mit mir?“, sein Blick wurde ernst und so erwartungsvoll. In ersten Augenblick überrumpelte er mich mit seiner Frage, doch dann konnte ich ihn antworten:
„Ja, ich fühle mich sehr wohl. Sogar wohler als mir lieb ist. Ich bin einbisschen verwirrt, weil ich nicht genau weiß, was aus unseren Treffen wird, aber ich bin trotzdem glücklich, dass ich dich sehen und mit dir jede freie Minute meines Lebens verbringen kann.“, erleichter atmete er aus.
„Wenn ich ehrlich sein muss, weiß auch ich nicht so genau wie das ganze enden soll, aber ich erhoffe etwas Sinnvolles. Schließlich wirst du nächstes Jahr 18 und dann können wir…“, er wurde still und nachdenklich, so als ob er Angst bekam, es laut auszusprechen. Zwischendurch streichelte er mit seinem Daumen meine Hand, weswegen ich Gänsehaut bekam und viele kleine Schmetterlinge flogen in meinem Bauch wie verrückt herum. << Es ist Liebe! >>, schoss mir durch den Kopf und ein breites Lächeln erstreckte sich auf meinem Gesicht. Ich war tatsächlich zum ersten Mal in meinem Leben glücklich und zufrieden, wie nie zuvor. Und vor allem war ich das erste Mal in meinem Leben verliebt!! << So fühlt es sich also an… >>

12. KUSS



Wir beschlossen in den Park zu fahren, um dort die letzten Sonnenstrahlen, die uns der Winter schenkte, zu genießen und gleichzeitig nach frischer Luft schnappen.
Er fand eine Parklücke, parkte ein und wir stiegen aus dem Auto. Beim Aussteigen blieb mein Fuß an etwas hängen und ich stolperte. Schnell fing er mich auf.
„Wie bist du eigentlich ohne mich ausgekommen?“, fragte er mich und fing an zu lachen.
„Weiß ich auch nicht.“, antwortete ich und ließ seine Hand los
„Kannst du dich noch an unser zweites Treffen erinnern?“, er versuchte sein Lachen zu unterdrücken.
„Oh ja!“, ich errötete. Es war mir immer noch peinlich.
„In Sportsachen siehst du auch ganz hübsch aus!“
„Dann fang ich jetzt an, mich immer so zu kleiden, da es dir so gefällt!“, ich schaute ihn böse an.
„Nein, so, wie du jetzt bist, gefällst du mir besser.“, er schaute mich von Kopf bis Fuß an. „Charlie?“, er schaute mich mit glücklichem Gesichtsausdruck an.
„Ja?“, stockte mein Atem.
„Darf ich deine Hand nehmen?“, vor Schüchternheit schaute er auf den Boden.
Ohne zu antworten nahm ich seine Hand und zog ihn hinter mir. Wir liefen und liefen durch die, mit Schotter bedeckten, Wege. Gesprächsthemen hatten wir auch genug. Er erzählte mir wie Eva und er sich kennenlernten, wie er zur Schule ging und ich erzählte ihn über Phil, meine Mutter und allen möglichen Quatsch. Die Zeit verging wie im Flug und als wir auf die Uhr schauten, war es schon fast sieben. Wenn ich nicht vor meiner Mutter zu Hause bin, dann wird es Ärger geben, also kehrten wir wieder zum Auto und fuhren Heim. Die ganze Fahrt über haben wir geschwiegen, denn jeder dachte an die Trennung, die uns bevorstand.
Das Auto hielt an. Er parkte paar Häuser weiter, damit mich niemand mit ihm sieht. Ich saß da und schaute nach unten. Er dagegen schaute mich an. Plötzlich legte er seine Hand auf meine Schulter. Ich drehte meinen Kopf zu ihm. Die Stimmung war einfach nur zu perfekt. Ich wusste, jetzt ist die Zeit reif! Ich hob meinen Kopf und nährte mich seinem Gesicht. Er packte mich am Nacken und zog hastig zur sich. Wir atmeten schwer, denn es kam uns so vor, als ob die Luft im Auto knapp wurde. Und dann geschah es. Seine Lippen berührten meine. Ich roch seine Haut, die einen süßlichen Duft besaß. Mir kam es so vor, als ob der Kuss nur paar Sekunden dauerte, obwohl er bestimmt länger anhielt. Seinen Gesichtsausdruck konnte ich entnehmen, dass es ihm genauso wie mir erging, doch einen zweiten Versuch wagten wir nicht. Mit einer hastigen Bewegung öffnete ich die Beifahrertür und flüchtete, ohne mich von ihm zu verabschieden. Ich konnte keine längere Sekunde bei ihm bleiben, da ich das Auto meiner Mutter in der Weite sah.
Als ich zu Hause ankam, stand Mam vor den Kofferraum und holte Einkaufstüten hervor.
„Hilf mir mal!“, bat sie mich um Hilfe.
Schnell schnappte ich ihr die zwei Tüten aus der Hand und fluchtete die Treppe hoch. Ich wollte nicht, dass sie meinen vor Aufregung rotglühenden Kopf sieht, dann würde sie noch etwas verdächtigen.
Später am Abend nahm ich ein Bad und legte mich schlafen. Egal wie ich mich da auch hin und her walzte, ich konnte einfach nicht einschlafen. Dieser Kuss raubte mir die letzte Ruhe. Er spielte sich wieder und wieder vor meinen Augen ab. Mit meinem Zeigefinger strich ich mir über die Lippen. << Gott, was würde ich für eine Wiederholung alles geben! Geduld >>, beruhigte ich mich selbst, << Bald wirst du viele von solche, wenn nicht sogar bessere, kriegen! >> Schließlich schlief ich dann irgendwann ein.

13. ABSCHIEDSGESCHENK



Dass dieser Tag irgendwann mal kommt, wusste ich. Aber dass es so schnell geschieht, damit rechnete ich nicht. Er schrieb mir eine SMS und bat mich zur Schule zu kommen. Es war schon etwas spät am Abend und ich musste mir schnell eine Geschichte ausdenken, damit mich Mam aus dem Haus lässt. Ich grübelte und grübelte und irgendwann kam mir die Idee. << Ich sag ihr einfach, dass eine Freundin von mir mich dringend braucht >> Und damit sie mir das glaubt, nannte ich Angelo in Angela um und zeigte die SMS meiner Mutter. Sie war zwar am Anfang etwas misstrauisch, doch dann stimmte Sie zu und ich machte mich aus dem Staub.
Draußen war schon dunkel. Als ich an der Schule ankam, sah ich sofort sein Auto. Anscheinend hat er meine Anwesenheit bemerkt, so dass er sofort aus dem Auto stieg und mir entgegen lief. Als wir uns endlich gegenüberstanden, packte er mich an den Schultern und zog zur sich. Er umarmte mich, dann flüsterte er mir leise ins Ohr:
„Charlie, ich hab eine schreckliche Nachricht! Ich muss nach England. Ein Autor möchte sein Buch verkaufen und deswegen muss ich zu ihm, um überhaupt ein Geschäft abwickeln zu können.“
„Aber kann er denn nicht selber her kommen?“, fragte ich traurig.
„Leider nicht! Ich hab ein Geschäft in England und den muss ich persönlich vertreten. Aber ich verspreche dir so schnell wie möglich wieder bei dir zu sein!“, versprach er mir und gab einen Kuss auf die Stirn.
„Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als auf dich zu warten. Ich denke das Treffen wird bestimmt nicht ewig dauern, oder?“, ich lächelte ihn traurig an.
„Nein, nächste Woche werde ich wieder in Deutschland sein!“, antwortete er.
„Na dann ist ja gut!“, atmete ich erleichtert auf, „Eine Woche ohne dich überlebe ich bestimmt!“, versuchte ich witzig zu sein.
„Komm lass uns ins Auto setzen, es ist etwas kühl hier.“, er nahm meine Hand und wir gingen zum Auto. Es war so schön wieder mit ihm vereint zu sein, dass ich noch nicht mal realisierte, dass er am nächsten Tag schon nicht mehr bei mir sein wird. Dieser Tag soll etwas Besonderes werden. Es sollte etwas sein, was uns noch näher zusammen bringt. Also beschloss ich, dass wir diese Nacht zusammen verbringen.
„Angelo“, flüsterte ich, meinen Kopf zu ihm geneigt, „ich möchte dir heute im Zeichen meiner Liebe etwas schenken.“
Mit einem überraschten Blick schaute er mich an.
„Und was ist das?“, fragte er.
„Gib mir dein Handy, wirst gleich sehen!“, ich schnappte mir sein Handy, welches in den Handyhalter lag. „Ich darf doch mal?!“, fragte ich und er nickte nur mit einem gespannten Gesichtsausdruck. Schnell wählte ich die Nummer von unserem Haustelefon und lautes Tuten erklang. Kurz darauf hörte ich schon die Stimme meiner Mutter.
„Nickel…“, sprach sie.
„Hallo Mami, hier, ich wollte dich fragen, ob ich bei Angela übernachten kann. Weißt du, ihr geht’s nicht so gut. Ihr Freund hat mit ihr heute Schluss gemacht und sie ist jetzt am Boden zerstört. Sie braucht jetzt jemanden, der bei ihr bleibt. Ich denke du verstehst mich, oder?“, schwätzte ich eine Geschichte auf. Zum Glück ist es auch Wochenende, deswegen wird sie bestimmt erlauben.
„Nun, wenn es ihr so schlimm geht, dann ist es genehmigt. Gib dir mühe beim Trösten, Schatz!“, erlaubte sie und fügte noch zu, „Aber morgen bist du wieder da, oder?“
„Ja klar Mami! Also dann bis Morgen!“, verabschiedete ich mich und legte schnell auf.
Angelo saß nur da und starrte mich mit einem fassungslosen Gesichtsausdruck an.
„Ich darf bei dir übernachten!!!“, ich schmiss mich um seinen Hals und gab ihn ein Kuss auf die Wange. „Wir machen uns heute gemeinsam eine schöne Nacht!“, freute ich mich.
„Ich weiß jetzt auch nicht was ich darauf antworten soll.“, er war immer noch aus der Fassung.
„Das ist doch ganz einfach. Wir fahren zu dir, trinken etwas Wein, kuscheln, reden und schauen was uns die Nacht noch so bringt.“, eigentlich wollte ich ihn darauf aufmerksam machen, dass ich mit ihm schlafen will. Das Geschenk soll ich sein. Meine Unschuld. Denn ich wollte unbedingt, dass er mein erster Mann wird, schließlich war er auch meine erste Liebe. Ich wollte diese Liebe mit allen meinen Sinnen spüren. << Es ist bestimmt etwas Wunderbares mit einem geliebten Menschen zu schlafen. >>, dachte ich mir.
Er schaute mich an und atmete lange aus. „Und du glaubst es ist wirklich eine gute Idee.“, fragte er anschließend.
„Ja, ich bin mir über hundert Prozent sicher! Ich liebe dich und ich will dich endlich spüren! In mir…“, flüsterte ich und klammerte mich ganz fest an seinen Arm. In diesen Moment war ich wohl die glücklichste Person auf der ganzen kalten Welt. Es wäre schön, wenn dieser Moment für immer anhalten würde. Ich wollte nicht an morgen denken und auch nicht was mich danach erwartete. Ich wollte nur jetzt! Nur diese Augenblicke mit ihm, die wir dann anschließend bei ihm zu Hause erlebten.


14. GEMEINSAME NACHT



Wir fuhren zu ihm nach Hause. Er wohnte irgendwo abseits der Stadt. Das Haus sah ziemlich düster aus und war ein Einfamilienhaus. Mit lauten quietschen öffnete er die Haustür. Wir liefen in das Treppenhaus rein. Ich bemerkte, dass es zwar ein Einfamilienhaus war, aber er wurde in zwei Wohnungen aufgeteilt. Eine rechts, die andere links. Wir stiegen die drei Stufen auf und er wand sich der linken Tür. Holte den Wohnungsschlüssel aus seiner Manteltasche und schloss die Wohnungstür auf und als wir endlich Drinnen waren, schaltete er das Licht an.
Seine Wohnung war sehr arm eingerichtet. Im Flur stand kein Schuhschrank, sondern es lagen auf den Boden Zeitungen, auf denen nur ein Paar Ersatzschuhe standen. Neugierig schaute ich in die Küche, dort sah es auch nicht besser aus. Auf der linken Seite stand der Spülbeckenschrank, gleich daneben war der Elektroherd und neben den Elektroherd befand sich schon das Fenster, welches mit einem Raffrollo abgedeckt wurde. Auf der rechten Seite befand sich ein kleiner Kühlschrank und etwas weiter stand ein Tisch mit zwei Stühlen. Auf der Decke hing nur eine Glühbirne und auf den Boden lag grauer PVC. Im Wohnzimmer, das gleichzeitig auch als Schlafzimmer genutzt wurde, da es eine Einzimmerwohnung war, stand ein blauer, auseinandergezogener mit Bettzeug drauf, Schlafsofa. Auf der gegenüberliegenden Seite von Tür befand sich ein riesiges Fenster und eine Balkontür, beide wurden mit Raffrollos abgedeckt. << Anscheinend war er erst zu Hause, bevor er dann zu mir gefahren ist. >>, stellte ich fest.
„Und hier ist das Bad.“, hörte ich von anderen Ende des Flurs. Angelo stand vor einer Tür und deutete mit der Hand darauf.
„Okay, danke.“, antwortete ich und wand mich wieder den Wohnzimmer zu. Ich bemerkte auf den kleinen Nachttisch einen Laptop, der in zugeklappten Zustand lag. Auf der linken Seite von mir befand sich ein Stuhl, auf den zurechtgelegten Kleider lagen, anscheinend hatte er die für Morgen vorbereitet. Gleich neben den Stuhl stand ein kleiner Koffer. Auf der linken Wandseite stand ein zweitüriger Schrank. Wieder hing nur eine Glühlampe auf der Decke und auf den Boden lag ein kleiner Läufer gleich neben dem Schlafsofa. Ich fragte mich warum die Wohnung so schlecht ausgestattet war, wenn er doch in ihr wohnen würde, doch letztendlich traute ich mich nicht ihn danach zu fragen. Vielleicht ist er erst neulich in die Wohnung eingezogen, oder er mochte es so zu leben.
„Willst du einen Tee, oder etwas zu essen?“, seinen Verhalten nach, sah es fast so aus, als ob er nervös war. Aber nicht nur ihm erging so, denn mein Herz war kurz davor zu eskalieren und meine Knie wackelten wie Pudding, zum Glück konnte man das dank der breiten Hose nicht sehen. Meine Hände zitterten und mein ganzer Körper glühte, abgesehen von meinem Gesicht. Mein Hals war trocken, doch meine Hände schwitzten wie verrückt. << Hoffentlich nimmt er jetzt meine Hand nicht. Ich will nicht, dass er merkt wie nervös ich bin. >>, dachte ich mir und er tat es tatsächlich. Er schritt langsam zu mir und nahm mich an der Hand, dann zog er mich zur sich und fing mich an sanft zu Küssen. Das Pochen meines Herzens hörte ich jetzt noch lauter ihn den Ohren, als davor. Ich glaube er konnte es auch hören. Vorsichtig schob er meine Haarlocken hinter dem Hals und begann ihn zärtlich zu küssen. Er lehnte mich an die Wand und streichelte mit seiner rechten Hand meinen Körper. Irgendwann verschwand dann seine Hand unter meinem Pulli und ich fühlte nur, wie er sanft meine Brust massierte. Ich konnte mich vor Lust nicht mehr zurückhalten und so landeten wir dann auf den Schlafsofa. Er schaute mir entschlossen in die Augen und fragte dann doch noch:
„Bist du dir wirklich ganz sicher, dass du es jetzt willst?“
„Ja…“, ich presste ihn wieder zu mir und fing an zu küssen.
Letztendlich begannen wir uns gegenseitig auszuziehen, er schaltete noch schnell das Licht, welches im Flur brannte, aus und wir ergaben uns dann vollkommen unserer Lust. Nun wurde aus dem kleinen naiven Mädchen eine junge Frau, die jetzt genau wusste was sie will. << Verzeih mir Mama… >>, schoss mir noch durch den Kopf, aber ich verdrängte es schnell und schaltete dann endgültig meinen Kopf aus, um mich komplett der Sache zu widmen.

15. WIEDER ALLEIN



Das Auto hielt wie gewohnt an derselben Stell, wenn wir uns verabschieden mussten, an. Nun saßen wir mit langen Gesichtern da und keiner wagte etwas zu sagen. Ich bemerkte, dass er sehr nachdenklich war. << Soll ich mir Sorgen machen? >>, fragte ich mich selbst und letztendlich legte ich meine Hand auf sein Oberschenkel.
„Wir werden uns genau in sieben Tagen wieder sehen, nicht wahr? Deswegen müssen wir doch nicht gleich so tun, als ob wir uns für immer trennen.“, sprach ich.
Er schaute mich an und es sah fast so aus, als ob er mir etwas sagen wollte, aber es dann doch noch schnell unterdrückte. Was wohl los war? Ich konnte mir sein Verhalten nicht erklären. Vielleicht lag es an der gestrigen Nacht? Vielleicht bereut er es jetzt? Was soll ich bloß sagen? Wie soll ich mich denn verhalte, wenn er so traurig schaut?
„Du musst wieder Heim…“, endlich sagte er etwas. „Deine Mutter fragt sich sicherlich wo du bleibst und macht sich sicherlich Sorgen.“, mit einem gleichgültigen Blick schaute er zu mir.
Ehrlich gesagt war ich etwas geschockt, von dem was er da sagte. Es verwirrte mich und verletzte gleichzeitig.
„Na dann“, reagierte ich gereizt, „wünsche ich dir noch einen angenehmen Flug und komm gut an.“
Mit einer Bewegung öffnete ich die Tür des Autos und stieg schnell aus. Ich war verletzt, denn er könnte mir ruhig einen Abschiedskuss geben. << Ich glaube es war doch ein Fehler mit ihm zu schlafen. Jetzt will er mich nicht mehr! Bin uninteressant für ihn geworden! Typisch Mann! >>, wütend stampfte ich nach Hause, ohne mich umzudrehen. Im Hintergrund hörte ich, wie er umdrehte und anschließend wegführ. Es zerriss mir mein Herz in tausend kleine Stücke und ich konnte nur spüren, wie warmes Wasser aus meinen Augen entlang der Wangen kullerte.
<< Jetzt weine ich auch noch! >>, hastig wisch ich mit meinem Ärmel die Trennen aus dem Gesicht, aber es half trotzdem nicht. Schließlich blieb ich stehen und heulte. Aus der Ferne hörte ich irgendwann langsame Schritte, die auf mich zu kamen. Ich drehte mich um, damit die vorbeigehende Person meine Tränen der Verzweiflung nicht sieht, doch es umarmte mich ganz plötzlich von hinten jemand. Als ich dann genau hin roch, erkannte ich mir bekanntes Parfüm. Es war ER. Er kehrte extra wieder zurück, um sich richtig von mir zu verabschieden.
„Weine nicht mein Engel…“, flüsterte er leisen ins Ohr. „Dachtest du wirklich ich verlasse dich, ohne mich vorher von dir richtig verabschiedet zu haben?“
Die Tränen konnte ich auch nicht mehr unterdrücken, also drehte ich mich einfach zu ihm um und drückte mein Gesicht an seine Brust. Er dagegen umarmte mich ganz fest und wir standen da. Es fing an zu schneien. Für einen Moment dachte ich, die Zeit blieb stehen, doch als ich dann die nach unten flatterten Schneeflocken bemerkte, erkannte ich, dass es nicht so ist.
„Schau! Es schneit!“, freute er sich und streckte seine Hand aus, um Schneeflocken zu fangen. „Der Himmel schenkt uns so einen schönen Moment, ist es nicht schön?“, er beugte sich zu mir nach unten und presste seine Lippen an meine. Mir war egal, ob uns jemand bekanntes sieht, denn ich vergaß in diesen Augenblick alles, was um mich herum geschah.
„Ich muss jetzt gehen…“ seine Umarmung wurde locker, „sonst verpasse ich den Flug. Wir sehen uns bald wieder, Charlie.“, schließlich ließ er mich los und ging fort. Ich starrte ihn noch lange hinterher, bis er anschließend hinter einen großen Zaun aus Bäumen verschwand. Die kalten Schneeflocken wurden immer dichter und irgendwann schneite es stark. Ich stand noch paar Minuten da, in der Hoffnung, er käme zurück und als mir bewusst wurde, dass er jetzt endgültig weg war, beschloss ich nach Hause zu gehen.


16. ZUSAMMENBRUCH



Ein Brief lag in meiner Jackentasche. Ich zog es heraus und faltete auseinander. Es stand folgendes, mit Hand geschrieben, drauf:
„Liebe Charlotte (so hieß ich richtig), ich hoffe sehr, dass du mir irgendwann verzeihen wirst. Ich weiß, ich hätte das Ganze nicht so weit bringen sollen, aber ich konnte nichts mit mir machen. Du hast mich tatsächlich verzaubert und ich konnte irgendwann nicht mehr genug von dir kriegen.
Du fragst dich jetzt sicherlich, was ich damit meine. Nun, genau gesagt, hab ich alles, was diese Eva und alles drum herum betrifft, erfunden. In Wahrheit bin ich ein verheirateter Mann und war in Deutschland auf einer Geschäftsreise. Es wäre auch so geblieben, wärst du mir nicht in der Schule über den Weg gelaufen. Ich hab mir wirklich nichts Schlimmes dabei gedacht. Wollte nur nett mit dir meine restliche Zeit hier verbringen und dann wieder nach Hause zurück kehren, ohne dir wehzutun, aber es ist doch alles anders gekommen als erwartet. Verzeih mir. Das Bild von Eva hat mir mein Arbeitskollege geholfen zu gestalten. Ich schoss nämlich heimlich ein Bild von dir, welches wir anschließend als Vorlage benutzten. Und gestrige Nacht… am liebsten würde ich mir selber ins Gesicht schlagen und mich treten. Verzeih mir! Ich musste es verhindern, aber ich konnte nicht. Ich wollte dich selber spüren und fühlen. Du bringst mich um den Verstand. Ich kann nachts nicht mehr ruhig schlafen, aber ich weiß, dass es alles schwachsinnig ist! Du bist ein junges Mädchen und hast noch vieles vor dir und ich bin ein alter, noch dazu verheirateter Mann. Uns erwartet keine gemeinsame Zukunft. Du wirst es irgendwann verstehen und mir danken, dass ich dich letztendlich losließ. Glaub mir, es fällt mir schwer jetzt wieder in mein altes Leben ohne dich zurück zu kehren. Ich vermisse jetzt schon dein Lachen, deine Stimme, dein Geruch der Haare, der Haut und des Parfüms, aber wir müssen da durch und wir schaffen es. Verzeih mir bitte alles, was ich dir angetan hab und dass ich dich letztendlich belogen habe. Ich wünsche dir von ganzen Herzen dein richtiges Glück zu finden.
Dein Angelo“
Plötzlich begann sich alles zu drehen. Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. Letztendlich gab mein Geist nach und ich fiel in Ohnmacht.
Als ich aufwachte, saß meine Mam vorm Bett und schaute mich verzweifelt an.
„Oh, Schatz, du hast mir ja ein Schrecken eingejagt! Was ist bloß passiert?“, sie konnte ihre Tränen knapp unterdrücken.
Anstatt ihr zu antworten lag ich nur da und starrte an die Decke. Ich erlitt einen Schock. Denn egal was man jetzt zu mir sagte, ich nahm es zwar wahr, aber so richtig anwesend war ich nicht. Ich dachte nur an diesen Brief und die Tränen kullerten von alleine meinen Wangen entlang, bis sie schließlich an meinen Kissen zersprangen und in viele kleine Teilchen verflogen.
„Was ist denn los?“, fragte mich Mutter überrascht.
„Mir geht’s nicht so gut.“, antwortete ich und drehte mich mit Gesicht zur Wand. „Ich hab mich erkältet.“
Und tatsächlich wurde ich krank, so dass mich der Arzt gleich für paar Wochen krankschrieb. Der Arzt diagnostizierte eine Schwäche des Immunsystems, aber der wahre Grund war, dass ich einfach nur Seelisch zerbrochen bin. Ich weigerte mich etwas zu esse, trank nur noch Wasser und lag die ganze Zeit im Bett. Mein Leben hatte keinen Sinn mehr und ich wartete nur noch auf meinen Tod. Qualvoll wartete ich nur darauf, dass ich endlich aus diesem Alptraum aufwache und wieder bei ihm sein kann. Mein Verstand wollte es nicht realisieren, dass es endgültig vorbei war und ich einfach nur ausgenutzt wurde. Weinen konnte ich auch nicht mehr, denn meine Augen brannten wegen salzigen Tränen, die ich seit paar Wochen vergoss. Als ich dann irgendwann mal auf die Toilette ging, schaute ich flüchtig ins Spiegel, welches im Flur an der Wand hing. << Ich sehe furchtbar aus. >>, dachte ich mir.
Mein Haar war zerzaust und fettig, unter Augen hingen schwarze Tränensäcke und das Gesicht war bleich. Man konnte mich glatt für einen Horrorfilm als Gruselfigur engagieren, doch es gefiel mir. Ich sah genauso aus, wie ich mich fühlte. Auf wackeligen Beinen betrat ich das Bad und mein Blick blieb auf den Damenrasierer, welcher links auf einen Baderegal lag, stehen. << Soll ich’s wagen? >> schoss mir durch den Kopf und ein grausames Bild voller blutiger Szenen spielte sich vor meinen Augen ab. Ich beschloss mir meine Pulsadern zu durchschneiden, um diesen qualvollen Leben ein Ende zu setzen! Vorsichtig nahm ich den Rasierer in die zitternde Hand und erstarrte. << Und was passiert mit Mama wenn ich nicht mehr da bin? Schließlich wird sie dann ganz alleine auf dieser Welt… >> sprach die Stimme der Vernunft zu mir. << Nein! >> setzte sich die Stimme des Leidens durch. << Wie lange willst du noch Leiden? Und so wirst du endlich dein Frieden finden. >>
Die Hand blieb paar Millimeter von meinem Handgelenk stehen. Nun zitterte ich am ganzen Körper. Angst packte mich und ich wollte schon den Rasierer wegschmeißen, aber in letzten Moment riss ich mich zusammen und schnitt drauf los. Es brannte, aber kein Blut war zusehen. Der Schnitt war nicht tiefgenug. Tränen flossen aus meinen Augen und mit zusammengekniffenen Augen und zusammengebissenen Zähnen schnitt ich wieder waagerecht an den Handgelenk. Diesmal war der Schnitt tiefer und das Blut strömte heraus. Mich überkam ein Gefühl der Übelkeit und gleichzeitig der Angst. Aber ich wusste, wenn ich jetzt aufhöre, so bleibe ich am Leben, also schnitt ich nochmal und tatsächlich war der Schnitt endlich tiefgenug um eine der Venen zu treffen. Das Blut spritzte aus meinem Handgelenk und verteilte sich auf den Boden und den weißen Waschbecken. Panisch schmiss ich den Rasierer in die Badewanne und schnappte mir einen Handtuch, der auf Handtuchaufhänger hang. Hastig versuchte ich das Blut damit zu stoppen, aber es half nicht und dann bemerkte ich, dass ich langsam in die Ohnmacht falle. Die Wand fing meinen fast leblosen Körper auf und ich glitt entlang der Wand. Das blutbedeckte Badezimmer war das Letzte, was ich vor Umkippen sah.


KAPITEL 17



Als ich zu mir kam sah ich eine verschwommen Silhouette, die sich neben mir befand.
„Sie kommt zur sich!!“, erklang daraufhin eine tiefe männliche Stimme, die mich an jemanden erinnerte.
Kurz danach kamen viele Menschen in den Raum und ein Lichtstrahl leuchtete direkt in mein Auge, so dass ich es wollte schließen, aber zwei kalte Finger es nicht zuließen.
„Pupille reagieren noch nicht vollständig.“, kommentierte Derjenige, der nun in das zweite Auge mit der kugelschreiberähnlichen Lampe leuchtete. Nach dieser Untersuchung konnte ich für paar Sekunden meine Augen nicht öffnen und kleine weiße Flecken leuchtete immer noch vor meinen Augen, egal ob ich sie auf oder zu hatte. Als mich dann endlich die Sehkraft wieder erreichte erkannte ich die Person, die neben mir saß und verstand nun endlich, dass ich anscheinend überlebte und mich jetzt im Krankenhaus befand. Aber wie konnte es möglich sein? Denn schließlich war ich mir absolut sicher, dass niemand zuhause war. Und wie lange lag ich schon hier? Paar Stunden?
„Du hast uns aber einen Schrecken eingejagt!“, schimpfte Phillip mit mir. „Was hast du dir dabei gedacht?!“
„Bitte, lassen sie Ihre Wut woanders aus. Seien Sie froh, dass die junge Dame noch unter uns weiht. Sie braucht jetzt Unterstützung und Fürsorge, aber bloß keine Schimpfe.“, der junge Doktor schaute Phil mit einem bösen Blick an, so dass Phil für paar Minute nur noch schweigend da saß und gedanklich versunken.
„Wer hat mich gefunden?“, meine Lippen waren trocken und ich hatte das Gefühl, als ob ich seit Ewigkeiten nichts mehr Flüssiges zu mir nahm.
„Ich hab dich gefunden und zum Glück auch! Mein Gott, Cha, was hast du dir dabei gedacht???“, er war sehr wütend.
„Du Idiot!!!“, das Schreien gelang mir nicht so wirklich, es hörte sich mehr nach Gaken an. „Endlich wo ich dachte, dass ich meinen Frieden finde, werde ich ungefragt gerettet!“
„Ach, ich hätte deinen leblosen Körper vorher fragen sollen, ob ich den Notarzt rufen soll?“, sarkastisch fragte Phil.
„Du hättest mich einfach sterben lassen!“, die Stimme wurde leiser und ich spürte, dass ich fast vor Hochwasser war. Phil stand auf und ging zu dem riesigen Fenster rüber, anschließend stand er da und schaute hinaus. Ich bemerkte, dass mein Handgelenk dick mit einem weißen Verband umbunden war.
„Du liegst seit zwei Tagen bewusstlos hier. Wir dachten, dass du nicht mehr aufwachst und wir dich endgültig verlieren.“, erklärte Phil leise seinen Blick in die Weite des Fenster gewandt. Doch ich lag da und versuchte mich daran zu erinnern, wovon ich in der Zeit träumte. Eigentlich von nichts. Nur ein weißes Licht umhüllte die ganze Gegend und ich fühlte mich wie ein Teil von ihm, bis mich dann etwas wieder fest packte und runter schmiss. << War das etwa der Tod und der Flug in den Himmel? >>, ein glückliches Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus.
„Deine Mutter hat sich die ganze Schuld gegeben und nimmt jetzt Beruhigungsmittel wegen dir. Willst du sie etwa in den Tod treiben? Du bist so verantwortungslos, Charlie!!“, er schlug leicht mit der Faust auf den Fensterrahmen. „Und du hast nicht mal an mich gedacht! Wie sollte ich ohne dich leben?“, er ging wieder zu mir und kniete sich vor meinem Bett, vorsichtig nahm er meine verletzte Hand in seine und streichelte sie ganz sanft. Tränen kullerten seine rosigen mit Sommersprossen bedeckten Wangen herunter. „Ich liebe dich Charlie und hätte mehr acht auf dich geben sollen! Es ist alles nur meine Schuld!“
Eigentlich ist es niemanden seine Schuld. Es ist meine Schuld, denn ich war so dumm und ließ mich auf einen Menschen ein, bei dem ich gleich merken musste, dass er nicht ganz sauber war.
„Es ist nicht deine und auch nicht Mutters Schuld. Es ist…“, plötzlich bemerkte ich, was ich da sprach.
„Charlie, bitte, erzähl mir alles. Warum hast du das getan? Warst du so unglücklich? Du warst doch die letzten Monate so glücklich und zufrieden, wo ich dich in der Schule sah und dann plötzlich, von heute auf morgen, wurdest du ganz krank! Wie ist das überhaupt möglich?“, erwartungsvoll schaute er mich an.
„Ich kann es dir auch nicht erklären. Sagen wir es so, es schlich sich ein großer Virus ein, der mich dann endgültig seelisch vernichtete.“, versuchte ich’s zu erklären. Phil erwiderte nichts mehr, es saß nur da und war gedanklich versunken. Ich konnte mir ganz gut vorstellen, dass er jetzt über meine Worte nachdachte und sich fragte, wen ich mit diesem Virus meinte.
Nach paar nachdenklichen Minuten durchbrach ich mit meiner Frage die ohrbetäubende Stille:
„Wie lange muss ich hier bleiben?“
„Das kann ich dir auch nicht sagen. Ich denke wenn dein Zustand wieder stabil ist, wirst du entlassen. Du musst bedenken, dass du fast verblutest bist, wenn ich nicht rechtzeitig vorbeigekommen wäre.“, antwortete er.
<< Warum musstest du überhaupt vorbeikommen?! >> dachte ich mir noch mit verzogener Miene auf dem Gesicht, aber wagte es nicht mehr auszusprechen, denn gegen seine Einwände hab ich sowieso keine Chancen.


KAPITEL 18



Es waren eine Woche und zwei Tage her, seit ich wieder mein Bewusstsein erlangte. Der junge Doktor erlaubte mir sogar seit einem Tag mein Bett zu verlassen, denn keiner rechnete damit, dass ich mich nur so langsam erhole. Phil hang wie eine Klette an mir und besuchte mich jede freie Minute seines Lebens. Eigentlich störte es mich auch nicht mehr so sehr, aber wenn er mit Schulkramm anfing, da verging mir jede Lust mit ihm zusammen in einen Raum zu bleiben. Ich konnte mich auch nicht mehr so genau erinnern wann ich das letzte Mal in der Schule war. Aber ich überzeugte mich, dass er es nur gut mit mir meinte und sicherlich keine schlimmen Absichten mit sich brachte, was den Schulkramm anging. Irgendwie machte es auch Spaß, wenn er den Lehrer spielte, den Schulkramm gemeinsam durchzugehen. Mam besuchte mich auch immer nach der Arbeit und einmal brachte sie sogar eine „Gutebeßerung-Glückwunschkarte“, die Ihr ganzes Kollegium unterschrieb, mit sich. Alles schien wieder fast normal zu sein und manchmal wusste ich auch nicht mehr, warum ich überhaupt ins Krankenhaus gelang. Angelo schien nur noch eine schmerzhafte Narbe auf meinem Handgeleng zu sein.
„So, junge Dame.“, ich erschrak mich, denn der Doktor stand so plötzlich in meinem Krankenzimmer. „Ich kann sie mit einem Entlasse aus dem Krankenhaus erfreuen. Morgen sind Sie wieder ein normales und gesundes Mädchen.“, er lächelte mich charmant an.
„Ich will hier nicht weg.“, erwiderte ich seine Verkündung und rückte beleidigt meine untere Lippe nach vorn.
Unerwartet fing er ganz laut zu lachen an: „Du bist mir ja eine Patientin. Soweit ich mich erinnern kann, wollen alle so schnell wie möglich wieder in die eigenen vier Wände und du willst hier bleiben. Bist ja niedlich.“
„Ich mag es wie sich alle um mich kümmern.“, ich zog meine Beine zusammen und deckte mich fast komplett mit der Bettdecke zu.
„Das kann ich gut nachvollziehen, aber pass auf, dass es nicht zu einer Sucht wird, die anschließend zu einer Krankheit überwächst.“, gab er mir einen Rat und verschwand wieder aus meinem Zimmer.
„Was er wohl damit meint?“, fragend starrte ich auf die weiße Decke und beschloss Mam anzurufen, um ihr die erfreuliche Nachricht zu verkünden.
Am nächsten Tag waren meine zwei kleine Reisetaschen und eine kleine Umhängetasche gepackt. Ich saß auf meinem Bett und schaute gedankenlos aus dem Fenster.
„Pass auf dich auf.“, hörte ich die Stimme des Doktors hinter mir, die mich dazu verleitete sich umzudrehen.
„Werde ich sicherlich. Und außerdem gibt’s da jemanden, der ganz bestimmt ganz gut auf mich Acht gibt, egal ob ich es will oder nicht.“, mit diesen Jemanden meinte ich Phil, denn letztens versprach er mir, dass er ab meiner Entlassung nicht mal einen Schritt von meiner Seite weicht. Fragt mich nicht, wie er sich das vorstellte, war aber eine witzige Vorstellung.
„Komm, deine Mutter wartet unten auf uns.“, Phil war auch schon da und hielt meine zwei Reisetaschen in beiden Händen. Ich stand auf und schaute mich noch mal um, es tat irgendwie weh dieses Zimmer zu verlassen. Obwohl sie so weiß war, war sie gleichzeitig so warm und vertraut, wie dieses Licht, welches ich an den Tag meines Scheintodes sah. Schließlich verließen wir das Zimmer und liefen entlang des langen Flurs zu dem Lift vor uns. Ich winkte noch lächelnd allen Krankenschwestern, die sich den ganzen Krankenhausaufenthalt fürsorglich um mich kümmerten.
Die elektronische Schiebetür öffnete sich vor mir und grelles Licht brachte meine Augen zum Schmerzen. Ich kniff sie zusammen und plötzlich spürte ich wie eine warme Hand meine packte.
„Du gewöhnst dich wieder dran.“,es war Mam, mit der ich gemeinsam Hand in Hand zum Auto spazierte. Phil packte die Reisetaschen in den Kofferraum und Mam öffnete die Tür der Beifahrerseite. Ich nahm meine Umhängetasche ab und schmiss sie auf den Boden des Autos, anschließend pflanzte ich mich in das vertraute Innere des Autos. Als dann alle drinnen saßen fuhren wir los. Ich konnte es kaum glauben, dass ich endlich wieder in mein normales Leben zurückkehre und es war ein sehr schönes Gefühl.


KAPITEL 18



Langsam wurde alles wieder normal. Mein Lebe bekam Tag zu Tag wieder einen Sinn. Ich freute mich über jede Kleinigkeit.
„Du scheinst wieder du zu sein.“, fröhlich lächelnd sagte Phill.
„Uhu…“, antwortete ich zu frieden.
Wir lagen auf der grünen Wiese nicht weit von der Schule entfernt. Es war die letzte Unterrichtsstunde bevor Sommerferienanfang und da beschloss Phill mich zu entführen. Er meinte, dass er in den Sommerferien zur seiner Großmutter in den abgelegenen Dorf fahren müsse. Sie benötige ihn. Und was sollte ich machen? Bis jetzt hatte ich gar keine Idee. Vielleicht hat Mam irgendeine Überraschung für mich parat und wir fahren auch irgendwohin weg. Ich beschloss mich überraschen zu lassen.
„Sag mal Charlie“, unterbrach Phill meine Gedanken, „kannst du mir bitte verraten warum es dazu gekommen ist, dass du dir das Leben nehmen wolltest? War es denn so unerträglich für dich weiter zu leben? Oder hattest du einen anderen Grund dazu?“
Ich schluckte. Die Frage kam doch etwas unerwartet. Aber ich beschloss es ihm zu erzählen. Er hat es verdient die Wahrheit über mich zu erfahren. Mich so kennenzulernen wie ich wirklich bin.
„Ich hatte jemanden mir sehr wichtigen verloren und da wollte ich nicht mehr ohne ihn weiter leben.“, antwortete ich. Das ganze Ereignis schoss durch meinen Kopf. All diese Bilder der Vergangenheit waren nun wieder vor meinen Augen. In meinen Kopf. Mein Herz fing an zu schmerzen. Luft wollte nicht mehr in meine Lunge gelangen. Mein Körper streikte weiter zu leben. Und auf einmal umklammerten mich starke, warme Arme. Phill presste mich ganz fest zur seinen Oberkörper, so dass ich sein Herzschlag hören konnte. Es pochte schnell. Schneller als bei Angelo damals. Tränen flossen meine Wangen herunter.
„Es tut wohl immer noch weh…“, bemerkte Phill.
„Anscheinend schon.“, antwortete ich mit falschen Lächeln auf den Lippen.
„Weißt du, ich hatte ihn wirklich gern. Ich dachte nicht, dass er mich nur ausnutzen würde. Ich hatte ihm vertraut. Er war meine erste Liebe. Mein erster Mann. Er was alles für mich. Es tut so weh!“, all die Frust wollte nur noch raus. Ich konnte es nicht mehr in mir halten, so ließ ich es los. Phill war da. Er verstand mich. Er wusste wie ich mich fühlte. Er hielt mich fest in seinen Armen, streichelte meinen Rücken. Ab und zu wisch er die Tränen aus meinen Gesicht und gab mir einen zarten Kuss auf die Stirn. Wir lagen da, mit in den Himmel gerichteten Blicken und schwiegen. Jeder in seiner eigenen Gedankenwelt versunken.
„Würdest du mich die Chance geben diese Wunden, die er hinterließ, zu heilen?“, fragte mich Phill unerwartet.
Es war amüsant so ernst mit ihm zu reden. Ich war es gar nicht gewohnt. Für mich war er nur der Rothaarphillip sonst nichts. Und jetzt? Da fragt er mich, ob er mir helfen kann die Wunden der Vergangenheit zu heilen. Wäre es eigentlich möglich, wenn ich ihm die Chance gebe?
„Ich gebe dir die Chance. Aber wehe du mich auch verlässt, dann gibt’s Kloppe!“
Wie gesagt, alles hatte wieder seinen Lauf. Ich war glücklich, er war glücklich. Die Sommerferien versprachen interessant zu werden. Und nicht nur das, sie versprachen mir den Anfang einer neuen Liebe.


Ende




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Tag der Veröffentlichung: 04.12.2009

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