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Das Mikrophon im Dorf – Untertilliach 1975



Radio Tirol: Ein Besuch im kleinen Dorf Untertilliach ist wie eine Rückkehr in die Vergangenheit, die Unrast, Hektik und Wohlstand nicht gekannt hat. Eine solche Begegnung mit einem echten bäuerlichen Dorf ohne Fremdenverkehr ist wie eine angenehme Berührung mit der Schlichtheit und Anspruchslosigkeit eines Völkleins, das von manchen „Segnungen“ des Fortschrittes verschont geblieben ist. Erwarten Sie sich, liebe Zuhörer, also keine Sensationen, keine „großen Worte“ aus Untertilliach! Rechnen Sie damit, ein Dorf kennenzulernen, wo alles viel einfacher ist als anderswo! Manche werden vielleicht dieses Dorf um seine Gelassenheit beneiden. Zur Einführung in unsere heutige Sendung zunächst ein bisschen Heimatkunde:
Untertilliach liegt in der engen Talschaft der Gail. Ganz im Süden Osttirols verläuft die schmale Kurve dieses Flüsschens zwischen den Gailtaler Alpen und dem Karnischen Kamm von der Tannwiese bei Kartitsch bis zur Wacht bei Untertilliach. Dort verlässt der Fluss das Osttiroler Land fließt genau in West-Ost-Richtung nach Villach, wo er in die Drau mündet. Kartitsch, Obertilliach und Untertilliach sind die Tiroler Gemeinden in dieser Talschaft.
Steckbrief:
Untertilliach liegt mit einer Seehöhe von 1.235 m so hoch über dem Meeresspiegel wie z. B. Gries im Sellrain, Kappl oder Pettneu am Arlberg. Es gehört zum politischen und gerichtlichen Bezirk Lienz zum Standesamtbezirk und zum Staatsbürgerschaftsverband Obertilliach, zum Dekanat Sillian und zur Diözese Innsbruck. Die nächste Bahnstation ist Tassenbach. Die Gendarmerie ist in Obertilliach. Die Kärtnergrenze ist von der Ortsgrenze knapp 5 km entfernt. Das Osttiroler Gailtal, das sich, wie erwähnt, nach Kärnten fortsetzt, wird auch Lesachtal genannt. Der nächste Kärtnerort ist Maria Luggau, der berühmte Wallfahrtsort. Die 72 Hausnummern von Untertilliach erstrecken sich auf einer Strecke von nahezu 7 km. Diese kurzen Daten aus unserer Besuchsgemeinde lassen erwarten, dass der Bürgermeister und seine Gemeinderäte manche Aufgaben bewältigen müssen, die andernorts längst gemeistert sind. Sie werden dies, liebe Zuhörer, deutlich erkennen, wenn Sie dem Interview gefolgt sind, das Bürgermeister Obererlacher, ein Landwirt, unserem Mitarbeiter, Dr. Fritz Kollneder gewährt.
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): Herr Bürgermeister, durch die Streulage wird auch das Gemeindegeschehen wesentlich bestimmt.
Josef Obererlacher, vlg. Rieper: Das stimmt schon. Infolge der großen Streulage haben wir durch die Höfeerschließung haben wir in den letzten Jahren große Anstrengungen machen müssen. Da sind an Baukosten ca. 9 Millionen Schilling aufgewendet worden. Die Höfeerschließung ist die wichtigste Voraussetzung für eine Weiterentwicklung.
Reporter: Wie verstreut liegen denn die Höfe?
Josef Obererlacher: Das Gemeindegebiet erstreckt sich ungefähr auf eine Länge von 5 km. Die tiefsten Höfe liegen bei 1.200 m und die höchsten bei 1.500 m.
Reporter: Da müssen alle Einwohner auch mit Trinkwasser versorgt sein.
Josef Obererlacher: Ja, die Wasserversorgung ist das zweite Problem. Da muss nämlich für jeden Weiler eine separate Wasserleitung zur Verfügung stehen. Wir haben im Jahre 1970 in Eggen eine Wasserleitung mit 15 Anschlusswerbern erstellt. Dieses Projekt hat eine Million Schilling gekostet.
Reporter: Und im Winter haben Sie dann das Problem der Schneeräumung.
Josef Obererlacher: Das belastet die Gemeinde sehr. Man muss bedenken, dass wir im letzten Frühjahr bei den großen Schneefällen über 100.000 Schilling ausgegeben haben, und das nur allein für die Schneeräumung.
Reporter: Herr Bürgermeister, ist der Ort etwas gefährdet, etwa durch Wildbäche? Waren Sie auch bei der großen Hochwasserkatastrophe vor 10 Jahren betroffen?
Josef Obererlacher: Vor 10 Jahren hat der Wildbach, der durch den Ortskern fließt, der Nieschenbach, eigentlich fast keine Vermurungen ausgelöst. Die Gail hat da wesentlich mehr Schäden verursacht. Das Geilerbachl, z. B. ist inzwischen verbaut worden, sodass die Häuser nicht gefährdet sind. Bei Gewittern im Sommer allerdings wird der Nieschenbach gefährlich, vor allem, wenn drinnen im Bereich des Eggenkofels ein „Wolkenbruch“ oder ein Hagel niedergeht. Die Schotterrinnen geraten dabei schnell in Bewegung. Im Jahre 1962 haben wir angesucht um die Wildbachverbauung. Und jetzt im Jahre 1975 ist das Projekt vor einem Monat mit einer Kostenschätzung von 8 Millionen Schilling in Angriff genommen wurde.
Reporter: Man muss viel Geduld haben.
Josef Obererlacher: Ja, freilich braucht es Geduld.
Reporter: Herr Bürgermeister, wovon leben denn die Leute hier. Das Dorf ist doch etwas abgelegen von den Hauptzentren.
Josef Obererlacher: Ja, der Großteil lebt praktisch nur von der Land- und Forstwirtschaft. Jeder Bauer hat ein paar Hektar Wald als Besitz. Die Einnahmen rein von der Landwirtschaft sind sehr gering, so wie heute die Milch- und Viehpreise sind. Und deshalb müssen die Besitzer viel zu oft „in den Wald eingreifen“, und das ist, für längere Zeit gesehen, nicht tragbar.
Reporter: Haben Sie hier irgendwelche Betriebe, wo die Leute arbeiten können?
Josef Obererlacher: Wir haben hier in Untertilliach zwei Gastgewerbebetriebe, aber das sind Familienbetriebe, dann haben wir noch einen Maurermeister, der einige Leute beschäftigt, und einen Zimmermeister. Das sind eigentlich auch Familienbetriebe. Es gibt auch einen Landmaschinenmeister und einen Sägebetrieb, der einige Leute beschäftigt.
Reporter: Und aus diesen Betrieben gewinnt die Gemeinde auch einige Einnahmen. Sind das die einzigen Einnahmen der Gemeinde?
Josef Obererlacher: Ja, was an Steuern anbelangt, sind das eigentlich die einzigen Einnahmen. Für die Gemeindekasse sind die Bundesertragsanteile und ein Gemeindebesitz von 168 ha Wald mit einem jährlichen Einschlag von 400 fm wichtig. Und mit diesen Einnahmen muss die Gemeinde die notwendigsten Ausgaben finanzieren. Die Jagd ist eine Genossenschaftsjagd, und der Erlös wird pro Hektar auf die einzelnen Besitzer aufgeteilt. Es ist eine große Jagd mit einem Ausmaß von 3.224 ha. Der Wildbestand ist sehr gut. Es sind alle heimischen Tierarten vertreten. Die Gemeinde ist mit einem gewissen Anteil (ha) an dieser Jagd beteiligt, sodass nicht der ganze Pachtschilling der Gemeinde zufließt.
Reporter: Herr Bürgermeister, Sie haben in einem Gespräch einmal kurz erwähnt, dass Sie hier mit dem Rundfunkempfang nicht ganz zufrieden sind.
Josef Obererlacher: Wir sind mit dem Rundfunkempfang insoweit schon zufrieden, aber in dem Moment, wo wir eine Sendung für Radio Tirol machen, muss ich das bemängeln, dass wir keinen Empfang haben.
Reporter: Haben Sie von Kärnten her den Rundfunkempfang?
Josef Obererlacher: Von Kärnten her haben wir einen guten Empfang.
Reporter: Herr Bürgermeister, in einer Gemeinde, sei sie noch so klein, sind immer wieder Wünsche vorhanden. Es ist noch lange nicht alles getan, was man sich eben vorstellt. Was steht denn da auf der Wunschliste?
Josef Obererlacher: Auf der Wunschliste steht einmal in erster Linie die Unterbringung der Feuerwehr. Die Feuerwehr ist schon seit zwanzig Jahren in einem Holzschuppen untergebracht. Es ist bereits die Bauverhandlung geführt worden für einen Zubau bei der neuen Volksschule. Dort wollen wir einige Räumlichkeiten dazubauen. Die Gemeinde braucht zudem noch einen Raum, um die Schneeräumungsgeräte unterzubringen. Auf diese Weise bringen wir dort auch die Feuerwehr unter. Als zweites Problem wäre dann noch die Trink- und Löschwasserversorgung zu lösen für den Weiler Kirchberg, und auch die Unterbringung der Gemeinderäumlichkeiten in einem neuen Gemeindehaus wäre zu überdenken. Das Gemeindeamt ist, soweit ich zurückdenke, immer in den Kellerräumen des alten Schulhauses untergebracht gewesen. Und es wäre nun auch einmal an der Zeit, dass man für ein neues Gemeindehaus etwas übrig hat. Ganz ein wichtige Punkt wäre noch der Ausbau des Telefonnetzes in den einzelnen Weiler. Denn in Katastrophenfällen und im Winter bei großen Schneefällen sitzen wir in unserer Kanzlei. Von der BH Lienz wird immer wieder ein Situationsbericht verlangt, und wir haben mit den Weilern keine telefonische Verbindung.
Reporter: Herr Bürgermeister, nahezu alle Tiroler Gemeinden haben doch mit dem Fremdenverkehr zu tun. Die Bauern können im Nebenerwerb auch dem Fremdenverkehr nachgehen. Mir fällt in unserem Gespräch auf, dass Sie den Fremdenverkehr bisher noch mit keinem Wort erwähnt haben. Gibt es den hier nicht?
Josef Obererlacher: Es gibt schon etwas Fremdenverkehr, aber wir müssen zuerst einmal die Voraussetzungen dazu schaffen, z. B. die Höfeerschließung, die Trinkwasserversorgung usw., und wenn dann die Bauern finanziell noch dazu in der Lage sind, dass sie ihre alten Häuser einmal ausbauen und mit sanitären Anlagen einrichten, damit sie evtl. später einmal mit dem Fremdenverkehr einen Nebenverdienst haben können. Vorläufig ist es so: Die Gasthöfe sind zu klein für einen Fremdenverkehr in einem größeren Rahmen. Denn der Gast will auch zu Mittag irgendwo sein Essen einnehmen. Deshalb ist das alles ein bisschen ein leidiges Problem bei uns. Dort wo es leerstehende Häuser gibt und wo sich der Gast selber kochen kann, geht es schon. Sonst, wenn nur zwei oder drei Leute am Bauernhof sind, diese können nicht noch dazu den Urlaubsgästen noch kochen.
Reporter: Das war in seiner sachlichen Schlichtheit die eindrucksvolle Schilderung eines ungewöhnlichen Zustandes. Schade, dass man uns im Osttiroler Gailtal nicht hören kann!
Musikkapelle Untertilliach: Marsch
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): Kaspar Auer, Landwirt und Ortsbauernobmann ergänzt die Ausführungen des Bürgermeisters nach der Agrarseite. Wir werden dabei merken, dass auch Untertilliach als bäuerliche Gemeinde eine Wandlung erfahren hat, obwohl es auf den ersten Blick so aussieht, als sei dort seit Jahrzehnten alles beim alten geblieben.
Kaspar Auer: Derzeit haben wir in Untertilliach 46 viehhaltende Betriebe. Hier wird vorwiegend Rinderhaltung und Rinderzucht betrieben und es gibt bei uns auch Milchlieferung an die Molkerei in Lienz. An Rinderrassen kommen Fleckvieh und Braunvieh, aber überwiegend Pinzgauer vor. Der Rinderstand beträgt laut der letzten Viehzählung 260 Rinder, 4 Pferde, 39 Schafe, 72 Schweine und 458 Hühner.
Reporter: Können jetzt die Bauern von der Landwirtschaft leben oder müssen sie auch schon einem Nebenerwerb nachgehen?
Kaspar Auer: Die Bauern können nicht alle von der Landwirtschaft allein leben. Der Nebenerwerb ist in der Hauptsache die Beschäftigung in den umliegenden Sägewerken, am Güterwegbau, und etwa 10% der Bauern befassen sich mit dem Fremdenverkehr.
Reporter: Dies ist aber sehr wenig.
Kaspar Auer: Das ist verhältnismäßig wenig.
Reporter: Es sind ja hier alles Bergbauern. Die Bearbeitung ist doch da etwas schwierig. Sind sie maschinell gut ausgerüstet?
Kaspar Auer: Ja, es hat jeder Betrieb, der es sich irgendwie leisten kann, seine eigenen Maschinen und Transportfahrzeuge.
Reporter: Den „Maschinenring“ gibt es hier nicht?
Kaspar Auer: Den „Maschinenring“ gibt es in der Form bei uns nicht, nur in irgendeiner Form von Nachbarschaftshilfe wird gegenseitig mit Fahrzeugen und Maschinen oft ausgeholfen.
Reporter: Treiben sie das Vieh noch auf die Almen?
Kaspar Auer: Ja, wir haben in Untertilliach 4 Almen, davon werden nur mehr 2 mit Vieh „bestoßen“. Auf den übrigen 2 Almen sind jetzt ca. 120 Rinder aufgetrieben. Davon sind etwa 60 Rinder von den benachbarten Gemeinden als sogenanntes „Lehnvieh“ aufgenommen.
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): Der Wald ist die große Sparkasse von Untertilliach. Damit er nicht gewissenlos „geplündert“ wird, wacht Anton Engeler über das Geschehen im Walde. Anton Engeler engagiert sich auch für die Bergwacht.
Herr Engeler, Sie sind Waldaufseher und als solcher ein Angestellter der Gemeinde. Was gehört zu ihren Pflichten?
Anton Engeler: Zu meinen Pflichten gehört die Überwachung der Aufforstung, der Holzschlägerung, Vornahme der Holzabmaße im Gemeinde-, Agrargemeinschafts- und Privatwald.
Reporter: Wer sind denn die Waldbesitzer?
Anton Engeler: Bauern.
Reporter: Wie viele etwa?
Anton Engeler: 60 Waldbesitzer.
Reporter: Und wie groß ist dieser Waldbesitz bei den einzelnen.
Anton Engeler: 8 Hektar im Durchschnitt. Die größeren Waldbesitzer sind z. B. die MENSA Brixen mit 380 ha Wald.
Reporter: Aber mit dem MENSA-Wald haben Sie nichts zu tun?
Anton Engeler: Nein, mit diesem habe ich nichts zu tun.
Reporter: Sie bestimmen also, was geschlägert werden darf. Wie viel darf denn geschlägert werden?
Anton Engeler: Ich bestimme nicht, was geschlägert wird. Das wird bei der Forsttagsatzung bewilligt.
Reporter: Wie viel darf denn geschlägert werden?
Anton Engeler: Normal pro Hektar drei bis vier Festmeter.
Reporter: Ist das der natürliche Zuwachs im Jahr?
Anton Engeler: Ja, das ist der natürliche Zuwachs.
Reporter: Ja, aber wenn jemand mehr Holz benötigt. Wird das bewilligt?
Anton Engeler: Das wird mit Begründung bewilligt.
Reporter: Was wird da als Begründung angeführt?
Anton Engeler: Ausbau des Wohnhauses, für erhöhten Aufwand bei Güterwegbauten zur Erschließung der Höfe.
Reporter: Ist das vielleicht auch eine gewisse Notsituation, dass die Leute mehr schlägern müssen?
Anton Engeler: Das ist eine gewisse Notwendigkeit, da es zur Winterszeit wenig Verdienstmöglichkeit für den einzelnen Besitzer gibt, und dadurch ein größerer Eingriff in den Wald gemacht werden muss.
Reporter: Ist der Wald auch gut durch Güterwege erschlossen?
Anton Engeler: Der Wald ist zum Teil erschlossen mit bereits 25 km Waldwegen.
Reporter: Herr Engeler, sie sind auch für die „Bergwacht“ in Untertilliach zuständig. Was sind die Aufgaben der „Bergwacht“?
Anton Engeler: Die „Bergwacht“ wurde gegründet aufgrund des zunehmenden Fremdenverkehrs. Die Aufgaben sind Naturschutz, Pflanzenschutz, Überwachung der „wilden“ Müllablagerung, Waldschutz zur Überwachung der Entnahme von „Christbäumen“.
Reporter: Sie müssen die Leute auch schulen. Haben Sie genügend Leute bei der „Bergwacht“ zur Mitarbeit?
Anton Engeler: Wir haben acht Mann bei der „Bergwacht“, die im Jahre 1968 gegründet wurde.
Männerchor Untertilliach: „Und mir sein hålt lebfrische Tirolerbuabm“
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): Und nun geschieht es wohl zum ersten Mal in unserer langen Sendereihe, dass wir zum Thema „Fremdenverkehr“ beinahe schweigen müssen. Die Untertilliacher haben weder die „Segnungen“ noch die Nachteile dieses Erwerbszweiges kennengelernt. Fremdenverkehr findet kaum statt. Während man andernorts laut nach Hallenbädern und Liftanlagen ruft, werden in Untertilliach nur Orientierungstafeln und Wegweiser gewünscht. Vielleicht sind die Leute dort zufriedener als in den pulsierenden Zentren des Massentourismus. Der Gastwirt Leo Kreiner weiß, warum sich der Fremdenverkehr in Untertilliach bisher nicht entwickelt hat.
Leo Kreiner: Wir haben in Untertilliach ca. 350 Einwohner und ich glaube, für einen eigenen Fremdenverkehrsverein oder –verband ist die Gemeinde einfach zu klein. Der kann sich nicht selbst erhalten.
Reporter: Aber man hat doch schon einige Fremdenbetten hier.
Leo Kreiner: Wir haben ca. 40 Fremdenbetten in unserer Gemeinde. Wichtig wäre für uns, dass wir einen Mann oder ein paar Leute finden würden, die sich für den Fremdenverkehr etwas einsetzen und die wichtigsten Grundlagen mit Unterstützung der Gemeinde schaffen würden. Wir haben ja hier in Untertilliach für den Gast noch nicht viel mehr zu bieten als die schöne Gegend, die gute Luft und die Ruhe. Aber mit dem allein genügt es nicht. Es sollten zumindest Orientierungstafeln sowie Wegweiser für Spazierwege aufgestellt werden. Auch sollten die Wege markiert sein und noch einige Dinge mehr sollten geschaffen werden, die sozusagen als Grundlagen für den Fremdenverkehr notwendig wären.
Reporter: Wie sind denn die Fremdenzimmer ausgestattet?
Leo Kreiner: Die Zimmer sind bei uns jetzt auch schon für den Winterfremdenverkehr mit Kalt- und Warmwasser, mit Fließwasser, mit Zentralheizung und teilweise auch noch mit Ofenheizung ausgestattet.
Reporter: Davon gibt es hier aber nur wenige. Nun ist es aber ein Problem, wenn es mehr Fremdenbetten gibt und dann natürlich mehr Urlauber, wo sollen die Leute, die kommen würden, verpflegt werden?
Leo Kreiner: Ja, wir „liegen“ hier sehr ungünstig, da unsere 72 Hausnummern, die wir haben in einem Gebiet von ca. 6 bis 7 km verstreut sind. Die meisten Bergbauernhöfe liegen von der Straße weit abseits, und die Erschließung ist fast in allen Fällen noch nicht abgeschlossen.
Reporter: Aber man könnte hier den „Urlaub am Bauernhof“ propagieren, dass die Leute am Hof dann verpflegt werden.
Leo Kreiner: Für den „Urlaub am Bauernhof“ bin ich an und für sich schon, aber es müssten vernünftige Preise gemacht werden. Zu billig ist meiner Meinung nach für den Fremdenverkehr genauso schädlich als zu teuer. Und ich glaube, dass sich die Vermieter am Bauernhof nicht ganz im klaren sind, was sie verlangen dürfen. Es wäre deshalb eine Aussprache mit den einzelnen Vermietern wichtig.
Reporter: Im Winter wird verhältnismäßig sehr wenig noch geboten. Man müsste da also woanders hinfahren, um Ski laufen zu können.
Leo Kreiner: Ja, wir haben wohl seit ein, zwei Jahren einen kleinen Schlepplift. In Obertilliach sind zwei Skilifte, die aber 7 bis 8 km von uns entfernt sind. Die, welche diese Entfernung nicht scheuen, wäre das Skifahren schon möglich.
Reporter: Eine Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden wäre dann schon erforderlich.
Leo Kreiner: Eine Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden ist immer gut. Nur einen direkten Zusammenschluss in einer so kleinen Gemeinde halte ich nicht für günstig.
Musikkapelle Untertilliach: Marsch
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): In einem Dorf, das von gewissen Zeiterscheinungen noch nicht „überrumpelt“ wurde, hält sich auch das sportliche Geschehen in engen Grenzen. Schuldirektor Sebastian Schaller gibt das offen zu.
Sebastian Schaller: Wir haben einen Gymnastikraum in der Schule und bei der Schule einen Turnplatz, wo wir im Sommer die Turnstunden abhalten. Im Winter gibt es für unsere Schüler eigentlich nur das Skifahren und Rodeln. Dazu hat die Gemeinde einen Klein-Schlepplift gekauft, den wir für die Schule im Winter zum Skifahren zur Verfügung haben.
Reporter: Die sportliche Betätigung ist eigentlich also nur für die Jugendlichen gegeben, für die Erwachsenen eigentlich nicht.
Sebastian Schaller: Für die Erwachsenen ist bis heute eigentlich nichts gemacht worden. Und diese besuchen dann halt Lifte in anderen Gemeinden, z. B. in Obertilliach oder in Sillian (Thurntaler). Dort können sie also hinfahren.
Reporter: Einen eigenen Sportverein gibt es hier nicht?
Sebastian Schaller: Einen Sportverein gibt es bei uns nicht. Wir sind aber zusammengeschlossen mit der Sportunion Obertilliach. Es werden auch für unsere Schulkinder im Rahmen der Sportunion und im Rahmen der Zusammenarbeit mit Schule und Skischule Kurse für die Kinder abgehalten.
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): Tun wir nun ganz bewusst einen Schritt in die Vergangenheit. Das ist unbedingt nötig. Sonst glauben Sie, liebe Zuhörer, dass das, was Sie bisher gehört haben, bereits Vergangenheit ist. Es war die aktuelle Gegenwart, eine Gegenwart, die nicht wie anderswo dauernd von der Zukunft überholt wird. Volksschuldirektor Sebastian Schaller unternimmt einen kurzen „Ausflug“ in die Geschichte seiner Heimatgemeinde.
Sebastian Schaller: Im 9. Jh. treten die Patriarchen von Aquilea durch Schenkung der fränkischen Karolinger als kirchliche und weltliche Hoheitsträger des Tales auf. Das Gebiet war Weideland, Jagd- und Fischereirevier. Im 11. Jh. erwarben die Bischöfe von Brixen durch Schenkung Besitz in Tilliach. Im 12. und 13. Jh. wird das Tal durch die Brixner Kirche besiedelt. Die Ansiedlung erfolgt entlang der sonnseitigen Hänge. Im 13. und 14. Jh. gründeten die Grafen von Görz als Schutzherren der Bischöfe von Brixen ebenfalls Bauernschaften in Tilliach. Im Jahre 1375 sind 11 Schwaighöfe der Bischöfe von Brixen und 11 Schwaighöfe der Grafen von Görz urkundlich genannt. Durch spätere Hofteilungen entstanden die einzelnen Weiler und Ortschaften mit den bekannten Doppelwohn- und Futterhäusern. Nach dem Aussterben der Grafen von Görz wurden ihre Güter dem Bischof von Brixen verpfändet. Ungefähr um das Jahr 1629 übernahm das königliche Damenstift in Hall diese Güter. Nach Auflösung dieses Stiftes fielen sie dem Landesfürsten zu. Im Jahre 1803 wurden auch die kirchlichen Güter säkularisiert und fielen dem Landesfürsten zu. Waldbesitzungen wurden dem Bistum belassen. Diese gehören heute noch dem Bistum Brixen. Verwaltungsmäßig hatte Tilliach ein Zweitgericht von Anras mit der Niederen Gerichtsbarkeit. Die Hohe Gerichtsbarkeit hatte Heinfels. Nach dem Revolutionsjahr 1848 bildeten sich die demokratischen Gemeinden mit Selbstverwaltung. Der erste Bürgermeister von Untertilliach wurde im Jahre 1850 gewählt. Die höchste Bevölkerungszahl hatte Untertilliach im 18. und 19. Jh.. Damals waren die Einwohnerzahlen immer bei 500. Heute sind es nur mehr 342.
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): Pfarrer Benno (Alfons) Moser berichtet nun aus der Kirchengeschichte von Untertilliach.
Pfarrer Benno Moser: Parallel mit dem Gang der Besiedlung erfolgte die Errichtung der ersten Heiligtümer. Im Jahre 1290 wird die St. Ingenuinkirche urkundlich bezeugt. Um 1450 wird das Gotteshaus vergrößert und aus Stein erbaut. Im Jahre 1479 wird die Kirche eingeweiht. Der Bischof von Brixen trennt 1716 Untertilliach als eigene Seelsorgsstelle von Obertilliach und errichtet die Kuratie zum hl. Ingenuin mit einem selbständigen Priester. Auf Wunsch des Großteils der Pfarreibevölkerung versucht der Kurat Johann Steiner um das Jahr 1850 den Pfarrsitz vom Kirchberg nach St. Florian zu verlegen, nachdem man dort im Jahre 1718 eine Kirche erbaut hatte. In der ersten Zeit ist der sonntägliche Pfarrgottesdienst abwechselnd in St. Florian und am darauffolgenden Sonntag oben am Kirchberg gefeiert worden. Nach 1866 hielt der Pfarrer den sonntäglichen Gottesdienst monatlich einmal oben, an den übrigen Sonntagen herunten. In St. Florian sollte in alter Zeit ein Bildstöcklein gestanden sein. 1615 beginnt man mit dem Bau eines Kirchleins. Um 1780 wird die bisherige Kirche, so wie sie heute ist, erbaut. 1973 wurde die Totenkapelle neu renoviert und der Vorbau bei der Kirche errichtet. Weiters gibt es noch eine Filialkirchen in Untertilliach: Es ist dies die Marienkirche in Eggen, die 1831 erbaut wurde. In der Aue steht eine Kapelle, die den 14 Nothelfern geweiht ist, bei Hopfgarten ist das Winkler Kirchl, das dem hl. Josef geweiht ist, und eine Lourdeskapelle steht am Klammberg.
VD Sebastian Schaller: Orgelspiel
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): Was Sie aus dem Munde des Volksschuldirektors und der Pfarrers gehört haben, war aufgezeichnete Geschichte. Nun wollen wir versuchen, Ihnen lebendige Geschichte zu vermitteln. Josef Fritzer, einer der Ältesten im Dorfe erzählt Ihnen, wie es früher war. Und dann wird Ihnen klar geworden sein, dass sich in Untertilliach im Laufe der Generationen doch viel geändert hat. Mag es auf den ersten Blick auch nicht so aussehen.
Josef Fritzer sen.: Friha håt man viel va do eiginin Låndwirtschåft gilebt und die Kleidung, bzw. den Stoff dozui, a salbo erzeigt. Do håt man den Schneider und den Schuaschter gewonnen, jå, und der isch afn Houf kemm und håt um a mäßiges Honorar afn Houf giårbatit, bis ållis gimåcht und repariert wår.
Reporter: Die Verbindung nach Lienz war ja früher nicht so einfach...
Josef Fritzer sen.: Jå, die Eisenbåhn håt es schån gebm, obo man isch zum Groußteil ibon Öggnkofl gångin. Und wenn es dringlich wår, ist man an einem Tåg hin- und wieder z’uruckgångin. Sonscht håt man zwei Tåge gibraucht, jå. Ăllerdings, do Viechtrieb isch a bissl unsicho giwesn... Es wår woll oaner.
Reporter: Wie war es denn, wenn man einen Arzt gebraucht hat?
Josef Fritzer sen.: Oh schlecht! Jå, jå, der Dr. Kunater håt zwår woll a Fohrradl g’håbt und zwoa Ross. In dringlichen Fällen isch ar woll einakemmen von Sillian.
Reporter: Sind Sie viel weg gewesen aus Untertilliach, auf längere Zeit?
Josef Fritzer sen.: Blouß währnd’n earschtn Weltkrieag, va 1915 bis 1919. Und sonscht wår i immer då.
Reporter: Und was sagen Sie denn heute zu der Entwicklung? Wie kommt Ihnen das alles vor?
Josef Fritzer sen.: Jå, vour dem earschtn Weltkrieag håt man a bissl mehr Sichoheit in ållis gisötzt. Friahe, wönn man 10 Kreiza gehåbt håt, håt man giwisst, dass man 10 Kreiza håt. Und hiatz, jå, ba die Schillinge....Gånz so sicher isch es do nöt.
Reporter: Also, Sie waren fast mit der früheren Zeit zufriedener, obgleich es heute vielleicht manches bequemer geworden ist.
Josef Fritzer sen.: Jå, biquema is heit. Heit natirlich håt man an Schleppa und fåhrt zuawe zin Haus mit dem, wås man friahe håt gimiaßt trogn. Die Årbat isch woll leichta.
Reporter: Wie verläuft denn heute bei Ihnen so ein Tag?
Josef Fritzer sen.: Jå, solång i gisund bin, schteah i auf um hålbe bis dreivieartl Fünfe, dånn tui i miars Bött måchn, und dånn geah i fir die Schwiegotochto a Kuahgrås mahn. Und schpäîta, wönns Wetto hålbwegs isch, dånn hilf i woll ban Hei. Und wönn do Herr Sohn a Holz hoamgibråcht håt, tu i a bissl Brönnholz aufårbatn. Und asou geaht do Tåg uma, und tschnåchts leîg i mi uma siebene wiedo ins Bött.
Männerchor Untertilliach: „Sogn hån is oft schån gheart...“
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): In Osttirol sind viele Sagen lebendig: Der neun Jahre alte Friedrich Obmascher gibt eine davon in seiner Mundart zum besten, und man könnte meinen, das Sagen-Erzählen sei sein Beruf. Hören Sie nur!
Friedrich Obmascher: Wiea die earschte Kirche in Untotillga öntschtåndn isch...
Die Leit wårn sich nou öt einig, wo sie die Kirche solln baun. Dort af do Schåttseite hån die Årbata fir die Kirche Holz gihåckt. Do håt sich dånn a Årbata in Fuiß gihåckt. Dås Bluit va do Volötzung isch dånn af a Rinde gitropft. Währnd do Mittågzeit isch dånn a Robe, a greußo Vougl, kam und isch mit dar Rinde dovungflougn. Nåch a poor Togn hån sie dånn die Rinde afn Kirchbarg gfundn und dås åls a guits Zeichn bitråchtet. Und dånn hån sie sich dorauf öntschlossn, dort, wo die Rinde gilagn isch, die Kirche zi baun.
Reporter: Der kleine Sagenerzähler ist ein Schüler von Sebastian Schaller, der auch noch zum Thema „Schule in Untertilliach“ spricht.
Sebastian Schaller: Die erste anerkannte Schule wurde 1804 in Untertilliach errichtet, u. zw. wurde die St. Floriankapelle zu einer Schule umgebaut. 1825 wurde dann ein Schulhaus aus Holz gebaut. In diesem wurde anschließend bis 1890 unterrichtet. Im Jahre 1890 hat man dann das heutige alte Schulhaus gebaut. Und in diesem wurde bis zum Jahre 1961 unterrichtet.
Reporter: In der neuen Volksschule sind ja nur die Schüler aus der eigenen Gemeinde.
Sebastian Schaller: In der neuen Volksschule sind nur die Schüler aus der Gemeinde Untertilliach.
Reporter: Wie viele sind das?
Sebastian Schaller: Wir haben hier die 1. bis 4. Schulstufe in zwei Klassen. Es sind 44 Schüler.
Reporter: Und wenn jemand in einer AHS weiterlernen will oder in die Hauptschule geht, wohin fährt er dann?
Sebastian Schaller: Alle Abgänger der 4. Schulstufe fahren nach St. Lorenzen in die Hauptschule.
Reporter: Das ist aber in Kärnten.
Sebastian Schaller: Ja, das ist bereits Kärntner Gebiet.
Reporter: Wie viele sind das heuer?
Sebastian Schaller: Das sind 27 Schüler.
Reporter: Gibt es da Schwierigkeiten, weil es ein anderes Bundesland ist?
Sebastian Schaller: Nein, das gibt keine Schwierigkeiten.
Reporter: Ja, wie viele Kilometer sind das bis dorthin?
Sebastian Schaller: Das sind 10 Kilometer. Die nächste Hauptschule in Tirol wäre in Sillian. Aber das ist entfernungsmäßig wesentlich ungünstiger. Sillian ist 25 Kilometer entfernt.
Reporter: Was können andere Schüler tun, die über die Hauptschule hinaus noch eine Schulbildung unternehmen wollen?
Sebastian Schaller: Über die Hauptschulbildung hinaus geht bei uns der größte Teil in eine Lehre. Zwei Schüler haben wir auf einer AHS (einer allgemeinbildenden höheren Schule) und fünf Untertilliacher besuchen die Hochschule.
Reporter: Die AHS ist in Lienz.
Sebastian Schaller: Ja, aber unsere Schüler studieren meistens in Salzburg oder in Nordtirol weiter.
Reporter: Und welchen Beruf ergreifen sie so im allgemeinen nach der Matura?
Sebastian Schaller: Ja, das ist bei uns vielleicht interessant, dass bei den 15 Maturanten, die wir in der Gemeinde haben, 10 davon Lehrer sind.
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): Nun, liebe Zuhörer, möchten wir Ihnen zeigen, dass auch in einer kleinen Gemeinde das kulturelle Leben kräftig pulsiert. Sie hören ein bisschen Dramatik. Die Volksbühne Untertilliach stellt Ihnen „Die zwei Halbschönen“ in einer Theaterszene vor. Unter der Leitung von Volksschuldirektor Sebastian Schaller spielen Josef Obererlacher (Isidor = Großonkel), den Sie schon in der Rolle des Bürgermeisters kennengelernt haben, sowie Albert Obmascher (Titus Halb, Junggeselle) und Walter Schneider (Vitus Schön, sein Cousin und ebenfalls Junggeselle).
Die Szene stammt aus einem Lustspiel in 3 Akten von Franz Rieder. Vorhang auf für die „Zwei Halbschönen“!
Josef Obererlacher (Isidor): Ălso Buabm, hiatz horchts amål af mi! Hiatz isch die ålte Laura a Viertljohr im Krånknhaus. Miar hån in dar långin Zeit åls selbo gimåcht: gikocht, giputzt, giwåschn....
Albert Obmascher (Titus): Na, na, na, giwåschn hån miar öt, weil wegn an Viertljohr isch öt dowert.
Josef Obererlacher (Isidor): Ălso guat! Dånn låssn miars Wåschn weg. Und trotzdem, wås håbt dös in dear Zeit hiatz föschtgischtöllt?
Albert Obmascher (Titus): Dass recht schön ischt ohne Weib im Haus.
Walter Schneider (Vitus): Dåsselbige sog i a.
Albert Obmascher (Titus): Warum schaugsche dönn asou långsåm, Onkl?
Josef Obererlacher (Isidor): Weil i giglab håb, ihr håbts in dear Zeit a innere Sehnsucht nåch a Frau voschpiart.
Albert Obmascher (Titus): Håsch du wås gischpiart, Vitus?
Walter Schneider (Vitus): I? I wås gischpiart? Na! I hån nix gischpiart. Håsch du wås gischpiart, Titus?
Albert Obmascher (Titus): Na, i hån a nix gischpiart. Jå, blouß seit göschton ban Moge... Obo dås kimmt va die hårtn Dåmpfnudl.
Walter Schneider (Vitus): Na, dås isch öt va die Dåmpfnudl! Du håsch jo die Managerkrånkhat, weil du ålm sou nervöîs bisch.
Albert Obmascher (Titus): I nervöîs? I woaß gor öt, wås dås isch. Dås kimmb lei va die Dåmpfnudl odo va die stoanhårt gikochtn Oar, deî wås göschton af die Nåcht gebm håt.
Josef Obererlacher (Isidor): Dås kånn schtimmen, weil miar liegn sie a nou im Mogn wie a poor Schwednkugl.
Walter Schneider (Vitus): Önk kånn man oanfåch nicht recht måchn! Göschton hån i die Oar a gånze Schtund kochn gilåt, dass sie amål richtig woach weardn.
Josef Obererlacher (Isidor): Dösweîgn sollts önk långsåm um a Frau umschaugn.
Albert Obmascher (Titus): I hån a schteifis Ginick. I hån miar in an Zugluft dås zuigizouchn. I kånn mei Ginick nicht drahn. Soll sich lei do Vitus umschaugn. Dås isch do Öltare.
Walter Schneider (Vitus): Mitn Umschaugn håb is öt! Do soll sich lei do Titus umschaugn. Dås isch do Jingare und håt die gsindan Fiaß.
Josef Obererlacher (Isidor): Herrschåft, seids ihr zwoa Ochsn! I moan dås gånz åndoscht. Heiratn soll oana van eich zwoa.
Walter Schneider (Vitus): Wen?
Josef Obererlacher (Isidor): Na, a Frau.
Albert Obmascher (Titus): Warum?
Josef Obererlacher (Isidor): Jå, wönn do dås öt voschteaht... Fauschtgrouße Löcho in die Schtrümpf, af koan Hemd a Knopf. Dås kånn asou öt weitageahn, Buabm.
Albert Obmascher (Titus): Warum öt? Die Löcho in die Schtrümpf sein recht gsund. I hån in do löschtn Zeit koane Schweißfiaße meahr. Dås verdånke i der Hygienie.
Josef Obererlacher (Isidor): Mit do Zeit seid dös zwoa gånz verkommene Briado wordn.
Walter Schneider (Vitus): Wiesou Briado? Miar sein jo Vötton.
Josef Obererlacher (Isidor): Vitus, du heiratisch!
Walter Schneider (Vitus): Wiesou i? Soll do Titus!
Albert Obmascher (Titus): I mog öt, weil i souwiesou sehr mädchenhaft verånlågt bin.
Josef Obererlacher (Isidor): Dånn heiratits ålle zwoa.
Albert Obmascher (Titus): Dås kimmt zi toir.
Josef Obererlacher (Isidor): Jo, Herrschåft, Buabm... Warum will dönn koando va önk heiratn?
Albert Obmascher (Titus): Warum håsch dönn du öt giheiratit, Onkl?
Walter Schneider (Vitus): Gånz richtig! Heirat du, Onkl!
„Die zwei Halbschönen“
Ein Lustspiel in 3 Akten von Franz Rieder

Zum Stück:
Titus ist ein hoffnungsvoller Junggeselle mit erst 38 Jahren und führt den Haushalt. Seine Leidenschaft ist die Reinlichkeit und Sparsamkeit: So reinigt er mit einem Lumpen den Suppentopf und den Fußboden, im Kaffehaferl weicht er seine Socken ein, in denen er Gesundheitslöcher bevorzugt, und rasieren tut er sich manchmal sogar jede Woche. Vitus ist sein Vetter, auch Junggeselle von erst 45 Jahren und hat für das Kochen zu sorgen. Er ist ein Genie. Die Eier kocht er so lange wie das Rindfleisch, dass sie richtig weich werden, und so manch andere pfiffige Kniffe bereichern seine Kochkunst. Isidor, der Großonkel zu beiden, 70 Jahre alt, ist leider auch vom zarten Geschlecht übersehen worden. Die ledige, schwerhörige, alte Laura, die aus dem Krankenhaus kommt, ist der Mittelpunkt dieser kuriosen Hausgemeinschaft. Da flattert plötzlich die Karte einer gewissen Isabella Fink in den behaglichen Frieden. Dieses liebe Fräulein - angeblich reich begütert, hübsch und 27 Jahre alt, bestellt für 14 Tage ein Fremdenzimmer. Obwohl sie alle dagegen sind, glühen sie vor Heiratsfieber. Die Dame kommt. Die Überraschung ist groß, denn das Fräulein ist nicht 27, sondern 72 Jahre. Ein Schreibfehler. Doch sie hat eine Nichte. Und diese Nichte hat Humor. Sie versteht es, ihre zwei Halbschönen auf den Leim zu führen- und sie gehen drauf!

Es wirkten mit:

Die Spieler:
Titus Halb Obmascher Albert
Junggeselle

Vitus Schön Schneider Walter
sein Cousin, Junggeselle

Laure,
die Magd

Isidor, Josef Obererlacher, vlg. Rieper
Großonkel

Kandl
Postbote

Isabella Fink
Sommerfrischlerin

Luderude,
ihre Nichte

Peter,
ihr Verlobter

Hinter der Kulisse:
Soffleuse
Maske

Regie

Gemischter Chor: „Das Lieben bringt groß Freud...“
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): Der Gemeinschaftssinn der Dorfbewohner zeigt sich nicht nur auf der Bühne. Auch die Feuerwehr muss zuweilen dramatische Szenen beherrschen. Ihr Kommandant ist Oberbrandinspektor Anton Bichler.
Anton Bichler: Die Feuerwehr in Untertilliach wurde im Jahre 1937 gegründet. Dazumal waren 34 Mitglieder bei der Feuerwehr. Der heutige Stand ist 42 Mitglieder.
Reporter: Sie haben hier natürlich besondere Schwierigkeiten, denn die Streulage zwingt ja auch die Feuerwehr zu einer besonderen Organisation.
Anton Bichler: Ja, eben, das ist in den kleinen Dörfern sehr umständlich. Man bringt meistens im Zentrum kaum eine Gruppe in ernstlichen Lagen momentan zusammen.
Reporter: Wie haben Sie es hier gelöst, dass auch die Außenstehenden Häuser etwas geschützt werden?
Anton Bichler: Da sind in Eggen, Winkl, Aue und hier im Zentrum vier Hochdruckleitungen mit Hydranten versehen.
Reporter: Und wie haben Sie die Geräte untergebracht? Gibt es genügend Geräte?
Anton Bichler: Ja, wir haben momentan nur noch ein Notmagazin. Erst im kommenden Jahr soll ein richtiges Feuerwehrmagazin geschaffen werden. Wir haben zwei Spritzen. Leider Gottes sind wir fahrzeugmäßig noch nicht ausgerüstet. An einen Traktor oder an ein Nlotfahrzeug kann schon ein Anhänger mit FF-Geräten angeschlossen werden.
Reporter: Herr Bichler, die Ausbildung der Wehrmänner ist ja sehr wichtig. Beteiligen Sie sich da auch an Wettbewerben?
Anton Bichler: Ja, wir haben bei vielen Wettbewerben mitgemacht. Wir haben jetzt drei Männer im Goldbewerb, 26 Männer im Silberbewerb und 27 Männer im Bronzebewerb.
Reporter: Und führen Sie auch immer Lehrgänge durch oder besuchen Sie die Lehrgänge?
Anton Bichler: Das war schon einmal notwendig beim Goldbewerb. Da musste jeder den Kommandantenlehrgang haben. Wir haben jetzt vier Männer mit Kommandantenlehrgang, fünf Männer, die den Maschinistenlehrgang mitgemacht haben, zwei Männer, die den Funklehrgang absolviert haben, und 10 Mann, die den Grundlehrgang gemeistert haben.
Reporter: Also eine sehr gut ausgebildete Wehr.
Anton Bichler: Ja, für ein so kleines Dorf muss man sehr zufrieden sein, dass so viel Idealismus überhaupt noch vorhanden ist.
Reporter: Herr Bichler, Sie sind Oberbrandinspektor. Wie wird man das?
Anton Bichler: Ja, das kommt aufgrund der vielen Dienstjahre als Kommandant und der vielen Lehrgänge, die man an der Landesfeuerwehrschule absolvieren muss.
Reporter: Wie lange sind Sie schon bei der Feuerwehr?
Anton Bichler: Ich bin im 24. Jahr als Kommandant und 3 Jahre als Probefeuerwehrmann tätig.
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): Die Gespräche, die Sie nun hören werden, haben wir absichtlich an den Schluss gestellt, obwohl man höflicherweise den Frauen überall den Vortritt lassen sollte. Aber wir wollten ihnen das letzte Wort lassen, weil sie viel zu sagen haben. Notburga Obererlacher als Ortsbäuerin und Anna Palfrader als Hebamme. Sie stammt aus dem ladinischen Enneberg in Südtirol.
Lassen Sie sich, liebe Zuhörer, mit den Aufgaben der Ortsbäuerin von Untertilliach vertraut machen!
Notburga Obererlacher: Die Bäuerinnen einer Gemeinde wählen aus ihrer Mitte die Ortsbäuerin und deren Stellvertreterin. Zu ihrer Aufgabe gehört die Mitarbeit in der hauswirtschaftlichen Beratung und die Mitarbeit in der Öffentlichkeit. Zur Mitarbeit in der hauswirtschaftlichen Beratung zählen: Kontakt halten mit der Wirtschaftsberaterin, Kontakt halten mit den Mitarbeitern in der Gemeinde und der örtlichen Landjugend, Weitergabe der Information über Förderungsmaßnahmen der Landwirtschaftskammer sowie Besuch von Schulungen und Fachversammlungen, Teilnahme an Kursen und Lehrfahrten, ähnliche Veranstaltung in der Gemeinde organisieren und dafür werben.
Reporter: Interessieren sich die Bäuerinnen nun für solche Veranstaltungen?
Notburga Obererlacher: Ja, für Vorträge sind es meistens die gleichen, die sich dafür interessieren. Für praktische Kurse haben sie mehr Interesse, z. B. „Geschmacksbildung für den bäuerlichen Lebensstil“, Kurse über „Richtiges Schmücken der Wohnung zu bestimmten Anlässen“, „Blumengestecke“, „Kerzenverzieren“, „Balkonschmuck“, „Friedhofgestaltung“, „Basteln“ usw.
Reporter: Das ist ja alles, was für Haus und Hof interessant ist und in Frage kommt. Aber gibt es darüber hinaus auch noch Tätigkeiten, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind?
Notburga Obererlacher: Ja, unter Mitarbeit in der Öffentlichkeit fällt die Übernahme von Aufgaben in der Gemeinde, Anregungen zu geben im vorschulischen, schulischen, sozialen und kulturellen Bereich, Vorschläge zu geben über fremdenverkehrsfördernde Maßnahmen und Teilnahme an Öffentlichen Gemeinderatssitzungen. Die Ortsbäuerin sollte in der Gemeinde initiativ werden, z. B. bei Altenbetreuung, bei Krankenbesuchen, bei Dorfverschönerung und Mithilfe bei der Organisation von Veranstaltungen in der Gemeinde. Und die Bäuerinnen sollte sie zu sportlicher Betätigung anregen.
Männerchor Untertilliach: „Heut geahn miars af die Ålma“
Reporter (Dr. Fritz Kollneder): Jetzt kommt schließlich eine Frau zu Wort, die so manchen Untertilliacher seit der ersten Stunde seines Lebens kennt. Anna Palfrader, geb. am 31. 12. 1912, erzählt aus ihrer Hebammenpraxis. Sie ist jetzt 62 Jahre alt.
Frau Anna Palfrader, wie lange sind Sie schon Hebamme?
Anna Palfrader: So ca. 34 Jahre.
Reporter: Und immer in Untertilliach?
Anna Palfrader: Ja.
Reporter: Wie viele Geburten haben Sie da schon betreut?
Anna Palfrader: So ungefähr 400.
Reporter: Haben Sie nur die eigene Gemeinde zu betreuen, oder andere Gemeinden auch?
Anna Palfrader: Etwa 10 Jahre lang muss ich nun auch Obertilliach mitbetreuen.
Reporter: In letzter Zeit hat sich das ja sehr geändert...
Anna Palfrader: Ja, fast alle Mütter gehen jetzt zur Entbindung ins Lienzer Krankenhaus.
Reporter: Haben Sie deshalb nur wenige Geburten noch zu betreuen?
Anna Palfrader: Ja, vielleicht eine Geburt im Jahr. Und das schon so in den letzten drei, vier Jahren. Früher waren fast alles Hausgeburten.
Reporter: Was tun Sie dann jetzt?
Anna Palfrader: Ach, ich habe wohl in den betreffenden Familien zu tun. Im ersten Jahr mache ich Säuglingsbetreuung, etwa viermal im Jahr.
Reporter: Früher waren ja doch die Wege schlecht ausgebaut. Es war wohl etwas umständlich, die Familien zu besuchen....
Anna Palfrader: Ja, da gab es auf die höher gelegenen Berghöfe noch keine Straße. Man musste immer zu Fuß gehen.
Reporter: Da sind Sie aber weit herumgekommen!
Anna Palfrader: Im Jahre 1951 bei dem großen Schnee haben wir 17 Meter Neuschnee gehabt.
Reporter: Wie sind Sie denn da weitergekommen?
Anna Palfrader: Ach, fast nicht. Wenn man sonst in einer Viertelstunde zum Haus gekommen wäre, hat man da oft drei Stunden gebraucht, z. B. musste man mit Schneereifen durch den Schnee stapfen.
Reporter: Wie sind Sie denn früher verständigt worden? Es gab ja noch kein Telefon.
Anna Palfrader: Ja, ja. Die betreffenden Ehemänner sind wohl hergekommen, um mich zu holen. Bei Tag oder Nacht musste man einfach mitgehen.
Reporter: Und wie war es am Wochenende?
Anna Palfrader: Ach, da gibt es keine Feiertage für die Hebamme....
Reporter: Haben Sie denn keine außergewöhnlichen Erlebnisse, wie es sie in einem reichen Berufsleben gibt?
Anna Palfrader: Nein, der Hebammenberuf ist wenig lustig. Aber ich habe immer Freude dabei gehabt. Ich bin Hebamme mit Leib und Seele gewesen.
Reporter: Frau Palfrader, wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?
Anna Palfrader: Das weiß ich selber nicht so genau. Ich fühlte mich einfach dazu berufen. Daheim wehrten alle ab, dass ich Hebamme werden sollte. Dieser Beruf wäre so verantwortungsvoll. Ich ließ es mir aber nicht wehren.
Reporter: Wie haben Sie mit dem Beruf angefangen?
Anna Palfrader: Angefangen habe ich als Hebamme in Verona und blieb dort etwa zwei Jahre lang in Ausbildung. Im zweiten Weltkrieg hieß es auswandern. Ich bin dann ein Jahr lang noch in Deutschland gewesen, u. zw. in Elberfeld (Nordrhein-Westfalen). Da draußen hat man gut gelernt. Und dann hätte ich eigentlich nach Polen kommen sollen. Wir waren drei Hebammen von Südtirol, die mit der Ausbildung fertig gemacht hatten. Aber nach Polen wollten wir nicht gehen. Und dann bin ich wieder nach Hause gefahren. Da musste ich natürlich wieder auswandern. Dann bin ich nach Lienz gefahren. Da fragte ich den Amtsarzt, ob im Bezirk nicht eine Stelle frei wäre. Dieser nannte mir die Gemeinde Untertilliach als freie Stelle. Und so kam ich nach Untertilliach. In Deutschland gab es immer wieder Fliegeralarm, in Untertilliach war wenigstens Ruhe.
Reporter: So, nun haben wir auch in Untertilliach dem Jahr der Frau die gebührende Hochachtung erwiesen. Wir schließen damit den Themenkreis. Sein Radius war vielleicht kürzer als anderswo, aber dafür war dieser Kreis ausgefüllt mit manchen Überraschungen. In Untertilliach „gehen“ die Uhren eben anders, aber sie „gehen“, regelmäßig und zuverlässig.-
Wir verabschieden uns nun von den Zuhörern mit dem oft geäußerten Wunsch „Auf Wiederhören!“
Musikkapelle Untertilliach; Marsch


Radiosprecherin: Das war die Sendung „Das Mikrofon im Dorf“. Studio Tirol besuchte Untertilliach in Osttirol. Es wirkten mit: Die Musikkapelle Untertilliach unter der Leitung von Kapellmeister Josef Obererlacher, der Gemischte Chor und der Männerchor unter der Leitung von Schuldirektor Sebastian Schaller, der uns auch auf der Orgel ein kurzes Stück spielte. Reporter war Dr. Fritz Kollneder. Das Manuskript verfasste Herbert Putzer.



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Tag der Veröffentlichung: 10.11.2010

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