Ich eile durch die dunklen Gassen. Warum ist es nur schon so dunkel? Scheiße! Wie viel Uhr wohl ist? Ich weiß es nicht. Meine Beine schmerzen mir höllisch. Meine Lunge schmerzt von der kalten Luft, die bei jeden ein und aus atmen in meine Lunge strömt. Schnell husche ich um die nächste Ecke. In dieser Gasse muss man aufpassen, das weiß ich genau. Die Pflastersteine sind hier besonders rutschig. Jeden Tag laufen hier tausende Menschen vorbei. Doch jetzt wo es dämmert sind kaum mehr welche unterwegs. Nur noch vereinzelnd trifft man jemand. Luminier, die noch schnell was für ihre Herren erledigen müssen. Auch sie eilen durch die Gassen. So falle ich wenigstens nicht auf. Schritt für Schritt tapse ich über den Steinbelag. Ich muss mich beeilen. Ich versuche meine Schritte zu beschleunigen, plötzlich verliere ich auf meinem linken Bein den Halt. „Ahh, Mist“, rutscht es mir heraus. Mein linker Fuß, der in einem Stoffschuh steckt, ist auf einem der glatten Steine abgerutscht. Ich kann mich gerade noch an einer Laterne festhalten, sodass es mich nicht hinschlägt. In den Laternen wird in der Dämmerung von den Luminier ein Licht gesetzt. Die Herren sind sich für so etwas zu Schade, sie meinen ihre Magie sei etwas Besseres, als die Magie der Einfachen. Ich schaue hoch und sehe eine Lichtkugel in einem Glasgefäß leuchten. Sie schimmert in einem gelb-weisen Licht und hüllt die Gasse in ein dämmriges Licht. Nur mächtige Luminer können so starkes Licht hervorrufen, dass die Gasse, wie bei Tag, aussehen würde, diese arbeiten im Palast. Aber die hohen Herren und der König interessieren sich nicht für die Gassen der Armen, folglich können wir froh sein, dass wir überhaupt Licht haben.
Ein Mann oder eine Frau, das kann ich nicht so genau erkennen, eilt in schnellem Schritt in einen dunklen Kapuzenmantel an mir vorbei. Die Gestalt beachtet mich nicht. Zu dieser Zeit spricht man niemanden mehr an. Es ist besser so, man weiß nie wem man begegnet. Ich ziehe meine Kapuze tief ins Gesicht und renne weiter. „Ich komm zu spät. Ich komm zu spät“, schwirrt mir unentwegt im Kopf herum. Ich hatte total die Zeit vergessen. Ich war an meinem Lieblingsplatz auf einem der Steinhäuser in der Stadtmauer gewesen. Von dort hat man einen wunderbaren Blick über den See, an dem unsere Stadt Valde gelegen ist. Valde ist die Stadt des Königs und die größte in unserem Reich.
Die Holzhütte, mein Ziel, rückt in Sichtweite. „Komm gleich hast du es geschafft!“, sporne ich mich an. Ich lege einen Endspurt hin und halte gerade noch rechtzeitig vor der Holztür an, bevor ich dagegen geknallt wäre, dennoch fassen meine Hände gegen das leicht feuchte Holz um mein Gewicht abzufangen. Über der Tür hängt eine kleine Laterne mit einer schwachen Lichtkugel drin. Auch in der Hütte leuchtet schwaches Licht. Ich versuche die Tür auf zudrücken, doch vergeblich. Der Widerstand ist zu groß. „Verdammt!“ Von innen wurde wohl schon der schwere Riegel vorgeschoben. „Scheiße ich bin zu spät.“ Schon das dritte Mal in dieser Woche. Mein Herz rast und mein Atem geht schnell. Zum Teil noch wegen des Sprints, aber auch von der Angst vor der Reaktion auf mein Zuspätkommen. Aber es führt nichts dran vorbei. „Jetzt beruhige dich schon, es wird schon nicht so schlimm werden“, versuch ich mir selbst Mut zuzusprechen und meinen Atem wieder zu beruhigen. Aber vergeblich. Um nicht noch später da zu sein, als ich eh schon da bin, hebe ich meine Hand um sachte, aber laut genug anzuklopfen. Das dumpfe Geräusch des Klopfens schallt durch die nächtliche Stille. Ein unheimlicher Schauer rieselt mir den Rücken hinunter. Ich erschaudere. Es dauert einen Moment, in dem sich mein Herzschlag noch einmal verdoppelt, obwohl ich bereits davor dachte, dass mein Herz nicht hätte schneller schlagen können, dann wurde die Tür schwungvoll, aber mit einem ätzenden Quietschen, geöffnet. Die Metallschaniere der Tür reiben aufeinander.
„Du bist zu spät!“, kam es mir prompt mit kalter, tiefer Stimme durch den Türspalt entgegen. Warme Luft und der Duft von Essen strömt mir aus der Öffnung entgegen und mein Magen reagiert sofort mit einem erbärmlichen Knurren darauf.
„Es tut mir leid.“, flüstere ich zurück und halte meinen Kopf gesenkt um dem bärtigen Mann, der die Tür geöffnet hat, nicht in die Augen sehen zu müssen und um meine Demut zu zeigen.
„Geh in die Küche.“ Er macht den Spalt der Tür etwas größer, sodass ich an ihm vorbei in das Haus huschen kann. „Das war doch noch gar nicht so schlimm“, meine ich zu mir selbst. Es gab Tage, wo er mich schon an der Tür angebrüllt hat und mich zum Teil auch schon Mal geschlagen hat. An der Tür lege ich meinen schwarzen Mantel auf einen kleinen Stuhl, auf dem schon ein Berg an Mäntel liegt, ab, ziehe meine Stoffschuhe aus und stelle sie zu den anderen auf den Boden an der Türe. Alle sind schon da, das kann ich an der Anzahl an Schuhe ablesen. 7 Stück sind es. 6 Stoffschuhe, und eines das schicker, als die anderen aussieht. Dieses Paar gehört Larsson, dem Mann, der mir die Tür aufgemacht hat. Aus einem Regal, auf der linken Seite, nehme ich ein anderes Paar an Stoffschuhen heraus. Diese waren nur fürs Haus und durften draußen nicht angezogen werden. Ohne meinen schützenden Mantel trage ich ein ärmlich wirkendes Kleid, aus einem Gemisch aus Baumwolle und Leinen. Es ist mehr braun als weiß und ziemlich schmutzig am unteren Saum, es ist ein einfaches Arbeitskleid. Larsson ist schon an mir vorbei mit energischen Schritten in die Küche gegangen. Mit den Hausschuhen an meinen Füßen, mach ich mich auch auf den Weg zu Küche, die vorbei an den Treppen den Gang hinunter lag. Auf dem Weg zur Küche versuche ich noch schnell, mir meine vom Heimweg verschwitzten und zerzausten Haare, welche mir normalerweise bis zur Hüfte gehen würden, zu ordnen. Larsson mag es nicht, wenn ich unordentlich aussehe.
Als ich die Küche betrete sitzt Larsson bereits am Tisch gegenüber. Vor ihm steht, wie immer ein Bier. Es ist bereits zu zwei Drittel leer getrunken. In seinem bis zum Halsreichenden Bart hängen Reste der Schaumkrone und seine Haare liegen fettig auf seinem an der Oberseite schon kahl werdenden Kopf. Wenn er Bier trinkt, ist er immer unberechenbar, mal positiv gelaunt, aber meistens negativ. Innerlich mache ich mich bereits auf alles gefasst. Das Abendessen kann ich eh vergessen, wer zu spät kommt hat Pech gehabt. Mein Blick schweift durch den Raum. Auf der rechten Seite der große Esstisch und dahinter der alte Wandschrank mit Vorräten und Teller und Gläser, links die Küchenzeile mit einem großen Ofen mit Kochfläche darauf. Margot, eine Frau, die für ihr mittleres Alter schon merklich älter aussieht, steht am Herd und kocht. So wie es aussieht und dem Geruch nach Kürbis für Einmachgläser, welche stapelweiße auf dem Boden neben ihr stehen. Auf der Arbeitsfläche stehen frische Kürbissen und die Abfälle des Gemüses. Als ich sie entdecke, weiß ich dass ich Glück gehabt habe. Wenn sie dabei ist kann es nicht so schlimm werden. Sie ist die einzige, die zu mindestens ein wenig Einfluss auf Larsson hat.
„Elena, setz dich.“ Er schaut mich mit seinen braunen Augen an und zeigt auf den Holzstuhl ihm gegenüber. In der Küche ist es warm und im Ofen brennt Feuer, schließlich kocht Margot. Ihre braunen Haare, welche schon von silbrig-weißen Strähnen durchzogen sind, sind mit einem Stoffband zu einem Zopf zusammengebunden, damit sie beim Kochen nicht stören. Sie lächelt mich aufmuntert an und nickt mir freundlich mit ihren warmen liebevollen Augen zu. Ich setze mich vorsichtig, bedacht nichts Falsches zu tun, auf den Stuhl gegenüber, den er mir zugewiesen hat. „Du bist jetzt bereits 17 Jahre hier und bald bist du 18. Aber in diesem Alter bist du immer noch nicht in der Lage pünktlich zu kommen, was soll dein Zukünftiger denn dazu sagen? Keiner will eine Frau die unpünktlich und unzuverlässig ist“, er holt Luft vom seinem Redeschwall, bei dem er in seinen Bart gesabbert und mich durch seine feuchte Aussprache mit seiner Spucke besprenkelt hat. Bähh! Es ist immer dieselbe Laier. Du bist schlecht… was sagt dein Zukünftiger… Heiraten.. keiner will dich. Wie ich diese Rede hasse. Warum kann ich mir nicht selbst einen Mann aussuchen, warum dürfen die Männer entscheiden, wen sie heiraten. Warum haben Frauen nichts zu sagen? Warum..? Warum…? Warum…? Weil es Tradition ist, weil es schon immer so gemacht wurde. Weil Frauen nichts wert sind, außer sie werden große Magierinnen. Aber kein Mann will eine große Magierin. Sie brauchen immer eine Frau, die sich ihnen unterwerfen kann. Männer wollen Macht. Frauen brauchen Schutz. So hat es mir Margot einmal erklärt, als ich sie gefragt hatte. Ich hatte Larson gar nicht mehr richtig zu gehört bis ich von ihm höre:„ Morgen, wird der Aquaner Felician vorbei kommen, vielleicht entscheidet er sich ja dafür, sich weiter mit dir zu treffen. Das wäre mal eine positive Nachricht.“ Oder eine negative. Es kommen selten Männer vorbei, die sich entscheiden mich anzuschauen. Seit meinem 16ten Lebensjahr hängt ein Bild von mir in der Heiratsgalerie, wie von jedem anderen Mädchen auch. Die Bilder werden von Pictorianer gemalt. Magiemaler. Sie können Bilder, die sich bewegen und dreidimensional sind, malen. Larsson hatte jedoch nicht genug Geld für einen guten, und so sieht es ehr flach und trist aus. Jeder Mann der heiraten will, geht in die Galerie und sucht sich an Hand der Bilder und der dazugehörigen Steckbriefe ein Mädchen aus. Er trifft es und wenn das Mädchen ihm weiterhin gefällt, darf er sie an ihrem 19 Geburtstag heiraten. Es wird erwartet, dass die Mädchen sich stets zuvorkommend, höflich und reizend verhalten, so wie es sich für eine gute Ehefrau gehört.
„Du weißt was von dir erwartet wird!“, meint Larsson mit funkelten Augen, die sich in die meinen bohren. Ich weiche seinem stehenden Blick aus, in dem ich zu Margot hinüber sehe. Sie steht mit dem Rücken zu mir ihr Baumwollkleid ist grün und von hinten sieht man die Schleife ihrer roten Schürze um ihre Taille. Sie ist eine schmächtige und dünne Frau.
Schnell beeile ich mich „Ja natürlich, gehorsam und Demut“, zu sagen, wie er es erwartet.
„Er wird morgen zum Abendessen zu kommen, also sei pünktlich. Zur Strafe für dein heutiges Zuspätkommen wirst du morgen zu Alfred gehen und sein Haus reinigen. Und das zusätzlich zu deinen sonstigen Arbeiten und dass mir ja keine Klagen zu Ohren kommen!“ Er hebt den Zeigefinger in die Luft, um seine Drohung zu unterstützen. „Das Abendessen fällt für dich aus. Hast du deine heutigen Arbeiten alle erledigt?“
„Ja.“, erwiderte ich. Und hole aus meiner Schürzentasche fünf Argens heraus, welche dem heutigen Verdienst auf dem Markt entsprachen.
„Nur so wenig?“, blafft Larsson, „Hast du dir wohl keine Mühe geben?“ Die Frage schwebt drohend im Raum über mir.
„Doch“, bringe ich schuldbewusst hervor, „Es war heute einfach nicht so viel los. Und keiner wollte unsere Töpferwaren kaufen.“ „Mhh“, brummt Larsson. Noch bevor er weitersprechen kann, spricht Margot: „Lass gut sein Larsson, die Leute kaufen wirklich immer weniger und sparen ihr Geld lieber für Nahrung auf. Wir haben ja selber so wenig.“ „ Sie sollte sich mehr anstrengen und mehr helfen! Vielleicht sollte sie morgen nicht auf den Markt gehen, sondern ihre Dienste bei reichen Herren anbieten.“, fügt er an Margot gewannt hinzu und zu mir: „Vielleicht verdienst du ja da mehr! Dich will eh keiner heiraten“ Nein! Rief meine innere Stimme. Die reichen Herren, oder besser gesagt alte Säcke, hatten ihre eigene Idee wie sie mit Mädchen, wie mir, die Geld verdienen sollen, umgehen. „Du machst ihren Wert kaputt“, meint Margot, die genau wusste, was mich erwarten würde zu Larsson. „Keiner will eine verschandelte Heiraten, wir bekommen nichts mehr für sie. Denk an das Geld, dass ein potentieller Ehemann zahlen würde.“ Geld. Das ist die einzige Sprache die Larsson versteht und schon immer verstanden hat. „Wir haben sie einst aufgenommen, wie unsere eigene Tochter. Sie lag auf unserer Schwelle. Wir hätten sie liegen lassen können. Aber nein, das haben wir nicht. Wir haben sie gefüttert, großgezogen und uns um sie gekümmert. Vielleicht hätten wir früher schon überlegen sollen, warum, man sie weggegeben hat. Zu nichts zu gebrauchen ist sie!“, wutentbrannt schlägt er mit der Faust auf den Tisch. Das Bierglas wackelt und der Inhalt schwankt gefährlich hin und her. „Geh schlafen, bevor ich mich vergesse! Ich will dich heute nicht mehr sehen!“ Der Alkohol entfaltet seine Wirkung und Larsson wird dadurch immer unberechenbarer. Bevor ihm noch einfällt, an mir körperliche Gewalt auszuüben, fliehe ich. Schnellen Schrittes eile ich aus dem Zimmer. Ja so war es. Margot hat mir schon früh die Geschichte erzählt. Einst sei sie aufgestanden und wollte Milch für Marlene hohlen, die damals erst 3 Jahre alt war. Als sie die Tür öffnete, fand sie mich auf der Schwelle liegend, nur in ein Tuch gehüllt. Sie schätzte mich auf ca. 6 Monate. Warum haben meine Eltern mich nur weggegeben? Ich stelle mir diese Fragen fast täglich. Wer war meine Mutter, wo komm ich her? Aber bisher hat mir noch niemand eine Antwort auf meine Fragen geben können. Margot nahm mich damals mit ins Haus und behielt mich, mit Einverständnis von Larsson. Diese Gegebenheit passt so gar nicht zu dem Larsson den ich kenne, stets schlecht gelaunt und meistens betrunken. „Ob er früher wohl anders war?“, frage ich mich.
Margot erwidert auf Larssons Ausbruch noch irgendetwas, aber ich kann es nicht mehr verstehen. Flink husche ich die knarzende Treppe hoch. Falls er noch hinterherkommen sollte, will ich ihm besser nicht im Weg stehen. Oben an der Treppe angekommen, wende ich mich nach links und erschrecke ich mich vor zwei Gestalten. Sie treten unerwartet in mein Blickfeld und holen mich aus meiner Gedankenwelt in die Realität zurück. Marvin und Markus stehen mit schelmischen, vorwurfsvollen Blick hinter der Kommode, welche als Raumteiler fungiert. Das hätte ich mir doch gleich denken können. Sie haben wahrscheinlich versucht zu lauschen. Typisch die pubertären Jungs sind doch immer neugierig. Wahrscheinlich haben sie sich gleich versammelt, als ich geklopft habe. Die Beiden sind eineiige Zwillinge und hatten gerade erst ihren 15 Geburtstag, und dennoch überragen sie mich schon fast eine Kopfhöhe. Mit ihrer schlaksigen Gestalt sehen sie wie in die Länge gezogen aus. Der einzige Unterschied zwischen den Beiden ist, dass der eine ein paar Sommersprossen mehr besitzt, als der andere.
„Wo warst du schon wieder? Du weißt doch genau, dass Vater immer ausrastet, wenn er zu viel trinkt.“, fragt Marvin mich vorwurfsvoll, er hat die gleichen braunen warmen Augen wie seine Mutter. Schuldbewusst senke ich den Kopf leicht. „Ich weiß, aber ich hatte total die Zeit vergessen.“ „Ojee, es ist immer dasselbe mit dir.“, meint Markus und lächelt mich schief an. Er ist der sanftmütige, aber auch wesentlich schüchternere von den Zweien. Ich lächle ihn an. „ Ja ich weiß, aber ich kann auch nichts dafür. Der See sieht im Sonnenuntergang immer so wunderschön aus. Wie sich das Licht in ihm spiegelt und glitzert. Und das Farbenspiel erst…“, beginne ich zu schwärmen und meine Augen bekommen einen leicht gläsernen Ausdruck. Mit meinem Händen gestikulierend versuche ich ihnen die Weite besser zu verdeutlichen. „ Ja, das glauben wir dir ja auch. Aber du kannst doch deswegen nicht immer zu spät kommen. Irgendwann rastet er noch vollkommen aus.“, rügt mich Marvin und ich weiß, dass er Recht hat. Immer wenn ich da auf diesem Dach sitze und mir den Sonnenuntergang ansehe, weiß ich nicht was mit mir geschieht. Die Zeit spielt in diesen Augenblicken einfach keine Rolle, zum Leidwesen meiner Brüder. Sie waren vielleicht nicht meine genetischen Brüder, aber vom Herzen her. Ich liebte alle meine Geschwister, als wären sie meine richtigen und irgendwie sind sie das auch einfach. In dieser Hinsicht spielt meine Herkunft keine Rolle. Auch Margot liebte ich, wie eine Mutter. Wenn Larsson tagsüber unterwegs ist, ist alles besser. Larsson ist ein schwacher Luminier und hat kaum Magie, auch wenn er das nicht hören will. Aus diesem Grund arbeitet er in der Kanalisation, in der das Abwasser des Palastes, der Reicheren und Höhergestellten außerhalb der Stadtmauer geführt wird. Wir einfachen im Viertel der Luminier besitzen keine Abwassersystem, daher riecht es hier immer etwas streng aber es fällt niemandem mehr auf, da es zur Gewohnheit geworden ist.
„Geht besser in eure Zimmer. Larsson kann jeder Zeit hochkommen.“, meine ich, streiche ihnen die dunklen Haare aus der Stirn und gebe den beiden einen Gutenachtkuss auf die Stirn. „ Schlaft gut ihr beiden bis Morgen. „ Ja du auch“, erwidern sie im Chor und verabschieden sich in ihre Zimmer.
Die Mädchen und die Jungs haben jeweils ein Zimmer zusammen. Ich gehe nach links in ein Eckzimmer und die Jungs nach rechts. Der Fußboden knarrt und quietscht. Es ist ein altes Haus mit wahrscheinlich noch älteren Holzdielen. Das Eckzimmer, das ich durch eine Holztür betrete ist das größte des Hauses, aber wir schlafen hier auch zu dritt drin. Bevor Marlene geheiratet hatte zu viert. Ich vermisse sie wirklich. Mit ihr konnte ich immer über alles sprechen.
Leise bewege ich mich nach rechts zu meinem Bett. Es brennt bereits kein Licht mehr und Maya und Elvira schlafen bereits, schließlich haben wir mittlerweile schon nach 21 Uhr. Die Sonne ist längst untergegangen und der Mond scheint durch das Fenster an der gegenüberliegenden Seite. Im Schein des Mondes fällt mir auf, dass Mayas Decke auf dem Boden liegt. Es ist eine alte verwaschene Decke. Ohne ein Geräusch zu machen und den quietschenden Dielen ausweichend, schleiche ich mich zu ihr und hebe die Decke auf. Maya ist erst 4 und sie wirft ständig ihre Decke aus dem Bett. Sie ist so süß, wie sie da liegt und ihre braunen Löckchen ihr ins Gesicht fallen. Sie sieht so friedlich aus. Sanft decke ich sie zu und streiche ihr die Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Gute Nacht Kleine.“, flüstere ich. Ich schaue zu Elvira, sie liegt auf ihrem Bauch und ein leichtes Schnarchen ist zu hören. Auch sie schläft bereits tief und fest. Schon im Gehen zu meinem Bett, beginne ich mein Kleid auszuziehen. Erleichtert das ständige Kratzen des Stoffes nicht mehr zu spüren, lege ich es an das Bettende. Schnell schlüpfe ich in mein Nachgewand, ein ehemals weißes jetzt aber gräulich gelbes Baumwollkleid. Auf einer Kommode im Zimmer steht eine Schale mit Wasser schnell wasche ich mich mit einem Tuch, welches daneben liegt. Das Wasser ist eisig kalt, ein Schauer läuft mir den Rücken hinunter. Es war ein anstrengender Tag heute und morgen wird bestimmt nicht besser. Auf das morgige Abendessen hab ich erst recht keine Lust. Dieser Felician ist bestimmt eh nur genauso doof, wie alle anderen auch. Wie alt er wohl ist? Bestimmt so um die 40, so wie der letzte. Männer können schließlich heiraten wann sie wollen. Viele Vierzigjährige meinen sich noch eine Frau, zum Teil zusätzlich, holen zu müssen um ihren Stammbaum zu erweitern. Ich schließe, im Bett liegend, die Augen. Hoffentlich nicht.
Die Sonne scheint auf mein Gesicht. Es ist früher Morgen und Zeit aufzustehen. Eigentlich würde ich viel lieber liegen bleiben. Das Strohbett ist morgens immer am wärmsten und am gemütlichsten. Ich liebe den Duft des Stroh Bettes, er erinnert mich an Geborgenheit Aber die Arbeit ruft. Ich stehe auf und mache mich und mein Bett fertig. Die langen Haare zu einem Zopf geflochten begebe ich mich nach unten, um mit meiner Hausarbeit anzufangen. Die beiden Mädchen schlafen noch. Maya und Elvira helfen Margot bei ihren täglichen Aufgaben. Meine Aufgabe ist es morgens dafür zu sorgen, dass Milch da und alles ordentlich aufgeräumt ist. Ach hätte ich nur Magie in mir, mit dieser wäre es viel einfacher Geld zu verdienen und einen Job zu finden. Aber als Vacaner hat man immer schlechte Karten. Ich hab noch nicht mal ein kleines Lichtlein hervorgebracht. Wenn man Magie besitzt, kommen sie in der Pubertät zum Vorschein, und es zeigt sich zu welchem Volk man gehört. Es gibt die Luminier, wie Larsson einer ist. Sie können Licht hervor bringen und sind die unterste Klasse der Magier. Die Magiemaler, auch das Volk der Pictoraner genannt, malen wie bereits erwähnt magische Gemälde. Terraner haben den grünen Daumen. Sie können Pflanzen zum Wachsen bringen und kümmern sich um die königlichen Gärten, Parks oder ähnliches. Dann gibt es noch die Aquaner, Wassermagier. Sie lenken die Schiffe der königlichen Flotte und können mit dem Element Wasser umgehen. Die Ignier sind die Beherrscher des Feuers und meist in der königlichen Armee oder als Wachen beschäftigt. Movier und Cerebrier sind dagegen am seltensten. Sie haben mentale Magie. Movier können Telekinese und allein mit ihren Gedanken Gegenstände bewegen. Cerebrier dagegen können Menschen ihren Gedanken aufzwängen und soviel ich weiß, gedanklich kommunizieren. Aber zum Glück habe ich noch keinen von Ihnen getroffen. Man wüsste ja nie, ob nicht gerade jemand in seinem Kopf ist. Es heißt, die königliche Familie bestehen allein aus Cerebrier. Sie sind die mächtigsten Magier. Ja und zuletzt gibt es eben noch die Vacaner, die Unmagischen. Sie sind Hausangestellte, Diener, Putzgehilfen und ähnliches. Wenn sie keinen Job finden oder zu alt sind, landen sie meistens auf der Straße, als Bettler. Bei mir hat sich noch keinerlei Magie gezeigt und mein achtzehntes Lebensjahr ist bald erreicht. Es wäre auch zu schön gewesen. Ich könnte dann in die Schule für magisch begabte gehen und würde alles über mein Gebiet erfahren. Zu mindestens, wenn ich kein Pictoraner oder Luminier wäre. Diese beiden Gruppen gehen nicht zur Schule. Pictoraner gehen in die Lehre bei einem anderen Pictoraner und Luminier können eh nur Licht erzeugen, da braucht man nichts anderes lernen. Aber alles andere ist besser als ein Vacaner. Der Großteil der Bevölkerung von Vale ist Vacaner, viele sind von den Dörfern und kleineren Städten hierhergekommen. Mit der Hoffnung auf eine besseres Leben. Aber vergeblich. Sie landen in den Gassen und Straßen außerhalb der Stadtmauer und kämpfen um ihr Leben. Ich kann wahrlich froh sein, dass Margot und Larsson mich aufgenommen haben.
Als die Sonne schon fast am höchsten Punkt des Himmel steht, bin ich noch auf dem Markt und versuche meine Tonschalen und Tontöpfe an den Mann/die Frau zubringen. Auf dem Markt wimmelt es nur so von Menschen und Ständen aller Art. Hier wird alles verkauft, was man im täglichen Leben braucht. Von Töpfen, über Decken, Kleider, Seife, Spielzeug bis zu Fisch, Fleisch, Obst und Gemüse, sowie Tiere und Arbeitssklaven. Menschen aus ganz Valde, natürlich die reichen Heeren ausgeschlossen kommen hierher um ihre Einkäufe zu erledigen. Aus diesem Grund hat man hier die unterschiedlichsten Gerüche, nicht alle sind jedoch angenehm. Der Kuhmist ist meiner Meinung nach das Schlimmste. Wobei vergammelter Fisch auch sehr streng und unangenehm riecht. Meine kleine Holzkarre, welche ehr an eine Schubkarre kurz vor dem Zerfall erinnert, steht vor mir. „Das Geschirr ist selbstgemacht und schön bemalt!“, rufe ich in die gehetzte Menge an vorbeieilenden Menschen, um sie auf meine Ware aufmerksam zu machen. „ Schaut her alles zu billigen Preisen und bester Qualität!“ „Frischer Fisch heute erst gefangen!“ „Beste Äpfel aus Miran!“ versuchen auch andere Verkäufer ihr Glück. Es herrscht ein wildes Gebrüll, alle schreien durcheinander und versuchen durch die Lautstärke ihrer Stimme die Aufmerksamkeit der Vorbeilaufenden zu erreichen. Ein kleiner Junge, ärmlich gekleidet und deutlich abgemagert, kommt auf mich zu. Er trägt abgetragene Hosen und Hemd sowie eine zerfetzte Jacke. Wahrscheinlich ist diese schon voon seinen älteren Geschwister getragen worden. „Was soll die Schüssel kosten?“ Er zeigt auf eine mittelgroße Schüssel mit floralem Muster in rot. „2 Argens, kleiner Mann.“, meine ich freundlich zu ihm. Er schaut traurig und greift in seine Tasche holt 1 Argens und ein paar Aeris hervor. „Das reicht nicht für diese hier“, meine ich zu ihm, obwohl ich gern etwas andere gesagt hätte. Ich habe Mitleid mit dem kleinen Jungen, er sieht so verloren aus. Eigentlich sollte er sein Geld in Nahrung umsetzten. „Was ist mit dieser Kleineren hier?“ überlege ich und zeige auf ein kleineres Modell dieser Schüssel mit ähnlichem Muster. „Diese kostet nur 1 Argens.“ „Mhh…“, überbelegt der Junge. „Okay, es soll ein Geburtstagsgeschenk für meine Mama sein.“ Er lächelt mich an. Das ist also der Grund, warum er kein Essen davon kaufen will! Gerne würde ich ihm sagen, dass er nicht so viel zahlen braucht. Aber das kann ich leider nicht. Wir brauchen ebenso, wie er unser Geld. „Mitleid hat zu diesen Zeiten nichts verloren“, würde Larsson jetzt sagen und eigentlich hat er auch Recht. Aber ich bin nun mal nicht so kaltherzig. Ich empfinde Mitleid für den Jungen, der vor mir steht, bereit alles zu geben für ein Geschenk für seine Mutter. Ich empfinde Mitleid für den Bettler, der gegenüber von mir an die Hauswand gelehnt sitzt. Ebenso empfinde ich Mitleid für die gehetzte Mutter mit den 4 kleinen Kindern, die gerade vorbeiläuft. Sie braucht jeden Aeris um sie durchzubringen.
Ich stecke das Geld, welches mir der Junge gibt in meine Schürzentasche und überreiche ihm die Schale: „Bitte sehr, kleiner Mann. Deine Mama wird sich bestimmt darüber freuen.“ „Dankeschön.“ Stolz packt er das übrige Geld wieder ein, nimmt seine Schale und hüpft freudig in die Menge davon. Ich schaue ihm noch einen Moment gedankenverloren hinterher, aber schon nach wenigen Sekunden habe ich ihn aus den Augen verloren.
Ich verkaufe noch 2 kleine Teller, aber heute scheint kein guter Tag für Tonware zu sein, obwohl zur Mittagszeit immer am meisten los ist. In dem Gedränge kann ich fast nichts mehr erkennen. Ein Mann eilt so nah an meinem Wagen vorbei, dass er ihn fast umwirft. „Können sie nicht aufpassen!“, rufe ich ihm empört mit erhobener Hand hinterher. Ich drehe mich wieder zu Seite und sehe Ihn. Ihn, wie er mich anschaut. Er hat so schöne, umwerfende Augen. Blau. Tiefgründig blau. Ich habe Ihn schon oftmals gesehen, aber er war immer so schnell wieder weggewesen und hatte mich noch nie bemerkt. Er stand immer am Tor, das auf den großen Platz führt. Das Steintor im Osten des Platzes. Er lächelt mich an, seine etwas längeren braunen Haare fallen ihm leicht ins Gesicht. Unsere Augen treffen sich und ich spüre, wie mir die Röte ins Gesicht steigt und ich lächle schüchtern zurück. Er kommt auf mich zu. Er ist vornehmer, als alle anderen hier gekleidet. Er trägt eine Art feine hosen und ein Helles Hemd mit einem blauen Jackett. „Wo er wohl herkommt?“, frage ich mich. Ich hatte noch nie mit ihm gesprochen. Noch nie. Schließlich hatte er mich auch noch nie bemerkt. Und jetzt kommt er auf mich zu. Mein Herzschlag beschleunigt sich spürbar und mein Gesicht wird noch röter, wenn das noch möglich ist. Ich weiß es nicht. Er sieht sooo gut aus. Mein Buch beginnt zu kribbeln. Tausend Schmetterlinge, die in ihm in Winterschlaf waren, erwachen zur gleichen Zeit und beginnen einen Freudentanz in mir. Meine Beine werden schwammig und ich hebe mich zur Sicherheit an meinem Karren fest, damit ich nicht den Halt verliere.
„Schönen Mittag“, spricht er mich mit warmer Stimme an. „Hallo“, meine ich hervor zu bringen. Aber in Wahrheit kommt nur ein schwaches Blubbern von mir. Etwas wie „ baaammmooo“ oder vielleicht doch etwas ganz anderes. Dies fällt mir in meinem benebelten Zustand jedoch gar nicht auf. Ich glaube meine Augen sind vor Überraschung und Nervosität so groß, dass sie beinahe herausfallen. Er hat mich angesprochen!
„Du verkaufst hier Töpfe?“, fragt er mich mit einem schiefen Lächeln, bei dem er den rechten Mundwinkel höher als den linken zieht, und hochgezogener Augenbraue. Ich beeile mich zu einem schnellen Nicken, um weitere peinliche Aussagen von mir zu vermeiden. Er muss mich für albern und dumm halten. Minderbemittelt trifft es wohl auch ganz gut. Mittlerweile kralle ich misch schon an meiner Schubkarre fest und die Knöchel treten weiß hervor.
„Was kostet dieser hier“, er zeigt auf einen einfarbigen Topf in blau. Ich sammle mich und überlege, doch mir will der Preis nicht einfallen. Er lenkt mich mit seinem schiefen Lächeln einfach zu sehr ab. Ich kann mich einfach nicht konzentrieren.
„Äh… Ich denke so 9 Argens“, sage ich einfach die erst beste Zahl, die mir in den Kopf kommt, heraus. Nun zieht mein Gegenüber beide Augenbrauchen hoch. Ich reflektiere, was ich gesagt habe. 9 Argens. Neun? Och Gott, was laber ich da. Der kostet doch niemals 9 Argens. Ehr 1 oder 2 Argens. Zu meinem Bedauern weiß das mein Gegenüber wohl auch. „Sicher?“, fragt er schmunzelnd. Um eine weitere Blamage zu verhindern, bleibe ich bei meiner Aussage. „Ja, 9 Argens“, sage ich. Dieses Mal mit fester und sicherer Stimme. „Sie müssen bedenken: Die Töpfe sind selbst gemacht, und eigenhändig bemalt. Jedes Stück ist ein Einzelstück und Sie finden keinen, wie dieses hier. In ganz Valde, nein in ganz Valdanien. Ich denke sogar, auf der ganzen Welt werden Sie keinen zweiten Topf, wie diesen hier, finden.“ Ich rede mich fast in Rage. Einen Verkauf kann ich ja schon längst vergessen. Wer kauft schon einen Topf für 9 Argens? Da muss er schon aus Silber sein oder so. Der Schönling schaut mich weiterhin ruhig, aber auch leicht skeptisch, mit hochgezogenen Augenbrauen an Es scheint mir, als ob er meine Standfestigkeit testen wolle. Aber nicht mit mir! Ich schaue ihn betont ruhig an und versuche mir meine Unsicherheit nicht anzusehen zu lassen. Mein Gegenüber nickt. „Ja wenn das so ist.“ Aus seiner Hosentasche zieht er einen ledernen Beutel von mit Münzen. Aurens, Argens, Aeris. Mir fallen fast die Augen aus dem Kopf, als ich den Inhalt sehe. Er ist reich. Steinreich. Was macht so jemand, wie er, hier bei den Luminier? Schon anhand seiner Kleidung fällt er auf, aber sowas hatte ich nicht erwartet. Er zählt neun Argens vor meinen Augen ab. „Hier, bitte.“ Er streckt sie mir mit ausgestreckter Hand hin. Verblüfft will ich sie entgegennehmen und strecke, nachdem ich es geschafft habe den Karren loszulassen, meine Hand aus um die Münzen aus seiner offenen Handfläche zu entnehmen. Als meine Hand die seine berührt, durchfährt mich ein wohliger Schauer. Ich löse meinen Blick von den Münzen und starre ihn mit offenen Augen leicht erstaunt und doch verträumt an. Auch er schaut mich an. Unser Blick trifft sich. Seine Augen sind so schön. Ich könnte stundenlang hineinschauen. Für einen Moment scheint es so, als würde die Welt stehen bleiben. Einfach Nicht weiter drehen. Der Moment gefangen in der Ewigkeit. Da wird er von einem bullig aussehenden Mann angerempelt und unsere Verbindung wird unterbrochen. Der Moment der im Nachhinein nur wenige Zehntelsekunden lang war, ist vorbei. Er schaut dem Mann hinterher, dieser beginnt zu rennen und uns wird klar, dass wir Beide nicht bemerkt hatten, dass der Mann seinen ledernen Beutel aus seiner Hosentasche genommen hatte. Gestohlen. „Ein Dieb“, geht es mir durch den Kopf. Auch bei meinem Gegenüber ist der Groschen gefallen und er schreit: „Haltet den Dieb.“ Mit einem letzten wehmütigen Blick an mich, beginnt er dem Bulligen hinterher zu rennen. Ich bleibe zurück, mit dem Topf und mit den 9 Argens. Ich schaue ihm nach, wie er in der Menschenmenge an Desinteressierten verschwindet.
„So jemand wie er interessiert sich doch nie für dich.“, richtet sich prompt meine Vernunft an mich und versucht mich wieder in die Realität zurückzuholen. Währenddessen schwebt aber nur ein Gedanke durch meinen Kopf: Er und Ich. Zu zweit. Mit einem melodischen Singsang von: „ Er ist so toll und er hat mich bemerkt. Er hat mit mir gesprochen.“
Erst nach einigen Minuten realisiere ich, dass er zu viel für einen Topf bezahlt hat, den er nun nicht einmal mitgenommen hat. Was mach ich jetzt damit? Nun ja er ist nicht mehr da und ich muss jetzt los. Das Geld hierzulassen wäre eine dumme Idee, also kann ich es genauso gut mitnehmen. Larsson wird bestimmt begeistert sein, wie viel ich heute mitbringe. Nicht einen Moment überlegte ich das Geld für mich zu behalte. Das wäre falsch. Da würde ich das Geld ehr verschenken, aber Larsson und Margot habe ich so viel zu verdanken, dass es nur richtig ist, wenn ich ihnen das Geld überlasse.
Ich packe alle meine Sache zusammen und mache mich auf den Weg, den Karren zurückzubringen und anschließend zu Alfred zum Putzen.
Alfred hat eine kleine schäbige Hütte, noch schäbiger als unser Holzhaus. Es steht unweit von unserem Haus in einer Seitengasse im gleichen Stadtviertel. Er hat keinerlei Familie und keine Kinder soweit ich weiß. Wobei man sich da aber nie so sicher sein kann. Wie gesagt, Männer haben alle Rechte und Frauen keine. Sie nehmen sich, das was sie wollen, wobei ich Alfred bisher noch nie so kennengelernt hatte. Ich klopfe an seine Holztür. Es öffnet niemand, dafür springt die Türe jedoch mit einem Plopp auf. Überrascht öffne ich sie einen kleinen Spalt. Es kommt mir eine leicht muffige Duftwolke entgegen. Die Luft riecht abgestanden, nach einer Mischung Käsefüße und gammliges Brot. „Hallo Alfred? Bist du da?“ Keine Antwort. „Hallo ist da jemand?“, rufe ich etwas lauter. Alfreds Haus liegt ein wenig abseits von dem alltäglichen Trubel. Ich öffne die Türe und trete über die Schwelle. Es ist dunkel und düster hier drin. Durch die dreckigen Scheiben dringt kaum ein Licht. Ich bereue es mal wieder, dass in mir kein bisschen Magie schlummert und ich nicht mal fähig bin ein kleines Lichtlein hervorzubringen. Ich taste mich langsam vor. Alfred arbeitet mit Larsson in der Kanalisation. Oft war er bei uns zu Essen. Ich musste bisher nur zweimal hier putzen, als Strafe. Alfred ist ein stark mitgenommen wirkender alter Mann. Larsson hat schon ein paar Mal versucht mich ihm schmackhaft zu machen, sodass er mich heiraten will. Zu meinem Glück hat er bisher keinerlei Ambitionen in dieser Hinsicht gezeigt. Er ist zwar stets etwas seltsam, aber er hat mich noch nie angefasst. Ich durschreite den Raum, eine Küche und Wohnzimmer zu gleich, mit suchendem Blick. Mir fällt ansonsten nichts Ungewöhnliches auf. Wobei mir natürlich auch die nötige Vergleichsbasis fehlt. „Haaaalloooo?“, rufe ich erneut. Stille. Keine Antwort. Was soll ich jetzt tun? Ich beschließe erst einmal nach oben ins Schlafzimmer zu gehen, vielleicht schläft er auch einfach und hat mich nicht gehört. Die Treppe knarzt. Ich bleibe einen Moment stehen und lausche in die Stille hinein, aber es regt sich nichts. Langsam und mit vorsichtigen Schritten gehe ich weiter die Stufen hinauf. Als ich oben angekommen bin, schaue ich mich um und erschrecke leicht. Hier wurde alles durchwühlt. Nicht ein Gegenstand ist mehr an seinem Platz. Alles durcheinander und oder kaputt. So ein Chaos habe ich hier noch nie gesehen. Ich beginne mir Sorgen um Alfred zu machen. Hoffentlich ist ihm nichts passiert. Wo kann er nur sein, hier ist er nicht zu finden. Auch im Badezimmer, das ich als nächstes betrete ist er nicht zu finden. Plötzlich höre ich ein Scheppern aus der Küche. Aufgeschreckt rast mein Herz. Der Einbrecher. Der Mörder. Meine Gedanken rasen. Soll ich mich verstecken? Soll ich runter gehen? Ich beschließe, dass es am besten ist, wenn ich mich vorerst verstecke. Leise und bedacht kein Geräusch zu machen, schleiche ich mich ins Schlafzimmer zurück und krieche unters Bett. Unter dem Bett ist jetzt nicht wirklich das beste Versteck, aber im Moment fällt mir nichts Besseres ein. Der Schrank wäre noch eine Idee gewesen, doch leider liegt er mit samt Inhalt auf dem Boden. Ich ziehe den Bauch an und versuche ruhig zu atmen, um dadurch weniger aufzufallen. Es ist staubig hier unten. Die Sekunden verstreichen. In der Küche höre ich immer noch das Scheppern. Die Dunkelheit in diesem Haus ist ausnahmsweise einmal positiv zu werten. Sie bietet Schutz. Ich habe Angst. Was ist, wenn der die das hochkommt und mich findet? Ich könnte ermordet werden! Weitere Minuten sind verstrichen, als ich das Knarzen der Treppe vernehme. Jemand kommt hoch. Ich halte die Luft an. Kalter Schweiß sammelt auf sich auf meiner Stirn. Ich presse mich an den Boden und an die Wand an der das Bett steht.Durch meinen zugekniffenen Augen sehe ich, wie Schuhe das obere Ende der Treppe erreichen. Vornehme Schuhe. Grün. Er bleibt stehen, schaut sich wohl um. „Scheiße!“, vernehme ich eine mir bekannte Stimme. Alfred. Erleichtert Atme ich aus. Er lebt. Aber was ist dann hier passiert? Alfred, der mein erleichtertes Ausatmen vernommen haben muss, fragt: „ Wer ist da? Ist hier jemand?“ „Alfred, hier bin ich!“, sage ich und versuche wieder unter dem Bett hervor zu kriechen. „Elena, bist du das? Was machst du hier?“ fragt er mich erstaunt. Er reicht mir seine verschwitze Hand, um mir hoch zu helfen. Dankbar nehme ich sie an. Sie ist klietschig und unangenehm feucht, ich wische mir danach die Hand unauffällig am Kleid ab, indem ich so tue, als ob ich es vom Staub reinigen will.
„Larsson schickt mich. Ich soll für dich putzen.“
„Ach ja,... er schuldet mir ja noch was.“ Er kratzt sich mit der rechten Hand die Stirn. „Was ist hier passiert? Und warum liegst du unter dem Bett?“
„Ich bin gerade erst gekommen. Die Tür war auf und ich dachte du hättest mein Klopfen nicht gehört, da bin ich hinein gegangen und wollte dich suchen. Als ich hochkam, entdeckte ich das Chaos. Und dann hörte ich von unten Geräusche und da hab ich mich schnell versteckt.“, versuche ich ihm die Situation etwas unbeholfen mit Händen und Füßen zu erklären.
„Beruhige dich Mädchen. Du hast also nichts und niemand gesehen?“ „Nein“, antworte ich wahrheitsgemäß. „Na gut, machen wir erstmal etwas Licht um den entstanden Schaden anschauen zu können.“ Er hebt die Hand und eine gelblich schimmernde Lichtkugel entsteht an seinem ausgestreckten Zeigefinger. Als sie die Größe eines Apfels erreicht, löst sie sich und fliegt an die Decke um dort zu verweilen. Sie reicht aus um das Zimmer in ein gemütliches Licht zu werfen.
„Also gut. Hol du einen Besen aus der Küche um die Scherben und Trümmer zusammen zu räumen.“ Ich folge der Anweisung Alfreds ohne zu zögern. Er ist der Boss.
Als ich von unten mit dem Besen in der Hand wieder hochkomme, steht Alfred fluchend und sich in Raum umschauend im Zimmer: „Nein, das kann doch nicht sein. Solche Mistkerle.“ „Fehlt etwas?“, frage ich neugierig. „Nein, nein“, meint er nur abwesend. „Lass uns mit aufräumen beginnen.“ Zu meiner Überraschung hilft er mit beim Aufräumen, obwohl ich mehrmals gemeint habe, dass er mir nicht helfen müsse. Er ist schon ein komischer alter Kauz. Nach und nach kehrt die gewohnte alte Ordnung wieder zurück. Alfred spricht kein Wort mehr, sondern arbeitet nur still vor sich hin. Er sieht sehr getroffen, aber zeitweise auch sehr wütend drein. Ich schaue ihn an er sieht so vornehm mir seinen Schuhen und dem Mantel aus. Normalerweise trägt er, wie wir, ärmlich wirkende Kleidung. Aber heute scheint dies nicht der Fall zu sein. Die Schuhe und seine ganze Kleidung sind zu teuer. Woher hat er sie nur? Und warum trägt er sie heute? Um Ärger zu vermeiden spreche ich ebenfalls kein Wort, stelle keine Frage und arbeite still vor mich hin. Als ich beginnen wollte, die Fenster zu putzen, hielt er mich davon ab. „Nein lass mal, mach das besser Morgen. Es ist schon spät und du willst doch sicherlich nicht zu spät zum Abendessen kommen.“ Abendessen? In meinem Kopf rattert es. Scheiße, das Abendessen hatte ich vor lauter Aufregung ganz vergessen. „Ohh, ich muss los, bis morgen Alfred.“, mit diesen Worten stürmte ich die Treppe hinunter und aus dem Haus. Wie konnte ich das Abendessen nur vergessen? Wahrscheinlich muss ich es verdrängt haben. Die Sonne steht schon tief am Himmel. Ich muss mich beeilen, wenn ich nicht zu spät kommen will. Larsson erwartet einen tadellosen Auftritt von mir, und waschen und umziehen muss ich mich auch noch. Zum Glück ist unser Haus nicht allzu weit weg.
Ich drücke unsere Tür auf, die Sonne bereits im Nacken. Stürmisch rennt Maya auf mich zu. „Elena!“ „Hey Mayalein.“ Sie fällt mir in die Arme und ich hebe sie hoch. „Ich hab dich gestern gar nicht gesehen“, meint sie traurig mit ihrer piepsigen Stimme. „Ich dich schon Süße, du hattest deine Bettdecke mal wieder aus dem Bett geworfen.“ Sie schaut mich verwirrt an. „Echt? Ohhh…“ „Elena machst du dich bitte fertig. Der Besuch kann jeden Moment kommen.“, meint Margot leicht tadelnd mit einem Blick auf mein vom Putzen schmutziges Kleid. Sie war wohl gerade um die Ecke gekommen. Ich hatte sie nicht bemerkt. „ Ja, Gut“, meine ich schnell und übergebe ihr Maya in die Arme. Margot schaut sie führsorglich und liebevoll an. „Na du kleiner Racker.“ Mayas Augen glänzen. Ich schaue sie noch einen Moment an, ehe ich mich auf den Weg ins Mädchenzimmer mache. Ich muss mich beeilen, bevor Larsson mich in diesem Aufzug sieht.
„Ojee, wie sehe ich denn aus!“, ich schaue mich in dem mich spiegelnden Fenster an. „Das geht doch, so schlimm ist das gar nicht!“, meint Elvira, die auch im Zimmer ist. Elvira ist ein hübsches Mädchen genauso wie Marlene. Sie sehen sich so ähnlich. Auch Maya. Ich dagegen passe nicht ganz so ins Bild. Naja ich gehöre technisch gesehen ja auch nicht zur Familie. Das einzige positive wie ich finde, sind meine Augen. Sie sind eine Mischung aus, blau, grau und grün. „Unentschlossen. Ja das trifft es ganz gut. Ich hab unentschlossene Augen und das ist was Besonderes.“, versuch ich mich selbst zu bestätigen. „Genau“, meint Elvira, „Sie sehen besonders schön aus.“ Sie lächelt mich an. „Freust du dich schon auf deinen vielleicht zukünftigen Gamal?“, fragt sie mich. „Naja wird bestimmt eh nur so ein Alter sack sein“, meine ich Schultern zuckend. Meine Hände versuchen immer noch meine Haare zu ordnen. „Scheiß Haare!“, fluche ich. „Lass mich Mal da ran“, Elvira drängt mich zu Seite und ich setze mich auf einen Stuhl der neben dem Fenster steht. „Vielleicht ist es dieses Mal ja auch ein junger gutaussehende Mann, der sich sofort anhand deines Bildes in dich verliebt hat.“, schwärmt sie vor sich hin. „Ja genau. Mein Traummann kommt vorbei.“, meine ich ironisch und verdrehe die Augen. „Warum denn nicht?“, erwidert sie. Ihre Finger fangen an meine Haare zu einer kunstvollen Frisur auf meinem Kopf zu flechten. „Hallo? Hör auf in einer Traumwelt zu leben. Erinnerst du dich noch an den letzten, der da war, um mich zu treffen?“ Sie fängt an zu lachen. Es ist ein schallendes, glückliches Lachen. „Ohhjaaa, So ein Idiot. Er hat doch glatt auf den Tisch gekotzt, weil ihm Mamas Essen nicht geschmeckt hat. Sein Gesicht werde ich nie vergessen.“ „Das sah ungefähr so aus“, mein Ich und verziehe das Gesicht zu einer angeekelten Grimasse. „Urghh“, täusche ich Brechlaute vor. „Papa hat ihn doch glatt vor die Tür gesetzt, weil er sich von ihm beleidigt fand.“ „Zum Glück , der war doch schon 50 oder älter. Schon am Ende seines Lebens. Ich will mir die Hochzeitsnacht gar nicht vorstellen.“ Ich verziehe erneut angeekelt das Gesicht. „Sehe es positiv, so hättest du nur ein paar Jahre mit ihm gehabt und wärst anschließend Witwe.“ „Ja Witwe ohne Geld, wenn ich kein Sohn gebäre, tolle Vorstellung.“ „Ach komm…So fertig. Jetzt siehst du aus, wie ein anbetungswürdiges Wesen.“ Sie zieht die letzte Strähne in einen Zopf. „Dankeschön, du bist die Beste.“ Ich umarme sie herzlich. Schnell ziehe ich mir noch mit ihrer Hilfe ein anderes Kleid an, als es schon unten an der Tür klopft. Er ist da. „Komm schon“, drängt sie mich. Auch sie hat das Klopfen vernommen.
Wir stehen oben an der Treppe und schauen nach unten Richtung Türe. Sie ist leider nicht zu erkennen. Larsson geht am Treppenansatz vorbei. „Ich bin glaub aufgeregter als du“, flüstert Elvira, die sich neben mich quetscht um nach unten zu schauen. Unten wird die Tür von Larsson geöffnet. „Guten Tag.“, klingt eine tiefe warme Stimme. „Ich habe mich für ein Treffen angemeldet.“
„ Das Abendessen ist bereits vorbereite. Elena wird sofort kommen. Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen?“ „Dankeschön“, erwidert die tiefe Stimme. Nachdem Larsson ihm wohl den Mantel ausgezogen hatte, geleitet er den Mann hinein. Larsson geht voraus. Als Larsson unten an der Treppe vorbei geht, nickt er mir zu. Mein Zeichen. Ich soll ihnen, sobald sie in der Küche sind, folgen. Dieses Prinzip hatte er mir schon früh eingebläut, damit ich weiß, wie ich mich verhalten muss. „Es darf ja nichts schief gehen“, hatte er mir tausendmal, oder öfters, gesagt. Vielleicht ist das auch etwas übertrieben. Ich bin aufgeregt. Seine Stimme klang ja ganz freundlich. Vielleicht ist er ja doch mein Traummann. Hoffnung keimt auf. Wobei… eigentlich hatte, ich ihn ja schon heute Morgen getroffen. Aber dieser Mann hatte sich ja wohl kaum für mich interessieren.
Eine Gestalt im dunkeln Mantel folgt Larsson Richtung Küche. Wir haben leider kein Esszimmer, dafür ist unser Haus beziehungsweise Hütte zu klein. Ich kann leider das Gesicht nicht erkennen. Die Gestalt ist etwa so groß wie Larsson, also einen Kopf größer als ich. Der Mann ist schlanker als er. Wenigstens niemand dickes. „Los, dein Einsatz“, Elvira schubst mich leicht Richtung Treppe. Sie darf leider nicht dabei sein. Larsson will nicht, dass der Mann abgelenkt wird, jetzt da Elvira in die Pubertät kommt. Marvin und Martin werden dagegen schon am Tisch sitzen und unseren Gast erwarten. Ich schaue Elvira entschuldigend an. „Tut mir leid.“ Mit diesen Worten mache ich mich auf den Weg in die Küche.
Ich trage ein blau-cremefarbenes Kleid. Das Beste, das ich habe. Larsson hatte es mir für genau solche Anlässen gekauft. Es ist gut, dass Elvira meine Haare hochgesteckt hat. Dadurch wirke ich älter und reifer und hinterlasse einen guten Eindruck bei Larsson. Er muss sehen, dass ich mir Mühe gebe.
Vor der Küchentür hohle ich noch einmal tief Luft, sammle meine Sinne und rede mir Mut zu: „ Los du packst das, er ist bestimmt ganz nett.“ Ich öffne die Türe.
Verschiedene kleine Lichtkugeln schweben an der Decke in kleinen Gefäßen. Larsson hat sich Mühe gegeben. Der Mann sitzt mit dem Rücken zu mir. Er hat blonde, leicht gelockte Haare. Die meisten Aquaner haben blonde Haare. Im Holzoffen brennt Feuer und es duftet nach Darash. Ein Gemüse-Fleisch-Reis-Gericht. Sowas haben wir nicht oft. Margot hat es wohl extra für heute Abend gekocht. Es ist sehr aufwendig und zeitintensiv, aber unfassbar gut. Ich liebe es.
„Und das hier ist Elena. Sieht sie nicht bezaubernd aus!“, begrüßt Larsson mich mit einer zeigenden Geste für den Mann. Er versucht sich bei ihm einzuschleimen, das ist offensichtlich, schließlich will er mich ihm anpreisen. Margot sitzt neben dem Fremden, ebenfalls mit dem Rücken zu mir, am Holztisch. Für mich ist der Platz neben Larsson und gegenüber von dem Blonden reserviert. Die Zwillinge sind nicht da. Anscheinend durften sie wohl auch nicht. Komisch im Normalfall sind sie immer dabei.
Der blonde Mann dreht sich um. Ich schaue schnell auf den Boden und mache einen Knicks. „Guten Abend der Herr“, begrüße ich ihn, betont freundlich. „Es freut mich dich kennenzulernen Elena“, er mustert mich abschätzig. „Vom Bild her hatte ich einen anderen Eindruck von dir.“ Ich schaue ihn an. „Das tut mir leid.“, antworte ich höflich. Er sieht jetzt nicht schlecht aus, ist noch nicht einmal so alt. Ich schätze ihn auf 26. Mit dem Mann vom Markt konnte er auf jeden Fall nicht mithalten. Der größte Makel an ihm ist offensichtlich eine große Nase. Sie sticht bei seinem Anblick förmlich ins Auge. Es sieht wohl so aus, als ob diese Verabredung ein Flopp ist. „Lernen sie unsere Elena doch erst einmal kennen.“, versucht Larsson die Situation zu retten. „Von mir aus“, meint der Blonde mit wenig Begeisterung in der Stimme und ohne sich mir vorzustellen, was eigentlich zu den höflichen Floskeln gehört hätte. Ich setze mich auf meine Platz. Margot hat auf den Tisch eine weise Decke gelegt und eine noblere Atmosphäre zu schaffen. außerdem ist unser bestens Tongeschirr gedeckt.
„Ich wünsche ihnen einen guten Appetit. Wir haben genug da.“, sagt Margot um das Essen einzuleiten. „Danke“, sagt der Fremde. Larsson greift sofort zur Gabel und fängt an das Essen in sich hinein zu spachteln. „Ich bin der Aquaner Felician“, stellt der Mann sich nun doch mir vor. Er hatte wohl sein Versäumnis festgestellt. „Schön sie kennen zu lernen“, erwidere ich höflich. „Was machen Sie so als Aquaner?“, fragt Margot an meiner Stelle. Felician nimmt eine Gabel in den Mund und rümpft die Nase. Es scheint ihm nicht zu schmecken. Selbst Schuld. Mir schmeckt es dafür umso besser. Darash ist wohl eher ein Gericht für die Ärmeren und er ist anscheinend Besseres gewöhnt und, oder hatte Besseres erwartet.
„Ich reise viel umher und bin Kapitän eines kleinen Handelsschiffes.“, antwortet Felician. Seine Frau sitzt dann bestimmt allein daheim rum und kann tun und lassen was sie will. Solang sie sich um ihre Pflichten kümmert, also Kinder und Haushalt bzw. Personal. Das würde sich ja gar nicht so schlecht anhören „Und jetzt suchen Sie eine Frau?“, versucht Larsson das Gespräch, zwischen seinen Fresspausen, weiter zu führen.
„Ja, genau ich möchte meine Stammeslinie fortführen.“ Er erwartet also Kinder. Das war ja zu erwarten. Männer heiraten nur aus diesem Grund.
„Was sollte sie den haben, also ihre zukünftige Frau?“, bohrt Larsson weiter. Ich verhalte mich ruhig, höre Aufmerksam zu und esse mein Darash. Mich hat noch nie jemand was gefragt bei einem derartigen Essen.
„Sie sollte attraktiv, gehorsam und demütig sein.“, fasst sich Felician kurz. Ist ja mal wieder typisch, Frau soll immer schön kuschen und alles erledigen. Keine eigene Meinung. Frauen Unterdrücker! Von meinen Gedanken lasse ich mir allerdings nichts anmerken.
„Elena ist perfekt für euch! Sie ist demütig und gehorsam. Sie macht alles, was man ihr sagt, ohne zu murren. Sie ist pflichtbewusst und schaut sie euch an, attraktiv ist sie auch. Sie wird euch bestimmt prächtige Kinder gebären.“, Larsson versucht meine Vorzüge positiv darzustellen. Er schwindelt ein wenig, aber das ist normal. Er will einen guten Preis für mich erzielen. Diese Scharade ist grauenhaft. Mir kommt fast mein Essen wieder hoch. Warum dürfen Frauen nicht mit bestimmen, wen sie heiraten dürfen?
„Hat sie denn Magie in sich?“, fragt dieses Mal Felician zur Abwechslung. Das war oft eine entscheidende Frage. Die meisten Männer wollen keine Frau mit Magie. Da sie sich sonst nicht höhergestellt fühlen. Andere mit hoher Magie finden es nicht schlecht wenn ihre Frau wenigstes ein bisschen in sich hat, damit die Kinder eine höhere Chance auf Magie haben. Je nachdem was für einer Felician ist, ist der Abend möglicherweise gleich gelaufen. „Nein sie ist eine Vacanerin“, antwortet Larsson ohne zu zögern.
„Das hört sich doch gar nicht so schlecht an“, meint der Blonde nun wieder etwas positiv gestimmter. Er mustert mich kurz mit einem Blick. „Und so schlecht, wie auf den ersten Blick, sieht sie ja auch nicht aus.“ Toll was für ein Kompliment… „So schlecht sieht sie ja gar nicht aus.“, äffe ich ihn in Gedanken nach. Ich mag ihn nicht. Ich hasse ihn. Er ist falsch. Einfach nur falsch. „Ich würde mich gerne morgen mit Ihr erneut treffen und schauen, ob sie mir sympathisch ist.“, führt Felician fort. Er ist mir schon mal nicht sympathisch. Dennoch wird von mir erwartet, dass ich alles tun würde um ihm zu gefallen. Schrecklich.
„Das freut mich zu hören!“ Larssons Gesicht hellt sich sichtbar auf. Felician ist der erste, der mich ein zweites Mal treffen will. Den anderen hat immer ein Abendessen gereicht um zu entscheiden, dass ich zu unscheinbar bin, um ihre Frau zu werden. „Was wollen Sie denn mit ihr unternehmen?“, fragt Margot interessiert.
„Nun ja, ich hatte an einen Spaziergang am Nachmittag gedacht, am See.“ Das wiederum hört sich gut an. Ich war noch nie am See. Noch nie außerhalb der Stadtmauer. Gegen meinen Willen freue ich mich schon jetzt auf das Treffen. Felician wird schon nicht so schlimm sein. Vielleicht zeigt er mir auch was von seiner Magie. Das wäre toll. „Ich werde Elena dann morgen abholen.“ „Gut sie wird da sein.“, erwidert Larsson. Felician schaut mich an. Das zweite Mal seit der Begrüßung. Ich lächle schüchtern zurück, um mein Einverständnis und meine Unterwürfigkeit zu zeigen. Er nickt mir zu, als Zeichen, dass er verstanden hat. Ich hasse das. Es ist wie ein Theater. Nie darf ich zeigen was ich wirklich denke oder fühle.
Kurzdarauf verabschiedet er sich mit der Ansage, er hätte noch wichtige Geschäfte zu tun. Ja klar so spät am Abend noch. Naja mir soll das egal sein. Ich bin froh, dass er weg ist.
Larsson meint, durch den guten Verlauf des Abends freudig gestimmt,: „Du kannst schlafen gehen Elena, morgen musst du nur deine gewohnten Pflichten machen und zum Markt gehen. Du sollst Zeit haben dich schick für Felician zu machen.“, meint er zu mir als Felician weg ist. „Danke.“, antworte ich. „Aber ich habe Alfred versprochen ihm zu helfen.“ „Ich werde mit ihm sprechen, du kannst auch noch übermorgen putzen.“ Damit war für Larsson das Gespräch beendet und Zeit für mich schlafen zu gehen. Margot war bereits schlafen gegangen.
Ich mache mich fertig zum Schlafen. Die Mädchen schlafen auch schon. Elvira hatte heute Maya zu Bett gebracht.
Ich freue mich schon auf den morgigen Tag. Wie es wohl vor der Stadtmauer ist? Am See. Von oben sieht er immer so schön aus. Viel lieber würde ich allerding mit dem Unbekannt mit den blauen Augen vom Markt hingehen, als mit Felician. Mein Bauch kribbelt, als ich an den Schönling denke. Mit einem wohligen Gefühl schlaf ich ein.
Ich hatte bereits meine Arbeit im Haus erledigt und bin auf dem Weg zum Markt. „Werde ich ihn heut wieder sehen?“ Meine Gedanken kreisen um den Mann mit den schönen blauen Augen und den wundervollen braunen Haaren. Ein Kribbeln fährt durch meinen Körper und ein wohliges Gefühl breitet sich in mir aus. „Aaach“, seufze ich.
In meiner Tasche sind immer noch die Argens von dem Unbekannten, aber auch der gesamte gestrige Verdienst. Sowohl Larsson als auch ich haben gestern gar nicht mehr daran gedacht. Auch hatte ich nichts von dem Chaos bei Alfred erzählt.
Ich stehe am Markt und warte, warte auf ihn, der da nicht kommt. Ständig halte ich Ausschau nach ihm aber nichts. Suchend gleiten meine Augen durch die Menge an Menschen. Manchmal habe ich das Gefühl in kurz zu sehen, seine braunen Haare, ein vornehmes Gewand, dann schlägt mein Herz schneller. Dummes Herz. Jedes Mal zerbricht es, wenn ich feststellen muss, dass er es nicht war. Enttäuscht schüttele ich den Kopf, als ich langsam meine Sachen wieder einpacken muss. Heute hat sich kaum jemand für meine Tontöpfe interessiert. Der Topf des blauäugigen ist auch noch dabei. Ich hatte ihn nicht verkauft, da er ja eigentlich schon verkauft war. In der Hoffnung ihn doch noch zu sehen gleiten meine Augen ein letztes Mal durch die vorbeieilenden Menschen. Für einen kurzen Moment sehe ich sie. Die Augen. Seine blauen klaren Augen. Unser Blick trifft sich. 1 Sekunde oder 2, doch es kommt mir viel länger vor. Und dann sind sie schon wieder verschwunden. Ich recke meinen Hals um sie noch einmal zu sehen, aber vergeblich. Mit ansatzweiser neuer Hoffnung in mir mache ich mich auf den Rückweg. Ich hatte ja schließlich heute noch eine Verabredung.
Die Sonne steht noch hoch am Himmel als ich daheim ankomme. Ich räume die Ware auf und geh in das Mädchenzimmer. Von unten dringen Stimmen aus der Küche nach oben. Margot und Maya. Ich setze mich auf mein Bett und atme tief ein und aus. Es ist an der Zeit mich fertig zu machen Felician kommt bald. Wie es wohl wird? Ich hatte noch kein Mann allein getroffen. Bisher gab es niemand der mich treffen wollte. Was zieht man da an? Ich habe keine Ahnung. Ein schickes Kleid wir für ein Abendessen? Oder doch etwas praktisches,… schließlich gehen wir vor die Mauer. Nachdenklich verziehe ich das Gesicht. Elvira könnte mir mit den Haaren helfen, aber sie ist leider nicht da. Zu mindestens hatte ich sie nicht gesehen. Ich stehe auf und schaue in den Schrank. Die Auswahl beschränkt sich von vornerein auf 3 Kleider. Hosen hatte ich keine. Mädchen sollten Kleider tragen, meint Margot immer und auch Larsson ist ihrer Meinung. Das eine Kleid hatte ich beim Abendessen an, also würd auch dieses wegfallen. Übrig bleiben noch zwei Kleider, die nicht Flecken und Gebrauchsspuren hatten. Das eine davon hatte Marlene dagelassen. Es ist grün. So ein mintgrün. Sehr hell. Zusätzlich hatte es Rüschen am Saum und war unten etwas weiter geschnitten. Das andere ist rosa mit Stickereien an den Ärmeln und ebenfalls weiter geschnitten. Ich halte mir das grüne Kleid vor die Brust und schaue an mir hinunter. „Mhh,…“, meinte ich zu mir selbst, „Ich glaube grün ist nicht so ganz meine Farbe“. Ich halte mir das Rosane hin. Das sieht ja schon besser aus. Ich ziehe es an und stelle fest, dass durch das Korsett, welches zu dem Kleid gehört, meine Brüste hervorgehoben werden. Ich habe keine üppige Brust. Aber ich finde sie ausreichend. Ich hatte schon ein paar Mal gehört, dass sie zu klein wären. Aber ich bin ja selbst auch nicht so groß, wieso sollte ich dann so große Brüste haben. Das sieht doch nichts gleich. Sichtlich zufrieden strich ich über das Kleid. Eigentlich mag ich kein rosa. Aber ich fand es passend. Hoffentlich passte das Kleid zu dem was wir machen. Ich ziehe meine Stoffschuhe an und bin froh, dass das Kleid bodenlang ist und sie so nicht zu sehen sind. Ich hatte nur das eine und es war nicht sehr passend.
Schnell, damit ich noch rechtzeitig fertig werde, kämme ich noch mein Haar und flechte sie zu einem Zopf, der bis zu meiner Taille hinunter reicht. Allein konnte ich keine so kunstvollen Frisuren, wie Elvira mir eine gestern gemacht hat. Ich war gerade fertig geworden als es unten laut an die Tür klopft. „Er war da.“, schießt es mir durch den Kopf. Nun bin ich doch aufgeregt. Ojee, ich hoffe es wird nicht zu schlimm mit ihm.
Larsson der wohl anscheinend auch da ist. Ich hatte ihn echt nicht bemerkt, wahrscheinlich weil ich mit den Gedanken einfach wo anders war. Entweder bei dem Blonden und unserem Ausflug heute, oder bei dem wunderschönen Blauäugigen vom Markt.
„Elena kommst du bitte, Felician wartet auf dich“, schallt es von Larsson von unten nach oben. „Jaa, ich komme sofort“, ruf ich zurück. Mit einem letzten Blick zurück in unser Mädchenzimmer, mache ich mich auf den Weg nach unten. Als ich die Treppe hinunter gehe, komme ich mir ganz besonders vor, in so einem Kleid und ein Mann wartet auf mich. Eine vollkommen neue Situation. Ich hoffe es wird schön draußen. Eigentlich freu ich mich, nicht auf den Mann, sondern nur auf die Welt außerhalb der Stadtmauer. Draußen im Grünen. Am See.
Ich begrüße ihn etwas distanziert mit einem Knicks. Er sieht gut aus, in seinen blauen Hosen und dem weißen Hemd. Aber nicht so gut wie der Schönling vom Markt. „Guten Nachmittag“, meine ich zu ihm. „Wie ich sehe bist du bereits fertig zum Aufbruch.“, erwidert er, mich mit einem süffisanten Grinsen beobachtend. „Das Kleid steht dir.“ Sein Blick fällt auf meinen Ausschnitt. Lustmolch. Perversling. Frauen werden nur auf ihr Äußeres reduziert. Ich lasse mir nichts anmerken. „Ich wünsche euch einen schönen Nachmittag“, wünscht Larsson uns. Felician hält mir elegant seinen Arm hin und ich ergreife ihn. Er führt mich hinaus zu einer Kutsche. Zwei kräftig aussehende braune Pferde sind vor sie Gespannt. Ich saß noch nie in einer Kutsche. Es wäre reine Geldverschwendung. Es ist eine geschlossene Kutsche aus kunstvoll geschnitztem Holz und einem kleinen Fenster in der Tür vor dem ein violetter Vorhang hängt. Auf dem Kutschbock sitzt ein bärtiger alter Mann. Er trägt einen schwarzen Schlapphut, der tief ins Gesicht gezogen ist. Felician hält vor der Kutsche an und öffnet mir gentlemanlike die Türe. Ich nicke ihm als Zeichen meines Dankes zu und steige vorsichtig in die Kutsche hinein. Innendrin waren Kissen und Decken auf den ehemals Holzbänken ausgebreitet. Es sieht gemütlich aus. Felician gibt dem Kutscher ein Zeichen und steigt selbst in die Kutsche ein. Er nimmt mir gegenüberplatz. Ich habe mich in Fahrtrichtung gesetzt, also sitzt er entgegengesetzt. Ja, boaa ich bin so intelligent. Manchmal kann ich es kaum fassen. Spaß bei Seite. Felician sitzt also mir gegenüber und die Kutsche fährt los, nachdem man einen Peitschenschlag gehört hatte. In der Kutsche leuchtet eine Luminierkugel in einem Gefäß an der Wand gegenüber der Tür. Ich sitze still da und schiele durch einen Spalt zwischen Vorhang und Fenster nach draußen. Ich höre Menschen rufen und lärmen. Die Häuser fliegen nur so an mir vorbei. So schnell war ich noch nie unterwegs. Es ist als würde ich fliegen und ganz schnell rennen ohne mich anzustrengen. Fleician sieht mich stumm an. Ich empfinde die Stille zwischen uns als unangenehm. „Warum sagt er nichts?“, frage ich mich. Wir nähern uns langsam dem Stadttor und weitere Kutschen reihen sich in eine Schlange davor, andere fahren in entgegengesetzter Richtung in die Stadt hinein. Auch unsere Kutsche wird langsamer und kommt schließlich zum Stehen. Felician schaut mich schon wieder oder wohl ehr immer noch an. Und er sagt immer noch nichts. Was klotzt der bloß so? Hab ich irgendwo einen Pickel? Was ist sein Problem? Ich beschließe einfach so zu tun, als ob ich nichts merke und schaue weiterhin hinaus. Viele Stimmen sind zu hören. Es ist nahezu so laut, wie auf dem Markt. Es geht nur langsame voran, immer wieder fährt die Kutsche ein Stück und bleibt dann anschließend wieder stehen. Der Blonde fängt an mit dem Bein zu wippen. Er scheint ungeduldig zu werden. Er seufzt. Keine Geduld was? Weitere Minuten später, springt er auf einmal auf und reist den Vorhang zur Seite. „Was ist denn da los? Es kann doch nicht den ganzen Tag dauern?“, brüllt er lautstark mit herausgestrecktem Kopf aus der Kutsche in Richtung Stadttor. Ich erschrecke mich, von seiner stürmischen Art etwas überrascht. Unverständliches Brüllen schallt von dem Tor zurück. Er scheint zufrieden mit der Antwort und setzt sich wieder auf seinen Platz. „Es geht sofort weiter“, meint er zu mir. Ich nicke ihm zu. Zum Glück, schließlich will ich ja den Tag nicht mit ihm in der Kutsche verbringen, sondern draußen vor dem Tor.
Als wir vorne am Stadttor ankommen, spricht eine tiefe laute Stimme mit dem Kutscher. Dieser Antwort irgendetwas, worauf ein bärtiges Gesicht zu uns in die Kutsche hinein schaut . Felician nickt ihm zu und der Bärtige nickt zurück. Mir scheint keinerlei Beachtung zuzukommen. Ist vielleicht auch besser so. Endlich fährt die Kutsche weiter, hinaus aus Vale hinein in die Welt.
Vor dem Tor sammeln sich die Flüchtlinge und all jene die mit der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Vale gereist sind. Die meisten sind Vacaner. Möglicherweise sind noch ein paar Luminier dabei, da vereinzelt Lichtkugeln umherschweben. Es stinkt hier schrecklich nach Fäkalien. Es ist ein mir bekannter Geruch. In den kleineren Gassen in Valde riecht es auch bei uns so. Aber lange nicht so extrem. Felician zieht den Vorhang fester zu und drückt sich mit dem Zeigefinger und dem Daumen die Nase zu. Ich bin gewillt das auch zu tun aber mein Stolz lässt es nicht zu. Ich fühle mich in gewisser Maßen mit ihnen, also den Menschen da draußen, in den Hüten, Baracken und Zelten, verbunden. Was wäre, wenn mich Margot und Larsson nicht aufgenommen hätten? Wäre ich jetzt eine von ihnen oder wäre ich vielleicht schon Tod? Felician hat immer noch kein Wort mit mir, außer dem einen Satz vor dem Stadttor gesprochen. Zwar schaut er mich gerade nicht mehr an, aber dennoch fühle ich mich hier mit ihm in der Kutsche nicht wohl. Der penetrante Geruch ebbt langsam ab.
Umso weiter wir hinaus fahren umso holpriger wird die Straße. Man Po fängt trotz des Kissens an vom auf und ab zu schmerzen. Ich werde morgen wohl blaue Flecken haben. Der Blonde verzieht sein Gesicht. Er ist es wohl auch nicht gewohnt. Innerlich mach ich mich über ihn lustig. Ein Aquaner mit einem Popöchen. Man sollte doch meinen, dass wenn er auf einem Schiff arbeitet, schwankende Holzplanken gewöhnt ist, aber anscheinend nicht. Aber vielleicht hab ich auch eine andere Vorstellung von Schiffen, schließlich war ich noch nie auf einem.
Felician öffnet den Vorhang. Endlich. Jetzt kann ich viel besser hinaus schauen. Die Wiesen, sie sind so nah und so grün. Ein Strahlen geht über mein Gesicht. Vielleicht kann ich im Gras naher laufen. Ich bin noch nie im Gras gelaufen. Aber ich stelle es mir ganz toll vor. „Wir sind bald da“, meint er mit einem abschätzigen Blick auf mich. Was habe ich gemacht? Ich finde seine Reaktionen nicht nachvollziehbar. Einmal schaut er mich interessiert und dann wieder so an, als ob ich das widerwärtigste wäre, was er je gesehen hat. Die Kutsche biegt Richtung See ab und wir verlassen die Straße. Es sind viele Blumen auf der Wiese zu sehen. Ich hab noch nie so viele Blumen auf einem Haufen gesehen. Von der Stadtmauer aus hab ich sie nie erkennen könne, da sah alles einfach immer grün aus. Aber die Wiese ist in Wahrheit so bunt, wie ein Regenbogen. Am Horizont sind Wälder und Berge zu sehen. Auf den Bergwipfeln ist das weiße des Schnees zu erkenne, der selbst im Sommer noch da oben liegt. Mein Herz geht auf bei diesem Anblick, ich fühle mich wie auf den Dächern, nur dass es dieses Mal wie zum Greifen nah ist.
Am See hält die Kutsche an und die Pferde wiehern. Ich steige nach Felician aus der Kutsche und hole erstmal tief Luft. Die Luft ist so rein und klar hier. Ich schließe die Augen und genieße den Augenblick. Ich steh im trockenen Gras, dass meine Waden umspielt. „Also wie findest du es hier?“, stört Felician meine innere Ruhe. Ich hatte mich noch gar nicht umgeschaut. Mein Blick schweift nun umher. Ich sehe Valde in der Ferne und die Berge und Wiesen. Ich drehe mich um und da ist der See. Die Sonne spielgelt sich in seiner Oberfläche. Es ist schön hier, so idyllisch. „Es gefällt mir gut“, antworte ich höflich.
„Das ist schön. Hast du Lust etwas am See spazieren zu gehen?“
Da ich die Frage ja schlecht verneinen konnte und ich eigentlich schon ganz gerne am See spazieren gehen würde, erwidere ich: „Ja gerne.“
Er reicht mir höflich seinen Arm, wie es in einer vornehmen Gesellschaft üblich ist, und ich hacke mich widerwillig bei ihm ein. Er ist mir einfach unsympathisch und ich habe ständig ein komisches Gefühl bei ihm. Wir laufen von der Kutsche weg und lassen den Kutscher, den ich noch nicht einmal gesehen hatte bei den Pferden zurück. Gerne hätte ich sie näherbetrachtet, aber Felician musste ja so schnell aufbrechen.
„Also Elena? Richtig“, fängt der Blonde an zu reden. Ich nicke nur. Er kann sich noch nicht mal meinen Namen merken. So ein Idiot. „Ich finde es herrlich hier, so nah am Wasser. Du weißt ja Wasser ist meine Magie. Ich kann dir gern etwas davon zeigen.“ So ein Angeber. Aber ich habe auch noch nie Wassermagie gesehen. Ich hasse inneren Zwiespalt. Felician scheint von mir keine Antwort zu erwarten, denn er plappert unentwegt weiter: „Ich finde es von Vorteil, da du keine Magie hast. Vacaner sind gefügiger, sie tun meist alles für ihren Aufstieg, stimmt das nicht?“ Hallo?!?!?! Was läuft denn bei dem schief. Gefügiger? Worauf will er hinaus? Dass ich seine Putze spielen soll oder was? Das kann er sich sonst wohin schieben. Auch hierauf erwartet er keine Antwort. Wir sind mittlerweile auf einen kleinen Hügel hinauf gelaufen. Vor uns liegt eine kleine Bucht mit Felsen außen herum. „Schau, lass uns da hinunter gehen.“ Sie sieht echt schön aus, die Bucht. Möglicherweise darf ich mit meinen Füßen ins Wasser gehen. Die Natur hier ist wirklich das einzige positive. Ein schmaler Felsenweg führt hinunter in die Bucht. Ich bin froh, dass wir uns trennen müssen, da man nicht zu zweit nebeneinander hinuntergehen kann. Ich spüre jeden Stein durch meine dünnen Schuhe. Es ist eine unangenehme Fußmassage. Aber ich habe eine dicke Hornhaut und so spüre ich wenigstens kaum Schmerzen.
Als wir unterangekommen sind, führt mich der Blonde zu einem Stück Wiese. Er setzt sich hin und mit einer klopfenden Geste auf den Boden, fordert er mich auf zu ihn zu setzten. Kein Wasser. Schade. Ich setzte mich neben ihn, bedacht ihn nicht zu berühren. Ich schaue auf den See hinaus. Sanfte wellen erreichen das Ufer. Am Horizont fährt ein Schiff. Ich schaue den Mann neben mir an. Er lächelt mich an. „Du kannst froh sein, dass ich mich für dich interessiere, sonst würde dich niemand haben wollen.“ Arschloch. Ich lächele gespielt freundlich zurück, während sich Wut in mir sammelt. Es würde mich bestimmt jemand wollen, vielleicht sogar der Blauäugige. „Ich biete dir das Leben, das Mädchen, wie du wollen. Schmuck, tolle Kleider, eine eigne Zofe.“ Wer sagt denn, dass ich das will. „Du musst nur freundlich zu mir sein, dann stehen dir alle Türen offen.“ Er lächelt mich schmierig und lüstern an. Ich ekele mich zunehmend vor ihm. Er legt seine Hand auf meinen Oberschenkel. „Du weißt doch was ich meine. Nicht wahr.“ Er streicht mit seiner Hand meinen Schenkel hoch und wieder hinunter. Angewidert und erschrocken versuche ich seine Hand abzuschütteln. Doch er legt sie wieder hinauf und schaut mich fordernd an. Er beugt sich zu mir um mich zu Küssen. Ich drehe meinen Kopf weg. „Lassen Sie das. Ich möchte das nicht.“, versuche ich ihn davon abzubringen. Die Angst lähmt mich. Ich kann nicht klar denken. „Komm du willst es doch auch.“ Er beugt sich über mich und zerrt meinen Rock hoch. Ich schreie, so laut ich kann. „Du meinst doch nicht, dass dich hier jemand hört. Wir sind nicht umsonst hier her gefahren.“ Ich winde mich, aber er ist zu stark, ich versuche ihn zu treten, aber weder treffe ich ihn, noch hört er auf. Die pure Panik übernimmt meinen Körper. Er zerrt an seiner eigenen Hose. „Wehr dich nicht, dann wird es nicht so schlimm.“, stöhnt er hervor. Vielleicht hilft es doch etwas, dass ich mich wehre. Ich sehe nicht ein aufzugeben. Ich werde es ihm so schwer, wie möglich machen, er soll keinen Spaß haben. Trotz meiner kämpferischen Gedanken, mischt sich Zweifel und Ohnmacht dazu. Seine Hose ist fast bis zu seinen Knien hinunter gezogen. Ich schließe meine Augen und bin versucht seiner Aussage Folge zu leisten. Vielleicht ist es wirklich nicht so schlimm, wenn ich mich wehre. Ich weiß noch nicht mal, wie es ist, wenn man sich nicht wehrt. In einem letzten Aufschrei von Hilfe und mit voller Wut versuche ich ihn gedanklich und körperlich von mir zustoßen.
Meine Gedanken rasen und auf einmal hört er auf. Ich öffne meine Augen wieder, die immer noch zugekniffen waren. Er schaut mich verwirrt und angewidert an. Was ist jetzt los? Seine Augen drehen sich nach hinten und es ist nur noch das weiße zu sehen. Sein Körper wird schlaffer und bricht über mir zusammen. Der Schock packt mich. Ich denke nicht viel nach, will nur noch von hier weg. Ich kämpfe mich unter seinem Körper vor. Der Blonde rollt bewusstlos zur Seite, seine Hose immer noch unterhalb seiner Knie. Ich rapple mich auf. Mein Kleid ist zerrissen. Ich will nur noch weg. Weg von ihm. Weg von der Bucht. Einfach nur weg. Ich renne den Weg nach oben auf den Hügel den, welchen wir hinuntergenommen haben. Über die Wiese. Ich kann der Natur nichts mehr abgewinnen. Sie hat ihren Glanz verloren. Was ist da unten in der Bucht nur passiert? Wo soll ich hin? Zur Kutsche? Was sage ich dann dem Kutscher? Aber wo kann ich sonst hin? Fragen über Fragen schwirren in meinem Kopf herum.
Ich eile weiter. Die Kutsche kommt in mein Blickfeld. Ich steuere auf sie zu. Was soll ich denn sonst machen, ich hab keine Ahnung. Keine Ahnung. Keine Ahnung. Mein Atem rast nur so und mein Herz schlägt und pocht wild vor sich hin. Die Pferde wiehern, als sie mich anrennen sehen. Ein Kleiner rundlicher Mann kommt hinter der Kutsche vor. Der Kutscher. Hoffentlich fragt er nicht wo Felician bleibt. Er schaut mich verwirrt und etwas erschrocken an. Klar meine Kleider sind vollkommen zerrrissen und schmutzig, da ich auf den Weg nach oben ein paar Mal hingefallen war. Von meinen Haaren ganz zu schweigen, diese sind vollkommen zerzaust und durcheinander, es ist nicht einmal annährend eine Frisur zu erkennen. Aber dennoch sollte er mich nicht so anschauen. Ich fühle mich dabei nicht wohl.
„Was ist passiert?“, fragt er mich, als ich in Hörweite komme. Ich bin zu keinerlei Antwort fähig, ich schaue ihn nur an und hoffe er versteht, dass er mich einfach zurückbringen soll. Ich komme vor ihm zum Stehen und ich atme heftig ein und aus. „Jetzt beruhigen Sie sich erst einmal“, fordert er mich höflich auf und macht mit seinen Händen und beschwichtigende Auf- und Ab-Bewegungen. Doch ich bin nicht fähig mich zu beruhigen. Unruhig laufe ich hin und her. Immer wieder sehe ich vor meinem inneren Auge, wie er seine Augen nach hinten dreht und über mir zusammen bricht. „Wo ist der Herr?“, fragt der Kutscher mich. Er scheint zunehmend nervös zu werden. „Was ist passiert?“ Ich schüttle den Kopf, wie in Trance. Der Kutscher macht Anstalten sich in Richtung Bucht zu bewegen. Ich hebe die Hand, als versuche, oder vielleicht versuche ich es auch, ihn aufzuhalten, jedoch ohne Erfolg. Er interpretiert meine Hand wohl als Richtungsweisung und marschiert los. Ich weiß nicht, ob er die Bucht findet. Aber ich denke, er weiß sich sonst auch nicht zu helfen.
Die Dämmerung hat längst eingesetzt und die Sonne ist bereits untergegangen. Ich bin allein mit den Pferden und der Kutsche. Ich sitze auf der Wiese und starre auf den See hinaus. Der Kutscher ist noch nicht zurückgekommen. Möglicherweise hat er ihn nicht gefunden. Oder…. Ach ich hab eigentlich keine Ahnung. Was soll ich denn jetzt machen? Wo soll ich hingehen. Was mache ich wenn der Kutscher ihn entdeckt und denkt ich hätte etwas damit zu tun? Angst breitet sich mal wieder in mir aus. Ich zupfe einen Grashalm aus der Wiese. Eigentlich könnte es hier so schön sein. Wenn Felician nicht so ein Idiot ist oder jetzt wäre. Was ist eigentlich am Ufer passiert? Lebt er noch? Hätte ich ihn retten können? Hätte ich das den gewollt, also ihn zu retten? Wenn ich eine Waffe gehabt hätte, hätte ich sie denn dann eingesetzt? Ich versuche mich selbst zu analysieren, finde jedoch keine passende Antwort. Ich weiß es einfach nicht.
Hinter mir beginnen die Pferde zu wiehern. Ich hatte gar nicht mehr an sie gedacht. Ich drehe mich zu ihnen um, um den Grund zu erfahren. Sie schauen Richtung Valde. Mittlerweile ist die Nacht eingebrochen. Die Stadt sieht von hier aus hell erleuchtet aus. Die Türme des Palastes auf dem Hügel strahlen beinahe. Da entdeckt mein Auge etwas, das sich bewegt. Eine Gestalt kommt auf uns zu, über die Wiese. Sie sieht aus wie ein Reiter. „Sie kommen um mich zu holen!“, ist mein erster Gedanke. Ich stehe auf und habe das Bedürfnis mich zu verstecken. Aber hier ist nichts anderes als die Kutsche. Ich öffne sie und verstecke mich unter einer Sitzbank. Die Luminier Lugel ist längst erloschen. Es ist dunkel. Ich kauere mich so eng wie möglich in die Ecke, als ich schon den Reiter höre. Nicht sein Galopp, auf der Wiese ist dies kaum zu hören, aber das Keuchen des Pferdes. Sie sind schon sehr nah. Ich versuche mich noch mehr in die Ecke zu quetschen. „Brr“, tönt es von außen. „Brav mein Guter“, ich stelle mir vor wie ein gemein aussehender Mann im schwarzen Mantel das Pferd tätschelt. Adrenalin durchströmt meine Adern. Es ist nahezu Still, leises Rascheln kann ich aber noch vernehmen, vielleicht der Mann vielleicht der Wind. Mit einem Ruck wird der Vorhang beiseitegeschoben. Mondlicht fällt hinein und wird kurz darauf von einem dunklen Schatten überdeckt. Ich halte die Luft an und höre mein Blut rauschen. Meine Muskeln sind angespannt, bedacht darauf kein Mucks zu machen. Einen Angsterfüllten Moment erwarte ich jede Millisekunde entdeckt zu werden, aber der Schatten wird wieder kleiner, er hat mich nicht entdeckt. Diesen Moment der Glückseligkeit erlischt sofort, als die Türe mit einem Ruck geöffnet wird. Mein Blut gefriert in meinen Andern.
Ich sehe seine Beine, er trägt eine Hose. Sie ist dunkel. Welche Farbe sie hat, kann ich nicht sagen. Er bückt sich. Meine Gedanken rasen: „Soll ich versuchen an ihm vorbei zu stürmen? Zwecklos. Nichts tun? Noch zweckloser.“ Der Mann kommt ist nun fast auf meiner Augenhöhe. Es ist zu spät. „Na wen haben wir denn da?“, fragt eine melodische Stimme, die mir bekannt vorkommt, ich kann mich aber nicht erinnern, wo ich sie schon Mal gehört hatte. Ich sage nichts, denke aber auch, dass er keine Antwort erwartet. „Jetzt komm schon hervor, ich hab dich doch schon entdeckt. Ich werde dir nichts tun.“ Er klingt freundlich, aber ich kann ihm nicht trauen. Ich erkenne sein Gesicht nicht. Es liegt im Mondschatten. Es ist Vollmond. Der Mann reicht mir seine Hand. „Komm!“, meint er aufmunternd. Ich beachte seine Hand nicht, bewege mich aber vorsichtig hinaus aus meinem Versteck. Er macht einen Schritt zur Seite und ich steige aus der Kutsche. Meine Chance. Als ich aus der Kutsche gestiegen bin, überlege ich keine Sekunde mehr. Ich renne. Renne weg. Aber nicht in Richtung Bucht. In die andere. Valde liegt links von mir, der See rechts. Das von der Dämmerung feuchte Gras umspielt meine Waden „Das hat doch keinen Sinn!“, ruft der Fremde mir hinterher. Selbst ohne Pferd bin ich wesentlich schneller als du. „Warum rennst du weg?“ Ich werde langsamer, er hat Recht. Ich habe nicht an das Pferd gedacht. Bin ich doof. „Warum hab ich nicht eines des Kutschenpferde genommen? Weil ich nicht reiten kann“, beantworte ich mir meine innere Frage selbst. Ich bleibe stehen. Schaue auf den See hinaus. Das andere Ufer ist in so weiter Ferne. Was sich wohl dahinter verbirgt? Ich bin resigniert. Es hat doch alles keinen Sinn.
Eine kühle Hand legt sich auf meine Schulter. Ich zucke zusammen. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie er hergekommen ist. Er zieht seine Hand wieder zurück. „Was ist hier passiert?“, fragt er mich. Irgendwoher kenn ich seine Stimme. Ich schaue ihn an. Aber sein Gesicht ist von einer Mütze verdeckt. Was soll ich ihm bloß sagen. „Wo ist der Kutscher?“, fragt er mich. Diese Frage kann ich beantworten: „Er ist gegangen und nicht mehr wieder gekommen.“ Ich schaue auf den Boden. Er braucht nicht alles zu wissen, wenn er es nicht weiß, ist es besser so. Ich muss so tun, als ob ich keine Ahnung hätte. Ich muss an sein Mitleid appellieren. Ich muss meine Gedanken ordnen. Ich muss klar werden. „Warum hast du dich vor mir versteckt?“, bohrt der Fremde weiter. „Ich hatte Angst!“, antworte ich verschüchtert. „Wovor?“ „Überfallen zu werden.“ Das klingt logisch. „Hast du den etwas, das gestohlen werden könnte.“ Mist. „Nein, aber sie hätten mich umbringen können, weil ich nichts habe“, piepse ich. Er überlegt einen Moment, als ob er sich das erst durch den Kopf gehen lassen muss. „Klingt einleuchtend. Wer bist du eigentlich?“ Was soll ich darauf bitte antworten? Ich kann ihm ja schlecht sagen, dass ich bei einem Luminier wohne. Die würden schließlich nie in die Nähe einer solchen Kutsche kommen. Soll ich Lügen? Ich bin schlecht im Lügen. Larsson erwischt mich immer. Eine lange Wartepause ist auffällig. Ich sollte mich mit einer Antwort beeilen. „Ich bin eine Weise“, platzt es aus mir hervor. Dumm. Sehr dumm. Ich sollte nicht so impulsiv sein. Er sagt nichts dazu. Ich glaube er ist mit der Situation genauso überfordert wie ich. „Was machst du hier?“, frage ich ihn. „Ich hatte Wache auf der Mauer und sah die Kutsche. Ich dachte mir, dass etwas passiert sei und bin nach meiner Schicht hergekommen um dies zu überprüfen.“ Er schaut mich schief an. „Soll ich dich in die Stadt bringen.“ „Das wäre sehr freundlich von Ihnen“, antworte ich in Erinnerung an die Verhaltensregeln von Larsson. Ich senke den Kopf in Demut.
Er geht zu seinem schwarzen Pferd und nickt mir aufmunternd zu. Ich folge ihm. Das Pferd ist groß und kräftig. „Soll ich dir aufhelfen?“, fragt er mich rücksichtsvoll. „Ja, Danke.“ Ich saß noch nie auf einem Pferd und wenn ich ehrlich bin habe ich auch keine Ahnung, wie ich da hoch kommen sollte. Der Mann formt seine Hände zu einem Tritt: „Du steigst mit deinem rechten Fuß in meine Hände und schwingst dich dann mit deinem linken Bein über Pferd. Das ist ganz einfach.“ Ganz einfach? Für mich hört sich das ganz schön schwierig an, aber ich will nicht als dumm dastehen und nicke einfach. „Komm so unsportlich, wie du aussiehst, bist du doch gar nicht.“, meine ich aufmunternd zu mir selbst. Der Fremde nickt mir zu. „Also gut“, sage ich und befolge seinen gegebenen Anweisungen.
Als ich auf dem Pferd sitze fühle ich mich groß. Es war gar nicht so schwer, wie es aussah. Der Fremde hat mir einen Schwung nach oben gegeben und ohne große Probleme saß ich dann auch schon auf dem Pferd. „Ja siehst du war doch gar nicht so schwer.“ Zu dumm, dass ich bei der Dunkelheit einfach nicht sein Gesicht sehen kann. Ich würde zu gern wissen, wie er aussieht. Aber die Mütze trägt ihren Teil dazu bei, dass es wohl zwecklos ist. „Ich werde mich jetzt vor dir aufs Pferd setzen. Kannst du dich bitte hinter den Sattel setzen?“ Ich nicke und befolge seine Anweisung kommentarlos. Der Pferde rücken ist warm. Der Sattel war ehr kalt. Ich drehe mich um und schaue nach hinten. Ich will ja schließlich nicht vom Pferd fallen. Als ich mich wieder umdrehe sitz der Fremde schon vor mir. Seine Jacke ist aus Leder. „Setze dich eng hinter mich. Du kannst dich wenn du willst an mir festhalten.“ Noch bevor ich eine Antwort geben konnte, setzt sich das Pferd in Bewegung. Intuitiv schlinge ich meine Arme um den Körper des Mannes, um nicht vom Pferd zu fallen. Das Pferd beginnt in Richtung Valde zu traben.
Mein Hintern schmerzt bereits nach kürzester Zeit. Das Holpern ist er einfach nicht gewohnt. Der Fremde und ich schweigen beide. Ich habe ihn nicht losgelassen. Irgendwie fühle ich mich bei ihm angenehm geborgen und sicher. Ich schmiege mich unterbewusst enger an ihn heran. Er riecht sehr gut. Ich kann den Geruch schwer beschrieben. Irgendwie nach Sicherheit und Natur. Kiefern vielleicht. Vielleicht ist auch der Geruch schuld daran, dass ich mich sicher fühle. Ich habe noch nie einen Mann so nah bei mir gehabt. Ich kann seinen Körper, besser gesagt seine Musklen, durch den Mantel spüren.
Nach kurzer Zeit fragt er: „Wie heißt du und wo soll ich dich hinbringen?“ Ich überlege. „Es reicht, wenn ihr mich hinter dem Tor absetzt, ich finde den Weg von da an schon alleine.“ Meinen Namen verrate ich ihm bewusst nicht. Wenn sie Felician finden, werden sie sich auf die Suche nach mir machen. Eigentlich ist es zwecklos. Schließlich wissen der Kutscher und seine Familie mit wem er sich getroffen hat.
Die Lichter der Stadt werden heller und wir kommen in Sichtweite des steinerneren östlich gelegenen Tores. Wir reiten zielstrebig darauf zu. Zwei uniformierte Wachen stehen davor. Sie schauen in unsere Richtung. Der Fremde nickt ihnen zu und hebt seine Hand zum Gruß. Die Männer öffnen das Tor. „Schön, dass ihr zurück seid. Wir haben euch bereits erwartet.“ „Schickt ein paar Männer, sie sollen die Kutsche holen“, meint er zu einem der Beiden, als wir durch das Tor reiten. Ich verstecke mich hinter dem Rücken, des Mannes. Warum weiß ich nicht. Ich glaube, heute bin ich der größte Schisser den es je geben wird. Sonst bin ich doch auch nicht so, was ist nur los mit mir?
Wir reiten noch ein Stück in die Stadt hinein, bis er stehen bleibt. Er steigt ab und reicht mir die Hand. Ich nehme sie und er hebt mich sanft von Pferd hinunter. Er ist sehr stark. Ich steh vor ihm. „Dankeschön.“, meine ich zu ihm und schaue ihn an. Hier ist das Licht durch die Luminier heller. Und dann sehe ich sie. Blaue Augen. Die blauen Augen. Ich schaue ihn an und bin zu nichts Weiterem mehr fähig. Ich bin gefangen. Deswegen kam mir auch seine Stimme so bekannt vor, ich kannte sie ja schließlich. Ich mein, ich hab sie immerhin einmal bisher gehört gehabt. Da kann man ja auch nicht von mir verlangen, sie sofort zu erkennen. Ich weiß nicht, ob er mich auch erkennt. Aber er schaut mich lange an. Schließlich greife ich in meine Tasche, hole die 9 Argens heraus und strecke sie ihm hin. „Das gehört Ihnen.“ „Die kannst du behalten.“ Ich schüttle den Kopf. „Aber…“, beginne ich, aber er unterbricht mich. „Ich muss jetzt gehen. Aber wir müssen reden!“, er geht zu seinem Pferd schwingt sich hinauf und reitet weg, ohne sich noch einmal zu mir umzudrehen. „Hab ich etwas falsch gemacht?“ frage ich mich und hätte es ihm fast hinterher geschrien. Aber ich kann mich gerade noch beherrschen.
Ein Schauer läuft meinen Körper herunter und ich schüttle mich. Mir ist kalt. Ich habe keinen Mantel dabei. Jetzt wo ich die Wärme des Pferdes und des Mannes nicht mehr spüre, wird mir der Verlust schmerzlich bewusst.
Ich mache mich auf den Weg nach Hause. Ohne Mantel. Ohne Schutz. Um diese Zeit ist nichts mehr los. Alle schlafen in ihren Betten. Da sollte ich auch sein. Aber kann ich denn dahin zurück?
Ziellos streife ich durch die engen Gassen Valdes. Die Holzhütten stehen dicht an dicht. Wenn hier einmal ein Feuer ausbrechen würde, ich glaube halb Valde würde nicht mehr stehen. Ich habe mich noch nicht entschieden, wohin ich gehen soll. Aber ich kann meine Geschwister nicht im Stich lassen. Solang man Felician nicht findet, ist alles gut. Ob er noch lebt? Und was ist mit dem Kutscher? Wieso ist er nicht mehr aufgetaucht? Es ist niemand mehr unterwegs. Die schwach erhellten Gassen in den Armenvierteln sind mir fast unheimlich. Ich beschleunige meine Schritte. Ich eile gerade um eine Ecke, als mich eine Hand an der Schulter berührt. Ich erstarre und schreie auf. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ruckartig drehe ich mich um und will ihn von mir stoßen. Ich berühre die Schulter der Person, als sie schon zusammen sackt. Ich schaue sie an. Vor meinen Augen sinkt sie auf den Boden. Es ist eine alte Frau. Ihre Augen sind angsterfüllt aufgerissen. Braune Augen. Tiefes Braun. Sie schauen mich an. Sie braucht meine Hilfe. „Hallo?“, rufe ich ihr zu. Ich rüttle ihre Schultern, doch es kommt keine Reaktion mehr von ihr. „Was ist denn heute nur los?“, frage ich laut. Verzweifelt. Alle sacken in sich zusammen und rühren sich nicht. Soll ich sie einfach liegen lassen? Oder soll ich Hilfe holen? Vielleicht hat sie etwas mit dem Herzen. Ja ein Herzanfall. Ich habe schon oft davon gehört, dass Menschen durch eine Herzattacke sterben können. Ich will mir gar nicht genau vorstellen, wie das so ist. Aber wie kann ich da helfen? Eigentlich ja gar nicht. Aber ich kann sie doch nicht einfach liegen lassen. Das wäre doch unmenschlich. „Felician hast du doch auch liegen gelassen.“, meldet sich eine Stimme in meinem Kopf. „Das war was anderes. Da wollt ich einfach nur weg. Die Frau… . Sie hat das doch nicht verdient!“, antworte ich der Stimme. Ich knie immer noch vor der Frau. Sie tut mir Leid. „Selbst wenn sie eine Herzattacke hatte kannst du ihr nicht helfen.“, meint die Stimme und ich muss ihr Recht geben. Wir haben keine Heiler, die so etwas heilen können. Heiler sind sehr selten. Ich weiß nur von einem im Palast. Sie geben ihr Wissen von einer Person zur anderen weiter. Man sagt es wäre eine ganz alte Magie. Aber so genau weiß das niemand. Es gibt aber zu den Heilern ein paar Vacaner, die sich mit der Kraft der Natur beschäftigt haben. Hexen. Meist alte und weise Frauen. Sie leben vereinzelt irgendwo in der Stadt. Ich weiß aber nicht wo. Ich habe noch nie eine gesehen und zu meinem Glück war ich noch nie krank. Noch nicht mal einen Husten oder einen Schnupfen hatte ich. Margot meint immer: „Ich sei gesegnet worden und in mir schlummern gute Kräfte.“ Aber so genau weiß ich nicht was sie meinte. Was bedeutet gesegnet überhaupt?“
Die alte Frau liegt immer noch da. Es ist still, nur mein eigener Atmen ist zu hören. Mittlerweile glaube ich, dass es das Beste ist, wenn die Frau morgen gefunden wird. So wird man mich nicht mit ihr in Verbindung bringen und vielleicht auch nicht mit Felician. Ich schließe ihre Augen. Jetzt sieht sie friedlicher aus, als ob eine sanfter Tod sie mit sich gerissen hätte. Ich stehe auf und laufe weiter durch das nächtliche Valde.
Unterbewusst habe ich mich immer näher unserem Haus genähert. Ich bin nur noch eine Seitenstraße von meinem Bett entfernt. Ich seufze. Ich bin todmüde. Ich würde nichts lieber tun, als in meinem Bett zu liegen und diesen schrecklichen Tag einfach zu vergessen. So tun als hätte es ihn nicht gegeben.
Ich stehe vor unserer Haustür. Drücke sie. Verschlossen. Ich klopfe, mit dem Hintergedanken, dass ich keine Ahnung habe, was ich sonst tun sollte. Es kommt niemand. Ich warte. Ich zittere. Das zerfetzte Kleid birgt keinen Schutz vor der Kälte. Ratlos stehe ich vor der verschlossenen Türe. Ich sehe das Fenster der Jungs, oben im Zweiten Stock, über der Haustüre. Ich nehme eine Handvoll an Kieselsteine vom Boden und versuche das Fenster zu treffen um sie zu wecken. Meine einzige Chance. Nach ein paar Fehlversuchen der erste Treffer. Klirr. „Das wird nie was.“, meine ich zu mir selbst. Diverse Versuche später… . Ich bin schon kurz vor dem Aufgeben und der Einsicht, dass es zwecklos ist, als sich jemand vor dem Fenster zeigt. Marvin oder Markus. Ich kann die Beiden bei dem Licht und hinter der Scheibe nicht unterscheiden. Ich winke ihm hoch. Er erkennt mich und ich zeige auf die Türe. Ich hoffe er versteht. Er schaut mich noch einmal an und dann verschwindet er.
Kurze Zeit später öffnet sich die Türe. Endlich. Ich kann es kaum erwarten hinein zu kommen. Es ist Marvin, der sie geöffnet hat. Er trägt sein Schlafzeugs und die Stoffschuhe fürs Haus. Er stellt sich demonstrativ in den Türschlitz und versperrt mir so den Zutritt. Er schaut grimmig, aber die Erleichterung steht in seinen Augen geschrieben: „Warum kommst du erst jetzt?“ Er betrachtet mich genauer. „Und wie siehst du aus? Was ist passiert?“ „Lass mich rein.“, ich schaue ihn flehentlich an. „Mir ist kalt.“ „Seid ihr überfallen worden?“, fragt er weiter, ohne auch nur einen Schritt von der Tür zu weichen. Vielleicht ahnt er, dass wenn er mich durchlässt, keine Antworten auf seine Fragen bekommen würde. Ich bin einfach zu müde. Aber die Idee mit dem Überfall ist gut. Etwas Besseres wäre mir selbst nie eingefallen. Wahrscheinlich wäre ich nicht einmal auf die Idee mit dem Überfall gekommen. „Ja“, ich nicke ihm zu und versuche ihm dabei in die Augen zu schauen. Er soll das Gefühl haben, dass ich es ehrlich meine. „Oh“, erwidert er. „Larsson war stinkwütend, als du nicht vor Sonneneinbruch da war, bis er auf die Idee gekommen ist, dass die Verabredung so gut läuft, dass ihr die Zeit vergessen habt. Aber ich konnte das nicht glauben und Markus auch nicht. Er sagte ständig, dass etwas passiert sein musste und jetzt? Sieh dich an. Du siehst verschandelt und kaputt aus.“, plappert er ohne Punkt und Komma. „Marvin“, unterbreche ich ihn. „Mir geht’s soweit gut. Ich bin nur sehr müde und ich muss morgen wieder früh raus. Ich würde gerne Schlafen gehen. Lässt du mich bitte durch?“ „Oh, ja klar“, meint er und macht einen Schritt zur Seite, sodass ich neben ihm durch die Tür schlüpfen kann. Als ich durch die Tür getreten bin, umarmt mich Marvin. Überrascht lasse ich es zu. „Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist.“, meint er zu mir. Ich lege meine Arme um ihn. „Ich auch Marvin, ich auch.“, meine ich mit Resignation und Müdigkeit in meiner Stimme. Ich löse mich aus der Umarmung und streich ihm einmal über den Kopf. „Schlaf gut!“ Ich mache mich auf den Weg nach oben. Marvin lasse ich an der Tür zurück. „Gute Nacht!“, flüstert er mir noch hinterher.
Oben angekommen, mache ich mich auf den Weg zu meinem Bett. Ich entledige mich meiner Kleider, welche nur noch als Putzlappen zu gebrauchen sind. Es war eins der schönsten. Jetzt ist es schmutzig und zerrissen. Aber so schön fand ich es ja eh nicht, rosa ist einfach nicht meine Lieblingsfarbe. Schließlich mache ich mich Bettfertig. Als ich endlich unter der Decke liege, fällt die Anspannung spürbar von mir ab. Was war das denn für ein Tag? Aber für lange Überlegungen bin ich zu müde.
Am nächsten Morgen schaffe ich es kaum Aufzustehen. Ich bin so fertig. Aber mir bleibt nichts anderes übrig. Ich raffe mich auf, ziehe mich an und schon kann ich mit meiner Arbeit beginnen. Die anderen schlafen mal wieder noch und Larsson ist bereits in der Kanalisation unterwegs. Gewissenhaft und ruhig erledige ich die Hausarbeiten, bevor ich zum Markt gehe. Erneut mit der Hoffnung den Blauäugigen zu treffen, dessen Namen ich immer noch nicht weiß. Die 9 Argens trage ich immer noch in meiner Tasche, mit den Einnahmen der letzten Tage. Ich bin noch gar nicht dazu gekommen. Larsson das Geld zu übergeben.
Es ist bewölkt. Keine Sonne ist zu sehen und es geht ein eisiger Wind. Ich trage meinen Mantel und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Auf dem Markt ist kaum etwas los. Anscheinend hat keiner Lust sein Haus zu verlassen. Die Menschen eilen nur so an meinem Stand vorbei kaum einer will etwas kaufen, geschweigenden sich überhaupt Zeit nehmen meine Ware anzuschauen. Die Zeit vergeht nur schleppend. Der Blauäugige hat sich bisher auch noch nicht blicken lassen.
„Töpferware aller Art, schön verziert. Zu günstigen Preisen!“, rufe ich über den Platz. Neben mir verkauft ein kleiner Junge Strohkörbe und Hüte. Auch bei ihm sieht es schlecht aus. Er tut mir leid, wie er mit gesenktem Kopf auf dem Boden neben seiner Ware sitzt.
Eine Frau kauft bei mir grade eine Schüssel, als es an dem Stand von dem Jungen lauter wird. Ich schaue beiläufig rüber. Was geht da vor? „Das ist zu wenig“, piepst der Junge, aber ein Mann vor seinem Stand brüllt nur so vor sich hin: „Das ist alles Stümperware, und selbst geschenkt will ich dein Zeugs nicht haben.“ Ich drehe mich wieder zu meiner Kundin hin. Sie wartet ungeduldig, währen ihre roten Locken auf und ab wippen. Wenn der Streit eskaliert, will sie wohl nicht mehr da sein. Normalerweise wäre das auch mein erster Gedanke, aber der Junge hat allein doch keine Chance sich zu wehren! Ich muss ihm einfach zur Seite stehen, obwohl ich nicht viel ausrichten kann. Ich hab gestern der alten Frau schon nicht helfen können. Ich kann doch nicht immer davon laufen und mich verstecken. Ich gebe der Frau ihr Wechselgeld und bedanke mich für ihren Einkauf.
„Lassen sie den Jungen in Ruhe, wenn sie nichts kaufen wollen gehen sie woanders hin!“, brülle ich todesmutig dem Mann zu, während ich mich auf ihn zu bewege. Er ist beleibt und trägt eine verwaschene Robe. Sein Gesicht erinnert mich an das eines aufgeblasenen Ballons. Rote aufgeplusterte Backen und eine vom Alkohol rotgefärbte Säufernase. Er besitzt eine halbklatze mit einem fettigen Schnurrbart. „Misch dich nicht ein, dummes Weib“, grölt er zu mir und zu dem Jungen: „Sei froh wenn ich all deine Ware mitnehme, dann musst du nichts mehr mit nach Hause nehmen.“ Der kleine Junge von vielleicht 10 Jahren ist kurz vor dem Weinen. „Suchen sie sich doch einen anderen Stand“, die Wut kocht in mir hoch. „Ich habe gesagt mischen dich nicht ein.“ Er kommt auf mich zu. Sein Gesicht ist wutverzerrt. Er ist ein Schrank von Mann und er flößt mir, wenn ich ehrlich bin, große Angst ein. Ich habe keine Chance gegen ihn. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, ob das so eine gute Idee war. Ich hätte mich einfach raushalten sollen. Wieso komme ich immer in solche Lagen. Mein Herz macht das nicht mehr lange mit. Es schlägt mal wieder bis zum Anschlag. Wenn das so weiter geht, sterbe ich noch an Herzversagen. Was wahrscheinlich auch kein großer Verlust ist, immerhin will mich Larsson ja auch loswerden, wobei er natürlich Geld für mich will. Aber immerhin muss er, wie er gerne sagt, dann nicht mehr mein Maul stopfen.
Ich bewege mich vorsichtig rückwärts. „Wer nicht hören kann muss fühlen!“, brüllt der Mann mich jetzt an. Er hebt seine Hand drohend und zum Schlag bereit. Die übrigen Menschen bilden einen Kreis um uns. Alle wollen zuschauen aber keiner greift ein. „Ob sie auch Angst vor ihm haben?“, frage ich mich unterbewusst. Er ist jetzt nicht mehr weit von mir entfernt. Die letzten zwei Meter wird er schnell hinter sich bringen. Intuitiv mache ich mich klein und hebe beide Arme über meinen Kopf um mich zu schützen. Ich schließe meine Augen, um ihn nicht sehen zu müssen. Angst fließt durch meine Adern. Wenn er mich schlägt bleibt nicht mehr viel von mir übrig. Ich erwarte den Schlag und er kommt auch. Stark. Ich habe das Gefühl, dass mein Arm in der Mitte geteilt worden ist. Er trifft meine Arme, so stark, dass es mich rücklings auf den Boden schlägt. Ich öffne die Augen. Tränen laufen mir übers Gesicht. Mein Arm und mein Kopf schmerzen höllisch. Und mein Hintern auch. Zum Glück hat er nicht direkt meinen Kopf getroffen. Ich fühle mich benommen. Alles dreht sich und die Farben des Marktes verschwimmen ineinander. Ich drehe meinen Kopf zu Seite und muss mich übergeben. Der Geruch und der Geschmack von Erbrochenen lassen mich erneut würgen, als meine Ohren ein Keuchen vernehmen. Ob das auch vom Sturz komm? Nein.
Der Mann beginnt zu röcheln. Es ist, als ob er keine Luft mehr bekommt. Er hebt seine fetten, speckigen Finger an seinen Hals und reist seinen Mund weit auf. Die Menschen versammeln sich nun, wie eine Traube, um ihn. Der Fette japst nach Luft. Einer ruft: „Wir brauchen eine Heilerin!“ Andere: „Was hat er?“,oder, „Wir müssen ihm helfen.“ Ein Durcheinander an wildem Geschrei entsteht. Der Mann läuft unterdessen blau an. Ich bin unfähig auch nur einen Finger zu rühren. Er hebt wild gestikulierend seine Arme. Doch er keine Chance mehr. Er klappt zusammen. Sein Körper hat keine Kraft mehr. Er fällt genau auf meinen Stand. Das komplette Geschirr und so gut wie alle Töpfe zerbrechen unter der Wucht und der Masse des Fallenden. Das laute und schepperte Geräusch holt mich aus meiner Starre. Ich beginne zu schreien. „Neeeiiiin!“, meine Stimme versiegt. Alles kaputt. Alles.
Auch die Menschen um mich herum geraten in Panik, dass jemand in der Öffentlichkeit qualvoll erstickt kommt hier nicht allzu häufig vor. Besser gesagt nie. Sie rennen wild durcheinander. Manche von ihnen stürmen vom Platz. Andere wiederum versuchen dem Mann irgendwie zu helfen. Sein massiges Gesicht ist blau violett und seine Augen schauen mich qualvoll an. Mir wird schwindelig. Der kleine Junge kommt auf mich zu. Sein schmutziges Gesicht ist von Angst verzerrt. Schüchtern beugt er sich zu mir runter. „Danke.“, meint er, „Danke, dass du dich für mich eingesetzt hast.“ Er lächelt mich schüchtern an. „Schon gut.“, winke ich ab. „Es tut mir leid, dass dein Stand und deine Sachen kaputt sind“, murmelt er vor sich hin. „Es ist ja nicht deine Schuld. Du kannst nichts dafür.“, erwidere ich. Ich streiche ihm mit meiner linken Hand durchs schwarze Haar, um ihn zu beruhigen. Es ist weich. Mein rechter Arm schmerzt. „Es ist das Beste, wenn du jetzt nach Hause gehst. Heute wird bestimmt niemand mehr etwas bei dir kaufen.“ Er überlegt einen Moment und stimmt mir anschließend zu. „Du hast glaube ich Recht. Soll ich dir noch helfen?“, fragt er aufmerksam. Er ist anscheinend gut erzogen. Ich mag ihn. „Nein, alles gut, geh du nur nach Hause, ich komme Hier schon klar.“ Er schaut mich noch einmal kritisch an, aber ich lächle ihm zu und er macht sich daran seine Sachen einzupacken. Die Lüge, die meiner Aussage bei schwingt, hat er nicht bemerkt. Nichts ist gut. Gar nichts. Wie soll ich das bloß Larsson und Margot erklären. Alles ist zerstört. Ich sitze immer noch am Boden. Mein Arm schwillt an der Stelle, die vom Aufprall getroffen wurde, an und wird leicht bläulich. Hoffentlich ist nichts gebrochen.
Die Menschenmenge hat sich immer noch nicht beruhigt. Immerhin haben Sie den Toten von meinem Scherbenhaufen, denn das ist alles was mir geblieben ist, runtergeholt und ihn auf den Boden gelegt. Ich versuche mich auf zurichten, doch mir wird sofort wieder schummrig. Ich habe jedoch keine Wahl, ich kann hier ja nicht ewig rumsitzen. Ich muss retten was noch zu retten ist. Ich kann gar nicht verstehen, wie es dazu gekommen ist. Alles ist so unwirklich. Wie soll ich das nur Larsson erklären? Der Platz dreht sich und ich halte mich an einer Häuserfront fest. Ich schaue mir meinen Scherbenhaufen genauer an. Blaue, grüne, rote und braune Scherben, von halben Töpfen bis nahezu pulverförmiger Sand, liegen verstreut dar. Ein Paar Töpfe und Schüsseln sind noch heil, der Rest ist mehr oder weniger vollkommen gestört. Vielleicht kann ich ja Manches noch kleben? Es gibt Harze, welche als Klebstoff geeignet sind. Das wäre ein Versuch wert!
Ein Donnerschlag hallt durch die Gassen. Und noch einer. Es sind Pferde. Viele Pferde. Die Menschmenge gerät erneut in Panik. Es ist nie gut, wenn die Soldaten kommen. Die Panik bringt die Menschen weg zu rennen. Eilig packe ich die Scherben zusammen und schmeiße sie in meinen Wagen. Super, ausgerechnet jetzt. Heut ist einfach mal wieder ein Scheiß Tag. Mal wieder. Nein, Gestern war ja auch scheiße. Ich versinke in Selbstmitleid. Mein Arm schmerzt. Alles ist doof. Unter den Scherben entdecke ich die Schüssel, welche der Blauäugige eigentlich kaufen wollte, sie aber noch nicht abgeholt hatte. Wobei ich eigentlich gar nicht weiß, ob er sie überhaupt noch haben will. Oder besser gesagt haben wollte. Jetzt ist sie schließlich kaputt. Ich sammle die Scherben besagter Schüssel vorsichtiger ein. Vielleicht kann ich sie ja wirklich kleben? Dann kann ich sie wenigstens symbolisch übergeben.
Das Getrampel der Pferde erreicht den Platz und Männer in Uniform stürmen durch die durcheinander rennende Menge. Was sie hier wohl wollen? Ich versuche verzweifelt die letzten Stücke der Töpfereien vom Boden in meinen Wagen, welcher zum Glück unbeschädigt blieb, zu kratzen.
„Lass die Schüsseln“, meint eine mir mittlerweile wohl bekannt Stimme. Die Stimme von ihm. Ich drehe mich um und da sitzt er auf seinem Pferd. Er schaut mich an und seine braunen Haare fallen ihm leicht ins Gesicht. „Warum?“, frage ich erstaunt zurück. Er trägt auch eine Soldatenuniform. Ist er auch Soldat? „Du weißt nicht was hier los ist.“, erwidert er ungeduldig. „Dann erkläre es mir“, fordere ich bockig. „Dazu haben wir jetzt keine Zeit. Steig auf!“ Ich will meine Arme trotzig überkreuz schlagen doch der Rechte schmerzt zu sehr. Folglich fuchtele ich nur dumm mit dem linken Arm herum. Erbärmlich. Er zieht eine Augenbraue hoch und schaut mich besorgt an. „Was ist passiert?“ „Ich dachte dazu haben wir keine Zeit“, äffe ich ihn gespielt nach. Er seufzt und steigt vom Pferd ab. „Na los ich helfe dir auf.“ Er wirkt ungeduldig. Ich schaue mich um. Immer mehr Soldaten stürmen den Platz und ergreifen mehrere Händler und Besucher des Marktes. Ich sehe wie eine harmlose junge Frau mit ebenfalls langen braunen Haaren, über den Boden gezerrt wird. Ein weiterer Soldat zieht ihr das Kleid hoch und peitscht sie auf ihren nackten Rücken. Sie beut sich auf vor Schmerzen. Doch ihr Schrei verklingt ohne vernommen zu werden. Das Durcheinander und die vielen Schreie lassen den ihren nicht durchdringen. Ich habe keine Wahl, ich muss ihm einfach vertrauen. Eine Chance gegen die Soldaten habe ich nicht. Und er Hat Recht, ich habe keine Ahnung was sie hier wollen. Ich steige auf seine Hand, die er mir wieder hingestreckt hatte. Der Schwarze Hengst wiehert unruhig, während ich auf ihn steige. Ihm ist der Lärm und das Chaos anscheinend auch nicht geheuer Als ich oben auf dem Pferd sitze, wird mir erneut schwindelig, aber es dauert keine Sekunde, bis der blauäugige Soldat sich ebenfalls hochgeschwungen hatte. Ich schwinge meine Arme trotz Schmerzen um ihn und das Pferd reitet im Galopp davon. Ich schaue zurück. Der ehemals grölende und brüllende Mann liegt immer noch vor meinem Stand. Keiner beachtet ihn mehr. Er tut mir Leid. Der Scherbenhaufen, in gewisser Weiße mein Leben, liegt im Wagen. Ich habe das dumpfe Gefühl, dass ich ihn nie wieder sehen werde.
Wir galoppieren durch die Gassen Valdes. Bei jedem Schritt oder besser gesagt jedem Tritt des Pferdes fährt der Schmerz durch meinen Arm und Kopf. Ja auch in meinen Kopf. Der Schlag hat ihm wohl mehr abverlangt, als ich dachte. Durch den Galopp des Pferdes, werde ich nur so auf seinem Rücken hin und her geschleudert. Mir ist schlecht. Ich habe das Gefühl mich jeden Moment nochmals übergeben zu müssen, dennoch umarme ich den Mann vor mir, um nicht vom Pferd zu fallen. Wir galoppieren an Karren und Menschen vorbei. Eine Frau schüttet ein Gefäß, ich denke ihre Bettpfanne, vor uns aus dem Fenster im zweiten Stock einer verkommenen Holzhütte. Der Reiter lenkt das Pferd vorbei, um nicht von der braungelben Flüssigkeit getroffen zu werden. Igitt. „Wohin reiten wir? Warum bringst du mich weg? Wer bist du?“, sprudeln die Fragen leicht hysterisch aus mir heraus. „Ich will dir helfen, hab keine Angst.“, antwortet er, ohne auch nur eine Frage zu beantworten. Scheißkerl. Aber ein gutaussehender Scheißkerl.
Ich kenne die Gassen durch die wir jetzt reiten. Sie sind in der Nähe von meinem Zuhause. „Bringst du mich nach Hause?“, frage ich leicht verwirrt, damit habe ich jetzt nicht wirklich gerechnet. Irgendwie dachte ich, er entführt mich jetzt weiß Gott wohin. Aber vielleicht ist das auch besser so. Mit ihm allein, das würde ich nie ertragen! Er gibt immer noch keine Antwort auf meine Fragen. Aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Es ist fast so, als würde ich nichts mehr erwarten. Aber die Frage klärt sich in dem Moment, als unser Haus oder Larssons Haus in Sichtweite kommt.Vier Pferde wahrscheinlich von Soldaten tummeln sich davor und unsere Haustüre steht sperrangelweit offen. Was ist da los? Wonach suchen sie und wo sind die Soldaten? Der Blauäugige hält das Pferd an der Ecke vor unserem Haus. Gerade, als ich den Mann vor mir fragen will, was los ist, zerren zwei Soldaten Larsson aus der Haustür. Sie halten jeweils einen Arm. Larsson wird mehr hinterhergeschleift, als dass er mitläuft. „Wo ist sie? Wo ist das Mädchen?“, brüllt der Linke von Beiden ihn an. „Auf dem Markt, wie immer!“, versucht Larsson sie zu überzeugen. Er hört sich nur noch kraftlos an. Ein dritter Soldat, jünger als die anderen, kommt hinter den Dreien aus der Tür. Er zieht Maya hinter sich aus dem Haus. „Die hier habe ich in einer Kiste versteckt gefunden.“, meint er zu den beiden anderen Soldaten. Das Blut gefriert mir in den Adern nicht Maya. Mein Körper versteift sich. Der Fremde vor mir scheint das zu spüren und tätschelt beruhigend meine Hand. „Verhalte dich still“, flüstert er mir zu ohne sich von der Szenerie abzuwenden. Der linke Soldat, ein bullig aussehender Mann mit Vollbart, sieht kurz das Mädchen an und brüllt dann Larsson erneut an: „ Das ist sie nicht. Wo ist Sie? Wenn sie uns nicht sofort Auskunft geben, werden wir das Mädchen töten.“ Er zeigt mit einem Finger auf Maya. Der rechte Soldat, welcher sich bisher aus dem Gespräch herausgehalten hatte nickt zustimmend. Der junge Soldat legt ihr ein langes silbriges Schwert an ihren Hals. Maya wimmert. Larsson schaut den Mann flehentlich an. Ich hätte nie gedacht, bei ihm einmal Tränen zu sehen, aber er fängt an zu weinen: „Nicht meine Kleine. Ich weiß es wirklich nicht. Sie ist immer auf dem Markt. Tuen sie ihr nichts.“ Der Gefühlsausbruch Larssons überrascht mich. Noch nie hatte ich ihn Weinen sehen, geschweigenden Gefühle außer Wut zu zeigen. Die Soldaten scheinen nicht so recht zu wissen, was zu tun ist. Möglicherweise haben auch sie nicht mit dieser Reaktion gerechnet. „Wir warten auf den Hauptmann. Er müsste jeden Moment hier sein.“, beschließt der Bullige und schaut sich nach rechts und nach links um. In Erwartung entdeckt zu werden beschleunigt sich mein Atem. Ich kann gar nicht hinsehen und wende meinen Kopf ab. Nichts. Kein: „ Auf sie mit Gebrüll“, oder ähnliches. Er entdeckt uns zum Glück nicht.
Der Blauäugige beobachtet noch einen Moment das Geschehen, bevor er die Zügel umreist und den Weg zurückreitet, den wir gekommen sind. Jetzt hab ich wirklich kein Zuhause mehr. Die Soldaten haben zwar nicht gesagt, wen sie genau suchen, aber nach Larssons Aussage: Sie ist auf dem Markt, ist es klar nach wem sie suchen. Nach mir. Ob sie Larsson glauben? Oder Maya töten? Ich fühle mich verantwortlich, dass es ihnen schlecht geht. Ich drücke mich, trotz des rechten Armes, enger an den Fremden, auf der Suche nach Geborgenheit. Ich habe kein Zuhause mehr. Wo soll ich denn jetzt hin? Und wieso hat er mich ihnen nicht übergeben, er ist doch auch ein Soldat? Aber ich habe das Gefühl, und ich weiß nicht woher, dass ich ihm vertrauen kann. Er hatte so viele Möglichkeiten, mich festzunehmen und mich auszuliefern, aber er hatte es nicht gemacht. Ich stelle ihm eine Frage und ich denke, er weiß was ich meine: „Warum?“ Aber wieder einmal typisch für ihn, gibt er mir keine Antwort. „Weist du ich finde das nicht gerade freundlich von dir. Bin ich dir es nichts wert, dass ich keine Antwort verdiene? Das Letzte Mal hast du doch gemeint: Wir müssen reden! Meine Schwester wird vielleicht umgebracht, und du sagst mir nichts. Gar nichts!“ Meine anfänglich noch ruhige Stimme wird immer hysterischer. „Warum lieferst du mich nicht einfach denen aus? Dann verschonen sie wenigstens Mayas Leben.“ „Später, sei jetzt einfach mal zur Abwechslung still und verhalte dich ruhig“, kommt es nur genervt von dem Mann vor mir zurück. Klar mach mich einfach mundtot. Das habe ich gerne! Aber ja ich gehorche ihm besser. Es sieht nicht so aus, als würde er sich von meinem Gefasel beeinflussen lassen. Die einzige Möglichkeit wäre es, mich vom Pferd fallen zu lassen. Aber mir schmerzt jetzt schon alles und ich glaube nicht, dass ich danach noch fähig bin mich weit fortzubewegen. Folglich bleibe also ich ruhig sitzen und warte ab, wo er mich hinbringt.
Wir reiten durch mehrere Gassen, es sind kaum mehr Menschen vor den Türen. Alle verstecken sich in ihren Hütten. Wahrscheinlich haben sie sogar die Türen verbarrikadiert. Wir haben nicht mehr miteinander Gesprochen. Das Pferd wird immer langsamer, bevor wir vor einer Hütte halten, welche mir sogar bekannt ist. Alfreds schäbige Hütte. Es sind keine Soldaten zu sehen und der Mann vor mir steigt, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass niemand in der Nähe ist, ab. Ich würde zu gern fragen, was wir hier machen, aber ich weiß, dass es zwecklos ist. Er gibt mir eh keine Antwort. Er reicht mir seine Hand. Ich bin kurzdavor mich als bockiges Kind aufzuführen und sitzen zu bleiben, aber ich kann mich gerade noch beherrschen. Ich nehme seine Hand und er hilft mir runter. Der Aufprall auf dem Boden, verursacht einen weiteren Schmerz, welcher durch meinen Kopf zieht. Intuitiv halte ich meinen Kopf mit beiden Händen fest und kneife die Augen zusammen. „Alles gut bei dir?“, fragt der Mann mich fürsorglich. Ich antworte nicht. Er antwortet mir ja auch nicht. Ich öffne die Augen und tue so, als ob nichts wäre. Ich streiche betont ruhig und gelassen mein Kleid glatt. Ich beachte ihn gar nicht, als ob ich ihn nicht gehört hätte. Der Mann seufzt genervt über meine Reaktion. Soll er doch so viel seufzen wie er will! Jetzt sieht er mal, wie ich mich die ganze Zeit fühle. Mir ist bewusst, dass der Vergleich ein wenig hinkt, aber er hat jetzt trotzdem Pech gehabt. Wieso interessiert es ihn überhaupt, wie es mir geht? Ich sage immer noch nichts. Der Blauäugige scheint aufzugeben und wendet sich in Richtung Hütte. Er überwindet mit wenigen Schritten die Distanz zwischen Pferd und hölzerner Türe. Er schaut sich noch ein letztes Mal um und klopft an die Hütte Larssons. Ich stehe hinter ihm und warte, darauf, dass Alfred die Tür öffnet. Nichts passiert. Der Mann klopft erneut. Dieses Mal ein rhythmisches Poch Poch Poch, Pause, Poch Poch Poch, Pause, Poch Poch Poch.
Wenige Sekunden später öffnet sich die Tür einen Spalt. Alfreds Augen scheinen wie Stecknadelköpfe durch den Türschlitz zu leuchten. „Wer da?“, fragt er. „Ich bin es.“, antwortet der Mann nur. Ich bin überrascht, dass sie sich kennen. Ich meine, Alfred ist ein erbärmlicher Luminier, welcher in der Kanalisation arbeitet und sein Leben nicht im Griff hat und der blauäugige Schönling, was nicht heißt, dass ich ihn toll finde, ist so wie es aussieht, ein einflussreicher Soldat. Was die beiden wohl miteinander zu tun haben? Alfred öffnet die Türe. Ein Knarzen ertönt beim Aufschwingen. „Leander, komm rein“, meint Alfred begeistert. Leander also. Jetzt weiß ich zumindest seinen Namen. Leander geht ins Innere der Hütte und Alfred sieht jetzt auch mich. „Elena, da bist du ja.“ Hat er mich erwartet? Ich ziehe eine Augenbraue nach oben, sage jedoch nichts und gehe hinter dem Blauäugigen ins Haus. Hinter uns schließt Alfred die Türe und verriegelt sie mit einem Holzbalken. Es sieht so aus, als wolle er sie verrammeln.
„Nun setzt euch doch.“, meint er zu uns während er an uns vorbei in den Wohnraum geht. Leander folgt ihm ohne zu zögern. „Ich glaube Elena geht es nicht so gut.“ Ich folge den Beiden mit etwas Abstand. Die ganze Situation wirkt surreal auf mich. „Elena, stimmt das?“, fragt Alfred mich beunruhigt. „Mein Arm schmerzt etwas.“, meine ich zu ihm und zeige auf meinen rechten Arm. Ich weiß, dass er mich nichts macht. Er war immer gut zu mir. Leander schaut etwas verwirrt rein. Er hat wohl gar nichts davon mitbekommen. Alfred kommt auf mich zu und führt mich zu einem Stuhl, welcher an einem kleinen Holztisch steht.
Er befühlt mit seinen Händen meinen Arm und der Schmerz pocht nur so durch meine Adern. „Kannst du ihn bewegen?“, fragt er mich mit hochgezogenen Augenbrauen. Es sieht so aus, als ob er sich auskennen würde. Ich bewege meinen Arm hin und her. „Ja“, antworte ich mit einem kritischen Blick auf den Arm. „Ich denke es ist nichts gebrochen, dennoch würde ich versuchen den Arm in nächster Zeit nicht zu belasten.“ Das scheint mir einleuchtend zu sein und ich nicke. „Danke.“ „Ich denke, ihrem Kopf geht es auch nicht so gut. Wie ist das eigentlich passiert?“, fragt Leander an uns Beide gewandt. Ich schalte auf Durchzug und reagiere nicht auf ihn. Alfred schaut mich dagegen skeptisch an und fragt: „Hast du die Schmerzen an einer bestimmten Stelle? Oder sind sie ehr übergreifend? Ist dir schwindelig?“ „Wenn ich mich ruckartig bewege, ziehen die Schmerzen durch meinen Kopf und mir wird schwindelig.“, ich gestikuliere mit kreisenden Bewegungen um meinen Kopf.
„Vielleicht hast du eine Gehirnerschütterung.“, überlegt Alfred mit Stirnrunzeln im Gesicht, „Wie ist das denn jetzt genau passiert, gab es einen Aufprall? Bist du gestolpert?“
Ich beschließe Alfred zu antworten, schließlich hilft er mir und es sieht so aus, als ob er meine Information für seine Diagnose benötigt. „Ich wurde von einem Mann geschlagen. Ich habe meine Arme noch hochgezogen, doch er hat mit einer solcher Wucht gegen ihn geschlagen, dass meine Arm gegen meinen Kopf geschleudert wurden.“, antworte ich wahrheitsgemäß. Ich beobachte Leander im Augenwinkel. Er lässt sich groß nichts anmerken, aber einen winzigen Moment, sehe ich Wut in seinem Gesicht. Aber worauf er jetzt genau wütend ist, kann ich nicht ausmachen. Wahrscheinlich, weil ich ihm nichts gesagt habe. Naja, sein Pech! Er sagt mir ja auch nichts.
„Ja, das erklärt zumindest deine Verletzungen.“ Alfred kratzt sich am Kopf. „Du solltest am besten eine Weile still liegen und dich nicht bewegen. Leander kannst du sie bitte ins Schlafzimmer tragen, damit sie sich ein wenig ausruhen kann. Es ist ja mittlerweile schon wieder fast komplett dunkel draußen. “ Ich hatte gar nicht bemerkt, wie die Zeit vergangen ist. Schlafen, würde ich jetzt schon ganz gerne, aber von dem Dummkopf hochgetragen zu werden, das will garantiert nicht!
„Nein, ich kann selber laufen!“, protestiere ich lautstark, womit ich Leander ein Grinsen ins Gesicht locke. „Außerdem schuldet er mir noch ganz viele Antworten!“ Ich will mich gerade schwungvoll aufrichten um ihnen meine Frustration nur so um die Ohren zu schlagen. Aber ich habe mich wohl zu ruckartig bewegt, und der Schmerz kehrt prompt in meinen Kopf zurück. „Ah“, entrutscht es mir.
„Keine Wiederrede. Leander trägt dich jetzt hoch und Morgen ist auch noch ein Tag. Er wird dir dann alle deine Fragen beantworten. Hier seid ihr für den Moment zumindest sicher.“, stellt Alfred in einem Ton dar, welcher keine Widerrede mehr duldet. Ich sage nichts dazu und starre ihn nur wütend an. Leander, der das Geschehen bisher nur stumm aus einer Ecke beobachtet hat, kommt nun auf mich zu. Er grinst mich ruhig an. Ihn scheint die Situation aus irgendeinem Grund Freude zu bereiten. „Grins nicht so dumm“, mache ich ihn an. Doch er grinst nur noch breiter. „Wenn ich oben schlafe, wo wollt ihr dann eigentlich schlafen?“, meine ich, nachdem mir dieser Gedanke in den Kopf geschossen ist.
„Keine Sorge“, meint Alfred nur, „Wir finden schon ein Plätzchen.“ Tolle Antwort. Jetzt bin ich genauso schlau wie vorher. Leander steht nun vor mir und beugt sich zu mir hinunter. „Achtung.“ Er schlingt einen Arm unter meine Knie und mit den anderen stützt er meinen Oberkörper. Er hebt mich hoch, als ob ich nichts wiegen würde. Ich schau in sein Gesicht hoch und meine Augen werden von seinen gefangen genommen. Sie sind einfach zu schön für diese Welt. Ich hasse mich für meine Schwäche ihm gegenüber.
„Gute Nacht, Elena“, ruft Alfred noch hinter uns hinterher, als wir beziehungsweise er schon die Stufen der Treppe ins Schlafzimmer hochgeht. „Wer bist du?“, frage ich ihn. „Leander“, antwortet er nur, ohne eine weitere Angabe. „Nein, ich meinte nicht, wie du heißt, sondern wer du bist. Warum hast du mich weggebracht?“ Meine Stimme klingt erschöpft. „Ach, Elena, morgen erkläre ich dir alles.“ Leander legt mich vorsichtig auf das Bett und fängt an mir den linken Schuhe auszuziehen. „Hey ich kann das allein!“, protestiere ich. Ich will mich aufsetzen aber der Schmerz kehrt in meinen Kopf zurück. Sodass ich mich meiner selbst ergeben muss. „Ist schon gut, ruhe dich aus.“, meint er zu mir. Sein braunen Haare fallen im locker ins Gesicht, aber er erhebt keinerlei Anstalten sie daraus zu entfernen. Er sieht so gut aus! Ich spüre wie mir die Röte ins Gesicht steigt, als er mir nun auch den rechten Schuh vorsichtig auszieht. Mein Kleid lässt er zum Glück an! Das wäre mich auch reichlich unangenehm, wenn er auf die Idee gekommen wäre, es mir auszuziehen. Ich atme erleichtert aus und beobachte Leander. Er deckt mich fast liebevoll zu. Oder zumindest bilde ich es mir ein. Also mein Unterbewusst. Nicht ich selber. Ich mag ihn ja gar nicht! Er ist ein respektloser Dummkopf, der mich entführt hat und mir nicht einmal sagt warum! „Warum verziehst du dein Gesicht so, geht es dir wieder schlechter?“, reist mich Leander aus meinen Gedanken. „Nein, Nein alles gut.“ Ich versuche ein möglichst neutrales Gesicht zu machen. „Ich bin nur müde.“ Der Blauäugige lächelt mich an: „Guten Nacht, kleine.“ `Kleine´, respektloser Dummkopf, sage ich ja. Sowas unerhörtes. Ich wollte noch eine bissige Bemerkung zurückgeben, sowas von wegen: Du bist ja auch nicht der Größte, oder, Wer ist hier klein, aber du… Ach keine Ahnung, aber Leander hat den Raum schon mit geschmeidigen Schritten verlassen. Ich höre ihn noch die Treppen hinunter gehen, bevor ich auch schon aus Erschöpfung eingeschlafen bin. Die letzte Nacht war auch sehr kurz gewesen.
„Was ist, wenn sie es nicht ist?“ Eine Stimme dringt zu mir durch. Leise und gedämpft. Ich liege immer noch in Alfreds Bett, unter der grünen Decke. Die Nacht hatte ich traumlos hinter mich gebracht. „Wir müssen sie in Sicherheit bringen. Wir können kein Risiko eingehen.“ Alfred und Leander unterhalten sich vor der Türe. Ich versuche mich auf ihre Stimmen zu konzentrieren. Ich muss endlich wissen, was hier vor sich geht. Warum suchen mich die Soldaten? Glauben sie, dass ich Felician umgebracht habe? Bin ich des Mordes verdächtigt? Aber ich habe doch gar nichts gemacht. Resignation über meine derzeitige Situation macht sich in mir breit. Ich will zurück zu meiner Familie. Was ist mit Maya und den anderen passiert? Ich will mein altes Leben wieder! Ich will, dass Larsson auf mich sauer ist. Ich will Marvin und Markus lachen sehen. Ich will Margots Eintöpfe essen. Ich will arbeiten, auf den Markt gehen und komische heiratswillige treffen. „Du musst es ihr sagen!“ „Wie denn? Sie ist so störrisch.“ „Gewinn ihr Vertrauen. Sie ist ein liebes Mädchen.“ „Und wenn, sie es nicht glaubt?“ „Gib dir in Gottesnamen Mühe.“, Alfreds Stimme klingt fordernd. Was hat das Ganze zu bedeuten? Mein Vertrauen zu gewinnen. Das alles ist höchst verdächtig.
Ein lautes Hämmern unterbricht meine Gedanken. Es kommt von unten. Ich verstecke mich intuitiv unter der Decke. „Sie sind schon da, verschwindet! Los!“, Alfred klingt gefasst, aber die Gefahr schwingt in seiner Stimme mit. „Aber…“, erwidert Leander. „Kein Aber! Beeilt euch. Ich werde sie aufhalten.“ Die Türe zum Schlafzimmer öffnet sich und Leander stürmt herein. „Elena“, brüllt er, „Los pack deine Sache und zieh dir die Schuhe an.“ Ich blinzele unter der Decke vor, doch er hat sie schon weggezogen. Unten hämmert es erneut gegen die Türe. „Los mach schon.“ Ich packe meine Schuhe und ziehe sie an, während Leander sich an Alfreds Schrank zu schaffen macht. „Wohin gehen wir?“, frage ich ihn. Er nimmt einen Rucksack aus dem Schrank und schmeißt ihn mir vor die Füße. „Nimm den und zieh ihn auf.“ Das Hämmern an der Tür hält an. Ich packe den braunen Stoffrucksack und ziehe ihn an. Leander ist immer noch am Schrank. Was macht er da? „Ich glaube wir sollten gehen“, versuche ich ihn auf die dringliche Situation aufmerksam zu machen. Er reagiert nicht auf mich. Ich gehe auf ihn und den Schrank zu. „Leander?“ Er klappt den Boden aus dem Schrank. Ein Geheimfach? Ich schaue genauer hin. Nein, ein schwarzes Loch kommt zum Vorschein. Es sieht mehr wie ein Geheimgang aus. Ja das würde auch Sinn machen. Es kommt eine unangenehme Duftwolke daraus hervor. Es riecht nach Scheiße. „Spring“, fordert er mich auf. Ich schaue ihn verwirrt an. In ein dunkles und stinkendes Loch? Noch bevor ich große Wiederworte hervorbringen kann, schupst er mich hinein.
Ich falle und rutsche an einer Steilen Wand hinab. Das Loch ist nicht sonderlich breit. Zum Glück habe ich keine Platzangst! Die Wand, an der ich hinabschliddere, wird flacher und ich rutsche nun einen Gang hinunter. Es ist vollkommen Dunkel um mich herum. Die Wände fühlen sich rutschig glatt an. Ich lande mit dem Hintern zuerst auf dem Boden. „Geh auf die Seite“, höre ich Leander hinter mir. Toll ohne Orientierung. Ich bewege mich wahr los weiter nach rechts und taste mich auf allen Vieren vorwärts. So viel dazu, dass ich meinen Arm und meinen Kopf schonen soll. Kurz nach mir landet auch Leander auf dem Boden. „Wo sind wir hier?“, frage ich ihn. „In der Kanalisation.“, antwortet er mir. Das erklärt auch den Gestank. Ich bin froh, dass ich noch nichts „Weiches“ berührt habe. Wenn ich schon daran denke, kommt mir die Galle hoch. „Bähh“, würge ich hervor. „Es wird niemand auf die Idee kommen, hier nach uns zu suchen.“, erläutert Leander mir. Und ich muss ihm leider zustimmen. Wer kommt schon freiwillig auf die Idee, in die Kanalisation zu kriechen? Ich eigentlich nicht. „Wohin gehen wir jetzt, ich kann Nichts sehen, hier ist es so dunkel.“ Wenn ich jetzt ein Luminer wäre, könnte ich ganz einfach eine Lichtkugel erzeugen und wir säßen hier nicht mehr. Aber ich hab ja keine Magie in mir. „Kannst du mir den Rucksack geben?“, antwortet er mir, mal wieder ohne direkt auf mich einzugehen. Arschloch. „Ja“, antworte ich stattdessen und ziehe den Rucksack ab. Ich drehe mich zur Stimme hin und strecke mit Links den Rucksack in die Dunkelheit hinein. „Hier nimm." Einen Moment später, er musste wohl auch erst danach suchen, wird die Last von meiner Hand genommen. „Danke.“ Er öffnet den Rucksack und ein schwaches Licht strömt heraus. „Eine Luminerkugel?“, frage ich ihn. Er holt ein Glasgefäß mit einer leuchtenden Kugel darin hervor „Ja, Alfred hat sie für alle Fälle gemacht.“ Ich schaue mich um. Wir stehen ihn einem Steingewölbe. Eine Rutsche hinter Leander führt hinein. Da sind wir wahrscheinlich hergekommen. Aus dem Raum führt nur ein niedriger Tunnel hinaus. Wofür der Raum wohl gemacht worden ist und warum hat Alfred einen Tunnel hierher? Der Blauäugige zieht den Rucksack an. „Los, folge mir.“ Er marschiert in Richtung Tunnel und kriecht hindurch. Es wird sichtlich dunkler in dem Raum, wenn ich nicht gerade in Dunkelheit zurückbleiben will, muss ich ihm folgen. Er ist meine einzige Chance hier heraus.
Wir wandern schon eine Zeitlang schweigend durch die Gänge der Kanalisation. Ab und Zu sind wir am Abwassersystem vorbeigekommen, riesige Kanäle voll mit brauner Flüssigkeit, aber meistens bewegen wir uns abseits, in schmalen Seitengängen, voran. Mein Bauch schmerzt und knurrt mittlerweile. Ich habe Hunger. Ich habe seit gestern Mittag nichts mehr zwischen den Zähnen gehabt. Durst habe ich auch. So eine Flucht macht einfach keinen Spaß. „Können wir nicht eine Pause machen?“, frage ich Leander, der schon einige Meter vor mir ist. Er dreht sich zu mir um. „Ich weiß nicht, wie lange das Licht noch lebt. Und bis dahin, wäre es glaube ich besser, wenn wir außerhalb dieses Tunnelsystem wären.“ Ich schnaufe resigniert, muss ihm jedoch mal wieder zustimmen. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es ist, hier im Dunkel herum zu irren. Mir läuft es eiskalt den Rücken herunter und ich erschaudere. „Komm her“, fordert Leander mich auf. „Ich werde dich tragen.“ „Nein, nein es geht noch.“ Ich schüttele energisch den Kopf. Ich wollte nicht von ihm getragen werden. „Ich bin eine starke Persönlichkeit und lasse mich nicht derartig erniedrigen“, rede ich mir selbst ein. Ein anderer Teil von mir ist jedoch anderer Meinung. Dieser Teil, will von ihm getragen werden, ihn riechen und an sich spüren. Ich verdränge ihn. Stolz marschiere ich an Leander vorbei. „Kommst du? Ich dachte das Licht lebt nicht mehr lange!“
Texte: allein bei mir
Tag der Veröffentlichung: 27.10.2014
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An all Jene, die es lieben zu lesen und sich über jedes geschriebene Wort freuen.