Weihnachten 1988
Vormittags um 11 Uhr dröhnt entsetzt ein Aufschrei durch die Kehlen:
Tausende von Toten musste traurig bald darauf man zählen.
Seit dem siebenten Dezember ist Armenien in Schrecken:
Trümmer und Ruinen sind es, die die Erde nun bedecken.
Ganze Städte hat ein Beben radikal zugrund’gerichtet;
nun ein Bild des Grauens weit sich über Leichen schichtet.
Unter Balken, Steinen, Ziegeln hört man Hilfeschreie tönen...
Es sind Menschen zu befreien, die sich nicht mehr helfen können.
Dächer, Türme, Wohnblockmauern stürzen ein wie Kartenhäuser.
Unter Staub, Geröll im Dunkel wird das Klagen immer leiser.
Groß an Zahl sind die Verletzten, zahllos auch die Obdachlosen.
Seit dem letzten schweren Beben sind erst achtzig Jahr’ verflossen.
Weinend, trauernd suchen Helfer hilflos und in Sorgen,
ob nicht doch noch eins der Lieben lebend wird vom Grab geborgen.
Schulen sind Begräbnisstätten, müssen nun dem Tode weichen.
Aus des Schuttes Trümmerhaufen zieht man fünfzig Kinderleichen.
Ärzte, Schwestern, Rettungsmänner tragen weg, die schwer verwundet,
hoffen doch, dass nach und nach der ein und and’re noch gesundet.
Selbst am neunten Tage kann man Leute “Gott sei Dank!“ noch finden,
die vom eig’nen Blut sich nährten, um den Tod zu überwinden.
Viele and’re, eingekerkert, lebend noch, vom Tod Verschonte,
hoffend sich nach Rettung sehnten, die man nicht erwarten konnte.
Kleider, Zelte und Arzneien sollen weiter Hilfe geben,
dass für die, die hinterblieben, Hoffnung kommt auf neues Leben.
Durch der Erde Beben liegen viele Tausend auf der Bahre,
Kinder werden abgetrieben viele Tausend alle Jahre.
Viele tausend Menschenopfer sterben jedes Jahr auf Straßen,
viele tausend Selbstmordopfer müssen früh ihr Leben lassen.
Viele tausend Aidserkrankte können nur den Tod erwarten,
viele tausend Hungertote in der Dritten Welt erstarrten.
Viele tausend Kriegsmordopfer jährlich auf dem Schlachtfeld sterben,
viele tausend Suchtgifttote lassen nichts zurück den Erben.
Viele tausend Arbeitslose haben nun kein Geld zu leben,
müssen Haus und Hof verlassen, Weihnacht in der Fern erleben.
Dennoch wird in Hoffnung leben, wer an Weihnachten kann denken.
Manche Tränen werden trocken: Gott kann es zum Guten lenken.
Um das Dunkel zu besiegen, ward ein Kindlein einst geboren.
Wäre Christus nicht erschienen, wär’ die ganze Welt verloren.
Um die alte Welt zu ändern, kam das Gotteskind zur Erde,
das den Menschen Freiheit brachte, dass sie wieder freier werde.
Um die Ketten zu zerbrechen, kam der Herr zur Welt im Stalle,
brachte Licht in das Gefängnis und erlöste dámit alle.
Um die Fesseln zu zerstören, ist Gott selbst ein Mensch geworden,
als Herodes gar befohlen, alle Knäblein zu ermorden.
Um die Ichsucht zu besiegen, machte klein sich Gott im Kinde
und befreite dadurch endlich gar den Sünder von der Sünde.
Wo sich Menschen Hände reichend zur Versöhnung wieder finden,
wo das Christkind wird geboren, werden sehend selbst die Blinden.
Wo bereit man ist zu teilen, wird die Not gar bald erleichtert,
wo man schenkt einander Liebe, wird man innerlich bereichert.
Wo noch Menschen voll Vertrauen bitten um Erlösung wieder,
wo man sucht nach Gottes Willen, kommt Gott selbst zur Erde nieder.
Wo man Zorn und Hass begraben, dort erwacht ein neues Leben,
wo nach Gottes Wort man handelt, wird bereit man zum Vergeben.
Darum tretet hin zur Krippe, wo das Gotteskind muss liegen,
in dem winterkalten Stalle ist kein warmes Bett zu kriegen.
Darum schenkt, was ihr könnt geben! Hunger, Durst muss es ertragen,
dunkel ist es und erbärmlich, seine Eltern schier verzagen.
Darum gebt doch Herberg denen, die von Tür zu Türe eilen.
Ach, wie lange muss das Kind noch unter Menschen so verweilen?
Lasset uns anbetend knien, wie die Hirten einst es taten,
die so freudig alles gaben, von dem Wen’gen, das sie hatten.
Lasset uns in Demut schenken, wie die Kön’ge voll Vertrauen,
die sich tief in Ehrfurcht neigen, Gottes Kindlein anzuschauen.
Lasset betend uns auch bitten um Veränderung der Erde,
dass nach vielem Leid und Trübsal endlich wieder Weihnacht werde.
Tag der Veröffentlichung: 02.01.2011
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