Cover

Weihnachten 2000



Als König Herodes im jüdischen Reich
vor zweitausend Jahren regierte,
da kamen zu ihm bald drei Weise zugleich,
die sicher ein Stern hinführte.

Sie fragten ihn freundlich, der finster und bleich
so dasaß mit goldener Krone
inmitten von Kissen recht wohlig und weich
auf seinem erhabenen Throne:

„Wo ist denn, Herodes, der göttliche Sohn,
der König der Juden, geboren?
Wenn du es uns sagst, so bist du zum Lohn
von Weisen zum Helden erkoren.“

Herodes erschrak nun auf einmal so sehr
und spitzte die lauschenden Ohren:
„Ein König, sagt ihr? Was möchte denn der?
Gewiss ist er längst schon erfroren!“


„Wir haben den Stern schon lange vorher
im Morgenland aufgehen sehen.
Er hat uns geführet von dort bis daher,
sodass wir vor dir hier nun stehen.“

So sprachen die Weisen ganz einfach und schlicht.
Herodes erfasste das Grauen.
Er ließ die Gelehrten - es war ihre Pflicht –
die ältesten Bücher durchschauen.

„Hier steht es!“ rief einer. „Ich les’ den Bericht.
Man darf den Propheten doch trauen!
Du, Bethlehem, bringst dieser Welt einst das Licht
durch eine der schönsten Jungfrauen.“

Herodes verstand diese Botschaft noch nicht
und wollte sein Wissen vermehren.
Die Neugierde stand schon in seinem Gesicht,
er musste Genaueres hören:


„Wenn ihr das Kind findet, dann meldet es mir!
Ich möchte es nämlich verehren,
ganz gleich es anbeten so huldvoll wie ihr
und ihm auch Geschenke bescheren.“

Die Weisen verneigten sich tief an der Tür
und hörten nicht auf sein Begehren.
Sie waren betroffen und zitterten schier
und mieden ab dort seine Lehren.

Jetzt zog auch der Stern vor ihnen einher
als sicherer Reisebegleiter.
Er brachte dem Ziel sie nur näher noch mehr.
Sie fühlten sich jetzt wieder heiter.

Da blieb er nun stehen und funkelte sehr
herab auf die wandernden Reiter.
Sie hatten die Hände auch diesmal nicht leer:
Viel Schätze verschenkten sie weiter.


Zum Stalle von Bethlehem trugen sie hin
Geschenke von kostbarem Werte:
Gold, Weihrauch und Myrrhe als Zeichen und Sinn
für irdische Gottesgelehrte.

Maria und Josef in ihrem Bemüh’n,
das Jesukind, das man bescherte,
mit Sorgfalt zu pflegen schon gleich am Beginn,
bedankten sich für das Begehrte.

Und Kaspar und Melchior und auch Balthasar
bedeckten sich müde und schliefen.
Sie träumten, es drohe recht bald die Gefahr,
der scheinbar entgegen sie liefen.

Sie hörten im Traume die himmlische Schar,
wie Engel beim Namen sie riefen:
„Ihr Könige, Heilige, seid wunderbar!
Ihr habt die Erlösung begriffen.“


Sie ritten alsbald in die Heimat zurück
auf eig’nen, verborgenen Wegen.
Der Traum war ihr schönstes und hilfreichstes Glück
und brachte von oben den Segen.

Auf ihren Kamelen mit Reitergeschick
gelangten sie schließlich entgegen
dem Morgenland wieder mit freudigem Blick
bei Sonne, bei Wind und bei Regen.

Herodes, empört über all diese List,
ließ schnell alle Knäblein ermorden.
Doch leider entging ihm dabei Jesus Christ:
Er ist zum Erlöser geworden.

Was nützte das Schreien der Mütter? Ihr wisst,
wie maßlos einst wüteten Horden
von Ost bis nach West, dass man’s nie vergisst,
und grausam von Süden bis Norden.


Auch Josef, dem Nährvater Jesu, erschien
im Traume ein Engel mit Bitten:
„Nimm eilends das Kind, seine Mutter nun kühn
und zieh’ nach Ägypten beritten!“

Er nahm seinen Esel und setzte dorthin
Maria, das Kind ganz inmitten
und ritt durch Judäas verlassenem Grün
zu fernen und einsamen Hütten.

Als später Herodes im Grabe dann lag,
begaben die drei sich erst wieder
nach Nazareth, wie es versprochen sein mag,
und ließen sich dort ruhig nieder.

Kein Seufzen, kein Stöhnen trotz all seiner Plag’,
nur dankbare, jubelnde Lieder
und „Ehre sei Gott!“ stets bei Nacht und bei Tag
sang Jesus, der Freund aller Brüder.


Ja, sollten wir nicht auch solch Sterndeuter sein,
damit öfters Wunder geschehen,
dass wir Gottes Wege, gepflastert mit Stein,
nicht seufzend, nur liebevoll gehen?

Oh, wann werden Schlafende endlich den Schein
der Sterne vom Himmel verstehen?
Im Traume begreift oft der Mensch von allein
des Schutzengels Weinen und Flehen.

Der Stolz und der Hochmut vertragen nicht Scherz,
bewirken nur sinnlose Schmerzen.
Doch Blicke nach oben, gezielt himmelwärts,
erhalten den Frieden im Herzen.

Der Sucher nach Wahrheit, nach sicherem Hort,
nach ewigen, gültigen Worten,
der findet die Krippe am nächtlichen Ort
und klopft an die seligen Pforten...







Impressum

Tag der Veröffentlichung: 05.12.2010

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /